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B-Symptome nach Herzoperation

2017, Swiss Medical Forum ‒ Schweizerisches Medizin-Forum

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Zurich Open Repository and Archive University of Zurich Main Library Strickhofstrasse 39 CH-8057 Zurich www.zora.uzh.ch Year: 2017 B-Symptome nach Herzoperation Erb, Stefan ; Keller, Peter M ; Masseray, Virginie ; Hirt-Minkows, Patricia ; Georgalis, Argyrios ; Egli, Adrian ; Hopfer, Helmut ; Hasler, Pascal W ; Zweifel, Sandrine ; Wilson, Patrick ; Graber, Peter ; Eckstein, Friedrich S ; Schlegel, Matthias ; Sax, Hugo ; Widmer, Andreas ; Hasse, Barbara Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich ZORA URL: https://doi.org/10.5167/uzh-141542 Journal Article Published Version The following work is licensed under a Creative Commons: Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International (CC BY-NC-ND 4.0) License. Originally published at: Erb, Stefan; Keller, Peter M; Masseray, Virginie; Hirt-Minkows, Patricia; Georgalis, Argyrios; Egli, Adrian; Hopfer, Helmut; Hasler, Pascal W; Zweifel, Sandrine; Wilson, Patrick; Graber, Peter; Eckstein, Friedrich S; Schlegel, Matthias; Sax, Hugo; Widmer, Andreas; Hasse, Barbara (2017). B-Symptome nach Herzoperation. Swiss Medical Forum, 17(19):434-437. 434 CASUISTIQUE Gesundheitsbehörden schlagen Alarm B-Symptome nach Herzoperation Dr. med. Stefan Erb a , Dr. med. Peter M. Keller b , Dr. med. Virginie Masseray c , Dr. med. Patricia Hirt-Minkowski d , Dr. med. Argyrios Georgalis d , PD Dr. med. et Dr. phil. Adrian Egli e , PD Dr. med. Helmut Hopfer f , Dr. med. Pascal W. Hasler g , PD Dr. med. Sandrine Zweifel h , Dr. med. Patrick Wilson i , Dr. med. Peter Graber j , Prof. Dr. med. Friedrich Eckstein k , Dr. med. Matthias Schlegel l,1, Prof. Dr. med. Hugo Sax m , Prof. Dr. med. Andreas Widmer a, 2 , PD Dr. med. Barbara Hasse m a Klinik für Infektiologie und Spitalhygiene, Universitätsspital Basel, Basel; b Nationales Zentrum für Mykobakterien und Institut für Medizinischen Mikrobiologie, Universität Zürich, Zürich; c Bundesamt für Gesundheit, Bern Liebefeld; d Klinik für Transplantationsimmunologie und Nephrologie, Universitätsspital Basel, Basel; e Klinische Mikrobiologie, Universitätsspital Basel, Basel; f Pathologie, Universitätsspital Basel, Basel; g Augenklinik, Universitätsspital Basel, Basel; h Augenklinik, Universitätsspital Zürich, Zürich; i Nephrologie, Hôpital du Jura, Delémont; j Klinik für Infektiologie, Kantonsspital Baselland, Standort Liestal, Liestal; k Klinik für Herzchirurgie, Universitätsspital Basel, Basel; l Klinik für Infektiologie/Spitalhygiene, Kantonsspital St. Gallen, St. Gallen; m Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene, Universitätsspital Zürich, Universität Zürich, Zürich. Fallbericht re d Peer a r tic le Hintergrund v ie we Jüngere Fallberichte aus der Schweiz, aus anderen europäischen Ländern und den USA haben von einer kleinen Anzahl von potentiell fatalen, invasiven Infektionen mit Mycobacterium chimaera nach offener Herzchirurgie berichtet [1]. Die Übertragung dieser nicht-tuberkulösen Mykobakterien (NTM) scheint durch die Luft mittels Aerosole aus kontaminiertem Wasser von Temperaturregulierungsgeräten (Heater Cooler Unit [HCU]) der Herz-Lungen-Maschine auf die Patienten zu erfolgen [2]. Alle bekannten M. chimaeraFälle waren ausschliesslich mit dem Einsatz HCUs eines bestimmten Herstellers assoziiert (LivaNova PLC [ehem. Sorin Group Deutschland GmbH], Stöckert 3T), nicht aber mit HCUs anderer Anbieter [3]. Das Bundesamt für Gesundheit und die Swissmedic haben als weltweit erste Gesundheitsbehörde auf dieses Problem aufmerksam gemacht [4]. Inzwischen ist auf Druck vieler Gesundheitsbehörden der Welt der Unterhalt und die Desinfektion der HCU durch die Hersteller intensiviert worden in der Absicht, neue Infektionen in Zukunft zu vermeiden [5]. Bisher sind in der Schweiz zehn Patienten mit dieser nosokomialen Infektion diagnostiziert worden, global hat die Anzahl der infizierten Patienten die Zahl von 70 überschritten. Unter Berücksichtigung der langen Latenz von bis zu fünf Jahren [1] ist es wahrscheinlich, dass es noch weitere bisher nicht erkannte Fälle gibt. In dem vorliegenden Bericht beschreiben wir den detaillierten Krankheitsverlauf eines der Schweizer Patienten. Unser Hauptziel ist die aktive Bewusstseinsbildung der hiesigen Ärzte für dieses seltene nosokomiale Krankheitsbild, damit die Patienten frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden können. Anamnese Ein 66-jähriger pensionierter Schweizer Landwirt wurde zur Abklärung einer mehrmonatigen langsam progredienten Allgemeinzustandsverminderung mit Asthenie, leichtem trockenem Husten, Nachtschweiss, Inappetenz und Gewichtsverlust von rund 12 kg im März 2016 hospitalisiert. Drei Jahre zuvor hatte der Patient einen kompletten Aorta-ascendens-Ersatz bis in den Aortenbogen kombiniert mit der Implantation einer biologischen Aortenklappe erhalten. Weiter wurde im Jahr 2000 eine Hüftprothese rechts implantiert. Status, Befunde und Verlauf Bei Eintritt zeigte sich ein afebriler Patient mit einem Blutdruck von 100/70 mm Hg, einem Puls von 110/Min, einem ²/6-Systolikum über Erb und einer am Rippenbogen palpablen Milz ohne weitere wegweisende Befunde im Status. Laborchemisch fielen eine Panzytopenie (Hämoglobin 120 g/l, Thrombozyten 73 × 109/l, Leukozyten 2,6 × 109/l mit v.a. Lymphozytopenie), ein erhöhter Kreatininwert von 530 µmol/l (eGFR 10 ml/min) und ein leicht erhöhtes CRP von 33 mg/l auf. Im Urin lag eine gemischt glomeruläre und tubuläre Proteinurie vor, mit einem Protein/Kreatinin-Quotienten von 127 mg/ mmol sowie einem Albumin/Kreatinin-Quotienten von 7,9 mg/mmol. Bei Verdacht auf eine subakute Endokarditis wurden eine transthorakale sowie eine transösophageale Echokardiographie durchgeführt. Es zeigte sich eine regelrechte Funktion der Aortenklappenprothese ohne Vegetationen oder andere Endokarditiszeichen. Mehrere aerobe und anaerobe Standard-Blutkulturen blieben ohne Wachstum. Serologisch zeigten sich ein negativer HIV-Test und ein Zustand nach durchgemachter EBV-, 1 Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Spitalhygiene Stefan Erb eines malignen oder okkulten septisch-infektiösen Pro- 2 Präsident der Swissnoso SWISS MEDICAL FORUM – FORUM MÉDICAL SUISSE CMV- und Toxoplasmose-Infektion. Zum Ausschluss 2017;17(19):434– 437 Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission. See: http://emh.ch/en/services/permissions.html 435 CASUISTIQUE zesses wurden zuerst ein Abdomen-Ultraschall, im In der Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage Verlauf ein CT-Thorax/-Abdomen/-Becken sowie ein (BAL) zeigten sich eine schwere Lymphozytose und ein Ganzkörper-PET-CT durchgeführt. In diesen Unter- erhöhter CD4/CD8-Quotient von 4,9 (normal bis 2). In suchungen fanden sich lediglich eine leichte Spleno- der Ziehl-Neelsen-Färbung fanden sich keine säurefes- megalie von 14 × 10 × 6 cm, einige unkomplizierte Le- ten Stäbchen und die PCR auf Mycobacterium-tubercu- ber- und Nierenzysten, ein Konkrement im rechten losis-Komplex war negativ. Aufgrund des histopatho- Nierenkelchsystem rechts ohne Harnstau und diskrete logischen Befundes der Nieren, des erhöhten CD4/ retikulo-noduläre Infiltrate perihilär rechts. CD8-Quotienten in der BAL und der radiologischen Aufgrund der Panzytopenie wurde eine Knochenmark- Veränderungen der Lunge wurde bei hochgradigem biopsie und wegen dem unklaren Kreatininanstieg in Verdacht auf eine Sarkoidose eine Kortikosteroidthe- der Folge eine Nierenbiopsie durchgeführt. Im Knochen- rapie mit 50 mg Prednisolon/Tag begonnen. Darunter mark zeigte sich eine normale Erythro- und Myelopo- verbesserte sich der Allgemeinzustand des Patienten ese, ohne Hinweise auf einen infiltrativ-malignen Pro- und auch die Nierenfunktion innert Tagen mit Abfall zess. In der Nierenbiopsie fand sich das Bild einer des Kreatininwerts auf 250 µmol/l, so dass der Patient diffusen tubulointerstitiellen Nephritis mit zahlreichen drei Wochen später nach Hause entlassen werden nicht verkäsenden Epitheloidzell-Granulomen ohne konnte. Nachweis von säurefesten Stäbchen (Abb. 1). Diagnose Knapp 4 Wochen nach Abnahme der ersten Mykobakterien-Blutkulturen zeigte sich das Wachstum von nichttuberkulösen Mykobakterien, welche mittels einer 16S-rDNA-Gen-Sequenzierung als M. chimaera identifiziert wurden. Die nachträglich durchgeführte PCR-Untersuchung auf M. chimaera-DNA in der Nieren- und Knochenmarkbiopsie verblieb negativ. In der ophthalmologischen Untersuchung zeigten sich multifokale choroidale Herde im Sinne einer Chorioretinitis (Abb. 2). Die Sarkoidose-Verdachtsdiagnose musste verworfen und die Diagnose einer disseminierten Infektion mit M. chimaera mit septischen Streuherden in Nieren, Knochenmark, Milz und Augen gestellt werden. Die tubulointerstitielle Nephritis wurde möglicherweise auch durch eine Immunreaktion auf die Mykobakterien-Infektion verursacht [6]. Abbildung 1: Histologie der Nierenbiopsie, welche eine akute, teils granulomatöse tubulointerstitielle Nephritis ohne Nekrosen mit zahlreichen Riesenzellen vom Langhans-Typ (Inset) zeigt. PAS-Färbung, Originalvergrösserung 200× bzw. 400×. Therapie und Verlauf Unter Berücksichtigung der Resistenzprüfung wurde eine Vierer-Kombinationstherapie mit Clarithromycin, Abbildung 2: Augenhintergrund linkes Auge, Makula und Papille. Multifokale weisslich-gelbliche Läsionen im Sinne von septischen Streuherden sind am Augenhintergrund erkennbar (A). Mittels Fluoreszein- (B links) und Indocyaningrün-Angiographie (B rechts) lassen sich auch kleine Läsionen feststellen, die häufig biomikroskopisch (noch) nicht diagnostizierbar sind. SWISS MEDICAL FORUM – FORUM MÉDICAL SUISSE 2017;17(19):434– 437 Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission. See: http://emh.ch/en/services/permissions.html 436 CASUISTIQUE Ethambutol, Rifabutin sowie Moxifloxacin begonnen. gisch fanden sich innerhalb des an der explantierten Die Nierenfunktion und die Panzytopenie verbesserten Aortenklappenprothese anhaftenden thrombotischen sich weiter. Das Prednisolon wurde langsam ausge- Material massenhaft säurefeste Stäbchen (Abb. 3). Kul- schlichen. Nach einer zweimonatigen antimykobakte- turell konnte M. chimaera nachgewiesen werden. Die riellen Vorbehandlung wurde beim Patienten elektiv antimykobakterielle Therapie wird für mindestens eine Re-Operation zur Sanierung des Primärfokus weitere 12 Monate nach der Herzoperation fortgesetzt durchgeführt. Hierbei wurden sämtliche künstlichen und dann nochmals reevaluiert werden. Implantate entfernt und durch einen Homograft mit Aortenklappe und Aorta ascendens ersetzt. Histolo- Diskussion Die Chronologie der Symptome dieses Patienten und seine Vorgeschichte mit der Operation am offenen Herzen liessen an die Möglichkeit einer disseminierten M. chimaera-Infektion denken. M. chimaera ist ein langsam wachsendes NTM und gehört zum M. aviumKomplex (MAC). Es ist genetisch sehr ähnlich mit M. intracellulare und kann mit gängigen Identifikationsmethoden (z.B. Gensonde) nicht abgegrenzt werden. Eine Sequenzierung des 16S-rDNA-Gens der Bakterien erlaubt die Identifikation. M. chimaera-Infektionen nach Herzoperation präsentieren sich als Prothesenklappen-Endokarditis, Aortenprothesen-Infektion, Sternuminfektion/Mediastinitis oder als disseminierte Infektion mit Nieren-, Leber-, Knochenmark- oder Augenbefall (Tab. 1) [1]. Häufig ist die Erstmanifestation nicht-kardial mit einer Knochen- Abbildung 3: Histologie der explantierten Aortenklappenprothese. Im thrombotischen Material aus der Aorta lassen sich massenhaft säurefeste Stäbchen nachweisen. ZiehlNeelsen-Färbung, Originalvergrösserung 600×. infektion (Spondylodiszitis, Arthritis), einer Nephritis, einer cholestatischen Hepatitis oder einer Wundinfektion, was die Diagnosestellung kompliziert macht. Begleitende Symptome wie Fieber, Nachtschweiss und Tabelle 1: Falldefinition disseminierter Infekt mit Mycobacterium chimaera. Gewichtsverlust sind häufig. Die körperliche Untersuchung ist bis auf eine Splenomegalie unspezifisch. Expositionskriterium Klinisches Bild Herzchirurgie mit extrakorporalem Kreislauf (bei Kunstklappen, Gefässprothesen, Herztransplantation, Einbau externer Kreislauf unterstützung (LVAD), Bypass-Operation) und Verwendung von Heater Cooler Unit Häufige Auffälligkeiten im Labor sind eine Bi- oder Kunstklappen-Endokarditis erhöhten LDH. Die definitive Diagnose erfolgt in der Gefässprotheseninfektion Sternuminfektion Fieber unklarer Ursache Sarkoidose- oder Vaskulitis-ähnliches Bild Embolische und immunologische Phänomene: Splenomegalie, Arthritis, Osteomyelitis, Knochenmarkbefall, Chorioretinitis, zerebrale Vaskulitis, Pneumonitis, Myokarditis, Hepatitis, Nephritis Regel durch den kulturellen Nachweis von M. chimaera Biopsien (z.B. Herzklappe, Leber, Knochenmark), die Spezies-Differenzierung mittels PCR und Sequenzierung (Tab. 1). Wie das Fallbeispiel des oben geschilderten Patienten zeigt, muss diese Differentialdiagnose zwingend bei Mikrobiologie Patienten mit St. n. Herzoperation und einer unklaren Positive Heparin-Blutkulturen für Mycobacterium chimaera granulomatösen Systemerkrankung und negativen ae- M. chimaera-Nachweis durch kulturellen oder molekular-diagnostischen Nachweis mittels PCR und Sequenzierung in einem Abszess, einer Vegetation mit oder ohne Embolisierung Histopathologische Kriterien Nicht verkäsende Granulome und geschwollene, schaumzellige Makrophagen mit/ohne säurefeste Stäbchen in Körpergewebe Zusätzliche Kriterien zeichen, erhöhten Leber- und Nierenwerten und einer aus dem Blut (Heparin-Röhrchen 7,5 ml) und Gewebe- Mediastinitis Diagnostik Panzytopenie zusammen mit erhöhten Entzündungs- roben und anaeroben Standard-Blutkulturen erwogen werden. Häufige Fehldiagnosen sind eine Sarkoidose, eine Vaskulitis oder ein Fieber unklarer Ursache [1, 7]. Das Risiko einer M. chimaera-Infektion scheint primär mit der Implantation von kardialem Fremdmaterial as- Negative konventionelle Blutkulturen soziiert zu sein, kürzlich wurde aber auch ein M. chima- Serologischer Ausschluss von Q-Fieber, Bartonellen, Brucellen, M. Whipple era-Fall nach Bypass-Operation bekannt [8]. Ausserdem SWISS MEDICAL FORUM – FORUM MÉDICAL SUISSE wurde in den USA ein herztransplantierter Patient mit 2017;17(19):434– 437 Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission. See: http://emh.ch/en/services/permissions.html 437 CASUISTIQUE dieser Infektion diagnostiziert, nachdem er über eine duellen Patienten an dieser Art von Infektion zu er- Dr. med. Stefan Erb längere Zeit eine externe Kreislaufunterstützung (LVAD) kranken tief ist, sind diese Fälle schwerwiegend und Klinik für Infektiologie und Korrespondenz: gehabt hatte. HCUs werden auch während der extrakor- mit einer hohen Mortalität (bis zu 50%) assoziiert. An Universitätsspital Basel poralen Membranoxygenation (ECMO) bei thoraxchir- diese Differentialdiagnose muss vor allem gedacht wer- Petersgraben 4 urgischen Eingriffen eingesetzt und M. chimerae konnte den, wenn sich ein Patient nach Herzchirurgie mit einer CH-4000 Basel im Wasser von ECMO-Systemen gefunden werden. Bis- kulturnegativen Sternuminfektion, einer Mediastinitis, her sind aber noch keine Erkrankungsfälle nach solchen einer Prothesenklappen-Endokarditis, einer Aorten- Operationen beschrieben worden [9]. prothesen-Infektion, einer unklaren Systeminfektion Als antiinfektiöse Therapie wird eine Kombination aus oder mit Fieber unklarer Ursache präsentiert. Extra- Clarithromycin, Rifabutin und Ethambutol empfohlen kardiale Manifestationen können den kardialen Symp- mit der Zugabe von entweder einem Chinolon oder tomen vorausgehen. Dies und die zum Teil lange Latenz Amikacin [1]. M. chimaera bildet einen Biofilm auf dem zwischen Herzoperation und klinischen Manifestation kardialen Fremdmaterial. Eine Reoperation mit Entfer- machen die Diagnose der M. chimaera-Infektion schwie- nung des Prothesenmaterials ist daher zwingend. Die rig. Die Behandlung dieser komplexen nosokomialen antimykobakterielle Therapie sollte zwei bis drei Mo- Infektion benötigt ein interdisziplinäres Team. Es ist nate vor der Re-Operation zur Senkung der Bakterien- deshalb wichtig, dass Hausärzte und Spezialisten über last begonnen und dann mindestens während eines die M. chimaera-Infektionen und deren klinische Prä- Jahres nach der Revisionsoperation weiter verabreicht sentation informiert sind. Spitalhygiene stefan.erb[at]usb.ch werden. Regelmässige Augenuntersuchungen mit multimodaler Bildgebung (Fluoreszenz- und Indocyaningrün-Angiographie, Fundus-Photographien) sind sinnvoll, um das Therapieansprechen zu überwachen. Schlussfolgerungen International werden immer mehr disseminierte Fälle von M. chimaera-Infektionen nach offener Herzoperation diagnostiziert. Während das Risiko eines indivi- Informed consent Die Publikation erfolgt im Einverständnis des Patienten. Verdankung Die Autoren möchten dem Patienten danken, dass er sein Einverständnis zur Fall-Publikation gegeben hat. Weiter bedanken wir uns bei den technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der beteiligten In stitutionen für die Unterstützung bei der Herstellung der Abbildungen und für die Laboranalysen. Disclosure statement Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert. Literatur 1 Das Wichtigste für die Praxis 2 • Seit 2014 wurden aus der Schweiz und international vermehrt potentiell fatale Fälle von disseminierten Mycobacterium chimaera-Infektionen nach offener Herzchirurgie bekannt. • Diese nicht-tuberkulösen Mykobakterien wurden durch Aerosole von kontaminierten Wasser von Temperaturregulierungsgeräten von HerzLungen-Maschinen während der Operation durch die Luft auf die Patienten übertragen. • Das Risiko einer M. chimaera-Infektion ist primär mit der Implantation von kardialem Fremdmaterial assoziiert. • M. chimaera-Infektionen nach Herzoperation präsentieren sich als Prothesenklappen-Endokarditis, Aortenprotheseninfektion, Sternuminfektion/Mediastinitis oder als disseminierte granulomatöse Infektion mit Nieren-, Leber-, Knochenmark- oder Augenbefall. • Extrakardiale Manifestationen sind häufig und können den kardialen Symptomen vorausgehen. Dies und die zum Teil lange Latenz zwischen Herzoperation und klinischen Manifestation machen die Diagnose der M. chimaera-Infektion schwierig. Häufige Fehldiagnosen sind eine Sarkoidose, eine Vaskulitis oder ein Fieber unklarer Ursache. • Die Behandlung ist komplex und beinhaltet die Entfernung des befallenen Fremdmaterials und eine lange kombinierte antimikrobielle Therapie. SWISS MEDICAL FORUM – FORUM MÉDICAL SUISSE 3 4 5 6 7 8 9 Kohler P, Kuster SP, Bloemberg G, Schulthess B, Frank M, Tanner FC, et al. Healthcare-associated prosthetic heart valve, aortic vascular graft, and disseminated Mycobacterium chimaera infections subsequent to open heart surgery. Eur Heart J. 2015;36:2745–53. Sax H, Bloemberg G, Hasse B, Sommerstein R, Kohler P, Achermann Y, et al. Prolonged outbreak of Mycobacterium chimaera infection after open-chest heart surgery. Clin Infect Dis. 2015;61:67–75. Barbara Hasse in Zusammenarbeit mit der Taskforce M. chimaera. Potentiell nosokomiale Ansteckung mit Mycobacterium chimaera. Schweizerische Ärztezeitung. 2017;98(3):62–3. Massnahmen für höhere Patientensicherheit in der Herzchirurgie. Bundesamt für Gesundheit, 14. Juli 2014. https://www.news.admin. ch/message/index.html?lang=de&msg-id=53774 Hypo-/Hyperthermiegeräte (Heater Cooler Units [HCU]) für die Herzchirurgie – neue Empfehlungen: Mögliche Beeinträchtigung von Oxygenatoren. Swissmedic, 21.06.2016. Chapagain A, Dobbie H, Sheaff M, Yaqoob MM. Presentation, diagnosis, and treatment outcome of tuberculous-mediated tubulointerstitial nephritis. Kidney Int. 2011;79:671–7. Achermann Y, Rossle M, Hoffmann M, Deggim V, Kuster S, Zimmermann DR, et al. Prosthetic valve endocarditis and bloodstream infection due to Mycobacterium chimaera. J Clin Microbiol. 2013;51:1769–73. Haller S, Holler C, Jacobshagen A, Hamouda O, Abu Sin M, Monnet DL, et al. Contamination during production of heater-cooler units by Mycobacterium chimaera potential cause for invasive cardiovascular infections: results of an outbreak investigation in Germany, April 2015 to February 2016. Euro Surveill. 2016,21(17):pii=30215. Trudzinski FC, Schlotthauer U, Kamp A ,Hennemann A, Muellenbach RM, et al, Clinical implications of Mycobacterium chimaera detection in thermoregulatory devices used for extracorporeal membrane oxygenation (ECMO), Germany, 2015 to 2016. Euro Surveill. 2016;21(46):pii=30398. 2017;17(19):434– 437 Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission. See: http://emh.ch/en/services/permissions.html