Thur (Rhein)

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Thur
Oberlaufname: Säntisthur
Die Thur bei Stein SG

Die Thur bei Stein SG

Daten
Gewässerkennzahl CH: 285
Lage Appenzeller Alpen

Schweizer Mittelland


Schweiz Schweiz

Flusssystem Rhein
Abfluss über Rhein → Nordsee
Quelle am Chalbersäntis
47° 14′ 28″ N, 9° 20′ 46″ O
Quellhöhe ca. 2035 m ü. M.[1]
Mündung bei Flaach in den RheinKoordinaten: 47° 35′ 39″ N, 8° 35′ 23″ O; CH1903: 686581 / 272137
47° 35′ 39″ N, 8° 35′ 23″ O
Mündungshöhe 345 m ü. M.[2]
Höhenunterschied ca. 1690 m
Sohlgefälle ca. 13 ‰
Länge 135 km[3]
Einzugsgebiet 1760 km²[4]
Abfluss am Pegel Jonschwil, Mühlau[5]
AEo: 493 km²
NNQ (2017)
MNQ 1966–2020
MQ 1966–2020
Mq 1966–2020
MHQ 1966–2020
HHQ (2006)
880 l/s
13,2 m³/s
20,5 m³/s
41,6 l/(s km²)
29,5 m³/s
583 m³/s
Abfluss am Pegel Halden[6]
AEo: 1085 km²
NNQ (2003)
MNQ 1965–2020
MQ 1965–2020
Mq 1965–2020
MHQ 1965–2020
HHQ (1978)
3,02 m³/s
25 m³/s
37,9 m³/s
34,9 l/(s km²)
52,3 m³/s
1174 m³/s
Abfluss am Pegel Andelfingen[7]
AEo: 1702 km²
NNQ (1947)
MNQ 1904–2020
MQ 1904–2020
Mq 1904–2020
MHQ 1904–2020
HHQ (1999)
2,24 m³/s
23,3 m³/s
46,7 m³/s
27,4 l/(s km²)
76,4 m³/s
1129 m³/s
Linke Nebenflüsse Murg
Rechte Nebenflüsse Necker, Uze, Glatt, Sitter
Kleinstädte Lichtensteig, Uzwil, Bischofszell, Weinfelden, Frauenfeld
Gemeinden Kanton St. Gallen: Wildhaus-Alt St. Johann, Nesslau, Ebnat-Kappel, Wattwil, Lichtensteig, Bütschwil-Ganterschwil, Lütisburg, Kirchberg SG, Jonschwil, Uzwil, Zuzwil SG, Oberbüren, Niederbüren
Kanton Thurgau: Bischofszell, Hohentannen, Kradolf-Schönenberg, Bürglen TG, Weinfelden, Bussnang, Amlikon-Bissegg, Wigoltingen, Müllheim TG, Hüttlingen TG, Pfyn, Felben-Wellhausen, Warth-Weiningen, Frauenfeld, Uesslingen-Buch, Neunforn
Kanton Zürich: Altikon, Ossingen, Thalheim an der Thur, Adlikon bei Andelfingen, Kleinandelfingen, Andelfingen ZH, Flaach
Verlauf der Thur (siehe Verlauf hier)

Verlauf der Thur (siehe Verlauf hier)

Thur (Rhein) (Schweiz)
Thur (Rhein) (Schweiz)
Quelle
Mündung
Quelle und Mündung der Thur (siehe Verlauf hier).

Die Thur ist ein linker Zufluss des Rheins. Sie hat von der Quelle der Säntisthur bis zur Einmündung in den Rhein eine Gesamtlänge von 134,6 km und ist damit nach dem Rhein der zweitlängste Fluss der Ostschweiz. Davon liegen 72 km im Kanton St. Gallen, 45 km im Kanton Thurgau[8] und 22 km im Kanton Zürich. Ihr Einzugsgebiet hat eine Fläche von rund 1760 km².

Der Name ist erstmals belegt im Jahr 886, als Dura. Im 13. Jahrhundert erscheint die Schreibung Turia, im 14. Jahrhundert Thûr, Tûr. Der Name wurde als alteuropäisches Hydronym gedeutet, von einem *durâ oder *duriâ «Flusslauf» von der indogermanischen Wurzel *dhu «laufen, eilen». Die Länge des Vokals û ist sekundär und stammt aus dem Mittelhochdeutschen.[9]

Nach dem Gewässer war das Turgowe benannt, ein pagus im Herzogtum Alemannien. Die erste Nennung des pagus ist noch etwas älter als die früheste direkte Nennung des Gewässers, erwähnt als in pago Durgaugense um das Jahr 745. Davon leitet sich auch der Name der späteren Grafschaft Thurgau ab und daraus des Kantons Thurgau.

Die Quelle der Säntisthur liegt am Chalbersäntis oberhalb von Unterwasser im Toggenburg. Nach zwei Wasserfällen, den Thurfällen im bewaldeten Chämmerlitobel, vereinigt sich die Säntisthur bei Unterwasser mit der Wildhauser Thur und fliesst als Thur durch das Toggenburg (siehe Karte: ).

Bei Lütisburg mündet der Necker in die Thur. Ab Wil SG fliesst die Thur nach Osten. Bei Oberbüren, wo die Glatt in die Thur mündet, verlässt sie die Region Toggenburg und fliesst in nordöstlicher Richtung weiter in den Kanton Thurgau. In Bischofszell mündet die Sitter in die Thur, die fortan nordwestlich weiter fliesst. Bei Frauenfeld mündet die Murg in die Thur. In der Nähe von Flaach und Ellikon am Rhein erreicht die Thur den Rhein.

Vor Kradolf verläuft die Thur in einem Felsbett, danach besteht das Flussbett aus Geschiebe des Flusses und glazialen Ablagerungen des Säntisgletschers.

Flussabschnitte

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Thurquelle–Wattwil

Die Quelle der Thur ist in Trosen. Dann fliesst sie durch Unterwasser, wo die Wildhauser Thur einmündet, nach Alt St. Johann und von dort nach Starkenbach, wo der Neuenalpbach und der Leistbach einmündet. In Müli bei Stein mündet die Wissthur ein, nachdem der Chlusbach in Fähnrichs zugeflossen ist. Im Zentrum von Nesslau fliesst die Luteren in die Thur, bevor ein Dorf weiter, in Krummenau, der Lütisbach zufliesst. In Ebnat-Kappel münden Steintaler Bach, Stelzbach und kurz danach der Mettlenbach ein, und vom Rickenpass her kommt kurz vor Wattwil der Rickenbach hinzu, danach der Feldbach.

Wattwil–Schwarzenbach

Von Krinau her kommt nach Lichtensteig dann der Krinaubach hinzu. Etwas später, im Zentrum von Dietfurt (Gemeinde Bütschwil-Ganterschwil), fliesst der Taabach ein. Kurz danach mündet der Tobelackerbach in die Thur. Ohne grosse weitere Mündungen geht es bis nach Lütisburg, wo der Necker zufliesst.

Schwarzenbach–Weinfelden

Ohne grosse Zuflüsse, dafür mit einer grossen Kurve geht es über Schwarzenbach bei Wil nach Niederuzwil, wo die Uze einmündet. Gleich darauf in Oberbüren mündet die Glatt. In Bischofszell macht das Flussbett fast eine Kehrtwendung, währenddem die Sitter zufliesst. In der Nähe von Bürglen mündet der Rütibach ein.

Weinfelden–Rheinmündung

Kurz vor Amlikon-Bissegg fliesst linksseitig der Furtbach und bei Amlikon-Bissegg rechtsseitig der Giessen ein. Danach geht es nach Pfyn, wo der Binnenkanal mit dem Wasser des Chemebachs, Aspibach, Beerebach und dem Dorfbach zufliesst. Kurz vor Frauenfeld wird das Seebachtal durch den Seebach in die Thur entwässert. Wenn man dann schliesslich in Frauenfeld ankommt, fliesst die Murg in die Thur. Bei Thalheim fliesst der linke Thur-Binnenkanal mit dem Tägelbach und dem Ellikerbach zu. Danach fliesst sie durch Andelfingen. Der Mederbach fliesst rechtsseitig zu, kurz nachdem die Thur an Alten vorbeigeflossen ist und wenig später in den Hochrhein mündet. Auf den letzten Kilometern vor der Einmündung in den Rhein liegt das Naturschutzgebiet der Thurauen.

Das Einzugsgebiet der Thur ist 1760 km² gross und besteht zu 29,1 % aus bestockter Fläche, zu 58,6 % aus Landwirtschaftsfläche und zu 9,4 % aus Siedlungsfläche.

Die Mittlere Höhe des Einzugsgebietes beträgt 758 m ü. M., die Minimale Höhe liegt bei 338 m ü. M. und die Maximale Höhe bei 2428 m ü. M.[10]

Der Lauf der Thur wird durch keinen See ausgeglichen. Von der Quelle bis zur Mündung in den Rhein bleibt sie deshalb ein Wildbach, der dazu neigt, bei entsprechender Witterung sehr schnell Hochwasser zu führen. Schwere Hochwasser sind für die Jahre 1664[11] und 1693[11] dokumentiert. Am 24. April 1693 sei, so Jakob Vogel von Alten, «unversehens ein Stück Erdreich von ungläubiger Grösse allernächst an seinem Hause von dem anderen gerissen und mit erschrecklichem Knall in die Thur gesunken».[11] Als schwerste Überschwemmung galt die Flut des 29. und 30. Juli 1789.[11]

Messstelle Andelfingen

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Das mittlere Jahreshochwasser der Thur beträgt 588,52 m³/s. Die höchste Jahresspitze wurde 1999 gemessen und erreichte 1130 m³/s.[11][12]

Die Tabelle der Hochwasser-Wahrscheinlichkeiten für die Thur an der letzten Messstelle vor dem Zusammenfluss mit dem Rhein:

Eintrittswahrscheinlichkeit von Jahreshochwasserwerten (HQn)
Messperiode 1904–2020 [12]
Messstelle: Thur – Andelfingen – 2044
Jährlichkeit (Jahre) 2 10 30 100 300
Abfluss (m³/s) 578 825 948 1061 1150
Anmerkung zu HQn: die Zahl entspricht dem Hochwasserdurchfluss (HQ = Hochwasserquantität) in m³/s, der sich – im Mittel – mit der angegebenen Jährlichkeit (n = Anzahl der Jahre) wiederholt.

Natur und Umwelt

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Von der Begradigung zur Renaturierung

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In den Jahren 1874–1893 wurde der Fluss im zürcherisch-thurgauischen Grenzgebiet begradigt.[11] Diese starre Uferverbauung wurde entfernt.[13] Dank einer Renaturierung mit im Jahresverlauf wechselnden Kiesbänken und hochwasserfesten, auch den Fischen Schutz bietenden Buhnen aus grossen Natursteinen entstand ein Habitat für Bachforellen,[13] Elritzen,[13] Barben,[13] Schneider[13] (Alburnoides bipunctatus) oder Alet[13] (Leuciscus cephalus). Durch Ausbaggerungen haben sich langsam fliessende Flussabschnitte gebildet, die ihnen Rückzug bieten.[13]

Die starken Hochwasser von 1999 führten in jenem Jahr zu einem Totalverlust der Naturverlaichung.[13] Seit 2015 kam es unterhalb von Bütschwil jeden Sommer zu einem Fischsterben, bei dem jeweils 80 bis 90 Prozent der Jungfisch-Population der Bachforellen starben.[14] 2019 wiesen sämtliche toten Tiere Entzündungen an Leber und Herz auf und starben letztlich an Herzversagen. Die Ursache dafür konnte bis heute nicht gefunden werden.[15]

Wirtschaft und Verkehr

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Breitenau Brücke über die Thur, Stein SG

Auf ihrem Weg wird die Thur von über 100 Brücken überspannt, die bedeutendsten sind dabei die gedeckten Holzbrücken bei Lütisburg, Eschikofen[16] und Andelfingen, die spätmittelalterliche Steinbrücke Bischofszell, die Eisenbahnbrücken in Ossingen und Andelfingen sowie die beiden Weinlandbrücken bei Andelfingen.

Der Thurweg (regionale Wanderroute Nr. 24 von Wanderland Schweiz) ist ein 160 Kilometer langer Wanderweg und führt entlang der Ufer der Thur von Wildhaus nach Rüdlingen.[17]

  • Meinrad Suter: Die Thur und das untere Thurtal in den Kantonen Zürich und Thurgau. Die Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. Zürich 2022. ISBN 978-3-033-08967-9.
  • Markus Hostmann: Befreite Wasser: Entdeckungsreisen in revitalisierte Flusslandschaften der Schweiz. Rotpunktverlag, Zürich 2009.
  • Heinrich Jung: Wie die Thur gezähmt wurde. In: Thurgauer Jahrbuch. Bd. 49, 1974, S. 7–24. (e-periodica.ch)
Commons: Thur – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Geoinformationssystem des Kantons St. Gallen Gewässernetz 1:10'000
  2. Geoserver der Schweizer Bundesverwaltung (Hinweise)
  3. Auswertungen zum Gewässernetz. (XLSX) BAFU, Dezember 2013, abgerufen am 9. August 2017 (Auflistung Fliessgewässer der Schweiz >30km).
  4. Thurmündung auf map.geo.admin.ch. Abgerufen am 27. Oktober 2024.
  5. Abflussdaten: Messstelle: Jonschwil, Mühlau (2303). (PDF) 1966–2020. In: BAFU Hydrodaten. BAFU, abgerufen am 27. Oktober 2024 (Stationsseite).
  6. Abflussdaten: Messstelle: Halden (2181). (PDF) 1965–2020. In: BAFU Hydrodaten. BAFU, abgerufen am 27. Oktober 2024 (Stationsseite).
  7. Abflussdaten: Messstelle: Andelfingen (2044). (PDF) 1904–2020. In: BAFU Hydrodaten. BAFU, abgerufen am 27. Oktober 2024 (Stationsseite).
  8. Die Thur: Einzugsgebiet. Portal Kanton Thurgau - Thur, abgerufen am 10. Juli 2021.
  9. ortsnamen.ch, Schmid, Gabrielle (2015), St. Galler Namenbuch: Die Orts- und Flurnamen des Obertoggenburgs.
  10. Topographische Einzugsgebiete der Schweizer Gewässer: Thur. Abgerufen am 16. November 2024.
  11. a b c d e f Alfred Spaltenstein: Zwischen Freiheit und Zwang – Jahrhundert-Bauwerke an der zürcherischen Thur. Baudirektion des Kantons Zürich, Zürich 2004, ISBN 3-03300174-2, S. 59, 80, 107.
  12. a b Hochwasserstatistik: Messstelle: Andelfingen (2044). (PDF) siehe Hochwasserstatistik, PDF. In: BAFU Hydrodaten. BAFU, abgerufen am 16. November 2024 (Stationsseite).
  13. a b c d e f g h Heiner Niederer, Jörg Köhler et al.: Neuer Fischatlas des Kantons Zürich. Hrsg.: Max Straub. Werd Verlag/Fischerei- und Jagdverwaltung des Kantons Zürich, Zürich 2001, ISBN 3-85932-372-5, S. 10 ff.
  14. Fischsterben in der Thur – Rätsel bleibt ungelöst. In: srf.ch. 18. Mai 2019, abgerufen am 20. Mai 2019.
  15. Lara Wüest: Fischsterben in der Thur bei Bütschwil bleibt womöglich ungelöst – Fischer sind ernüchtert. In: tagblatt.ch. 20. September 2019, abgerufen am 21. September 2019.
  16. Kantonales Tiefbauamt Thurgau (Hrsg.): Wiederauferstehung in Rot. Intrigen, Hochwasser und der Zahn der Zeit – Geschichte und Erneuerung der Thurvorlandbrücke bei Eschikofen. Saatgut Verlag, 2021, abgerufen am 1. Mai 2023.
  17. Flyer «Thurweg / Wil-Wattwil-Wildhaus»; Kantonal st.gallische Wanderwege, Abtwil, Toggenburger Verkehrsverband und Tourismusverband St. Gallerland, St. Gallen