60. Forschungskolloquium des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton
28. und 29. Oktober 2019, Hannover
Schallemissionsmessungen zur
Spanndrahtbrucherkennung
Frederik Wedel1, Max Käding2 und Steffen Marx1
1
Institut für Massivbau, Leibniz Universität Hannover, Deutschland
2
Marx Krontal Partner, Hannover, Deutschland
KURZFASSUNG:
Die Schallemissionsanalyse zur Spanndrahtbrucherkennung etabliert sich in Deutschland als Verfahren
zur Überwachung vorgespannter Konstruktionen. Das Interesse liegt dabei auf der zuverlässigen
Erkennung von Spanndrahtbrüchen, also der Beschreibung des Quellmechanismus. Zwei
Forschungsschwerpunkte gehen damit einher, die hier thematisiert und erste Ergebnisse vorgestellt
werden: Einerseits gilt es die Kette von der Signalentstehung, Signalübertragung bis hin zur
aufgezeichneten Welle allgemeingültig zu formulieren, um Rückschlüsse auf den Quellmechanismus
zu ziehen. Andererseits werden maschinelle Lernverfahren angewendet, um das Potential solcher
Methoden auf diese Art von Daten aufzuzeigen. Nach Berechnung von Merkmalen aus dem
Frequenzraum konnte bei einer Klassifikation von Hammerschlag-Signalen eine Genauigkeit von 98 %
erreicht werden.
Keywords: Spannbeton, Schallemission, Monitoring, Merkmale, Maschinelles Lernen, Klassifikation
ABSTRACT:
Acoustic emission analysis for tendon wire break detection is establishing itself in Germany as a method
for monitoring of prestressed structures. The focus lies in the reliable detection of tendon wire breaks,
i.e. the description of the source mechanism. Two main areas of research are associated with this, which
are discussed in this paper: On the one hand, the measurement chain for describing the signal
transmission from signal generation to the recorded wave must be formulated in a generally valid way
in order to draw conclusions about the source mechanism. On the other hand, machine learning methods
are used to show the potential of such methods for this kind of data. After calculating features from the
frequency space, an accuracy of 98 % could be achieved with a classification.
Keywords: prestressed concrete, acoustic emission, monitoring, features, machine learning,
classification
Corresponding author: Frederik Wedel
Institut für Massivbau, Leibniz Universität Hannover
E-Mail: <wedel@massivbau.uni-hannover.de>
https://doi.org/10.15488/5533
120
Schallemissionsmessungen zur Spanndrahtbrucherkennung
1
EINLEITUNG
Zur Erhöhung der Tragfähigkeit bei gleichzeitiger Minderung von Querschnittsabmessungen werden
Betonkonstruktionen häufig vorgespannt. Gerade im Brückenbau aber zunehmend auch beim Turmbau
von Windenergieanlagen kommen solche Verfahren zum Einsatz. Die Vorspannung wirkt dabei der
Entstehung von Zugkräften bzw. der Dekompression entgegen, wodurch die Standsicherheit erhöht
wird. Es muss daher sichergestellt werden, dass sich die Vorspannung über die Bauwerkslebensdauer
im ordnungsgemäßen Zustand befindet. Etwaige Schäden wie Spanndrahtbrüche dürfen daher nicht
unentdeckt bleiben. Sie können aus Ermüdung, (Spannungsriss-)Korrosion oder statischer Überlastung
resultieren.
Grundsätzlich gibt es für verschiedene Anwendungsfälle unterschiedliche Arten der Vorspannung. Im
Brückenbau kommt häufig die interne Vorspannung mit nachträglichem Verbund zum Einsatz. Die
hochfesten Spannstähle liegen dabei in nachträglich mit Mörtel verpressten Hüllrohren im Inneren des
Betonkörpers. Bei Windenergieanlagen befinden sich die Spannglieder im Turminneren und sind nicht
im Verbund. Für den Korrosionsschutz sind sie dennoch in der Regel mit Fett verpresst.
Schrägkabelbrücken verfügen mit ihren Kabeln ebenfalls über vorgespannte Stahlseile.
Grundsätzlich existieren verschiedene Verfahren zur Bewertung des Spanngliedzustands mit dem Ziel,
kritische Schädigungszustände frühzeitig vorhersagen zu können. Visuelle Verfahren sind in der Regel
nicht geeignet, da die vorgespannten Stähle meistens von außen nicht zugänglich bzw. sichtbar sind.
Besser geeignet sind magnetische Verfahren, welche vor allem an freiliegenden Kabeln zur
zerstörungsfreien Prüfung angewandt werden. Hierbei wird das Phänomen ausgenutzt, dass sich an
Bruchstellen von Spanndrähten magnetische Streufelder einstellen (Dipolverteilung), die mit
Hallsonden gemessen werden können. Diese Verfahren erfordern jedoch regelmäßig wiederkehrende
Einsätze, um die Schadensentwicklung bewerten zu können. Die Schallemissionsmessung (SE oder
engl. acoustic emission (AE)) hat sich dem gegenüber als passives Verfahren zur dauerhaften
Beobachtung der Spanngliedzustände als besonders geeignet herausgestellt (Schacht G. 2019). Sein
Ursprung liegt in der Druckbehälterprüfung schwer zugänglicher Behälter. Mit dem Verfahren können
akustische Signale infolge von Leckagen oder Korrosionsprozessen aufgezeichnet und ausgewertet
werden.
Da die Sensoren in der Regel sehr empfindlich sind, werden neben potentiellen Schadsignalen
(Spanndrahtbrüche) auch alle weiteren akustischen Signale aus dem Betrieb oder aus
Umweltrandrandbedingungen aufgezeichnet. In der großen Masse der Daten gilt es dann bei der
Auswertung die Nutzsignale von den Schadsignalen sinnvoll zu trennen. Hierzu ist es erforderlich, die
Phänomene beschreiben zu können, die bei der Signalentstehung und -ausbreitung relevant sind.
Im Fokus der nachfolgend dargestellten Forschungsschwerpunkte stehen in diesem Zusammenhang die
modellbasierte Beschreibung des Spanndrahtbruches und die Auswertung der Massendaten mithilfe
von Machine-Learning-Methoden (ML).
https://doi.org/10.15488/5533
121
Schallemissionsmessungen zur Spanndrahtbrucherkennung
2
2.1
STAND DER TECHNIK
Methodik der Schallemissionsanalyse
Für die Durchführung von Schallemissionsmessungen zur Spanndrahtbrucherkennung werden
akustische Sensoren an verschiedenen Bauteilen appliziert. Bei Spannbetonbauwerken mit internen
Spanngliedern können die Sensoren nicht direkt am Spannglied oder am Verankerungskörper appliziert
werden. Sie werden daher auf der umliegenden Betonoberfläche angebracht. Die Sensoren werden
mittels Koppelmittel (z.B. Wachs oder Heißkleber) formschlüssig an der Oberfläche des Bauteils
befestigt und sind mit dem Messgerät verbunden. Der Umstand, dass der Sensor also nicht direkt am
Entstehungsort appliziert werden kann, bringt den Effekt mit sich, dass das aufgenommene Signal
verschiedenen Einflüssen unterliegt, was es in seiner Charakteristik ändert. Dabei ist zu beachten, dass
dieses Signal abhängig von dreierlei Faktoren ist: dem Quellmechanismus, dem Materialpfad und der
Messkette (Eitzen D. 1984). Für solche Betrachtungen ist es daher erforderlich, die Veränderungen des
Signals durch den Materialpfad und die Messkette bei der Interpretation zu berücksichtigen (siehe ).
Die Messung erfolgt aufgrund von sehr großen Datenmengen in der Regel ereignisgesteuert. Das
bedeutet, dass eine Messung bzw. Aufzeichnung von Signalen erst dann ausgelöst wird, wenn das
Messsignal einen bestimmten Schwellwert überschreitet.
2.2
Datenerfassung durch SE-Messungen
Das grundlegende Vorgehen für die Detektion und Klassifikation eines Schadereignisses mittels AE ist
es, ein Zeit-Amplituden-Signal aufzuzeichnen und auszuwerten. Das Signal wird von Sensoren
geliefert, die physikalische Größen an der Oberfläche des Körpers (hier. Schwingungen) erfassen. Mit
der Betrachtung des aufgezeichneten Signals können Rückschlüsse auf den Quellmechanismus und
somit auf den Schaden erfolgen (Ohno K. 2010, Ono, K. 2011).
Von der Signalentstehung bis hin zur Visualisierung und Interpretation ergibt sich daher eine
Signalkette nach Bild 1.
Bild 1: Signalkette bei Durchführung von Schallemissionsmessungen (Fricker S. 2009)
Nach Bild 1 werden zwei Arten von Informationen über das Signal gespeichert: einerseits die SEParameter und andererseits das transiente Signal als Wellenform selbst. Die Parameter (siehe
Abschnitt 2.3) benötigen nur wenig Speicherplatz (je Signal etwa 20 Werte), während die
Aufzeichnung des gesamten Signals je nach Erfassungseinstellung (Abtastrate, Schwellwert, etc.) bei
etwa 104-105 Werten je Signal liegt. Der Speicherbedarf ist damit um den Faktor 100 bis 5000 größer,
sodass bei Langzeitmessungen erhebliche Datenmengen anfallen können.
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Schallemissionsmessungen zur Spanndrahtbrucherkennung
2.3
Interpretation von Signalen
Die Auswertung der Daten erfolgt wie in Bild 1 dargestellt, über zwei verschiedene Ansätze. Weiter
verbreitet ist die Methode der quantitativen Analyse der SE-Parameter. Ein beispielhaftes transientes
Signal ist mit der Definition einiger Parameter in Bild 2 dargestellt.
C: Counts [-] (Anzahl aller Schwellwertüberschreitungen)
Spannung U [mV]
A
Threshold (Schwellwert)
R
D
A: Amplitude [mV] v [dB]
R: Rise Time [ms] (Anstiegszeit)
D: Duration [ms] (Dauer)
Zeit t
Bild 2: Darstellung eines transienten Signals mit Definition einiger SE-Parameter
Die reine Betrachtung der Parameter ist für eine Bestimmung des Quellmechanismus oft zu ungenau,
da die komplexen Zusammenhänge unberücksichtigt bleiben (Geometrie, Material, Wellenmodi), die
für die Wellenform verantwortlich sind (Grosse C. 2008).
Der zweite Ansatz zur Auswertung der gemessenen Signale ist die Betrachtung der gesamten Welle bei
der qualitativen Auswertung nach Bild 1. Dieser ist meist sehr viel komplexer und benötigt komplexe
Algorithmen, die eine Bewertung möglich machen. Als zweiter Forschungsschwerpunkt sei daher die
Dateninterpretation als kombinierte Betrachtung der Parameter und des Signals selbst zur Identifikation
des Quellmechanismus genannt: Abschnitt 3.2.
2.4
Anwendungen im Brückenbau
Das Prinzip der Schallemissionsanalyse wurde Anfang der 90er Jahre erstmals zur Detektion von
Drahtbrüchen im Brückenbau angewendet (Carlos M. 2000). Zu diesem Zeitpunkt war die Methodik
bereits gut entwickelt und wurde bspw. im Druckgerätebau und an Stahlbrücken zahlreich praktisch
eingesetzt (Hopwood T. 1987). Aufbauend auf diesen Erfahrungen wurde das Verfahren an Hängebzw. Schrägkabelbrücken mit dem Ziel eingesetzt, die aufwändigen Inspektionen der Tragseile zu
reduzieren. Zur Überwachung von Spannbetonbrücken wurde diese Methode erst etwas später
verwendet. Der Anlass hierfür war die in den 1980er und 1990er Jahren zunehmende Anzahl von
Schadensfällen infolge von Spannungsrisskorrosion (SpRK), die in den einbetonierten Spanngliedern
zu Drahtbrüchen führte und von außen i. d. R. unerkannt blieb. Cullington evaluierte daher das
Verfahren im Jahr 1997 am Huntington Eisenbahnviadukt (Cullington D. 2001). Durch Yuyama und
Fricker fanden weitere, vergleichbare Anwendungen im Spannbetonbrückenbau mit flächendeckender
Instrumentierung des Bauwerks statt (Yuyama S. 2007, Fricker S. 2009). Bei diesen Untersuchungen
konnte die Eignung des Verfahrens mittels künstlich erzeugter Drahtbrüche erfolgreich nachgewiesen
werden. Fricker gelang es sogar spontane Drahtbrüche durch anschließende Bauteilöffnungen zu
verifizieren.
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123
Schallemissionsmessungen zur Spanndrahtbrucherkennung
In Deutschland wurde im Mai 2018 die erste Spannbetonbrücke mit einem
Schallemissionsmonitoringsystem ausgerüstet. Das Bauwerk wurde 1959 als längs vorgespannte
Betonbrücke im Freivorbau errichtet und zählt damit zu den Pionierbauwerken der ersten Generation
dieser Bauweise (Käding M. 2019). Typisch für diese Zeit, wurde es mit einem vergüteten Spannstahl
hergestellt, der gegenüber der SpRK als besonders gefährdet einzustufen ist. In Kombination mit einem
geringen Anteil schlaffer Bewehrung besteht für die Stennertbrücke (Bild 3) zumindest rechnerische
die Gefahr ohne Vorankündigung zu versagen. Spanndrahtbrüche, die infolge der SpRK auftreten,
sollten daher mit diesem Messverfahren detektiert und so Rückschlüsse auf die Aktivität des
Korrosionsprozesses gezogen werden.
Bild 3: Die Stennertbrücke in Hagen/Hohenlimburg
Die Anwendung des Verfahrens erfordert es, die Prozesse zu verstehen, die bei der Signalentstehung
während des Drahtbruchs und der Wellenausbreitung im Beton stattfinden. Auf dieser Basis kann die
Messtechnik und das Messlayout richtig gewählt bzw. auf das Schädigungssignal abgestimmt werden.
Diese Grundlagen sind ebenso erforderlich, um eine erfolgreiche Analyse und sichere Differenzierung
von den Nebengeräuschen bspw. durch Verkehr, Regen, Hagel oder anderen äußeren Ereignissen am
Bauwerk vornehmen zu können. Ein Forschungsziel am Institut für Massivbau ist es daher, die
Elemente der Signal- bzw. Messkette möglichst allgemeingültig zu beschreiben. Hierzu zählen:
Quelle → Kanal → Kopplung → Sensor → Messgerät → Auswertung
Ein weiteres Forschungsziel liegt in der Klassierung der aufgezeichneten Signale zur Bestimmung des
Quellmechanismus mithilfe von Machine-Learning-Methoden (ML). Die Ergebnisse erster Arbeiten in
beiden Bereichen werden im Folgenden vorgestellt.
3
3.1
FORSCHUNGSSCHWERPUNKTE:
Quellmechanismus
Der Spanndrahtbruch ist ein spontanes, schlagartig ablaufendes Ereignis, bei dem im Vergleich zu
anderen SE-Quellen, wie bspw. der Rissbildung im Beton, eine hohe Menge elastischer Energie
freigesetzt wird. Die Menge dieser Energie ist abhängig von der Vordehnung des Drahtes und den
mechanischen Randbedingungen in der Verbundzone. Je besser der Verbund ausgebildet ist, desto
weniger kann sich der Draht frei rückverformen. Die Draht- bzw. Rippengeometrie kann diese Effekte
begünstigen. Gleiches gilt, wenn bei Litzen die Verdrillung der Einzeldrähte zusätzliche Reibung und
Pressung verursacht. Diese Faktoren beeinflussen jedoch nicht nur das Bruchsignal, sondern auch die
charakteristische Abstrahlung von Bruchort. In erster Linie breiten sich die Wellen entlang des Drahtes
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124
Schallemissionsmessungen zur Spanndrahtbrucherkennung
aus. Dieser wirkt als 1-dimensionaler Leiter. In der Kontaktzone werden die Wellen auf das
angrenzende Material in Abhängigkeit der vorliegenden Randbedingungen übertragen. Liegt bspw. ein
sehr loser Kontakt vor, wird sich das Signal vorrangig nur im Spanndraht ausbreiten.
Die Analyse von Drahtbrüchen erfolgte bisher weitestgehend datenbasiert und fokussiert eher die
Detektion der Ereignisse. Numerische Untersuchungen zur Wellenausbreitung an Spanngliedern bzw.
Spanndrahtlitzen wurden von Bartoli, Nuerca und Schubert durchgeführt (Bartoli I. 2012,
Nucera C. 2011, Schubert F. 2002). Sie betrachten jedoch nicht den Drahtbruch als Signalquelle und
die anschließende Abstrahlung vom Quellort. Die im Folgenden vorgestellten Untersuchungen sollen
hierfür die ersten Grundlagen schaffen. Hierzu wurde ein FE‑Modell in ABAQUS implementiert. Das
Modell wurde als Betonscheibe mit den Abmessungen 10x10x0,3 cm mit einem mittig angeordneten
Stahlstab von 0,5 cm Breite entworfen, um die Ausbreitung zunächst in der zweidimensionalen Ebene
zu betrachten (siehe Bild 4, links).
f(t)
Stahl
Verbundzone
Beton
Datenausgabe
Bild 4: FE-Model (links) und Systemverschiebungen infolge der Anregung (t=10 -5 s)
Bei heterogenen Materialien wie Beton nimmt die Streuung infolge der unterschiedlichen Materialien
und der Vielzahl an Grenzflächen bei der Wellenausbreitung eine wichtige Rolle ein. Der größte
Kontrast existiert hierbei beim Wellenübergang zu Lufteinschlüssen oder Rissen, da keine Energie
übertragen wird. Es ist bekannt, dass Streuung an Grenzflächen vor allem dann auftritt, wenn die
Wellenlänge kleiner als der Streukörper ist. Andernfalls werden diese nicht einzeln wahrgenommen
und es kommt nur zu einer geringen zusätzlichen Dämpfung (Schechinger B. 2006,
Kapphahn G. 1990). Für Beton können diese Effekte unter der Voraussetzung, dass die geometrischen
Abmessungen der Bestandteile nicht überschritten und nur ein bestimmter Frequenzbereich (hier: fmax
< 200 kHz) untersucht wird, vernachlässigt werden. Die Modellstruktur kann dann vereinfacht als
homogen mit linear elastischen Materialparametern entworfen und die Dämpfung durch einen Faktor
berücksichtigt werden. Diese Annahme wurde durch die Untersuchungen anderer Autoren bestätigt
(Kennedy T. 2008, Woo J. 2007).
Im vorliegenden Fall wurde mit dem Ansatz der Rayleigh-Dämpfung gearbeitet. Die
Dämpfungsparameter wurden einerseits numerisch mittels Modalanalyse und andererseits
experimentell an zwei Betonbalken, bestehend aus einem C20/25 und C45/55, ermittelt und verglichen.
Die Balken sind unterschiedlich lang (46 und 90 cm), haben jedoch die gleichen
Querschnittsabmessungen (12x12 cm). Sie wurden mit einem Hammer zur Schwingung angeregt und
die Systemantwort gemessen. Bei der Auswertung wurde der ungestörte Ausschwingvorgang betrachtet
und mit einer Exponentialfunktion angenähert. Die Dämpfungswerte der numerischen und
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125
Schallemissionsmessungen zur Spanndrahtbrucherkennung
experimentellen Untersuchungen wurden anschließend auf die Grundfrequenz des betrachteten
Ausschwingvorganges normiert, um die Abhängigkeit zwischen der Abnahme der Amplitude und der
Wellenlänge zu berücksichtigen (Cremer L. 1982). Die normierten Dämpfungswerte weichen ca. 5 %,
voneinander ab. Es kann daher von einer ausreichend hohen Übereinstimmung zwischen dem Modell
und den realen Betonbalken für den betrachteten Frequenzbereich ausgegangen werden. Für die
weiteren Materialparameter wurden die Eigenschaften eines Beton C30/37 und von Stahl zugrunde
gelegt.
In der Kontaktzone zwischen dem Stahl und Beton wurde eine Verbund-Schlupf-Beziehung basierend
auf dem Model Code 90 (CEB 1991) mit dem Penalty-Verfahren berücksichtigt. Diese wurde, mit
Ausnahme eines kurzen Bereichs in der Lasteinleitungszone, über die gesamte Stahllänge gleich
angesetzt. Im Rahmen einer statischen Untersuchung wurde die Kraftübertragung validiert. Am
numerischen Modell wurde hierzu u. a. die Verankerungslänge abgeschätzt und mit einer händischen
Rechnung verglichen. Es konnte eine sehr gute Übereinstimmung festgestellt werden.
Ausgehend von diesen plausibilisierenden Betrachtungen wurden die Berechnungen der kurzen,
hochdynamischen Systemantworten mittels expliziter Integration durchgeführt. Zum Erreichen einer
numerischen Stabilität und um die gewünschte Frequenz ausreichend genau auflösen zu können, sind
für dieses Verfahren sehr kleine Integrationszeitschritte und Elementgrößen erforderlich. Vielfach wird
empfohlen, dass die kleinste aufzulösende Wellenlänge λmin durch mindestens 20 Elementknoten
abgebildet wird (Bartoli I. 2012, Nucera C. 2011, Woo J. 2007). Die Elementgröße wurde nach diesem
Ansatz mit Le = λmin / 20 abgeschätzt und zu 0,5 mm gewählt. Der Zeitschritt ∆t wurde mit ∆t ≤ Le / c
bestimmt und bei diesen Berechnungen zu 0,01 µs gewählt.
Zur Beschreibung der Wellenausbreitung wurde das Modell am freien Spanndrahtende mit einer
Funktion f(t) angeregt (siehe Bild 4, links), der ein Sinus-Ansatz zugrunde liegt und die in
Abhängigkeit einer Grenzfrequenz variiert werden kann (siehe Bild 5, rechts). Durch diese Funktion
wird eine impulsartige Einwirkung simuliert, wie sie bei Bruchprozessen üblicherweise auftritt. Es
werden hierdurch hauptsächlich p‑Wellen (Schechinger B. 2005) hervorgerufen, die in Längsrichtung
des Spannstahls wirken. In Bild 4 (rechts) ist die Ausbreitung der Wellen qualitativ dargestellt. Es zeigt
sich, dass entlang des Stahls eine konzentrierte vorlaufende Wellenfront entsteht und der Stab als
Wellenleiter wirkt. Bei der Übertragung in den Beton resultiert hieraus eine Richtungsabhängigkeit.
Betragsmäßig stehen die übertragenen Dehnungen bei diesem Modell in einem linearen Verhältnis zur
definierten Verbundspannung.
Im Folgenden wurde weiterhin der Einfluss der Anregung mit verschiedenen Grenzfrequenzen
betrachtet. Hierzu wurden die Ergebnissignale an einem Punkt im Beton ausgegeben (siehe
Bild 4, links). Die Anregungsfunktion ist dadurch charakterisiert, dass sie mit zunehmender
Grenzfrequenz zunehmend an Steilheit gewinnt. Hierdurch werden einerseits die Dauer der Einwirkung
als auch der Energieeintrag in das System reduziert. Dieser Zusammenhang ist auch in den Ergebnissen
wiederzufinden. In Bild 5 (links) sind die Frequenzspektren der Signale zur jeweiligen
Anregungsfunktion dargestellt. Mit abnehmender Grenzfrequenz nehmen die Amplituden der Signale
zu. Auffällig ist, dass hiervon unabhängig bestimmte Frequenzbereiche (ca. 14, 28 und 42 kHz)
besonders hervortreten.
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Schallemissionsmessungen zur Spanndrahtbrucherkennung
Bild 5: Frequenzspektren der Systemantwort (links) auf die Anregung mit unterschiedlicher Grenzfrequenz (rechts)
Die numerischen Ergebnisse wurden in diesem Zusammenhang mit experimentellen Versuchen
verglichen. An den bereits erwähnten Betonbalken wurden Spanndrahtbrüche durch elektrochemische
Korrosion provoziert. Die Drähte lagen örtlich über eine sehr begrenzte Länge frei ohne Verbund
(ca. 1 cm). Die Signale dieser Brüche wurden nahe des Bruchortes aufgezeichnet. In Bild 6 sind die
Frequenzspektren dieser Signale abgebildet. Ähnlich zu den numerischen Ergebnissen treten auch hier
bestimmte Frequenzbereiche in einem ähnlichen Muster hervor.
Bild 6: Frequenzspektren von 3 Drahtbruchsignalen
Das entwickelte FE-Modell ist in der aktuellen Version eine einfache Abbildung der realen
Verhältnisse, die bei der Signalentstehung und -ausbreitung beim Drahtbruch vorliegen. Die bisher
getroffenen Annahmen konnten experimentell bestätigt werden und weisen auf eine gute
Vergleichbarkeit hin, so dass hiermit eine Grundlage für die Fortsetzung der Untersuchungen
geschaffen wurde. In geplanten Simulationen und vergleichenden Messungen soll die Komplexität des
Modells weiter erhöht und die Einflussparameter qualitativ und quantitativ beschrieben werden.
3.2
Merkmalsextraktion und Klassifikation
Wie bereits in Abschnitt 2.3 erwähnt, reicht eine parameterbasierte Auswertung zur Bestimmung des
Quellmechanismus in der Regel nicht aus. Um Verfahren zur Identifikation von Quellmechanismen zu
testen wurde eine Datenbank mit Schallemissionssignalen angelegt. Diese wurde mit unterschiedlichen
Signaleintragungen an verschiedenen Positionen an einem Betonkörper erzeugt. Bild 7 zeigt
beispielhaft zwei Signale und deren Parameter von Signalen unterschiedlicher Quellmechanismen. In
diesem Fall ist die Quelle ähnlich, da es sich bei beiden Signalen um Hammerschläge auf einen
Betonkörper handelt, jedoch wurden unterschiedliche Hammer genutzt und eine Reproduzierbarkeit
des Signals ist bei händischem Signaleintrag in der Regel nicht gegeben. Dennoch wurde darauf
geachtet, die Schlagkraft und die Position des Signaleintrags konstant zu halten.
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Spannung U [mV]
Spannung U [mV]
Schallemissionsmessungen zur Spanndrahtbrucherkennung
2
Gummihammer
1
0
A: 1,66 mV (64,4 dB)
R: 0,1946 ms
D: 3,2 ms
C: 43 [-]
-1
0
1
2
3
Kunststoffhammer
1
0
A: 1,75 mV (64,9 dB)
R: 0,1920 ms
D: 4,7 ms
C: 61 [-]
-1
Zeit t [ms]
-2
2
Zeit t [ms]
-2
0
4
1
2
3
4
Bild 7: Signale unterschiedlicher Quellmechanismen
Rise Time [ms]
Counts [-]
Neben den dargestellten Signalverläufen sind die Parameter aller Hammerschläge in Bild 8 dargestellt.
Es wurden je Hammer etwa 600 Schläge durchgeführt. Es ist zu erkennen, dass sich die Parameter nur
wenig voneinander abheben und eine visuelle Trennung der Signale nach dem Quellmechanismus
höchstens im linken Diagramm denkbar ist. Grundsätzlich ist jedoch zu erkennen, dass der
Kunststoffhammer in der Regel größere Werte (Amplitude, Rise Time, Counts und Duration) hervorruft
als der Gummihammer.
90
80
70
60
50
0,6
0,5
0,4
0,3
40
30
0,2
Kunsstoffhammer
Gummihammer
20
10
0,1
Amplitude [mV]
0
0
1
2
3
Duration [ms]
0,0
4
0
2
4
6
Bild 8: Parameter verschiedener Signale im Parameterraum, jeweils 600 Schläge je Hammer
Diese Parameter finden Eingang in eine Klassifikation. Da im Vorfeld nicht bekannt ist, welcher
Klassifikationsalgorithmus sich für das dargestellte Problem am besten eignet, werden mehrere getestet
und gegenübergestellt. Dazu wird die open source library von „scikit-learn“ verwendet Die
Programmierung erfolgt in Python. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 dargestellt. Insgesamt wurden 10
Algorithmen getestet, wovon die drei besten dargestellt sind. Das Datenset wird dafür in 66 %
Trainingsdaten womit die Algorithmen angelernt werden und 33 % Testdaten mit denen eine
Validierung stattfindet zufällig aufgeteilt. Dieser Vorgang wird mehrfach wiederholt und der Mittelwert
bestimmt (cross validation). In Tabelle 1 ist die mittlere Genauigkeit angegeben, also der Durchschnitt
der vom Algorithmus prozentual vorgenommenen Zuordnung der Daten in die jeweils richtige Klasse.
Es werden als Merkmale zunächst nur die SE-Parameter genutzt, wie sie in Bild 2 beschrieben und in
Bild 8 dargestellt sind.
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Schallemissionsmessungen zur Spanndrahtbrucherkennung
Tabelle 1: Ergebnisse der Klassifikationen als mittlere Genauigkeit (mean test score)
Merkmale für
Klassifikation
2
3
4
Gaussian Process
Classifier (GP)
Random Forest
Classifier (RF)
Multi-layer Perceptron
Classifier (MLP)
Durchschnitt
85,00 %
89,12 %
90,60 %
88,21 %
90,52 %
91,92 %
86,07 %
89,61 %
90,93%
86,43%
89,75%
91,15%
88,24%
90,22%
88,87%
D, R
A, C, D
A, C, D, R
Durchschnitt
Grundsätzlich ist zu erkennen, dass bei einer höheren Anzahl an Merkmalen bessere Ergebnisse erzielt
werden. Dies bestätigt sich auch bei weiteren Untersuchungen (siehe Tabelle 2). Obwohl die in Bild 8
gezeigten Messdaten augenscheinlich nicht auseinander zu halten sind, gelingt den ML-Methoden eine
Genauigkeit von knapp 92 %. Wenn nur zwei Merkmale zur Klassifikation genutzt werden, wird das
beste Ergebnis mit den Parametern „Duration“ und „Rise Time“ erzielt. Dies ist vergleichbar mit dem
rechten Diagramm aus Bild 8. Es wäre an dieser Stelle denkbar gewesen, dass das beste Ergebnis mit
den Merkmalen „Amplitude“ und „Counts“ erreicht worden wäre (Bild 8, links), da dort eine visuelle
Trennung der Signale zumindest vorstellbar gewesen wäre. Der Algorithmus erreicht mit diesen
Parametern immerhin noch 87,47 %, allerdings handelt es sich dabei um den Gaussian Process
Classifier.
Wie bereits in Absatz 2.3 genannt, soll eine kombinierte Betrachtung von SE-Parametern und des
gesamten Signals zur Steigerung der Genauigkeit erfolgen. Der Fokus liegt im vorliegenden Fall auf
zwei Eigenschaften: Energie (E) und Schwerpunktwellenlänge (fc, spectral centroid). In beiden Fällen
werden weitere Parameter aus der Wellenform bzw. aus dem Frequenzspektrum (siehe bspw. Bild 6)
extrahiert, die Eingang in die Klassifikation finden.
Die Energie beschreibt die Stärke einer SE-Quelle und wird nach
𝐸 = ∫𝐷 𝑈 2 (𝑡)𝑑𝑡
(1)
mit U(t) als Verlauf des Signals (Spannung). Je Wellenform (Signal) wird somit ein weiterer Parameter
ermittelt, der zur Klassifikation genutzt werden kann.
Als zweiter Schritt in der Merkmalsextraktion werden Schwerpunktwellenlängen bestimmt. Sie werden
in der digitalen Signalverarbeitung eingesetzt, um das Frequenzspektrum zu beschreiben. Oft wird in
diesem Zusammenhang von der Klangfarbe gesprochen. Sie werden berechnet indem eine FourierTransformation in den Frequenzraum vorgenommen wird und anschließend das gewichtete Mittel der
Frequenzen mit den Magnituden gebildet wird. Zur Berechnung wird die open source library „Librosa“
genutzt.
𝑓𝑐,𝑖 =
∑𝑁
𝑛=0 𝑓(𝑛)𝑥(𝑛)
∑𝑁
𝑛=0 𝑥(𝑛)
(mit i als i-tes Fenster)
(2)
Dieses vorgehen wird nicht auf das gesamte Signal, sondern auf Bereiche des Signals angewandt, da
vermutet wird, dass unterschiedliche Bereiche des Signals mehr oder weniger gute Rückschlüsse auf
das Signal zulassen. Es wird also eine Fensterfunktion über das Signal geschoben mit der Breite nfft und
der Schrittweite lhop. Da diese Parameter entscheidend für die Merkmalsextraktion sind, wird hier
ebenfalls eine Parameterstudie durchgeführt.
Je Signal und Fenster i ergibt sich damit eine Schwerpunktwellenlänge, die zur Klassifikation genutzt
werden kann.
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129
Schallemissionsmessungen zur Spanndrahtbrucherkennung
Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in Tabelle 2 dargestellt. Der Übersicht halber sind nur noch
die höchsten Genauigkeiten dargestellt. Die Abkürzungen beziehen sich auf den genutzten Klassifikator
(siehe Tabelle 1).
Tabelle 2: Ergebnisse der Klassifikationen mit Erweiterung des Parameterraums als mittlere Genauigkeit
Merkmale für Klassifikation
nfft
lhop
mean test score
Steigerung
-
-
91,92 % (RF)
92,50 % (GP)
(Bezug)
+ 0,58 %
4
5
A, C, D, R
A, C, D, R, E
6
6
6
6
A, C, D, R, E, fc,0
A, C, D, R, E, fc,1
A, C, D, R, E, fc,2
A, C, D, R, E, fc,3
0,0512 ms
0,0512 ms
0,0512 ms
0,0512 ms
0,0256 ms
0,0256 ms
0,0256 ms
0,0256 ms
95,80 % (MLP)
95,30 % (GP)
93,40 % (GP)
93,90 % (GP)
+ 3,88 %
+ 3,38 %
+ 1,48 %
+ 1,98 %
11
11
A, C, D, R, E, fc,0 – fc,5
A, C, D, R, E, fc,0 – fc,5
0,0512 ms
0,2048 ms
0,0256 ms
0,0512 ms
96,46 % (MLP)
96,87 % (GP)
+ 4,54 %
+ 4,95 %
6
fc,0 – fc,5
0,2048 ms
0,0512 ms
75,68 % (MLP)
- 16,24 %
15
A, C, D, R, E, fc,0 – fc,9
0,4096 ms
0,0512 ms
98,02 % (GP)
+ 6,10 %
Aus der Tabelle geht hervor, dass die Genauigkeit durch Zugabe der Energie des Signals als Merkmal
um etwa 0,58 % gesteigert werden kann. Durch Hinzufügen weiterer Parameter wie der
Schwerpunktwellenlänge kann eine erneute Verbesserung der Ergebnisse erzielt werden. Je nach
Fenster i und dessen Eigenschaften (nfft und lhop) kann durch Hinzufügen einer einzigen
Schwerpunktwellenlänge das Ergebnis um 3,88 % verbessert werden. Aus der Tabelle geht ebenfalls
hervor, dass die verschiedenen Schwerpunktwellenlängen fc,i unterschiedliche Verbesserungen der
Ergebnisse bewirken, wodurch geschlussfolgert werden kann, dass Bereiche am Signalanfang besseren
Aufschluss über das Quellsignal geben. Insgesamt kann bestätigt werden, dass eine höhere Anzahl an
Schwerpunktwellenlängen bessere Ergebnisse liefert, wobei bei ausschließlicher Betrachtung dieser
Parameter nur eine Genauigkeit von etwa 76 % erreicht werden kann. Das beste Ergebnis wird mit allen
untersuchten Parametern erzielt und liegt bei 98,02 %.
Zwischen den Untersuchungen mit einfachen SE-Parametern wie der Amplitude, den Counts, der
Duration und der Rise Time kann durch Hinzufügen von Parametern, die das gesamte Signal betrachten,
bzw. eine Betrachtung des Frequenzgehaltes beinhalten, eine Steigerung der Genauigkeit von 6,1 %
erreicht werden.
Diese Untersuchungen zeigen, dass es für den vorliegenden Fall grundsätzlich möglich ist, Signale sehr
ähnlichen Ursprungs anhand einfacher Parameter auseinander zu halten. Zusätzlich kann durch eine
Betrachtung des gesamten Signals die Genauigkeit weiter erhöht werden.
Mit den dargestellten Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Machine-Learning-Methoden für
die Bestimmung von Quellmechanismen ein großes Potential aufweisen. In Zukunft gilt es weitere
Merkmale zu extrahieren, um die Genauigkeit weiter zu steigern. Für die Methode der
Schallemissionsmessung zur Erkennung von Spanndrahtbrüchen ist daher anzunehmen, dass MLAlgorithmen so trainiert werden können, dass Bruchsignale automatisch erkannt werden.
In künftigen Untersuchungen soll daher eine Übertragung der gezeigten Verfahren auf Signale von
Spanndrahtbrüchen im Fokus stehen.
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Schallemissionsmessungen zur Spanndrahtbrucherkennung
4
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Die vorgestellten Ergebnisse sind das Resultat erster Untersuchungen von zwei
Forschungsschwerpunkten, die sich mit der Schallemissionsanalyse als Methode zur Überwachung
vorgespannter Konstruktionen befassen.
Anhand eines numerischen Modells wurde ein Ansatz gezeigt, den Spanndrahtbruch qualitativ zu
beschreiben. Es ist es gelungen, Frequenzspektren von im Modell erzeugten Signalen mit am realen
Bauteil aufgezeichneten Sensormessungen zu vergleichen und eine größere Übereinstimmung zu
erhalten. In weiteren Untersuchungen sollen die Einflussparameter auf das Signal und seine
Ausbreitung im Bauteil weiter erforscht und beschrieben werden.
Weiterhin wurden im Labor erzeugte impulsartige Signale anhand verschiedener Signalparameter
mithilfe von Machine-Learning-Methoden klassifiziert. Je nach Art und Anzahl der Merkmale sowie
des verwendeten Algorithmus werden damit Genauigkeiten bis 92 % erreicht. Durch die Ermittlung
weiterer Merkmale wie die Energie oder die Schwerpunktwellenlänge aus dem Frequenzraum des
Signals konnte eine Genauigkeitssteigerung um 6,1 % auf etwa 98 % erreicht werden. Dies zeigt das
enorme Potential der Anwendung dieser ML-Verfahren auf solch komplexe Daten großer Menge. Der
Fokus künftiger Forschungen liegt in der Übertragung dieser Verfahren auf die Thematik der
Erkennung von Spanndrahtbrüchen.
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