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Das Luftbarometer

1901, Annalen der Physik

zyxwvu zyx zyx zyx zyxwvu 815 12. Das h f t b a r o r n e t e r ; v o n H. A. N a b e r . Als historische Erganzung zum Artikel von Wohlmill l ) und zu der Beschreibung eines Luftbarometers von F i s c h e r 2 ) mogen mir folgende Bemerkungen gestattet sein. Es giebt ein altes, noch jetzt gebrauchtes, ja gepriesenes, bei Glasfirmen kaufliches Luftbarometer. Die Form ist stereotyp wie unten (vgl. Fig. 1). Die hochst mangelhafte Construction, die Abwesenheit eines Thermometers deuten wohl auf ein hohes Alter; und Fig. 1. zyx Fig. 2. dazu kommt, dass man nirgends eine einzige Zeile diesem Instrumente gewidmet findet. 1st es vielleicht das von F r a n c i s B a c o n genannte ,,vitrum calendare"? Oder ist es von ahnlicher Herkunft wie die ,,Florentiner Flasche" (Fig. 2), die sich noch in' chemischen Laboratorien vorfindet und dort als Karaffe benutzt wird? Leider giebt unsere althollandische Literatur hier ksine Anweisung; jedoch ein hohes Alter scheint mir unzweifelhaft, ist ja das Instrument von der Lampe des C a r d a n u s (1550) oder von einer Trinkflasche fur Vogel nur wenig verschieden ; und folgen wir der Geschichte abgeschlossener Luftvolumina zy 1) E. Wohlmill, Pogg. Ann. 124. p. 163. 1865. 2) I<. Fischer, Ann. d. Phys. 3. p. 428. 1900. 816 zyxw zyxw zyxwvut H. A. Naber. aufwarts, so kommen wir von C o o p e r auf C a s w e l l , so auf D r e b b e l , dann auf S a n c t o r i u s , H e r o n , K t e s i b i u s und endlich auf A r c h i m e d e s , vielleicht auf Egypten; und dabei werden die Instrumente, im Widerspruch mit unserer Erwartung, immer bedeutender und enden mit einem Wunclerwerke (ich behandle sie in vier Gruppen). I. A r c h i m e d e s , spater P o s i d o n i u s und anderel), haben namlich wunderbare Planetaria construirt, die man am besten autokinetisch nennen konnte, um den befurchteten Ausdruck ,,perpetuum mobile'' zu vermeiden. Ton den Zeitgenossen wurden diese Apparate als wahre Wunderwerke beschrieben, j a besungen; es war nicht die schone Ausfiihrung, es waren nicht die bewegenden Teile: man bewunderte die UrsacAe der Bewegung, das Genie des Erfinders; S e x t u s E m p i r i c u s sagt es ausdriicklich.2) Und was den Erfinder betrifft, es kommt in P a p p u s eine Stelle v0r3), wo es heisst, dass A r c h i m e d e s (neben seinen mathematischen Schriften) nur eins mechanische Erfindung beschrieben hat; diese war sein Planetarium ; seine anderen zahlreichen Erfindungen habe er daneben fur nichts geachtet. Hat man nun die uberall nachzuschlagenden Passus aus C a s s i o d o r 4 ) ) , Ovid5), CiceroG)etc. gelesen und vergleiclit zy zyxw zyx zyx zyx zyxwv 1) F. H u l t s c h , Zeitschrift f. Math. u. Physik p. 107. 1877: ,,Seit A r c h i m e d e s galt diese Kunstfertigkcit als eine besondere Disciplin der Mechanik (vgl. P a p p u s , lib. 7 aus P r o c l u s ' Commentar zu Euclid, lib. I)." 2) Sext. Empir. adv. Mathem. p. 329B: zdr ye ,u+v atro,u&rog X L V O + . ~ ~ trjv xnrauxevaup&rov Bavpaumireg& . h i ZGVp i zoioitrw~.z+v yo& ' B , O ; ~ L , L I ~ ~ ~ L O Y ucparqav ucp6irp 8 ~ w ~ o G v r ebgn h r p z b p e l b , i v ' Z h 6 r TE x a i 2ehijvq XLV& ZaL, X f f i Zdt L O L d 76% dUr6QUV, 06 pdt dia &hi 109 & 6 h s Ova &d T,? X l V 4 U E b zoitrwv zeegn6zES, BAX ini Z~ rexvitn xui xlvoiluaLS airialc. 3) Lib. VIII, 3. 4) Lib. I var. ep. 45: ,,parva machina gravida mundo, coelum gestabile, compendium rerum, speculum naturae, ad speciem aetheris incredibili mobilitate volutatum. 5) Fastorum VI, v. 271: Ipsa volubilitas libratum eustinet orbem, Arte Syracosio suspensus in aere clauso Stat globus, immensi parva figura poli. 6) Tusc. Disp. I, 25: ,,Cum Archimedes lunae, solis quinque errantium motus in sphaeram illigavit, effecit idem quod ille qui in Timaeo 5 ... zyxw zy zyxwvu Luftbarometey. 817 dann ,,A dialogue philosophicall'l (1612) von T y m i n e l), einelu Freunde unseres Landesgenossen D r e b b e l , und den Brief dcs letzteren an J a c o b u s I., der mechanische Arbeiten zu schatzen wusste, so geht hervor, dass D r e b b e l ziemlich dasselbe geleistet hat. Und wahrend die genannte Schrift von T y m m e den ,,Mythus" von D r e b bel's Leistungen zur Wirlrlichkeit macht, erklart sie uns auch die Anordnung von A r c h i m e d e s und seine Folger; und wiewohl die letzteren ahnliche Instrumente wie A r c h i m e d e s gemaclit haben, werden sie von D r e b b e l mit ebensoviel Unglauben oder Herablassung erwahnt, wie unsere Zeit dem ,,Instrumenturn Drebbelianum" gegeniiber zeigt. Wahrend also S c h i e c k in einer dem Himmelsglobus des A r c h i m e d e s gewidmeten lllonographie 2, denselben ein unauflosbares Ratsel nannte und P. H u l t s c h eine Erklarung zu geben suchte, die den obigeii Citaten geradezu widerspricht 3), kommen wir mit T y m m e ' s , also mit D r e b b e l ' s Hiilfe zur folgenden , meines Erachtens uiiabweisbaren , und , wiewohl uberraschenden, des Archimedischen Genies wurdigen Losung. A r c h i m e d e s hat eine hohle, unten geoffnete I<ugel von grossem Diameter gemacht und sie in Wasser untergetaucht, rnundum aedificxvit, Platonis deus, ut tarditate et celeritafe dissimillimos motus una regeret conversio. Quod si in hoc mundo fieri sine deo non potest, ne in sphaera quidem eosdem motus Archimedes sine divino ingenio potuisset imitari." 1) Ich fand diese kleine Schrift vor 6 Jahren im Brit. Museum zu London. Sie enthiilt ausserhalb der Beschreibung auch eine ziemlich deutliche Zeichnung des koniglich aussehenden Iustrumentes. W o h l m i 11 (Pogg. Ann. 24. p. 163. 1865), der die Leistungen D r e b b e l ' s zu einem Mythus reducirt, hiitte seinen Artikel in mancher Hinsicht iindern konnen, ware er damit bekannt gewesen. Er bLtte seine Vermutung: ,,Ist vielleicht, D r e b b e 1's Perpetuum mobile wirklich eine thermometerartige Vorrichtung gewesen?" bejahen konnen und sodann nicht gesprochen von einenl ,,letzten Schlupfwinkel D r e b h el'scher Anspriiche" und von einern ,,interemanten Beitrage zur Gcschichte des modernen Mythus". 2) Programm Gymn. Hanau 1843 u. 1846. Leider felilen inir diese und andere in E n g e l m a u n ' s Bibl. Scriptorum Classicorum genannten kleinereu Schriften. 3) F. H u l t s c h (1. c.) nimmt a n , ,,dass der Ilirnmelsglobus des A r c h i m e d e s durch ein hydraulisches Werk getrieben worden sei; . . . a n Wasaer, als Triebkraft des Kunstwerkes, fehlte cs wedcr in Syracus noch spater in Rom". Wir sahen jedoch, dass z. B. S e x t u s E m p i r i c u s ein solches Kunstwerlr nieht bewundert hltte. zy 818 zyxwvuts zyxw zyxw H. A. Naber. das in einer noch grosseren Kugel oder Halbkugel enthalten war. Die Volumanderungen von der eingeschlossenen Luft l) (Druck und Temperatur) verursachten die Bewegung des Ganzen. I n der inneren Kugel waren zweifach vergoldete Rader2), die nicht der grossen Kraft des Archimedischen Auftriebes ausgesetzt waren, sondern nur den langsamen Veranderungen dieser Kraft und also von ausserordentlicher Feinheit sein konnten. 3, Nehmen wir nun diese Erklarung als richtig an, so wird auf einmal auch die enorme philosophische Bedeutung 4, der Archimedischen ,,oya@P klar. Denn diese Kugel war offenbar ein Bild der Erde, schwimmend auf dem Weltmeere oder ruhend, wahrend die innere Luft vom Wasser abgeschlossen war; sie besorgte die Bewegung des ganzen Kosmos, der also von Luft, Erde, Wasser, Feuer bewegt wurde ( D r e b b e l ) und zyxwvu zy zyxwv z 1) Dies stimmt mit den Worten des C l a u d i a n u s , welche S c h i e c k ,,unauflosbare Riitsel" nannte: ,,Inclusus variis famulatur spiritus astris Et vivum certis motibus urget opus." 2) Diese Besonderheit bezieht sich auf das Drebbel'sche Instrument. Uebiigens hatte A r c h i m e d e s in Hiero einen Maecenas wie D r e b b e l in Jacobus I. 3) T y m m e sagt: ,,they cannot weare, and the lease for that they are not forced by any poise or weight." 4) Auch D r e b b e l betrachtete sein Instrument als eine Darstellung des Ganzen, oder sagte nur so, urn die Bedeutung zu vergriissetn. T y m m e ist noch deutlicher und beweist mit dem Instrumente ,,that the Heavens move and not the earth". Dieser Umstand schmillert das Verdienst D r e b b e l ' s , der anno 1612 Kopernikaner hiitte sein sollen. Aber eine solche Bemerkung wurde auch A r c h i m e d e s treffen ; sagen wir also, dass D r e b b e l sich als ein Vorliiufer auf chemischem Gebiete zeigte und - wie unglaublich und anachronistisch es auch scheinen mag - Sazcerstof gekannt haben muss um damit seine Kugel zu fiillen. Sagt doch, wie ich BUS W o h l m i l l ' s Artikel ersehe, R o b e r t d e F l u c t i b u s so etwas von D r e b b e l ' s ,,Spiritus secretus", an den er (R. d. F.) nicht glaubt; aber auch T y m m e sagt (1. c.), D r e b b e l habe ,,a fierie spirit, out of the mineral matter" extrahirt; und aus der 1663 publicirten, mir nicht zuggnglichen ,,Vogage d'angleterre'' von M o n t c o n y s soll, wie ich bei S a m u e l R e y h e r (1670) finde, folgendes hervorgehen: ,,I)rebbelium quintom (ich cursivire) quasi aeris essentiam habuisse, qua omnem aerem respirationi idoneum reddere potuerit, Dr. B o y l e et Dr. M o n t c o n y s testantur." zy Luftbarometer. zyxw zyx 819 die ganze Anordnung war ein Bild des Weltalls'), an dem Jupiter selbst Behagen fand. Sagt j a C l a u d i a n u s im 18. Epigramni ,,In sphaeram Archimedis" : ,,Jupiter in parvo cum cerneret aethera vitro Risit et ad superos talia dicta dedit: zyx ---__--_-_____ ,,Jamque suam volvens audax industria lqundum Gaudet, et hurnana sidera rnente regit: Quid faleo insontem tonitru Salmonea 2, miror ?" War nun die Einrichtung, wie ich oben angab3), war es also die Vsranderung des Luftvolumens, welche sein Planetarium trieb, so wird wohl nicht bezweifelt werden, dass A r c h i m ede s auch die Feranderungen im Archimedischen Auftrieb hohler Korper geknnnt und naher untersucht hat. Denn Studium und Vorbereitungen zu der kostbaren Einrichtung hatten j a einen weniger genialen Mann zur Entdeckung des Archimedischen Princips gefiihrt, sind j a hydrostatische Experimente mit solchen hohlen Korpern besonders anregend und mochten letztere in dieser Hinsicht der massiven Krone Hiero's iiberlegen sein. Wird nun zugegeben , dass A r c h i m e d e s den veranderlichen Auftrieb wahrscheinlich gekannt hat, so folgt, dass A r c h i m e d e s , der die Sache auf so grosser Scala verfolgte, die unregelmassigen Bewegungen nicht hat ubersehen konnen, welche Caswell".), Prof. d. Astr. zu Oxford, in einern Briefe zyxwvut zyxwvu 1) Hatte P l u t a r c h u s nicht so bestimmt die Figur auf A r c h i m e des' Grabmal beschrieben (Kugel und umschriebener Cylinder), so diirfte es zweifelhaft sein, ob es nicht eher eine Abbildung des Planetariums war. Das Grabmal wurde von M a r c e l l u s gesetzt; und er sandte die zwei Planetaria a15 eine Trophile nach Rom. Uebrigens ist der Tor1 des A r c h i m e d e s doch wohl der drohenden Zerstorung seines Apparates zuzuschreiben. Des P l u t a r o h ' dritte Erzahlung besagt , dass Soldaten des M a r c e l l u s dem A r c h i m e d e s begegneten, der seine Apparate dem romischen Sieger zu iibertragen begriffen war; man vermutete, es sei Gold darin etc. 2) S a l m o n e u s hatte den Blitz nachahmen wollen. 3) Ich kann noch keine Antwort auf die Frage geben, wie tief die Kugel in Wasser tauchte, aber sie ist nicht essentiell. Die Kugel hat ja auch feststehen k h n e n , ohne dass die Bewegung des Planetariums dadurch litt. 4) Im Fischer'schen Artikel wurde O l i v e r als Autor genannt; dieser jedoch schrieb einen dem C a s w ell'schen vorangehenden Artikel botanischen Inhalts in den Phil. Trans. 820 zyxwvut zyxw zyxw z H. A. Naber. an seinen Collegen F 1a m s t e e d zu Greenwich beschrieb und in den Phil. Trans. 1705 publicirte. Denn Caswell beobachtete einen Apparat, der, wiewohl er dem des A r c h i m e d e s ahnelte, weit weniger bedeutend war; das Instrument hatte keine weitere Pretension als ein Variationsbarometer zu sein, und lud deshalb gar nicht zu den fortdauernden Studien ein, die A r c h i m e d e s seinen eigenen Instrumenten gewidmet haben muss. Wie die Zeichnung (Fig. 3) angiebt, war die Caswell'sche Anordnung der neulich hier von F i s c h e r beschriebenen &hnlich; und wiewohl eine constante Temperatur nicht zu erreichen gesucht ward, es war ein vortreffliches, genau berechnetes Variationsbarometer, 1200mal so fein wie das Quecksilberbarometer. Ich habe in meinem Buche ,,Standard methods criticised" (London 1891 bei Geo T u c k e r ) auf die Richtigkeit der Caswell'schen Beobachtungen gewiesen. Sein Instrument trug keinen Deckel, und er hat damit I neben den mit dem Wind Fig. 3 (Scalp 1 : 5). zusxmmenhilngenden Barometerstorungen auch die damals gewiss unbekannte strahlende Warme der Tolken beobachtet (auch: Unterschied gewohnlicher und Hagelwolken!), sodass er unbewusst 100 Jahre vor L e s l i e ein Aethrioskop erfand. 1st also das C a s well'sche Barometer dem Apparate von D r e b b e l und A r c h i m e d e s ahnlich, es ist weniger interessant; jedoch es ist dem Cooper'schen, anno 1839 in den Phil. Trans. publicirten Barometer in dieser Hinsicht weit uberlegen. Was die schwimmenden Barometer angeht, so ware die Geschichte hiermit breit genug behandelt. Nur mochte ich hier von dem Cartesianischen Taucher etwas sagen, da er zyxwv zyxw Luftbarometer. zyxw zy 821 dieser Gruppe am besten einzuverleiben ist. E s wundert mich, dass der Erfinder'), als er das labile Gleichgewicht sah, dem Taucher keine feine bis auf den Boden gehende Kette angehangt hat. Eine Kette ist j a das Mittel, dem Taucher eine beliebig grosse Stabilitat zu geben. Da er auf und ab geht, ware sein Gang sehr leicht photographisch zu registriren. zy 11. Aehnliches Loos, n h l i c h abwechselnde Anerkennung und Vergessenheit bez. zu denselben Zeiten, wurde dem Hooke'schen Barometer zu Teil. Dies Instrument, eine Vereinigung von Luft- und Flussigkeitsthermometer, wurde von H a l l e y , P h i p p s und anderen mit bestem Erfolge gebraucht; es geriet ca. 1800 in Vergessenheit und wurde dann 1816 aufs neue erfunden von A d i e , der es ,,Sympiesometer" nannte. Und wiederum gebrauchten und lobten es Seefahrer und wissenschaftliche Manner ( J o h n R o s s , J a m e s D. F o r b e s ) . Ungefihr 1830 findet man, das Instrument sei wohldurchdacht, von anerkannter Eleganz, an Bord von grossem Nutzen. Aber 1870 war es schon wieder vergessen, diesmal wohl durch die Einfuhrung des Aneroides. Und wiewohl C a l a n t a r i e n t s als auch spater Cttllen d ar automatischen Ausgleich des Ternperatureinflusses erdachten, und neuerdings O r u t z n e r einen Apparat vorschlug, der bei constanter Temperatur (n. 1. der Zunge) abgelesen werden sol1 (und wohl zu einfach, auch fur Bergsteiger, zu sein scheint); - das Hooke'sche Barometer hat sich bis jetzt nicht wieder geltend machen konnen, ja es wird in keinem meteorologischen oder physikalischen Werke erwahnt. 111. I n dritter August , Brunn er, Messung nicht der selbst. Sie beruhen Linie haben wir dann die von M a g n u s , B l a k esle y vorgeschlagenen Apparate zur Druckanderungen , sondern des Druckes alle auf dem Boyle'schen Gesetze. IV. Endlich konnten die Vorrichtungen von D av y ,Do y e r e , G i b b s , L u n g e etc. zur Reduction von Gasvolumina auf O o 1) Ich fand den Apparat in Cartesius' Werken nicht erwiihnt, wohl aber in B o y l e' s . Uebrigens kam ihnen die Natur zuvor, wenn sie den ,,Nautilus" machte. 822 zyxwvut zyxw zyxw H. A . ATaber. 760 mm zu den Luftbarometern gerechnet werden und ware hier am besten unterzuordnen der am Anfang genannte, vor mir als das eigentliche, urspriingliche ,,Wetterglas" betrwhtete Apparat. Von der Zuverlassigkeit des Luftbarometers vijllig iiberzeugt, und nachdem ich in meinem Voltameter einen zu der vierten Gruppe gehorenden Apparat angebracht, construirte ich dann 1895 drei Modelle zu den ubrigen Gruppen gehorend, und beschrieb sie in der ,,Tydschrift voor toegepaste scheikunde en Hygiene': 1897. Das erste ist ein Variationsbarometer, das den Uebelstanden des Apparates von H e f n e r - A l t e n e c k nicht uoterworfen ist. Es gestattet eine willkiirliche Feinheit und ist der Ausschlag der zu observirenden Druckanderung proportional. Wie Fig. 4 angiebt, besteht es aus einem grossen mit Luft gefullten cylindiischen Gefass, in Wasser oder Petroleum untergetaucht. Hahn A dient zur Einstellung des Meniscus C, Hahn B dient nur Reinigungszwecken. D ist die Oeffnung der Spirale. Sind A und B geschlossen, so sieht man den Meniscus bei 6' in fortdauernder Bewegung begriffen. Das Instrument ist leicht zu aichen; man braucht es j a nur ein wenig (1 cm) aus der Flussigkeit zu heben, und die von CzuriickFig. 4. gelegtc Strecke zu beobachten. Das Richard'sche Statoskop, ein dem Aneroid ahnlicher, jedoch mit Luft gefiillter. Apparat, ware seines Registrirens wegen dem obigen vorzuziehen, wird aber kostspieliger sein. Wie dem auch sei, mein Apparat hat mich uberzeugt, dass die Unruhe der Atmosphare eine bedeutende Grosse ist; eine Definition sollte die Meteorologie bald aufstellen. Eine Bemerkung mochte ich hier noch ankniipfen. Das Variationsbarometer im allgemeinen wiirde von hervorragendem zy zyxwv z zyxw zy zyx zyxwvu zyxwv z zy 823 lhftbarometer. Interesse sein, wenn Prof. Pictet’) aus Genf Recht gehabt, als er im Jahre 1S10 behauptete, die Barogramme fur London, Madrid, Turin etc. seien hauptsiichlich dieselben. Leider fehlt mir zur Zeit das Malerial zur Verification dieser der heutigen Meteorologie unglaublich vorkommenden wie auch unbekannten Behauptung.2) Sollte P i c t e t Recht haben - und sein umfangreiches Material, die von einem jungeren P i c t e t publicirten synoptischen Barogramme, seine hohe wissenschaftliche Stellung sollten die Meteorologie von einem aprioristischen Urteil abhalten L,so erlangen die kleinen Differenzen der Ordinate und Abscisse, welche auch P i c t e t nicht ubersehen hat, eine grosse Wichtigkeit, und damit das Variationsbarometer. Der zweite von mir construirte Apparat ist ein gewohnliches Barometer, specie11 Taschenbarometer. Es beruht auf Hooke’s Princip; also ist A (Fig. 5) ein Quecksilberthermometer(z. B. 0-20°), B ein Luftthermometer; Gummiringe halten sie 1 G Fig. 5 (Scala 1 : 2). nebeneinander fest; sie sind enthalten im Tubus C, der grosstenteils mit Wasser gefullt ist. Durch E und G ist Communication mit der Atmosphare. Nun ist B so gemacht worden, dass bei Erwiirmung der relative Stand von d und B (d. h. des Quecksilbers in A und der Luft in B ) nicht geandert wird. Also liest man nur diesen relativen Stand ab. Dela Thermometer A oder B giebt man eine solche Scala, dass AendePungen des relativen Standes ohne Umrechnung in Millimeter Quecksilber abgelesen werden konnen. 1) Bibl. Britannique 1810. 11. p. 22. Vgl. auch andere Artikel ebendaselbst, oder Gilb. Ann. 41. p. 74. 1812. 2) Ich habe sie naturlich verificirt fur Amsterdam, London, Edinburg, Berlin und Paris, soweit die durftigen Zeitungsbarogramme etc. es mir ermiiglichten. 824 zyxwvuts zyxw zyxw zyxw H. A. Naber. zy Zur Constanterhaltung der Temperatur wahrend des Ablesens dienen die Luftbader D und F. Beim Ablesen halt man das Instrument horizontal und sorgt fur constante Temperatur durch lindes Neigen nach jeder Seite. Will man zum Versenden etc. die Oeffnung B abschliessen, so kann P urn 90° gedreht werden, sodass der Pfropfen J vor die Oeffnung kommt und sie abschliesst. Damit keine Luft in B eindringe. ist ein Wattenpfropf H angebracht. Diese Instrumente habe ich monatelang in der Tasche getragen und observirt. Es zeigte sich eine Contraction des Luftvolumens in B. Diese war im Anfang gross'), wurde aber regelmassig kleiner, und als ich das Instrument nicht bei mir trug, horte sie am Ende beinahe vollig auf. Zur ganzlichen Erklarung oder Beseitigung dieses Effectes bin ich noch nicht gelangt; es ist aber der einzige Fehler des Instrumentes, und bei Bergbesteigungen ware es doch wohl dem Aneroid vorzuziehen, kann man ihm doch jede beliebige Form geben. A d i e hat in sejnen Sympiesometern Mandelol gebraucht ; dieses aber hat fur meinen Zweck zu grosse Viscositat. Das gezeichnete Instrument, 'I2 der wahren GrSsse, ist ebenso fein wie das Quecksilberbarometer. Es ist 1 mm Veranderung des relativen tandes von A und B ungefahr identisch mit 1 mm Quecksil er. In dritter Linie construirte ich einen Apparat zur Bestimmung des Druckes vermittelst des Boy1 e'schen Gesetzes. E s ist namlich mein Wasserstoffvoltameter mit seinem varia.blen Niveau zur Herstellung and Messung von Druckunterschieden vorzuglich geeignet.2) Ich nehme dazu die Burette mit Wasserhad heraus und bringe eine vertical im Wasser treibende Scala, von einem Cylinder umgeben, hinein (Fig. 6). Diesen Cylinder verbinde ich mit dem daneben stehenden Apparate (Fig. 7). Das Volumen A ist ungefahr 50mal kleiner als B und wird diese Zahl durch Auswagen genau bestimmt. Hat man nun in C Schwefelsaure oder Petroleum und in B trockene Luft, 'I, zyxw zy 1) Correspondirender tilglicher Fehler : mm Qyrcksilber. 2) Es 6ndet sich dic Beschreibung unter anderen in ,,The Electrician" 1594, El. chem. Zeitschrift 1898, El. chem. Kalender der letzten Jahre und eine vollsthdige Rehandlung in der hollilndischen Zeitschrift ,,Electra" von 1900. zyxw zy zyxwv 828 Luftbarometer. zyxw zyxw zyxw s o wird Hahn P geiiffnet und das Voltameter links besorgt die Einstellung der Fliissigkeit bei 6. Dann liest man die Scala ab; es sei der Minderdruck p , . Wenn man jetzt die Flussigkeit bei a einstellt, Hahn P schliesst und den Minderdruck zur Einstellung bei 6 aufs neue bestimmt, findet man den vie1 grosseren Minderdruck p,. Und der gesuchte Barometerstand berechnet sich wie folgt : (n + 1)(Pz - P J n f l oder 3 , 6 (Pa -P A wenn n. das Verhaltnis der Volumina B und A ist. zyxwv Fig. 7 (Scala 1 : 2). Fig. 6 (Scala 1 : 7). Leider habe ich mit dem Apparate nur wenig arbeiten Lonnen, verzichte also auf die Behandlung der Besonderheiten. N u r mochte ich betonen, dnss die Ablesung des Fliissigkeitniveaus im Voltameter sehr genau geschehen kann, weil es ringfbrmig ist und die Scala umfasst, sodass Parallax ausgeschlossen ist. Und zweitens, dass die Fliissigkeit C zu gleicher Zeit die Temperatur constant halt. Annalen der Physik. zyxwvu zyxwvu IV. Folge. 4. 53 826 zyxwvuts zyxw zyxw zyxw H. A. Naler. Schlussbemerkungen. Ich meine also, das Luftbarometer sei allen Anforderungen gewachsen. E s hat sich in einer anspruchslosen Form Jahrhunderte lang aufrecht gehalten; es hat dem Caswell, j a vielleicht schon dem A r c h i m e d e s vor Jahrhunderten bereits die dem schwachsten Winde folgenden Druckschwankungen offenbart, welche kein anderer als S. P. L a n g l e y im Jahre 1894 I) vermutete, jedoch nachzuweisen nicht im stande war; es ist ferner wohl das Sympiesometer deshalb mit Misstrauen begegnet worden, weil es den Druckanderungen b e s s e r folgte, als das Quecksilberbarometcr ; und endlich kann das Barometer des A u g u s t und von anderen, wenn maq darauf ebensoviel Zeit, Muhe und Kosten verwendet , wie auf Normalbarometer (die in verschiedenen Orten oft gar nicht ubereinstimmen), denselben meines Erachtens leicht an Genauigkeit gleichkommen. Aber neben den kunstlichen Luftbarometern mochte ich vorschlagen, denender Natur mehr Aufmerksainkeit zuzuwenden; giebtes jaBeispiele genug von grossen, kleinen, gelijsten Gasvolumina, die zum Teil von dem grossen Publikum als Barometer gebraucht werden (Luft in Qrotten von constanter Temperatur, Minengasen etc.). Deren Existenz ist meines Erachtens zuzuschreiben, dass die Tiere so gute Wettervorboten sind; dass Fische und Vogel grossere Luftvolumina in ihrem Korper enthalten , ist j a bekannt; auch eine Schnecke wie der Nautilus. Das Barometer der Natur ist das Luftbarometer; ihr sollten wir folgen und wenigstens teilweise zu dem Luftbarometer zuruckkehren. In der Thermoinetrie hat man ja ahnliches gethan. A m s t e r d a m , Januar 1901. zyxw (Eingegangen 17. Jaiiuar 1901.) Nachschrift. Das neulich in den Beiblattern genannte Werk von A. D a u l nennt zwar A r c h i m e d e s und D r e b b e l , giebt aber zyxwvut 1) S. P. L a u g l e y , ,,The internal work of the wind". of sc. (3) 47. p. 41. 1894. Am. Journ. Juftbarometer. zyxw zy zy 827 keine Erklarung. Jedoch diese Art .,Perpetuum mobile" war, soviel mir bekannt, bis jetzt die einzige, welche des Namens (in ursprunglicher Bedeutung) wirklich wiirdig ist. Die Construction ist wahrscheinlich erst in den letzten Jahrhundertcn vergessen worden, denn nach A r c h i m e d e s haben P o s i d o n i u s und andere sie gemacht. Weiter ist ein Instrument, das man K a r l V. geschenkt hat und von J o h n D e e und C a r d a n u s gesehen wurde, wahrscheinlich ahnlicher Natur gewesen ; und D r e b b e l hat auch mehrere Exemplare angefertigt. Zu bedauern ist, dass diese Kunst ganz vergessen worden; wurde j a ein Instrument, das ein Planetarium treiben konnte, wohl auch im stande sein, die Meteorographen langerer Periode zu treihen - wozu man 1894-1895 mit fraglichem Erfolge auf dem Mont-Blanc ein Gewicht von 90 kg benutzte. Was D r e b b e 1's Sauerstoff angeht, einen schlagenden Beweis findet man bei Boyle, Opera, I. p. 140, wo er das D r e b b el'sche unter Wasser fahrende Boot beschreibt. Am Ende mochte ich den Leser hoflichst bitten, mir womoglich historische oder sonstige Beitrage zukommen zu lassen. 53 *