Relativitatstheorie
Stefan Leuthold
Astronomiefreifach
Kantonsschule Zurcher Oberland, Wetzikon
Fruhlingssemester 2002
Zusammenfassung
Wahrend die Physiker auf der ganzen Welt am Ende des 19. Jahrhunderts die Physik als fertig betrachteten, entstand eine im wesentlichen von einer einzigen Person erschaene neue Theorie, welche fundamental fur unser Verstandnis von der Natur werden sollte: Die Relativitatstheorie von Albert Einstein.
In der ersten Halfte dieses Freifachs werden wir die spezielle Relativitatstheorie so ausfuhrlich wie moglich behandeln und die grundlegenden Formeln herleiten. Allenfalls bleibt am Schluss noch Zeit fur
einige Tatsachen der allgemeinen Relativitatstheorie.
INHALTSVERZEICHNIS
1
Inhaltsverzeichnis
1 Historisches
1.1 Physik am Ende des 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . .
1.2 Entdeckung der speziellen Relativitatstheorie . . . . . . . . .
1.3 Roemers Berechnung der Lichtgeschwindigkeit . . . . . . . . .
2 Spezielle Relativitatstheorie
2.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Einstein'sche Postulate . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Bedeutung der SRT fur die Zeit . . . . . . . . . .
2.3.1 Zeitdilatation im Alltag. . . . . . . . . . .
2.3.2 Zwillingsparadox. . . . . . . . . . . . . . .
2.3.3 Gleichzeitigkeit. . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.4 Das Experiment von Hafele und Keating.
2.4 Bedeutung der SRT fur die Langenmessung . . .
2.5 Minkowski-Diagramme . . . . . . . . . . . . . . .
2.5.1 Nichtrelativistische Diagramme . . . . . .
2.5.2 Relativistische Diagramme . . . . . . . .
2.6 Herleitung der Lorentz-Transformationen . . . .
2.7 Herleitung von E = mc2 . . . . . . . . . . . . . .
3 Allgemeine Relativitatstheorie
A Personenverzeichnis
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2
2
3
3
5
5
7
8
9
9
11
11
12
13
13
15
18
21
24
27
Historisches
1 Historisches
1.1 Physik am Ende des 19. Jahrhunderts
Mit Newtons Gravitationstheorie und seiner Mechanik konnten die Bewegungen aller Korper einwandfrei beschrieben werden und mit Maxwells Elektrodynamik hatte man auch alle elektrischen und magnetischen Erscheinungen im Gri - dies war die gangige Meinung des 19. Jahrhunderts. Die Physik
schien fertig. Die Beschreibung von Gasen mit den Gesetzen der Mechanik,
die sogenannte statistische Mechanik, wie sie zum Beispiel von Ludwig Boltzmann betrieben wurde, gab Anlass zur Vermutung, dass alles, was nicht in
Maxwells Theorie enthalten war, mit der Newton'schen Mechanik beschrieben werden konnte.
Die folgenden Zitate1 geben eine gute Idee davon, was die Physiker vor
Einsteins spezieller Relativitatstheorie und der Entdeckung der Quantenmechanik (ohne die wir heute z. B. keine Computer hatten) noch gedacht
hatten:
Die wichtigsten Grundgesetze und Grundtsachen der Physik sind
alle schon entdeckt und diese haben sich bis jetzt so fest bewahrt,
dass die Moglichkeit, sie wegen neuer Entdeckungen beiseite zu
schieben, ausserordentlich fern zu liegen scheint... Unsere kunftigen Entdeckungen mussen wir in den 6. Dezimalstellen suchen.
A. A. Michelson, 1903
Nun zur Physik, wie sie sich damals prasentierte. Bei aller Fruchtbarkeit im einzelnen herrschte in prinzipiellen Dingen dogmatische Starrheit: Am Anfang (wenn es einen solchen gab) schuf
Gott Newtons Bewegungsgesetze samt den notwendigen Massen
und Kraften. Dies ist alles das Weitere ergibt die Ausbildung
geeigneter mathematischer Methoden durch Deduktion. Was das
19. Jahrhundert fussend auf diese Basis geleistet hat, musste die
Bewunderung jedes empfnglichen Menschen erwecken.
A. Einstein
Ich bin niemals zufrieden, bevor ich ein mechanisches Modell
des Gegenstandes konstruiert habe, mit dem ich mich beschaftige. Wenn es mir gelingt, ein solches herzustellen, verstehe ich,
andernfalls nicht. Daher kann ich die elektromagnetische Theorie des Lichts nicht begreifen. Ich mochte das Licht so vollstandig
verstehen wie moglich, ohne Dinge einzufuhren, die ich noch weniger verstehe. Daher halte ich an der einfachen Dynamik fest,
denn dort kann ich ein Modell nden, jedoch nicht in der elektromagnetischen Theorie.
Lord Kelvin, 1884
1
Alle Zitate stammen aus 3], Kapitel 5.2.
2
1.2
Entdeckung der speziellen Relativitatstheorie
1.2 Entdeckung der speziellen Relativitatstheorie
Einstein waren die Ergebnisse des Michelson-Morley Experimentes nicht ein die Elektrodynamik
mal im Detail bekannt, als er 1905 seine Arbeit Uber
bewegter Korper einreichte, welche die vollstandige spezielle Relativitatstheorie enthielt. Er liess sich lediglich von der Idee leiten, das Verhalten der
elektromagnetischen Wellen mit der Newton'schen Mechanik in Verbindung
zu bringen, vor allem in Bezug auf die Vorstellungen von Raum und Zeit.
Zur Frage, ob nicht Lorentz oder Poincare bereits vor Einstein die spezielle Relativitatstheorie entdeckt hatten, ein Zitat von Lorentz2 aus dem
Jahre 1928:
Daher fuhrte ich das Konzept der lokalen Zeit ein, die fur relativ
zueinander bewegte Bezugssysteme verschieden ist. Ich dachte
aber nie, dass sie etwas mit der wirklichen Zeit zu tun hat. Die
wirkliche Zeit war fur mich noch immer durch das alte Konzept
einer absoluten Zeit gegeben, die unabhangig von jedem Koordinatensystem ist. Es gab fur mich nur diese eine wahre Zeit.
. . . So ist die Relativitatstheorie wirklich allein Einsteins Werk.
Einstein beantwortete die Frage nach der Entstehung der speziellen Relativitatstheorie noch kurz vor seinem Tod am 19. Februar 1955 folgendermassen:3
Es ist zweifellos, dass die spezielle Relativitatstheorie, wenn wir
ihre Entwicklung ruckschauend betrachten, im Jahre 1905 reif
zur Entdeckung war. Lorentz hatte schon erkannt, dass fur die
Analyse der Maxwell'schen Gleichungen die spater nach ihm benannte Transformation wesentlich sei, und Poincare hat diese
Erkenntnis noch vertieft. Was mich betrit, so kannte ich nur
Lorentz' bedeutendes Werk von 1895, aber nicht Lorentz' spatere Arbeit und auch nicht die daran anschliessende Untersuchung
von Poincare. In diesem Sinne war meine Arbeit selbstandig.
Was dabei neu war, war die Erkenntnis, dass die Bedeutung der
Lorentztransformationen uber den Zusammenhang mit den Maxwell'schen Gleichungen hinausging und das Wesen von Raum und
Zeit im allgemeinen betraf. Auch war die Einsicht neu, dass die
Lorentz-Invarianz eine allgemeine Bedingung sei fur jede physikalische Theorie. Dies war fur mich von besonderer Wichtigkeit,
weil ich schon fruher erkannt hatte, dass die Maxwell'sche Theorie die Mikrostruktur der Strahlung nicht darstellte und deshalb
nicht allgemein haltbar sei.
1.3 Roemers Berechnung der Lichtgeschwindigkeit
Bereits 1679 berechnete der danische Astronom Olaf Roemer die Lichtgeschwindigkeit mit Hilfe einer Beobachtung: Er betrachtete die Jupitermonde
2
3
Aus 5].
Aus 5].
3
1.3 Roemers Berechnung der Lichtgeschwindigkeit
4
Io und Ganymed, welche auf ihrer Umlaufbahn um Jupiter immer wieder in
dessen Schatten verschwanden und wieder auftauchten.
Wenn diese Monde immer etwa gleich lange brauchten, um Jupiter zu
umkreisen, dann musste sie auch immer etwa gleich lange in dessen Schatten verweilen. Roemer beobachtete aber, dass die kleinste Verweildauer im
Schatten etwa 16,5 Minuten kurzer war als die langste Verweildauer. Das
musste daher ruhren, dass die Erde von Jupiter einmal naher und einmal
weiter entfernt war (vgl. Skizze).
d
Ganymed
Erde
Sonne
Jupiter
Abbildung 1: Roemers Uberlegungen:
Licht legt den Weg 2d zuruck, wenn es
16,5 Minuten Verspatung hat.
Nehmen wir an, dass die Erde im Mittel d = 149,6 Millionen km von der
Sonne entfernt ist, erhalten wir damit die Lichtgeschwindigkeit aus
km
s 2 149 6 10 km
Licht = t = 16 5 60s 302 200 s
6
v
0
was mit dem heutigen exakt festgelegten Wert von
m
c := 299 792 458
s
ziemlich gut ubereinstimmt.
Man wusste also bereits vor 1700, dass die Lichtgeschwindigkeit endlich
war - nur hatte dies vorerst keine Konsequenzen fur die Physik.
0
0
atstheorie
Spezielle Relativit
5
2 Spezielle Relativitatstheorie
2.1
Motivation
Die Newton'sche Mechanik, welche Sir Isaac Newton im Jahre 1687 veroentlichte in seinen Principia Mathematica Philosophiae Naturalis beschreibt bis
heute fast alle Bewegungen der Korper auf der Erde und am Himmel korrekt. Zusammen mit den 1860 veroentlichten Gleichungen von James Clerk
Maxwell bildeten sie die Grundpfeiler der Physik. Man nahm an, dass mit
diesen beiden Theorien die Physik fertig war, bis sich an einigen Experimenten und zuletzt mit Einsteins bahnbrechender Arbeit grundlegende Fragen
zu Raum und Zeit stellten, welche nicht im Rahmen der bereits vorhandenen
Theorie erklart werden konnten.
Ausgehend von den Denitionen
~v
~s
~a :=
~v :=
t
t
notieren wir die grundlegenden Newton'schen Axiome:
Newton'sche Mechanik.
(1)
1. Tragheitsgesetz. Wenn keine Kraft auf einen Korper einwirkt, bleibt
dieser entweder in Ruhe, wenn er bereits in Ruhe ist, oder bewegt sich
gleichformig auf einer Geraden, wenn er bereits in Bewegung ist.
2. Bewegungsgesetz.
F~ = m ~a
(2)
Daraus lesen wir fur F = 0 wieder das Tragheitsgesetz ab und mit
(1) folgt, dass Krafte sich dahingehend manifestieren, dass sie den
Bewegungszustand eines Korpers andern (Geschwindigkeit oder Richtung verandern). Zusammen mit der trivalen Beobachtung, dass Krafte
Korper deformieren, liefert das 2. Newton'sche Axiom also eine De nition fur Kraft. Wenn nur Gravitationskrafte wirken, schreiben wir
(2) auch als F~ = m ~g .
3. Reaktionsgesetz. Fur zwei beliebige Korper 1 und 2 existieren Krafte
zwischen den beiden Korpern, fur welche gilt4
F~12 = ;F~21:
Geschwindigkeiten, und damit auch Beschleunigungen und Krafte, sind
immer abhanging davon von wo aus gemessen wird. Alles, was man braucht,
um Geschwindigkeiten zu messen, nennen wir ein Bezugssystem, und Bezugssysteme, in welchen das Tragheitsgesetz gilt Inertialsysteme.5
Nun liegen obigen Denitionen und Gesetzen stillschweigend einige Annahmen zu Grunde, welche als Newton'sches Relativitatsprinzip bezeichnet
werden:
Die Indizes sollen folgendermassen gelesen werden: F12 ist die Kraft, welche Korper 1
auf Korper 2 ausubt.
5
Engl. inertia heisst Tragheit.
4
2.1 Motivation
6
1. Raum und Zeit sind absolut.
2. Alle relativ zu einem Inertialsystem gleichformig bewegten Bezugssysteme sind ebenfalls Inertialsysteme und im Rahmen der Newton'schen
Mechanik gleichwertig.
In Newtons eigenen Worten6:
Der absolute Raum bleibt vermoge seiner Natur und ohne Beziehung auf einen ausseren Gegenstand stets gleich und unbeweglich.
...
Die absolute, wahre und mathematische Zeit veriesst an sich
und vermoge ihrer Natur gleichformig und ohne Beziehung auf
irgendeinen ausseren Gegenstand. Sie wird so auch mit dem Namen Dauer belegt.
Maxwells Theorie der elektromagnetischen Wellen. Ausgehend von
Michael Faradays Arbeiten fand James Clerk Maxwell eine einheitliche Formulierung der vier Grundgesetze von Elektrizitat und Magnetismus mit den
elektrischen Feldern E~ und den magnetischen Feldern B~ , in Abhangigkeit
von den Quellen der E ; und B ;Felder (Ladungen und Strome). Die Bedeutung der Maxwell'schen Gleichungen fur die damit geschaene Elektrodynamik ist vergleichbar mit der Bedeutung der Newton'schen Axiome fur
die Mechanik.
Maxwells Gesetze sagten die Existenz von elektromagnetischen Wellen
voraus, welche durch bewegte Ladung erzeugt werden7 , und fur die gilt
(3)
v = 1 3 108 m = c:
0 0
p
s
0 und 0 sind Naturkonstanten. Dieser Wert entspricht gerade dem gemessenen Wert fur die Lichtgeschwindigkeit c, mit der sich demnach alle
elektromagnetischen Wellen fortpanzen. Dies brachte Maxwell zum Schluss,
dass auch Licht eine elektromagnetische Welle sein muss.8
Der A ther. Wenn Licht eine elektromagnetische Welle ist und fur die-
se eine Geschwindigkeit bestimmt werden konnte, dann stellten sich zwei
Fragen:
1. In welchem Bezugssystem galt diese Geschwindigkeit?
2. In welchem Medium bewegten sich die Lichtwellen fort?
Aus den Principia Mathematica Philosophiae Naturalis
Zum Beispiel ein Wechselstrom in einer Antenne, dies wurde 1887 von Heinrich Hertz
das erste Mal beobachtet.
8 Wir konnen uns Licht mit E ; und B ;Feld zusammengesetzt zum Beispiel mit Polarisationsltern anschaulich verdeutlichen.
6
7
2.2
Einstein'sche Postulate
Die Antwort auf beide Fragen dachte man in der Einfuhrung des so
genannten Athers
gefunden zu haben, einer Substanz, welche den ganzen
Weltraum erfullte, eine vernachlassigbare Dichte hatte9 und ausserordentlich starr war.10
Diesen A ther konnte man als Bezugssystem fur die Lichtgeschwindigkeit
wahlen und darin bewegten sich die elektromagnetischen Wellen fort. Auf
dieses ruhende System mussten sich damit alle anderen Systeme beziehen.
Da sich die Erde aber durch den Weltraum bewegt auf ihrer Bahn um die
Sonne, musste die Lichtgeschwindigkeit ausgehend von einer auf der Erde
stehenden Quelle variieren, je nachdem, ob man das Licht nach Westen oder
Osten schickte (also einmal entgegen der Bewegung der Erde um die Sonne,
und einmal in die selbe Richtung).
Die Vorbereitungen fur dieses Experiment macht Albert Michelson bereits 1881 und das eigentliche Experiement 1887 - ohne Erfolg. Auch alle
nachfolgenden Experimente zeigten, dass die Lichtgeschwindigkeit konstant
war unabhangig von der Bewegung der Lichtquelle.11
2.2
Einstein'sche Postulate
Einstein schreibt selbst in seiner Biographie12
Nach zehn Jahren Nachdenkens fand ich ein Prinzip, auf das ich
schon mit 16 Jahren gestossen bin. Wenn ich einem Lichtstrahl
mit Lichtgeschwindigkeit nacheile, so sollte ich diesen Lichtstrahl
als ruhend wahrnehmen. So etwas scheint es aber nicht zu geben.
Intuitiv klar schien es mir von vornherein, dass sich fur einen solchen Beobachter alles nach denselben Gesetzen abspielen musse
wie fur einen relativ zur Erde ruhenden Beobachter.
Alleine daraus zog Einstein den Schluss, dass sich Licht in jedem Inertialsystem in allen Richtungen mit der gleichen Geschwindigkeit ausbreitet.
Zusammen mit einer Modikation des Newton'schen Relativitatsprinzips ergibt dies die
Einstein'schen Postulate
1. Relativitatsprinzip. Alle Inertialsysteme sind zur Beschreibung von Naturvorgangen gleichberechtigt. Die Naturgesetze haben in allen Inertialsystemen die gleiche Form.
2. Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. In allen Inertialsystemen breitet
sich Licht im Vakuum isotrop in allen Richtungen aus und unabhangig
9
Damit keine Reibung mit normalen Korpern stattndet, die man sonst hatte beobachten mussen, z. B. bei Planeten.
10
Dies erklarte, weshalb Licht eine rein transversale Welle war und keine longitudinalen
Anteile beobachtet werden konnten.
11
Dies gilt fur alle Wellenausbreitungen.
12
1], Seite 345.
7
2.3
Bedeutung der SRT f
ur die Zeit
8
von der momentanen Bewegung der Lichtquelle mit der Geschwindigkeit
m:
c := 299 792 458
s
Diese Prinzipien folgen nicht aus Beobachtungen, sondern sind alleine
Einsteins Ideen - welche sich bis heute als richtig herausstellten.
Durch diese Postulate wird allen Geschwindigkeiten eine Obergrenze gesetzt. Nichts kann sich schneller als das Licht ausbreiten, nichts kann sich
schneller als Licht bewegen (auch kein Korper und keine Information).
0
2.3
0
Bedeutung der SRT f
ur die Zeit
Wir stellen uns eine ruhende Beobachterin auf der Erde vor, welche ein
Raumschi anschaut, das an ihr vorbeiiegt. Im Raumschi sitze eine Astronautin auf dem Boden. Wir stellen uns weiter vor, dass die Astronautin eine
Lichtuhr besitze, das ist ein Apparat mit zwei Spiegeln, einen am Boden
und einen an der Decke des Raumschis befestigt, und zwischen den Spiegeln itzt ein Lichtimpuls hin und her. Jedesmal, wenn der Lichtimpuls einen
Spiegel trit, macht der Apparat tick und ist deshalb ein guter Zeitmesser.
Wenn das Raumschi mit Geschwindigkeit v an der ruhenden Beobachterin vorbeiiegt, dann sieht die Beobachterin auf der Erde einen Zick-ZackWeg, wenn sie die Lichtuhr anschaut.
c · t0
v
c·t
v · t0
Abbildung 2: Die Rakete iegt mit Geschwindigkeit v bezuglich einer Person, welche auf der Erde stillsteht. Die zick-zack-Linie ist der Weg des Lichtstrahls von aussen gesehen, die gestrichelte Linie ist der Weg des Lichtstrahls
fur die Astronautin.
Der Weg des Lichtes, den die Astronautin in ihrer Lichtuhr misst, sei
d = c t, dann sieht die ruhende Beobachterin einen anderen Lichtweg von
s = c t0 , und gem
ass Pythagoras gilt
2 2
c t0
= v 2t20 + c2t2
und dies gibt nach der Zeit t0 der ruhenden Beobachterin aufgelost
1
(4)
t0 = t q
1 ; vc22
Die Zeit vergeht im Ruhesystem am langsamsten. Diesen Eekt nennt
man Zeitdilatation. Die Zeit, welche auf einer Uhr vergeht, die auf dem
bewegten Korper festgemacht ist, heisst Eigenzeit. Einige Beispiele sollen
den Umgang mit der Zeit in der speziellen Relativitatstheorie verdeutlichen.
2.3 Bedeutung der SRT fur die Zeit
9
2.3.1 Zeitdilatation im Alltag.
Wenn jemand mit dem Auto von Wetzikon nach Zurich fahrt, hat sie (je
nach Autobahntempo) eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 80 km
h
22 25 ms und braucht dafuer etwa eine halbe Stunde. Gleichung (4) sagt uns,
dass fur die Autofahrerin die Zeit langsamer verstreicht, als fur jemand, der
im Kaee sitzt und zusieht, wie das Auto an ihm vorbeifahrt.
Dieser Eekt ist aber sehr gering, die Eigenzeit der Autofahrerin ist nicht
wesentlich kleiner als die Zeit, welche im Ruhesystem verstreicht:
(4) =) t =
r
t0
2
1 ; vc2
s
2
= 30 60s 1 ; 22 258 2
r 495(3 10 )
1800s 1 ; 9 1016
1800s:
Der Eekt tritt also erst bei wesentlich grosseren Geschwindigkeiten auf.
0.25
0
0.5
0.75
1
1
1
0.5
0.5
0
0
0
0.25
0.5
Abbildung 3: Die Kurve zeigt den Faktor
q
0.75
1
1 ; vc22 auf der y-Achse in
Abhangigkeit von vc auf der x-Achse. Man sieht, dass erst bei Geschwin1 die E ekte der Zeitdilatation eine wesentliche Rolle zu
digkeiten von
2
spielen beginnen.
v >
c
2.3.2 Zwillingsparadox.
Zwei Zwillinge entschliessen sich, in die Raumfahrt einzusteigen. Der eine
Zwilling iegt von der Erde fort mit einem Raumschi, wahrend der andere
2.3
Bedeutung der SRT f
ur die Zeit
10
ihn beobachtet von auf der Erde bleibt. Dann der Zwilling im Raumschi
wird nach Gleichung (4) nicht so schnell alt wie der Zwilling auf der Erde,
da dieser in Ruhe ist und wir annehmen konnen, dass sich der Zwilling im
Raumschi in einem Inertialsystem bewegt. Naturlich kann man auch umgekehrt argumentieren, dass der Zwilling im Raumschi in Ruhe bleibt und
sich der Zwilling auf der Erde bewegt (alles eine Frage des Standpunktes:
Manchmal denken wir auch, dass der Zug nebenan losfahrt und wir noch sitzenbleiben, . . . ). Das wurde aber bedeuten, dass der Zwilling im Raumschi
schneller altert als der Zwilling auf der Erde - dies ist unmoglich: Entweder
altert der Zwilling auf der Erde schneller oder derjenige im Raumschi, es
konnen nicht beide schneller altern als der andere.
Dieser Gedankengang heisst Zwillingsparadox, weil man meint, aus dem
Dilemma keinen Ausweg nden zu konnen, dass beide Zwillinge schneller altern als der andere. Es gibt jedoch eine ganz einfache Methode, durch welche
man eindeutig bestimmen kann, welcher Zwilling schneller altert: Man gibt
beiden einen Becher Kaee und beobachtet sie in den ersten Minuten nach
Reisebeginn. Es ist falsch, dass man behaupten kann, dass beide in Ruhe
sein konnen, wahrend sich der andere bewegt: Einer von beiden wird den
Becher Kaee zu Beginn der Reise verschutten - dieser wird beschleunigt
und damit ist er derjenige, der nicht in Ruhe sein kann wahrend der Reise.
Der Zwilling mit dem Kaeeeck ist also der bewegte Zwilling und folglich
derjenige, der weniger schnell altern wird.
Da wir nun sichergestellt haben, dass wir verstehen, welcher Zwilling in Ruhe und welcher bewegt ist, konnen wir die Bedeutung
der speziellen Relativitatstheorie fur die Zeit an diesem Beispiel berechnen.
Selbstverstandlich bleibt dieses Beispiel ohne Realitatsanspruch.
Betrachten wir ein Astronomenparchen, Erdolf und Raumine. Sie sind
beide 25 Jahre alt und haben Ihre gemeinsame Zukunft schon verplant.
Jetzt ergibt es sich, dass Raumine an einer Weltraumexpedition teilnehmen
kann: Sie iegt zu einem 8 Lichtjahre entfernten Stern und zuruck. Das
Raumschi iege mit einer Geschwindigkeit von v = 54 c. Nun haben wir drei
verschiedene Perspektiven: 1. Erdolf und Raumine, welche die Reise planen
und alles vorausberechnen, 2. Raumine, welche ihr Reisetagebuch fuhrt, und
3. Erdolf, der Raumine naturlich die ganze Zeit beobachtet.
Rechenbeispiel.
1. Reisefahrplan (Berechnung). Erdolf und Raumine berechnen fur die
Reisedauer13
s =) t = 2 8 ly = 20y
v =
4
t
5c
wenn Raumine also 2002 losiegt, wird sie 2012 beim Stern und 2022
wieder zuruck sein.
13
1 ly = 1 Lichtjahr = Distanz, welche das Licht in einem Jahr zurucklegt. Physikalisch
richtig musste man hier schreiben 8c y, weshalb sich c wegkurzt und das Ergebnis richtig
in Jahren herauskommt.
2.3 Bedeutung der SRT fur die Zeit
11
2. Reisetagebuch. Raumine erlebt es anders. Naturlich wird sie in ihrem
Reisetagebuch den Lift-O auch im Jahr 2002 eintragen. In ihrem
System ist aber nach Gleichung (4)
r
s
; 4 2
r
16 = 3 t
= t0 1 ; 25
50
und damit lauft ihre Uhr wesentlich langsamer als Erdolfs Uhr. Wenn
bei Erdolf t0 = 60 Minuten vergangen sind, dann sind bei Raumine lediglich t = 35 t0 = 36 Minuten vergangen. In ihrem Reisetagebuch wird
Raumine also eintragen, dass sie im Jahr 2008 beim Stern angekommen ist, und 2014 wieder auf der Erde landet. Ramine wird nach ihrer
Ruckkehr also 8 Jahre junger sein als Erdolf, der bei ihrer Abreise noch
gleich alt war.
3. Erdolf's Beobachtungen. Da das Licht 8 Jahre braucht, um vom Stern
zur Erde zu gelangen, wird Erdolf Raumine erst im Jahr 2020 beim
Stern ankommen sehen. Obwohl er mit ihr zusammen richtig vorausberechnet hat, dass sie 10 Jahre hin- und 10 Jahre zuruckiegt, wird
er sie 18 Jahre hin- und 2 Jahre zuruckiegen sehen.
t
2
v
= t0 1 ; c2 = t0 1 ;
5
c2
c2
2.3.3 Gleichzeitigkeit.
Vor der speziellen Relativitatstheorie galten zwei Ereignisse als gleichzeitig,
wenn sie auf synchronisierten Uhren abgelesen zu gleichen Zeiten stattfanden. Dies ist naturlich im Rahmen der speziellen Relativitatstheorie nicht
mehr moglich: Synchronisiert man zwei Uhren und bringt sie an verschiedene Orte, um die Zeit von verschiedenen Ereignissen anzuzeigen, gehen
die Uhren nicht mehr synchron, da sie durch die Bewegung zum Ort des
Ereignisses der Zeitdilatation unterliegen.
In der speziellen Relativitatstheorie muss man Uhren mit der EinsteinUhrensynchronisation stellen: Zwei Uhren gehen nur dann gleich, wenn sie
sich im selben Intertialsystem benden und mit einem Lichtblitz gestartet
werden, welcher von einer Lichtquelle ausgesandt wird, von wo die Wege zu
den beiden Uhren gleich sind.
2.3.4 Das Experiment von Hafele und Keating.
Die Zeitschrift TIME veroentlichte die Ergebnisse eines Versuches von Joseph C. Hafele und Richard Keating am 18.10.1971. Die beiden Physiker
sind mit Atomuhren an Bord von Lininenugzeugen um die Welt geogen,
einer nach Osten, der andere nach Westen und sie konnten ein Abweichen
der Uhren in Abhangigkeit von ihrer Bewegung zeigen.
Ein Flug um die Erde dauert etwa zwei Tage. Stellt man eine Atomuhr
am A quator auf, bewegt sich diese Uhr mit der Geschwindigkeit vA einer
Erdumdrehung pro Tag:
km
40 000km
v
A = 24h 1667 h :
0
2.4 Bedeutung der SRT fur die Langenmessung
12
Wir betrachten zwei Flugzeuge, welche mit v = 800 km
h uber Boden iegen.
14
Da die Erde sich Richtung Osten dreht, sind die beiden Geschwindigkeiten
vF der Flugzeuge
km
km
km
km
v
v
FW = 1667 ; 800 h = 867 h :
FO = 1667 + 800 h = 2467 h
Wegen der Zeitdilatation geht die Uhr beim Ostug schneller als diejenige
am A quator, beim Westug langsamer.
Fur die Zeitdierenzen tA ; tF der Uhren im Ostug bzw. im Westug
berechnet man
s
t
2
2
A
A
A = t0 1 ; c2 = t0 1 ; 2c2
v
v
!
1
p
wo wir beim zweiten Gleichheitszeichen 1 + x = (1 + x) 2 1+ 21 x benutzt
haben.15 Auf dieselbe Art berechnet man tF und bekommt
tOst = ;255ns
tWest = 156ns:
Hafele und Keating konnten nicht dem A quator entlangiegen, deshalb
wichen ihre berechneten Zeiten von diesen ab. Das Experiment bestatigte aber die von ihnen berechneten Resultate. So wurde das erste mal eine
Zeitdilatation mit makroskopischen Uhren gemessen.
2.4 Bedeutung der SRT fur die Langenmessung
Wir denken uns eine Rakete, welche mit v = 35 c an uns vorbeiiegt, wahrend
wir auf der Erde stehen. An Bug und Heck des Raumschis sind Uhren
angebracht. Wir haben selber eine Uhr auf der Erde und stoppen, wie lange
der Vorbeiug dauert. Wenn wir fur den Vorbeiug eine Zeit t0 messen,
verstreicht im Raumschi gemass (4) eine Zeit
r
2
= t0 1 ; vc2 :
Da wir die Lange des Raumschis berechnen konnen aus (1), folgt
l0 = vt0
l = vt
und damit
t
r
2
(5)
= l0 1 ; vc2 :
Da Uhren von bewegten Korpern langsamer gehen, ist es intuitiv klar,
dass bewegte Massstabe kurzer werden - dies wird durch obige Rechnung
bestatigt. Dieser Eekt heisst Langenkontraktion.
Nehmen wir an, dass die Rakete im Ruhesystem gemessen die Lange
l0 = 50 m hat, dann misst die Rakete in diesem Vorbeiug nur noch l =
q 9 c2
1 ; 25c2 = 50m 54 = 40 m.
l0
l
14
15
Dies kann man daran feststellen, dass die Sonne im Osten aufgeht.
Dies geht, da x 1 wegen vA c.
2.5 Minkowski-Diagramme
13
2.5 Minkowski-Diagramme
Um Bewegungen besser zu verstehen braucht man in der Physik haug WegZeit-Diagramme wie in Abbildung 4.16 Auf der x-Achse ist die Zeit dargestellt, auf der y -Achse die Lange des zuruckgelegten Weges. An diesen Diagrammen kann man ablesen, ob und wann ein Korper beschleunigt wurde,
ob er in Ruhe ist und ob er sich vorwarts oder ruckwarts bewegt:
s
(a)
(b)
(c)
(d)
(e)
t
Abbildung 4: Weg-Zeit-Diagramm: (a) steht einfach still, (b) wird von (c)
uberholt, beide fahren mit konstanter Geschwindigkeit (deshalb sind ihre
Kurven Geraden), (d) beschleunigt, bremst, fahrt ein Stuck ruckwarts und
beschleunigt dann wieder, (e) ist gar nicht moglich, da ein Korper keine
Zeit brauchen wurde, um einen Weg zuruckzulegen. Selbstverstandlich sind
wo sich die
in diesem Diagramm zwei Dimensionen unterdruckt: Uberall,
Kurven schneiden, wurde sonst ein Unfall passieren!
Hermann Minkowski fuhrte ahnliche Diagramme fur die spezielle Relativitatstheorie ein, er trug jedoch die Zeit auf der y -Achse und die Raumkomponente(n) auf der x-Achse ab und eichte die Achsen um. Aus den normalen
Raum-Zeit-Diagrammen werden dann Minkowski Diagramme.
2.5.1 Nichtrelativistische Diagramme
Wir betrachten zuerst ein einfaches Minkowski-Diagramm fur nichtrelativistische Geschwindigkeiten, Abbildung 5.
Das Velo fahrt in diesem Diagramm oenbar dem Auto entgegen. Einen
Punkt im Minkowski-Diagramm nennt man Ereignis, die Menge aller Ereignisse eines Korpers nennt man Weltlinie. Das Diagramm zeigt also die Weltlinien fur Auto und Velo. Ein besonders bedeutsames Ereignis ist der Punkt,
In der Kantiphysik stellt die x-Achse immer die Lange des Weges dar, aber es wird
auch nur eine Achse benotigt, weil man nur eindimensionale Probleme betrachtet. Im
allgemeinen Fall heissen diese Diagramme dann Raum-Zeit-Diagramme, um klarzustellen,
dass die eindimensionale Betrachtungsweise eine Vereinfachung ist
16
2.5 Minkowski-Diagramme
14
t
Auto
Fussgängerin
Velo
x
Abbildung 5: Weltlinien eines Autos, einer stillstehenden Fussgangerin und
eines Velos, welches in die entgegengesetzte Richtung des Autos fahrt.
in dem sich die beiden Weltlinien kreuzen: Wenn wir wirklich nur ein eindimensionales Problem betrachten passiert dort ein Unfall.17 Eine Weltlinie,
die parallel zur t-Achse steht, gehort zu einem ruhenden Korper, je acher
eine Weltlinie wird, desto grosser ist die Geschwindigkeit des Korpers. Geraden sind Weltlinien von Korpern, die sich mit konstanter Geschwindigkeit
bewegen, krumme Linien gehoren zu beschleunigten Korpern.18
Eine Besonderheit der Minkowski-Diagramme ist, dass wir in ihnen bequem verschiedene Inertialsysteme darstellen konnen, indem wir die Achsen
neigen. Im nichtrelativistischen Fall genugt das neigen der Zeitachse (Abbildung 6).
t
t''
t'
Auto
Fussgängerin
Velo
x
Abbildung 6: Alle drei Inertialsysteme im nichtrelativistischen Fall. Die tAchsen mussen parallel zur den Weltlinien verlaufen.
17
Naturlich unterdrucken wir im Unterricht die y- und z -Achse, der Velofahrer fahrt auf
dem Trottoir - das ist zwar verboten, gibt aber hier keinen Zusammenstoss.
18
Wir betrachten in der speziellen Relativitatstheorie jedoch nur Inertialsysteme, also
durfen in unseren Skizzen keine krummen Linien vorkommen.
2.5 Minkowski-Diagramme
15
In dieser Abbildung sind neben dem ursprunglichen Inertialsystem auch
das Ruhesystem des Autos und das Ruhesystem des Velos dargestellt. Ereignisse, die bezuglich einem Inertialsystem gleichzeitig passieren, liegen auf
einer Parallelen zur x-Achse. Ereignisse, die bezuglich einem Inertialsystem
am gleichen Ort stattnden, liegen auf einer Parallelen zur jeweiligen tAchse. Wenn wir Koordinaten ablesen wollen, legen wir also durch das Ereignis, welches durch die Koordinaten beschrieben wird, je eine Parallele zur
x-Achse und eine zur t-Achse (Abbildung 7).
t
t''
t0 = t1 =t2
x1
Ereignis
E
x0
t'
x2
x
Abbildung 7: Die Koordinaten eines Ereignisses E gemessen in allen drei Inertialsystemen. Die Koordinaten sind die Schnittpunkte von Geraden, welche
durch das Ereignis laufen und parallel zu den jeweiligen Achsen des Inertialsystems sind.
2.5.2 Relativistische Diagramme
Als erstes Zeichnen wir Diagramme, in welchen wir berucksichtigen, dass die
Lichtgeschwindigkeit endlich ist und betrachten ein Beispiel zur Gleichzeitigkeit. Danach konstruieren wir Ruhesysteme fur relativistische Diagramme.
Einheiten. Wir werden von uns an der Einfachheit halber beide Achsen
in Sekunden angeben. Das heisst, wir belassen die Einheit der t-Achse und
rechnen die Einheit der x-Achse um gemass
x = c ms 1s := 1Lichtsekunde = 1ls 300 000km:
Man verwendet mit Vorteil gleiche Zeicheneinheiten, das heisst, eine Sekunde
wird auf der t-Achse gleich lang dargestellt wie eine Lichtsekunde auf der
x-Achse: Damit bewegt sich Licht, welches am Ursprung eines Minkowski
Diagrams ausgesendet wird, immer auf Winkelhalbierenden (Abbildung 8).
0
Beispiel zur Gleichzeitigkeit. Zwei Raketen iegen aneinander vorbei
mit Geschwindigkeit v = 2c in exakt entgegengesetzter Richtung. Wenn die
Raketen auf der selben Hohe sind, wird in der Mitte zwischen beiden Raketen
ein Lichtblitz ausgesandt, welcher Uhren in den Raumschien starten soll,
die jeweils am Bug und am Heck angebracht sind (Abbildung 9).
Aus der Sicht der unteren Rakete bewegt sich die obere mit v = 2c
nach links und wahrend in ihrer Rakete beide Uhren gleichzeitig gestartet
werden, startet in der oberen Raketen zuerst die Uhr im Heck, dann diese
2.5 Minkowski-Diagramme
16
t
«Zukunft»
von E
1s
α
1 Ls
x
«Vergangenheit»
von E
Abbildung 8: Ein zweidimensionaler Lichtkegel im Koordinatensytem. Alle
Ereignisse, welche uberhaupt vom Ursprung des Koordinatensystems beeinusst werden konnen liegen in der Zukunft des Ursprungs, da sich nichts
schneller als das Licht bewegen kann. In drei Dimensionen wird daraus der
Zukunftslichtkegel.
im Bug. Aus der Sicht der unteren Rakete ist es genau umgekehrt. Mit
Minkowski-Diagrammen ist dieser Sachverhalt sehr einfach darzustellen und
zu verstehen.
Achsen. Nun uberlegen wir uns, was beim U bergang von der Newton-
schen Mechanik zur speziellen Relativitatstheorie an diesen Diagrammen
verandert werden muss: Die Zeitdilatation sagt uns, dass wir beim Wechsel
von einem Inertialsystem in ein anderes berucksichtigen mussen, dass die
Uhren nicht gleich schnell laufen. Wir haben aber bisher angenommen, dass
wir mit immer gleichen Zeitabstanden rechnen konnen,19 auch wenn wir die
t-Achse um einen Winkel neigen, um ins Ruhesystem eines K
orpers zu
gelangen.
Betrachten wir eine Rakete, welche in einem Inertialsystem I mit einer
Geschwindigkeit v = 0 6c in x-Richtung iegt. Nun drehen wir die t-Achse,
um das Raumschi im Ruhesystem zu haben, wir nennen das gedrehte System I , und die zu diesem System gehorenden Achsen t , bzw. x . Wir
mussen einen Weg suchen, eine der t -Achse angepasste x -Achse zu konstruieren, um die Forderung der Zeitdilatation zu erfullen. Hierbei bedienen
wir uns der in Kapitel 2.3.3 eingefuhrten Einstein-Synchronisation: Wir sen0
0
0
19
Parallele Geraden zur x-Achse fur jede t-Achse.
0
0
2.5 Minkowski-Diagramme
17
v
x
t1
tr
t2
t
Abbildung 9: Zwei Raketen iegen mit halber Lichtgeschwindigkeit aneinander vorbei. Aus der Sicht der unteren Rakete bewegt sich die obere mit
halber Lichtgeschwindigkeit nach links. In der Mitte der beiden Raketen wird
ein Lichtblitz ausgesandt, der resultierende Lichtkegel ist eingezeichnet: Die
Weltlinien des bewegten Raumschi s schneiden den Lichtkegel zu zwei verschiedenen Zeitpunkten.
den zwei Lichtsignale ab, welche sich in der Mitte des Raumschies treen
sollen, eines vom Bug aus, eines vom Heck aus (Abbildung 10).
Der Lichtstrahl vom Heck schneidet die Mittellinie des Raumschies,
dort muss auch der Lichtstrahl vom Bug schneiden, der unter dem selben
Winkel aus der anderen Richtung im System I kommen muss. Damit haben
wir das Ereignis gefunden, von wo aus das Licht ausgesandt werden musste von der Bug-Weltlinie aus. Und da die Lichtstrahlen sich in der Mitte
des Raumschis treen, mussen die beiden Aussendungs-Ereignisse gleichzeitig passieren: Wir haben mit dem Schnittpunkt des Bug-Lichtstrahls und
der Bug-Weltlinie einen Punkt gefunden, der dem Ursprung des Systems I
gleichzeitig ist, daher muss dort auch die x -Achse schneiden.
Die Winkel mussen fur die t - und die x -Achse gleich sein, weil die
Lichtgeschwindigkeit in jedem Inertialsystem gleich ist und die Ausbreitung
von Lichtstrahlen aufgrund der Einheitenkonventionen auf der Winkelhalbierenden passieren muss.
0
0
0
0
2.6 Herleitung der Lorentz-Transformationen
t
18
t'
x'
α
α
M
x
Abbildung 10: Ein Raumschi sendet gleichzeitig zwei Lichtsignale aus, eines am Bug, eines am Heck. Eingezeichnet sind die Weltlinien der Lichtsignale und die Weltlinie der Mitte des Schi es, wo sich die Lichtsignale
tre en. Die restlichen Geraden dienen zur Konstruktion des Inertialsystems
I.
0
2.6 Herleitung der Lorentz-Transformationen
Die Zeitdilatation ist nicht die einzige Konsequenz der speziellen Relativitatstheorie, auch fur den Raum und die Masse gibt es ahnliche Anpassungen zu berucksichtigen. In diesem Abschnitt werden wir nochmals die
Zeitdilatation in einem allgemeinen Zusammenhang herleiten und in der
selben Herleitung die sognannte Langenkontraktion bekommen. Damit sind
die Konsequenzen der speziellen Relativitatstheorie fur die Kinematik zusammengestellt und im nachsten Abschnitt wenden wir dieses Wissen dann
auf die Dynamik an, um die beruhmte Einstein'sche Formel E = mc2 zu
verstehen.
Wir betrachten ein Ereignis in zwei um den Winkel gedrehten Inertialsystemen I und I (Abbildung 11). Das Ereignis habe darin die Koordinaten
0
xe cte
x e ct e :
Hier rechnen wir mit den Einheiten e und e im jeweiligen Koordinatensytemen, ct rechnet Zeiten in Langen um, damit wir dieselben Einheiten
bzw.
0
0
0
0
0
2.6 Herleitung der Lorentz-Transformationen
19
benutzen konnen.
t'
t
Ereignis α
E
cte
ct'e'
e
α
(4)
x'
x'e' e
α
(3)
α
e
x
xe
(1)
(2)
Abbildung 11: Ein Ereignis E wird in zwei Inertialsystemen I und I gemessen. Die Konstruktion zeigt, wie man die gestrichenen Koordinaten aus den
ungestrichenen Koordinaten erhalt.
0
Wenn wir den Winkel transportieren, am Ereignis spiegeln und die
Denition von cos und sin benutzen mit den zwei durch die gestrichelten
Hilfslininen entstehenden rechtwinkligen Dreiecken:
xe
=
sin }
cos } + ct
| e{z
|x e {z
(6)
cte
=
cos }
sin } + ct
| e {z
|x e {z
(7)
0
0
0
0
1
0
2
0
0
0
3
4
Division durch e und Ausklammern von cos gibt20
0
cos
e
x
=
e
ct
=
e
0
cos
e
;
;
0
+ ct tan
0
tan + ct :
x
x
0
0
Wir konnen Ausdrucke fur ee , cos nden aus Abbildung 12.
0
20
Da
sin
cos
:= tan
gilt.
2.6 Herleitung der Lorentz-Transformationen
20
t'
t
v
e
c
e
x'
z
α
α
x
e
Abbildung 12: Aus diesem Dreieck kann man alle notwendigen geometrischen Beziehungen zur Herleitung der Lorentztransformation ablesen.
Nach Pythagoras gilt
z
=
r
e
+
2
v
c
2
2
e
2
r
=
e
1+
v
c
2
2
aber aufgrund der Langenkontraktion (5) gilt auch
z
=
r
e
0
1;
v
2
2:
c
Gleichsetzen der beiden Ausdrucke fur liefert
z
0
q
1+
=q
v2
c2
(8)
1 ; vc22
Den Ausruck fur cos nden wir aus der Denition des Cosinus aus der
selben Skizze
(9)
cos = = q 2 = q 1 2
1 + vc2
1 + vc2
Schliesslich lesen wir aus der Skizze noch
e
e
:
e
e
z
:
e
tan =
v
e
c
e
=
v
c
(10)
2.7
Herleitung von
E = mc2
21
ab, und setzen (8), (9) und (10) in (6) und (7) ein:
q
x = q
q
ct = q
1 + vc22
1
v2
; 2
c
1 + vc22
1
v2
; 2
c
q
1 x + ct v
c
1 + vc22
q
1 x v + ct :
1 + vc22 c
0
0
0
0
Dies ergibt die speziellen Lorentztransformationen :
x = qx + vt2
0
0
(11)
1 ; vc2
t + x vc :
t = q
1 ; vc22
0
2.7
Herleitung von
0
(12)
E = mc2
Wir betrachten den Stoss eines Autos mit einer Wand. Das Auto habe die
Masse m = 1000kg. Wir nehmen an, dass sich das Auto im Ruhesystem mit
der Geschwindigkeit v = 25 ms auf einer Strecke der Lange s = 100m bewegt
wahrend der Zeit t = 4s, bevor es mit der Wand stosst.
Der Impuls ist dann
p = m v = 1000kg 25 ms = 25 000kg ms :
Nun betrachten wir denselben Stoss aus einem zum Inertialsystem
Ruhesystem I senkrecht mit der Geschwindigkeit u = 0 6c bewegten System I . Da es senkrecht
zum Inertialsystem
zum
RuhesystemI bewegt ist, sieht das bewegte System keine Langenkontraktion, diese trate nur in Fahrtrichtung in Erscheinung. Die Wand muss
in beiden Systemen gleich eingedruckt sein, wenn keine Langenkontraktion
auftritt, also muss der Impuls in beiden Systemen I und I derselbe sein:
(13)
p = p = 25 000kg ms :
Ohne Langenkontraktion gilt fur die vom Auto zuruckgelegten Wege
0
0
0
0
0
s=s:
(14)
Von
aus gesehen,
läuftlangsamer
die Zeit in I als
langsamer.
Mit der
uft jedoch
die Zeit
im Ruhesystem, mit
Im Uhren,
SystemdieIin lI'aruhen
Zeitdilatation ergibt sich
0
0
r
2
t = t 1 uc2
0
also
;
2.7
Herleitung von
E = mc2
22
t =q t
0
1
u2
; 2
c
= q 4s
= 5s:
6 )2
1 ; ( 10
Damit wird die Geschwindigkeit des Autos aus der Sicht von
des I'bewegten Systems
s = 100m = 20 m :
v =
t
5s
s
Nach (13) hat das Auto dann eine von m verschiedene Masse aus der
Sicht des bewegten Bezugssystems I :
p = m v =) m = pv = 2520000 kg = 1250kg:
Je schneller das Auto fahrt, desto schwerer wird es.21 Es gilt eine Beziehung
wie fur Zeitdilatation oder Langenkontraktion, mit (13) und (14):
s
m = m vv = st = m tt = m q 1 2
t
1 ; uc2
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
allgemein mit der mit Geschwindigkeit v bewegten Masse m und der Ruhemasse m0:
(15)
m = m0 q 1 2 :
v
1 ; c2
Warum wird ein Auto je schwerer, desto schneller es sich bewegt? Das
einzige, was sich sich andert, ist die kinetische Energie des Autos - kann es
sein, dass diese Energie zur Masse des Autos beitragt? Die Antwort auf diese
Frage bekommen wir, wenn die Massenzunahme m ; m0 berechnen. Darin
musste sich die Massenzunahme durch die kinetische Energie manifestieren.
So berechnen wir
m m0 =
;
0
BB
BB 1
1
q
q
m0 = m0 B
m0
B
1
B@| 1{z }
1+
2
m0 1 + 1 v 1 = 1 m0v2 1
;
v2
c2
;
;
1
2
=
=)
2 c2
;
= Ekin c12
Ekin = (m ; m0 )c2:
2
v2
c2
v2
c2
;
1
CC
CC
1C
CC
A
c2
21
Uberlege, was passiert, wenn sich ein Korper immer schneller wird und fast Lichtgeschwindigkeit hat? Es kann sich also auch deswegen nichts schneller als Licht bewegen.
2.7
Herleitung von
E = mc2
23
Beim dritten Gleichheitszeichen wurde der sogenannte Satz von Taylor verwendet, nach dem sich jede Funktion nach bestimmten Regeln durch eine
Summe von solchen Termen annahern lasst. Nennen wir m0 c2 die Ruheenergie eines Korpers, so wird die Gesamtenergie des Korpers
E=
m c2
0 }
| {z
+
mc2 ;{zm0 c}2
:
|
Ruheenergie Bewegungsenergie E
Dies ist die beruhmte Einstein'sche Formel, welche besagt, dass Masse
und Energie aquivalent sind:
kin
E = mc2:
(16)
Diese Formel hat enorme Anwendungen im gesamten Bereich der Teilchenphysik, und wir sind ihr bereits bei der Untersuchung von Energiequellen in Sternen uber den Weg gelaufen.
Allgemeine Relativitatstheorie
3 Allgemeine Relativitatstheorie
Die neben der Quantenmechanik bahnbrechendste Theorie des letzten Jahrtausends wurde von Albert Einstein 1915 publiziert: Die allgemeine Relativitatstheorie. Der grundlegend neue Idee darin war, dass die Gravitationskraft nicht durch eine Massenanziehung wie bei Newton zustande kommt,
sondern durch eine Krummung der Raum-Zeit. Die allgemeine Relativitatstheorie ist also eine Einstein'sche Gravitationstheorie, welche die Newton'sche
Gravitationstheorie ablost.22 Die spezielle Relativitatstheorie gilt nur fur
spezielle Bezugssysteme, die Inertialsysteme, wahrend die allgemeine Relativitatstheorie auch beschleunigte Bezugssysteme umfasst.
Krummung der Raumzeit Unsere bekannte Euklidische Geometrie be-
ruht auf rechtwinkligen Koordinatensystemen, in welchen Positionen von
Korpern gemessen werden. Wie kommt man uberhaupt darauf, in solchen
Koordinatensystemen zu arbeiten? Eine mogliche Erklarung dafur ist, dass
die Menschen zur Zeit Euklids ( 300 v. Chr.) noch dachten, dass die Erde
ach sei. Auf einer runden Erdkugel macht die Euklidische Geometrie vieles
komplizierter, es sei denn, man sagt, dass wir jeden beliebigen Punkt auf
der Oberache der Erdkugel mit einer Ebene annahern. Die Erfahrung sagt
uns, dass wir dies tun konnen: Die kurzeste Verbindung von Zuerich nach
Genf ist in unserer Vorstellung eine Gerade. Ganz genau genommen ist die
kurzeste Verbindung von Zuerich nach Genf ein Kreisabschnitt, dessen Mittelpunkt im Erdmittelpunkt liegt - wir konnen schliesslich auch von Zurich
nach Sydney nicht auf einer Geraden iegen!
Im dreidimensionalen Fall haben wir es also tatsachlich mit der Geometrie auf einer Kugel zu tun, wo kurzeste Verbindungen Kreisabschnitte und
keine Gerade sind. Trotzdem konnen wir in Euklidischen Koordinatensystemen rechnen und bekommen keine grossen Fehler fur fast alle Anwendungen
in unserem taglichen Leben.
Einsteins allgemeine Relativitatstheorie behandelt nun den Fall, dass
sich die Krummung des Raumes von Punkt zu Punkt verandern kann.23
A quivalenzprinzip Eine einfache Beobachtung liegt Einsteins neuer Gra-
vitationstheorie zugrunde: Alle Korper fallen im freien Fall gleich schnell, unabhangig von ihrer Masse. Baut man um einen frei fallenden Korper einen
Kasten und stellt eine Physikerin hinein, welche mit dem Korper Experimente machen kann, wird die Physikerin schnell herausnden, dass sich der
Korper nach dem Tragheitsprinzip verhalt. Die Physikerin und der Kasten
fallen frei mit dem Korper - es gibt kein Experiment, mit dem die Physikerin beweisen kann, dass sie sich in einem frei fallenden Kasten bendet
Naturlich ist die Newton'sche Gravitationstheorie nicht falsch, sie ist einfach zu wenig genau, um viele Phanomene zu beschreiben, welche die allgemeine Relativitatstheorie
richtig beschreibt.
23
Im achen Raum ist die Krummung uberall Null. Die grundlegende Theorie gekrummter Raume wurde ubrigens von Bernhard Riemann ausgearbeitet und wird heute an den
Universitaten als Dierentialgeometrie gelehrt.
22
24
Allgemeine Relativitatstheorie
25
und nicht in der Schwerelosigkeit weit weg vom nachsten Himmelskorper: In
beiden Situationen gilt der Tragheitssatz. Dies bedeutet aber, dass sowohl
der Kasten in der Schwerelosigkeit, als auch der frei fallende Kasten Inertialsysteme sind, und demzufolge die spezielle Relativitatstheorie in ihnen
gilt.24
Stellen wir uns den Fall vor, in welchem der Kasten beschleunigt wird,
sagen wir, er stehe in der Rakete, welche ihn an einen anderen Ort im
Sonnensystem bringt. Dann sieht die Physikerin plotzlich Bewegungen des
Korpers, welche sie der Beschleunigung zuschreibt - sie spurt selber auch,
dass sie mehr auf den Boden gedruckt bzw. ihr Korper vom Boden weggehoben wird. Im frei fallenden Kasten konnte sie den Probekorper vor ihrer Nase
loslassen und er el nicht zu Boden, genauso im schwerelosen Kasten, aber
nun fallt der Korper entgegen der Bewegungsrichtung der Rakete auf den
Boden oder zur Decke. Nun landet die Rakete auf der Erde, die Physikerin
lasst den Korper nochmals los - und er fallt wieder auf den Boden. Daraus
muss die Physikerin schliessen, dass der Kasten immer noch beschleunigt
wird. Ausserhalb des Kastens wissen wir aber, dass der Kasten auf der Erde
steht. Die Physikerin kann nicht unterscheiden, ob sie sich in einem beschleunigten Bezugssystem be ndet, oder in einem Bezugssystem in einem
Gravitationsfeld. Deshalb schreiben wir das Kraftgesetz des freien Falles und
das Newton'sche Bewegungsgesetz gleich
F =m a=m g
und konnen nicht unterscheiden, ob der Kasten im Weltall mit a = g beschleunigt wird oder auf der Erde steht. Die einzige Voraussetzung dafur ist
naturlich, dass das Gravitationsfeld der Erde nicht varriert uber die Hohe
des Kastens.25
Dies nennt man das Aquivalenzprinzip
: In einem homogenen Gravitationsfeld laufen Vorgange in gleicher Weise ab wie die in einem gleichmassig
beschleunigten Bezugssystem.
Aufbauend auf dieser Idee und mit Hilfe der Riemann'schen Geometrie
konstruierte Einstein mit der allgemeinen Relativitatstheorie eine Theorie,
in welchen sich Korper nur noch in der gekrummten Raum-Zeit von Inertialsystem zu Inertialsystem bewegen. Die Krummung wird von den Massen
verursacht.
Bemerkung zu den Eekten der allgemeinen Relativtatstheorie
Die Besprechung und Berechnung einiger einfacher Eekte wird auf ein
spateres Astronomiefreifach vertagt. Vorerst nur folgende Bemerkungen:
Die Erde bewegt sich aufgrund der Raumkrummung auf ihrer krummen
Bahn um die Sonne. Ebenso wird das Licht durch die starke Raumkrummung
24
gilt.
Inertialsysteme sind ja per Denition Bezugssysteme, in welchen der Tragheitssatz
Sonst konnte die Physikerin Messungen machen, welche zeigen, dass der Korper oben
im Kasten anders beschleunigt wird als unten im Kasten, wenn der Kasten auf der Erde
steht, bei der Rakete hingegen waren beide Beschleunigungen identisch.
25
Allgemeine Relativitatstheorie
um die Sonne abgelenkt. Diesen Eekt kann man z. B. bei Sonnennsternissen beobachten.
Uhren gehen in der gekrummnten Raum-Zeit langsamer als in der achen
Raumzeit.
Licht erfahrt eine sogenannte Gravitationsrotverschiebung.
Die Bahnachse der Planetenbahn des Merkurs dreht sich mit der Zeit diese Eekte werden nur in der allgemeinen Relativitatstheorie vorausgesagt
und sind in der Newton'schen Theorie nicht enthalten.
Diese und andere Eekte erklaren Beobachtungen, welche man ohne die
neue Gravitationstheorie Einsteins nicht versteht. Naturlich gibt es auch
zahlreiche Anwendungen in der Astrophysik und die gesamte moderne theoretische Kosmologie baut auf dem Fundament der allgemeinen Relativitatstheorie auf.
26
Personenverzeichnis
A Personenverzeichnis
Einstein, Albert
Euklid
Lorentz, Hendrik Antoon
Maxwell, James Clerk
Michelson, Albert Abraham
Newton, Sir Isaac
Poincare, Julies Henri
Riemann, Georg Friedrich Bernhard
Roember, Olaf
27
1879-1955
365-300 v. Chr.
1853-1928
1831-1879
1852-1931
1643-1727
1854-1912
1826-1866
1644-1710
Literatur
1] Grehn, Joachim (Hrsg.) Metzler Physik. Schroedel Verlag GmbH. Hannover, 1998.
2] Hewitt, Paul G. Conceptual Physics. Addison-Wesley Verlag. Eight Edition, New York, 1998.
Enthalt zwei Kapitel uber Relativitatstheorie, praktisch ohne Formeln,
sehr gut und einfach erklart.
3] Simonyi, Karoly. Kulturgeschichte der Physik. Aus dem Ungarischen
von Klara Christoph, Dresden. Verlag Harri Deutsch. Thun, 1990.
4] Sexl, Roman (Hrsg.) Materie in Raum und Zeit. Eine Einfuhrung in
die Physik. Band 3. Sauerlander Verlag. Aarau, 2. Auage, 1991.
5] Straumann, Norbert. Spezielle Relativitatstheorie. Skriptum zur Vorlesung. Uni Zurich.