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Pr�klinische Sicherung der Atemwege

2004, Der Anaesthesist

In einem Zeitraum von 36 Monaten (August 1999 bis Juli 2002) wurden alle Pati-Die Arbeit enthält Teile der Inaugural-Dissertation von Herrn S. Küster an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Originalien Anaesthesist 2004 · 53:543–550 DOI 10.1007/s00101-004-0679-z Online publiziert: 14. April 2004 © Springer-Verlag 2004 A. Thierbach · T. Piepho · B. Wolcke · S. Küster · W. Dick Klinik für Anästhesiologie, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz Präklinische Sicherung der Atemwege Erfolgsraten und Komplikationen Hintergrund und Fragestellung Sicherung฀und฀Kontrolle฀der฀Atemwege฀ zur฀Gewährleistung฀einer฀ausreichenden฀ Oxygenierung฀und฀zum฀Schutz฀vor฀Aspiration฀gehören฀zu฀den฀zentralen฀Zielen฀ der฀präklinischen฀Notfallmedizin.฀Diese฀Anforderungen฀ entsprechen฀ denen,฀ die฀im฀Rahmen฀einer฀Allgemeinanästhesie฀für฀einen฀operativen฀oder฀diagnostischen฀Eingriff฀zu฀erfüllen฀sind. Die฀präklinischen฀Verhältnisse฀sind฀ jedoch฀mit฀denen฀in฀der฀klinischen฀Anästhesie฀nicht฀vergleichbar.฀Unterschiede฀bestehen฀v.฀a.฀in฀der฀Qualifikation฀des฀ Personals,฀den฀Umgebungsbedingungen,฀ dem฀Zustand฀des฀Patienten฀und฀der฀verfügbaren฀Ausrüstung. Die฀Umgebungsbedingungen฀in฀der฀ präklinischen฀Notfallmedizin฀unterscheiden฀sich฀häufig฀deutlich฀von฀denen฀in฀ der฀klinischen฀Anästhesie.฀Witterungseinflüsse฀wie฀Regen฀oder฀Kälte,฀mangelnde฀Beleuchtung฀oder฀der฀eingeschränkte฀ Zugang฀zum฀Patienten฀stellen฀typische฀ Probleme฀dar. Maßnahmen฀zur฀Sicherung฀der฀Atemwege฀werden฀präklinisch฀aber฀erst฀dann฀ erforderlich,฀ wenn฀ eine฀ notfallmäßige฀oder฀dringliche฀Indikation฀zu฀ihrer฀ Durchführung฀ vorliegt฀ [26].฀ Beispiele฀ hierfür฀sind฀Patienten฀mit฀Apnoe,฀schwerer฀Hypoxie฀oder฀großer฀Aspirationsgefahr. Die฀beschriebenen฀umgebungsspezifischen฀und฀patientenimmanenten฀Faktoren฀können฀erheblichen฀Einfluss฀auf฀das฀ präklinische฀Management฀der฀Atemwege฀nehmen. In฀ Abhängigkeit฀ von฀ dem฀ ursächlichen฀Ereignis฀und฀der฀Qualifikation฀desjenigen,฀der฀die฀Maßnahmen฀vornimmt,฀ werden฀in฀der฀Literatur฀sehr฀unterschiedliche฀Erfolgsraten฀für฀die฀endotracheale฀ Intubation฀genannt. Neben฀der฀reinen฀Erfolgsrate฀wurden฀ jedoch฀die฀Nebenwirkungen฀der฀Maßnahmen,฀die฀im฀Zusammenhang฀mit฀der฀Sicherung฀der฀Atemwege฀stehen,฀bislang฀ wenig฀beachtet. Gefürchtete฀Komplikationen฀mit฀unmittelbaren฀Konsequenzen฀für฀Morbidität฀und฀Mortalität฀von฀Notfallpatienten฀ sind฀insbesondere฀die฀unerkannte฀ösophageale฀Fehlintubation฀oder฀die฀akzidentelle฀Extubation,฀die฀einseitige฀Intubation฀eines฀Hauptbronchus฀sowie฀die฀massive฀Aspiration฀von฀Mageninhalt. Andere฀ Komplikationen฀ betreffen฀ nicht฀unmittelbar฀lebensbedrohliche฀Ereignisse,฀wie฀technische฀Defekte,฀Verletzungen฀der฀Schleimhaut฀oder฀von฀Zähnen฀ bzw.฀Broncho-฀und฀Laryngospasmen. Die฀Inzidenz฀von฀Komplikationen฀und฀ unerwünschten฀Ereignissen฀bei฀der฀Sicherung฀der฀Atemwege฀in฀der฀anästhesiologischen฀Routine฀oder฀in฀der฀Notaufnahme฀ war฀Gegenstand฀zahlreicher฀Publikationen.฀Exemplarisch฀werden฀hier฀lediglich฀ einige฀Arbeiten฀aufgeführt,฀die฀sowohl฀ prospektive฀Untersuchungen฀als฀auch฀retrospektive฀Analysen฀von฀Schadensersatzklagen฀umfassen฀[6,฀13,฀18,฀21,฀32,฀20]. Im฀Gegensatz฀dazu฀gibt฀es฀vergleichsweise฀wenige฀Studien,฀die฀sich฀mit฀der฀ präklinischen฀Sicherung฀der฀Atemwege฀ und฀den฀dabei฀auftretenden฀Komplikationen฀beschäftigen.฀Der฀Großteil฀dieser฀ Untersuchungen฀beschreibt฀Teilaspekte฀ der฀Sicherung฀der฀Atemwege,฀wie฀die฀Intubation฀von฀Kindern฀[6,฀22],฀den฀Einsatz฀ von฀Muskelrelaxanzien฀[19]฀oder฀die฀Nebenwirkungen฀einzelner฀Hilfsmittel฀[2,฀4,฀ 12,฀25,฀29]. Präklinische฀ Daten฀ aus฀ dem฀ angloamerikanischen฀Raum฀sind฀wegen฀der฀ unterschiedlichen฀Rettungsdienstsysteme฀lediglich฀eingeschränkt฀mit฀der฀Situation฀in฀Mitteleuropa฀zu฀vergleichen.฀Darüber฀hinaus฀kann฀eine฀retrospektive฀Datenerhebung฀niemals฀alle฀Komplikationen฀und฀unerwünschten฀Ereignisse฀erfassen,฀die฀sich฀im฀Zusammenhang฀mit฀dem฀ präklinischen฀Management฀der฀Atemwege฀ereignen. Lediglich฀Adnet฀ et฀ al.฀ [1]฀ berichten฀ über฀signifikante฀Unterschiede฀zwischen฀ sog.฀mechanischen฀und฀allgemeinen฀Komplikationen฀bei฀Patienten,฀die฀aufgrund฀eines฀Herz-Kreislauf-Stillstands฀oder฀einer฀ anderen฀Ursache฀intubiert฀wurden. Die฀vorliegende฀Untersuchung฀hatte฀ das฀Ziel,฀neben฀der฀Erfolgsrate฀prospektiv฀ alle฀Komplikationen฀und฀unerwünschten฀ Ereignisse฀im฀Zusammenhang฀mit฀der฀Sicherung฀der฀Atemwege฀durch฀Notärzte฀ zu฀erfassen. Studiendesign und Untersuchungsmethoden In฀einem฀Zeitraum฀von฀36฀Monaten฀(August฀1999฀bis฀Juli฀2002)฀wurden฀alle฀PatiDie Arbeit enthält Teile der Inaugural-Dissertation von Herrn S. Küster an der Johannes GutenbergUniversität Mainz. Der Anaesthesist 6 · 2004 | 543 Originalien Abb. 1 ▲ Fragebogen zur Datenerfassung enten฀in฀die฀Untersuchung฀einbezogen,฀ bei฀denen฀die฀Notärzte฀eines฀Standorts฀ eine฀präklinische฀Sicherung฀der฀Atemwege฀durchführten. Der฀ Notarztstandort฀ versorgt฀ ca.฀ 250.000฀Einwohner,฀ die฀ in฀ einer฀ mittelgroßen฀ Stadt฀ und฀ in฀ Teilen฀ eines฀ Landkreises฀auf฀einer฀Fläche฀von฀rund฀ 500฀km2฀leben. Die฀ Datenerfassung฀ fand฀ prospektiv฀auf฀bodengebundenen฀Rettungsmitteln฀statt,฀die฀ausschließlich฀durch฀Ärzte฀einer฀Anästhesieabteilung฀besetzt฀werden.฀Voraussetzung฀für฀die฀ärztliche฀Tätigkeit฀an฀diesem฀Standort฀war฀eine฀der฀ neuen฀Zusatzbezeichung฀Notfallmedizin฀ vergleichbare฀Qualifikation.฀Darüber฀hinaus฀wurde฀vor฀dem฀Einsatz฀als฀Notarzt฀ eine฀mindestens฀3-jährige฀anästhesiologische฀Weiterbildung฀vorausgesetzt;฀nahezu฀ 50%฀ der฀ Einsätze฀ wurden฀ durch฀ Fachärzte฀für฀Anästhesie฀durchgeführt.฀ Ausreichende฀Kenntnisse฀und฀Fertigkeiten฀des฀Managements฀der฀Atemwege฀sowie฀die฀Kenntnis฀des฀internen฀Algorith- 544 | Der Anaesthesist 6 · 2004 mus฀[28]฀wurden฀regelmäßig฀überprüft฀ und฀trainiert. Als฀generelle฀Indikationen฀zur฀Sicherung฀der฀Atemwege฀galten฀die฀Kriterien฀ „Apnoe“,฀„ausgeprägte฀respiratorische฀Insuffizienz“,฀„ein฀Wert฀von฀weniger฀als฀9฀ im฀Glasgow-Coma-Score“,฀Patienten฀mit฀ „Poly-“฀ oder฀ „schweren฀ Schädel-HirnTraumata“฀sowie฀„großer฀Aspirationsgefahr“,฀die฀sich฀nicht฀mit฀weniger฀invasiven฀Maßnahmen฀beseitigen฀lies. Unabhängig฀von฀dieser฀Untersuchung฀ erfolgte฀ die฀ notärztliche฀ Therapie฀ anhand฀von฀Leitlinien฀und฀Algorithmen.฀Außerdem฀wurden฀die฀Protokolle฀aller฀Notarzteinsätze฀durch฀den฀ärztlichen฀Leiter฀ des฀Notarztstandorts฀regelmäßig฀überprüft,฀um฀einen฀einheitlichen฀Behandlungsstandard฀zu฀gewährleisten. Die฀Kontrolle฀der฀korrekten฀Lage฀des฀ Endotrachealtubus฀erfolgte฀nach฀einem฀ standardisierten฀Ablauf,฀ der฀ klinische฀ und฀apparative฀Methoden฀umfasste.฀Bei฀ der฀ Intubation฀ wurden฀ nach฀ Möglichkeit฀der฀Verlauf฀des฀Tubus฀und฀die฀La- ge฀der฀schwarzen฀Markierung฀zwischen฀ den฀Stimmbändern฀als฀sicheres฀Zeichen฀ der฀korrekten฀Tubuslage฀objektiviert.฀Anschließend฀erfolgten฀mit฀der฀Auskultation฀von฀Thorax฀und฀Epigastrium฀2฀weitere฀klinische฀Tests,฀die฀jedoch฀keine฀sicheren฀Zeichen฀darstellen.฀Zusätzlich฀wurde฀ anschließend฀eine฀Kapnometrie฀begonnen,฀um฀bei฀allen฀Patienten฀mit฀Spontankreislauf฀einen฀weiteren฀Nachweis฀der฀ Lage฀des฀Endotrachealtubus฀zu฀erhalten. Die฀Erhebung฀der฀Daten฀erfolgte฀mit฀ einem฀Fragebogen฀(⊡฀Abb. 1),฀den฀der฀jeweilige฀Notarzt฀während฀oder฀unmittelbar฀nach฀jedem฀Einsatz,฀bei฀dem฀Maßnahmen฀zur฀Sicherung฀der฀Atemwege฀erforderlich฀wurden,฀ausfüllte.฀Die฀Datenerfassung฀war฀in฀Bezug฀auf฀die฀Patienten฀und฀die฀Notärzte฀anonymisiert.฀Die฀ Dokumentation฀der฀Leitstellennummer฀ diente฀lediglich฀zur฀Kontrolle฀der฀Erfassung฀aller฀Patienten. Komplikationen฀ und฀ unerwünschte฀Ereignisse฀konnten฀in฀den฀im฀Fragebogen฀genannten฀Auswahlfeldern฀oder,฀ falls฀nicht฀genannt,฀als฀Freitext฀festgehalten฀werden. Mit฀Hilfe฀des฀Computerprogramms฀ „FileMaker฀Pro฀(Version฀4.1;฀FileMaker฀ Inc.฀ USA)“฀ wurden฀ die฀ Korrelationen฀ der฀einzelnen฀Parameter฀untereinander฀ überprüft฀und฀mit฀„SPSS฀(Version฀10.0;฀ SPSS฀Inc.,฀USA)“฀ausgewertet.฀Ein฀p-Wert฀ <0,05฀wurde฀im฀Wilcoxon-Test฀für฀unverbundene฀Stichproben฀als฀signifikant฀angesehen. Ergebnisse Während฀der฀Studienphase฀erfolgte฀die฀Erfassung฀der฀Daten฀von฀insgesamt฀598฀Patienten.฀Der฀Altersmedian฀der฀Patienten฀ betrug฀65฀Jahre฀(Minimum฀1฀Monat;฀Maximum฀101฀Jahre).฀Von฀den฀Maßnahmen฀ wurden฀2,6%฀bei฀Kindern฀oder฀Jugendlichen฀bis฀zum฀14.฀Lebensjahr฀durchgeführt.฀Männliche฀Patienten฀hatten฀einen฀ Anteil฀von฀61,6%. Die฀durch฀den฀Notarzt฀gestellten฀Diagnosen฀bei฀Patienten฀mit฀einer฀Indikation฀zur฀Sicherung฀der฀Atemwege฀betrafen฀ zu฀ 72,4%฀ nichttraumatische฀ Ursachen฀wie฀akute฀Erkrankungen.฀Bei฀weiblichen฀Patienten฀wurden฀kardiopulmonale฀(25,3%)฀und฀neurologische฀(15,8%)฀ Erkrankungen฀im฀Vergleich฀zu฀männli- Zusammenfassung · Abstract chen฀Patienten฀häufiger฀als฀Begründung฀ für฀die฀Sicherung฀der฀Atemwege฀aufgeführt.฀Bei฀männlichen฀Patienten฀hingegen฀führten฀sowohl฀Herz-Kreislauf-Stillstände฀(38,2%)฀als฀auch฀schwere฀Traumata฀(12,4%)฀häufiger฀zu฀einer฀Sicherung฀ der฀Atemwege฀(⊡฀Abb. 2). Die฀absolute฀Erfolgsrate฀für฀die฀Sicherung฀der฀Atemwege฀lag฀bei฀100%.฀Kein฀ Patient,฀der฀einer฀Sicherung฀seiner฀Atemwege฀bedurfte,฀wurde฀mit฀ungesicherten฀ Atemwegen,฀z.฀B.฀unter฀Beutel-MaskenBeatmung,฀in฀eine฀Klinik฀eingeliefert. Von฀ den฀ 598฀ dokumentierten฀Atemwegssicherungen฀verliefen฀479฀(80,1%)฀ unauffällig.฀Bei฀19,9%฀der฀Patienten฀wurden฀unerwünschte฀Ereignisse฀oder฀Komplikationen฀dokumentiert.฀Mehrere฀unerwünschte฀Ereignisse฀oder฀Komplikationen฀ließen฀sich฀lediglich฀bei฀4,5%฀der฀ Patienten฀registrieren. Das฀am฀häufigsten฀dokumentierte฀unerwünschte฀Ereignis฀war฀die฀Notwendigkeit฀von฀mehr฀als฀einem฀Intubationsversuch฀zur฀Sicherung฀der฀Atemwege฀(⊡฀Tabelle 1).฀Bei฀85,4%฀aller฀Patienten฀gelang฀ die฀endotracheale฀Intubation฀im฀ersten฀ Versuch.฀Bei฀lediglich฀2,7%฀waren฀mehr฀ als฀2฀Versuche฀erforderlich,฀bei฀1,5%฀(9฀Patienten)฀wurden฀nach฀dem฀3.฀erfolglosen฀ Intubationsversuch฀supralaryngeale฀Hilfsmittel,฀wie฀der฀Kombitubus฀(7฀Patienten),฀ die฀Larynxmaske฀(1฀Patient)฀oder฀eine฀Krikothyreotomie฀(1฀Patient),฀angewendet. Der฀ Vergleich฀ zwischen฀ dem฀ Geschlecht฀der฀Patienten฀und฀der฀Anzahl฀ der฀zur฀Sicherung฀der฀Atemwege฀erforderlichen฀Versuche฀zeigte,฀dass฀bei฀Männern฀ signifikant฀häufiger฀als฀bei฀Frauen฀mehr฀ als฀ein฀Versuch฀erforderlich฀war.฀Weibliche฀Patienten฀konnten฀zu฀90,5%฀im฀ersten฀Versuch฀intubiert฀werden,฀männliche฀ Patienten฀lediglich฀in฀81,7%฀(p=0,02). Patienten฀mit฀schweren฀Traumata฀wiesen฀signifikant฀häufiger฀unerwünschte฀ Ereignisse฀und฀Komplikationen฀als฀nichttraumatisierte฀Patienten฀auf฀(p=0,001).฀ Bei฀31,1%฀der฀traumatisierten฀Patienten฀ wurde฀mindestens฀ein฀Ereignis฀dokumentiert.฀Im฀Vergleich฀dazu฀lag฀die฀Rate฀der฀ nichttraumatisierten฀Patienten฀für฀ein฀ oder฀mehrere฀unerwünschte฀Ereignisse฀ mit฀18,7%฀deutlich฀niedriger.฀Auch฀die฀Anzahl฀der฀zur฀Intubation฀benötigten฀Versuche฀war฀bei฀traumatisierten฀Patienten฀signifikant฀erhöht฀(p=0,007;฀⊡฀Abb. 3). Anaesthesist 2004 · 53:543–550 DOI 10.1007/s00101-004-0679-z © Springer-Verlag 2004 A. Thierbach · T. Piepho · B. Wolcke · S. Küster · W. Dick Präklinische Sicherung der Atemwege. Erfolgsraten und Komplikationen Zusammenfassung Hintergrund. Oxygenierung und Ventilation sowie der Schutz vor Aspiration haben für Notfallpatienten eine hohe Priorität. Die präklinischen Verhältnisse sind jedoch mit denen der klinischen Anästhesie nicht vergleichbar. Spezifische Daten über die Häufigkeit von potenziell lebensbedrohlichen Komplikationen und weniger gravierenden unerwünschten Ereignissen im Rahmen der Sicherung der Atemwege durch Notärzte liegen bisher nicht vor. Material und Methoden. In einer prospektiven Untersuchung wurden in einem Zeitraum von 36 Monaten alle – überwiegend durch Notärzte – getroffenen Maßnahmen zur präklinischen Sicherung der Atemwege mit ihren Auswirkungen auf die Patienten erfasst. Ergebnisse. Insgesamt konnten 598 Patienten in die Studie eingeschlossen werden; bei allen wurden die Atemwege erfolgreich gesichert. In bis zu 3 Versuchen wurden 98,5% der Patienten orotracheal intubiert, bei 84,6% war lediglich 1 Intubationsversuch erforderlich, 9 Patienten bedurften eines anderen Verfahrens der präklinischen Sicherung der Atemwege, wie des Kombitubus. Über 80% der Maßnahmen verliefen ohne Komplikationen oder unerwünschte Ereignisse, potenziell lebensbedrohliche Komplikationen traten mit insgesamt 9% selten auf. Schlussfolgerung. Erfolgt die präklinische Sicherung der Atemwege durch in der Sicherung der Atemwege qualifizierte Notärzte, ist mit geringer Komplikations- und hohen Erfolgsrate zu rechnen. Schlüsselwörter Intubation · Präklinische Sicherung der Atemwege · Komplikationen · Morbidität · Notfallmedizin Prehospital emergency airway management procedures. Success rates and complications Abstract Background. Oxygenation and ventilation as well as prevention of aspiration are of vital importance for emergency patients. Prehospital airway management is not comparable to clinical anaesthesia. However, prehospital data of the occurrence of potential life-threatening complications and less severe adverse events of airway management procedures by emergency physicians are not yet available. Methods. All airway management procedures predominantly performed by emergency physicians over a period of 36 months were recorded prospectively. Results. Data of 598 consecutive patients were collected, in all patients prehospital airway management could be accomplished successfully. Of the patients 98.5% were successfully intuba- ted endotracheally with a maximum of 3 attempts, 84.6% of patients were intubated at the first attempt, and in 9 patients other techniques such as the Combitube were required. In more than 80% of procedures, no complications or adverse events were recorded and potentially life-threatening complications occurred in 9% of patients only. Conclusions. Prehospital airway management by emergency physicians experienced in anaesthesia is associated with low complication and high success rates. Keywords Intubation · Prehospital airway management · Complications · Morbidity · Emergency medicine Der Anaesthesist 6 · 2004 | 545 Originalien Abb. 2 ▲ Diagnosen in Abhängigkeit vom Geschlecht der Patienten Abb. 3 ▲ Diagnosen (n=598) in Abhängigkeit von der Anzahl der Versuche (p=0,007) Die฀Aspiration฀ –฀ für฀ diese฀ Untersuchung฀definiert฀als฀im฀Rahmen฀der฀direkten฀Laryngoskopie฀in฀der฀Glottis฀sichtbare฀Flüssigkeiten฀oder฀feste฀Fremdkörper฀ –฀trat฀mit฀5,0%฀als฀zweithäufigstes฀Ereignis฀auf. Bei฀10฀der฀von฀Notärzten฀intubierten฀ Patienten฀ergab฀die฀sich฀unmittelbar฀anschließende฀Kontrolle฀eine฀ösophageale฀ Tubusfehllage.฀Bei฀jedem฀dieser฀Patienten฀war฀der฀zweite฀Intubationsversuch฀erfolgreich.฀Eine฀endobronchiale฀Tubusfehllage฀wurde฀bei฀5฀Patienten฀erkannt฀und฀ unmittelbar฀korrigiert. Nichtärztliches฀ Rettungsdienstpersonal฀oder฀zufällig฀anwesende฀Ärzte฀unternahmen฀bei฀insgesamt฀16฀Patienten฀Intubationsversuche฀vor฀dem฀Eintreffen฀des฀Notarztes.฀Bei฀9฀dieser฀Patienten฀bestand฀beim฀ Eintreffen฀des฀Notarztes฀eine฀primär฀unerkannte฀ösophageale฀Tubusfehllage,฀die฀von฀ diesem฀entweder฀bei฀der฀direkten฀Laryngoskopie฀oder฀–฀bei฀2฀Patienten฀–฀durch฀die฀ Kapnometrie฀nachgewiesen฀wurde. 546 | Der Anaesthesist 6 · 2004 Diskussion Die฀ endotracheale฀ Intubation฀ im฀ Rahmen฀der฀qualifizierten฀präklinischen฀Versorgung฀von฀Notfallpatienten฀wird฀seit฀ Jahren฀als฀Methode฀der฀Wahl฀für฀die฀Sicherung฀ der฀Atemwege,฀ zumindest฀ im฀ Rahmen฀von฀Reanimationsmaßnahmen,฀ bezeichnet฀[7].฀Nachteile฀dieser฀Technik฀ betreffen฀ jedoch฀ die฀ insbesondere฀ bei฀ Notfallpatienten฀erforderliche฀Erfahrung฀ mit฀der฀Technik฀der฀direkten฀Laryngoskopie,฀aber฀auch฀die฀Kontrolle฀und฀die฀Verifikation฀der฀Lage฀der฀Tubusspitze฀in฀der฀ Trachea. Durch฀ das฀Vorgehen฀ anhand฀ eines฀ Algorithmus,฀der฀die฀einzelnen฀Schritte฀ zur฀Sicherung฀der฀Atemwege฀in฀Abhängigkeit฀vom฀aktuellen฀Stand฀der฀Wissenschaft,฀von฀der฀Qualifikation฀des฀Personals฀sowie฀der฀verfügbaren฀Ausrüstung฀ festschreibt,฀können฀unerwünschte฀Ereignisse฀und฀Komplikationen฀reduziert฀werden฀[8].฀Ein฀standardisiertes฀Vorgehen฀an- hand฀von฀Algorithmen฀vereinfacht฀die฀ Kommunikation฀im฀Team฀und฀die฀Durchführung฀ der฀ Maßnahmen,฀ wenn฀ alle฀ Teammitglieder฀die฀Abfolge฀der฀erforderlichen฀Schritte฀und฀den฀Einsatz฀der฀Ausrüstung฀kennen.฀Die฀im฀Vorfeld฀festgelegte฀Anwendung฀alternativer฀supralaryngealer฀Techniken,฀wie฀des฀Kombitubus,฀bei฀ bestimmten฀Indikationen฀stellt฀eine฀weitere฀Maßnahme฀zur฀Verbesserung฀der฀Sicherheit฀der฀Patienten฀dar. Die฀Datenerfassung฀erfolgte฀mit฀Hilfe฀ eines฀Fragebogens.฀Da฀die฀erhobenen฀Daten฀von฀den฀beteiligten฀Notärzten฀selbst,฀ wenn฀auch฀in฀anonymisierter฀Form,฀erhoben฀wurden,฀besteht฀die฀Gefahr฀einer฀ subjektiven฀Interpretation฀der฀Ergebnisse.฀Außerdem฀konnten฀die฀Notärzte฀lediglich฀diejenigen฀Ereignisse฀und฀Komplikationen฀erfassen,฀die฀während฀der฀präklinischen฀Diagnostik฀und฀Therapie฀deutlich฀wurden. Trotzdem฀betrug฀die฀Inzidenz฀von฀unerwünschten฀Ereignissen฀und฀Komplikationen฀in฀der฀vorliegenden฀Untersuchung฀ 19,9%฀und฀lag฀damit฀über฀den฀Angaben฀ von฀Adnet฀et฀al.,฀die฀für฀Patienten฀ohne฀ Herz-Kreislauf-Stillstand฀eine฀Rate฀mechanischer฀Komplikationen฀von฀15,9%฀ beschreiben฀[1].฀In฀einigen฀Publikationen฀ wurde฀der฀Versuch฀unternommen,฀Komplikationen฀ in฀ lebensbedrohliche฀ und฀ nichtlebensbedrohliche฀ unerwünschte฀ Ereignisse฀zu฀klassifizieren฀[14,฀23].฀Der฀ Wert฀einer฀solchen฀Klassifizierung฀ist฀jedoch฀begrenzt,฀da฀auch฀primär฀nichtlebensbedrohliche฀unerwünschte฀Ereignisse฀in฀einer฀vitalen฀Gefährdung฀des฀Patienten฀resultieren฀können.฀Ein฀Funktionsfehler฀der฀Lichtquelle฀des฀Laryngoskops฀ist฀ ein฀typisches฀und฀in฀der฀Regel฀undramatisches฀Ereignis,฀kann฀jedoch฀ohne฀ein฀unmittelbar฀verfügbares฀Ersatzgerät฀schwerwiegende฀und฀potenziell฀vital฀bedrohliche฀Komplikationen฀nach฀sich฀ziehen. Die฀Erfolgsrate฀von฀100%฀für฀die฀Sicherung฀der฀Atemwege฀liegt฀über฀der฀von฀anderen฀ Studien฀ aus฀ der฀ Notfallmedizin.฀ Auch฀beim฀Vergleich฀der฀Erfolgsrate฀der฀ ersten฀ 3฀Intubationsversuche฀ konnten฀ die฀Patienten฀in฀dieser฀Untersuchung฀innerhalb฀von฀weniger฀Versuchen฀intubiert฀ werden฀(⊡฀Tabelle 2). Adnet฀et฀al.฀beschrieben฀bei฀präklinischen฀Intubationen,฀die฀von฀Fachärzten฀ für฀Anästhesie฀(3,8%),฀erfahrenen฀Notärz- ten฀(68,0%),฀Assistenzärzten฀(10,8%)฀und฀ Anästhesiepflegekräften฀(17,4%)฀durchgeführt฀wurden,฀eine฀absolute฀Erfolgsrate฀ von฀99,1%฀und฀eine฀Erfolgsrate฀von฀67,4%฀ im฀ersten฀Versuch฀[1].฀Während฀in฀der฀vorliegenden฀Untersuchung฀in฀2,7%฀ein฀dritter฀Versuch฀oder฀die฀Anwendung฀einer฀alternativen฀Technik฀erforderlich฀war,฀war฀ dies฀bei฀Adnet฀et฀al.฀in฀12,1%฀aller฀Patienten฀erforderlich.฀In฀einer฀Untersuchung฀ von฀Orliaguet฀et฀al.฀[15]฀zur฀präklinischen฀ Erfolgsrate฀der฀endotrachealen฀Intubation฀durch฀Notärzte฀betrug฀diese฀im฀ersten฀Versuch฀74,5%.฀In฀13,3%฀waren฀mehr฀ als฀2฀Versuche฀oder฀ein฀Verfahrenswechsel฀erforderlich. Erfolgten฀die฀Maßnahmen฀zur฀Sicherung฀der฀Atemwege฀–฀wie฀in฀den฀Vereinigten฀Staaten฀von฀Amerika฀–฀durch฀nichtärztliches฀ Rettungsdienstpersonal,฀ lag฀ die฀absolute฀Erfolgsrate฀teilweise฀erheblich฀niedriger.฀In฀Abhängigkeit฀von฀der฀ Ausbildung฀des฀Personals,฀der฀verwendeten฀Technik,฀dem฀Einsatz฀von฀Anästhetika฀sowie฀der฀Ursache฀der฀Atemstörung฀ des฀Patienten฀betrug฀die฀absolute฀Erfolgsrate฀zwischen฀50%฀und฀97%฀[9,฀10,฀14,฀17,฀ 30,฀31]. Die฀deutlichen฀Unterschiede฀im฀Vergleich฀ zwischen฀ verschiedenen฀ Untersuchungen฀ sind฀ vermutlich฀ durch฀ die฀ persönliche฀ Erfahrung฀ der฀ beteiligten฀ Notärzte฀mit฀der฀Sicherung฀schwieriger฀ Atemwege,฀das฀Arbeiten฀anhand฀definierter฀Algorithmen฀und฀die฀Verfügbarkeit฀ von฀bestimmten฀supralaryngealen฀Hilfsmitteln,฀wie฀dem฀Kombitubus,฀bedingt. Das฀Geschlechtsverhältnis฀von฀männlichen฀zu฀weiblichen฀Patienten฀lag฀in฀der฀ vorliegenden฀Untersuchung฀bei฀1,6.฀Bei฀ Adnet฀et฀al.฀[1]฀(1,97)฀und฀Jacobs฀et฀al.฀[9]฀ (2,7)฀war฀die฀Geschlechtsverteilung฀noch฀ deutlicher฀zu฀männlichen฀Patienten฀hin฀ verschoben.฀Ursache฀für฀dieses฀Missverhältnis฀kann฀die฀Tatsache฀sein,฀dass฀vor฀ allem฀schwere฀Traumata฀[11]฀und฀HerzKreislauf-Stillstände฀bei฀Männern฀häufiger฀als฀bei฀Frauen฀auftreten. Beim฀Herz-Kreislauf-Stillstand฀kann฀ die฀Notwendigkeit฀einer฀schnellstmöglichen฀Sicherung฀der฀Atemwege฀zu฀unerwünschten฀Ereignissen฀und฀Komplikationen฀führen,฀nach฀einer฀schweren฀Traumatisierung฀muss฀immer฀mit฀direkten฀ oder฀indirekten฀Auswirkungen฀auf฀die฀ Atemwege฀gerechnet฀werden.฀Frakturen฀ Tabelle 1 Alle unerwünschten Ereignisse und Komplikationen (in Prozent; n=201) Unerwünschte Ereignisse und Komplikationen Gesamt Männliche Patienten Weibliche Patienten Mehrere Intubationsversuchea 14,4 18,3 9,5 Aspiration 5,0 5,6 4,5 Ösophageale Tubusfehllage 3,2 3,7 2,7 Erbrechen 1,8 2,8 0,5 Schleimhautverletzung 1,7 1,4 2,3 Technischer Defekt, z. B. des Laryngoskops 1,2 1,1 1,4 Endobronchiale Intubation 0,8 0,8 0,9 Intubation unmöglich 0,7 0,3 1,4 Bronchospasmus 0,5 0,6 0,5 Tubus abgeknickt 0,3 0,3 0,5 Zahnschäden 0,3 0,6 0,0 Glottisödem 0,2 0,3 0,0 Sonstige 3,5 4,5 2,3 aGeschlechtsspezifische Unterschiede, p=0,02 Tabelle 2 Erfolgsraten der präklinischen Sicherung der Atemwege durch Notärzte (in Prozent) Adnet et al. [1] Orliaguet et al. [15] Eigene Ergebnisse Versuch 1 67,4 74,5 85,4 Versuch 2 20,4 14,8 10,4 Versuch 3 11,3 8,1 2,7 0,9 2,6 1,5 Anderes Verfahren des฀Gesichtsschädels,฀eine฀immobilisierte฀ Halswirbelsäule฀ oder฀ Blutungen฀ in฀ den฀ oberen฀ Respirationstrakt฀ können฀ die฀Sicht฀auf฀den฀Larynx฀bei฀der฀direkten฀ Laryngoskopie฀erschweren.฀Häufig฀wird฀ bei฀dieser฀Patientengruppe฀auch฀die฀präklinische฀Einleitung฀einer฀Allgemeinanästhesie฀vor฀der฀Intubation฀erforderlich.฀ In฀der฀vorliegenden฀Untersuchung฀waren฀ bei฀traumatisierten฀Patienten฀signifikant฀ mehr฀Versuche฀zur฀Sicherung฀der฀Atemwege฀erforderlich฀als฀bei฀nichttraumatisierten฀Patienten.฀Die฀Intubation฀gelang฀ bei฀nahezu฀jedem฀dritten฀traumatisierten฀Patienten฀nicht฀beim฀ersten฀Versuch.฀ Stewart฀et฀al.฀beschreiben฀bei฀dieser฀Patientengruppe฀sogar฀eine฀deutlich฀geringere฀Erfolgsrate฀als฀bei฀nichttraumatisierten฀Patienten฀[24]. Das฀Risiko฀einer฀Regurgitation฀und฀ nachfolgenden฀Aspiration฀wird฀v.฀a฀durch฀ Reanimationsmaßnahmen฀und฀eine฀Beutel–Masken-Beatmung฀des฀nichtnüchternen฀Patienten฀erhöht฀[25].฀Die฀konsequente฀Anwendung฀des฀Krikoiddrucks฀nach฀ Sellick฀bei฀der฀Beutel–Masken-Beatmung฀ und฀die฀schnellstmögliche฀Sicherung฀der฀ Atemwege฀stellen฀die฀wichtigsten฀präklinischen฀ Maßnahmen฀ zu฀ ihrer฀Vermeidung฀dar.฀Vor฀Eintreffen฀des฀Notarztes฀erfolgte฀in฀der฀vorliegenden฀Untersuchung฀ bei฀allen฀apnoischen฀Patienten฀eine฀Beutel–Masken-Beatmung฀durch฀nichtärztliches฀Rettungsdienstpersonal,฀jedoch฀häufig฀ohne฀die฀Durchführung฀des฀Krikoiddrucks.฀Die฀Aspirationsrate฀von฀5,0%฀in฀ dieser฀Untersuchung฀ist฀mit฀dem฀Ergebnis฀von฀Schwartz฀et฀al.฀vergleichbar,฀der฀ über฀Patienten฀berichtet,฀die฀in฀einer฀Klinik฀außerhalb฀der฀Anästhesieabteilung฀ durch฀Anästhesisten฀notfallmäßig฀intubiert฀werden฀mussten฀[21]. Der Anaesthesist 6 · 2004 | 547 e g i e z n A e n i e t h e t s t Hier n e m e s i rt e v d a n a This is Bei฀einem฀Vergleich฀der฀in฀verschiedenen฀Untersuchungen฀genannten฀Aspirationsraten฀ist฀jedoch฀die฀jeweilige฀Definition฀und฀die฀Methode฀des฀Nachweises฀zu฀beachten.฀In฀dieser฀ausschließlich฀ präklinischen฀Untersuchung฀konnte฀eine฀ Aspiration฀nur฀dann฀mit฀Sicherheit฀festgestellt฀werden,฀wenn฀Flüssigkeiten฀oder฀ feste฀Fremdkörper฀bei฀der฀direkten฀Laryngoskopie฀im฀Bereich฀des฀Kehlkopfes฀ sichtbar฀waren. Die฀Überprüfung฀der฀korrekten฀Lage฀ des฀Endotrachealtubus฀stellt฀eine฀unabdingbare฀Maßnahme฀unmittelbar฀nach฀ jeder฀Intubation฀dar,฀da฀die฀unerkannte฀ Fehlintubation฀ des฀ Ösophagus฀ häufig฀zu฀schweren฀hypoxischen฀Hirnschäden฀oder฀zum฀Tod฀des฀Patienten฀führt.฀ Zum฀Nachweis฀der฀korrekten฀Tubuslage฀ steht฀eine฀Reihe฀von฀Techniken฀und฀Methoden฀zur฀Verfügung฀[27],฀die฀jedoch฀ unter฀präklinischen฀Bedingungen฀nicht฀ die฀gleiche฀Sicherheit฀wie฀in฀der฀klinischen฀Anästhesie฀bieten.฀Bei฀allen฀10฀Patienten฀(1,76%),฀bei฀denen฀eine฀ösophageale฀Tubusfehllage฀nach฀Intubationsversuchen฀durch฀einen฀Notarzt฀vorlag,฀wurde฀diese฀unmittelbar฀erkannt฀und฀behoben.฀In฀der฀Untersuchung฀von฀Adnet฀et฀ al.฀fand฀sich฀mit฀5,3%฀(37฀von฀691฀Patienten)฀eine฀deutlich฀höhere฀Rate฀ösophagealer฀Tubusfehllagen฀[1],฀die฀jedoch฀ebenfalls฀alle฀präklinisch฀erkannt฀und฀behoben฀werden฀konnten.฀Von฀einer฀mit฀1,8%฀ ebenfalls฀sehr฀niedrigen฀Rate฀ösophagealer฀Tubusfehllagen฀berichten฀Stewart฀et฀ al.,฀die฀die฀präklinische฀Intubation฀von฀ 779฀Patienten฀durch฀speziell฀qualifizierte฀Paramedics฀bzw.฀Rettungsassistenten฀ analysierten฀[24].฀Von฀den฀insgesamt฀beschriebenen฀14฀ösophagealen฀Tubusfehllagen฀wurden฀jedoch฀3฀erst฀bei฀Aufnahme฀in฀die฀Klinik฀erkannt. Sehr฀bedenklich฀muss฀das฀Ergebnis฀ stimmen,฀dass฀von฀den฀insgesamt฀16฀Patienten,฀bei฀denen฀Intubationsversuche฀ durch฀nichtärztliches฀Rettungsdienstpersonal฀oder฀zufällig฀anwesende฀Ärzte฀unternommen฀worden฀waren,฀9฀beim฀Eintreffen฀des฀Notarztes฀eine฀primär฀unerkannte฀ösophageale฀Tubusfehllage฀aufwiesen.฀Auf฀das฀strikte฀Befolgen฀eines฀an฀ die฀präklinische฀Situation฀angepassten฀ Algorithmus฀zur฀Kontrolle฀der฀Tubuslage฀sollte฀deswegen฀unbedingt฀geachtet฀ werden. Die฀Intubation฀eines฀der฀beiden฀Hauptbronchien฀kann฀–฀insbesondere฀bei฀Notfallpatienten฀mit฀einer฀Störung฀des฀Gasaustausches฀–฀rasch฀zu฀einer฀schwer฀wiegenden฀Hypoxämie฀führen.฀In฀der฀vorliegenden฀Untersuchung฀trat฀diese฀Komplikation฀mit฀0,8%฀lediglich฀sehr฀selten฀auf.฀ Bei฀allen฀Patienten฀handelte฀es฀sich฀um฀ Erwachsene. Bissinger฀et฀al.฀ermittelten฀retrospektiv฀ die฀ Häufigkeit฀ unentdeckter฀ endobronchialer฀Intubationen฀durch฀Notärzte฀mithilfe฀radiologischer฀Techniken฀[3].฀ Hier฀kam฀in฀7%฀der฀Fälle฀eine฀zu฀tiefe฀ einseitige฀Intubation฀erst฀durch฀die฀Röntgenaufnahme฀zur฀Darstellung.฀Die฀ringförmige฀Markierung฀proximal฀des฀Tubuscuffs,฀die฀nach฀der฀Intubation฀auf฀Höhe฀ der฀Stimmbänder฀liegen฀soll,฀stellt฀bei฀erwachsenen฀Patienten฀die฀einzige฀zuverlässige฀ Methode฀ zur฀Verifizierung฀ der฀ korrekten฀Lage฀der฀Spitze฀des฀Endotrachealtubus฀in฀der฀Trachea฀unter฀präklinischen฀Bedingungen฀dar฀[16].฀Eine฀zusätzliche฀Kontrolle฀sollte฀durch฀die฀Auskultation฀der฀Lunge฀erfolgen. Fazit für die Praxis Die Sicherung der Atemwege durch Notärzte, die im Rahmen ihrer Tätigkeit als Anästhesisten regelmäßig mit diesbezüglichen Problemen konfrontiert werden, führt zu einer hohen Erfolgsrate bei der Intubation und einer geringen Rate von Komplikationen und unerwünschten Ergebnissen. Ein regelmäßiges Training der endotrachealen Intubation und alternativer Verfahren, eine Ausrüstung, die supraglottische Hilfsmittel umfasst, sowie die konsequente Befolgung von Algorithmen, können zu diesem Ergebnis beitragen. Korrespondierender Autor Dr. med. A. Thierbach Klinik für Anästhesiologie, Johannes Gutenberg-Universität, Langenbeckstr. 1, 55131, Mainz E-Mail: Thierbach@uni-mainz.de Interessenkonflikt: Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Literatur 1. Adnet F, Jouriles NJ, Toumelin P le et al. (1998) Survey of out-of-hospital emergency intubations in the French prehospital medical system: a multicenter study. Ann Emerg Med 32:454–460 2. Akhtar TM, Street MK (1994) Risk of aspiration with the laryngeal mask. Br J Anaesth 72:447–450 3. 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Die Form des Loseblattwerkes erlaubt eine kontinuierliche Aktualisierung auf den neuesten Wissensstand und die Erweiterung um noch nicht ausreichend behandelte Themen. In der im April 2004 erschienenen 9. Ergänzungslieferung beschäftigt sich W. Müllges – mit einem besonderen Augenmerk auf das praktische Vorgehen – mit der Differentialdiagnose des prolongierten Komas. Dieser Beitrag über ein sehr häufiges intensivmedizinisches Krankheitsbild ist besonders für den nichtneurologischen Intensivmediziner sehr informativ und hilfreich im klinischen Alltag. Schwerpunkt der 9. Ergänzungslieferung ist die Lunge. Der Beitrag von K. Lewandowski ermöglicht es dem interessierten Leser, sich schnell unter Berücksichtigung der aktuellsten Literatur einen umfassenden Überblick über Definition, Pathophysiologie, Pathogenese und Epidemiologie des akuten Lungenversagens zu verschaffen. Als Reaktion auf den zunehmenden Einsatz der Nicht-invasiven Beatmung in der Intensivmedizin wurde das Kompendium „Intensivmedizin“ um den Beitrag von B. Schönhoffer über nicht-invasive Beatmung als Therapie akuter respiratorischer Insuffizienz erweitert. In diesem Beitrag werden wichtige praxisrelevante Informationen zu dieser neuen Beatmungsform vermittelt, die vor allem dem Unerfahrenen es erleichtern, die nicht-invasive Beatmung bei hyperkapnischer oder hypoxämischer akuter respiratorischer Insuffizienz oder zum Weaning vom Respirator einzusetzen. Dem hohen klinischen Stellenwert entsprechend wurde der Artikel Flüssigkeitstherapie bei akutem Lungenversagen von J. Bettecken und A. Benzig aktualisiert und erweitert. Auch der Beitrag „Was ist gesichert in der Prophylaxe und Therapie des akuten Lungenversagens?“ von R. Kopp und R. Rossaint wurde unter Berücksichtigung der neusten Studien aktualisiert. Im Zeitalter von evidence-based medicine und der Vielfalt der klinisch eingesetzten Therapieverfahren liegt der Schwerpunkt des Artikels nun auf der Wertung, inwieweit die Therapieverfahren auf gesichertem medizinischen Wissen beruhen. In dem ebenfalls neu hinzugefügten Kapitel „Die akute Ösophagusvarizenblutung – Diagnostik und Therapie“ von A. Probst und H. Messmann werden unter Berücksichtigung der neusten Verfahren die aktuelle Diagnostik und Therapie der akuten Ösophagusvarizenblutung dargestellt. Abgerundet wird die 9. Ergänzungslieferung durch den Beitrag „Peritonitisbehandlung“ heute von H. Bartels und H. J. Stein. Wie die vorhergehenden Ergänzungen vermittelt auch die 9. Ergänzungslieferung aus dem Loseblattwerk „Intensivmedizin“ in der Intensivmedizin tätigen Ärzten den theoretischen Hintergrund von praxisrelevanten intensivmedizinischen Themen. Zudem ist sie sehr hilfreich bei der praktischen Durchführung einer Intensivtherapie auf aktuellem und höchsten Niveau. René Gust (Heidelberg)