Pacifiction

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Film
Titel Pacifiction
Originaltitel Pacifiction – Tourment sur les îles
Produktionsland Frankreich, Spanien, Deutschland, Portugal
Originalsprache Französisch
Erscheinungsjahr 2022
Länge 165 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Albert Serra
Drehbuch Baptiste Pinteaux
Albert Serra
Produktion Pierre-Olivier Bardet
Albert Serra
Montse Triola
Musik Marc Verdaguer
Kamera Artur Tort
Schnitt Artur Tort
Ariadna Ribas
Albert Serra
Besetzung
  • Benoît Magimel: De Roller
  • Pahoa Mahagafanau: Shannah
  • Marc Susini: Admiral
  • Matahi Pambrun: Matahi
  • Alexandre Melo: Portugiese
  • Montse Triola: Francesca
  • Michael Vautor: Kapitän
  • Cécile Guilbert: Romane Attia
  • Lluís Serrat: Loïs
  • Mike Landscape: Mr. Mike
  • Cyrus Arai: Cyrus
  • Mareva Wong: Sekretärin
  • Baptiste Pinteaux: Olivier
  • Sergi López: Morton
  • Eva Bourgeois: Mahire
  • Laurent Brissonnaud: Chauffeur

Pacifiction (franz. Originaltitel: Pacifiction – Tourment sur les îles, dt. etwa „Qual auf den Inseln“) ist ein Spielfilm des katalanischen Regisseurs Albert Serra aus dem Jahr 2022. Der mehrdeutige Titel ist ein englisches Kofferwort, das aus den Wörtern Pacific ,Pazifik‘ und fiction ,Fiktion‘ besteht und das auch als Anspielung auf das Wort pacification ,Befriedung‘ verstanden werden kann.[2][3]

Die europäische Koproduktion zwischen Frankreich, Spanien, Deutschland und Portugal wurde beim 75. Filmfestival von Cannes am 26. Mai 2022 uraufgeführt.[4]

De Roller, der Hochkommissar der Französischen Republik auf der Insel Tahiti in Französisch-Polynesien, ist ein Mann des Kalküls und der guten Manieren. Zwischen offiziellen Empfängen und zwielichtigen Etablissements fühlt er ständig den Puls der lokalen Bevölkerung. Jederzeit könnte es zu wütenden Ausschreitungen kommen. Dies gilt umso mehr, als sich ein Gerücht hartnäckig hält: Angeblich wurde ein U-Boot gesichtet, dessen geisterhafte Erscheinung eine Wiederaufnahme der französischen Atomtests ankündigen könnte.[5][6]

Die internationale Kritik reagierte überwiegend sehr positiv auf Pacifiction. Wiederholt wurde bemerkt, dass Albert Serra seinem kontemplativen Stil treu bleibe, der Film jedoch erzählerischer und damit zugänglicher sei als seine früheren Werke. Mehrere Kritiker sahen motivische Bezüge zu den literarischen Werken von Joseph Conrad, zu Chantal Akermans Film La Folie Almayer und in seiner Ästhetik auch zu den Gemälden von Paul Gauguin. Mitunter wurde Pacifiction auch mit dem meditativen Stil Apichatpong Weerasethakuls verglichen. Manche Kritiker erinnerten die teils traumwandlerischen Szenen in Mortons Bar an die surrealistischen Bildwelten David Lynchs und auch – wegen ihrer homoerotischen Untertöne – an Rainer Werner Fassbinders Querelle. Eine Szene auf dem Meer, wo ein Surfer eine riesige Welle reitet, wurde oft als sehr beeindruckend hervorgehoben.

Nach der Premiere in Cannes sahen in einem rein französischen Kritikenspiegel der Website Le film français 3 der 15 Kritiker Pacifiction als Palmen-Favoriten an.[7] Im internationalen Kritikerspiegel der britischen Fachzeitschrift Screen International erhielt der Film im Durchschnitt 2,6 von 4 möglichen Sternen und belegte unter allen 21 Wettbewerbsbeiträgen einen geteilten 6. Platz.[8] Von den bei Rotten Tomatoes aufgeführten 70 Kritiken sind 87 Prozent positiv bei einer Durchschnittsbewertung von 7,7 von 10 möglichen Punkten.[9] Die Redaktion der Filmzeitschrift Cahiers du cinéma wählte Pacifiction auf Platz 1 der besten Filme des Jahres 2022.[10]

Lee Marshall prognostizierte in Screen International direkt nach der Premiere in Cannes, der Film werde zwar mit seiner langen Laufzeit, dem „traumartigen Tempo und der hauchdünnen Handlung“ nicht gerade zum Kassenschlager werden, aber für ein Publikum das damit umgehen könne, biete Pacifiction „ein wirklich originelles Kinoerlebnis.“[11]

Für Rory O’Connor (The Film Stage) ist Pacifiction dennoch „in mancher Hinsicht das zugänglichste Werk von Serra“, das einen über seinen Sinn für das Mysteriöse und Surreale in den Bann ziehe.[12]

Christian Blauvelt von IndieWire hält Pacifiction für einen der schönsten Filme – nicht nur des Jahres, sondern überhaupt. Serras „immersive Tropen-Traumwelt“ vermeide dabei die typischen Klischees der meisten anderen Filme deren Handlungsort in diesen Gefilden liegt.[13]

Albert Serra schaffe mit Pacifiction „eine geradezu virtuose Vagheit“, meint Bert Rebhandl in Der Standard. Großartig sei, wie er dabei einen „ganz eigenen, maritim-südhemisphärischen Surrealismus“ entwickelt.[14]

Nando Salvá attestiert Pacifiction im spanischen Filmmagazin Cinemanía „eine szenische Größe, eine tonale Vielschichtigkeit und eine Kombination aus Zärtlichkeit und Melancholie, die bisher im Œuvre seines Regisseurs nicht zu finden war“. Der Film sei „außerordentlich fähig, uns mit einer Aura des Geheimnisvollen zu umhüllen, die verwirrt, verunsichert und betört“ – er lade zum Nachdenken über „den Postkolonialismus, den Wahnsinn des Krieges, die nukleare Bedrohung und die Leere des politischen Diskurses“ ein, verzichte aber zugleich auf viele typische Handlungselemente einer Erzählung.[15]

Pablo Vázquez äußerte sich in einem Beitrag für die spanische Webseite Espinof angetan und bezeichnete Pacifiction als „ein Werk, das ebenso vielseitig und eigenwillig wie anregend und ideenreich ist.“ Albert Serra setze Szenen ein, „in denen viel gesagt wird, ohne dass wirklich etwas gesagt wird“ – und die das Publikum „zu irritieren und zu ermüden“ vermögen –, um die „Absurdität der diplomatischen Beziehungen im Kontext des Postkolonialismus“ zu verdeutlichen. In diesem Film stecke viel von Antonioni, „der langweilige Filme drehte, um die Langeweile zu reflektieren.“ Serra stütze sich dabei auf die „engagierte und kompetente darstellerische Leistung“ von Benoît Magimel, der seine Hauptrolle „glaubhaft verkörpert“.[16]

In Variety hebt Guy Lodge die Kameraarbeit von Artur Tort lobend hervor, ebenso wie „das amüsant lässige Schauspiel“ von Magimel.[17]

Auch Patrick Straumann betonte in der Neuen Zürcher Zeitung, die Rolle des Hochkommissars sei von Magimel „mit atemberaubender Plastizität gespielt.“ Ferner sei Pacifiction „eine der eigenwilligsten und schönsten Produktionen des Jahres.“[18]

Für Pacifiction erhielt Serra seine erste Einladung in den Wettbewerb um die Goldene Palme, den Hauptpreis des Filmfestivals von Cannes.[19] Auch wurde das Werk für die Queer Palm nominiert.[20] Im selben Jahr gewann Pacifiction den Louis-Delluc-Preis für den besten französischen Film des Jahres gemeinsam mit Saint Omer von Alice Diop.[21]

Darüber hinaus gelangte das Werk in die Vorauswahl zum Europäischen Filmpreis 2022. Bei der Verleihung der Prix Lumières 2023 folgten fünf Nominierungen. Dort erhielt das Werk die Preise für die beste Regie, den besten Darsteller (Benoît Magimel) und die beste Kamera (Artur Tort). Im selben Jahr folgten bei den Césars neun Nominierungen.[22]

Hier ein Überblick über eine Auswahl der Nominierungen und Auszeichnungen:

César 2023[23]

Premis Gaudí 2023[24]

  • Preis in der Kategorie Bester Film in nicht katalanischer Sprache
  • Nominierung in der Kategorie Beste Regie für Albert Serra
  • Nominierung in der Kategorie Bester Hauptdarsteller für Benoît Magimel
  • Nominierung in der Kategorie Bestes Drehbuch für Albert Serra
  • Preis in der Kategorie Bestes Kamera für Artur Tort
  • Nominierung in der Kategorie Bester Schnitt für Albert Serra, Artur Tort und Ariadna Ribas
  • Nominierung in der Kategorie Beste Produktionsleitung für Clàudia Robert
  • Preis in der Kategorie Bestes Szenenbild für Sebastian Vogler
  • Nominierung in der Kategorie Beste Kostüme für Praxedes de Vilallonga
  • Nominierung in der Kategorie Bestes Make-up und Frisuren für Aurélie Vigouroux und Maryline Montibert
  • Nominierung in der Kategorie Beste Filmmusik für Marc Verdaguer und Joe Robinson

Prix Lumières 2023[25]

Louis-Delluc-Preis 2022

  • Preis in der Kategorie Bester Film

Internationale Filmfestspiele von Cannes 2022

Einzelnachweise

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  1. Freigabebescheinigung für Pacifiction. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; Prüf­nummer: 237816).Vorlage:FSK/Wartung/typ nicht gesetzt und Par. 1 länger als 4 Zeichen
  2. James Wham: Pacific Fictions. In: New Left Review. Abgerufen am 14. Februar 2023 (englisch).
  3. Alan Mattli: «Pacifiction» von Albert Serra. In: Maximum Cinema. 1. Januar 2023, abgerufen am 27. Februar 2023 (Schweizer Hochdeutsch).
  4. The Screening Guide. In: Festival-Cannes.com, 11. Mai 2022, abgerufen am 13. Mai 2022.
  5. Pacifiction – Tourment sur les îles. In: Les Films du Losange. Abgerufen am 16. Februar 2023 (französisch).
  6. Drei BR-Koproduktionen bei den Filmfestspielen in Cannes. In: Bayerischer Rundfunk. 22. April 2022, abgerufen am 16. Februar 2023.
  7. #Cannes2022 – Le tableau final des Étoiles de la critique (#Palmomètre). In: Le film français. 28. Mai 2022, abgerufen am 16. Februar 2023 (französisch).
  8. Melissa Kasule: Park Chan-wook’s ‘Decision To Leave’ tops Screen’s final 2022 Cannes jury grid. In: Screendaily. Screen International, 28. Mai 2022, abgerufen am 16. Februar 2023 (englisch).
  9. Pacifiction. In: Rotten Tomatoes. Abgerufen am 20. April 2023 (englisch).
  10. Nick Newman: Cahiers du cinéma’s Top 10 Films of 2022 Includes Pacifiction, Nope, and EO. 1. Dezember 2022, abgerufen am 16. Februar 2023 (amerikanisches Englisch).
  11. Lee Marshall: ‘Pacifiction’: Cannes Review. In: Screen Daily. Screen International, 26. Mai 2022, archiviert vom Original am 26. Mai 2022; abgerufen am 16. Februar 2023 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.screendaily.com
  12. Rory O'Connor: Cannes Review: Albert Serra Hits Career High With Boundless, Brilliant Pacifiction. 27. Mai 2022, abgerufen am 16. Februar 2023 (amerikanisches Englisch).
  13. Christian Blauvelt: ‘Pacifiction’ Review: Here’s the Art Film of the Year. In: IndieWire. 12. Oktober 2022, abgerufen am 16. Februar 2023 (englisch).
  14. Bert Rebhandl: Albert Serras „Pacifiction“: Verschwörung vor blutroter Sonne. In: Der Standard. 29. November 2022, abgerufen am 16. Februar 2023 (österreichisches Deutsch).
  15. Nando Salvá: Crítica de ‘Pacifiction’. In: Cinemanía. 31. August 2022, abgerufen am 16. Februar 2023 (spanisch).
  16. Pablo Vázquez: 'Pacifiction': Albert Serra aborda el poscolonialismo en una hipnótica obra de 165 minutos tan irritante como llena de interés, que compitió por la Palma de Oro en Cannes. 29. Oktober 2022, abgerufen am 16. Februar 2023 (spanisch).
  17. Guy Lodge: ‘Pacifiction’ Review: Albert Serra’s Torpid Tahitian Getaway is Cryptic But Curiously Hypnotic. In: Variety. 27. Mai 2022, abgerufen am 16. Februar 2023 (amerikanisches Englisch).
  18. Patrick Straumann: Der wundersame Film «Pacifiction» lässt die blutroten Sonnenstrahlen über Tahiti zum Sturm verfliessen. In: Neue Zürcher Zeitung. 29. Dezember 2022, abgerufen am 17. Februar 2023.
  19. The 75th Festival de Cannes Official Selection: additions to the selection (Memento des Originals vom 22. April 2022 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.festival-cannes.com. In: festival-cannes.com, 21. April 2022 (abgerufen am 22. April 2022).
  20. Queer Palm Cannes 2022. Abgerufen am 16. Februar 2023 (französisch).
  21. Fabien Lemercier: Saint Omer and Pacifiction receive the Louis-Delluc prize ex-aequo. In: Cineuropa. Abgerufen am 16. Februar 2023 (englisch).
  22. Congratulations to the films in the Official Selection that have been nominated for the 2023 César Awards! In: Festival de Cannes. 26. Januar 2023, abgerufen am 14. Februar 2023 (englisch).
  23. Melanie Goodfellow: César Awards: Dominik Moll’s ‘The Night Of The 12th’ Sweeps Board Winning Best Film & Director – Full List. In: Deadline. 24. Februar 2023, abgerufen am 24. Februar 2023 (amerikanisches Englisch).
  24. María Aller: Premios Gaudí 2023: 'Alcarràs' y 'Pacifiction', las películas ganadoras de la XV edición. In: Fotogramas. 23. Januar 2023, abgerufen am 14. Februar 2023 (europäisches Spanisch).
  25. Melanie Goodfellow: Dominik Moll’s ‘The Night Of The 12th’ & Albert Serra’s ‘Pacification’ Lead Prizes At French Lumière Awards. In: Deadline. 16. Januar 2023, abgerufen am 14. Februar 2023 (amerikanisches Englisch).