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ADB:Eilhart von Oberg

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Artikel „Eilhart von Oberg“ von Elias von Steinmeyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 91–92, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Eilhart_von_Oberg&oldid=- (Version vom 30. November 2024, 02:25 Uhr UTC)
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Oberge: Eilhart v. O., aller Wahrscheinlichkeit nach identisch mit dem gleichnamigen Ministerialen Heinrichs des Löwen und Ottos IV., welcher in einer Reihe von Urkunden aus den Jahren 1189–1207 als Zeuge erscheint und noch nach 1209 in einem Güterverzeichniß des Grafen Siegfrieds II. von Blankenburg sich erwähnt findet, war der erste, soweit wir wissen, der in Deutschland die Tristansage poetisch behandelte. Leider hat ein ungünstiges Geschick über seinem Werke gewaltet. Die ursprüngliche Gestalt desselben ist uns verloren, wir kennen sie nur aus einer späten Prosaauflösung, welche vom Ende des 15. [92] Jahrhunderts ab bis tief in das 17. hinein oft als Volksbuch gedruckt wurde, sowie theilweise aus einer čechischen Uebersetzung. Von einer der ursprünglichen ziemlich nahe stehenden Fassung, welche indessen bereits Spuren der Bearbeitung aufweist, besitzen wir geringe Bruchstücke zweier Handschriften des 12. Jahrhunderts. Endlich liegt mir eine eher dem 13. als dem 12. Jahrhundert angehörige Umarbeitung des Gedichtes, deren Tendenz namentlich auf Beseitigung von Reimungenauigkeiten und Entfernung von dialektischen oder veralteten Worten gerichtet war, in zwei Manuscripten des 15. Jahrhunderts (der Schluß außerdem in einem dritten der gleichen Zeit) vor.

Oberge’s romanische Quelle ist nicht erhalten; es läßt sich aber erkennen, daß dieselbe verschiedene mit einander nicht harmonierende Lieder von Tristrants Abenteuern, darunter einzelne, welche sich mit noch vorhandenen Resten altfranzösischer Tristangedichte ziemlich vollständig deckten, compilatorisch vereinigte. Dieser Quelle folgte O. mit ängstlicher Genauigkeit und ohne daß er es gewagt hätte, ihre zahlreichen und groben Incongruenzen, welche er sehr wohl bemerkte, abzuändern. Bei aller Abhängigkeit nach inhaltlicher Seite stand er aber seiner Vorlage in formeller Hinsicht durchaus selbständig gegenüber; er war kein sklavischer Uebersetzer, sondern bemühte sich redlich, den fremden Stoff in deutsches Gewand zu kleiden. Und darauf beruht seine Bedeutung für unsere Litteraturgeschichte. Denn wenn es auch nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich ist, daß schon vor O. ritterlich-höfische Erzählungen in Deutschland verfaßt worden waren, so bildet doch sein um 1170 gedichteter Tristrant für uns das erste erhaltene Erzeugniß dieser Gattung, an welchem wir den Uebergang aus dem Stile der Spielleute in den nachmals der specifisch ritterlichen Poesie eigenen deutlich wahrzunehmen vermögen. Während sich in dem nur wenig älteren niederrheinischen Floyrisfragment die Sätze noch kurz und knapp nach einander abrollen und bloß das zum Verständniß unentbehrlichste referirt wird, zeigt der Tristrant bereits entwickelten Satzbau und die Anwendung unterschiedlicher stilistischer Mittel, welche später Gemeingut wurden; er bildet daher eine wichtige Vorstufe für Veldekes Eneit. Die Sprache des Gedichtes ist nicht so stark niederdeutsch gefärbt, als man nach der Hildesheimer Heimat des Autors erwarten sollte, sondern neigt sich mehr zum mitteldeutschen hin.

Eilhart v. Oberge. Herausgegeben von F. Lichtenstein, Straßburg 1877. Zur Kritik des Prosaromans Tristrant und Isalde. Von Dr. F. Lichtenstein, Breslau 1877. K. Bartsch in der Germania 23, 345 ff.; 25, 365 ff. F. Lichtenstein in der Zeitschrift f. d. Alterthum 26, 1 ff. – J. Knieschek, der čechische Tristram und Eilhart von Oberge, in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie, phil.-hist. Classe, Bd. CI, S. 319 ff.; vergl. dazu F. Lichtenstein im Anzeiger f. d. Alterthum X, 1 ff. J. Knieschek, der čechische Tristram (deutsche Uebertragung desselben) in der Zeitschrift f. d. Alterthum 28, 261 ff. – Tristrant und Isalde, Prosaroman des fünfzehnten Jahrhunderts, herausgegeben von F. Pfaff, Tübingen 1881 (Bibliothek des litterarischen Vereins Bd. CLII); vgl. dazu F. Lichtenstein im Anzeiger f. d. Alterthum IX, 159 ff.