Die Grenzen des Entscheidens: Drei soziologische Perspektiven
Fran Osrecki
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Abstract
Der folgende Beitrag stellt drei soziologische Kritikpunkte am Konzept rationalen
Entscheidens dar. Genauer gesagt werden drei kritische Perspektiven auf
zweckrationales Handeln vorgestellt, da in weiten Teilen der Soziologie der
Handlungsbegriff eine prominentere Rolle spielt, als der Begriff des Entscheidens. Dabei
wird erstens die mit Max Weber in Verbindung gebrachte Vorstellung erörtert, wonach
zweckrationales Handeln nur eine mögliche Handlungsorientierung neben anderen und
zudem vor allem von analytischer Bedeutung ist. Zweitens wird die Auffassung von
Talcott Parsons vorgestellt, der zufolge auch zweckrationale Handlungen eine normative
Basis haben und schließlich wird drittens die systemtheoretische Perspektive
nachgezeichnet, aus welcher die Rationalität sozialer Systeme weder als Aggregat
rationaler Einzelentscheidungen verstanden, noch durch hierarchisch organisierte
Zweckverbände sichergestellt werden kann.
Die Soziologie als entscheidungsfeindliche Disziplin?
Der Begriff des rationalen Entscheidens spielt in der Soziologie eine weniger zentrale
Rolle als in anderen Disziplinen, die sich mit menschlichem Verhalten
auseinandersetzen (siehe z.B. Dimbath 2003: 18). Dies hat sowohl konzeptionelle als
auch fachhistorische Gründe. Aus fachhistorischer Sicht ist die Soziologie ein
„latecomer“, der sich gegenüber anderen sozialwissenschaftlichen Disziplinen vor allem
durch Abgrenzung etabliert hat. Dies verpflichtete das Fach schon relativ früh dazu, zu
anderen Beschreibungen der Gesellschaft, d.h. vor allem zu bereits etablierten
Disziplinen, inkongruente Perspektiven einzunehmen (Kieserling, 2004: 26ff.). Gerade in
Bezug auf das Entscheidungskonzept war hierbei insbesondere die Ökonomie diejenige
Disziplin, zu der die Soziologie auf Distanz ging und dies bis heute noch tut (siehe
Müller, 2011: 45)—allen voran durch die im Fach weit verbreitete kritische Sicht auf
Theorien rationalen Entscheidens. So kommt kaum ein soziologischer Einführungstext
ohne eine Kritik am Modell des „homo oeconomicus“ aus, also der Vorstellung,
menschliches Entscheiden sei im Prinzip nutzenmaximierend auf der Basis klar
geordneter Präferenzen und vollständiger Informationen über die gegebene
Entscheidungssituation (z.B. Joas, 2001: 28 f.). Statt dessen, so die Haltung vieler
Soziologen, engen sozialstrukturelle und kulturelle Faktoren menschliches
Entscheidungsverhalten derartig ein, dass freies, überlegt kalkulierendes und rationales
Handeln nur in sehr eingeschränktem Maße möglich sei.
Am klarsten brachte diese disziplinären Auffassungsunterschiede der amerikanische
Ökonom James Duesenberry (1960: 233) auf den Punkt: „Economics is all about how
people make choices. Sociology is all about why they don’t have any choices to make“.
Doch obwohl weite Teile der Soziologie dazu neigen, die strukturelle Eingeschränktheit
menschlichen Entscheidens zu betonen, ist diese Gegenüberstellung eine krude
1
Vereinfachung, wenn nicht gar bei näherer Betrachtung gänzlich unzutreffend. Zum
einen operieren nämlich auch Teile der Soziologie mit Handlungsmodellen, die an
Theorien rationaler Wahl angelehnt sind (z.B. Coleman, 1991; Esser, 2004). In diesem
Sinne spricht „die“ Soziologie in Sachen menschlicher Entscheidungsstrukturen nicht
mit einer Stimme. Zum anderen herrscht auch in der Ökonomie, und dies spätestens seit
Herbert Simons Modell der „bounded rationality“ (Simon, 1957), ein ausgeprägtes
Bewusstsein für die psychisch oder sozial bedingte Beschränktheit menschlicher
Informationsverarbeitungskapazität und eine dementsprechende Skepsis gegenüber
Modellen streng rationalen Entscheidens. Dies zeigt sich nicht zuletzt an der Konjunktur
behavioristischer und spieltheoretischer „trial-and-error“ Modelle menschlichen
Handelns, die es der mikroökonomischen Forschung erlauben, Rationalitätsannahmen
zunehmend sparsam einzusetzen (siehe dazu Laux, 2010: 18).
Zweifelsohne richtig ist trotz dieser komplexen Gemengelage, dass die Soziologie mit
einer Vielzahl von Handlungsmodellen operiert, die die Beschränkungen rationalen
Entscheidens zum Thema haben (Macy, 2006: 70). Insofern werden hier Modelle
rationalen Entscheidens nicht zwangsläufig abgelehnt, sondern eher in ihrer Gültigkeit
eingeschränkt und spezifiziert. Im folgenden Beitrag sollen drei klassische soziologische
Ansätze bzw. drei weit verbreitete Typen von Argumenten präsentiert werden, die
Modelle rationalen Entscheidens kritisiert haben, ohne diese jedoch gänzlich
abzulehnen. Dies ist erstens Max Webers enorm einflussreiche Vorstellung von
zweckrationalem Handeln als einem Idealtypus menschlichen Handelns, neben welchem
es andere, empirisch sogar häufiger anzutreffende Handlungstypen gibt. Zweitens das
voluntaristische Handlungsmodell von Talcott Parsons, dem zufolge jedes menschliche
Handeln, und so auch zweckrationales Entscheiden, zwangsläufig auf Werten und
Normen basiert. Drittens schließlich die systemtheoretische Vorstellung, wonach die
Zweckrationalität von Einzelentscheidungen nicht die Rationalität von Entscheidungen
auf der Ebene sozialer Systeme sicherstellen kann.
Diese drei Positionen umfassen bei weitem nicht das gesamte Spektrum der
soziologischen Auseinandersetzung mit Modellen rationalen Entscheidens, denn in der
einen oder anderen Weise arbeiten sich alle soziologischen Handlungsmodelle an
Vorstellungen von Handlungsrationalität ab. Neben den genannten Ansätzen ließen sich
unter diesem Aspekt zumindest auch die Handlungstheorien von Alfred Schütz, George
Herbert Mead, Harold Garfinkel oder Erving Goffman behandeln, was jedoch den
Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. Die hier getroffene Auswahl ist dennoch nicht
beliebig, denn es handelt sich dabei a) um in der Soziologie sehr weit verbreitete und
gut eingeführte Argumente und b) um versöhnliche Argumente, die extreme und
polemisierende Sichtweisen zu vermeiden suchen. In der folgenden Darstellung wird
somit auf die Darstellung extremer Positionen verzichtet, also zum einen auf eine
Darstellung von strengen Rational-Choice-Theorien, die menschliche Entscheidungen
ausschließlich vor dem Hintergrund individueller Nutzenkalküle und klarer
Präferenzordnungen zu erklären versuchen. Verzichtet wird zum anderen auch auf eine
Auseinandersetzung mit stark strukturdeterministischen Modellen menschlichen
Handelns, also Ansätzen, die menschliches Entscheiden als überwiegend sozial
konditioniert auffassen. Ein Beispiel wäre der klassische Marxismus, welchem zufolge
Menschen in ihren Handlungen im Großen und Ganzen durch ihre Klassenzugehörigkeit
programmiert werden. Schließlich sei angemerkt, dass sich die drei vorgestellten
Argumentationslinien durchaus überschneiden, somit also kombinierbar sind und in der
Praxis soziologischer Argumentation auch kombiniert werden. Allerdings kann die
2
Kombinierbarkeit der Ansätze (und ihre Grenzen) in diesem Beitrag nicht weiter
behandelt werden.
Argumentationslinie 1:
beschränkter Geltung
Zweckrationales
Entscheiden
als
Idealtyp
mit
Generell ist der Entscheidungsbegriff auf Konstellationen bezogen, in denen ein Akteur
zwischen unterschiedlichen Handlungsalternativen wählen, sich zwischen ihnen
entscheiden kann. Eine solche Wahl muss nicht zwangsweise als streng kalkulierend
verstanden werden, aber der Entscheidungsbegriff impliziert auf einer unmittelbaren
konzeptionellen Ebene bewusste und überlegte Handlungen vor dem Horizont bewusster
und überlegter Handlungsalternativen. Aus dieser Perspektive sind Entscheidungen also
eine besondere, und, wie noch gezeigt werden wird, relativ außeralltägliche Art
menschlichen Verhaltens. Diese Herangehensweise ist in der Soziologie spätestens seit
Max Weber üblich geworden, der nicht den Entscheidungsbegriff an eine zentrale
konzeptionelle Stelle setzte, sondern vom Begriff des sozialen Handelns ausging und
abwägende Entscheidungsmuster als (idealtypische) Unterkategorien davon
behandelte.
Max Webers bis heute einflussreiche Position war es, die Soziologie als Wissenschaft
vom sozialen Handeln zu begreifen, wobei damit Handeln gemeint ist, „welches seinem
von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen
wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist“ (Weber, 1980: 1). In dieser Fassung ist
soziales Handeln eine spezifische Form menschlichen Verhaltens, denn es schließt all
diejenigen
Entscheidungen
aus,
die
ausschließlich
der
persönlichen
Bedürfnisbefriedigung dienen und nicht auf das Verhalten anderer gerichtet sind.
Wichtig ist hierbei, dass ein- und dieselbe Handlung als bedürfnisbefriedigendes
Entscheiden oder als soziales Handeln gedeutet werden kann. So kann z.B. die Wahl
zwischen Bier und Mineralwasser getroffen werden unter dem Gesichtspunkt der
Effektivität des Durstlöschens oder unter dem Gesichtspunkt der angenommenen
Reaktion des Gegenüber auf die persönliche Entscheidung (ist das Gegenüber z.B.
militanter Antialkoholiker). Menschliches Handeln ist aus dieser Perspektive immer
dann sozial, wenn es im Bewusstsein von Akteuren eine vorgestellte Beziehung zwischen
ihrem Handeln und dem Verhalten (oder Handeln) anderer gibt. Dabei macht es für
Weber keinen Unterschied, ob der Handelnde die Personen, auf die sein Handeln in
vorgestellter Weise bezogen ist, persönlich kennt, ob es sich um Einzelpersonen oder
Gruppen handelt oder ob er oder sie sich am gegenwärtigen, vergangenen, zukünftigen,
realen oder angenommenen Verhalten anderer orientiert (siehe dazu auch Schneider,
2008a: 58).
Max Weber untergliedert nun soziales Handeln in vier Handlungstypen oder Motivlagen:
zweckrationales, wertrationales, traditionelles und affektuelles Handeln1. Zweckrational
Für Weber ist dabei zweckrationales Handeln derjenige Handlungstypus, der einer wissenschaftlichobjektiven Analyse am ehesten entgegenkommt, da er für unbeteiligte wissenschaftliche Beobachter auch
dann nachvollziehbar ist, wenn sie über wenig Kenntnis der individuellen Motivlagen und konkreten
Handlungssituationen verfügen. Die übrigen Handlungstypen werden bei Weber dementsprechend stets
im Unterschied zu zweckrationalem Handeln eingeführt und gedeutet (siehe Schneider, 2008a: 30ff.; 81).
Zweckrationales Handeln hat bei Weber also eine analytische Vorrangstellung, aus der er jedoch nicht
ableitet, dass es sich dabei um einen empirisch besonders häufig anzutreffenden Typus handelt—im
Gegenteil.
1
3
nennt Weber soziales Handeln, wenn es „nach Zweck, Mitteln und Nebenfolgen
orientiert“ ist (Weber, 1980: 13). Rein zweckrational handelt ein Akteur, der kontrolliert
abwägt, inwiefern ein angestrebtes Ziel (= Zweck) erreichbar ist, welche Mittel sich zur
Erreichung dieses Ziels eignen und welche Nebenfolgen ein solches Handeln unabhängig
vom Erreichen des anvisierten Ziels hätte. Dabei bedeutet Zweckrationalität zunächst
die Rationalität der Mittelwahl, denn ein anvisiertes Ziel lässt sich oft durch mehr als
nur ein mögliches Mittel erreichen. Welche Mittel sich zur Erreichung eines Zieles
eignen hängt hierbei vor allem davon ab, welche Nebenfolgen sie haben und wie diese
Nebenfolgen andere Ziele der handelnden Person beeinträchtigen. Rational zwischen
unterschiedlichen Mitteln zu wählen bedeutet dann, die Nebenfolgen der
Zweckerreichung auf andere ebenfalls wichtige Zweck so zu kalkulieren, dass „bei der
Bilanzierung von Zweck und Nebenfolgen ein möglichst günstiges Ergebnis erreicht
wird“ (Schneider, 2008a: 50). Eine Akteurin drängt sich z.B. an der Supermarktkasse vor
die anderen wartenden Kunden (Zweck: Zeitersparnis) und handelt dabei dann
zweckrational, wenn sie in bewusst abwägender Weise meint abschätzen zu können,
dass die dadurch produzierten Nebenfolgen (die Wut der anderen Kunden) andere,
ebenfalls wichtige Zwecke (z.B. körperliche Unversehrtheit) nicht so weit tangieren,
dass das Vordrängen zu riskant wäre (sie nimmt wüste Beschimpfungen in Kauf, rechnet
aber nicht mit körperlichen Gewaltanwendung des wütenden Mobs).
In Webers Modell können nun nicht nur Mittel, sondern auch die Ziele oder Zwecke
selbst rational gewählt werden und zwar dann, wenn diese selbst Mittel für einen
übergeordneten Zweck darstellen und sich das eben dargestellte Schema wiederholen
lässt. Die rationale Wahl zwischen unterschiedlichen Zwecken ist auch dann möglich,
wenn mit einer gegebenen, also nicht veränderlichen Menge an Mitteln unterschiedliche
Zwecke verfolgt werden und diese Zwecke in einer transitiven Dringlichkeitsordnung
gestaffelt werden können. Dies bedeutet, dass angegeben werden kann, inwiefern Zweck
A dringlicher ist als Zweck B, Zweck B dringlicher ist als Zweck C und also auch gilt, dass
Zweck A wichtiger ist als Zweck C – mithin also eine überschaubare hierarchische
Ordnung der Dringlichkeiten konstruiert werden kann. Darüber hinaus jedoch setzt
auch eine zweckrationale Abwägung in letzter Instanz immer oberste Prämissen
voraus, die nicht mehr rational begründbar sind, sondern sich an unhinterfragbaren
„letzten Zwecken“, oder persönlichen Bedürfnissen orientieren.
Im Unterschied dazu ist wertrational für Weber ein Handeln, das allein als solches und
unabhängig von seinem Erfolg in der Erreichung eines Zweckes verfolgt wird.
Wertrational zu handeln bedeutet also den Glauben an den „Eigenwert“ einer Handlung,
die deswegen ohne Berücksichtigung ihrer Nebenfolgen vollzogen wird (siehe
Schneider, 2008a: 51ff.). Da in solchen Fällen ein bestimmtes Handeln als solches
wertgeschätzt wird, kann man es auch nicht als Mittel zur Erreichung eines Zwecks
verstehen. Statt dessen ist schon der Vollzug der Handlung selbst der eigentliche Zweck
der Handlung; Mittel und Zweck fallen somit zusammen. Rational ist ein solches
Handeln nur insofern, als der Handelnde sich bewusst und nach Abwägung alternativer
Handlungsweisen dafür entscheidet, zwischen Mitteln und Zwecken nicht zu
unterscheiden und Handlungen um ihrer selbst Willen zu vollziehen.
Nur in den Fällen des zweck- und wertrationalen Handelns fallen die Begriffe des
Entscheidens und des sozialen Handelns zusammen. Für den Fall des zweckrationalen
Handelns ist das evident: Akteure entscheiden sich in abwägender Weise zwischen
unterschiedlichen Mitteln oder, bei gegebenen Mitteln, zwischen unterschiedlichen
4
Zwecken. Schon im Falle des wertrationalen Handelns hat man es aber nicht mehr mit
einer permanenten Abwägung zwischen Mitteln und Zwecken zu tun. Vielmehr
beschränkt sich der Rationalitätsaspekt hier lediglich darauf, dass sich Akteure bewusst
dafür entscheiden, zwischen Zwecken und Mitteln nicht abzuwägen und Handlungen als
Zwecke zu verfolgen. Der Entscheidungsbegriff ist schließlich nicht anwendbar im Falle
der beiden anderen Handlungsmotive, die Weber im Blick hat. Dies betrifft zum einen
das traditionelle Handeln, bei dem sich Akteure nicht bewusst zwischen Alternativen
entscheiden, sondern in gewohnter Weise auf alltägliche Reize reagieren, also
routinisiert handeln. Zum anderen trifft der Entscheidungsbegriff nicht auf das
affektuelle Handeln zu, bei dem Akteure unüberlegt auf außeralltägliche Reize reagieren,
also spontan handeln. In diesen beiden Fällen ersetzt Weber das Schema Zweck und
Mittel durch das Schema Reiz / Reaktion, denn es handelt sich um weitestgehend
sinnfrei ablaufende Prozesse; Akteure entscheiden hier nicht, sie agieren reflexartig.
Die eingangs erwähnte Präferenz der Soziologie für den Grundbegriff des sozialen
Handelns lässt sich vor dem Hintergrund der Weber’schen Taxonomie erklären.
Menschliches Entscheiden setzt als Begriff voraus, dass es bei handelnden Akteuren eine
Form von Bewusstsein über die Austauschbarkeit von Handlungsaspekten gibt
(Schneider, 2008a: 54). Dies trifft nur bei zweck- und wertrationalem Handeln zu. Hinzu
kommt, dass nur im Falle von zweckrationalem Handeln die Austauschbarkeit und
folglich die rationale Abwägung von Zwecken und Mitteln sowohl Teil des Bewusstseins
von Akteuren ist, als auch in ihrem praktischen Handeln wirksam wird (ibid.). Schon
beim wertrationalen Handeln ist die Abwägung von Zwecken und Mitteln zwar noch Teil
des Bewusstseins von Akteuren, aber, wie oben dargestellt, nur in negativer Form: sie
entscheiden sich in abwägender Weise, Zwecke und Mittel gerade nicht gegeneinander
abzuwägen. Sie entscheiden sich bewusst dafür, nicht permanent zwischen
unterschiedlichen Alternativen abzuwägen, sondern eine konsequent zu verfolgen – die
Unterscheidung von Zwecken und Mitteln wird im praktischen Vollzug der Handlung
negiert, sie wird nicht praktisch wirksam. Drittens schließlich führt Weber die
erwähnten vier Handlungstypen als Idealtypen ein. Dies bedeutet, dass es sich bei allen
Handlungstypen um analytische Konstrukte oder Werkzeuge handelt, die in ihrer reinen
Form extrem selten vorkommen. In der Regel tritt soziales Handeln in Mischtypen auf
und der Sinn der Konstruktion von Idealtypen liegt darin zu erklären, ob, wann,
inwieweit und weshalb empirische vorgefundene Fälle vom Idealtypus abweichen
(Weber, 1980: 3f., 10., 578). Aus Webers Sicht ist zweckrationales Entscheiden also ein
analytisch bedeutsamer Grenzfall sozialen Handelns—ein Idealtyp mit beschränkter
empirischer Geltung. „Das reale Handeln verläuft in der Mehrzahl der Fälle in dumpfer
Halbbewußtheit oder Unbewußtheit seines ‚gemeinten Sinns’“ (Weber, 1980: 10).
Theoretisch anders begründet, aber konzeptionell ähnlich gebaut ist bspw. Luhmanns
Argument, wonach (zweckrationale) Entscheidungen stets das Risiko bergen, die
Erwartungen anderer zu enttäuschen, dadurch Konflikte zu generieren und somit für
Akteure in ihren Folgen schwer kalkulierbar zu sein. Genau aus diesem Grund ist ein
solches Entscheiden selten; in der Regel neigen Akteure zu sozial konformem, oder, in
Webers Typologie, „traditionellem“ Handeln (siehe Luhmann, 1988: 298; Schneider,
2011: 67), das keine Begründungslasten trägt und in seinen Folgen berechenbarer ist.
Auf zweckrationale Abwägungen von Mitteln und Zwecken sind aus dieser Perspektive
Akteure nur in sozial unterbestimmten Situationen angewiesen, d.h. wenn es schwer
abzuschätzen ist, was von ihnen erwartet wird, bzw. solche Erwartungen sehr
widersprüchlich sind. Zweckrationales Entscheiden kommt also nur dann zum Zuge,
5
wenn Konformismus allein nicht mehr weiterhilft und Risiken zwangsläufig
eingegangen werden müssen. Auch hier ist zweckrationales Handeln also ein Grenzfall.
War bislang lediglich von einer Typologie individuellen Handelns die Rede, so muss
ergänzend hinzugefügt werden, dass sich Weber die genannten Handlungstypen auch als
idealtypische Handlungsmuster vorstellen kann, d.h. dass eine Vielzahl von Handelnden
über einen längeren Zeitraum hinweg in einem den jeweiligen Handlungstypen
entsprechenden Sinne handeln kann. Den Mechanismus, der für die überindividuelle
und zeitliche Stabilisierung eines Handlungstypus sorgt, nennt Weber „legitime Geltung“
(Weber, 1980: 19): die Überzeugung der handelnden Akteure, dass der Handlungstypus,
den sie verfolgen, verbindlich ist und davon abweichendes Handeln sanktioniert werden
muss—die Handlungstypen werden also normativ stabilisiert. Sehr gerafft dargestellt
ist für Weber eine effektive Form dieser normativen Stabilisierung das Bestehen einer
legitimen Herrschaftsbeziehung, d.h. dass es möglich ist, Akteuren durch Befehl
Handlungsregeln aufzuerlegen, die sie befolgen, obwohl sie von sich aus nicht dazu
bereit wären.
Rational und in diesem Sinne für die moderne Gesellschaft zunehmend bedeutsam ist
für Weber die Herrschaftsausübung auf der Basis von Recht. Diese legitimiert sich nicht
durch den Glauben an die Unantastbarkeit der Tradition (legitime Geltung traditionellen
Handelns) oder durch den Glauben an das Charisma einer Führungspersönlichkeit
(legitime Geltung affektuellen Handelns), sondern durch den Glauben an die allgemeine
Geltung eines gesetzten rechtlichen Rahmens, an den sich sowohl Herrscher als auch
Beherrschte zu halten haben, oder, wie es Schneider (2008a: 74) ausdrückt: „Legitimität
durch Legalität“. Wiederum unter Zuhilfenahme der Idealtypisierung ist für Weber die
reinste Form rational-legaler Herrschaft die bürokratische Herrschaft, also die
Herrschaft eines Verwaltungsapparats, bestehend aus einem fachlich geschulten
Fachpersonal, das in einer festgelegten Amtshierarchie eng umgrenzte Kompetenzen hat
und diese weisungsgebunden nach universalistischen Kriterien ausübt (Weber, 1980:
126f.). „Weisungsgebundenheit“ ist hier ein sehr wichtiger Begriff, denn für Weber ist
eine Bürokratie in dem Maße rational, als es gelingt, sie als Mittel für beliebige Zwecke
einzusetzen, die die Spitze eines solchen Systems durch Weisung vorgibt. Eine rationale
Bürokratie ist gerade nicht an bestimmte Zwecke gebunden, sondern fungiert als Mittel
zur effizienten Verfolgung beliebig änderbarer Ziele. Dies trifft für Weber für die
moderne staatliche Verwaltung in ebenso hohem Maße zu wie für kapitalistische
Großbetriebe.
Auch in einer makrosoziologischen Fassung ist Rationalität ein Prinzip mit beschränkter
Geltung, denn sie wird nicht als Konstante menschlichen Verhaltens gesehen, sondern in
ihrer Ausbreitung historisch erklärt. Ursprünglich religiös-ethischen Charakters
(idealtypisch vertreten im protestantischen Berufsethos), wird Zweckrationalität mit
der Zeit zu einem universellen Handlungsmuster, das die gesamte moderne Gesellschaft
zu durchdringen beginnt (Weber, 1934). Dies geschieht in der Form der
Ausdifferenzierung und Institutionalisierung von Wertsphären, in denen zweckrationale
Orientierungsmuster dominant und somit zum tragenden Prinzip der modernen
Gesellschaft werden: empirische Wissenschaft, moderne Technik, kapitalistische
Ökonomie, bürokratische Verwaltungsstäbe etc. Dieses Prinzip der Ausbreitung von
Rationalität nennt Weber Rationalisierung bzw. die Ausbreitung des westlichen
Rationalismus.
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Die Vorstellung, dass somit Zweckrationalität nicht per se das Leitprinzip menschlichen
Handelns darstellt, sondern erst zu einem solchen geworden ist, ist in der Soziologie bis
dato ungemein populär geblieben. Sie findet sich prominent bei Jürgen Habermas
(1981a, 1981b), dem zufolge sich die moderne Gesellschaft durch eine zunehmende
Differenzierung von einer auf kommunikativem Handeln basierenden Lebenswelt
einerseits und den auf rein strategischem Handeln basierenden Systemen von Ökonomie
und Politik andererseits auszeichnet 2 . Und ähnlich wie Weber den Übergriff von
rationalen und normativ nicht länger begründeten Herrschaftsformen auf den Rest der
Gesellschaft als Verselbständigung eines „stahlharten Gehäuses der Hörigkeit“ (Weber,
1920: 203) bezeichnet, entwirft Habermas die Diagnose von der „Kolonialisierung der
Lebenswelt durch das System“ (Habermas, 1981b: 292f., 470ff.). Die Idee der
Ausbreitung zweckrationaler Handlungsorientierungen in bis dahin davon nicht
beeinflusste Bereiche der Gesellschaft findet gegenwärtig ihre Renaissance in diversen
soziologischen Attacken auf den so genannten „Neo-Liberalismus“ und der ihm
zugeschriebenen Tendenz zur illegitimen „Ökonomisierung“ von Wissenschaft, Politik,
Kunst oder Verwaltung (z.B. Bröckling, 2007; Schimank und Volkmann, 2008). All den
genannten Ansätzen ist gemein, dass sie zweckrationales Entscheiden als Prinzip nicht
ablehnen, sondern dessen analytische, empirische und historische Übergeneralisierung
kritisieren.
Argumentationslinie 2: Auch hinter Zweckrationalität stehen Normen
Ein großer Teil der Soziologie pflegt, Max Weber folgend, eine gleichzeitig kritische und
versöhnliche Sicht auf das Konzept zweckrationalen Entscheidens. Als Idealtyp wird ihm
weiterhin eine große analytische Bedeutung beigemessen. Gleichzeitig ist die
Behandlung als Idealtyp bereits ein Anzeichen dafür, dass das Konzept rationalen
Entscheidens in der Soziologie in der Regel pluralisiert und sehr stark spezifiziert wird:
entweder als, wenngleich analytisch wichtiger, so doch bloß ein Handlungstypus neben
anderen oder als historisch dominant gewordener Handlungstypus, dessen zeitliche,
sachliche oder soziale Generalisierung Stein des Anstoßes und Anlass für
zeitdiagnostische Gesellschaftskritik wird (siehe Osrecki, 2015a).
Gerade der Versuch, durch Idealtypisierung das Konzept zweckrationalen Entscheidens
vor als illegitim erlebten Generalisierungen zu bewahren, geriet ab der Mitte des 20.
Jahrhunderts unter massive Kritik, die radikaler war, als alle bislang vorgebrachten
Einwände. Eine gängige Kritik an Webers Modell der vier Handlungstypen war, dass es
keine Klarheit in der Orientierungsstruktur rationalen Handelns ermögliche, weil die
genannten analytisch getrennten Handlungstypen faktisch bis zur Unkenntlichkeit in
einander verschwimmen. So fallen gerade Zweckrationalität und Wertrationalität in der
Regel zusammen, denn es ist auch aus Webers Sicht möglich und empirisch sogar
wahrscheinlich, dass „die Entscheidung über einen Zweck wertrational durch Glauben
an den Eigenwert des Zweckes motiviert sein kann“ (Luhmann, 1971: 91). Im vorigen
Kapitel wurde dieser Umstand als zweckrationale Unbegründbarkeit „letzter Zwecke“
Bei Habermas sind sowohl kommunikatives als auch strategisches Handeln Ausprägungen von
Handlungsrationalität. Kommunikatives Handeln ist dabei eine Art „Perfektionsbegriff rationalen
Handelns“ (Schneider, 2008b: 132), von dem das rein strategische eine Abweichung darstellt. „Dabei zielt
kommunikatives Handeln auf die Herstellung eines rational motivierten, d.h. in der gemeinsamen
Anerkennung von Geltungsansprüchen fundierten Einverständnisses als Grundlage für die intersubjektive
Koordination zweckorientierter Handlungen. Durch strategisches Handeln versuchen Akteure
demgegenüber die Entscheidungen anderer Akteure so zu beeinflussen, wie es dem eigenen
‚egozentrischen Nutzenkalkül’ entspricht“ (Schneider, 2008b: 131).
2
7
oder „oberster Prämissen“ beschrieben. Es ergebe folglich wenig Sinn, zweck- und
wertrationales Entscheiden als unterschiedliche Typen von Handlungen zu sehen.
Vielmehr erschien es den Kritikern Webers, dass beides zugleich, nämlich
Wertgesichtspunkte und Kausalbeziehungen von Ursachen und Wirkungen, notwendige
und stets in Kombination auftretende Aspekte der Struktur des Handelns seien (siehe zu
diesem Themenkomplex auch Mayntz, 1965).
Dass Wertrationalität und Zweckrationalität als unterschiedliche Aspekte rationalen
Entscheidens und nicht als unterschiedliche Handlungstypen zu verstehen sind, basiert
auf einer grundlegenden Idee; der Idee, dass jedwedes Handeln, und so auch
zweckrationales Handeln, immer und notwendigerweise wert- und normgebunden ist.
Dies ist der Kerngedanke des voluntaristischen Handlungsmodells von Talcott Parsons
(1968). Dabei geht es Parsons vor allem um den Nachweis, dass rein zweckrationales
Entscheiden selbst als Idealtyp analytisch nicht brauchbar ist. Er formulierte hierzu
historische, analytische und empirische Argumente, die im Folgenden vorgestellt
werden sollen.
Zunächst hält Parsons fest, dass der Idealtypus zweckrationalen Handelns, oder, wie er
es nennt, das „utilitaristische“ Handlungsmodell, bereits in seinem Kern normativ
angelegt ist (Parsons, 1968: 57 ff.). Die Rationalität der Mittelwahl ist Parsons zufolge,
und in diesem Sinne folgt er der Weber’schen Argumentationslinie, keine Konstante
menschlicher Handlungsorientierung, sondern ein historisch gewachsenes Gebot, das
sich erst im Zuge der Generalisierung der protestantischen Berufsethik sozial etabliert
hat. Dies ließe sich unter anderem daran ablesen, dass gerade im frühen
Protestantismus die relative Effektivität der Mittelwahl als Grundlage der
Handlungsorientierung einen geradezu religiösen-normativen Charakter hatte und als
explizites Gegenmodell zu der oft ritualisierten Handlungsorientierung der katholischen
Weltauffassung formuliert war (siehe Schneider, 2008a: 87). Menschen handeln nicht
per se zweckrational, sie sollen zweckrational handeln – soweit Parsons’ historisches
Argument.
Wesentlich grundlegender angelegt ist Parsons’ analytische Kritik am utilitaristischen
Handlungsmodell. Wie eingangs erwähnt, impliziert der Entscheidungsbegriff, dass
handelnde Akteure zwischen Alternativen wählen können. Anders ausgedrückt basiert
der Entscheidungsbegriff darauf, dass Akteure in ihrem Handeln nicht völlig
determiniert sind; nur unter dieser Bedingung ist eine kalkulierende Abwägung
zwischen Zwecken und Mitteln überhaupt möglich. Entscheidungen müssen also immer,
wenn auch in geringstem Maße, freie Entscheidungen sein. Genau unter diesem Aspekt
geraten aber utilitaristische Handlungsmodelle in ein grundsätzliches Dilemma, das vor
allem dadurch entsteht, dass solche Theorien nicht klären, woher die Ziele
zweckrationalen Handeln herrühren.
Das utilitaristische Handlungsmodell muss nun nicht nur von einer gewissen Freiheit
menschlichen Willens ausgehen, es muss auch postulieren, dass Zwecke und Mittel
analytisch unabhängig von einander sind. Zwecke und Mittel rational gegeneinander
abzuwägen ist nur möglich, wenn ein wie auch immer gearteter Zweck nicht
automatisch bestimmte Mittel erzwingt. Vice versa bedeutet die analytische
Unabhängigkeit von Zwecken und Mitteln auch, dass man Zwecke nicht aus einer
gegebenen Anzahl an verfügbaren Mitteln unmittelbar ableiten kann. Aber nach welchen
Kriterien wählen zweckrational handelnde Akteure dann ihre Ziele? Das utilitaristische
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Handlungsmodell gibt zwei mögliche Antworten, die Parsons beide für unbefriedigend
und analytisch für irreführend hält (siehe Schneider, 2008a: 88 ff.). Zum einen kann
argumentiert werden, dass Zwecke zufällig variieren. Wenn man aber annimmt, dass
Zwecke zufällig variieren, dann sagt man damit gleichzeitig, dass zweckrational
Handelnde keine Kontrolle über sie haben – wie wählen Zwecke nicht aus, sondern
Zwecke geschehen ihnen. Damit wird aber auf einen Schlag auch die Grundbedingung
menschlichen Entscheidens wegdefiniert: die Willensfreiheit, ohne die es nicht möglich
ist, zwischen Zwecken und Mitteln abzuwägen (Parsons, 1968: 64).
Eine alternative Antwort auf dieses Dilemma besteht darin, Zwecke nicht als zufällig
variabel zu verstehen, sondern anzunehmen, dass die Zwecke von der
Handlungssituation bestimmt werden, in der sich ein Akteur befindet. Dies kann
bedeuten, dass ein Akteur über Informationen verfügt, die ihm bestimme Ziele
nahelegen: in Antizipation eines häufig auftretenden Staus auf der Autobahn wählt eine
Fahrerin rechtzeitig den längeren Umweg über die Dorfstraße. Eine andere Form der
Determination der Zwecke durch die Handlungssituation erwächst aus
Grundbedürfnissen oder Instinkten des Akteurs: die Fahrerin weicht dem Stau aus, um
schneller nach Hause zu kommen, weil sie Hunger hat. Der Zweck ihrer Handlung
(schneller nach Hause kommen) dient der Erfüllung des „obersten“ Zweckes einer
elementaren Bedürfnisbefriedigung. Doch „in beiden Fällen [zufällige Variation der
Zwecke, Determination der Zwecke durch die Situation, Anm. F. O.] verliert der Akteur
den Status einer autonomen Entscheidungsinstanz, treten äußere Determination oder
statistische Zufälligkeit als gleichermaßen außerrationale, dem Verstehen und dem
vernunftgeleiteten Urteil unzugängliche Faktoren an die Stelle freier Willensausübung“
(Schneider, 2008a: 90, kursiv im Original).
Parsons’ analytische Kritik an utilitaristischen Handlungsmodellen läuft somit darauf
hinaus, dass diese, entgegen ihrer Selbstbeschreibung, eigentlich gar keine
zweckrational handelnden Akteure beschreiben, sondern situationsbedingt oder
biologisch determinierte Akteure. Postuliert man, dass Zwecke und Mittel von einander
unabhängig sind und unterlässt man es gleichzeitig zu spezifizieren, wie Akteure ihre
Ziele wählen, ist man auf Hilfskonstrukte angewiesen: zufällige Variation der Ziele,
Determination der Ziele durch die Handlungssituation oder die Gleichsetzung von Ziel
und Bedürfnisbefriedigung. In all diesen Fällen wird aus zweckrationalem Handeln ein
determiniertes Verhalten, das eigentlich gar nicht mehr als Handeln beschrieben
werden kann, sondern als Reiz-Reaktions-Schema aufgefasst werden muss.
Das dritte Argument, das Parsons gegen utilitaristische Handlungsmodelle anführt, ist
empirischer Art und besagt im Kern, dass es aus dieser Perspektive schwer fällt, die de
facto Existenz sozialer Ordnung zu erklären. Parsons argumentiert, dass in einem streng
utilitaristischen Modell zweckrational handelnden Akteuren in der Verfolgung von
Zwecken zunächst keine normativen Schranken auferlegt werden. Ob zufällig variierend
oder biologisch determiniert: Zwecke sind im utilitaristischen Modell zunächst normfrei.
Derart konzipiertes Handeln verwandelt nun die Interaktion zwischen Akteuren fast
zwangsweise zu einem „Krieg aller gegen alle“, da jeder Akteur versuchen wird, zum
Zwecke der eigenen Bedürfnisbefriedigung rücksichtslos die am besten geeigneten
Mittel zu wählen, auch wenn dies auf Kosten der anderen beteiligten Akteure geht
(Parsons, 1968: 89 ff.). Aus dem Grund ist es für alle Akteure in einem solchen Umfeld
rational, sich durch Gewaltanwendung Macht über das Handeln anderer Akteure zu
sichern, damit dieses der eigenen Bedürfnisbefriedigung nicht im Wege steht. Indem alle
9
Akteure uneingeschränkt nach maximaler individueller Bedürfnisbefriedigung streben,
schaffen
sie
einen
anarchischen
Urzustand,
in
welchem
individuelle
Bedürfnisbefriedigung kaum noch möglich ist, da alle Ressourcen in der Ausübung und
Abwehr von Gewalt gebündelt werden.
Im utilitaristischen Handlungsmodell besteht der Ausweg aus diesem beklagenswerten
Zustand darin, dass Akteure einen Gesellschaftsvertrag schließen, in welchem sie
freiwillig ihre Macht einem Souverän übertragen, der sich im Gegenzug dazu
verpflichtet, unkontrollierte Gewalt zu verhindern, indem er sie an einer einzigen Stelle
konzentriert – die Grundüberlegung von Thomas Hobbes’ Leviathan. Der springende
Punkt dabei ist, dass der Abschluss dieses Gesellschaftsvertrags aus rationalem
Eigeninteresse erfolgt: Akteure ordnen sich dem Souverän unter, weil es ihnen
persönliche Vorteile bringt, sich nicht permanent mit Sicherheitsfragen
auseinandersetzen zu müssen. Zweckrational handelnde Akteure hätten ein rationales
Interesse an sozialer Ordnung, auch wenn dies bedeutet, die eigene Freiheit aufzugeben.
Doch auch diese Lösung hält Parsons für unzureichend, und zwar deshalb, weil in
diesem Modell die „Ordnungskonformität mit in das Nutzenkalkül eingeht“ (Schneider,
2008a: 94, kursiv im Original). Das bedeutet, dass Akteure sich eben nur an den
Gesellschaftsvertrag
halten,
solange
er
ihnen
persönlich
nützt.
Rein
nutzenmaximierende Akteure haben also ein Interesse daran, dass sich alle anderen
Akteure an den Gesellschaftsvertrag halten. Sie selbst aber täuschen Vertragstreue nur
vor, um sich im nächsten Schritt mit Gewalt und Betrug Macht über die anderen naiv
gesetzeskonformen Akteure zu sichern. Sobald sie das tun, machen es ihnen die bis
dahin gesetzeskonform handelnden Akteure gleich und der Gesellschaftsvertrag löst
sich zugunsten des anfänglichen „Kriegs aller gegen alle“ wieder auf.
Wenn sich nun ein Akteur, auch mit dem unlauteren Mittel der Vortäuschung von
Vertragstreue, als Souverän installiert und behauptet, wird er nicht ohne
Verwaltungsapparat für soziale Ordnung sorgen können. Angenommen auch dieser
Apparat besteht aus nutzenorientierten Akteuren, wiederholt sich das eben genannte
Problem: diejenigen, denen der Souverän Macht übertragen hat (z.B. Polizei, Militär),
werden zunächst Vertragstreue vortäuschen, um im günstigsten Moment gegeneinander
und gegen den Souverän vorzugehen. Es bricht ein schonungsloser Machtkampf
innerhalb des Machtapparates aus, der wiederum die gesamte Gesellschaft in den
Bürgerkrieg zieht (Schneider, 2008a: 95). Mit Modellen rein nutzenmaximierender
Akteure lässt sich also Parsons zufolge nicht erklären, warum es de facto möglich ist,
dass sich eine relativ stabile, bürgerkriegsfreie soziale Ordnung einstellen kann.
Nicht minder problematisch sind aus Parsons’ Sicht utilitaristische Modelle, die soziale
Ordnung zwischen nutzenmaximierenden Akteuren nicht durch übertragene Macht
(„Gesellschaftsvertrag“), sondern durch Tausch erklären (Parsons, 1968: 95 ff.). Die
Grundüberlegung hier ist, dass zweckrational handelnde Akteure ihre Freiheit nicht
einem Souverän opfern müssen, um soziale Ordnung herzustellen, sondern dass diese
sich dadurch einstellt, dass nutzenmaximierende Akteure ein rationales Interesse daran
haben, unter friedlichen und stabilen Bedingungen Waren und Dienstleistungen zu
tauschen, die ihnen fehlen. Doch auch hier entstehen konzeptionelle Probleme (siehe
Schneider, 2008a: 96 f.). Erstens setzen solche Modelle voraus, dass sich soziale
Ordnung in gewissem Umfang bereits etabliert hat, dass also Akteure nicht mit Gewalt
um knappe Ressourcen kämpfen müssen, sondern sich in einem Umfeld relativer
Sicherheit überhaupt um einen friedlichen Tausch bemühen können und nicht fürchten
10
müssen, dass jeder Tausch zum Raub wird. Zweitens führt friedlicher Tausch, auch
wenn dieser als Tausch zwischen Akteuren mit gleichen Startbedingungen begonnen
hat, längerfristig zu Akkumulationseffekten: nach einer bestimmten Zeit verfügen
manche Akteure, aus welchen Gründen auch immer, über mehr Ressourcen als andere.
Dies wiederum führt zu Verteilungskämpfen, die die anfängliche soziale Ordnung
destabilisieren. Drittens werden gerade rational nutzenmaximierende Akteure, ähnlich
wie im Falle des Hobbes’schen Gesellschaftsvertrags, versuchen, aus
Tauschbeziehungen maximale Erträge dadurch zu erzielen, dass sie sich gerade nicht an
die Spielregeln des freien Handels halten. Sie werden versuchen, sich bspw. durch
Sabotage oder Kartellbildung eine dominante Position auf einem Markt zu sichern, was
Mitbewerber dazu nötigt, ebenso die Spielregeln des freien Handels außer Kraft zu
setzen und die Monopolisten durch Gewalt vom Markt zu drängen. Ordnungswidriges
Verhalten auf Märkten kann natürlich durch Konkurrenten publik gemacht werden und
Akteure dazu anhalten, sich an die Regeln des Markttausches zu halten, wenn sie weiter
„Teil des Spiels“ bleiben wollen. Aber diese Art der gegenseitigen Kontrolle funktioniert
nur unter Bedingungen wechselseitiger Bekanntschaft von Marktteilnehmern, d.h. vor
allem bei kleinen, überschaubaren Märkten.
Aus all dem folgert Parsons, dass eine Entscheidungstheorie, die sowohl Willensfreiheit,
als auch die de facto Existenz sozialer Ordnung erklären will, nicht alleine aus
zweckrationalem Handeln abgeleitet oder einzig darauf begründet werden kann. Sein
Gegenvorschlag lautet, dass es zusätzlich zum zweckrationalen Nutzenkalkül
Selektionskriterien normativer Art oder normative Standards geben muss, die effektiv
dafür sorgen, dass Handelnde Gewalt und Betrug als Mittel für die Erreichung der
eigenen Handlungsziele ausschließen (siehe Schneider, 2008a: 84, 99). Für Parsons ist
ein Standard dann normativ, wenn Akteure sich ihm gegenüber gerade nicht
zweckrational verhalten, sondern ihn als für sich genommen erstrebenswert empfinden
(Parsons, 1968: 75). Ein solcher normativer Standard kann sowohl als Mittel für einen
Zweck oder als letzter Handlungszweck angestrebt werden. In beiden Fällen gilt:
Akteure müssen sich mit normativen Standards „identifizieren“. Dies geschieht, indem
Akteure solche Standards durch Sozialisation internalisieren und dies soweit, dass sie
im Laufe des Sozialisationsprozesses lernen das zu wollen, was sie sollen. Mit anderen
Worten: erfolgreiche Sozialisation bedeutet, dass Akteure keinen Gegensatz sehen
zwischen moralischem Handeln und Bedürfnisbefriedigung, sondern ihnen aus
normkonformem Verhalten unmittelbare Befriedigung erwächst (Parsons, 1968: 387;
Schneider, 2008a: 104 ff.).
Um beim obigen Beispiel zu bleiben, ist soziale Ordnung aus Parsons’ Sicht nur dann
möglich, wenn Akteure sich nicht nur aus strategischem Interesse an Regeln halten (und
diese dann folglich sofort brechen müssten, wenn ihnen ein Vorteil daraus erwüchse),
sondern Ordnungskonformität als Selbstzweck anstreben, da sie es als unmittelbar
befriedigend empfinden, sich an Regeln der sozialen Ordnung zu halten. Dies bedeutet
natürlich nicht, dass Akteure all ihr Handeln diesem Zweck unterordnen oder gar stets
auf diesen Zweck hinarbeiten, sondern nur, dass der normative Standard
„Ordnungskonformität“ eine Schranke für nutzenmaximierendes Handeln darstellt. Die
rationale Abwägung von Mitteln und Zwecken bleibt möglich, wird aber begrenzt durch
Regeln der Moral (Schneider, 2008a: 100). Ohne an dieser Stelle weiter in die Details der
Parsons’schen Argumentation eindringen zu wollen, sei angemerkt, dass es in diesem
Modell nicht nur einen normativen Standard gibt, dem alles Handeln unterworfen wäre
(s.o.), sondern, dass Gesellschaften in der Regel ein sehr abstraktes „System letzter
11
Werte“ schaffen, aus welchem sich eine große Anzahl an konkreten und auf bestimmte
Handlungssituationen hin spezifizierten „normativen Regeln“ ableiten lässt (Parsons,
1968: 400). „Ordnungskonformität“ wäre z.B. Teil eines „Systems letzter Werte“ und
eine daraus abgeleitete „normative Regel“ wäre z.B. das Gebot, staatliche Gewalt dann
und nur dann zu akzeptieren, wenn diese nicht willkürlich eingesetzt wird.
Zusammenfassend versucht Parsons mit seinem Handlungsmodell einerseits der
menschlichen Willensfreiheit eine zentrale Stellung einzuräumen (deshalb nennt er das
Modell auch „voluntaristisch“) und sie nicht auf biologische Bedürfnisbefriedigung oder
zufällige Varianz der Handlungsziele zu reduzieren. Andererseits soll das Modell aber
auch soziale Ordnung erklären können und in beiden Hinsichten positioniert Parsons
seinen Ansatz in expliziter Opposition zu Konzepten utilitaristischer
Nutzenmaximierung oder reiner Zweckrationalität. Letzteres betreffend lässt sich seine
Position folgendermaßen zusammenfassen: keine Zweckrationalität ohne Normen und
Werte! Genau dies bildet auch die Brücke zu Webers Position und der bspw. von
Luhmann eingangs erwähnten Kritik: zweckrationales und wertrationales Handeln
bilden beide gleichzeitig Aspekte menschlichen Handelns und nicht unterschiedliche
Typen. Anders ausgedrückt ist reine Zweckrationalität Parsons zufolge nicht einmal als
Idealtyp analytisch brauchbar.
Parsons’ Kritik am Utilitarismus ist eine in der Soziologie gut eingeführte und bis dato
weit verbreitete Perspektive. Allerdings wird seine Theorie heute weitaus schwächer
rezipiert, als in den 1960er und 1970er Jahren, in einer Zeit, als sie noch die dominante
soziologische Theorieschule bildete. Zum einen wurde Parsons vorgehalten, dass er
trotz seiner Betonung der menschlichen Willensfreiheit bei Akteuren im Prinzip an
normativ determinierte Individuen denke, die mehr oder minder marionettenhaft die
Regeln befolgen, die ihnen durch den Sozialisationsprozess eingeimpft wurden.
Garfinkel (1967) spricht vom Parsons’schen Akteur als einem „judgemental dope“ –
einem „Urteilsdeppen“. Parsons’ Idealvorstellung eines erfolgreich sozialisierten
Akteurs sei im Prinzip ein überangepasster, konformistischer Spießbürger. Darauf
aufbauend wurde Parsons vor allem durch die Studentenbewegung der späten 1960er
Jahre und deren akademische Proponenten vorgehalten, eine normativ integrierte, von
Machtkonflikten gereinigte Gesellschaft zu beschreiben (siehe z.B. Turner, 2014: 44 ff.).
Durch die Überbetonung einer normativ stabilisierten sozialen Ordnung sei es kaum
noch möglich sozialen Wandel anders zu erklären, als durch den Zerfall der
Werteverfassung einer Gesellschaft. Vor die Wahl zwischen sozialer Ordnung und
Bürgerkrieg gestellt, müssten die Vertreter des Parsons’schen Modells eigentlich immer
für soziale Ordnung votieren, auch wenn diese ungerecht und unterdrückend sei. Auf
Basis dieser Kritik kam es zu einer generellen und bis heute andauernden Ablehnung
des voluntaristischen Handlungsmodells. Dennoch gilt die Parsons’sche Kritik am
Utilitarismus (unabhängig vom restlichen Theoriegebäude) als grundlegende und oft
zitierte Argumentationslinie gegen das Konzept rein zweckrationalen Handelns, das
auch denjenigen Autoren ein Dorn im Auge ist, die sich, viel mehr als Parsons, mit
Fragen der Machtungleichheit und ökonomischen Abhängigkeitsverhältnissen
auseinandersetzen (siehe z.B. Bourdieu, 2014: 147-179).
Argumentationslinie 3: Zweckrationalität sichert kein rationales soziales System
12
Die Parsons’sche Kritik am utilitaristischen Handlungsmodell kann dahingehend
zusammengefasst werden, dass dieses lediglich dann überzeuge, wenn die isolierte
Einzelhandlung und die handlungsinterne Maximierung von Rationalität im
Vordergrund stehen. Sobald aber eine Vielzahl von Handlungen koordiniert werden
muss, stößt das Modell an seine Grenzen, da es nicht hinreichend erklären kann, wie sich
zweckrationale Einzelhandlungen zu einer stabilen sozialen Ordnung aggregieren
lassen. Die Umstellung auf Fragen der Rationalisierbarkeit sozialer Systeme statt einer
einseitigen Konzentration auf die Rationalität von Einzelentscheidungen steht im
Zentrum der soziologischen Systemtheorie, die ab den 1960er Jahren an Talcott Parsons
ansetzte, dessen Theorie umarbeitete und, zumindest im deutschsprachigen Raum, vor
allem mit dem Namen Niklas Luhmann in Verbindung gebracht wird.
Die Rationalisierbarkeit sozialer Systeme tritt als Problemkonstellation in gewisser
Weise schon bei Max Weber auf. So bezieht sich seine idealtypische Unterscheidung von
Handlungstypen, und somit auch seine Beschreibung zweckrationalen Handelns, ja
zunächst auf Einzelhandlungen. Wenn es aber um das koordinierte Handeln mehrerer
Akteure in einem sozialen System geht, wechselt Weber zu Kategorien der Herrschaft
(Luhmann, 1971: 91). Wie oben dargestellt, ist für Weber ein soziales System, oder, in
seiner Begrifflichkeit, ein Verband wie bspw. ein bürokratischer Apparat nicht dann
rational, wenn alle Mitglieder permanent Zwecke und Mittel gegeneinander abwägen,
sondern wenn dessen Spitze in der Lage ist, den Verband durch Befehl als Mittel für
beliebige und änderbare Zwecke einzusetzen. Rationalität in sozialen Verbänden
bedeute also nicht die zweckrationale Handlungsorientierung aller Einzelhandlungen,
sondern die rationale Koordination von Mitteln durch die zwecksetzende Spitze des
Verbandes. Um dies zu bewerkstelligen, muss die Spitze ihre Befehlsgewalt als legitime
Herrschaft installieren können, also nicht nur dafür Sorge tragen, dass sie ihre Zwecke
zu Zwecken ihrer Untergebenen machen kann, sondern auch, dass diese
Herrschaftsausübung pauschal akzeptiert wird. Folglich ist ein Verband umso rationaler
organisiert, je besser es ihm gelingt, die Legitimität der Herrschaftsbeziehung
sicherzustellen.
In diesem Modell werden also das Zweck-Mittel-Schema des Handelns und die
hierarchische Befehlsautorität kombiniert: an der Spitze eines Verbandes werden
dessen Zwecke gesetzt; die Handlungen, die dafür notwendig sind, werden als Mittel
verstanden und an Untergebene delegiert, die wiederum die dafür notwendigen
Handlungen an ihre jeweiligen Untergebenen weiterleiten. Am Ende der Hierarchie
stehen rein automatische Ausführungen wie bspw. Sachbearbeitung oder
Fließbandarbeit. Rationale soziale Verbände sind also durch Hierarchie koordinierte
Zweckverbände.
In seinen Frühschriften hat sich Niklas Luhmann kritisch mit diesem klassischen
Organisationskonzept auseinandergesetzt und ihm eine systemtheoretische Fassung
entgegengehalten (z.B. Luhmann, 1964; Luhmann, 1968; Luhmann, 1971). Kernpunkt
seiner Kritik ist, dass sich das Zweckmodell der Organisation ausschließlich für die
interne Rationalisierung der Vorgänge in sozialen Systemen interessiert3. Inwiefern aber
In seiner späteren Schaffensphase hat Luhmann die Frage nach der Rationalisierbarkeit sozialer Systeme
erneut gestellt, sie aber von der hier vorgestellten organisationssoziologischen Fassung gelöst und stark
abstrahiert. Dieser gesellschaftstheoretische Strang der Diskussion wird im vorliegenden Beitrag nicht
weiter erörtert, da es sich dabei um eine Abstraktion und nicht um eine vollständige Umarbeitung des
ursprünglichen Konzepts handelt und diese Diskussion eine Einführung in Luhmanns
3
13
die eben beschriebene hierarchische Zwecksetzung und befehlsmäßige Delegation von
Mitteln dafür sorgt, dass ein so organisiertes System in einer turbulenten Umwelt
überleben kann, werde in diesem Modell nicht beachtet. Vielmehr gehe das
Zweckmodell von Organisationen davon aus, dass die interne Rationalisierung
automatisch zu einem harmonischen Verhältnis zur Umwelt von sozialen Systemen
führt (Luhmann, 1971: 92). Dafür sei es lediglich notwendig, dass es zwischen dem
sozialen System und dessen Umwelt einen Konsens über die Wichtigkeit des
angestrebten Zweckes gibt (Luhmann, 1971: 99). Sobald das gelingt, ist
Umweltanpassung erfolgreich sichergestellt, was den Blick dann fast automatisch auf
die internen Vorgänge der Rationalisierung einengt.
Im klassischen Modell des Zweckverbandes sind Zwecke ungemein wichtig, denn um sie
herum gruppieren die Organisationsspitzen den gesamten Verband, das gesamte soziale
System. Alle Teile des Systems haben als Mittel zum von der Spitze definierten Zweck zu
fungieren. Ein rationales Organisationsdesign hat dafür zu sorgen, dass es hierbei zu
möglichst wenigen Störungen kommt, dass also die einzelnen Teile der Organisation
(z.B. Abteilungen) als Mittel auch tatsächlich dem Zweck und nur ihm zuarbeiten.
Luhmann wendet sich gegen diese Haltung mit dem Argument, dass ein großer Anteil
am faktischen Verhalten in Organisationen a) nicht aus dem gemeinsamen oder obersten
Organisationszweck ableitbar ist, b) nicht der hierarchischen Befehlsautorität folgt und
c) dass diese Umstände keine Imperfektion der Rationalisierung sozialer Systeme
darstellen, sondern Rationalisierung sogar befördern. Für diese These bringt Luhmann
(1971: 94 ff.) eine Reihe anschaulicher Beispiele, von denen die wichtigsten im
Folgenden kurz dargestellt werden sollen.
Zum einen argumentiert Luhmann, dass die proklamierten Zwecke eines sozialen
Systems meist sehr abstrakt gefasst sind (z.B. Erringen von Macht in politischen
Parteien,
allgemeine Wohlfahrt
in
sozialstaatlichen
Einrichtungen
oder
Gewinnsteigerung in profitorientierten Organisationen). Weil diese Zwecke so abstrakt
sind, können sie nicht eindeutig festlegen, welche einzig richtigen Mittel zu ihrer
Erreichung notwendig sind. Der offizielle Zweck eines sozialen Systems programmiert
also nicht die dafür zwangsweise notwendigen Mittel. Daher neigen soziale Systeme
dazu, eine Vielzahl konkreter „Unterzwecke“ zu entwerfen, die den abstrakten obersten
Zweck in eine handhabbare Form bringen (z.B. Einwerben von Parteispenden,
Marketing, Vertrieb, staatlicher Wohnbau). Diese Unterzwecke werden aber von den
dafür zuständigen Abteilung als der eigentliche Zweck des Systems verfolgt und
überschatten gleichsam den obersten Zweck. Jede Abteilung meint, die wichtigste Arbeit
für den Betrieb zu leisten. Der Fachbegriff dafür ist Zweck-Mittel-Verschiebung.
„Unterzwecke“ sind also meist instruktiver als der abstrakte Gesamtzweck des sozialen
Systems, aber sie neigen dazu, sich selbständig zu machen und den „Gesamtzweck“,
schlicht aufgrund seiner Abstraktheit, zu überdecken. Sobald sie das tun, steigt auch die
Wahrscheinlichkeit, dass diese Unterzwecke nicht nur als eigentliche Zwecke verfolgt
werden, sondern auch, dass sie einander widersprechen. Aus der Sicht des
Finanzdezernats soll sozialer Wohnbau vor allem kostengünstig sein, aus Sicht des
Sozialdezernats vor allem der sozialen Durchmischung eines Viertels dienen. Soziale
Systeme operieren somit in der Regel mit einer Vielzahl widersprüchlicher Ziele und
gesellschaftstheoretische Grundprämissen voraussetzt, was an dieser Stelle zu weit führen würde (siehe
zu dem Themenkomplex z.B. Schneider, 2011: 72 ff.). Wenn im Folgenden von sozialen Systemen die Rede
ist, so bezieht sich der Begriff dabei stets auf Organisationen.
14
also auch widersprüchlicher Handlungsorientierungen, die gerade der oberste Zweck
nicht in eine klare Dringlichkeitsordnung bringen kann. Statt dessen wird die
Widersprüchlichkeit der unterschiedlichen systeminternen Zwecke latent akzeptiert
und durch Differenzierung (z.B. in Abteilungen) aufgefangen—gleichwohl mit dem
Nebeneffekt, dass die zwecksetzende Spitze ihre Macht zugunsten der verselbständigten
Unterabteilungen und ihrer jeweiligen Zwecke abgibt. Zudem sind auch die obersten
Zwecke eines sozialen Systems jederzeit änderbar, ob stillschweigend oder formal. Dies
ist unter anderem deshalb möglich, weil es in vielen sozialen Systemen gar nicht der
offizielle Gesamtzweck ist, der Handlungen motiviert, sondern lediglich die Vorteile, die
durch Mitgliedschaft entstehen—allen voran Geldzahlungen, die die Mitglieder auch
dann motivieren, wenn sich der Zweck des sozialen Systems verändert.
Vor diesem Hintergrund kann aus Luhmanns Perspektive die Zweckerfüllung allein
nicht die Erhaltung eines sozialen Systems sicherstellen. Vielmehr umfasst ein soziales
System eine Vielzahl von Einzelentscheidungen, die für sich genommen zweckrational
orientiert sein können, aber gar nicht, nur zum Teil oder in widersprüchlicher Weise auf
den Zweck des Systems bezogen sind. Neben der rationalen Zweckorientierung tritt
somit für Luhmann v.a. das Bestandsproblem als eigenständiges Problem sozialer
Systeme auf. Ein soziales System, das seinen Bestand sichern will, muss also eine ganze
Palette an Strukturen installieren und akzeptieren, die dem offiziellen Zweck des
Systems nicht direkt zuarbeiten. Es muss, wohl oder übel, die Widersprüchlichkeit
diverser Zwecke ebenso anerkennen wie alltägliche Zweck-Mittel-Verschiebungen und
eine Untergrabung der offiziellen hierarchischen Ordnung.
Letzteres betreffend macht Luhmann (1971: 97ff.) darauf aufmerksam, dass soziale
Systeme in der Regel nicht nur keine reinen Zweckverbände sind, sondern auch keine
perfekt hierarchisch organisierten Befehlsketten ausbilden müssen, um in Webers Sinne
als rational zu gelten. So kann aus Luhmanns Sicht ein gesamtes soziales System nicht
nur vom Standpunkt der Spitze aus rationalisiert werden; dafür fehlt es dieser meist an
Sachkenntnis über die einzelnen konkreten Aufgaben, die die Unterabteilungen leisten.
Außerdem verfügen die Unterabteilungen, sobald sie sich qua Spezialisierung vom
direkten Zugriff der Spitze befreien, über persönliche Kontakte zur Umwelt, die für das
soziale System bestandsnotwendig sind (z.B. intime Kenntnisse über den Personalstand
einer konkurrierenden Partei, direkter Kundenkontakt etc.), aber von der Spitze nicht
direkt eingesehen, kontrolliert oder gar befohlen werden können. Dies zwingt die Spitze
zu einem konzilianten Verhalten, das auf Befehle verzichten muss und sich auf Konsens
mit und Belehrbarkeit durch die Untergebenen einzustellen hat. Luhmann spricht in
einem anderen Kontext von der für Organisationen typischen Unterwachung des
Vorgesetzten (Kühl, 2011: 69 ff.; Luhmann, 1969), an der sich ablesen lässt, dass die
formal vorgesetzten nicht auch die faktisch mächtigen Positionen innerhalb eines
sozialen Systems sein müssen. Dieses Auseinanderklaffen von formaler und informaler
Macht ist umso wahrscheinlicher, als Unterabteilungen horizontal mit einander
kooperieren, ohne die Spitze davon in Kenntnis zu setzen und also ohne ihr die Kontrolle
über diese Kooperationen zu ermöglichen—der Begriff dafür ist der „kurze Dienstweg“,
der durchaus auch rein eigennützig sein und gerade dem lokalen Machterhalt gegenüber
der Spitze dienen kann. Von Phänomenen wie dem kurzen Dienstweg, der Zweck-MittelVerschiebung und der Unterwachung des Vorgesetzten ist es dann nicht mehr weit zu
der generellen Einsicht, dass soziale Systeme regelmäßig und in großem Umfang von
ihren formalen Strukturen abweichen.
15
All das sind aus der Perspektive des Zweckmodells rationaler Organisation zwangsweise
Imperfektionen, die der Rationalisierbarkeit sozialer Systeme im Wege stehen. Nicht so
für Luhmann, der gerade in der Abweichung vom Zweck- und Befehlsmodell Chancen
zur Steigerung von Rationalität in sozialen Systemen sieht. Diese erwachsen daraus, dass
soziale Systeme ihre Bindung an offizielle Zwecke und klare Hierarchien variabel
gestalten können. Je nach Umweltanforderung können mal diese, mal jene Zwecke im
Vordergrund stehen, können formale Kommunikationswege strikt eingehalten oder
pragmatisch umschifft werden, können Untergebene sich Befehlen unterordnen oder
rasch reagieren, ohne die formalen Befehlsketten befolgen zu müssen. Die Abweichung
von Zweck- und Befehlsmodell flexibilisiert soziale Systeme und sorgt so für rasche
Umweltanpassung.
Zwecksetzung und zweckrationale Orientierung des Handelns sind damit aber nicht
ausgeschlossen. Vielmehr minimieren die Abweichungen vom Zweck- und
Befehlsmodell die Risiken der Selbstfestlegung auf bestimmte Ziele und bestimmte
interne Abläufe, die nun, ohne das soziale System von Grund auf zu erschüttern,
opportunistisch transformiert werden können, falls Umweltanforderungen es
nahelegen. „Rationalität besteht hier darin, neben der Verfolgung bestimmter Zwecke
Dispositionsspielräume für noch nicht absehbare Umstände bereitzuhalten“ (Schneider,
2011: 71).
Zwecke haben auch aus Luhmanns Perspektive zwar wichtige Funktionen, aber ganz
andere als bei Weber, der sich vorstellen konnte, dass von Zwecken aus ganze
Sozialsysteme rationalisiert werden könnten. Zwecksetzung ist dagegen für Luhmann
vor allem eine Technik zur Komplexitätsreduktion (Luhmann, 1968: 44 ff.). Zwecke
haben in sozialer Hinsicht die Funktion, Handlungen gegenüber anderen Akteuren zu
legitimieren: wer sich an Zwecken orientiert, handelt für andere nachvollziehbar und
eine solche Selbstfestlegung des Handelns ist vor allem in sozial unterdeterminierten
Situationen notwendig. Dass man selbst zweckorientiert handelt, beruhigt den Anderen
in Situationen mit vielen Handlungsoptionen. In zeitlicher und sachlicher Hinsicht haben
Zwecke erstens die Funktion, aus unendlich vielen möglichen Handlungen nur die
auszuwählen, die für das Erreichen des gewählten Zwecks potentiell infrage kommen.
Zweitens wirken Zwecke neutralisierend auf zweckirrelevante Folgen des Handelns:
Handeln produziert eine unendliche Liste an unberechenbaren und somit potentiell
auch negativen Folgen für den Akteur. Sobald dieser aber Zwecke setzt, blendet er all
diejenigen Folgen seines Handelns aus, die für den Zweck vorerst nicht direkt relevant
sind. Zwecke vereinfachen Handeln, denn sie reduzieren die potenziell sehr große
Anzahl an infrage kommenden Mitteln und die potenziell sehr große Anzahl an
möglichen Folgen des Handelns und bringen beide in eine für den Akteur überschaubare
Form.
Zwecke reduzieren Handlungskomplexität, bergen aber das Risiko einer inflexiblen
Selbstfestlegung. Ein soziales System handelt somit rational, wenn es in der Lage ist, sich
flexibel an eine unberechenbare Umwelt anzupassen—auch und gerade durch
Abweichungen von einer formal-rationalen Zwecksetzung und einer hierarchischen
Ordnung. Luhmann bringt diese Konstellation auf den Punkt durch den Begriff der für
den Bestandserhalt notwendigen und somit brauchbaren Illegalität (Luhmann, 1964:
304 ff.). Und obwohl Luhmanns restliches Theorieangebot oft als sehr idiosynkratisch
erlebt wird, ist gerade die Formel Rationalität als opportunistische Umweltanpassung in
der Soziologie im Allgemeinen und in der Organisationssoziologie im Besonderen sehr
16
gut etabliert. Sie findet sich bei Luhmanns Zeitgenossen wie Merton (1957), Dalton
(1959) oder Bensman und Gerver (1963). Sie findet sich aber prominenter Weise auch
im soziologischen Neo-Institutionalismus, einer Spielart der Organisationssoziologie, die
gerade das Auseinanderklaffen von idealisierter rationaler Ordnung und faktischem
Verhalten ins Zentrum ihres Interesses stellt (z.B. Meyer und Rowan, 1977). Manche
Organisationssoziologen wie Scott (2004: 4 ff.) würden sogar argumentieren, dass die
gesamte moderne Organisationssoziologie auf der Idee aufbaut, dass sich organisierte
Sozialsysteme in einer Umwelt bewähren müssen und dass dies mit dem klassischen
(Weber’schen) Zweck- und Befehlsmodell nur sehr schwer, wenn überhaupt, in den
Blick gerät.
Schließlich sei angemerkt, dass die Funktionalität bzw. Rationalität von Abweichungen
als Idee derzeit eine Renaissance erlebt und dies vor dem Hintergrund des Aufstiegs von
organisationalen Kontrollmechanismen, durch die die Leistung von Organisationen
möglichst transparent und überwachbar gemacht werden soll. Die Hoffnung hier ist,
dass durch die externe Einsichtigkeit organisationaler Abläufe Sozialsysteme stärker an
ihre jeweiligen formalen Strukturen gebunden werden sollen, wodurch man sich
Effizienzsteigerungen erwartet. Unterschiedliche Sozialtechnologien kommen hierfür
infrage, bspw. externe Audits (siehe Power, 1997). Nun mehren sich Hinweise darauf,
dass die Transparenz organisationalen Entscheidens wie intendiert Abweichungen vom
Zweck- und Befehlsmodell erschweren, dies aber davon betroffene Organisationen die
Möglichkeit nimmt, informal und also flexibel zu entscheiden. Die unintendierten Folgen
reichen von der massiven Verlangsamung organisationaler Entscheidungsprozesse (z.B.
Anechiarico und Jacobs, 1996), über aktive Vermeidungs- und Abwehrmechanismen
(Hood, 2007; Hood und Heald, 2006), bis hin zu verstärkter Intransparenz informaler
Organisationsprozesse, die sich, unter dem Druck von Transparenzanforderungen, fast
zwangsweise in die noch schwach ausgeleuchteten Bereiche einer Organisation
zurückziehen müssen (Bernstein, 2012; Greve et al., 2010; Osrecki, 2015b). Transparenz
sichert also Regeleinhaltung, diese aber nicht Effizienz. All dies legt den Schluss nahe,
dass die Rationalität umweltoffener sozialer Systeme anders als über Zweck- und
Hierarchiemodelle erklärt werden muss und ein gutes Maß an Informalität, Illegitimität
und Intransparenz voraussetzt.
Conclusio und Ausblick
In den drei vorgestellten Argumentationssträngen wird Zweckrationalität als Konzept
nie gänzlich abgelehnt, sondern eher in seiner Geltung spezifiziert bzw. eingeschränkt.
Bei Max Weber geschieht das durch eine Typenunterscheidung, in welcher
Zweckrationalität als eine mögliche, idealtypische Form des Entscheidens neben
anderen Handlungstypen eingeführt wird. Das Rationalitätskonzept wird hier also
pluralisiert und von empirischen Gegebenheiten abstrahiert. Bei Parsons hat man es mit
einer zweifelsohne radikaleren Kritik zu tun, die rein zweckrationales Handeln nicht
einmal als Idealtypus anerkennen will, sondern jegliches Handeln notwendiger Weise
als auf Normen und Werten basierend auffasst. Zweckrationales Entscheiden bleibt hier
möglich, wird aber durch einen moralischen Rahmen quasi „gezähmt“. Oder anders
ausgedrückt: rationale Handlungen sind immer gleichzeitig zweckrational und
wertrational—beide Aspekte sind notwendig, wenn menschliches Entscheiden
gleichzeitig auf Willensfreiheit beruhen und gleichzeitig soziale Ordnung nicht durch
nutzenmaximierende Rücksichtslosigkeit gefährden soll. Luhmann schließlich stellt die
17
Frage nach den Grenzen der Zweckorientierung in sozialen Systemen und stellt fest,
dass umweltoffene Systeme ihre Handlungen nicht nur intern rationalisieren und
hierarchisch koordinieren, sondern auch dafür Sorge tragen müssen, dass in einer
turbulenten Umwelt ihr Bestand nicht gefährdet wird. Dies sei nur durch eine
opportunistische, flexible und informale Handlungsorientierung möglich, die nicht als
hierarchischer Zweckverband dargestellt werden kann.
Deutlich dürfte geworden sein, dass die Soziologie in Bezug auf das Konzept der
Zweckrationalität nicht mit einer Stimme spricht—wie „die“ Soziologie zu besagtem
Konzept steht, ist schwer ohne Rückgriff auf spezifische Paradigmen zu beantworten.
Dies macht jede Darstellung des Themenkomplexes notwendiger Weise unvollständig.
Eine Verallgemeinerung sei zum Abschluss jedoch gestattet. Es fällt auf, dass
soziologieinterne Debatten um die Grenzen zweckrationalen Entscheidens bis zu einem
gewissen Grad überlagert werden durch die seit einiger Zeit andauernde Konjunktur so
genannter Praxistheorien (z.B. Bourdieu, 1979; Reckwitz, 2003). Diese Ansätze arbeiten
sich nicht an Zweckrationalität ab, sondern rücken eingespielte Routinen, implizites
Wissen, habitualisierte Sprech- Bewegungs- und Bewertungsweisen sowie unüberlegte
Formen körperlichen Verhaltens in den Mittelpunkt ihrer Analysen. Mit Weber
gesprochen geht es hier um „traditionelles“ Handeln, dem die Soziologie lange Zeit
wenig Beachtung schenkte. Ohne an dieser Stelle weiter ins Detail gehen zu wollen, ist
dieser konsequente Ausschluss von Rationalität, das Interesse für das Eingespielte und
Kalkulationsfreie vermutlich eine fast schon trotzige Antwort auf die Popularität von
Theorien rationaler Wahl, gerade auch in der Soziologie. Was sich also andeutet, ist eine
verstärkte konzeptionelle Polarisierung im soziologischen Diskurs um rationales
Entscheiden: hier Theorien rationaler Wahl (z.B. Esser), dort Ansätze, die ein Loblied auf
das Unüberlegte anstimmen. Es bleibt abzuwarten, ob es der Soziologie gelingt, wieder
an Theorien anzusetzen, die in dieser Hinsicht um eine versöhnliche Gratwanderung
bemüht waren—Weber, Parsons und Luhmann wären sicherlich gute Vorbilder.
18
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