Kostenschätzung zum Ausbau
im Elementarbildungsbereich
Norbert Neuwirth
ÖIF Forschungsbericht 42 | 2021
www.oif.ac.at
Österreichisches Institut für Familienforschung
an der Universität Wien
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ARBEITSPROGRAMM 2007
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Kostenschätzung zum Ausbau im Elementarbildungsbereich
Norbert Neuwirth
ÖIF Forschungsbericht 42 | September 2021
Studie im Auftrag der Österreichischen Industriellenvereinigung
Abteilung Bildung & Gesellschaft
DOI: 10.25365/phaidra.295
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ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Inhaltsverzeichnis
Executive Summary ............................................................................................................ 5
1 Vorbemerkungen zu dieser Studie ................................................................................ 6
2 Kurze theoretische Reflexion ........................................................................................ 7
3 Demographische Entwicklung im relevanten Zeitraum ..............................................10
4 Inanspruchnahme elementarpädagogischer Leistungen ...........................................13
5 Gruppengrößen und BetreuerInnenzahl ......................................................................19
6 Direkte Kosten im Elementarbildungsbereich.............................................................25
6.1 Personalkostensteigerungen .....................................................................................26
6.2 Übernahme des vorletzten Kindergartenjahres .........................................................29
6.3 Wachstum der Ausgabenvolumina ............................................................................29
7 Kosten der Tertiarisierung der Ausbildungswege ......................................................33
8 Zusammenfassung und Gegenrechnung ....................................................................35
Literaturverzeichnis ...........................................................................................................38
Anhang ................................................................................................................................41
Kurzbiografie des Autors ...................................................................................................43
3
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Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Kinderbetreuungsquoten nach Altersgruppen ...................................................................... 13
Tabelle 2: Anzahl der Kinder in elementarpädagogischer Betreuung 2019/20..................................... 15
Tabelle 3: Veränderung der Zahl der betreuten Kinder 2025 und 2030 bei fixer Betreuungsquote ..... 17
Tabelle 4: Zusätzliches Wachstum der Zahl der betreuten Kinder bei steigender Betreuungsquote ... 17
Tabelle 5: Gesamtwachstum der Anzahl der betreuten Kinder 2025 und 2030 ................................... 18
Tabelle 6: Gruppengrößen- und BetreuerInnenhöchstgrenzen; Ostösterreich ..................................... 19
Tabelle 7: Gruppengrößen- und BetreuerInnenhöchstgrenzen; Südösterreich .................................... 20
Tabelle 8: Gruppengrößen- und BetreuerInnenhöchstgrenzen; Westösterreich .................................. 21
Tabelle 9: Zusätzlicher Personalbedarf aufgrund der Bevölkerungsveränderung ................................ 22
Tabelle 10: Zusätzlicher Personalbedarf aufgrund fortgeschriebener Steigerung Betreuungsquoten . 23
Tabelle 11: Zusätzlicher Personalbedarf aufgrund Steigerung Betreuungsquoten 4- bis 5-Jährige .... 23
Tabelle 12: Zusätzlicher Personalbedarf für 2025 bzw. 2030 insgesamt ............................................. 24
Tabelle 13: Tariftabelle, Lehrerdienstrecht 2013, 2015 und 2020......................................................... 26
Tabelle 14: Kosten der Übernahme der bereinigten Halbtagsbetreuungskosten ................................. 29
Tabelle 15: Anzahl der in die tertiäre Ausbildung zu übernehmenden ElementarpädagogInnen ......... 34
Tabelle 16: Zusammenfassung der Mehrkosten 2030 .......................................................................... 36
Tabelle 17: Kurzfristige Rückflüsse des Reformentwurfs im Jahre 2030 .............................................. 36
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: ROI (Return on Investment) zusätzlicher Bildungsinvestitionen ........................................ 7
Abbildung 2: Verläufe der ROI nach sozio-ökonomischem Hintergrund der Kinder ............................... 8
Abbildung 3: Anteilsmäßiges Gesamtbevölkerungswachstum im Abstand von 10 Jahren .................. 10
Abbildung 4: Bevölkerungsentwicklung und -projektion Hauptszenario; 0- bis 5-Jährige; 2000–2030 11
Abbildung 5: Bevölkerungsentwicklung und -projektion; drei Szenarien; 2010–2030 .......................... 12
Abbildung 6: Entwicklung der Betreuungsquoten der 0- bis 2-Jährigen nach Bundesländern ............. 13
Abbildung 7: Entwicklung der Betreuungsquoten der 3- bis 5-Jährigen nach Bundesländern ............. 14
Abbildung 8: Derzeitige Betreuungsquoten der Bundesländer (2019/20) ............................................. 15
Abbildung 9: Bundesweite Betreuungsquoten 2014 und 2019, Quotenziel und Ausbaubedarf ........... 16
Abbildung 10: Tarifstrukturvergleich und Verteilung der Dienstjahre .................................................... 27
Abbildung 11: Kostensteigerung + Ausweitung AkademikerInnenanteil bei ElementarpädagogInnen 28
Abbildung 12: Zu erwartende autonome Kostenverschiebungen 2025, 2030 ...................................... 30
Abbildung 13: Autonomes Kostenwachstum (AKS) und Reformkosten ............................................... 31
Abbildung 14: Kostenwachstum nach Komponenten ............................................................................ 32
Abbildung 15: Gesamtkostenwachstum mit allen angeführten Reform-Komponenten......................... 35
4
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Executive Summary
Im Herbst 2015 wurde das Österreichische Institut für Familienforschung beauftragt, eine Kostenprojektion der seitens einer ExpertInnengruppe gemeinsam mit der Industriellenvereinigung entwickelten Reformentwürfe für das österreichische Elementarbildungssystem vorzunehmen. Das Ergebnis, das Ende 2015 übermittelt werden konnte, offenbarte, dass sich die
Mehrkosten, die im Projektionsjahr 2025 im Vergleich zu 2014 anfallen würden, inflationsbereinigt auf 280 Millionen Euro belaufen würden. Davon wären 164 Millionen an Personalkostensteigerungen anfallen, die den ElementarpädagogInnen zustünden, nachdem sie die neu zu
eröffnende, weiterführende tertiäre Ausbildungsschiene für Elementarpädagogik abgeschlossen hätten. 56 Millionen Euro wäre 2025 als Finanzierungsvolumen dieser Ausbildungsschienen angefallen. Zusätzlich enthielt der Reformentwurf, dass auch das vorletzte Kindergartenjahr in die Bildungspflicht übernommen wird, sodass die öffentliche Hand auch die Finanzierung der Halbtagsbetreuung der Vierjährigen übernehmen müsste. Diese Kostenposition
wurde für 2025 mit 60 Millionen Euro projiziert. Ein Gutteil dieser Mehrkosten würde der öffentlichen Hand als Mehreinnahmen wieder unmittelbar rückfließen. Auch war erkennbar, dass
diese reforminduzierten Mehrkosten den kleineren Teil der zu erwartenden Gesamtkostensteigerung ausmachen würde. Der überwiegende Teil der Gesamtkostensteigerung wäre – laut
den modellbasierten Projektionsrechnungen – auf das Wachstum der Teilbevölkerung im vorschulischen Alter und auf die weitere Steigerung der Partizipationsraten rückführbar.1
Diese Projektionsrechnung wird in dieser Studie nun, fünf Jahre später, erneut vorgenommen.
Es wurde darauf geachtet, die beiden Studien möglichst vergleichbar zu halten. Das finale
Projektionsjahr ist nun das Jahr 2030. Die Umgebungsgrößen haben sich erkennbar geändert.
Im Jahr 2015 konnte noch von einem deutlichen demografischen Wachstum der Bevölkerungsgruppe der 0- bis 5-Jährigen ausgegangen werden. Dieses Bevölkerungswachstum hat
sich bislang auch bewahrheitet. Die Bevölkerungsprognose der Statistik Austria legt nun jedoch nahe, dass die Bevölkerungszahl der noch nicht schulpflichtigen Kinder von 2020 bis
2030 einigermaßen konstant bleiben wird. Zwar wird die Partizipationsrate weiterwachsen, der
beschleunigende demografische Effekt bleibt aber voraussichtlich aus. Aus diesem Grund
überwiegen nun in den Ergebnissen der Projektionsrechnung bis 2030 die reforminduzierten
Kostensteigerungen. Von diesen Kostenpositionen sind insbesonders die Personalkostensteigerungen infolge des modellierten Tarifwechsels von einem für ElementarpädagogInnen relevanten Gehaltsschema zur bundesweiten Tarifstaffel laut Lehrerdienstrecht stark gestiegen:
Statt 164 Millionen Euro müssten nun 221 Millionen finanziert werden. Dies ist auf eine überdurchschnittliche Erhöhung in der Tarifstaffel laut Lehrerdienstrecht zurückzuführen. Die Übernahme der Elternbeiträge würde mit 67 statt zuvor mit 60 Millionen zu veranschlagen sein.
Lediglich die Ausbildungskosten für die ElementarpädagogInnen in tertiärer Weiterbildung blieben nach heutiger Datenlage konstant. Weder die zu modellierende Nachfrage noch die Kostensätze der Studienplatzfinanzierung haben sich geändert.
Insgesamt wäre, zu heutigem Lohn- und Preisniveau, im Jahr 2030 mit Mehrkosten von 344
Millionen Euro zu rechnen. Ein Gutteil dieser Mehrkosten würde der öffentlichen Hand aber
auch 2030 als Mehreinnahmen wieder unmittelbar rückfließen.
1
Vgl. Neuwirth (2016)
5
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1 Vorbemerkungen zu dieser Studie
Elementarbildung ist der Grundstein des weiteren Bildungsverlaufs. So naheliegend diese
Aussage ist, so schwer scheinen substanzielle Verbesserungen im Bereich der vorschulischen
Bildung letztlich politisch durchsetzbar. Der Elementarbildungsbereich hat immer noch mit althergebrachten Bildern von reinen „Kinderbetreuungseinrichtungen“, bei denen die Betreuungs- weit über der Bildungsfunktion steht, zu kämpfen. ElementarpädagogInnen werden nach
wie vor nur selten mit VolksschullehrerInnen oder PädagogInnen höherer Schulstufen funktional gleichgestellt wahrgenommen.
Im April 2015 wurden seitens der Industriellenvereinigung (IV) erstmals Handlungsempfehlungen zur Unterstützung und zum Ausbau des Elementarbildungsbereichs publiziert und in den
folgenden Jahren auch wiederholt aktualisiert. Für die ursprünglichen Handlungsempfehlungen wurde im November 2015 seitens des Österreichischen Instituts für Familienforschung
(ÖIF) eine Kostenverlaufsprojektion bis 2025 erstellt.
Die hier vorliegende Studie ist eine Aktualisierung2 der Studie aus dem Jahr 2015 und schätzt
die Kostenentwicklung der wichtigsten Komponenten der aktuellen Handlungsempfehlungen
für den Elementarbildungsbereich, und zwar vor dem Hintergrund nunmehriger demographischer Szenarien über den Zeitraum bis 2030 sowie der voraussichtlich weiteren Entwicklung
der Inanspruchnahme elementarpädagogischer Leistungen. Die Studie basiert dafür auf unterschiedlichen Datenquellen, die in einen analytischen Zusammenhang gestellt werden. Die
wesentlichen Datenquellen sind
•
•
•
•
•
2
aktuelle Bevölkerungsprognosen anhand von drei Szenarien,
die Kindertagesheimstatistik,
der EU-SILC Österreich,
die Mikrozensen der letzten zehn Jahre sowie
weitere statistische Arbeitstabellen des ÖIF sowie der Statistik Austria.
Ersterstellung der Studie: Oktober 2020. Danach geringfügige Ergänzungen.
6
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
2 Kurze theoretische Reflexion
Zahlreiche Abhandlungen und Untersuchungen kommen durchwegs zum gleichen Schluss:
Die Investition in frühkindliche Bildung stärkt den späteren Erfolg in der Schulkarriere sowie
die beruflichen Entwicklungschancen und die gesellschaftliche Teilhabe im Erwachsenenleben. So wird z.B. unter Bildungsökonomen wiederholt die Relation von Grenzertrag bzw. des
Returns on Investment (ROI) eines zusätzlichen Jahres im Bereich der Elementarbildung mit
dem eines zusätzlichen Jahres am Ende der jeweils bestehenden Schulpflicht verglichen. Die
Ergebnisse sprechen eine eindeutige Sprache: In allen untersuchten Ländern und sozialen
Schichten ist ein mit dem Alter fallender ROI zusätzlicher altersgerechter Bildungsmaßahmen
zu verzeichnen. Der Nobelpreisträger James J. Heckman stellt diese Relation gut fassbar dar.3
(Abbildung 1).
Abbildung 1: ROI (Return on Investment) zusätzlicher Bildungsinvestitionen
Quelle: James J. Heckman; heckmanequation.org
Zusätzlich ist evident, dass bei Kindern mit schwachem sozio-ökonomischen Hintergrund die
durchwegs gesellschaftlich wichtigen sowie auch später wirtschaftlich umsetzbaren Fähigkeiten und Talente nicht hinreichend gefördert werden und somit die Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe deutlich steigerungsfähig sind. Auch die Forschung bestätigt wiederholt, dass
gerade die Einführung bzw. Erweiterung von Phasen der Elementarbildung die schulischen
Integrationsmöglichkeiten von Kindern mit schwachem sozio-ökonomischen Hintergrund wesentlich steigern. Der Grenzertrag von zusätzlicher Elementarbildung liegt bei diesen Kindern
deutlich höher als bei Kindern besser gestellter sozialer Schichten4. Obwohl diese deutliche
Chancenverbesserung im vorschulischen Alter besteht, kann nicht von einer endgültigen
Chancenangleichung gesprochen werden. Bereits in der Pflichtschulphase wird zumeist evident, dass – selbst bei andauernder schulinterner Unterstützung – Kinder mit besserem sozioökonomischen Hintergrund vor allem aufgrund der erhaltenen familiären Unterstützung und
Vorbildwirkung der primären Bezugspersonen sowie des nach wie vor etwas anderen sozialen
3
Dabei geht er sogar noch einige Schritte weiter als die meisten Bildungsökonomen, indem er der pränatalen Phase
den höchsten ROI zuschreibt. Hierbei stützt er sich in erster Linie auf Ergebnisse der Hirnforschung, wie er u.a. in
Heckman (2013) ausführt.
4
vgl. Wößmann (2006)
7
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Umfelds aus der gleichen Schulerfahrung zumeist höhere Erträge lukrieren und somit üblicherweise auch bessere Chancen auf weiterführende Bildung schaffen können5.
Natürlich werden in der Bildungsforschung weitgehend „weiche Messeinheiten“ angeführt. Lediglich Schulerfolgskennzahlen im Pflichtschulbereich und in höheren Schulen liegen herkömmlicherweise vor, ergänzt durch standardisierte Testungen in diesen Schulstadien. Der
Rückschluss auf den Einfluss der Elementarbildungsphase ist in erster Linie statistisch möglich, Alltagsevidenz liegt über solch lange Zeiträume nicht vor. Dennoch lassen sich anhand
der Literatur Rückschlüsse auf die kurz- wie langfristigen Erträge zusätzlicher Investitionen in
die Elementarbildung der vorschulpflichtigen Kinder ziehen und somit auch auf die KostenNutzen-Relationen bzw. die Amortisationsgrade.
Abbildung 2: Verläufe der ROI nach sozio-ökonomischem Hintergrund der Kinder
Quelle: Wößmann (2006); S 5
Im Bereich der Krippenbetreuung der 0- bis 2-jährigen Kinder, die zuletzt erkennbar ausgeweitet wurde, ist davon auszugehen, dass sich die zusätzlichen Investitionen der öffentlichen
Hand relativ kurzfristig – v.a. durch erhöhte Einnahmen aus zusätzlichen Sozialversicherungsbeiträgen, Lohn- und Einkommenssteuern sowie der Mehrwertsteuer aus der gesteigerten
Kaufkraft der zusätzlich angestellten BetreuerInnen sowie der früher in den Erwerb zurückkehrenden Elternteile – amortisieren werden. Schneider/Dreer (2012)6 gehen nach fünf Jahren, in
denen die Betreuungsquote der unter 3-Jährigen konstant erhöht wurde – von einer Amortisierungsrate von knapp 290 % der dafür notwendigen zusätzlichen Aufwendungen aus. Langfristig – unter Hinzurechnung der zu erwartenden verbesserten Schulabschlüsse der Kinder,
der besseren Arbeitsmarktchancen und der damit verbundenen höheren Einkommen – ist davon auszugehen, dass die Investitionen nochmals vollständig durch deren auf den heutigen
Barwert diskontierten höhere Steuer- und Sozialversicherungsleistungen refinanziert werden.
Rechnet man den privaten Nutzen, also den Gesamtnutzen für die Kinder selbst sowie die
Unternehmen, die aus einem weiteren Pool an gut ausgebildeten Arbeitskräften wählen kön-
5
6
Vgl. Schneider/Dreer (2012) S. 5 ff
Vgl. Schneider/Dreer (2012) S. 5 ff
8
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nen, hinzu, ist von einem volkswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Verhältnis von fast 1:10 auszugehen. Es kann geschlossen werden, dass die Ausweitung der Elementarbildung im sogenannten Krippenalter (0 bis 2 Jahre) einen hohen volkswirtschaftlichen Hebeleffekt aufweist.
Doch auch die Intensivierung der weiteren Elementarbildung bis zum Schuleintritt (3- bis
5-Jährige) weist hohe kurz- wie langfristige Rückflüsse aus. So errechneten Schneider/Dreer
(2012) allein für die Kosten der Ausweitung der VIF-konformen7 Elementarbildungsplätze
bereits im fünften Jahr der schrittweisen Ausweitung eine Amortisierungsquote für die öffentliche Hand von 1:7,6. Hier übersteigen wiederum die Mehreinnahmen aus direkten und indirekten Steuern sowie Sozialversicherungsabgaben die Kosten. Nimmt man den Nutzengewinn
der privaten Haushalte und Unternehmen hinzu, ist ein Verhältnis von fast 1:12 zu erreichen.
Auch der Verbesserung des Betreuungsschlüssels wird – hier im Fall Oberösterreich – bescheinigt, dass sie sich im siebenten Jahr vollständig selbst finanziert. Bei Hinzurechnung des
gesteigerten privaten Nutzens (Haushalte wie Unternehmen) ist von einem Kosten-Nutzenverhältnis von 1:6 auszugehen.
Von besonderem Interesse sind die Rücklaufeffekte der Verbesserung der Ausbildung der
ElementarpädagogInnen. Nach Berechnungen von Schneider/Dreer (2012)8 sollte im elften
Jahr der schrittweisen Steigerung der AkademikerInnenquote unter den ElementarpädagogInnen ein Kosten-Nutzen-Gleichstand für die öffentliche Hand erreicht sein. Unter Mitberücksichtigung des privaten Nutzens aller Betroffenen (v.a. höhere Tarifgehälter der tertiär ausgebildeten ElementarpädagogInnen) ist jedoch bereits in diesem elften Jahr von einem Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1:7 auszugehen. Dennoch ist anzumerken, dass diese Studie rein prospektiv angelegt ist.
Bis dato sind auch in Österreich zahlreiche Investitionen in die Elementarbildung erfolgt. Mit
Beschluss des Regierungsprogramms der Regierung Gusenbauer/Molterer (2007 bis 2008)
wurden via 15a-Vereinbarungen zwischen dem Bund und den Ländern zusätzliche Finanzierungsvolumina für die Elementarbildung geschaffen, anhand derer, wie in den folgenden Kapiteln näher dargestellt, deutliche Ausweitungen der Inanspruchnahme elementarpädagogischer Leistungen ermöglicht wurden. Diese wurden von Neuwirth/Kaindl (2018) für den Zeitraum 2005 bis 2016 anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse evaluiert. Hierbei wurden ausschließlich die bereits belegbaren Rückflüsse an die öffentliche Hand untersucht. Hier zeigte
sich, dass, nach erwartbaren Mehrinvestitionen und damit verbundenem Kostenüberhang, die
zurechenbaren jährlichen Rückflüsse ab 2012 die jährlichen Zusatzkosten kompensierten. Ab
2015 haben die identifizierbaren und mit den Zusatzinvestitionen unmittelbar zusammenhängenden Rückflüsse9 an die öffentliche Hand die seit 2005 kumulierten Mehrkosten überholt.
7
Die VIF-Kriterien, also die Kriterien zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wurden von der Arbeiterkammer 2006
entwickelt und sind seither eine Referenzgröße für Studien in diesem Bereich. Nach diesem Kriterienkatalog sollen
die Öffnungszeiten der Einrichtungen zumindest 45 Wochenstunden betragen, die Einrichtungen sollen zumindest
an vier Tagen zumindest 9,5 Stunden geöffnet sein, und dürfen pro Jahr maximal 5 Wochenstunden geschlossen
sein. Natürlich soll zumindest auch ein Mittagessen angeboten werden.
8
Schneider/Dreer (2012) S.102ff
9
Viele Rückflüsse, wie verminderte Volumina an ausbezahltem Arbeitslosengeld, Sozialhilfe uvm. wurden in dieser
Rechnung aufgrund unzureichender unmittelbarer Zuweisbarkeit nicht berücksichtigt. Eine erweiterte Berechnung
könnte auch diese Positionen implementieren.
9
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3 Demographische Entwicklung im relevanten Zeitraum
Genauso wie die bereits erfolgten Reformen über einen etwa 10-jährigen Zeitraum implementiert und wirksam wurden, sind auch weitere, noch anstehende Reformen über längere Zeiträume anzusetzen. Dafür ist es notwendig, die wesentlichen, heute abschätzbaren Änderungen über den Zeitraum von weiteren zehn Jahren gut zu erfassen. Dies gilt einerseits für die
zu erwartenden demographischen Veränderungen, andererseits für den zu erwartenden Ausnutzungsgrad des elementarpädagogischen Angebots.
Vorerst zu den demographischen Veränderungen: 2019 zählte Österreich etwa 8.858.800 EinwohnerInnen. Das Bevölkerungswachstum wird anhand der drei wichtigsten Szenarien-Simulationen der Statistik Austria dargestellt: Einerseits dem Wachstumsszenario, bei dem hohe
Fertilität, hohe Nettomigrationsgewinne und mittlere Alterung kombiniert werden.10 Anhand
dieses Szenarios würde sich das relative Bevölkerungswachstum11 vorerst noch beschleunigen, d.h. von den derzeitigen +6,3 % bis 2024 auf +7,3 % anwachsen, danach sollte das
Wachstum wieder etwas entschleunigen, um 2030 wieder auf +7,2 % anzusteigen. 2030 wäre
eine Bevölkerungszahl von etwa 9.544.700 Einwohnern erreicht, also etwa 685.900 Personen
mehr als 2019.
Abbildung 3: Anteilsmäßiges Gesamtbevölkerungswachstum im Abstand von 10 Jahren
Datenquelle:
Statistik
Austria;
Bevölkerungswachstum
nach
drei
Szenarien.
Lesebeispiel: die Bevölkerung wuchs im Jahr 2010 über die vorvergangenen 10 Jahre, also im Vergleich
zu 2000, um 4,4 %.
In der aus heutiger Sicht am ehesten zu erwartenden Entwicklung, dem Hauptszenario, erreicht das Bevölkerungswachstum im 10-Jahres-Vergleich bereits in nächster Zukunft 2021
10
Bei keinem der Simulationsszenarien ist bislang der COVID-19-Effekt mit einberechnet. Die bestehende Pandemie verursacht jedenfalls eine deutliche Reduktion in den Migrationsbewegungen, demnach wird der Nettomigrationsgewinn erkennbar absinken. Bislang ist keine Steigerung der Mortalität zu verzeichnen, d.h. an COVID-19 Verstorbene werden statistisch v.a. durch weniger Verkehrstote, weniger tödliche Freizeitunfälle und wohl auch von
Effekten des generell gesteigertem Risiko- und Gesundheitsbewusstseins ausgeglichen. Möglicherweise kommt es
aber zu einem erneuten Ansteigen der Fertilität. Der Nettoeffekt dürfte die Gesamtbevölkerungsentwicklung
schwach negativ beeinflussen, der Einfluss von COVID-19 auf die Entwicklung der Teilbevölkerung unter sechs
Jahren lässt sich hingegen noch nicht abschätzen.
11
Das relative Bevölkerungswachstum wird hier im 10-Jahres-Intervall dargestellt, d.h. das Wachstum von 4,4 %
für 2010 beschreibt das Wachstum der Einwohnerzahl im Zeitraum von 2000 bis 2010.
10
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
und 2022 sein Maximum von +6,6 %. Daraufhin entschleunigt sich das Wachstum der Gesamtbevölkerung auf letztlich +3,4 % innerhalb von 10 Jahren. Das Wachstum liegt dann somit
gut einen Prozentpunkt unter dem des Zeitraums 2000–2010. Auch nach diesem Szenario
wird die Bevölkerungszahl die 9-Millionengrenze weit überschritten haben: Nach dem bestehenden Modell werden etwa 9.197.200 EinwohnerInnen in Österreich prognostiziert.12
Schließlich ist selbst beim Alterungsszenario ein durchgehend positives langfristiges Bevölkerungswachstum zu erkennen. Geringe Fertilität und Nettomigrationsgewinne werden bis
2026 durch die steigende Lebenserwartung kompensiert, danach sinkt die Bevölkerungszahl
geringfügig. Die Zugewinne zu Beginn dieses Jahrzehnts lassen aber die langfristige Wachstumsrate nach wie vor im positiven Bereich, die Bevölkerungszahl von 2030 wird selbst unter
diesen Annahmen noch etwa 82.100 Personen mehr als heute, insgesamt also etwa 8.940.900
EinwohnerInnen betragen. (Abbildung 3)
Abbildung 4: Bevölkerungsentwicklung und -projektion gem. Hauptszenario; 0- bis 5-Jährige
Datenquelle: Statistik Austria; Bevölkerung zu Jahresbeginn
Österreich erlebte ab 2013 ein deutliches Wachstum der Teilbevölkerung bis 5 Jahre. Dies
war einerseits darauf zurückzuführen, dass die Gesamtfertilitätsrate zwischenzeitlich auf über
1,5 angestiegen ist, andererseits kamen auch viele Kleinkinder mit ihren Familien, insbesonders aus Krisengebieten, nach Österreich. Ab 2018/19 dürfte sich dieser Trend aber wieder
abflachen. Zumindest nach dem mittleren Bevölkerungsszenario der Statistik Austria bleibt
über das nächste Jahrzehnt die Bevölkerungszahl der 0- bis 5-Jährigen recht konstant um die
522.000 Personen. Das vorherige Wachstum wird demzufolge nicht fortgesetzt, es findet aber
auch keine Reduktion statt. Dafür spricht auch, dass die Gesamtfertilitätsrate wieder unter den
Wert von 1,5 gesunken ist, jedoch noch höher ist als vor 2015 (Abbildung 4).
12
Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass diese Projektionen der Statistik Austria im November 2019
publiziert wurden. Es sind aus diesem Grunde noch keine demografischen Auswirkungen der gegenwärtigen COVID-Krise berücksichtigt, weder bei der steigenden Mortalität, die das Gesamtbevölkerungswachstum dämpft (Abbildung 3), noch bei der derzeit reduzierten Migration. Auch die derzeit noch nicht absehbaren Effekte auf die Fertilität sind nicht berücksichtigt.
11
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Im Gegensatz zur Studie des Jahres 2015, wo ein Wachstum bis 2025 und darüber hinaus
prognostiziert wurde, wird nun im Hauptszenario von einer de facto stationären Bevölkerungszahl der 0- bis 5-Jährigen ausgegangen. In der vorigen Studie wuchs die Bevölkerung der
vorschulpflichtigen Kinder im Haupt- wie im Wachstumsszenario stärker an, während selbst
im sog. „Alterungsszenario“, das sich durch geringe Fertilität sowie magere Migrationsgewinne
auszeichnet, die Zahl der vorschulpflichtigen Kinder konstant blieb. Retrospektiv stellt sich heraus, dass die wahre Entwicklung, sowohl fertilitäts- wie migrationsbedingt, bislang zwischen
dem damaligen Haupt- und Wachstumsszenario verlaufen ist.
Diese bisherige Erkenntnis lässt sich jedoch nicht blind auf die derzeitigen Prognosen umlegen. Die drei Szenarien (Wachstums-, Haupt und Alterungsszenario) der Statistik Austria zeigen heute nicht nur ein anderes Steigungsverhalten, sondern einerseits ein positives und andererseits negatives Teilbevölkerungswachstum (Abbildung 5). Das Hauptszenario geht, im
Gegensatz zur Prognose aus dem Jahre 2015, von einer stationären Bevölkerung der 0- bis
5-Jährigen aus. Änderungen im Bedarf an elementarpädagogischen Leistungen sind demnach
in erster Linie aufgrund der gesteigerten Nachfrage nach Elementarbildung in den frühen Lebensjahren der Kinder zu erwarten.
Abbildung 5: Bevölkerungsentwicklung und -projektion; drei Szenarien; 2010–2030
Datenquelle: Entwicklung und Prognose: Bevölkerung zu Jahresbeginn; Statistik Austria
Links (grün) Wachstumsszenario; mitte (blau) Hauptszenario; rechts (orange) Alterungsszenario
Anhand dieser Szenarien werden die weiteren Projektionen und Kostenschätzungen nun aufgebaut. Es wird vorab darauf hingewiesen, dass sämtliche Valorisierungen zum Kosten- und
Lohnniveau des Kindergartenjahres 2019/20 vorgenommen werden. Die Kostensteigerungen sind also
(a) demographisch bedingt,
(b) auf Änderungen in der Inanspruchnahme zurückzuführen,
(c) auf strukturelle Änderungen (Gruppengrößen und Betreuerschlüssel) rückführbar und
(d) in der Anpassung der Gehälter der ElementarpädagogInnen begründet.
Es werden aber keine Annahmen hinsichtlich der Teuerungsrate und der v.a. damit verbundenen Tariflohn- und Drittmittelkostensteigerungen getroffen. Aufgrund der höheren Differenzen
zwischen den drei Szenarien sind auch höhere Variationen in den zu projizierenden Fallzahlen
und somit den prognostizierten Kostenverläufen zu erwarten, als es noch bei der ersten Berechnung (Ende 2015) der Fall war.
12
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4 Inanspruchnahme elementarpädagogischer Leistungen
Die bisherige Entwicklung der Inanspruchnahme elementarpädagogischer Leistungen zeigt
einen höchst dynamischen Verlauf. So haben sich im Laufe der letzten zehn Jahre die Betreuungsquoten der Kinder im Krippenalter (0- bis 2-Jährige) österreichweit um mehr als 60 %
gesteigert, seit 1995 – noch lange vor Beginn des gezielten Ausbaus der Betreuungsplätze –
überhaupt versechsfacht. Nach wie vor sind aber deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern auszumachen.
Tabelle 1: Kinderbetreuungsquoten nach Altersgruppen
Alter
0–2
3–5
Jahr
1995/96
2010/11
2019/20
1995/96
2010/11
2019/20
Ö
4,6
17,1
27,6
70,6
90,7
93,4
B
6,0
26,9
34,0
88,3
98,8
96,5
K
NÖ
OÖ
Sbg Stmk
1,3
2,8
2,4
2,3
1,3
15,3 16,7 10,3 13,7
8,8
24,9 26,2 17,8 21,9 16,9
52,3 81,4 71,4 67,5 61,9
83,2 95,2 91,3 89,0 85,3
88,8 97,3 93,6 92,9 88,1
T
1,1
16,8
26,4
64,4
89,8
95,6
V
0,3
17,0
27,7
63,5
91,3
95,2
W
16,9
28,1
44,0
75,9
91,3
92,6
Quelle: Kindertagesheimstatistik 2019/20; T 19; S. 87; Werte in Prozent
Auch im Alterssegment der 3-bis 5-Jährigen sind deutliche Zuwächse zu erkennen, da die
Betreuungsquoten aber in dieser Altersklasse schon in den 2000ern relativ hoch waren, kam
es hier nur noch zu schrittweisen Steigerungen, phasenweise oszillierten die Betreuungsquoten in einigen Bundesländern auch auf hohem Niveau. (Tabelle 1)
Abbildung 6: Entwicklung der Betreuungsquoten der 0- bis 2-Jährigen nach Bundesländern
Quelle: Kindertagesheimstatistik 2019/20; T 19; S. 87; Werte in Prozent
13
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Es ist davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung noch weiter, jedoch möglicherweise
etwas gedämpfter, fortsetzt und das zu Beginn dieses Jahrhunderts festgelegte BarcelonaZiel einer Betreuungsquote von 33 % doch noch übertroffen wird. Derzeit übertreffen lediglich
das Burgenland (34 %) und Wien (44 %) diese Vorgabe. Dabei ist anzumerken, dass sowohl
im Burgenland wie auch in Wien jüngst Stagnationsphasen erkennbar waren. Das bundesweite Wachstum der Betreuungsquoten der 0- bis 2-Jährigen war fast ausschließlich von den
Ländern getragen, die nach wie vor unterdurchschnittliche Betreuungsquoten aufzuweisen haben. Unter diesen Ländern haben vor allem Oberösterreich und die Steiermark noch weiteren
Ausbaubedarf. (Abbildung 6)
Abbildung 7: Entwicklung der Betreuungsquoten der 3- bis 5-Jährigen nach Bundesländern
Quelle: Kindertagesheimstatistik 2019/20; T 19; S. 87; Werte in Prozent
Die Betreuungsquoten der 3- bis 5-Jährigen liegen österreichweit mit derzeit 93,4 % bereits
seit 201013 über dem Barcelona-Ziel (90 %). Mit dem stetigen Wachstum an und mitunter über
die 90 %-Marke verringerte sich auch die Streuung unter den Bundesländern. Einen Aufholbedarf weisen derzeit nur noch Kärnten (88,8 %) und die Steiermark (88,1 %) aus. (vgl. Tabelle 1 und Abbildung 7)
Dennoch war und ist es Absicht, 4- bis 5-Jährige verpflichtend, d.h. erwartungsgemäß zu
98 %14, an der Elementarbildung partizipieren zu lassen. Die meisten Bundesländer sind bereits nahe diesem Wert, sowohl beim verpflichtenden letzten Kindergartenjahr als auch bei den
4-Jährigen. Dennoch müssen auch diese Alterskohorten noch stärker in die Elementarbildung
13
Jedenfalls nach der Kindertagesheimstatistik; laut Berechnungen der EUROSTAT – Datenbasis EU-SILC 2010–
2011 lag Österreich auch hier noch bei ca. 85 %, jedoch bereits knapp über dem EU-27 Durchschnitt. Nun (EUSILC 2018) sollte auch nach dieser Methode die Erfüllung des Barcelona-Ziels nachvollziehbar sein.
14
Der Rest ist bereits zuvor eingeschult, oder kann aus gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht partizipieren.
14
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
eingebunden werden. Dies gilt – jedenfalls nach der Kindertagesheimstatistik der Statistik Austria – vor allem für die Bundeshauptstadt Wien. Es ist auch davon auszugehen, dass es bei
den 3-Jährigen noch zu einer Anpassung nach oben kommen wird. Die derzeitige Betreuungsquote von 86,5 % wird wohl selbst in den nächsten fünf Jahren auf 90 % steigen, sodass sich
die Gesamtbetreuungsquote der 3- bis 5-Jährigen im Bereich der 95 %-Marke stabilisieren
kann. (vgl. Abbildung 8)15
Abbildung 8: Derzeitige Betreuungsquoten der Bundesländer (2019/20)
Datenquelle: Kindertagesheimstatistik 2019/20; T 18; S. 86; eigene Berechnungen
Die folgenden Berechnungen gehen – wie bereits das im Jahr 2015 errechnete Modell – davon
aus, dass die 33 %-Quote für Krippenkinder in jedem einzelnen Bundesland, das dieses Ziel
bis jetzt noch nicht erreicht hat, innerhalb der nächsten fünf Jahre, also bis 2025 erreicht wird.
Bis dahin wachsen die Beteiligungsquoten kontinuierlich vom derzeitigen Stand16. Innerhalb
dieser fünf Jahre werden wohl vor allem die Kleinstkinder verstärkt in Betreuung kommen.
Beispielsweise mit Betreuungsquoten von 5 % bei unter 1-Jährigen, 35 % bei Einjährigen und
60 % bei 2-Jährigen könnte das EU-weite 33 %-Ziel erreicht werden. In Wien liegen die Betreuungsquoten für Krippenkinder all dieser Einzeljahreskohorten bereits jetzt deutlich über
diesen festgelegten Werten.
Tabelle 2: Anzahl der Kinder in elementarpädagogischer Betreuung 2019/20
Alter
0
1
2
3
4
5 Jahre Gesamt
Anzahl
1.850
21.350
48.550
76.450
83.700
83.900 315.800
Quelle: Kindertagesheimstatistik 2019/20; T 18; S. 86; Anzahl zum Stichtag 15.10.2019;
Alter per Stichtag 1.9. In 50-Schritten gerundet
Ebenso findet bei den 3- bis 5-Jährigen die oben beschriebene, vergleichsweise marginale
Anpassung statt. Dies impliziert für die enthaltenen Altersgruppen wiederum unterschiedliche
Steigerungen der Betreuungsquoten. Während im Laufe der nächsten fünf Jahre sicher noch
15
Bei den 4- bzw. 5-Jährigen ergibt sich in Vorarlberg bzw. Tirol im Jahr 2019/20 eine scheinbare Überbetreuung.
Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass in hier mehr Kinder aus anderen Bundesländern betreut werden.
16
In Wien und im Burgenland bleiben die bereits jetzt in jeder Altersklasse der 0- bis 2-Jährigen höheren Betreuungsquoten rechnerisch am heutigen Stand. Es ist jedoch anzunehmen, dass sie auch in diesen Bundesländern
noch etwas steigen werden.
15
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
weitere 3,5 % der 3-Jährigen an der Elementarbildung partizipieren, fehlen bei der Quote der
betreuten 4-Jährigen noch gut 2 %. Auch bei den 5-Jährigen, für die ja das verpflichtende
Kindergartenjahr besteht, sind die 98 % noch nicht ganz erreicht.17 Es ist jedoch festzuhalten,
dass lediglich die marginalen Anpassungen bei den beiden oberen Altersgruppen in den Handlungsempfehlungen konzeptuell vorgesehen sind. Die eigentlich zu erwartende Nachfragesteigerung nach Elementarbildungsangeboten kommt bereits früher von den Eltern selbst.
Abbildung 9: Bundesweite Betreuungsquoten 2014 und 2019, Quotenziel und Ausbaubedarf
Datenquellen: Kindertagesheimstatistik 2014/15; T 18; S.84;
Kindertagesheimstatistik 2019/20; T 18; S.86; eigene Berechnungen
In der Anzahl der Betreuungsverhältnisse ausgedrückt, ergibt sich folgendes Bild: Derzeit sind
gut 315.800 Kinder in elementarpädagogischer Betreuung. Nach Alter in Einzeljahren sind dies
etwa 1.850 unter-1-Jährige bis zirka 83.900 5-Jährige im verpflichtendem Kindergartenjahr.
Durch das demographische Wachstum über die nächsten zehn Jahre werden – unter Annahme der mittleren Bevölkerungsprognose und bei konstanter Betreuungsquote – bis 2025
insgesamt 2.000 Plätze in Elementarbildungseinrichtungen weniger, aber bis 2030 doch wieder 950 Betreuungsplätze mehr als heute benötigt. Wesentlich höher wäre der Zusatzbedarf
im – dzt. gar nicht so unwahrscheinlichen – Wachstumsszenario (+13.600 bis 2025 bzw.
+36.700 bis 2030). Die wahre Entwicklung wird wohl zwischen diesen beiden Szenarien liegen.
Im – wesentlich unwahrscheinlicheren – Alterungsszenario würde der Bedarf an Betreuungsplätzen hingegen deutlich reduziert. (vgl. Tabelle 3)
17
Vor allem kommen offenbar gerade in Wien die Familien bei gut jedem zwanzigsten Kind der Kindergartenpflicht
offenbar nicht nach. Die zuständigen Stellen der Gemeinde Wien bezweifeln die Ausgangszahlen, sehen aber
selbst noch Besserungsbedarf. Möglicherweise sind gerade in Wien viele Kinder zwar gemeldet, wohnen aber bis
unmittelbar vor Schulantritt noch im Ausland, z.B. bei den Großeltern. Damit müssten sie aus der Berechnungsbasis
herausgenommen werden, sind aber nicht direkt identifizierbar. Andererseits kommt es in anderen Bundesländern
beim letzten Kindergartenjahr auch wiederholt zu Quoten knapp über 100 %. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass manche über Bundesländergrenzen pendelnde Eltern oft eine Kinderbetreuungsinstitution in Nähe
ihres Arbeitsplatzes suchen und ggf. auch erhalten.
16
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Tabelle 3: Veränderung der Zahl der betreuten Kinder bei fixer Betreuungsquote
Jahr
dem. Szenario
Wachstums-Sz.
2025 Haupt-Sz.
Alterungs-Sz.
Wachstums-Sz.
2030 Haupt-Sz.
Alterungs-Sz.
0
+ 250
+ 50
– 100
+ 400
+ 100
– 250
1
2
+ 2.300
+ 700
– 600
+ 3.800
+ 700
– 2.300
3
+ 2.200
– 750
– 2.950
+ 5.600
– 700
– 6.650
+ 1.850
– 2.100
– 4.500
+ 7.250
– 1.800
– 10.150
4
+ 3.700
– 350
– 1.450
+ 9.850
+ 900
– 7.250
5 Jahre
Gesamt
+ 3.300 + 13.600
+ 450
– 2.000
– 50
– 9.650
+ 9.800 + 36.700
+ 1.750
+ 950
– 5.350 – 31.950
4-5J
+ 7.000
+ 100
– 1.500
+ 19.650
+ 2.650
– 12.600
Quelle: eigene Berechnungen auf Basis der Kindertagesheimstatistik 2019/20 und Bevölkerungsprognosen lt. Abbildung 5; in 50er Schritten gerundet
Zusätzlich zu den Veränderungen in der Bevölkerungszahl junger Kinder kommen aber die
zusätzlich effektiv nachgefragten Betreuungsplätze zum Tragen. Über alle Altersstufen hinweg
müssten so – bei mittlerem Bevölkerungswachstum – bis 2025 29.900 zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen werden. Für die Altersstufen 4 und 5, für die bereits die Bildungspflicht
gelten würde, wären dies 2.600 zusätzliche Plätze. Da modellhaft angenommen wird, dass
diese Anpassung über die nächsten fünf Jahre vorgenommen wird, bleiben diese Zahlen für
2030 de facto konstant (vgl. Tabelle 4).
Tabelle 4: Zusätzliches Wachstum bei steigender Betreuungsquote
Jahr
dem. Szenario
0
1
2
3
4
5 Jahre
Gesamt
4-5J
Wachstums-Sz.
+ 2.950 + 12.850 + 9.050 + 4.300 + 1.950
+ 750 + 31.850 + 2.700
+ 2.700 + 11.950 + 8.550 + 4.100 + 1.850
+ 750 + 29.900 + 2.600
2025 Haupt-Sz.
Alterungs-Sz.
+ 2.500 + 11.250 + 8.200 + 3.950 + 1.850
+ 750 + 28.500 + 2.600
Wachstums-Sz.
+ 3.100 + 13.500 + 9.500 + 4.500 + 2.050
+ 850 + 33.500 + 2.900
+ 2.650 + 11.800 + 8.450 + 4.050 + 1.900
+ 750 + 29.600 + 2.650
2030 Haupt-Sz.
Alterungs-Sz.
+ 2.300 + 10.250 + 7.400 + 3.600 + 1.700
+ 700 + 25.950 + 2.400
Quelle: eigene Berechnungen auf Basis der Kindertagesheimstatistik 2019/20, Bevölkerungsstand per
1.1.2020 und gesteigerter Inanspruchnahme bis 2025 lt. Abbildung 9; In 50er Schritten gerundet;
Daraus ergibt sich die Gesamtzunahme an benötigten Betreuungsplätzen für die Jahre 2025
bzw. 2030. Insgesamt lässt sich sagen, dass – über alle Altersgruppe gelegt – die Hauptkomponente der Zunahme bei der gesteigerten Inanspruchnahme liegt. Auch bei der in den Handlungsempfehlungen der Industriellenvereinigung angesprochenen Gruppe der 4- bis 5-Jährigen ist dies der Fall. Die Bevölkerungszahl bis 2025 verharrt für die 4- bis 5-Jährigen lt. Hauptszenario fast konstant, es werden nur 100 elementarpädagogische Betreuungsplätze aufgrund
des Bevölkerungswachstums aber 2.600 Plätze aufgrund der gesteigerten Betreuungsquote,
also insgesamt 2.700 Plätze zusätzlich zu schaffen sein.
17
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Tabelle 5: Gesamtwachstum der Anzahl der betreuten Kinder 2025 und 2030
Jahr
dem. Szenario
0
1
2
3
4
5 Jahre
Wachstums-Sz.
+ 3.200 + 15.150 + 11.250 + 6.150 + 5.650 + 4.050
+ 2.750 + 12.650 + 7.800 + 2.000 + 1.500 + 1.200
2025 Haupt-Sz.
Alterungs-Sz.
+ 2.400 + 10.650 + 5.250
– 550
+ 400
+ 700
Wachstums-Sz.
+ 3.500 + 17.300 + 15.100 + 11.750 + 11.900 + 10.650
+ 2.750 + 12.500 + 7.750 + 2.250 + 2.800 + 2.500
2030 Haupt-Sz.
Alterungs-Sz.
+ 2.050 + 7.950
+ 750 – 6.550 – 5.550 – 4.650
Quellen: Summen aus Tabelle 3 und Tabelle 4
Gesamt
+ 45.450
+ 27.900
+ 18.850
+ 70.200
+ 30.550
– 6.000
4-5J
+ 9.700
+ 2.700
+ 1.100
+ 22.550
+ 5.300
– 10.200
Somit würde die Erweiterung der Bildungspflicht auf 4-Jährige erwartungsgemäß im Jahre
2025 gut 7 % (6 % um 2030) der Gesamtsteigerungen der Betreuungsplätze beitragen.
18
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5 Gruppengrößen und BetreuerInnenzahl
Gruppengröße und BetreuerInnenschlüssel sind einerseits wesentliche Kostenkomponenten
für die Träger von Elementarbildungseinrichtungen, andererseits ein wichtiger Faktor der Bildungs- und Betreuungsqualität. Letztlich werden Eltern ihre Kinder nur den Einrichtungen anvertrauen, von deren pädagogischer Qualität sie überzeugt sind. Die diesbezüglichen Regelungen sind jedoch höchst unterschiedlich. Allein in Ostösterreich (Wien, Niederösterreich,
Burgenland) existieren unterschiedliche, landesgesetzlich definierte Betreuungsformen für
weitgehend überlappende Altersgruppen mit unterschiedlichen Gruppenhöchstgrenzen, Altersgruppenfaktoren und Fach- sowie Hilfskräfteschlüsseln.
Tabelle 6: Gruppengrößen- und BetreuerInnenhöchstgrenzen; Ostösterreich
Bundesland
Alter der Kinder in
Jahren
maximale Gruppengröße
0 bis unter 3
15
-
1
1
2,5 bis Schuleintritt
25
unter 3 J.: 1,5
1
0/1
Hortgruppe
Schuleintritt bis
Ende Schulpflicht
25
-
1
0/1
Alterserweiterte Kindergartengruppe
1,5 bis Ende VS18
25
1
0/1
0 bis unter 14
4
-
1
0
-
1
0/1
-
1
0/1
20
-
1
variabel
6
-
1
0
15
25
-
1
1
1
1
20 / 22
-
1
1
24
10 bis 14
-
1
1
1
0/1
25
-
1
1
5
-
1
0
... Art der Betreuung
Faktor für Al- Anzahl Fachkräfte Anzahl Hilfskräfte
tersgruppen
je Gruppe
je Gruppe
Burgenland
Kinderkrippengruppe
Kindergartengruppe
Tageseltern
unter 3 J.: 1,5
mind. 6 J.: 1,5
Niederösterreich
Tagesbetreuungseinrichtung
Kindergarten
Hort
Tageseltern
0 bis unter 16
2,5 bis Schuleintritt
mind. ein Kind
u1 J.: 10
alle 1+ J.: 15
mind. 6 Kinder
u3 J.: 16
5 Kinder u3 J.: 19
1-4 Ki. u3 J.: 20
keine Ki. u3 J.: 25
Schuleintritt bis
Ende Schulpflicht
0 bis unter 16
Wien
Kleinkindergruppe
Kindergartengruppe
Familiengruppe
Familiengruppe
Kindergruppe
Hortgruppe
Tageseltern
0 bis unter 3
3 bis Schuleintritt
0 bis Beginn Schulpflicht
3 bis 10
0 bis unter 16
Schuleintritt bis
Ende Schulpflicht
0 bis unter 16
Quellen: Landesgesetzblätter; Zusammenstellung nach Baierl/Kaindl (2021); Anmerkungen im Anhang
Im Zuge einer bundesweiten Vereinheitlichung der Elementarbildung wäre somit auch ein einheitlicher Maximalschlüssel für die Anzahl der Kinder pro Fachkraft bzw. pro Betreuungsperson insgesamt notwendig.
18
VS: Volksschule
19
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
De facto Ober- und Untergrenzen können rechnerisch aus den bestehenden Belegungen pro
Land bzw. pro Gemeinde oder pro Trägerorganisation nur schwer vorweggenommen werden,
da die faktischen Betreuungsverhältnisse oft nicht direkt nachvollzogen werden können. Es ist
naheliegend, dass jede Trägerorganisation versucht, möglichst knapp an der landesweiten
Vorgabe zu arbeiten. Dies kann aber mit dem vorliegenden Datenmaterial nicht direkt verifiziert
werden. Rein rechnerisch entsteht der Eindruck, als würde der Betreuerschlüssel nicht einmal
zu 50 % erfüllt. So kommt man rein rechnerisch österreichweit auf einen durchschnittlichen
Betreuungsschlüssel von einer Betreuungsperson (Fach- oder Hilfskraft) zu durchschnittlich
6,4 Kindern. Dies scheint jedoch bezugsfrei zu den länderweisen Vorgaben. (Tabelle 6 bis
Tabelle 8).
Tabelle 7: Gruppengrößen- und BetreuerInnenhöchstgrenzen; Südösterreich
Bundesland
... Art der Betreuung
Alter der Kinder
in Jahren
maximale Gruppengröße
1 bis unter 3
3 bis Schuleintritt
15
25
1 bis Ende Schulpflicht
alle unter 6 J: 20
Faktor für Al- Anzahl Fachkräfte Anzahl Hilfskräfte
tersgruppen
je Gruppe
je Gruppe
Kärnten
Kinderkrippe
Kindergarten
Alterserweiterte Kinderbildung- und -betreuung
Hort
Kindertagesstätte
Tageseltern
-
1
1
variabel
1
-
1
1
20
-
1
0
15
6
-
1 je 5/8 Kinder
1
0
0
unter 3 J.: 1,5
unter 3 J.: 2
Kinder u3 J.: 1 /
30
2
1
1
1
1 bis 2
1
1
1
2
20
-
1
0
4
-
1
0
auch mit 6+ J.:25
Schuleintritt bis
Ende Schulpflicht
1 bis Ende VS19
0 bis Ende VS
Steiermark
Kinderkrippe
Kindergarten
Alterserweiterte Gruppe
Kinderhaus
Hort
Tageseltern
0 bis unter 3
3 bis Schuleintritt
1,5 bis Ende VS
1,5 bis Ende
Schulpflicht
Schuleintritt bis
Ende Schulpflicht
0 bis Ende Schulpflicht
14
25
20
Quellen: Landesgesetzblätter; Zusammenstellung nach Baierl/Kaindl (2021); Anmerkungen im Anhang
Diese scheinbare Diskrepanz ist weniger ein Ausweis struktureller Unterauslastung, sondern
vielmehr Resultat mehrerer Fakten: einerseits werden die Wochenarbeitszeit und -dauer der
einzelnen Fach- und Hilfskräfte nicht hinreichend erhoben, andererseits müssten die Arbeitszeiten mit den Öffnungszeiten auf Gruppenebene abgestimmt sein, um die Einhaltung der von
den Verordnungen vorgeschriebenen Betreuerschlüssel zu prüfen und ggf. die wahren Schlüssel eruieren zu können. Oftmals übertreffen die Öffnungszeiten der Einrichtungen die Wochenarbeitszeiten der Angestellten, womit überlappende Schichtarbeitsmodelle erforderlich werden. Wie viele Gruppen beispielsweise ab 14:00 Uhr zusammengefasst, wie viele hingegen
auch bei geringerer Nachfrage parallel weitergeführt werden, geht über die bundesweite Erfassbarkeit des dafür notwendigen, harmonisierten Datenmaterials hinaus.
19
VS: Volksschule
20
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Tabelle 8: Gruppengrößen- und BetreuerInnenhöchstgrenzen; Westösterreich
Bundesland
... Art der Betreuung
Alter der Kinder in maximale GrupJahren
pengröße
Faktor für Al- Anzahl Fachkräfte Anzahl Hilfskräfte
tersgruppen
je Gruppe
je Gruppe
Oberösterreich
Krabbelstubengruppe
Kindergartengruppe
Alterserweiterte Kindergartengruppe
Hortgruppe
Tageseltern
1 bis unter 3
10
-
1
4
-
1
0/1
erforderliche
Zahl
erforderliche
Zahl
erforderliche
Zahl
0
3 bis Schuleintritt
23
-
1
1,5 / 2 bis Ende VS20
18 bis 23
-
2
0 / 1 bis unter 3
3 bis Schuleintritt
8
22
-
1
1
0,5 bis 1
0,5 bis 1
3 bis Ende VS
22
-
1 bis 2
0,5 bis 1
1 bis unter 16
16
Kinder u3 J.:
1/2
1
0,5 bis 1
25
-
1
0
Schuleintritt bis
Ende Schulpflicht
0 bis unter 16
23
1
Salzburg
Krabbelgruppe
Kindergarten
Alterserweiterte Kindergartengruppe
Alterserweiterte Kindergruppe
Hortgruppe
Schulkindgruppen
Tageseltern
Schuleintritt bis
Ende Schulpflicht
Schuleintritt bis
Ende Schulpflicht
0 bis unter 16
11
-
1
0
4 bis 6
-
1
0
0 bis unter 3
6 / 10 / 12
-
1
1
0 bis unter 3
7
-
1
1
3 bis Schuleintritt
20
-
1
1
3 bis Schuleintritt
9
-
1
0
2 bis Ende Schulpflicht
12 bis 20
-
1
1
1 bis unter 3
1 bis unter 3
18
18
unter 2,5 J.: 2
unter 2 J.: 2
1
1
0/1
0/1
20
-
1
1
Tirol
Kinderkrippengruppe
Kleinkinderkrippengruppe
Kindergartengruppe
Kleinkindergartengruppe
Altersgemischte Kinderbetreuungs-gruppe
Kindergruppe
Spielgruppe
Hortgruppe
Kleinhortgruppe
Tageseltern
Schuleintritt bis
Ende Schulpflicht
Schuleintritt bis
Ende Schulpflicht
0 bis unter 15
9
-
1
0
4 bis 6
-
1
0
0 bis unter 14
9 / 15 / 23
-
siehe Anm.
siehe Anm.
0 bis Schuleintritt
3 bis Schuleintritt
1,5 bis unter 14
0 bis unter 14
9 bis 12
23
25
5
-
siehe Anm.
1
1
1
siehe Anm.
0/1
0
-
Vorarlberg
Kinderbetreuungs-einrichtung
Spielgruppe
Kindergarten
Schülerbetreuung
Tageseltern
Quellen: Landesgesetzblätter; Zusammenstellung nach Baierl/Kaindl (2021); Anmerkungen im Anhang
Zusätzlich können die BetreuerInnen zwar formal (nach häufigster Tätigkeit bzw. formaler Zuordnung der Ausbildung) der Altersklasse der Kinder zugeteilt werden, gewöhnlich findet aber
die Betreuungs- und Bildungstätigkeit altersklassenübergreifend statt. Aus diesem Grunde
20
VS: Volksschule
21
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
sind auch die HortbetreuerInnen, die aus diesen Berechnungen exkludiert werden sollten, wesensbedingt nicht trennscharf abgrenzbar, auch die ElementarpädagogInnen in altersgemischten Einrichtungen sind oft nicht eindeutig zuordenbar.
Aus diesen Gründen wird für die Bedarfs- wie Kostenschätzung ein pragmatischer Zugang
gewählt: Der zusätzliche Bedarf an Einrichtungen, Gruppen, Fach- und HilfsbetreuerInnen wird
proportional zur Steigerung der effektiven Nachfrage gemäß Tabelle 3 bis Tabelle 5 errechnet.
Damit wird der Annahme gefolgt, dass österreichweit keine wesentlichen Veränderungen der
Personalzuordnung des Kindergartenjahrs 2019/20 stattfinden. Das impliziert vor allem, dass
(a) die Teilzeitquoten sowie das Teilzeitausmaß der ElementarpädagogInnen sowie der Hilfskräfte auf derzeitigem Niveau bleiben, (b) die organisatorische Zuteilung der elementarpädagogischen Fachkräfte in Kindergärten, Horten und altersgemischten Gruppen keine systematischen Änderungen erfährt und auch, dass (c) die effektiv nachgefragten Betreuungszeiten
pro Kind im Durchschnitt konstant bleiben.
Tabelle 9: Zusätzlicher Personalbedarf aufgrund der Bevölkerungsveränderung
Jahr
dem. Szenario
WachstumsSz.
2025 HauptSz.
AlterungsSz.
WachstumsSz.
2030 HauptSz.
AlterungsSz.
Leiter
Fachkräfte
+ 1 120
– 160
– 790
+ 3 000
+ 70
– 2 620
+ 390
– 60
– 280
+ 1 060
+ 30
– 930
Hilfskräfte
+ 910
– 130
– 640
+ 2 450
+ 60
– 2 140
Quelle: eigene Berechnungen auf Basis der Kindertagesheimstatistik 2019/20 und obiger Bevölkerungsprognosen; in 10er Schritten gerundet
Legt man der Prognose das mittlere Szenario der Bevölkerungsentwicklung zugrunde und unterstellt, dass die Betreuungsquoten ab nun nicht mehr weiterwachsen, sondern konstant bleiben, dürfte sich die benötigte Anzahl an Einrichtungen nicht weiter steigern. Bis 2025 dürfte
die bevölkerungsgetriebene Entwicklung sogar leicht negativ sein. Rein rechnerisch würden –
bei konstanter Auslastung aller übrigen Einrichtungen – 60 Standorte und damit 220 ElementarpädagogInnen und 130 Hilfskräfte nicht mehr benötigt werden. Dies würde sich (ebenfalls
rein aufgrund der Bevölkerungsentwicklung) bis 2030 wieder egalisieren. De facto ist – rein
bevölkerungswachstumsbasiert – von einer konstanten Nachfrage auszugehen.
Die Spannweite der bestehenden Prognosen lässt auf eine Entwicklung von +390 bis –280
Standorte bis 2025, bzw. überhaupt von +1060 bis –930 Einrichtungen bis 2030 schließen.
Wie schon bei der Prognose im Jahr 2015 ist – nun aus anderen Gründen – davon auszugehen, dass die Teilbevölkerung der 0- bis 5-Jährigen stärker wachsen wird als noch im Hauptszenario der letzten Bevölkerungsprognose errechnet wurde. Insofern ist bereits für 2025 eher
von einem leichten Anwachsen der Nachfrage nach Kinderbetreuung auszugehen. (vgl. Tabelle 9)
Weit höhere Dynamik verursacht jedoch die Fortschreibung des Wachstums der Betreuungsquoten, vor allen die der 1- bis 3-Jährigen. Wie bereits oben ausgeführt, wird in diesem Simulationsschritt davon ausgegangen, dass das Barcelona-Ziel (Betreuungsquote der unter 3-Jährigen von 33 %) im Jahre 2025 – um 15 Jahre verspätet – erreicht werden kann. Demnach
22
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findet diese Anpassung bereits in den ersten fünf Jahren des Simulationszeitraums statt, allfällige weitere Steigerungen sind nur noch marginal.
Es ist auch wesensbedingt, dass hier die Differenzen nach Bevölkerungsprojektionsszenario
nur marginal ausfallen. Der springende Punkt ist jedoch, dass durch die relativ rasche Erhöhung der Betreuungszahlen in dieser kurzen Zeit über 850 (!) zusätzliche Betreuungseinrichtungen mit insgesamt über 5.300 Beschäftigten21 benötigt werden. Dieser Mehrbedarf22 wird
auch 2030 auf diesem Niveau verbleiben. (Tabelle 10)
Tabelle 10: Zusätzlicher Personalbedarf aufgrund weiterer Steigerung der Betreuungsquoten
Jahr
dem. Szenario
WachstumsSz.
2025 HauptSz.
AlterungsSz.
WachstumsSz.
2030 HauptSz.
AlterungsSz.
Leiter
+ 920
+ 860
+ 820
+ 970
+ 860
+ 750
Fachkräfte
+ 2 610
+ 2 450
+ 2 330
+ 2 740
+ 2 420
+ 2 120
Hilfskräfte
+ 2 130
+ 2 000
+ 1 900
+ 2 240
+ 1 970
+ 1 730
Quelle: eigene Berechnungen auf Basis der Kindertagesheimstatistik 2019/20 und obiger Bevölkerungsprognosen; in 10er Schritten gerundet
Dieser projizierte Wandel findet unabhängig von sonstigen Reformüberlegungen statt. Es wird
seitens vieler Träger, Gemeinden und Länder versucht, diesen Trend durch Finanzierungszuschüsse und Investitionen weiter zu stützen. Der einzige Teil der Betreuungsquotensteigerung,
der von den Handlungsempfehlungen auch nahegelegt wird, besteht in der vergleichsweise
moderaten Steigerung der Betreuungsquoten der 4- bis 5-Jährigen. Rein rechnerisch beläuft
sich der Personalbedarf hier (Tabelle 11) auf nicht ganz ein Zehntel des gesamten Zusatzbedarfs aufgrund der Betreuungsquotensteigerung (Tabelle 10). Zusätzliche Leitungsstellen
dürften damit keine geschaffen werden.
Tabelle 11: Zusätzlicher Personalbedarf aufgrund Steigerung der Betreuungsquoten der 4- bis
5-Jährigen
Jahr
dem. Szenario
WachstumsSz.
2025 HauptSz.
AlterungsSz.
WachstumsSz.
2030 HauptSz.
AlterungsSz.
Fachkräfte
+ 300
+ 290
+ 280
+ 320
+ 290
+ 260
Hilfskräfte
+ 180
+ 170
+ 170
+ 190
+ 180
+ 160
Quelle: eigene Berechnungen auf Basis der Kindertagesheimstatistik 2019/20 und obiger Bevölkerungsprognosen; in 10er Schritten gerundet
Dies ist insofern naheliegend, da durch diese vergleichsweise marginalen Anpassungen in der
Ausschöpfung so gut wie keine neuen Einrichtungen geschaffen, dennoch die ein oder andere
Kindergarten- bzw. Vorschulgruppe zusätzlich gegründet werden kann, jedenfalls die Belegung bestehender Gruppen verdichtet und somit die Nachfrage an Betreuungspersonal entsprechend gehoben wird.
21
22
LeiterInnen, sonstige Fachkräfte und pädagogisches wie sonstiges Hilfspersonal
Immer im Vergleich zum Kindergartenjahr 2019/20
23
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Insgesamt (Tabelle 12) sehen wir uns also mit einem nach wie vor deutlich erkennbaren Mehrbedarf an Elementarbildungseinrichtungen und Personal gefordert. So ist – im mittleren demographischen Szenario – eine Vermehrung der Einrichtungen um knapp 8,9 % innerhalb von
fünf Jahren zu bewerkstelligen. Innerhalb von 10 Jahren sehen wir uns einer Steigerung um
9,7 % gegenüber, d.h. die Zunahme entschleunigt sich deutlich und ist auch jetzt schon schwächer als die Dynamik der vergangenen fünf Jahre. Vor allem die Phase von 2026–2030 lässt
mit +0,8 % kein effektives Wachstum mehr erwarten, denn die Ausschöpfung auf die Zielwerte
(Barcelona-Ziele) sollte dann abgeschlossen sein, ein weitertreibendes demographisches
Wachstum wird dann aber so gut wie nicht existent sein. In den beiden oberen Altersklassen
wirkt – aufgrund der bereits bestehenden hohen Ausschöpfung – jetzt schon und somit auch
bis 2025 fast nur noch das geringe demographische Moment.
Tabelle 12: Zusätzlicher Personalbedarf für 2025 bzw. 2030 insgesamt
Jahr
dem. Szenario
WachstumsSz.
2025 HauptSz.
AlterungsSz.
WachstumsSz.
2030 HauptSz.
AlterungsSz.
Leiter
+ 1 320
+ 810
+ 550
+ 2 030
+ 880
– 180
Fachkräfte
+ 3 720
+ 2 290
+ 1 550
+ 5 750
+ 2 500
– 500
Hilfskräfte
+ 3 040
+ 1 870
+ 1 260
+ 4 690
+ 2 040
– 410
Quelle: eigene Berechnungen auf Basis der Kindertagesheimstatistik 2019/20 und obiger Bevölkerungsprognosen; In 10er Schritten gerundet;
24
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6 Direkte Kosten im Elementarbildungsbereich
Bei der Valorisierung des derzeit erkennbaren Mehrbedarfs wird ebenfalls nach Komponenten
der Kostensteigerungen vorgegangen. Es sind die in den Handlungsempfehlungen beinhalteten Gehaltstarifvereinheitlichungen vorerst unter Ceteris-paribus-Annahme zu berechnen. Danach wird – unabhängig von der Tarifanpassung – die Steigerung der Ausgabenvolumina aufgrund der Nachfragesteigerung dargelegt, um abschließend diese beiden Komponenten zusammen auszuweisen. Ein weiterer wesentlicher Teil der Handlungsempfehlungen bezieht
sich auf die Tertiarisierung der Ausbildung der ElementarpädagogInnen. Hier sind einerseits
die Kosten der Einführung und des Betriebs dieser Studienzweige zu modellieren, andererseits
mit bestehenden post-sekundären Ausbildungen in diesem Bereich, die derzeit intensiviert
werden23, gegenzurechnen. Dieser Teil wird jedoch im nächstfolgenden Kapitel separat abgehandelt, da es sich hier eigentlich um eine Novelle des tertiären Bildungsbereichs und weniger
um den Elementarbildungsbereich handelt. Dennoch stehen diese Teile in engem Zusammenhang, da für die Berechnungen festgelegt wurde, den ElementarpädagogInnen nach abgeschlossener Tertiärausbildung den Übergang zur bundesweit einheitlichen Gehaltsstaffel gem.
neuem Lehrerdienstrecht zuzuweisen. Schließlich sind noch weitere, kleinere Kostenkomponenten zu berücksichtigen, die jedoch die erforderlichen Finanzierungsvolumina in ihrer Größenordnung nicht mehr beeinflussen.
Wiederholt wurde dargelegt, dass die Gehaltsunterschiede zwischen ElementarpädagogInnen
und VolksschullehrerInnen in Österreich besonders ausgeprägt sind. So vermerkte noch im
Jahr 2013 eine Studie des IKEB zu diesem Sachverhalt: „Der AMS-Gehaltskompass weist für
KindergartenpädagogInnen ein Einstiegsgehalt zwischen 1.760 und 1.950 Euro aus, VolksschullehrerInnen verdienen beim Berufseinstieg hingegen zwischen 1.940 und 2.160 Euro.
Der Unterschied beträgt somit rund 200 Euro.“ 24 Diese Differenz schleifte sich auch nicht über
die Dienstzeit ein. Viele der damals knapp 40 (!) Tarifstaffeln25 für ElementarpädagogInnen
zeigten damals wie heute sogar, dass die Gehaltskurven mit Anzahl der Dienstjahre weiter
von denen der VolksschullehrerInnen auseinanderklaffen. Im Gegensatz dazu weisen beispielsweise Italien und Frankreich durchaus vergleichbare Einstiegsgehälter für ElementarpädagogInnen und VolksschullehrerInnen aus.26
Im Gegensatz zu den meisten Betrachtungen der Tarifstruktur ist es für die vorliegende Aufgabenstellung aber wichtig, nicht nur Einstiegsgehälter, sondern die Jahresgehälter über die
beruflichen Lebenszyklen zu erfassen. Gemeinsam mit der beobachtbaren Verteilung des
Dienstalters von aktiven ElementarpädagogInnen27 können so die Kosten der Tarifumstellung
23
Gemäß Presseaussendung vom 31.12.2020 hat der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
angekündigt, dass ab dem Schuljahr 2021/22 150 zusätzliche Kollegplätze im Bereich der BAfEP installiert werden.
Somit wird entsprechend zeitversetzt auch etwa diese Zahl an zusätzlichen ElementarpädagogInnen pro Jahr in
die Elementarbildungseinrichtungen eintreten, da – im Gegensatz zur herkömmlichen BAfEP, zu der sich die SchülerInnen mit 14 Jahren entscheiden – diese Kollegs eine bewusste Berufswahl der jungen Erwachsenen darstellen.
Diese nach Berichterstellung verlautbarte Entscheidung ist nicht in den Simulationen berücksichtigt.
24
Vgl. Klamert ea (2013); S. 27
25
Neben beiden bundesweit anwendbaren Tarifen ist für jedes Bundesland und viele größere Städte und manche
Trägerorganisationen ein eigener Tarif vereinbart. In der folgenden Berechnung wurden aber nur die Tarife herangezogen, deren zugehörige PädagogInnen auch statistisch hinreichend identifizierbar sind.
26
Vgl. Klamert ea (2013); S. 26ff
27
Informationen zum Dienstalter der im Elementarbildungsbereich Beschäftigten stammt aus der Selbsteinschätzung im Rahmen der Arbeitskräfteerhebung. Diese Selbsteinschätzung kann durchaus zielgenauer sein als herkömmliche arbeitgeberseitige Aufzeichnungen, da die Betroffenen selbst auch lohnprogressionsrelevante Zeiten,
25
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
geschätzt werden. Vorab müssen aber einige Einschränkungen erwähnt werden: Es kamen
nur die Tarifstaffeln in die Berechnung, deren BezieherInnen mit hinreichend hoher statistischer Wahrscheinlichkeit erfasst werden können. Anderen Bediensteten wurden möglichst
ähnliche Tarifdesigns zugewiesen.
Die Verteilung der Dienstjahre erfolgte anhand der Mikrozensen 2015–2019. Die ElementarpädagogInnen wurden anhand der ISCO-08-Systematik identifiziert. Einige anverwandte Berufsgruppen, z.B. ErzieherInnen in Privatschulen der Primär- und Sekundarstufe, konnten jedoch nicht exkludiert werden. Aufgrund der geschlechterspezifisch fast einseitigen Besetzung
in diesem Berufsfeld wurden ausschließlich Frauen in die Schätzung der Dienstaltersverteilung
aufgenommen. Diese Verteilung ist auch weder nach Träger noch nach Bundesland hinreichend differenzierbar. Vielmehr wurde die errechnete Verteilung der Dienstjahre homogen
über das gesamte Bundesgebiet gelegt.
6.1 Personalkostensteigerungen
Im Dezember 2013 wurde das neue, bundesweit geltende Lehrerdienstrecht (LDR) geschaffen, das bis 2018 vollständig in Kraft getreten ist. Es gilt auch für VolksschullehrerInnen, die
an einer Pädagogischen Hochschule eine akademische Ausbildung zur Lehrkraft absolviert
haben und damit zumeist den akademischen Grad des Bachelor of Education (BEd) bzw. Master of Education (MEd) führen.
Tabelle 13: Tariftabelle, Lehrerdienstrecht 2013, 2015 und 2020 (in €)
Entlohnungsstufe
1
2
3
4
5
6
7
LDR 2013
Weiterrückung
LDR 2015
nach … Jahren
2.420,00
2.760,00
3.100,00
3.440,00
3.780,00
4.120,00
4.330,00
13
5
5
6
6
6
Weiterrückung
LDR 2020
nach … Jahren
2.468,40
2.813,10
3.157,90
3.502,70
3.847,40
4.192,20
4.405,10
3,5
5,0
5,0
6,0
6,0
6,0
Weiterrückung
nach … Jahren
2.781,10
3.165,60
3.551,10
3.936,70
4.322,50
4.708,20
4.946,50
2,5
5,0
5,0
6,0
6,0
6,0
Quelle: RIS-Datenbank; § 46 Vertragsbedienstetengesetz 1948 i.d.g.F.
Die darin enthaltene Tarifstaffel weist im Vergleich zur überwiegenden Mehrzahl der relevanten Tarifdesigns für ElementarpädagogInnen mehrere Verbesserungen auf: Vorerst (anno
2014) war das Einstiegsgehalt mit brutto € 2.420,– vergleichsweise gut bemessen. Keiner der
zur Analyse herangezogenen Tarifverträge für ElementarpädagogInnen wies damals ein ähnlich hohes Einstiegsgehalt auf. Dafür blieb dieses Gehaltsniveau nach Lehrerdienstrecht dann
die folgenden 13 Dienstjahre auf diesem Level. Lediglich Lohnanpassungen gemäß der jährlichen Gehaltsverhandlungen hätten stattgefunden. Hier weisen die meisten bestehenden Tarifstrukturen für ElementarpädagogInnen bereits frühere „Biennal“-Sprünge auf. Lediglich die
vertragsbediensteten ElementarpädagogInnen von Salzburg (Stadt) hatten damals eine ähnlich lange Phase der Nicht-Anpassung. Dennoch verblieb der LDR-Tarif 2014 weitgehend über
die sie in anderen Bereichen des öffentlichen Diensts gearbeitet haben, berücksichtigen können. Dies trifft vor allem
auf Hilfskräfte zu, die zuvor in anderen Stellen der Gemeinde gearbeitet hatten.
26
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
den bestehenden Tarifen, lediglich im Landesdienst tätige ElementarpädagogInnen in Oberösterreich und Vertragsbedienstete der Gemeinde Wien verdienen im elften und zwölften Dienstjahr etwas mehr, wurden dann aber von der zweiten Gehaltsstufe des LDR-Tarifs wieder überholt.
Abbildung 10: Tarifstrukturvergleich und Verteilung der Dienstjahre
Oben (a):
Unten (b):
Vergleich der wichtigsten Tarifstrukturen;
Verteilung der Dienstjahre nach Mikrozensen 2015–2019 (funktional geglättet)
Der Vergleich zu ausgewählten Tarifen der ElementarpädagogInnen ließ erkennen, dass nach
diesem Tarifdesign 2014 zwar insgesamt deutlich höhere Lebenseinkommen, jedoch nicht
punktuell zu jedem Dienstalter Verbesserungen beinhaltet waren (vgl. Abbildung 10a28). Vielmehr wurde erkannt, dass die Tarifstruktur wohl nur nachrangig als Anreiz für bereits tätige
LehrerInnen zur Fortführung ihrer pädagogischen Ausbildung, d.h. zur Erlangung eines Tertiärabschlusses beitragen würde. Die Reform der Tarifstruktur, die per 1.9.2015 in Kraft trat,
verschob die Stichtage der Vorrückung um 9,5 Jahre (!) nach vorne, daneben wurden Gehaltsanpassungen um 1,73–2,0 % p.a. vorgenommen. Dieses deutliche Vorziehen der ersten Vorrückung (bei Beibehaltung der folgenden Vorrückungen) verschaffte eine deutliche Steigerung
der Lebenseinkommen der in diese Regelung fallenden LehrerInnen. Der neue, ab 1.1.2020
gültige Tarif sieht weitere Inflationsanpassungen vor, aber auch eine weitere Verkürzung der
Bezugsdauer der Gehaltsstufe 1: Nun wird das Einstiegsgehalt nur noch 2,5 Jahre bezogen,
bis in die nächste Klasse aufgestiegen werden kann. Damit kreuzt der LDR-Tarif mit keinen
bestehenden Gehaltskurven bei den ElementarpädagogInnen. Es ist direkt ersichtlich, dass
dadurch das Gesamtvolumen der Lohnkosten deutlich steigt. (vgl. Tabelle 13)
28
Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden hier nur die Tarife nach Lehrerdienstrecht (LDR der jeweiligen Referenzjahre) und – als Vergleichswert – der Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ 2020) sowie ihrer
Vorläuferregelung (BAGS 2015) abgebildet. Die einzelnen für ElementarpädagogInnen relevanten Tarife streuen
bereits in den Einstiegsgehältern erheblich und konvergieren auch nicht im weiteren Verlauf.
27
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Die graphische Veranschaulichung lässt erkennen, dass bereits 2015 weniger die unterschiedlichen Einstiegsgehälter, sondern vielmehr die Differenz der Bezüge nach der zweiten Tarifstufe des Lehrerdienstrechts die eigentliche Verbesserung der Einkommenssituation der ElementarpädagogInnen hergestellt hätte. Dieser ab 1.9.2015 geltende Tarif hat mit seinen Übergangsbestimmungen, die v.a. für Lehrkräfte mit herkömmlicher Ausbildung auf einer Pädagogischen Akademie angelegt waren, Anreize geschaffen, einen Tertiärabschluss anzuhängen.
Es ist grundsätzlich naheliegend, die Forderung nach Tertiarisierung der Ausbildung durch den
Anreiz des möglichen Wechsels in die bessere Tarifstruktur gem. Lehrerdienstrecht zu unterstützen. Gemäß Handlungsempfehlungen der Industriellenvereinigung sollten mittelfristig nur
noch ElementarpädagogInnen gruppenführende Verantwortung übertragen bekommen, die
zuvor zumindest einen Bachelorabschluss vorzuweisen haben. Zwar ist bereits jetzt mit der
Gruppenführung zumeist auch eine kleine Zuzahlung verbunden, der – die intrinsische Motivation möglichst unterstützende – extrinsische Anreiz zum berufsbegleitenden Studium ist so
aber noch nicht hinreichend gegeben. Vielmehr besteht ein Abwägen zwischen Arbeitsstundenreduktion i.V.m. vorübergehenden Einkommensbußen heute mit der Erreichung des Ausbildungsziels mit erwarteten höheren Gehältern morgen. Dafür muss sich die Prämierung des
angestrebten Ausbildungsziels verbessern.
Abbildung 11: Kostensteigerung und Ausweitung des AkademikerInnenanteils bei ElementarpädagogInnen
Kohortensimulation auf Basis der Tarifstaffel des Lehrerdienstrechts (1.1.2020), Schulstatistik
und Kindertagesheimstatistik
Anhand einer Kohortensimulation wird ersichtlich, dass – bei Einführung von 8.000 (!) zumeist
berufsbegleitenden Studienplätzen für Elementarpädagogik29 ab dem Studienjahr 2022/23 –
im Jahre 2025 bei laufenden Mehrkosten an Gehaltszahlungen von knapp über € 30 Mio. bereits 26 % der ElementarpädagogInnen über eine Tertiärausbildung verfügen könnten30. Ge-
29
Vgl. Kapitel 7
In den Jahren 2022 und 2023 wären die Kosten sogar leicht negativ, da einige Studierende, die zuvor ganztägig
das BAKIP- bzw. BAFEP-Kolleg besucht hätten, aufgrund der Umstellung auf Bachelor-Ausbildung, in die sie direkt
kommen würden, später in den Beruf einsteigen. Bei den herkömmlichen BAKIP- bzw. BAFEP-AbsolventInnen wird
30
28
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
mäß Modellannahmen schließt die gleiche Anzahl jährlich ihre Studien ab. Bei steigender PädagogInnengesamtzahl im Elementarbereich steigt diese Quote weiter. Da aber PädagogInnen mit Tertiärtabschluss nun Jahr für Jahr auch in höhere Gehaltsklassen vorrücken, steigen
die Zusatzkosten für deren höhere Gehälter leicht progressiv. 2030 könnte ein 67 %iger Anteil
an ElementarpädagogInnen erreicht sein. Die Zusatzkosten würden bei heutigem Lohn-PreisNiveau € 221 Mio. betragen. (vgl. Abbildung 11)
6.2 Übernahme des vorletzten Kindergartenjahres
Neben der Adaptierung der Gehälter wären – bei Übernahme des vorletzten Kindergartenjahres in den Bereich der allgemeinen Bildungspflicht – auch die Elternbeiträge zu übernehmen.
Nach derzeitigem Stand erwüchsen, allein für die Übernahme der Elternbeiträge für die 4Jährigen, ausgehend von der derzeitigen Kinderzahl und Ausschöpfung, Zusatzkosten von
€ 61 Mio. pro Jahr31.
Übernahme durch
öffentliche Hand
Tabelle 14: Kosten der Übernahme der bereinigten Halbtagsbetreuungskosten
Alter
2
3
4
5
Mio.€
30
47
61
Mittelwert
620
620
730
139
660
N
48.550
76.450
83.700
83.900
292.600
Datenquelle; EU-SILC 2011–2013, aus: Neuwirth (2015); Projektion auf Kindergartenjahr 2019/20
Anmerkung: für die gegenständliche Fragestellung sind nur die Kostensteigerungen bei den 4-Jährigen
interessant
Bei angenommener Steigerung der Inanspruchnahme wären dies, je nach demographischem Wachstum, im Jahr 2025 € 65–70 Mio. Aufgrund höchst divergierender demographischer Entwicklungspfade, weiterem Wachstum bis hin zu geringer Schrumpfung, spreizt sich
dieser Kostenverlauf weiter, sodass im Jahr 2030 € 60–75 Mio. Zusatzkosten bestünden. Bis
ins Jahr 2030 kann es also auch wieder zu einer leichten Absenkung kommen, sofern tendenziell das Szenario mit den geringsten Fertilitätsraten und Migrationsgewinnen – das „AlterungsSzenario“ – zum Tragen kommt.
6.3 Wachstum der Ausgabenvolumina
Die Ausgabenvolumina im Elementarbildungsbereich steigen mit dem Bildungs- und Betreuungsbedarf jedenfalls weiter bis 2025. Sollten die Fertilitätsraten und Migrationsgewinne aber
dermaßen stark fallen wie es das Alterungsszenario annimmt, kehrt sich das nominelle Kostenwachstum bis 2030 aber, wie weiter unten ausgeführt, wieder um.
angenommen, dass sie wie bisher direkt nach der BAKIP/BAFEP in den Beruf einsteigen und ggf. berufsbegleitend
weiter studieren.
Die Rückrechnungszeiträume für anrechenbare Dienstjahre bei Wechsel in den neuen Tarif sind nun, mit LDRNovelle 2020, de facto kürzer anzusetzen.
31
Analog zu Neuwirth (2015a); Tabelle 10
29
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Für das Kalenderjahr 2019 werden die Gesamtkosten im Elementarbereich auf ca. € 2,75 Mrd.
geschätzt.32 Von den Komponenten dieses Werts ausgehend, können anhand der demographischen Szenarien unter Bedachtnahme der beschriebenen Steigerungen der Betreuungsquoten, also den mit oder ohne Reform entstehenden, autonomen Kostenveränderungen, folgende Ausweitungen der Finanzierungsvolumina schlagend werden. Es ist von weiter steigenden Kosten auszugehen. Nur im Alterungsszenario, wo ein stark negatives Bevölkerungswachstum in der Gruppe der Kinder in der vorschulischen Phase vorherrscht, ist zwar im Jahr
2025 noch mit Mehrkosten vom circa € 164 Mio. (verglichen zu 2019 zum heutigem LohnPreis-Niveau) zu rechnen, im Jahr 2030 sind aber € 53 Mio. weniger als 2019 anzusetzen.
(Abbildung 12)
Die Personalkosten sind bekanntlich der volumensmäßig gewichtigste Teil der Kosten im Elementarbildungsbereich. Auch wenn Investitionskosten in den vergangenen 15 Jahren phasenweise stark variiert haben, die Personalkosten bleiben die bei weitem führende Kostenposition.
Über zwei Drittel der Gesamtkosten im Elementarbildungsbereich fallen in diese Position. Alle
anderen Kostenpositionen, wie sie im der Kindertagesheimstatistik ausgewiesen werden, werden in den Projektionen als (erweiterte) Sachkosten ausgewiesen.33
Abbildung 12: Zu erwartende autonome Kostenverschiebungen 2025, 2030
Kostenwachstum in Mio. €; zum heutigem Preisniveau
Bei dynamischer demographischer Entwicklung gemäß Wachstumsszenario (hohe Fertilität
der ansässigen Bevölkerung wie auch hohe Zuwanderung mit Kindern im Kindergartenalter)
könnten bis 2025 Mehrkosten von insgesamt € 396 Mio. entstehen. Am wahrscheinlichsten ist
jedoch, dass – gemäß demographischem Hauptszenario – im Jahr 2025 € 243 Mio. zusätzlich zu finanzieren sein werden.
32
In der Kindertagesheimstatistik 2019/20 ist das letztausgewiesene abgeschlossene Budgetjahr das Jahr 2018.
2019 wurde anhand der Volumenssteigerungen (nach betreuten Kindern) geschätzt.
33
Transferzahlungen an private Träger werden ebenfalls nach Personal- und Sachkostenanteilen zugewiesen.
30
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Insgesamt sind die treibenden Kräfte der Gesamtkostenveränderungen nur zum Teil das demografische Wachstum34 und die absehbare Steigerung der Inanspruchnahme der Elementarbildungsleistungen bis 2025, sondern auch – v.a. dann im Jahr 2030 – die langsam steigenden Bruttolöhne aufgrund der Tarifumstellung. Zusätzlich sind die oben angeführten Reduktionen bei den Elternbeiträgen seitens der öffentlichen Hand zu finanzieren. Der Anteil der durch
diese Reformvorschläge der IV verursachten Mehrkosten ist hier gut erkennbar. Er liegt vorerst (2025, mittleres Szenario) bei € 97 Mio., steigt dann stetig und macht im Jahre 2030 mit
€ 288 Mio. über 10 % der heutigen Gesamtkosten aus. (Abbildung 13)
Abbildung 13: Autonomes Kostenwachstum (AKS) und Reformkosten
Kostenwachstum in Mio. €; zu heutigem Preisniveau
In Abbildung 14 wird detaillierter ersichtlich, wie diese Steigerungen zustande kommen: Wie
zuvor beschrieben wachsen die autonomen Kosten – also die Kostenkomponenten, die auch
ohne Reform steigen werden – vor allem mit der Betreuungsquote, die gerade in den Altersklassen 1–3 stark ansteigt. Diese Kostensteigerung (in Abbildung 14 rot gekennzeichnet) – sie
bedeutet ja, dass ein höherer Anteil der Gesamtzahl der Kinder der betreffenden Alterskohorten betreut wird – variiert nur nachrangig mit dem demographischen Szenario. Es ist von Kostensteigerungen von € 248–277 Mio. im Jahr 2025 bzw. € 226–291 Mio. für 2030 auszugehen.
Im Gegensatz dazu sind die autonomen Kosten aufgrund der Bevölkerungszunahme in den
jeweiligen Altersklassen höchst szenarienabhängig (in den drei Szenarien-Farben dargestellt).
Es kann zu weiteren Expansionen wie auch zu Kontraktionen kommen. Die Kosten verschieben sich von € –84 bis € +119 Mio. im Jahr 2025 bzw. € –279 bis € +319 Mio. im Jahr 2030.Die
jeweils mittleren Szenarien lassen weitgehende Konstanz dieser rechnerischen Kostenkomponente annehmen.
34
Hierzu ist in Erinnerung zu rufen, dass das projizierte demographische Wachstum der Bevölkerungsgruppe der
Kinder im vorschulischen Alter im sog. Alterungsszenario inzwischen negativ angesetzt wird. Vgl. Abbildung 5
31
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Abbildung 14: Kostenwachstum nach Komponenten
Kostenwachstum in Mio. €; zu heutigem Preisniveau
Beinahe konstant, d.h. fast szenarienunabhängig, verhalten sich dagegen wiederum die Kostensteigerungen infolge des Reformentwurfs. Hier sind die Kostensteigerungen vor allem
durch den sukzessiven Übertritt zunehmend vieler ElementarpädagogInnen in das bessere
Tarifschema (gem. Lehrerdienstrecht i.d.g.F.) begründet. Bei rascher Eröffnung der im nächsten Kapitel näher beschriebenen tertiären Ausbildungszweige und unmittelbarer Übernahme
der AbsolventInnen in das Lehrerdienstrecht würden bereits 2025 Mehrkosten von € 30–
32 Mio. verursachen. Diese Position würde kontinuierlich anwachsen und 2030 erwartungsgemäß Mehrkosten von € 221 Mio. ausweisen35.
Die Kosten der Übernahme der Elternbeiträge für 4-Jährige – aus heutiger Sicht, d.h. bei heutiger Bevölkerungszahl und Betreuungsquote, im Rahmen von € 61 Mio. – werden sich 2025
auf € 65–70 Mio., bzw. € 60–75 Mio. im Jahre 2030 belaufen. Am mittleren Erwartungswert
werden sie sich aber vergleichsweise wenig verändern.
Insgesamt ist im mittleren Szenario von einer Gesamtkostensteigerung, also autonome
Kostenvariationen plus Reformkosten, von € 340 Mio. für 2025 und € 553 Mio. für 2030 auszugehen. Keine der Kostenkomponenten ist wesensgemäß unabhängig vom demographischen Wachstum. Insgesamt ist zwischen den beiden demographischen Extremszenarien im
Jahre 2030 aus heutiger Sicht eine Differenz von bis zu € 727 Mio. gegeben.36
35
Das kann nach der österreichweiten Betreuungszahl variieren. Rechnerisch ist von einer Bandbreite zwischen €
198 Mio. und € 246 Mio. auszugehen.
36
Diese Differenz ist höher als bei der letzten Prognose, da nun die demografischen Prognoseszenarien weiter
variieren.
32
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
7 Kosten der Tertiarisierung der Ausbildungswege
Derzeit (Kindergartenjahr 2019/20) sind in Österreich nach Kindertagesheimstatistik knapp
35.000 ausgebildete ElementarpädagogInnen tätig. Nach Schulstatistik 2018 sind ca. 8.490
SchülerInnen in BAFEPs in Ausbildung, d.h. rein rechnerisch wäre zu erwarten, dass ca. 1.700
SchülerInnen diese Schulform pro Jahr abschließen. Hinzu kommen noch Kolleg-Lehrgänge
(post-sekundäre Ausbildungszweige), wo derzeit etwa 1.770 MaturantInnen anderer Schulformen die BAFEP-Ausbildung in 2 bis 2,5 Jahren absolvieren, hinzu kommen noch etwa 300
Schülerinnen und Schüler in spezifischen Lehrgängen an Bildungsanstalten für Elementarpädagogik. Anhand dieser Ausgangszahlen können anhand der dargelegten Modellrechnung die
zusätzlichen Kosten einer neu eingeführten tertiären Ausbildungsschiene für ElementarpädagogInnen geschätzt werden.37 Unterlegt man diese Werte noch mit den erfahrenen AbbruchsQuoten und den späteren Nicht-Einstiegs-Quoten – v.a. AbsolventInnen der 5-jährigen
BAFEP, die im Alter von 14 Jahren diese Form der Oberstufenausbildung gewählt haben, orientieren sich nach Erlangung der Matura um und schließen andere Ausbildungen an bzw.
steigen in anderen Berufsfeldern ein – verbleiben noch geschätzte 1.500 ElementarpädagogInnen pro Jahr, die in das wachsende Segment der Kindergartenbetreuung und Elementarpädagogik einsteigen könnten. Dem gegenüber stehen geschätzte 1.100 ausgebildete ElementarpädagogInnen, die ersetzt werden müssen38.
Der Reformentwurf sieht vor, dass die Ausbildung der ElementarpädagogInnen insgesamt verlängert, d.h. weitere Spezialisierungen erlernt werden sollten. Hierfür ist die Hinzunahme einer
tertiären Ausbildungsschiene angedacht. Letztlich sollen gruppenführende ElementarpädagogInnen über einen Bachelor-Abschluss, LeiterInnen von elementarpädagogischen Einrichtungen über einen Master-Abschluss verfügen.
Wie mehrfach bestätigt wurde39, ist nach wie vor der Fördersatz pro Studienplatz (WS 2020)
von € 6.970,– pro Jahr veranschlagt. Hinzu kommen unterschiedlich hohe Studiengebühren.
Im Falle des bereits bestehenden Bachelor-Studiums „Sozialmanagement in der Elementarpädagogik“ am FH-Campus Wien, wäre jeder Studienplatz mit insgesamt etwa € 7.700,– finanziert40.
Worin würde die Weiterbildung der ElementarpädagogInnen nun bestehen? Vergleichbar zu
HTL-Ausbildungen, wo für anschließende fachgleiche Bachelor-Ausbildungen oft ein Teil eingerechnet wird, d.h. einzelne FH-Studien haben ihren Studienplan oft bereits danach ausgelegt, dass diese AbsolventInnen gleich in das zweite Studienjahr einsteigen können, müssten
auch die neuen FH-Ausbildungslehrgänge für BAKIP- bzw. BAFEP-AbsolventInnen gestaltet
37
Die Ausgangszahlen haben sich im Vergleich zur 2015 erstellten Prognose nur marginal verschoben. Wie weiter
unten ausgeführt, sind auch die Fördersätze und Studienbeiträge konstant geblieben. Damit entspricht die hier
wiedergegebene Modellrechnung und auch deren Ergebnisse der Kostenschätzung 2015.
38
Diese Werte sind Schätzungen seitens des Autors. Es liegen keine bundesweiten Zahlen vor.
39
Die folgenden Berechnungen orientieren sich am rezenten Fachhochschulentwicklungs- und Finanzierungsplan,
sowie direkter Kommunikation mit der Lehrgangsleiterin des FH-Campus Wien, der bereits jetzt eine weiterführende
Bachelor-Ausbildungsschiene für ElementarpädagogInnen anbietet.
40
Für diesen Studiengang werden lt. Auskunft der Lehrgangsleitung keine Drittmittel oder weitere direkte Förderungen eingeworben. Der FH-Campus Wien erhält aber von der Gemeinde Wien, wie wohl alle Fachhochschulen
in Österreich, noch eine bundesländerseitige Objektförderung.
33
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
sein. Somit verblieben – berufsbegleitend – 2 Jahre des insgesamt 3-Jährigen FH-Studienzweigs, während MaturantInnen anderer Schulformen die – wohl ganztägige – 3-jährige Ausbildung absolvieren könnten41. Mit Umstellung auf den hier ausgeführten Modellentwurf würden ca. 14.800 ElementarpädagogInnen, die ihre Ausbildung bereits abgeschlossen haben,
sowie ca. 7.000 LeiterInnen, die innerhalb der nächsten 10 Jahre in bestehenden Institutionen
nachbesetzt werden, diese Bachelor bzw. später auch die Master-Ausbildung absolvieren.
Hinzu kommen die neu Eintretenden, die unmittelbar nach Abschluss der BAFEP an der FH
weiterstudieren, und auch die LeiterInnen der über 10 Jahre neu zu schaffenden Elementarbildungseinrichtungen. Unter Annahme einer Periode von acht Jahren, in der die bestehenden
ElementarpädagogInnen die tertiäre Ausbildung beginnen, bzw. 10 Jahre für die anschließende Masterausbildung zur Qualifikation zur Leitung einer elementarpädagogischen Einrichtung42, werden durchschnittlich 8.000 zusätzliche StudentInnen43 in den betreffenden FHs
bzw. PHs studieren.
Tabelle 15: Anzahl der in die tertiäre Ausbildung zu übernehmenden ElementarpädagogInnen
Bacc.
Master
Verlauf (8J)
ElPäd neu
Kolleg(ersatz)
Verlauf (10J)
neue Leiter
Auszubildende
Anzahl
1.850
1.040
500
700
160
4.250
Ausbildungsjahre
2
2
1
2
2
1.850
pro Jahr
3.700
2.080
500
1.400
320
8.000
Eigene Berechnungen, Datengrundlagen nach Kindertagesheimstatistik und Schulstatistik
Schätzung der ZUSÄTZLICH in tertiäre Ausbildung zu Übernehmenden (d.h. abzüglich der Auszubildenden, die sich derzeit in postsekundärer Kollegausbildung befinden)
Anhand der heutigen Kostenniveaus gem. Studienplatzfinanzierung plus Studienbeiträge
müsste mit jährlich zusätzlichen44 € 62 Mio. an laufenden Kosten zu rechnen sein45. Etwa
€ 56 Mio. wären via FH-Studienplatzfinanzierung des Bundes zu tragen, die restlichen € 6 Mio.
kämen – lt. derzeitiger Regelung – aus Studienbeiträgen46. Diese Kostensteigerungen verhalten sich unabhängig vom demographischen Szenario. Aus diesem Grunde werden sie in der
abschließenden Aufstellung (Abbildung 15) auch als Konstante den jährlichen Kosten der Reformvorschläge hinzugerechnet.
41
Die Finanzierungsvolumina für berufsbegleitende und ganztägige Ausbildungen werden gleich angesetzt.
Modellhaft wird angenommen, dass für alle Einrichtungen diese Anforderungen bestehen wird. Ob dies letztlich
auch für Einrichtungen mit drei oder weniger Gruppen zutreffen wird, ist entwicklungsabhängig.
43
Das BAFEP-Kolleg wird durch das volle dreijährige BAFEP-Studium ersetzt. Diese Berechnung berücksichtigt
noch nicht die vom Bildungsminister per 31.12.2020 angekündigten zusätzlichen 150 Kolleg-Plätze pro Studienjahr.
44
Dieser Ansatz folgt auch der Annahme, dass die Jahres-Kosten für das BAFEP-Kolleg denen der FH bzw. PH
entsprechen.
45
Nicht enthalten sind hier die Kosten für die Einrichtung der Studiengänge. Hier widersprechen sich die wenigen
vorliegenden Informationen. Faktum ist, dass diese Kosten vorrangig vom Fachhochschul-Erhalter getragen werden und somit nicht direkt aus Bundesmitteln zu bezahlen wären.
46
Diese Werte stellen jedoch Untergrenzen dar. Es bleibt zu hoffen, dass der steigende Bedarf an ElementarpädagogInnen – in Verbindung mit besseren Einstiegsgehältern und höherem sozialen Prestige – zusätzliche Studierende anspricht. Der Nettoeffekt ist jedoch noch nicht hinreichend festzumachen.
42
34
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
8 Zusammenfassung und Gegenrechnung
Die absehbaren Gesamtkostensteigerungen im Elementarbildungsbereich unter Zurechnung
der zusätzlichen Ausbildungskosten für ElementarpädagogInnen über die nächsten zehn
Jahre belaufen sich im mittleren demographischen Szenario voraussichtlich auf ca. € 396 Mio.
(2025) bzw. € 609 Mio. (2030) und werden mit weiterer Steigerung der Tertiärabschlussquote
sowie Vorrückungen in der neuen Gehaltstabelle noch etwas weiterwachsen. Dieses Kostenwachstum wäre im Jahr 2025 nach Hauptszenario zu gut zwei Fünftel (39 % bzw. € 153 Mio.),
2030 schon deutlich über der Hälfte (56 % bzw. € 344 Mio.) auf die Realisierung der ReformVorschläge der IV zurückzuführen. (vgl. Abbildung 15)
Abbildung 15: Gesamtkostenwachstum mit allen angeführten Reform-Komponenten
in Mio. €; zu heutigem Preisniveau
Durch die Fortsetzung der Steigerung der Betreuungsquoten verläuft die Gesamtkostensteigerung in den ersten fünf Jahren schneller. Die Kostenvolumina der Vorschläge der IV steigen
ebenfalls mit Inanspruchnahme und demographischer Entwicklung. Da die angedachten Reformen (v.a. im Bereich der Tarifgestaltung für ElementarpädagogInnen) jedoch generell, d.h.
für bestehende wie zusätzliche Betreuungsverhältnisse anzusetzen sind, steigen die Kosten
dieser Reformen nur unwesentlich mit der Betreuungszahl, d.h. sie sind – im Gegensatz zu
den autonomen Kostenverschiebungen – vom effektiven Ausnutzungsgrad wie dem demographischen Entwicklungspfad nur bedingt abhängig.
Diese drei Kostenpositionen des Reformentwurfs
1. Steigerung der Arbeitgeberkosten infolge Tarifanpassung (€ 221 Mio.),
2. Übernahme der Elternbeiträge für 4-Jährige (€ 67 Mio.), sowie
3. zusätzliche Ausbildungskosten für ElementarpädagogInnen (€ 56 Mio.)
werden 2030 vordergründig im Gesamtausmaß von € 344 Mio. schlagend. (vgl. Tabelle 16)
Etwa 56 % dieser Ausgaben fließen aber unmittelbar als erhöhte Staatseinnahmen zurück.
35
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Tabelle 16: Zusammenfassung der Mehrkosten 2030
Gesamtkosten im Bereich der Elementarbildung
2019
Gesamtkosten 2019 *
Zuweisbare Personalkosten **
Zuweisbare Sachkosten
2.748.000.000
1.910.000.000
839.000.000
Gesamtkosten und Kostenentwicklungen
im Bereich der Elementarbildung
2030
Gesamtkostensteigerung im Elementarbereich ***
autonome Kostensteigerung
… aufgrund des Bevölkerungswachstums
… aufgrund der Steigerung der Betreuungsquote
Kostensteigerung aufgrund Umsetzung der IV-Reformvorschläge
… aufgrund Kostensteigerung infolge Tarifanpassung
… aufgrund Übernahme der Elternbeiträge (2.verpfl.KiGa-Jahr)
Gesamtkosten Elementarbereich 2030
Ausbildungskosten der ElementarpädagogInnen im Tertiärbereich
+ 553.000.000
265.000.000
8.000.000
257.000.000
288.000.000
221.000.000
67.000.000
3.301.000.000
56.000.000
GESAMTKOSTEN DER IV-REFORMANSÄTZE für 2030
+ 344.000.000
* Schätzung aus Gesamtkostenentwicklung der Vorjahre
** Förderungen an private Träger aliquot zugeteilt
*** Gesamtkostensteigerung 2030 i.V.z. 2019 bei konstanten Preisen und Löhnen
Zusammenfassung der vorigen Berechnungen
Die folgende Schätzung der Folgeeffekte der Reformen im Elementarbildungsbereich verfolgt
das Ziel, die in Tabelle 16 ausgewiesenen Kostenpositionen so aufzuschlüsseln, dass ersichtlich wird, welche effektiven Mehrkosten die öffentliche Hand unmittelbar im Bezugsjahr 2030
zu tragen hat.
Tabelle 17: Kurzfristige Rückflüsse des Reformentwurfs im Jahre 2030
Kurzfristige Rückflüsse aus den zusätzlichen Ausgaben
Steigerung der Arbeitsgeberkosten (221 Mio.)
Übernahme Elternbeiträge (67 Mio.)
zus. Ausbildungskosten ElementarpädagogInnen (56 Mio.)
kurzfristige Rückflüsse
Rückflüsse zum Lohn- und Preisniveau 2019
2030
privat
€ 77.000.000
€ 57.000.000
€ 9.000.000
€ 143.000.000
fiskalisch
€ 144.000.000
€ 10.000.000
€ 29.000.000
€ 183.000.000
Wie in Tabelle 17 dargelegt, fließen € 183 Mio., das sind 56 % der Kosten des Reformentwurfs sofort, d.h. innerhalb von 12 Monaten, an die öffentlichen Hand zurück. Einerseits via
direkte Abgaben und Steuern auf die anrechenbaren Arbeitgebergesamtkosten, andererseits
am Anteil der indirekten Steuern (Verbrauchssteuern) an den zusätzlichen verfügbaren Einkommen der Haushalte. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Berechnung lediglich
den Erstrundeneffekt der Rückflüsse an die öffentliche Hand berücksichtigt. In einem dynamischen makroökonomischen Modell wären zusätzlich die Effekte der Nachfragesteigerung auf
die Produktion und nachgelagerte Werteschöpfung und damit die Erträge der öffentlichen
Hand aus diesen zusätzlichen wirtschaftlichen Aktivitäten ablesbar.
36
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Somit teilen sich die drei Ausgabenpositionen aus Tabelle 16 folgendermaßen auf:
1. Die Steigerung der Arbeitgeberkosten von € 221 Mio. gehen zum Großteil direkt via
gehaltsabhängige Abgaben wieder zurück an die (Para)Fisken: Es ist davon auszugehen, dass die erhöhten verfügbaren Einkommen der betroffenen Haushalte (€ 90 Mio.)
bei langfristiger Sparquote47 zu ca. 93 % in den Konsum fließen, wo via Verbrauchssteuern wiederum etwa € 13 Mio. generiert werden. Das um diese indirekten Steuern
bereinigte zusätzliche Einkommen der privaten Haushalte beträgt € 77 Mio., die
(para)fiskalen Zusatzeinkünfte belaufen sich auf € 144 Mio.
2. Auch die von der öffentlichen Hand übernommenen Elternbeiträge (€ 67 Mio.), fließen
teilweise – allerdings nur zu einem weit geringen Anteil, da hier nur indirekte Steuern
unmittelbar ausschlaggebend werden – zurück. Unter Berücksichtigung der langfristigen Sparquote sind ca. € 10 Mio. an indirekten Steuern anzusetzen.
3. Die zusätzlichen Ausbildungskosten48 (€ 56 Mio. für die öffentlichen Hand plus ca.
€ 6 Mio. Studienbeiträge) lassen knapp € 26 Mio. via direkter Steuern und Abgaben
(zusätzliche Personalkosten der Fachhochschulen) plus gut € 3 Mio. via indirekter
Steuern unmittelbar rückfließen. Die privaten Haushalte sind im Aggregat – abzüglich
der zusätzlichen Studienbeiträge – um ca. € 9 Mio. bessergestellt. Diese Position weist
– im Gegensatz zu den vorigen – jedoch auch einen hohen Anteil an Sachkosten aus,
deren steuerlicher Anteil nicht mehr im Erstrundeneffekt erfasst werden kann.
Insgesamt ergeben sich bei Umsetzung des Reformentwurfs aus Sicht der öffentlichen
Hand unmittelbare Mehrkosten von € 183 Mio.49
Natürlich fließt auch ein Gutteil der autonomen Kostensteigerungen in kurzer Zeit wieder an
die Sozialversicherungen und das Bundesbudget. Von den € 265 Mio. autonomer Kostensteigerung sind ca. € 217 Mio. als zusätzliche Arbeitgeberkosten zu veranschlagen. Davon werden € 124 Mio. sofort wieder via (para)fiskaler Abgaben auf Arbeitgeber- wie -nehmerseite
sowie anhand der relevanten Konsumsteuern den öffentlichen Haushalten rückgeführt.
Somit ist auch in der aktuellen Kostenprojektion klar ersichtlich, dass sich die Mehrkosten des
Reformentwurfs bereits im Erstrundeneffekt durch steuerliche Rückflüsse überwiegend50
selbst finanzieren. Wie eingangs dargelegt, ist bereits nachgewiesen, dass sich die Reformschritte durch höhere Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen der nachfolgenden Effekte
(v.a. erhöhte Nachfrage gem. volkswirtschaftlichem Multiplikator-Effekt und die daraus resultierenden Steuerleistungen und Sozialversicherungsabgaben) bereits mittelfristig vollständig
selbst finanzieren.51 Langfristig ist jedenfalls – vor allem aufgrund der gesteigerten Bildungsund Arbeitsmarktchancen der Kinder – von stark positiven volkswirtschaftlichen Effekten auszugehen.
47
Die volkswirtschaftliche Sparquote liegt derzeit, krisenbedingt, ungewöhnlich hoch bei ca. 12 %. Diese Berechnung geht von einer baldigen Normalisierung und somit von einer Rückkehr auf das langjährige Durchschnittsniveau von 7 % aus.
48
Diese Position hat sich seit der letzten Kostenprognose (2015) nicht verändert.
49
Auch diese unmittelbaren Mehrkosten werden in weiterer Folge in mehreren Runden den (para)fiskalen Kassen
zugeführt.
50
Zu etwa 53 %
51
Vgl. dazu das volkswirtschaftliche Modell zur Steigerung der Elementarbildungsausgaben von Neuwirth/Kaindl
(2018)
37
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
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ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
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40
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Anhang
Anmerkungen zu Tabellen 6 bis 8:
Burgenland: Für die Hälfte der Öffnungszeit der Gruppe in den Kindergarten-, Hort- und Alterserweiterten Kindergartengruppen muss eine Hilfskraft anwesend sein, in der restlichen Zeit
muss keine Hilfskraft anwesend sein.
Niederösterreich: In Tagesbetreuungseinrichtungen ist eine Hilfskraft erforderlich, wenn mindesten acht Kinder in der Gruppe sind und alle zumindest 1 Jahr alt sind bzw. wenn mindestens sechs Kinder in der Gruppe sind und mindestens ein Kind unter 1 Jahr alt ist; darunter ist
keine Hilfskraft erforderlich. In Kindergärten ist nur in der Bildungszeit (Montag bis Freitag am
Vormittag je 4 Stunden) eine Hilfskraft erforderlich; außerhalb der Bildungszeiten müssen
keine Hilfskräfte anwesend sein. In Horten ist der Einsatz von Hilfskräften auf das Alter der
Schülerinnen und Schüler, die Gruppengröße und die Gruppenzusammensetzung, bei Integrationsgruppen auch auf die Art und den Grad der Beeinträchtigung abzustimmen.
Wien: Es gibt rechtlich zwei Arten von Familiengruppen. Die eine ist für Kinder von 0 Jahren
bis zum Schuleintritt, die andere für Kinder von 3 bis 10 Jahren (also dem Ende der Volksschule). In den Familiengruppen für Kinder von 0 Jahren bis zum Schuleintritt dürfen maximal
22 Kinder betreut werden, falls mehr als zwei unter 3-Jährige in der Gruppe sind, sinkt die
zulässige Höchstzahl auf 20 Kinder. In einer Kindergruppe dürfen maximal 14 Kinder von einer
Fachkraft und ohne Hilfskraft betreut werden. Ist zumindest ein Kind unter 3 Jahre alt, muss
auch eine Hilfskraft anwesend sein, um 14 Kinder gleichzeitig betreuen zu können. Ohne Hilfskraft wären dann nur zehn Kinder zulässig.
Kärnten: In den Kinderkrippen wird je nach Zahl der aufzunehmenden Kinder und der besonderen Aufgaben einer Kinderkrippe die erforderliche Anzahl der Hilfskräfte in der Betriebsbewilligung festgelegt. Sind in Kindertagesstätten auch Kinder unter 3 Jahre, ist eine Fachkraft
je fünf Kinder erforderlich, sind alle Kinder zumindest 3 Jahre alt, ist eine Fachkraft je acht
Kinder erforderlich.
Steiermark: In Kinderkrippen bis elf Kinder ist eine Hilfskraft erforderlich, ab zwölf Kinder sind
es zwei.
Oberösterreich: In Krabbelstubengruppen ist ab sechs Kindern eine Hilfskraft erforderlich, darunter wird rechtlich keine Hilfskraft benötigt. Bei Kindergartengruppen, Alterserweiterten Kindergartengruppen und Hortgruppen wird im Gesetz eine nicht näher beschriebene „erforderliche Anzahl“ von Hilfskräften vorgeschrieben. Je nach Anzahl der Kinder unter 3 Jahren bzw.
im Schulalter schwankt in den Alterserweiterten Kindergartengruppen die maximal zulässige
Kinderzahl je Gruppe zwischen 18 und 23 Kindern. Alterserweiterte Kindergartengruppen nehmen Kinder grundsätzlich ab dem 2. Geburtstag auf, in Ausnahmefällen auch ab 1,5 Jahren.
Salzburg: In Krabbelgruppen werden Kinder ab 1 Jahr aufgenommen, davor nur in Ausnahmefällen. In Alterserweiterten Kindergruppen werden Kinder unter 3 Jahren für die Berechnung
der Gruppengröße doppelt gezählt, falls insgesamt sieben oder mehr Kinder in der Gruppe
sind; bei Gruppen bis sechs Kindern werden sie nur einfach gezählt. In der Lernzeit ist in den
41
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
alterserweiterten Kindergruppen eine zusätzliche Fachkraft erforderlich. Bei den Hilfskräften
in Krabbelgruppen, Kindergärten, alterserweiterten Kindergartengruppen und alterserweiterten Kindergruppen spielt die Anzahl der Gruppen eine Rolle. Bei 1- und 2-gruppigen Einrichtung ist eine Hilfskraft erforderlich, bei 3- und 4-gruppigen sind es zwei Hilfskräfte und bei 5und 6-gruppigen drei Hilfskräfte. Sind bei Tageseltern alle Kinder unter 10 Jahre alt, dürfen
nur vier Kinder gleichzeitig anwesend sein, sind einige Kinder älter, steigt die Zahl auf sechs.
Tirol: Wenn mindestens drei Kinder unter 9 Monate alt sind, liegt die maximale Gruppe der
Kinderkrippengruppen bei sechs Kindern, sind zumindest zwei Kinder unter 18 Monate alt,
liegt die Obergrenze bei zehn Kindern, in allen anderen Fällen bei zwölf Kindern. In Kinderund Spielgruppen ab zehn Kindern ist jeweils eine Hilfskraft je Gruppe vorgeschrieben, bei
kleineren Gruppen nur, wenn zwei Kinder unter 1,5 Jahre alt sind.
Vorarlberg: Besuchen unter 3-Jährige eine Kinderbetreuungseinrichtung, liegt die maximale
Gruppengröße bei 9 Kindern, ist das jüngste Kind 3 Jahre alt, liegt die Obergrenze bei 15
Kinder, sind alle Kinder älter, liegt die Grenze bei 23 Kindern. Je Kinderbetreuungseinrichtung
(nicht aber je Gruppe) ist eine Fachkraft erforderlich, ansonsten wird in den rechtlichen Regelungen nicht zwischen Fach- und Hilfskräften differenziert. Je drei Kinder unter 2 Jahren ist bei
dieser Betreuungsform eine Betreuungsperson vorgesehen, je fünf 2-Jährige ebenfalls eine
Betreuungsperson. Bei zumindest 3-Jährigen kommt auf sieben Kinder eine Betreuerin/ein
Betreuer. In den Kindergärten ist eine Hilfskraft erforderlich, wenn zumindest 17 Kinder in der
Gruppe sind; darunter ist keine Hilfskraft erforderlich. In Spielgruppen mit ausschließlich unter
3-Jährigen dürfen maximal neun Kinder gleichzeitig betreut werden, in Gruppen mit ausschließlich 3- bis unter 6-Jährigen 15 Kinder und in altersgemischten Gruppen für 0- bis unter
6-Jährige zwölf Kinder. In Spielgruppen ist wie bei den Kinderbetreuungseinrichtungen eine
Fachkraft nur je Einrichtung erforderlich. Gruppen für unter 3-Jährige benötigen eine Betreuungskraft, wenn maximal fünf Kinder in der Gruppe sind, bei größeren Gruppen sind es zwei
Kräfte. Für Gruppen mit Kindern ab 3 Jahren ist eine zweite Kraft ab acht Kindern erforderlich,
für altersgemischte Spielgruppen ab sieben Kindern. In der Schülerbetreuung können auch
Kinder vor dem Schuleintritt (ab 1,5 Jahren) aufgenommen werden.
42
ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Kurzbiografie des Autors
Mag. Norbert Neuwirth
Ökonom
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Österreichischen Institut für Familienforschung an der Universität Wien mit den Schwerpunkten demografische Entwicklungen, Kinderwunsch und Dynamik der Familienformen, Vereinbarkeit von Erwerb und Familie, Kinderarmut, Elementarbildung sowie volkswirtschaftliche Analysen steuerlicher und familienpolitischer Maßnahmen.
Koordinierender Gesamtprojektleiter des Generations and Gender Programme (GGP) für Österreich sowie Koordinator des 6. Österreichischen Familienberichts.
Kontakt: norbert.neuwirth@oif.ac.at
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ÖIF Forschungsbericht 42 | Kostenschätzung Ausbau Elementarbildungsbereich | September 2021
Zuletzt erschienene Forschungsberichte des ÖIF
Erhältlich als PDF über die ÖIF-Homepage www.oif.ac.at/publikationen/forschungsberichte/
Geserick, Christine (2021): Die Personenbetreuung aus Sicht der Betreuten und Angehörigen.
Wien: ÖIF Forschungsbericht 41.
Kapella, Olaf; Mazal, Wolfgang (Hrsg.) (2021, noch nicht erschienen): Aspekte der Qualitätssicherung in der schulischen Sexualpädagogik in Österreich. Wien: ÖIF Forschungsbericht 40.
Buchebner-Ferstl, Sabine; Dörfler-Bolt, Sonja; Geserick, Christine (2021): Zum Wohl des Kindes. Konzeptualisierung des „Kindeswohls“ aus unterschiedlichen Perspektiven. Wien:
ÖIF Forschungsbericht 39.
Baierl, Andreas (2021): Wissenschaftliche Beschäftigungsverläufe an österreichischen Universitäten. Eine Datengrundlage für Entscheidungen von Politik, Universitäten und Wissenschaftler/innen. Wien: ÖIF Forschungsbericht 38.
Die Forschungsberichte 35 bis 37 sind noch nicht erschienen.
Buchebner-Ferstl, Sabine; Geserick, Christine; Kaindl, Markus (2020): Elternbildung im
digitalen Zeitalter. Chancen – Risiken – Grenzen. Wien: ÖIF Forschungsbericht 34.
Mazal, Wolfgang (Hrsg.): Dörfler, Sonja; Greiner, Ben; Kittel, Bernhard; Sausgruber, Rupert;
Schwaninger, Manuel; Spitzer, Florian (2020): Verhaltensökonomie und die Vereinbarkeit von Familie und Erwerb. Mögliche Anwendungen mit Fokus auf Väterbeteiligung und
die Gewährleistung von Vereinbarkeit auf Unternehmensseite. Wien: ÖIF Forschungsbericht 33.
Schmidt, Eva-Maria; Kaindl, Markus; Mazal, Wolfgang (2020): Frauen in der Arbeitswelt. Erwerbsarbeitszeitmodelle und deren Potenzial für Frauenförderung und Geschlechtergleichstellung. Wien: ÖIF Forschungsbericht 32.
Dörfler, Sonja; Kaindl, Markus (2019): Gender Gap in der politischen Partizipation und Repräsentation. Ein internationaler Vergleich und die Situation von Frauen in der österreichischen Kommunalpolitik. Wien: ÖIF Forschungsbericht 31.
Buchebner-Ferstl, Sabine; Geserick, Christine (2019): Demenz und Familie. Wien: ÖIF
Forschungsbericht 30.
Kapella, Olaf; Rille-Pfeiffer, Christiane; Schmidt, Eva-Maria (2018): Evaluierung des BundesKinder- und Jugendhilfegesetzes (B-KJHG) 2013: Zusammenfassender Bericht aller
Module und Beurteilung. Wien: ÖIF Forschungsbericht 29.
Kapella, Olaf; Rille-Pfeiffer, Christiane; Wernhart, Georg; Baierl, Andreas; Halbauer, Stefan
(2018): 2. Teilbericht der Evaluierung des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes (BKJHG). Wien: ÖIF Forschungsbericht 28.
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