Paulskirche (Schwerin)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Paulskirche, Blick vom Schweriner Dom

Die Paulskirche ist eine neugotische Kirche in Schwerin. Sie gehört zur Evangelisch-Lutherischen Friedenskirchengemeinde Schwerin in der Propstei Wismar, Kirchenkreis Mecklenburg der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.[1]

Die Kirche wurde zwischen 1863 (Grundsteinlegung) und 1869 (Einweihung) erbaut. Sie ist ein Musterbau der Kirchbaugedanken des Eisenacher Regulativs, die unter maßgeblicher Mitwirkung des Schweriner Oberkirchenratspräsidenten Theodor Kliefoth entstanden waren und nun vom Architekten Theodor Krüger (1818–1885) umgesetzt wurden. Der Bau, der hoch über dem Pfaffenteich auf einer für den Bau erweiterten Anhöhe liegt, wurde nach zu dieser Zeit modernsten Methoden konstruiert. Er besitzt einen Stahl-Dachstuhl und Maßwerk aus witterungsbeständigem Klinker.

Im Gegensatz zu vielen anderen neugotischen Kirchen ist in der Paulskirche die Ausstattung erhalten geblieben. Dazu gehören die Glasmalereien mit Darstellungen der Heilsgeschichte, die vermutlich auf ein Programm Kliefoths zurückgehen, die Kanzel und der Altar mit Gemälden von Karl Gottfried Pfannschmidt sowie die Fürstenloge.

Das Bauwerk ist seit 2024 als Teil des Residenzensembles Schwerin UNESCO-Welterbe.

Innenraum

Die Kanzel ist bedeckt mit einer hohen aufwendigen Schnitzerei im gotischen Stil. Sechs Figuren, vom Künstler Sorge aus Hannover geschnitzt, zieren die Kanzel: die vier Evangelisten, sowie Moses und Paulus. Dies ist eine gängige Darstellung an Kanzeln.

Das dreiteilige Altarbild von Carl Gottfried Pfannschmidt ist nicht zu trennen von der Gesamtidee der Chorraumes. Nach den Richtlinien für den Kirchenbau sollten Altargemälde nur die „Hauptthatsachen des Heils“ darstellen: Hier sind es die Menschwerdung Gottes in der Geburt Jesu von Nazareth, sein Opfertod am Kreuz und die Auferstehung, die drei Eckdaten des Kirchenjahres: Weihnachten, Karfreitag und Ostern. Pfannschmidt kommt aus der Tradition der Nazarener und hat stilistisch Anleihe bei den Malern der italienischen Renaissance genommen. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Abendmahl so gefeiert, dass die Kommunikanten um den Altar herumgingen. Auf der Südseite gingen sie an einer Engelfigur vorüber, die den Kelch trägt. Auf der anderen Seite trägt ein Engel das Buch mit den sieben Siegeln. Den Altar krönt ebenfalls ein Engel, der von dem Münchener Künstler Weiß gefertigt ist. Er trägt eine Siegesfahne, Symbol der Überwindung des Todes.

Im Ostfenster ist Christus der Verklärung dargestellt.

Das Bildprogramm der Chorfenster ist in seiner Art einzig. Hier spiegelt sich die ganze Weite der Geschichte des Heils vom Paradies bis hin zum Jüngsten Tag entsprechend der theologischen Sicht Theodor Kliefoths. Unter den Fenstern sind auf Gobelinmuster die Titel der Bildmotive verzeichnet. Die Kartons für die Glasmalerei, die im Staatlichen Museum zu Schwerin erhalten sind, hat der Düsseldorfer Maler Gustav Stever gefertigt. Die Glasfenster hat Ernst Gillmeister gefertigt.

Die fünf Chorfenster wurden von 1995 bis 1996 im Rahmen eines Projektes der Deutschen Bundesstiftung Umwelt zur modellhaften Beseitigung von Umweltschäden an national wertvollen Glasmalereien restauriert und mit einer Schutzverglasung aus Verbundsicherheitsglas ausgestattet.[2]

Südfenster in der Vierung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die beiden Darstellungen des Südfensters sind ein späterer Zusatz des 19. Jahrhunderts. Da ist zunächst die Darstellung des Abends vom Gründonnerstag. Jesus betet vor seiner Verhaftung. Der Engel weist auf das Kreuz, golden gefasst, denn es ist nicht nur das Symbol seines Sterbens, sondern auch der Auferstehung. Auch der Kelch des Leidens ist als Abendmahlskelch gedeutet.

Auf dem zweiten Fenster ist Christus abgebildet, als er verspottet wurde. Ein Soldat kniet vor ihm wie vor einem König, doch er ist für ihn nur der Spottkönig mit der Dornenkrone. Der Hohepriester, der durch das sogenannte Ephod an der Brust die zwölf Stämme des Volkes Gottes repräsentiert, verweist auf die erste Tafel der Gebote: Jesus habe Gott gelästert, er könne nicht Gottes Sohn sein. Diese Darstellung kontrastiert mit dem Glauben der Christen: Gott ist in diesem Jesus von Nazareth der wahre Herr der Welt.

Marcus Runge am Spieltisch der Orgel, April 1934

Die Paulskirche enthält eine Orgel von Friedrich Friese III, die über 31 Register auf zwei Manualen und Pedal verfügt.

I Hauptwerk C–f3
1. Bordun 16′
2. Viola di Gamba 16′
3. Principal 8′
4. Doppelflöte 8′
5. Gedackt 8′
6. Gemshorn 8′
7. Salicional 8′
8. Oktave 4′
9. Flöte 4′
10. Quinte 223
11. Octav 2′
12. Mixtur III–V
13. Trompete 8′
II Oberwerk
(schwellbar)
C–f3
14. Lieblich Gedact 16′
15. Geigenprincipal 8′
16. Flauto 8′
17. Lieblich Gedact 8′
18. Viola d’amour 4′
19. Octave 4′
20. Flöte 4′
21. Flautino 2′
22. Oboe 8′
Tremulant
Pedal C–d1
23. Principalbass 16′
24. Violon 16′
25. Subbass 16′
26. Principal 8′
27. Bassflöte 8′
28. Violon 8′
29. Quinte 513
30. Octave 4′
31. Posaune 16′

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Informationen zur Gemeinde
  2. Reinhard Kuhl: Schwerin, Stadtkreis Schwerin. Ev. St. Paulskirche. Leipzig 2001, ISBN 3-361-00536-1, S. 185–190, 194.
  • Gustav Wittstock: Die Paulskirche zu Schwerin. In: Archiv für Landeskunde in den Großherzogthümern Mecklenburg. 20 (1870), S. 59–75.
  • Horst Ende: Die Stadtkirchen in Mecklenburg. Berlin 1984, S. 129–132, 184–187.
  • Friedrich Schlie: Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin. II. Band: Die Amtsgerichtsbezirke Wismar, Grevesmühlen, Rehna, Gadebusch und Schwerin. Schwerin 1898, Neudruck Schwerin 1992, ISBN 3-910179-06-1, S. 595 ff.
  • Martin Grahl: Ein neugotischer Musterbau und die Geschichte des Heils: Theodor Kliefoth und die St. Paulskirche in Schwerin. In: Mecklenburg: Heimatzeitschrift für Landsleute und Freunde Mecklenburgs. Stock & Stein, Schwerin, Bd. 43 (2001), 10, S. 10–11.
  • Horst Ende: Gruß aus Schwerin Bildpostkarten um 1900 / Blick auf die neugotische St.-Pauls-Kirche um 1906/1907. Koehler & Amelang Verlagsgesellschaft mbH Berlin - Leipzig 1. Auflage 1991, ISBN 3-7338-0068-0, S. 26–27 S. 88.
Commons: Paulskirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 53° 37′ 54″ N, 11° 24′ 30″ O