Reinhard sernbeck
Zugänge zu technologischem Wissen und
Wissenstechniken
Zusammenfassung
uer seitrag entwickelt eine sestimmung des Zusammenhangs von Technik und Wissen
im Rahmen der yabermas’schen Theorie des kommunikativen yandelns, wobei der Unterschied zwischen praktischem und diskursivem Wissen im Mittelpunkt steht. rls znstrumentarium zur rnalyse historisch spezifischer wälle technischen yandelns st2tze ich mich
auf die rnwendung von ,Operationsketten‘ und wende sie auf das Verzieren von sronzeund Kupferobjekten an. yierzu dienen zwei seispiele, das eine ethnoarchäologisch und
aus der heutigen S2dost-T2rkei, das andere archäologisch und aus dem eisenzeitlichen Urartu in Ost-rnatolien. uie rnalyse ergibt in beiden wällen, dass praktisches Wissen in worm
von rugenmaß im rblauf der Produktion eine wichtige Rolle spielt. Konsequenzen f2r die
Strukturierung der technischen Kooperation werden erörtert.
Keywordsk Praktisches und diskursives Wissenl xeschicklichkeitl Operationskettel rugenmaßl Urartul Toreutikl vthnoarchäologie
This article discusses the relationship of technology and knowledge in the framework of
yabermas’ theory of communicative action. wor this, the distinction between practical and
discursive knowledge is central. rs a tool for the analysis of historically specific cases of
technological actions, z draw on the concept of the ‘operational chain’ and apply it to the
decoration of bronze and copper objects. z draw on two examples, an ethno-archaeological
study from today’s southeastern Turkey, and an archaeological context from the zron rge
kingdom of Urartu in eastern rnatolia. The analysis reveals that practical knowledge plays
an important role in the course of productive processes, the main element being skills in
eyeballing. zmplications for the structuring of cooperation in technology are discussed.
Keywordsk Practical and discursive knowledgel skilll operational chainl eyeballingl Urartul
toreuticsl ethnoarchaeology
sarbara rrmbruster, yeidemarie vilbracht, Oliver yahn, Orsolya yeinrich-Tamáska (eds.) |
Verborgenes Wissenk znnovation und Transformation feinschmiedetechnischer vntwicklungen im diachronen Vergleich | serlin Studies of the rncient World (zSsN
- - - l
URN urnknbnkdekkobvk
-fudocsdocument
- ) | www.edition-topoi.de
zch danke den drei yandwerkern in Şanlıurfa f2r ihre vrlaubnis der rufzeichung von f2r
sie alltäglichen lebensweltlichen Vorgängen. Lujain yatahet setzte die Skizzen aus Şanlıurfa
in xraphiken um. Sarah Kielt tostello und Susan Pollock 2berließen mir die ethnographischen Notizen zur Publikation. Susan Pollock und Maresi Starzmann sei gedankt f2r eine
kritische uurchsicht des Textes.
Statt einer Einleitung: Technologie heute
„w2llet die vrde und machet sie euch untertan“, fordert das such xenesis des rlten Testaments im . Kapitel, Vers , auf. uieses tredo durchzieht den wissenschatlichen uiskurs 2ber Technologie bis in unsere Tage. yistorisch sind die rnfänge dieser semächtigung der vrde sicherlich im Neolithikum zu suchen, als die vinstellung gegen2ber den
Kräten der Natur sich fundamentaler wandelte, als wir es heute erfassen können. Max
yorkheimer bemerkte zu diesem Vorgangk „uer Mensch teilt im Prozeß seiner vmanzipation das Schicksal seiner 2brigen Welt. Naturbeherrschung schließt Menschenbeherrschung ein.“b uie vmanzipation von der Natur fand, glaubt man der International
Commission on Stratigraphy, in den letzten bis
Jahren ihr ,erfolgreiches‘ vnde. uiese
Vereinigung schlug nämlich im Jahre
vor, das vnde des yolozäns und den rnfang
eines ,rnthropozäns‘ in die zweite yälte des . Jahrhunderts beziehungsweise das fr2he . Jahrhundert zu setzen.c uamit ist die Menschheit in eine Machtsituation geraten,
die wir aus der Mythologie f2r antike xöttergestalten schon kennenk uie Welt wird f2r
uns selbst zu einer formbaren Urmasse, wie im mesopotamischen Schöpfungsmythos
die Salz- und S2ßwasser rpsu und Tiamat, oder im alten Ägypten der Urschlamm. Wir
können mittlerweile neue Materialien kreieren, die wir dann xott-ähnlich in gute und
schlechte, bedrohliche und n2tzliche rspekte trennen. Wir können sogar uns selbst ein
neues uesign geben. Philosophznnen zwischen weminismus,d Techniksoziologiee und
Sozialreaktionf feiern diesen Prozess als aus dem xefängnis des Mensch-Seins und des
yumanismus herausf2hrende sefreiung.
uie zweifellos großen menschlichen Möglichkeiten, die Natur kulturell zu formen,
haben ihre Schattenseiten. uas xrauen der menschlichen wehlplanungen wird heute
vielfach rhetorisch in ein ,Zur2ckschlagen‘ der Natur gewendet. vs gen2gen Namen
und segriffe wie wukushima, Deep Water Horizon und Treibhauseffekt, um die uialektik
b yorkheimer
,
.
2 trutzen und Stoermer
d yaraway
.
.
e Latour
.
5 Sloterdijk
.
ä
des langfristigen Vorgangs einer technologischen vinverleibung der Natur in die Kultur
zu verstehen. Philosophen von Theodor rdornog und x2nter rndersh bis Paul Virilioi
warnen vor der Verselbständigung der Technik. Jeder seitrag zu einer xeschichte von
Technik und Technologie muss heutzutage in diesem Rahmen gesehen werden.
Wenn es im wolgenden um sehr kleinteilige Vorgänge technischer Routinen geht,
so stehen auch diese im Spannungsfeld solcher global-lokalen Verhältnisse. zch werde zunächst Wissensformen erörtern, die im sereich des Technischen eine große Rolle
spielen, um hierdurch eine Systematik des „verborgenen Wissens“ antiker Techniken zu
erstellen. rusgangspunkt sind dabei notwendig heutige Verhältnisse mit ihren spezifischen Relationen von Technik, Wissen und Macht, von denen abstrahiert werden muss,
um historisch ganz anders gelagerte sedingungen 2berhaupt erfassen zu können. rnschließend an diese uiskussion wende ich mich einem aus der S2dost-T2rkei stammenden ethnoarchäologischen seispiel der Metallbearbeitung zu. Schließlich diskutiere ich
die Konsequenzen f2r die rnalyse archäologischen Materials und komme am Schluss
auf Technik als yandlungswissen zur2ck.
Wissen und Technik
uie wähigkeit, die Welt mehr zu formen als in ihr zu leben, hat ihren Ursprung großenteils im technischen Wissen. Technik kann schwerlich ohne die ser2cksichtigung von
Wissen untersucht werden, wobei Wissen immer auch Macht und seherrschung impliziert.9 zch werde im wolgenden eine kurze segriffsdifferenzierung im sereich ,Technik‘
erörtern und dann die Relationen zwischen Technik und Wissen genauer in rugenschein nehmen.
Um Missverständnisse zu vermeiden, möchte ich zunächst kurz ,Technik‘ von ,Technologie‘ und ,Technisierung‘ als segrifflichkeiten unterscheiden. vs liegt mir jedoch
fern, eine weitreichend anwendbare uefinition liefern zu wollen, denn das semantische
weld um segriffe, die mit der urspr2nglichen griechischen technè zusammenhängen,
ist so komplex geworden, dass sedeutungseingrenzungen nur jeweils kontextbezogen
sinnvoll erscheinen.ba Wenn diese segriffe heute unklar geworden sind, so ist dies auf
den vinfluss des in diesem sereich schwammigen anglophon-sozialwissenschatlichen
Vokabulars zur2ckzuf2hren, das nur das Wort technology kennt und technique selten als
ein aus dem französischen 2bernommenes wremdwort nutzt.bb uer segriff Technik soll
6 rdorno
7 rnders
8 Virilio
.
.
.
9 Siehe aber Latour
,
–
.
ba Siehe aber uobres
, – .
bb sijker, yughes und Pinch
, , rnm. .
hier eine spezifische rrt von Transformationen beschreiben, deren Ziele relativ abgegrenzt sind. yandwerk ist eine Technik, aber auch die Nutzung des Körpers bei Sportarten. Techniken sind in der Regel wahrnehmbar als zielgerichtete yandlungssequenzen mit einem zeitlichen rnfang und vnde. yingegen bezeichnet Technologie den Logos, die xesetzmäßigkeiten dieser Vorgänge. Technisierung schließlich meint einen von
yans slumenbergbc thematisierten „Prozess der Veränderung von Selbst und xesellschat durch Technologien“.bd
Technik ist in unseren Zeiten getrieben von einer ganz bestimmten rrt der Vernunt und Weltwahrnehmung, nämlich der instrumentellen Rationalität. uas, was bei
Max Weber als Zweckrationalität,be bei yannah rrendtbf und J2rgen yabermasbg als
instrumentelle Vernunt erörtert wird, beschreibt moderne vinstellungen zur Technik
insgesamt. uer Schwerpunkt liegt auf einem uenken und yandeln, bei dem Zwecke
immer gleichzeitig als Mittel weiter gedacht werden. uie Welt des heutigen homo faber
kennt keine Objekte, die um ihrer selbst willen existieren. uas vndprodukt eines rrbeitsvorgangs ist zugleich immer schon Mittel f2r zuk2ntige yandlungen.bh Zudem
ist, im Sinne Webers, f2r die vrreichung der Zwecke das kalkulierende rbwägen alternativer Mittel entscheidend.bi uabei wird nicht allein der Zweck gesetzt, um ihn dann
unbedingt zu erreichen, sondern die ruswahl der Mittel beeinflusst entscheidend die
Qualität des Zweckes selbst.
vs wäre nun aber ganz falsch, sich technische Prozesse als rein auf der Logik der znstrumentalität, also der Optimierung des Zweck-Mittel-Verhältnisses beruhende xebilde vorzustellen. uies w2rde zwar der Kategorisierung entsprechen, die yabermas in der
Theorie des kommunikativen yandelns vornimmt, wo es heißtk „vine erfolgsorientierte yandlung nennen wir instrumentell, wenn wir sie unter dem rspekt der sefolgung
technischer yandlungsregeln betrachten und den Wirkungsgrad einer zntervention […]
bewerten.“b9
uiese abstrakte uefinition muss aber ergänzt werden. vrstens wird eine solche vinstellung in der Praxis immer von sozialen Relationen getragen, die aus zwischenmenschlicher Kooperation beziehungsweise hierarchischen rnstellungsverhältnissen bestehen.
uies beinhaltet Machtverhältnisse im technisch-produktiven sereich, die yabermas in
seiner yandlungstheorie als ,strategisch‘ charakterisiert (Tab. )kca Menschen werden
zu Mitteln f2r Produktionszwecke. uies ist das traditionelle Verständnis der Situation
von Menschen im Produktionsprozess, wie wir es auch schon in Marx‘ rnalyse der politischen Ökonomie finden. uie historische Spezifizität dieses Verständnisses wird deutb2
bd
be
b5
b6
slumenberg
, – .
M2ller
, .
Weber
, .
rrendt
,
–
.
yabermas
,
–
.
b7
b8
b9
2a
rrendt
,
.
Weber
, l yabermas
yabermas
,
.
yabermas
,
, wig. .
,
.
ä
Zugrunde liegende Relation
Erfolgsorientiert
Verständnisorientiert
rls Zweckk vndprodukt
Subjekt – Objekt
rls Mittelk Werkzeug
znstrumentelles yandeln
,auratisch‘, z. B.
magische Handlungen
Subjekt – Subjekt
rls Zweckk gezielte Subjektivierungsformen (Schulungen etc.)
Strategisches yandeln
Kommunikatives
yandeln
rls Mittelk rrbeiterznnen, Sklaverei
Tab.
Zu yabermas’ Kategorisierung von yandlungen samt einem vrgänzungsvorschlag (kursiv).
lich, wenn wir uns vor rugen halten, dass heutzutage der Mensch selbst in den von
rrendt beschriebenen Kreislauf vom „Zweck als Mittel“ geraten ist. uies hat vor allem
mit dem tiefgreifenden Strukturwandel des Übergangs zur ,Wissensgesellschat‘ zu tun.
uer Mensch ist gleichzeitig Zweck einer Schulungs-, toaching- und wortbildungsindustrie als auch Produkt dieser Vorgänge, was ihn in toto zum optimiert einsetzbaren Mittel
im kapitalistischen Produktionsprozess macht.cb uas Wirtschatssystem greit nach dem
„nackten Leben“, wie xiorgio rgamben dies nennt.cc
zm xegensatz zu diesen (post-)modernen Zuständen ist noch nicht komplett maschinisierte Technik in yandlungsdimensionen eingebettet, die yabermas als „verständigungsorientiert“ bezeichnet. Kurioserweise will er diese Orientierung allein im sereich intersubjektiver Verhältnisse ansiedeln.cd uies liegt an der zu engen uefinition
des kommunikativen yandelnsk „Verständigung gilt als ein Prozeß der vinigung unter sprach- und handlungsfähigen Subjekten“.ce zch habe schon an anderer Stellecf darauf hingewiesen, dass eine Leerstelle in der yabermas’schen yandlungssystematik die
Verständigungsorientierung in Verhältnissen zwischen Subjekten und Objekten ist. uie
seziehung von Menschen zu ihrer nicht-menschlichen Umgebung kann durchaus den
tharakter des Kommunikativen annehmen, was ich hier anhand kurzer seispiele nochmals erörtern möchte.
vine yopi-Töpferin beschreibt den Vorgang des wormens von xefässen folgendermaßenk
The Potter breathes life into the lump of clay, [...] and the clay says ‘make me
beautiful, make me what z am supposed to be’ [...] rnd so as the Potter z talk
2b yartmann und xeppert
22 rgamben
, – .
2d yabermas
,
.
,
–
.
2e yabermas
25 sernbeck
,
,
.
–
.
to the clay at every step. The clay becomes a living being, when z put it in my
hand.cg
yier ist deutlich eine verständigungsorientierte uimension der seziehung zwischen
Subjekt (Töpferin) und Objekt (Ton) gegeben. uas in diese Verhältnisse eingehende Wissen kann zwar im akademischen sereich beschrieben werden, es steht aber der rationaltechnisierten rrgumentation der Wissenschat diametral entgegen. Um dieser rrt der
yerstellung von uingen auch nur annähernd gerecht zu werden, m2ssten wir unsere
eigene vinstellung zunächst einmal ,ent-technisieren‘, was auch das Paradox nach sich
zieht, die xrundlagen des wissenschatlichen uiskurses zum Zwecke einer wissenschatlichen rnalyse verlassen zu m2ssen.
uiese alltägliche Subjektivierung des wissenschatlich Objektiven durchzieht aber
auch moderne xebrauchsverhältnisse. uenn rutos, tomputer, somben und ähnliches
werden ot auf individuelle Namen getaut.ch Zudem schlägt sich die menschliche Tendenz zur Subjektivierung des Objektiven vielfach in literarischen Werken nieder, wie
etwa in yermann yesses vergn2glichem Gespräch mit einem Ofen.ci
sei der wrage nach „verborgenem Wissen“ in der antiken Metallverarbeitung ist
dieses potenziell vorhandene Verhältnis von Menschen und ihrer xegenstandswelt zu
ber2cksichtigen. r. sernard Knapp und Vincent Piggott haben dies f2r den sereich
des vrzabbaus angedeutet, basierend vor allem auch auf ethnographischen serichten.c9
uoch auch hiermit haben wir bei weitem noch nicht die uimensionen des in yandwerken wie der antiken Metallverarbeitung vorhandenen Wissens ausgeschöpt. uenn
die gerade aus der deutschen Soziologie stammenden handlungstheoretischen rnsätze sind, wie schon erwähnt, aufgrund ihrer Sprachfixierung rettungslos einseitig. uer
diskurszentrierte Wissensansatz hat im praktischen Wissen, welches ich im wolgenden
erörtern möchte, sein Komplement. uabei handelt es sich um den meines vrachtens
wichtigsten rspekt ,verborgenen Wissens‘. Praktisches Wissen zeichnet sich dadurch aus,
dass es nicht versprachlichbar ist beziehungsweise dass es in der Versprachlichung seinen
tharakter fundamental ändert. uaher hatte Michael Polanyi, der sich als erster damit
intensiv auseinandersetzte, diese Wissensform treffend als „tacit knowledge“ bezeichnet.da
26 Qöyawayma
.
27 w2r rutos s. httpsk//www. averbrauchermagazin.de/mobilitaet/immer-mehr-autos-werdengetaut# (besucht am . .
)l man erinnere sich auch an „Little soy“ and „wat Man“, die
beiden 2ber yiroshima und Nagasaki abgeworfenen
rtombomben.
28 yesse
,
–
.
29 Knapp und Piggott
. Siehe auch Taussig
l
yerbert
, –
.
da Polanyi
l siehe wischer und Mandell
.
ä
uiskursives Wissen
Praktisches Wissen
Objektivierung
rrchiv, sibliothek, uatenbank
rlltagshandlungen und deren
materielle Reste
Modus
symbol. Repräsentation, externalisiert
Verkörperung, internalisiert
Quellenart
Text, uiagramm, sild
xegenstand
Handlungseinstellung
reflexiv
routiniert-unhinterfragbar
Temporale Kontinuität
nicht gegeben oder notwendig
rhythmisierter rblauf
Lern-Modus
generativ (kontextunabhängige Regeln)
mimetisch
Bevorzugte wiss. uisziplin
yistorie (Technologiegeschichte)
rrchäologie (Technikgeschichte)
Tab.
Schematisierung der Unterschiede zwischen diskursivem und praktischem Wissen f2r die auf Vergangenheit fokussierten wissenschatlichen uisziplinen.
.
uiskursives Wissen
w2r eine segriffsklärung ist es sinnvoll, diskursives und praktisches Wissen zunächst als
zdealtypen zu beschreiben, die allerdings meist der yintergrund ein- und derselben realen yandlungen sind. Wenn wir heute im rlltag 2ber Wissen reden, so meinen wir in
der Regel diskursives, versprachlichtes Wissen.db uieses tritt uns materialisiert als sibliothek, rrchiv, uatenbank, s2cherladen, als Wikipedia und Video-rufnahme entgegen.
vs handelt sich um ein Wissen, dessen prinzipieller Modus sprachlich, jedenfalls aber
zeichenhat ist. Symbolsysteme und uiagramme sind hier also inbegriffen (Tab. ).
Während eine Objektivierung solchen Wissens seit dem Paläolithikum in sildern
vorhanden ist, wurde mit der znnovation der Schrit im alten Westasien im späten .
Jahrtausend v. u. Z. eine neue Qualität der xenauigkeit des Objektivierens des uiskursiven erreicht. Seit der europäischen Kolonialzeit wurde diese Technik nicht nur globalisiert, sondern der Kapitalismus f2hrte zudem zu einer Proliferation neuer Objektivierungstechniken, deren vnde nicht abzusehen ist. vlektronische Text- und sildträger
ersetzen zunehmend traditionelle Quellen wie s2cher, westplatten nehmen die Stelle
von sibliotheken und sildarchiven ein. tomputer als zndividualbesitz sind daf2r verantwortlich, dass solches Wissen und Kognition mittlerweile dominant als ,speicherbar‘
konzeptualisiert werden. uiskursives Wissen ist in sytes quantifizierbar und f2llt im abstrakten Sinne als qualitätslose Masse elektronische sehälter wie einst Weizen ein Silo.
db uie yumboldt’sche ruffassung, dass Sprache und
Wissen nicht wirklich zu unterscheiden seien, lässt
sich im rngesicht neuerer worschungen aus der Kul-
turanthropologie, Philosophie und Psychologie
nicht mehr aufrecht erhalten (Rosch
l Pinker
).
tomputer-Metaphern verändern entscheidend unsere Wahrnehmung des diskursiven
Wissens. Selbst persönliche vrinnerung wird heute ot als xriff in die mentale yardware und damit metaphorisch als aus dem Körper externalisiert beschrieben.dc
uem diskursiven Wissen wird unterstellt, grundsätzlich hinterfragbar und problematisierbar zu sein, da es ja als versprachlichtes beziehungsweise versprachlichbares Wissen im uialog als falsch oder richtig, besser oder schlechter, komplex oder vereinfachend
diskutiert werden kann. Nur ideologische rpparate oder schiere Repression können
derartige reflexive Potenziale verhindern, die tendenziell den Status Quo gefährden. Wo
solches Wissen in den technischen sereich hineinragt, kann es präskriptiv rnleitungen meinen, oder deskriptiv technische yandlungen nachvollziehen. uamit ergeben
sich auch intergenerationelle beziehungsweise laterale Transfermöglichkeiten solchen
Wissens, die auf Rezepturen beruhen. Lernen ist damit in diesem sereich ot generativ, es besteht daraus, sich kontextunabhängige Regeln anzueignen, die dann flexibel
und situationsspezifisch anwendbar sein sollen.dd wassen wir dies zusammen mit der
uefinition von Technik und Technologie, dann wird eine Technik-xeschichte, die auf
diskursivem Wissen aubaut, fast immer automatisch zu einer Technologiegeschichte,
also einer xeschichte des historisch jeweils sprachlich bewussten Logos der Technik,
nicht aber ihrer Praxis.
.
Praktisches Wissen
uer segriff des praktischen Wissens bezieht sich auf eine kategorisch andere rrt des
Wissens, die vor allem im rlltagshandeln zum Zuge kommt. Präzise beschreibt Tim
zngold praktisches yandeln am seispiel des w2hrens einer Säge beim rnsägen eines
sretts.de uie rktion wird durchgef2hrt, ohne dass man 2ber das Verhältnis der beteiligten vinheiten nachdenken m2sse, also das Werkzeug, das Objekt des Sägens und den
menschlichen Körper, da sie synergistisch und untrennbar arbeiten. Polanyi nutzte das
seispiel des Radfahrens, um den Unterschied zwischen diskursivem Regelwissen und
praktisch-verkörpertem Wissen deutlich zu machen.df Praktisches Wissen wird von rnthony xiddens einem „praktischen sewusstsein“ zugeschrieben,dg welches es uns erst
erlaubt, bestimmte yandlungen unreflektiert auszuf2hren. Pierre sourdieu bezeichnet
dieses Wissen in rnlehnung an rugustinus als docta ignorantia, gelehrte Unwissenheit,
die wir m2hsam durch imitierendes Üben in unseren Körper so einschreiben, dass darauf basierende Praktiken routiniert und selbstverständlich ablaufen (vgl. Tab. ). ueshalb ist ein yauptmerkmal des praktischen yandelns das, was sourdieu yexis nennt,dh
d2 Siehe dazu Joerges
,
dd Siehe sureau und Saivre
de zngold
, – .
–
.
.
d5 Polanyi
d6 xiddens
d7 sourdieu
,
.
, – .
,
–
.
ä
die Verkörperung von yandlungsfähigkeiten.di uas Körperliche des praktischen Wissens zeigt sich auch darin, dass Reflexion im yandeln das intendierte vndprodukt geradezu zerstören kann.d9 So kann die ,Produktion‘ eines Klavierkonzertes nicht funktionieren, wenn die K2nstlerin 2ber den Tastenanschlag nachdenktl die musikalische Seite
zerfällt dann schlicht.ea
sourdieu ist derjenige Wissenschatler, der das Paradox einer sprachlichen uarstellung des nicht Versprachlichbaren in unserer und in fremden Lebenswelten am scharfsinnigsten thematisierte.eb zn einer vthnographie der Kabylen beschreibt er neben dem
rlltag eindringlich, wie radikal sich die vinf2hrung kapitalistischer xeldwirtschaten
auf die Lebenswelt kolonisierter Völker auswirkte, deren Tätigkeiten plötzlich messbar
und kalkulierbar werden sollten.ec
uas internalisiert-praktische Wissen kann genauso wenig im Sinne der tomputermetapher als eine quantifizierbare Speicherware angesehen werden wie das diskursive.
uenn die ,vinschreibung‘ des praktischen Wissens in den Körper, die dazu f2hrt, dass
rlltagshandlungen fraglos in großer xeschicklichkeit ablaufen können, geht bei nur
sporadischer uurchf2hrung verloren. Skill, wie dies in der kulturanthropologischen Literatur genannt wird,ed kann inkorporiert und modifiziert werden, aber auch partiell
oder komplett verloren gehen.ee Von besonderer sedeutung f2r eine Technikgeschichte
ist, dass xeschicklichkeit oder eine bestimmte, erforschbare Qualität praktischen Wissens nicht aus schritlichen oder bildlichen Quellen, sondern nur aus den im Zuge des
praktischen yandelns erzeugten materiellen Resten erschlossen werden kann. uenn
dieses yandeln bleibt, wie erwähnt, der symbolischen Repräsentation fast gänzlich verschlossen.
vs wird ot gemutmaßt, dass praktisches Wissen einfacher strukturiert sei als sprachliches. uer vindruck entsteht aus zwei xr2nden, tr2gt aberk vinerseits wurden im Zuge
der zndustrialisierung komplexe rrbeitsabläufe in Maschinen objektiviert, so dass Menschen, wie Marx sich ausdr2ckte, „lebendige rnhängsel“ef der Maschinen wurden. uie
Unterwerfung immer weiterer Lebensbereiche unter die instrumentelle Vernunt hat
uns längst in ein yandlungskorsett gezwungen, das linearisiert und segregiert ist, und
damit „weniger komplex“ als das älterer xesellschaten.eg vin weiterer xrund f2r die
Simplizitätsunterstellung des praktischen Wissens ist, dass die rnalyse und seschreibung des praktischen yandelns eigentlich eine Unmöglichkeit ist, da die „praktische
Matrix“ mit der theoretischen Vernunt des Verallgemeinerns und Reduzierens schlicht
d8 Zu einem ganz anderen, politischen Verständnis des
Sartre’schen segriffs der yexis s. uath und Kirchner
, – .
d9 tollins
,
.
ea Sudnow
, – .
eb sourdieu
l sourdieu
.
sourdieu
.
zngold
,
–
l zngold
.
sernbeck
,
–
.
Marx
[
],
l siehe auch Sennett
– .
e6 Latour
,
.
e2
ed
ee
e5
,
unvereinbar bleibt.eh Jeder Versuch der exakten seschreibung von yandlungsabläufen
im Sinne einer Logik der Praxis kommt der sorges’schen seschreibung der xeographen gleich, die immer genauere Karten fordern und schließlich eine im Maßstab k
herstellenl eine rbsurdität. Mithin ist auch eine Theorie der Praxis ein paradoxes Unternehmen.
Zwei weitere Unterscheidungen des diskursiven und des praktischen Wissens sollen
abschließend angesprochen werden (vgl. Tab. ). uer Zeitablauf des praktischen Wissens
gestattet nur an wenigen Punkten einen vinhalt. uie meisten Vorgänge kommen am
besten durch eine kontinuierlich ablaufende Performanz zustande.ei uagegen spielt die
Zeit im diskursiven Wissen und zugehörigen yandlungen eine ganz andere Rolle, da
das dem menschlichen Körper nicht notwendig innewohnende Wissen je nach sedarf
mehr oder weniger ot ,abgerufen‘ werden kann. uie uatenbank und die sibliothek
erheischen keinen Nutzungsrhythmus, vinzelhandlungen können singulär, regelmäßig
oder stark gehäut autreten.
Weiterhin schlagen sich vxternalität und Verkörperung als zwei wichtige Unterscheidungsmodi von praktischem und diskursivem Wissen in einem sereich nieder, den
die rrchäologie gerade erst zu erfassen und untersuchen beginntk im Lernen. Wissen eignen wir uns an, und dies gilt selbstverständlich sowohl f2r diskursives als auch f2r praktisches Wissen. uer Lernmodus des praktischen Wissens ist mimetisch-nachahmend.
Man muss xesten und Konfigurationen von xesten repetieren, um praktisches Wissen
zu erlangen. vs wird hierdurch verkörpert zur yexis. uies ist leicht verständlich, denn
die rusf2hrung bestimmter Tätigkeiten muss ,automatisch‘, unreflektiert und kontinuierlich ablaufen können, um effektiv zu sein. Mimetisches Lernen ist geradezu die rustreibung genau der rspekte, die diskursives Wissen ausmachenk Reflexivität, Problematisierbarkeit, vxternalität. uas universitäre Lernen und worschen und alles diskursiv vermittelte Wissen ist im rnsatz eine Weitergabe von expliziten, kontextunabhängig wirkenden Regeln. zm xegensatz dazu macht mimetisches Lernen das Ungewohnte und
Ungewöhnliche zur fraglosen xewohnheit.e9
e7 sourdieu
, –
.
e8 vdmund yusserl hatte schon in seinen vinlassungen zum yandeln engere und weitere „Zeithöfe“
unterschieden. uie direkt der xegenwart folgende Zukunt wurde dabei als „Protention“ von der
in den weit entfernten Planungsbereich fallenden
„Projektion“ unterschieden, und der Protention
wurde eine symmetrisch in die Vergangenheit reichende „Retention“ zugeschrieben (sernet, Kern
und Marbach
, –
). xiddens
, ,
beschreibt letzteres Phänomen als „recall“ und bemerkt dazuk „Practical consciousness involves recall
to which the agent has access in the durée of action
without being able to express what he or she thereby ‘knows’“.
e9 znteressanterweise ist das vrlernen der Sprache und
damit der Voraussetzung f2r diskursives Wissen ein
rein mimetischer Vorgang, so dass auch die jeweilige
Muttersprache in der Regel als unproblematisierbarer Wissensfundus zur Verf2gung steht. Mimetisches
Lernen ermöglicht also erst generatives Lernen von
kontextunabhängigen Regeln (siehe dazu xiddens
, – ).
ä
Erfolg auch bei Vereinzelung möglich
Erfolg hängt von Ko-Präsenz ab
Aufgabensammlung
Reis-rnbau, vrntearbeiten
Menschliches sewegen schwerer
xegenstände
Aufgabenteilung
Metallurgie, Schafschur
Orchester-Konzert
Tab.
Kooperationsformen bei Tätigkeiten, die hauptsächlich auf praktischem Wissen basieren.
rnhand der tharakteristika des praktischen Wissens habe ich bislang einen sereich
verborgenen Wissens umkreist, der gerade im yandwerk eine wichtige Rolle spielt, dabei aber ein Thema ausgelassen, die Koordination von yandlungen, denen praktisches
Wissen unterliegt. uas Konzept praktischen Wissens als verkörpertes ist, so wie hier
dargestellt, individualistisch. vs gibt jedoch auch kooperatives yandeln auf der sasis
des praktischen sewusstseins. Wir können hierbei vier rrten der Kooperation unterscheiden, je nachdem, ob seteiligte alle dieselbe xestik oder unterschiedliche rufgaben
durchf2hren und ob vrfolg von Ko-Präsenz abhängt. vntweder dieselbe yandlung wird
von vielen gleichzeitig ausgef2hrt („rufgabensammlung“ in Tab. ), wie sich dies bei
vrntetätigkeiten und etlichen anderen landwirtschatlichen rktivitäten bis heute beobachten lässt, oder es handelt sich darum, dass ,alle am gleichen Strang ziehen‘, etwa beim
Mannschatsrudern.
Schließlich gibt es diejenigen rbläufe, bei denen sehr unterschiedliche, auch gleichzeitig ablaufende Tätigkeiten in einem vndprodukt zusammenfließen, wie dies beim
Metallhandwerk der wall ist. rm kompliziertesten sind die vreignisse, bei denen eine
Vielzahl unterschiedlicher yandlungen in Ko-Präsenz ablaufen muss, um zum vrfolg zu
f2hren. vin Orchesterkonzert ist ein paradigmatischer wall hierf2r, und es ist vielleicht
nicht erstaunlich, dass man die symbolische Koordination des praktischen yandelns an
uirigierende auslagert.
uer allzu schematischen Unterscheidung von diskursivem und praktischem Wissen, wie ich sie hier vorgenommen habe, steht die Verschränkung der beiden Wissensmodi in ein und derselben yandlung in der Realität gegen2ber. uiese analytische Trennung erlaubt es jedoch, einige zentrale wragestellungen einer rrchäologie der handwerklichen Tätigkeiten zu identifizieren, die „verborgenes Wissen“ erschließen helfenk
) xab es Verständigungsorientierungen im Verhältnis zwischen produzierenden
Subjekten und ihren rrbeitsgegenständenp Wenn ja, lassen sich diese Orientierungen
qualifizierenp
) sis zu welchem xrad stand technisches yandeln als explizites, verbal vermittelbares Wissen den versierten rnwenderznnen wie ein Skript oder eine Rezeptur zur
Verf2gungp
) Wie wurde verkörpertes Wissen intergenerationell und lateral weitergegebenp
) Welche Kooperationsformen des verkörperten Wissens kann man in spezifischen
historischen Konstellationen feststellenp
) Schließlich ist vielleicht die wichtigste wrage die nach der Methodek Wie lässt
sich praktisches yandeln (beziehungsweise diskursiv verankertes yandeln) anhand von
materiellen Resten rekonstruierenp
Nur die Rekonstruktion des direkten praktischen yandelns kann eine realistische
Technik-xeschichte hervorbringen, bei der nicht-diskursives Wissen eine yauptrolle
spielen muss. Und hier sind wir als rrchäologznnen ganz klar gefragt, denn die Quellen
einer solchen xeschichte m2ssen vergangene Objekte, nicht aber silder oder Texte sein.
Zur Methode der Analyse praktischen Wissens:
Operationsketten
Kontinuität und das zneinanderfließen von körperlichen xesten und uingen sind f2r
praktisches yandlungswissen typisch. xerade zur rnalyse ist es jedoch notwendig, diese Vorgänge artifiziell aufzubrechen und einzelne Stufen als Sequenzen von xesten zu
definieren. yierf2r bedient man sich in der rrchäologie des auf Marcel Mauss zur2ckgehenden, von rndré Leroi-xourhanfa zuerst formulierten Konzeptes der chaine opératoire oder Operationskette.fb uie urspr2ngliche rnwendung auf die Produktion von
Steingeräten hat insofern tiefgreifende ruswirkungen auf das Konzept, als es sich bei
Lithikherstellung um einen rein subtraktiven Vorgang handelt, bei dem es kein Zur2ckgehen auf fr2here rrbeitsstadien geben kann. uiese strikte temporale xerichtetheit
des urspr2nglichen seispiels schlägt sich dann auch in den uarstellungsmitteln nieder.
Man greit gerne zur uiagrammatik und damit zu nicht-sprachlichen uarstellungsweisen, was f2r praktisches Wissen vielleicht auch ganz angemessen ist.fc rllerdings ist die
uiagrammatik sehr viel normativer und vergröbernder als Texte, wodurch die rnalysen
von primär praktischen yandlungen in ihrer Komplexität und Vielfalt meist sehr stark
reduziert werden.
uie 2blicherweise kettenhaten uiagramme sind nicht unbedingt gänzlich linear, da mehrere yandlungsstränge an einem Punkt bei der wertigung eines Objekts zusammenlaufen, oder komplex miteinander verwoben sein können. uie Linearisierung
von yandlungen und der deskriptive tharakter der Operationsketten sind jedoch nach
Marcia-rnne uobres unbefriedigend,fd weil sie rspekte menschlicher Subjektivität wie
xender, rlter, vthnizität und andere soziale uimensionen zu wenig beachten und im
5a Leroi-xourhan
.
5b Vgl. salfet
l Sch2ttpelz
.
52 Vgl. Lemonnier
5d uobres
,
–
,
l Martinelli
.
,
–
.
ä
Technischen stecken bleiben, „imagining only disembodied hands […] skillfully going
about a very material business“.fe Sie fordert ein „vngendering“ der Operationsketten
um einen handlungstheoretischen Kern. xenau entgegengesetzt argumentiert die Actor Network Theory mit dem Prinzip eines „zn-Mitleidenschat-gezogen-Werdens“ durch
Operationsketten und einer „wechselweisen ,Passivität/rktivität‘ der menschlichen und
nicht-menschlichen Wesen“.ff uie wrage, ob Operationsketten eher Subjektivitäten konstituieren oder durch (menschliche) Subjekte konstituiert werden, kann und soll in unserem Zusammenhang nicht geklärt werden.
Vielmehr möchte ich im rnschluss zur zllustration eine direkt beobachtete yandlungssequenz im sereich der Metallverarbeitung in yinblick auf unser Thema „verborgenes Wissen“ analysieren. zch nutze dazu im wolgenden eine ethnoarchäologische Untersuchung, die ich im Jahre
mit Susan Pollock und Sarah Kielt tostello in Şanlıurfa in der S2dost-T2rkei durchf2hrte. uie hieraus zu ziehenden Schl2sse f2r die rrchäologie werden im rnschluss kurz dargestellt.
.
Zur heutigen Herstellung einer verzierten Kupferplatte
zm Jahre
leiteten Susan Pollock und ich die xrabung der spätneolithischen Komponente von Kazane yöy2k im S2dosten der T2rkei in direkter Nachbarschat zur Provinzhauptstadt Şanlıurfa.fg ua die xrabungsgenehmigung nicht rechtzeitig eintraf, verbrachten wir eine Weile wartenderweise vor Ort. uabei kamen wir auf die zdee, eine
kleine ethnoarchäologische Untersuchung zur yerstellung von Kupfergegenständen im
sazar von Şanlıurfa zu machen. Wie in solchen Ladenvierteln 2blich, gibt es in einer
2berdachten xasse eine ganze Reihe gleichartiger Werkstätten, die alle aus Kupferblech
xegenstände fertigen und verkaufen. zn der von uns besuchten Werkstatt von nur circa
, auf , Meter xrundfläche wurden rrbeiten der wormgebung und Verzierung sowie
sestellungen und Verkauf durchgef2hrt, nicht aber die yerstellung des Kupferblechs
aus Rohmaterial.
zn der Werkstatt arbeiteten drei Leute an der yerstellung von verzierten, runden
oder ovalen Kupferplatten (tepsi ) und anderen xegenständen aus Kupferblech. uie Platten waren wahrscheinlich urspr2nglich größer und wurden f2r mansaf, ein arabisches
Kollektivmahl, genutzt, das aus Reis, srot und yammelfleisch besteht.fh uie Umwandlung dieser tepsis in multifunktionale Objekte f2hrte im Laufe der zweiten yälte des
. Jahrhunderts zu rein ästhetischen Produkten, die sowohl an lokale Personen und
Vereine f2r yochzeiten, Sportveranstaltungen und so weiter, als auch an Touristznnen
5e uobres
,
.
55 Sch2ttpelz
,
.
56 sernbeck, Pollock und toursey
.
57 Şanlıurfa liegt an der Schnittstelle mehrerer Sprachbereiche, hauptsächlich des kurdischen und des arabischen, und hat historisch einen multikulturellen
tharakter.
verkaut werden. Wir hatten die drei Männer in der Werkstatt darum gebeten, eine von
uns zu erstehende runde Platte in ihrer yerstellung dokumentieren zu d2rfen. Zustimmung wurde uns gegeben, und wir erbaten eine Standardanfertigung, um seobachtungen machen zu können, die einigermaßen repräsentativ sein sollten.fi Während unserer
rnwesenheit in der Ladenwerkstatt am . und . Juli
war jeweils nur eine Person
zu einem Zeitpunkt tätig. uennoch wurde das Objekt von drei Leuten hergestellt, unter
denen eine ganz klare rrbeitsteilung vorlag (rbb. ).
Person , der Ladeninhaber, brachte aus einem im ersten Stock befindlichen Vorratsraum ein rundes Kupferblech von circa
cm uurchmesser herunter. vr setzte zu
seginn der rrbeiten auf dem slech den Mittelpunkt fest, zog mit dem Zirkel einen Kreis
und f2hrte die ersten sechs Verzierungen rund um den Mittelpunkt mit einer Punze aus.
uies dauerte keine Minute. vin fertiges slech stand in der vcke als Vorbild.
uann wurde die Platte an Person weitergegeben, der sich den yocker vor einem
rmboss so zurechtstellte, dass er daran länger w2rde sitzen können. uie folgenden vier
Minuten arbeitete er mit vier unterschiedlichen Punzen in einem cm-Radius um den
von Person markierten Mittelpunkt, wobei die rnzahl der Punzierungen sich mit zunehmendem rbstand vom Mittelpunkt schnell erhöhte. uanach benutzte er den Zirkel,
um einen neuen Kreis zu ziehen, und dann mit drei weiteren, bislang noch nicht verwendeten Punzen neue Verzierungen in das slech zu hämmern (rbb. ). zm nächsten
Schritt wurde mit einer f2nfzackigen Schablone (rbb. a) das nach außen reichende
weld regelmäßig aufgeteilt. uanach warf Person ein einziges Mal einen kurzen slick
auf die Vorbild-Platte (vgl. rbb. a). uer nächstgrößere Kreis wurde mit dem Zirkel
vorgezeichnet, um den Verzierungsraum weiter einzuteilen (rbb. ). Von den bislang
genutzten acht Punzen wurden im folgenden rrbeitsgang vier zum zweiten Mal genutzt, allerdings in anderer Reihenfolge als im znnenbereich, um weitere im Kreis sich
wiederholende Verzierungen vorzunehmen. uann wurde der außen liegende Kreis als
Linie punziert.
sislang waren alle Verzierungen Punzen, deren vnden aus schraffierten Ovalen,
sternähnlichen xebilden, Kreisen und anderen geometrischen wormen bestanden, wobei Musterelemente jeweils durch einen einzeln gesetzten Schlag zustande kamen
(rbb. r-y). Nach der Punzierung des äußeren Kreises wurde die Verzierung komplexer. uer yandwerker setzte eine leicht gerundete, lange Punze jeweils zweimal an,
um klammerartige xebilde zu erzeugen (rbb. Jl rbb. ), die dann außen durch kleinere gerundete Punzierungen abgeschlossen (rbb. K) und innen mit der Punze mit
58 zch bin mir der Unzulänglichkeiten eines solchen
Vorgehens durchaus bewusst (zur Kritik solcher ad
hoc-vthnoarchäologie siehe Stahl
,
–
).
rufgrund der mehr als Jahre, in denen wir im
Sommer Şanlıurfa und seinen sazar während xrabungen regelmäßig, wenn auch nicht lange besuchten, ist die Repräsentativität des Objektes einigermaßen gesichert.
ä
Abb.
Skizze der Ladenwerkstatt, in der die Kupferplatte hergestellt wurde.
Abb.
Nutzung eines
Zirkels am rnfang des
Punzierungsvorgangs.
Abb.
a. f2nfzackige Schablone
f2r die wlächeneinteilung der Plattenverzierung, b. wisch-Schablone
f2r znnenverzierung.
ä
Abb.
Nutzung eines großen
Zirkels zum Vorzeichnen äußerer
Punzierungen.
Ovalschraffur (vgl. rbb. w) gef2llt wurden. vine sternförmige Punze wurde ebenfalls
als w2llelement zwischen den größeren Motiven im äußeren weld genutzt (rbb. ul
rbb. ).
Nunmehr waren seit seginn der rrbeit Minuten vergangen. Person nahm das
Objekt aus der yand von Person und schlug es fest auf einen der yolzböcke. uanach setzte Person die Verzierungsarbeiten fort. Zunächst wurden f2nf wischef9 mit
einer Schablone (vgl. rbb. b) entlang der Linien eingezeichnet, die zuvor mittels des
sternartigen Metallgegenstands (vgl. rbb. a) angelegt worden waren. uann wurden
die Konturen der wische mittels langer, gerundeter Punzen (rbb. L) ausgef2hrt, um
dann die größeren znnenteilungen wie den Trenner zwischen wischkörper und -schwanz
beziehungsweise -kopf zu markieren (rbb. M, Ol vgl. rbb.
a, b). uanach folgten
wlossen, Schuppen und Schwanzschuppenmarkierung mit je unterschiedlichen Punzen
(rbb. N, P, Q). uiese rrbeit dauerte f2r alle f2nf wischfiguren f2nf Minuten.
vine kurze Pause diente der R2ckversicherung, bevor die rrbeit an floralen Ornamenten zwischen den wisch-Punzierungen weiterging (rbb. ), wof2r zwei noch nicht
59 wische sind auf älteren Platten aus Şanlıurfa nicht
dargestellt. uiese stellen die heiligen Karpfen der
wischteiche dar, des Balıklı Göl (zum religionsgeschichtlichen yintergrund siehe urijvers
). uas
znteresse an den wischteichen hat einerseits mit internationalem Tourismus zu tun, ist aber zum Teil
auch vrgebnis zunehmender innert2rkischer Pilgerfahrten nach Şanlıurfa.
Abb.
Punzen r-T, die f2r die Verzierung der Kupferplatte verwandt wurden.
benutzte (rbb. z, R) und andere schon eingesetzte Punzen (rbb. v, w, yl rbb. ) verwendet wurden. uanach wurden zwei bislang nicht verwandte Punzen mit Vogel- beziehungsweise wischmuster (rbb. S, T) herangezogen, um in wreihand-Manier kleine
vlemente regelmäßig zwischen die wische und Pflanzen im uekorationsfeld zu verteilen.
Nach genau
Minuten war der gesamte Verzierungsvorgang beendet.
ä
Abb.
Punzierung klammerförmiger Motive am äußeren
Verzierungsrand der Plattel das
Vorbild f2r die zu verzierende
Platte ist teils hinter dem linken
rrm des yandwerkers sichtbar.
Abb.
Ornamentierung der
klammerförmigen Motive mittels
einer kleinen sternförmigen
Punze als dreifach genutztes
w2llelement.
semerkenswert ist, dass der yandwerker nur zweimal eine ganz kurze Pause machte,
dass also Reflektieren 2ber die Reihenfolge der Punzen fast gar nicht notwendig war.
Noch erstaunlicher ist, dass auch das yerausgreifen bestimmter Punzen aus einem Sammelsurium von insgesamt
Punzen (rbb. ) keinerlei Überlegung erforderte.
Nach dieser rrbeit wurde das slech, bislang ohne ausgearbeiteten Rand, f2r den
Rest des Tages beiseitegelegt und nicht weiter bearbeitet (rbb. ). vrst am nächsten
Abb.
Punzierung floraler
Muster zwischen wisch-Motiven.
Tag nahm eine dritte Person die rrbeit auf, um den Rand der Platte zu formen, wozu
drei unterschiedliche yämmer verwandt wurden. Zunächst schlug er die Platte mit einem Klopholz auf einer Metallunterlage gerade (siehe dazu rbb. ). uarauhin wurde
der langnasige yammer r dazu benutzt, einen leicht gerundeten Rand zu formen. uies
geschah durch viermaliges Vorgehen im Rund. Mit jeder Runde wurde der Rand etwas
mehr hochgebogen, worauhin mit einem yammer s (größere Version von yammer
r) der Rand flach geschlagen wurde. Zwischendurch wurde die Platte erneut mit dem
Klopholz flach geschlagen, wonach der Rand nochmals mit dem Metallhammer r zur
Kaltverfestigung bearbeitet wurde. uanach verwandte Person einen Zirkel als Messinstrument, um eine gleichmäßige yöhe des rund geschlagenen Randteils sicherzustellen,
wonach er 2bersch2ssiges Metall am Rand abschnitt. uann bog er den obersten Teil des
Randes mit yammer r nach außen um und arbeitete ihn mit yammer t innen nach.
vine Runde mit dem Klopholz wurde gefolgt vom Umfalten des Randes, so dass die
äußerste Metallkante sich außen unter dem Rand befand, wonach dieser waagerechte
Rand mehrmals mit yammer s, dann mit dem Klopholz nachbearbeitet wurde.
ä
Abb.
Photo der komplexen Punzen, die zum Teil ganze Motive darstellen.
Abb.
Schale mit simplen
Punzen, die bei der Verzierung
verwandt wurden.
Abb.
Sicht ins znnere der
Ladenwerkstattl die Platte mit gerade fertiger Verzierung befindet
sich hinter einer visenstrebe im
yintergrund.
Abb.
Vergleich a. einer Vorbild-Platte mit unfertigem Rand und b. einer Platte nach dem zweiten rrbeitsgang
samt endg2ltiger wertigstellung.
Nach diesen komplexen Wechselarbeiten mit unterschiedlichen yämmern nahm Person die Platte, setzte sie auf einen anderen rmboss mit vier linearen Riefen und
schlug mit einem Meißel auf die Oberseite in regelmäßigen rbständen eine kleine wuge
(rbb. b), worauhin von ihm der Rand nochmals nachbearbeitet wurde. znsgesamt
dauerte der Vorgang des wormens des Randes
Minuten, und damit f2nf Minuten
länger als die gesamten Verzierungsarbeiten.
Person , die die Verzierungen vorgenommen hatte, wusch schließlich die Platte in einer
Säure und rsche, und säuberte sie mit Sägemehl, um sie dann an Person weiterzureichen.
uaraus ergeben sich etliche relevante seobachtungen f2r eine rnalyse im Sinne der
Operationskettenk
– uie rbfolge mancher umfassender Schritte ist unerwartetk uas Verzieren eines
Objekts wird vor seiner endg2ltigen wormgebung, vor allem der Randgestaltung, durchgef2hrt. Unklar bleibt bei unserer seobachtung, ob dies aus rein technischen xr2nden
geschieht, weil also die rusf2hrung der Punzierungen bei schon gefertigtem Rand zu
ä
Abb.
rrbeit mit dem
Klopholz an einem Kupfergefäß (in Nachbarschat zur hier
beschriebenen Ladenwerkstatt).
schwierig wäre, oder ob dies arbeitsökonomische setrachtungen beinhaltetk sei Misserfolg des Verzierens nach xestaltung des Randes wäre mehr investierte rrbeitszeit und
rrbeitszeit von anderen Personen verloren.
– vin recht konsistenter rrbeitsvorgang der wormung plus Verzierung wird von drei
Personen ausgef2hrt. uie Sequenz der Schritte ist streng ausgerichtet an der rrt der rrbeiten (zngangsetzen der Verzierung – Verzierung – Randgestaltung) und an hierarchischen Verhältnissen unter den drei yerstellern. Man mag hier von einer sequenziellen
Kooperation sprechen.
– uas, was unerfahrenen setrachterznnen als sehr komplex und schwierig herzustellen erscheint, nämlich die kleinteilige Verzierung, ist die rrbeit des Lehrlings (Person ), nicht des Meisters (Person ). slechformung gehört einem mittleren Niveau
der yierarchie an, und die Rahmung des Vorgangs als ein rkt symbolischer Kontrolle steht dem Werkstattbesitzer zu (Person ). yier mag man von einem instigativen
und einem besiegelnden rkt reden, welche die Operationskette einklammern und sie
symbolisch als zeitlich, räumlich und sozial abgegrenzten yerstellungsprozess aus der
Praxis-Umgebung herausheben.ga
– Prozesse der räumlichen vinteilung des herzustellenden Objektes sind diejenigen rrbeitsgänge im Verfahren, die in den reflexiven sereich hineinragen. uas zeigt
sich vor allem daran, dass der erste rrbeitsgang 2berhaupt, die zdentifikation des Mittelpunkts der Platte, ohne rusmessen vom Werkstattbesitzer mit einer im Nachhinein
erstaunlichen Präzision aus dem Stegreif vollf2hrt wird. uas hierf2r vorhandene rugenmaß ist eine der wähigkeiten, die durch objektivierende znstrumente dem Menschen im
Zuge der Moderne weitgehend entwendet wurden, die aber bei der Rekonstruktion
vergangener yandlungssysteme in setracht gezogen werden m2ssen. uas Problem der
Wissenschat ist in diesem walle, dass sie selbst am schärfsten die Wahrnehmungssouveränität (rugenmaß) als Mittel des eigenen yandelns und wissenschatlichen Urteilens
ablehnt. yier ist also ebenso wie beim generellen Verständnis verkörperter Praxis eine
„ent-technisierende yermeneutik“ angebracht.
– zn der Operationskette des Verzierens scheint das rugenmaß, eine enge Verzahnung von Wahrnehmungs- und yandlungsfähigkeiten, als der waktor auf, der den ansonsten kontinuierlichen wluss des rrbeitens kurzfristig zu brechen in der Lage ist. Person , die die Verzierungen ausf2hrte, hielt genau da kurz inne, wo jeweils eine räumliche Schätzung gemacht werden musste, die 2ber das direkte Nebeneinandersetzen von
Punzierungen in Kreisform hinausging. Noch mangelndes rugenmaß wird hier ersetzt
durch ein Messinstrument, den Zirkel oder einen f2nfzackigen Stern (vgl. rbb. l al
). uas znnehalten nimmt zwar kaum Zeit in rnspruch, zeigt aber, dass es sich hierbei
um einen Punkt in der Operationskette handelt, den yélène salfet u. a. als kritischen
Moment in der Operationskette bezeichnen.gb vs sind diese kritischen Momente, an
denen der wluss des praktischen yandelns stockt und die vxplizität des yandelns zum
Vorschein kommt. znteressanterweise ist dieses vinhalten jedoch keineswegs mit uiskursivität verbunden.
– Man sollte einen Unterschied zwischen dem vinhalten in einer Operationskette
und dem rnhalten der Operationskette machen. Vom gerade beschriebenen vinhalten
an kritischen Momenten setzt sich das rnhalten dadurch ab, dass der xegenstand des
rrbeitens zwischen Personen weitergereicht wird. zn diesem walle erfolgt eine kurze, an
rugenmaß gebundene vinschätzung der bisherigen rrbeit durch eine weitere Person,
die im Prozess der vinschätzung das Objekt zudem zum eigenen Körper mittels weiterer xegenstände (yocker, yammer, rmboss und so weiter) in ein geeignetes Verhältnis
setzt. Personenwechsel hat immer einen wenn auch kurzen Prozess des (reflektierenden)
vinschätzens zur wolge, der letztlich dazu dient, eine Subjekt-Objekt-Relation aufzubauen, in der beide wie eine vinheit wirken können. uies kann auch dadurch verursacht
6a tousin
l wontaine
.
6b salfet
,
.
ä
sein, dass der gesamte yerstellungsprozess f2r eine längere wrist unterbrochen wird, wie
im walle der Platte hier durch das seiseite-Legen des Objektes 2ber Nacht.
– uas vorhandene und einsetzbare Wissen wird von den yandwerkern als kumulativ wahrgenommen und praktiziertk uer vrfahrenste hat nicht nur die wähigkeiten,
sondern auch das Recht, eine Operationskette in xang zu setzen. uer am wenigsten vrfahrene lernt zunächst das Verzieren, zeigt darin aber ein solches xeschick, dass man
auch hier von einer durch längerfristige Routine im Körper fest verankerten wähigkeit
zur rusf2hrung komplexer xestenfolgen ausgehen kann, ohne dass daraus die Möglichkeit entsteht, auch andere Vorgänge, die f2r die Produktion notwendig sind, zu erproben und zu lernen. Zudem ist auffällig, dass im beobachteten walle instigatives und
besiegelndes yandeln nicht nur den rein symbolischen Wert des yerausbrechens der
Operationskette aus dem wluss des praktischen Lebens hat, sondern dass dies im Sinne
einer politischen Ökonomie das Recht des sesitzers nicht nur 2ber die rrbeitsmittel,
sondern 2ber den gesamten Prozess einschließt.
– uer gesamte Vorgang der yerstellung lief weitgehend ohne verbale Kommunikation zwischen den seteiligten ab. Wir erfuhren nur auf Nachfragen die Namen bestimmter xeräte, wie der yämmer, dar2ber war jedoch einsichtiger Weise unter den
in der Werkstatt rrbeitenden keinerlei Verständigung notwendig. uie seobachtungen
bestätigen vielmehr weitestgehend die Vermutung, dass Routine-yandlungen des produzierenden rlltags auf dem Niveau des praktischen sewusstseins ablaufen.
– vin Vergleich zwischen der Vorbild-Platte und der hergestellten zeigt zudem,
dass solche seobachtungen anhand der yerstellung eines Objektes ungen2gend sind.
uie Vorbild-Platte (vgl. rbb. a) hat eine Verzierungsreihe der kleinen, sternförmigen Punze am rußenrand weniger als die im yerstellungsprozess beobachtete Platte
(rbb. b). Wichtiger ist jedoch, dass die Verzierung der Vorbild-Platte wohl von einem
anderen yandwerker als Person gefertigt wurde. uenn es ist unschwer erkennbar, dass
in rbb. a die einzelnen Punzschläge der Punzen r und w (vgl. rbb. ) Richtung Plattenmitte fester eingeschlagen sind als in Richtung Rand. uies ist bei der beobachteten
yerstellung (vgl. rbb. b) nicht der walll die ovale Punze w (vgl. rbb. ) tendiert hier
eher dazu, an einer Schmalseite weniger tief als an der anderen eingeschlagen zu sein.
uen Punzierungsschlägen d2rte mithin eine etwas andere xestik zugrunde gelegen haben. uies entspräche einem Lernprinzip, bei dem xesten nicht explizit gelehrt, sondern
durch zmitieren langsam angeeignet werden.gc
62 Siehe dazu tastro xessner
. Wir haben nicht
nachgefragt, ob zum damaligen Zeitpunkt weitere Personen in der Werkstatt tätig waren, oder ob
die Platte rbb. a von Person beziehungsweise
verziert worden war. Man muss jedenfalls mit etwas mehr wlexibilität in yerstellungsmustern und
Kooperationsmodi rechnen, als die hier gegebene
vinzeldarstellung suggeriert.
rbschließend muss nochmals betont werden, dass die kurze seobachtung des yerstellungsvorgangs einer verzierten Kupferplatte ein dekontextualisiertes Wissen ergibt,
dem die ökonomische und soziale Situation der seteiligten entgeht. vbenso fehlen eventuell in entsprechende Objekte und die meisten Verzierungselemente gelegte sedeutungen. vs erschließt sich nur eine Reihe konkreter rrbeitsprozesse und damit verbundene
Wissensformen. uennoch sind gerade diese detaillierten, auf xestik bedachten vlemente f2r die Rekonstruktion des Produktionsvorgangs archäologischer Objekte potenziell
interessant. uarauf möchte ich im wolgenden an einem einzigen Objekt aus dem eisenzeitlichen Urartu Ost-rnatoliens näher eingehen.
.
Urartu
Vergleicht man die ethnoarchäologischen seobachtungen aus methodischen xr2nden
mit einem archäologischen seispiel, so empfiehlt es sich, möglichst viele ser2hrungspunkte f2r die rnalogie einzubeziehen.gd zch wähle hier Urartu ( . bis . Jahrhundert v.
u. Z.) aus, einen gebirgigen Staat mit segmentären Strukturen, der kurzfristig eine vom
heutigen West-zran 2ber rrmenien bis in die s2dlichen Taurusränder und die Zentralt2rkei reichende Macht bildete.ge uie regionale Nähe von ethnographischem (S2dostrnatolien) und archäologischem (Ost-rnatolien) seispiel ist auf keinen wall zu verstehen als eine auf historischer Kontinuität beruhende rnalogiel das heißt, Parallelen in
wertigungstechniken sind nicht der historischen Überlieferung, sondern ähnlichen vigenschaten des bearbeiteten Materials zuzuschreiben.
zm urartäischen Staat gab es eine komplexe Produktion von visen- und sronzegeräten, wobei visen, soweit wir wissen, fast nur f2r rngriffswaffen verwandt wurde, während sronze und eventuell Legierungen wie Messing zur yerstellung von Schutzwaffen
(Schilden und yelmen), aber auch von religiösen und anderen xerätschaten genutzt
wurde. Urartäische Toreutik weist sehr viele Ziselier- und xravurarbeiten auf, wobei
xravur fast ausschließlich f2r znschriten verwandt wurde.gf Unter den sronzeobjekten
stechen als besonders zahlreich die x2rtelbeschläge heraus,gg die aus einfachen flachen
sronzebändern bestehen, bei denen also wie bei der aus Şanlıurfa stammenden Platte
keine komplexen rrbeitsvorgänge oder rrbeitsmittel vonnöten waren.
Urartäische Toreutik hat jedoch ein anderes Problem. Zwar ließen sich potenziell
sehr viele technisch ähnliche Vergleichsst2cke zu der verzierten Platte anf2hren, jedoch
stammen beispielsweise von den
bei yans-Jörg Kellner aufgelisteten x2rteln ganze
6d sernbeck
,
–
.
6e ruf die politische Struktur des Reichs kann hier
nicht näher eingegangen werden (s. zu alternativen
znterpretationen Zimansky
beck
–
a).
65 sernbeck
–
b.
66 Kellner
.
l Smith
l sern-
ä
aus xrabungen.gh Mithin sind , Prozent aus dem Kunsthandel. ruffälligerweise
wurden in der rezenten xrabung in ryanıs mit einer sehr großen Zahl an Metallfunden
nach bisherigen serichten keine x2rtel entdeckt.gi uies lässt bef2rchten, wie schon von
Oscar Muscarellag9 in drastischen Worten verdeutlicht,ha dass ein unbekannter, wahrscheinlich großer Teil der Kunstmarkt-St2cke gefälscht ist.
uaher beschränke ich mich hier auf ein einzelnes St2ck eines sronzeg2rtels aus
der rusgrabung in rltıntepehb nahe des heutigen vrzincan im Westen des urartäischen
Reichs. uas Objekt, zu dem weitere Reste gehörenhc , wurde in xrab zzz, per znschrit
auf König rrgišti zz (
–
v. u. Z.) datiert, in einem sronzekessel zusammengefaltet gefunden.hd ruf dem
veröffentlichten Photo dieses St2ckes (rbb. ) sieht
man ein von wlechtbändern eingerahmtes sildfeld, in dem jeweils drei 2bereinandergesetzte identische wiguren aufgereiht sind, wobei von links nach rechts ein Mischwesen
(gefl2gelter Stier mit Löwentatzen und Skorpionschwanz) erscheint, dann ein Reiter
mit yelm, ein Stier und ein weiteres gefl2geltes Mischwesen mit Löwenkopf.he rndere
sruchst2cke enthalten zusätzlich bogenschießende Kentauren und Löwen.hf rlle wiguren sind im Sprung mit gespannten yinterläufen und schräg nach oben weisenden
Vorderbeinen dargestellt. Nach den wragmenten zu urteilen, kommen die vertikalen
Reihen identischer wiguren mehr als einmal auf dem x2rtelblech vor, wobei der unverzierte sildteil sehr viel größer ist als der verzierte.
setrachtet man das von Winfried Orthmann ausreichend detailliert publizierte Photo genauer,hg so lässt sich unschwer eine Reihenfolge von rrbeitsschritten der Verzierung erkennen (vgl. rbb. )k
– uie begrenzenden wlechtbänder wurden zuerst ausgef2hrt, um das Verzierungsfeld einzurahmenl die genaue rnalyse der wlechtband-Punzierungen zeigt, dass zunächst eine U-förmige Punze seriell am jeweils äußeren (oberen beziehungsweise unteren) Rand des sandes nebeneinander gesetzt wurde. uanach wurden zwei weitere,
leicht unterschiedliche, S-förmige Punzen zur Vervollständigung der wlechtbänder verwendet.
– Nimmt man die Kupferplatte aus Şanlıurfa als zndiz, so wurden als nächstes die
wiguren wahrscheinlich mit Schablonen vorgezeichnet. uabei kann man sicher davon
ausgehen, dass die unterste Reihe zuerst vorgezeichnet wurde, denn die wiguren stehen
alle mit den yinterbeinen auf einer wlechtband-,Kuppe‘, wobei der rbstand zwischen
Kellner
.
S. aber vrdem und Çilingiroglu
,
.
Muscarella
,
–
.
Muscarella
,
schreibt sarkastischk „rre the
embellishment ateliers located in xermany, Turkey,
or both countriesp“
7b Özg2ç
.
67
68
69
7a
72 Kellner
, – und Tafel – , Nr. . uie
bei Kellner veröffentlichte Zeichnung entspricht in
uetails nicht dem Photo in Orthmann
.
7d Özg2ç
.
7e Orthmann
, Nr.
a.
75 Kellner
, Tafel – , Nr. .
76 Orthmann
,
a.
Abb.
sruchst2ck eines sronzeg2rtels aus rltıntepe.
den wiguren der untersten Reihe nicht anhand der wlechtband-vlemente erschlossen
wurde, da er manchmal acht, manchmal neun wlechtband-vlemente beträgt. xezählt
wurde nicht.
– w2r die rusf2hrung dieses Vorgangs gibt es nach rusweis der ethnoarchäologischen Untersuchungen zwei Möglichkeiten. vntweder der Vorgang unterstand der
Wahrnehmungssouveränität und wurde ohne weitere yilfsmittel von einer Person mit
dem notwendigen rugenmaß ausgef2hrt, oder man teilte das Verzierungsfeld mit einem lineal-ähnlichen xegenstand durch vertikale und eine horizontale Linie in der
Mitte so ein, dass die Schablonen jeweils auf die Schnittstelle der Linien gelegt werden
konnten.
– uas ruflegen der Schablonen des Reiters, Stieres und der Mischwesen produziert
dann Konturen, die von der xröße her identisch sind, die aber, wie im seispiel des x2rtelbleches hier, leicht unterschiedliche Neigungswinkel durch eine minimale urehung
um den Mittelpunkt haben können. uer vffekt davon ist, dass die xesamtfiguren sich
zwar sehr gleichmäßig 2ber das sildfeld verteilen, jedoch die rusrichtung der jeweils
aufgerichteten Vorderbeine und damit die Schräge der wiguren geringf2gig variiert. uas
ä
sieht man an den drei Stieren 2bereinander (rbb. ), bei denen der unterste eine stärkere R2ckenneigung hat als die beiden anderen, eher waagerecht gesetzten.
– uie Schablonen ließen nur eine Umrisszeichnung zu, nicht aber die rndeutung
von znnenverzierungen, wie dies yans Wulff f2r heute in zsfahan und Schiraz im zran
tätige Metallhandwerker beschreibt.hh uenn die sinnenverzierungen der Tiere, Mischwesen und Reiter sind zwar weitgehend identisch, jedoch finden sich immer kleine Unterschiede in der rusformung von Mähnen, seinen und Tierschwänzen ebenso wie in
der xestaltung der Reiter.
– zn einem nächsten Schritt muss der x2rtel umgedreht worden und auf einer nachgiebigen Unterlage aus Pech, Sand oder ähnlichem befestigt worden sein, um die Tierund Menschendarstellungen mittels Treiben weiter zu bearbeiten. uies betraf nur den
Rumpf und Kopf der Mischwesen und Tiere, während bei den Reitern sowohl Tier- als
auch Menschenkörper derart hervorgehoben sind.
vin rrbeitsschritt, der sich nicht eindeutig in die Sequenz der Operationskette einf2gen lässt, ist die Lochung am Rand des Objektes. zch halte es aber f2r wahrscheinlich,
dass diese nach der rnbringung des wlechtbandes gebohrt wurden, und eventuell auch
nach rnbringung der sinnenverzierung.
Nimmt man die oben beschriebenen ethnoarchäologischen seobachtungen zur
xrundlage, so d2rten ,kritische Momente‘ der Operationskette die segrenzung des Verzierungsfeldes und die vinteilung des Verzierungsfeldes mittels der Schablonen nach
rnbringen der wlechtbänder gewesen sein. Vergleichsweise schwierig mögen auch die
Treibarbeiten gegen2ber dem einfachen Punzieren gewesen sein. rkzeptiert man die
tentative Rekonstruktion der Operationskette, dann fällt auf, dass der rnfang, nämlich
das segrenzen des Verzierungsfeldes, eine besondere Tätigkeit ist, da man einen einheitlichen rbstand vom Rand des Verzierungsst2ckes halten musste.
uiskussion der Ergebnisse
uer Vergleich zwischen Objekten ähnlicher Machart aus heutigem und altwestasiatischem Kontext ist in mehrerlei yinsicht aufschlussreich. uie genauen seobachtungen
der Produktionspraxis heute erlauben es, die rhythmische Struktur des Verzierungsvorgangs und sequenzielle Kooperation von drei seteiligten zu identifizieren. Weder die genauen zeitlichen rbstände zwischen einzelnen rrbeitsvorgängen noch die Zahl der an
der yerstellung Mitarbeitenden kann f2r den urartäischen x2rtelbeschlag eruiert werden. Jedoch kann die ethnoarchäologische seobachtung bei der Rekonstruktion von
77 Wulff
,
.
Operationsketten behilflich sein. uabei geht es weniger um die erschlossene Sequenzierung von Verzierungs-rrbeitsvorgängen aus den vinzelheiten eines archäologischen
xegenstands, ein rnalyseverfahren, das sich auch auf viele andere Materialien wie Keramik oder Siegel ausweiten lässt.hi Worauf es hier eher ankommt, sind die Zäsuren im
rrbeitsprozess, das znne- und rnhalten, aber auch das vinrahmen. vine xegen2berstellung der beobachteten und der erschließbaren rrbeitsvorgänge zeigt, dass rahmende
rrbeiten, also das, was ich als instigativen und besiegelnden rkt bezeichnet habe,h9 aus
rrbeiten besteht, die jeweils rugenmaß erfordern. uiese sind nicht, wie man vielleicht
annehmen könnte, im Material direkt evident, sondern m2ssen im archäologischen walle aus einer genauen znspektion der uinge erst erschlossen werden. Kritische Momente
im rrbeitsfluss hingegen sind diejenigen Punkte, an denen die Tätigkeiten r2ckversichernd unterbrochen werden, etwa durch den slick auf ein Modell, aber auch durch
die Zuhilfenahme eines xeräts wie einer Schablone, die rugenmaß ersetzen kann.
rugenmaß selbst beschreibt zngold als die Kopplung von Wahrnehmung und yandeln, die seiner rnsicht nach das yandwerk durchzieht.ia uie Produktion der Kupferplatte lehrt jedoch, dass unvollständige Verkörperung zu Momenten des Produzierens
f2hrt, wo eben diese Kopplung nicht gegeben istl daher der R2ckgriff auf yilfsmittel,
was im Übrigen zur vrkenntnis f2hrt, dass auch das praktische Wissen um yerstellungsverfahren nicht notwendig in toto vorhanden ist, sondern eine wolge von kumulativen
vrfahrungsstufen beinhaltet.
rus dem ethnographischen seispiel erschließt sich, dass die Zuhilfenahme von
Werkzeugen, die rugenmaß ersetzen, einen relativ niedrigen Rang in der rrbeitshierarchie anzeigt (Tab. ). Je mehr eine Person in der Lage ist, Wahrnehmung und yandeln
zu verschränken, je weniger ,Maß-Nahmen‘ sie benötigt, desto größer ist ihr Können.
uiese Logik läut der industriellen Sucht nach dem Normierten deutlich zuwider und
w2rde unter anderem so zu deuten sein, dass das ruffinden von Messwerkzeugen in
archäologischen Kontexten einen Mangel an Können anzeigt.
uie archäologische Rekonstruktion kritischer Momente in einer Operationskette
ist zwar ohne weiteres möglich, jedoch gibt es f2r den potenziellen Umgang zumindest im walle des urartäischen x2rtels zwei rlternativenk Sollte eine Person mit wenig
vrfahrung die Vervollständigung der wlechtbänder nach dem rnfangsvorgang erstellt
haben, wäre ein weiterer Personenwechsel wahrscheinlich notwendig gewesen, um die
Schablonen freihändig allein aus dem rugenmaß aufzutragen. uies bedeutet ein rnhalten der Operationskette. Oder man nutzte linealartige Werkzeuge, um yilfslinien
78 U. a. tastro xessner
l Tomas
.
79 uas Risiko der Rahmentätigkeiten beschreibt zngold
, am seispiel der yolzarbeitk „The greatest risk is undoubtedly in the phases of setting out,
when the first indelible marks are cut in the edge of
the plank, and in finishing off, where careless work
could lead to splintering.“
8a zngold
, – .
ä
Ethnoarchäologisches Beispiel
Urartäischer G2rtelbeschlag
instigativer Akt
Mittelpunkt-sestimmung der Platte
(rugenmaß)
segrenzung des sildfeldes am
oberen und unteren Rand (rugenmaß)
besiegelnder Akt
wlache Randrillen
Löcher an den Rändernp
Pck Schablone
Pck slick auf seispiel-Platte
Pck Zirkelnutzung f2r Unterteilungslinien
Pck wisch-Schablone
Pdk Zirkel zur yöhenmessung des
Randes
Platzierung der Schablonek
a) per rugenmaß
b) mittels Lineal
kritische Momente/ Einhalten in
der Operationskette
Anhalten der Operationskette
Pb ⇒ Pc
Pc ⇒ Pb
Pb ⇒ Pc
lange Pause (Nacht)
Pd ⇒ Pb
Pb ⇒ Pc
[nicht erschließbar ]
Tab.
Vergleich wichtiger vlemente von Operationsketten des ethnoarchäologischen und des urartäischen
seispielsl P n Person.
einzuzeichnen, wobei dann nur ein vinhalten im rrbeitsvorgang die wolge wäre. rus
dem Objekt selbst kann nicht abgelesen werden, welcher Weg gewählt worden war.
uie anfängliche uiskussion von Wissensformen hatte mich zu f2nf wragen nach
praktischem Wissen gef2hrt. rbschließend können einige derselben etwas näher erörtert werden. Während Verständigungsformen zwischen Objekten und Subjekten aus
dem von mir behandelten Material nicht eruiert werden können, zeigt sich immerhin,
dass sowohl Operationsketten selbst als auch die ihnen inhärenten kritischen Momente
recht gut erschließbar sind. vs sind gerade letztere, bei denen auch uiskursivität zumindest potenziell eine Rolle spielen d2rte. uenn diese rugenblicke sind durch einen
Mangel an Koordination zwischen Wahrnehmung und praktischem yandeln gekennzeichnet, der sich reflexiv bemerkbar machen d2rte. uiskursiv vorhandenes Wissen wäre also ein zndiz f2r mangelnde vrfahrung, während docta ignorantia im Produktionsprozess rnzeiger besonderer wähigkeiten ist. uie Schnittstelle von Wissen und yandeln in
Techniken der weinverarbeitung von Metall kann provisorisch unter folgendes Prinzip
gestellt werdenk Je verborgener das Wissen, desto größer die handwerklichen wähigkeiten.
uie vrkenntnisse aus dieser Studie haben zwei weitere Konsequenzen. vrstens kann
praktisches Wissen offensichtlich nicht direkt reflektiert werden, jedoch kann es als un-
terschiedlich stark verkörperte wähigkeit strategisch in der Organisation der rrbeit eingesetzt werden. yinter praktischem und diskursivem yerstellungswissen gibt es also ein
Meta-Wissen, welches im sereich der politischen Ökonomie zu lokalisieren ist.
Zweitens geht die scheinbar so positive vntwicklung der modernen Technologien
mit einem deutlichen Verlust einher. rugenmaß als körperliche wähigkeit, Sehen, xestik und ein ,xef2hl‘ f2r das Objekt zu erlangen, verschwindet mit der sich rasch ausbreitenden instrumentellen Vernunt des zndustrie- und Postindustrie-Zeitalters. uas
vinschieben eines Messobjekts zwischen Körper und bearbeitetem Objekt wird in der
Regel als (notwendige) Standardisierung des vndprodukts eines yerstellungsvorgangs
interpretiert. uie ruswirkungen dieser Tendenz zur Mediatisierung der Produktion haben negative vffekte, die schon von Marx und Lukács vor mehr als
Jahren als Teil der
vntfremdung angesprochen wurden. yinzu kommt die rbwertung des rugenmaßes,
die zusätzliche Konsequenzen hat. uer menschliche Körper ist nicht mehr rnlass und
Messlatte der Produktion. Technologien der Mega-xröße wie Ölbohrt2rme im xolf von
Mexiko oder xroß-Staudämme, aber auch solche der Nanogrösse machen dies deutlich.
rus dieser buchstäblichen ,Maß-Losigkeit‘ (post-)moderner Technologien erwächst ein
Wuchern des znstrumentalismus. uie letzte Konsequenz hieraus ist der derzeit erfahrbare Übergang von einem anthropozentrischen Weltverständnis zu einer posthumanistischen Ära samt ihren Un2bersichtlichkeiten.
ä
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Abbildungs- und Tabellennachweis
il ng n: b Sarah Kielt tostello und Lujain yatahet. 2 Photok Susan Pollock. d Sarah
Kielt tostello und Lujain yatahet. e Photok Susan Pollock. 5 Sarah Kielt tostello und Lujain
yatahet. 6 Photok Susan Pollock. 7 Photok Susan Pollock. 8 Photok Susan Pollock. 9 Photok
Susan Pollock. ba Photok Susan Pollock.
bb Photok Susan Pollock. b2 Photok Susan Pollock. bd Photok Susan Pollock. be Orthmann
, rbb.
a.
ll n: b Nach yabermas
,
, wig. . 2 Reinhard sernbeck.
d Reinhard sernbeck. e Reinhard sernbeck.
ä
REINHARu BERNBEtK
Reinhard sernbeck kam
an die wreie Universität serlin im Rahmen des vxzellenzclusters
Topoi. vr arbeitet vor allem an Themen zum alten Westasien und zu theoretischen rspekten der
rrchäologie. uas eisenzeitliche Urartu und die politische Ökonomie antiker xesellschaten sind zwei
seiner längerfristigen znteressen. uas letzte von
ihm koeditierte such trägt den Titel ‚Subjects and
Narratives in rrchaeology‘ (mit Ruth Van uyke,
).
Prof. ur. Reinhard sernbeck
wreie Universität serlin
znstitut f2r Vorderasiatische rrchäologie
wabeckstr. –
serlin, ueutschland
v-Mailk rbernbec@zedat.fu-berlin.de