Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Milkel
Milkel, in Urkunden auch Milagkal genannt, woraus der wendische Ortsname Minakat entstanden sein mag, liegt am niedern Arme der Spree, drei Stunden nördlich von Budissin in einer Ebene und ist westlich von den Hahnenbergen sowie südöstlich von den Dubrauner und Stierer Anhöhen, nördlich aber von bedeutenden Teichen umgeben, jenseits deren sich die Waldung Zschernitze oder Schwarzwald hinzieht. Der Ort raint mit Lippitzsch, Oppitz, Droben und Laupe und gehört zu den ansehnlicheren Dörfern der Oberlausitz.
Das Rittergut zu Milkel, zu welchem ausser dem Dorfe Milkel noch die Dörfer Teicha, Crosta, Droben, Luppa, Dubrau und Wesel gehören, soll in der frühesten Zeit Besitzthum der Herren von Milkau gewesen sein und von ihnen den Namen erhalten haben, eine Behauptung, die sich durchaus nicht beweisen lässt, da alle Nachrichten über die Gründung Milkels und dessen Schicksale bis zum vierzehnten Jahrhundert fehlen. Das Schloss war einst ein festes mit Wall und Graben wohlverwahrtes Haus, dessen Mauern und Thürme jetzt friedlich auf die endlose mit wenigem Rosengesträuch untermischte Rasenfläche herabschauen, welche die Vorderseite des alterthümlichen Gebäudes in weitem Kreise umschliesst. Das Innere des Schlosses ist prachtvoll ausgestaltet, auch befinden sich hier einige vollständige mittelalterliche Ritterrüstungen. Der herrschaftliche Garten enthält nebst vorzüglichen Anlagen ein schönes Treibhaus.
Wie schon erwähnt sollen die ersten Besitzer Milkels die Ritter von Milkau gewesen sein. Historisch kommen als erste Herrn auf Milkel zu Anfang des vierzehnten Jahrhunderts die von Metzrad vor, denn nach einer Urkunde, welche Dornarius oder Dornau, der von 1609 bis 1617 Rector in Görlitz und ein sehr gelehrter Mann war, selbst in den Händen hatte, gründete diese adlige Familie 1322 die hiesige Kirche. Heinrich von Metzrad besass Milkel um das Jahr 1340 und Hans von Metzrad 1483. Leonhard von Metzrad bekleidete zur Zeit der Reformation das hiesige Pfarramt, blieb indessen dem alten Glauben treu, und starb später auf dem Schlosse Uhyst. In der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts gehörte Milkel der Familie von Löben aus der Melchior von Löben 1597 von Caspar von Nadelwitz Bernsdorf erkaufte, es jedoch 1618 wieder an die Stadt Camenz und zwar für 13450 Thaler veräusserte. Im Jahre 1617 überliess Melchior von Löben das Rittergut Milkel Carl von Ponikau, welcher dasselbe nur einige Jahre erhalten konnte, da es wegen bedeutender Schulden versteigert werden musste. Der Käufer war der Kriegsobrist Carolus von Krahe nach dessen um 1631 erfolgtem Tode das Gut an seinen Sohn Alexander von Krahe gelangte. 1640 verkaufte dieser Milkel an Georg von Löben, welcher schon nach einigen Monaten das Rittergut an Carl von Ponikau abtrat. Dieser starb im Jahre 1686 und das Gut kam in Besitz seines Sohnes Appellationsrathes und Gegenhändlers Johann Adolf von Ponikau, der 1692 zum Landeshauptmann der Oberlausitz erhoben wurde. Als derselbe 1723 mit Tode abging erbte das Rittergut Milkel der Land- und Kammerrath Johann Adolf von Ponikau, dessen Tochter Eleonore Henriette mit[45] dem Grafen Niklas Wilibald von Gersdorf vermählt war. Nach ihres Vaters 1763 erfolgtem Tode liess die Gräfin das Rittergut Milkel ihrem Gemahle zuschreiben; als derselbe aber 1767 starb vermählte sich die Gräfin wiederum an den Sächsischen Cabinetsminister Grafen Johann Georg Friedrich von Einsiedel und überliess demselben später das Gut. Dieser Herr war ein eifriger Beförderer der Wissenschaften und Künste, wovon die von ihm gegründete Bibliothek im Schlosse zu Reibersdorf, sowie eine bis zum Jahre 1848 daselbst vorhandene vorzügliche Kupferstichsammlung Zeugniss geben. Von 1812 bis 1840 besass Milkel der Graf Georg von Einsiedel, welcher erst am Französischen dann am Russischen Hofe das Amt eines Sächsischen Gesandten verwaltete. Graf Heinrich, sein Nachfolger besass das Gut nur bis 1842, wo es an den jetzt regierenden Grafen Herrn Curt Heinrich Ernst, Reichsgrafen von Einsiedel, Standesherrn der Herrschaft Reibersdorf gelangte, der den grössten Theil des Jahres auf dem Schlosse zu Milkel verweilt.
Den Ort selbst haben im Laufe der Zeit mancherlei Drangsale betroffen. Am Laurentiustage des Jahres 1556 entzündete der Blitz auf einem sehr nahe beim Dorfe befindlichen Felde, das Annenstück genannt, eine Getreidemandel, und da zugleich ein heftiger Wind wehte so wurde das brennende Stroh nach dem Dorfe hingetrieben, wo einige Dächer Feuer fingen und bald der ganze Ort in Flammen stand. Die Kirche blieb vom Feuer verschont. Eine zweite gleich schreckliche Feuersbrunst betraf Milkel im Jahre 1752 wo bis auf die Kirche und Pfarre gleichfalls das ganze Dorf in Asche sank. Der siebenjährige Krieg brachte der hiesigen Gegend unaufhörliche Truppenmärsche, Contributionen und willkührliche Erpressungen, so dass eine grosse Anzahl begüterter Leute gänzlich verarmten. Dazu kam im Jahre 1760 eine sehr gefährliche Viehseuche, die das wenige vor den Soldaten gerettete Vieh noch vernichtete. Auch in dem letzten Französischen Kriege hat Milkel vielfache schmerzliche Nachtheile und Leiden zu erdulden gehabt.
Die Kirche zu Milkel ist, wie schon oben bemerkt wurde, im Jahre 1322 erbaut. Die Herrn von Metzrad, sagt die urkundliche Nachricht, gründeten die Kirche Anno Christi 1322 Kalendis Junii und erhielten darüber von dem Bischof Witigo von Meissen und dem Canonicis zu Budissin die Confirmation, sowie sie auch 1476 zu Uhyst eine Capelle erbauten. Vor der Entstehung des Gotteshauses zu Milkel stand auf dem Feldstück, das Annenstück genannt, eine kleine Capelle, die noch bis zur Reformation, obgleich verfallen und unbenutzt, vorhanden, und einst der heiligen Anna gewidmet war. Im Jahre 1616 erhielt die Kirche, weil sie nicht mehr Raum genug bot, einen bedeutenden Anbau und auch im Jahre 1744 wurden in ihr vielfache Reparaturen und Verschönerungen vorgenommen. Im Juni 1837 feierte man hier der Kirche fünfhundertjähriges Jubiläum und zwar deshalb fünf Jahre nach der Zeit der wirklichen Gründung, weil in einem 1767 erschienenen kurzen Entwurfe einer Oberlausitzischen wendischen Kirchenhistorie[1] das Jahr 1337 als das Erbauungsjahr angegeben ist, ein Irrthum, der ohne Zweifel nur auf einem Druckfehler beruht, da der Verfasser auf Carpzovs Ehrentempel[2] verweist, dieser aber das Jahr 1322 als das der Gründung genannt hat. –
Das Innere der Kirche ist hell und geräumig und in ihren Grüften schlafen seit Jahrhunderten die Ritter und Edelfrauen aus dem Schlosse Milkel, deren starre steinerne Gestalten sich noch, im Harnisch oder mit dem Trauerschleier abgebildet, an den Wänden zeigen. Die Kirche hat keinen Thurm sondern in der Nähe ein Glockenhaus. Die beiden grösseren Glocken sind aus dem vierzehnten Jahrhundert, die dritte liess 1628 der Kriegsobriste von Krahe giessen. Vor der Reformation waren an hiesiger Kirche als Geistliche angestellt Seifried, Fritzsche, Severin, Wichar, Kotwitz, Kunsich, Malter, Leonhard von Metzrad und Petrus, von denen Letzterer 1554 in Milkel begraben wurde.
Die Kirche zu Milkel besitzt einiges Vermögen und mehrere Legate. Der vormalige Gerichtsdirector Matthias Pannach in Budissin legirte der Kirche 1792 dreihundert Thaler mit der Bestimmung, dass von den Zinsen jährlich sechs Thaler in die Schulkasse, ein Thaler an den Pfarrer und ein Thaler an den Schullehrer für Abkündigung und Absingen des Gedächtnissliedes gezahlt werden sollen. Ein Kapital von hundert Thalern empfing die Kirche im vorigen Jahrhundert von dem Secretair Laurentius, welches als eiserner Stamm auf hiesigen Gütern haftet und mit 6 % verzinst wird. Vier Thaler empfing die Schulkasse in Milkel und den Zinsenrest von zwei Thalern der Lehrer zu Luppe. Das dritte Legat, ebenfalls hundert Thaler stark, erhielt die Kirche 1838 von dem Gemeindevorstand Mörbe, die Zinsen davon werden zur Unterstützung armer Kinder verwendet.
Die Pfarrwohnung ist 1746 neu gebaut und ein ebenso freundliches als geräumiges Gebäude. Eingepfarrt in hiesige Parochie sind die Ortschaften Teicha, Wessel, Dreben, Bocka, Lomska und Crosta, ausserdem die Dörfer Lippitzsch, Alt- und Neuoppitz. Auch die protestantischen Einwohner aus der nahen katholischen Parochie Radibor, namentlich der Ortschaften Wirka, Luttowitz, [46] Caminau, Luppe und Lupschdubrau halten sich grösstentheils freiwillig zu Kirche und Abendmahl in Milkel. Die Parochie hat zwei Schulen in Milkel und Oppitz mit etwa zweihundert Schulkindern. Die Parochie zählt über tausend Einwohner.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Christian Knauthe: Derer Oberlausitzer Sorberwenden umständliche Kirchengeschichte. Fickelscherer, Görlitz 1767. Google
- ↑ Johann Benedict von Carpzov: Neueröffneter Ehrentempel merkwürdiger Antiquitäten des Markgrafenthums Ober-Lausitz. David Richter: Leipzig u. Budißin 1719, Th. II, S. 225