Public Private Partnership in deutschen
Kommunen
Wolfgang Gerstlberger
Karsten Schneider
Die Privatisierung der Deutschen Bahn AG wird derzeit kontrovers diskutiert. Andere öffentlich-private Partnerschaften bzw. Teilprivatisierungen ziehen weniger öffentliches Interesse auf sich.Ausnahmen wie „Toll Collect“ bestätigen die Regel. Gleichsam im Schatten der Privatisierungsdiskussion sind diese Formen mittlerweile auch hierzulande alltäglich geworden. Daher ist es angezeigt, nach
20 Jahren Praxis öffentlich-privater Partnerschaften in Deutschland eine Zwischenbilanz zu ziehen.
Public Private Partnerships (PPP; öffentlich-private Partnerschaften) werden als
Instrumente für besseres Regierungshandeln diskutiert. Die Erwartung ist, dass auf
diese Weise öffentliche Dienstleistungen
rascher und um ca. 10 % bis 25 % kostengünstiger erbracht werden als bei konventioneller öffentlicher Leistungserstellung
(Christen 2007). Die britische Labour-Regierung hat PPP als Alternative zu den Privatisierungen der Thatcher-Ära konzipiert.
Die öffentliche Hand wurde wieder ins
Spiel gebracht, da die Wirkungen vollständiger (materieller) Privatisierungen von
der neuen Administration kritisch gesehen
worden waren (Wegener 2002; Weizsäcker
et al. 2006). Die Strategie eines Mittelwegs
zwischen materieller Privatisierung und
Beibehaltung der öffentlichen Rechtsform
ist in der Bundesrepublik von sozialdemokratischen Entscheidungsträgern in Bund,
Ländern und Kommunen aufgegriffen
worden.
sierter Aufgaben vollständig aus der Hand
zu geben (SPD-Bundestagsfraktion 2004;
Napp 2004; Littwin/Schöne 2006). Das
„Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private
Partnerschaften“ (2005) basiert auf den
Vorarbeiten der PPP-Arbeitsgruppe der
SPD-Bundestagsfraktion.
In Deutschland wird PPP sowohl als
Alternative als auch Vorstufe zu vollständiger Privatisierung diskutiert. Für beides
gibt es Anhaltspunkte. Weltweit mündet
ein Teil der seit Beginn der 1980er Jahre initiierten PPP in Privatisierungen. Ein weiterer Teil besteht bisher stabil als PPP fort.
Es sind darüber hinaus auch einige Fälle
dokumentiert, in denen PPP auf mehr oder
weniger spektakuläre Weise scheiterten
(IPPR 2001). Noch ist es schwierig, eine abschließende Einschätzung abzugeben, da
die Laufzeit vieler PPP auf 10 bis 30 Jahre
angelegt ist. Doch angesichts der ökonomischen, politischen und sozialen Brisanz von
PPP – je nach Interpretation steht die Legitimation und Qualität öffentlicher Dienstleistungen oder die Effizienz ihrer Erbringung auf dem Spiel – ist eine Bestandsaufnahme angezeigt.
1.1 PPP ALS ALTERNATIVE ZU
MATERIELLER PRIVATISIERUNG?
1.2 ZIELE DES BEITRAGS UND
VERSTÄNDNIS VON PPP
Eine Arbeitsgruppe der SPD-Bundestagsfraktion sowie Ministerpräsidenten und
Minister in Bundesländern mit SPD-Regierungsbeteiligung forcieren seit Mitte der
1990er Jahre PPP. Angesichts struktureller
Haushaltsengpässe der öffentlichen Hand
soll PPP auch in Deutschland private Investitionen in die Infrastruktur ermöglichen,
ohne die politische Steuerung teilprivati-
Bislang gibt es kein einheitliches Verständnis von PPP. Wir schlagen daher vor, Kooperationen als PPP zu bezeichnen, die folgende Charakteristika aufweisen (Gerstlberger/Schneider 2008, S. 19ff.):
1
Einleitung: Public Private
Partnership und
Privatisierungsdiskussion
556
– langfristige Zusammenarbeit mit gegenseitiger Abhängigkeit,
– gemeinsame Strategie und Ziele,
WSI Mitteilungen 10/2008
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– einvernehmliche Teilung der identifizierten Risiken und
– eine, über eine Auftraggeber-/Auftragnehmerbeziehung hinausgehende Zusammenarbeit.
In der Literatur werden zwei Grundtypen
von PPP unterschieden (Grabow et al.
2005; Budäus 2006). Institutionelle PPP
sind auf Dauer angelegt. In der Regel wird
als Rechtsform die GmbH gewählt. Wesentliche Absprachen enthält der Gesellschaftervertrag. Vertragliche PPP bezeichnen langfristige Vereinbarungen zwischen
öffentlichen und privaten Akteuren. Die
wichtigsten Varianten in deutschen Kommunen sind (1) Bereitstellungs-, (2) Konzessions- und (3) Betreiber- oder BOTModelle (Gerstlberger et al. 2006). Bei der
erstgenannten Variante erhält z. B. die Kommune durch den privaten Partner die langjährige Bereitstellungsgarantie für Großgeräte (z. B. in Kliniken). Diese umfasst
Planung, Installation, Betrieb, Wartung,
Service, Reparatur und – als Besonderheit
– die kontinuierliche technologische Wei-
Wolfgang Gerstlberger, Prof. Dr., Betriebswirt, Leiter des Studiengangs BWL, Internationales Hochschulinstitut Zittau. Arbeitsschwerpunkte: Innovationsmanagement,
Industrielle Beziehungen, Öffentliche
Betriebswirtschaftslehre.
e-mail: gerstlberger@ihi-zittau.de
Karsten Schneider, Dr., Politikwissenschaftler, Referatsleiter in der Forschungsförderung
der Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf.
Arbeitsschwerpunkte: Industrielle Beziehungen, politische Steuerung, öffentlicher
Sektor.
e-mail: Karsten-Schneider@boeckler.de
terentwicklung. Das Spezifikum der zweiten Variante besteht darin, dass ein privater
Konzessionär im Auftrag der Kommune eine gebührenpflichtige Dienstleistung erbringt und dafür Nutzungsgebühren als
Vergütung erhält. Bau bzw. Errichtung der
notwendigen Infrastruktur können sowohl
in öffentlicher als auch in privater Verantwortung liegen. Die dritte Variante ist der
Sammelbegriff für unterschiedliche PPPModelle: Der private Betreiber übernimmt
mindestens den Bau bzw. die Errichtung
(„build“), den Betrieb („operate“) und
übergibt die kommunale Infrastruktureinrichtung an den öffentlichen Partner nach
Vertragsende („transfer“). Der Private
kann zusätzlich Planungs-, Finanzierungsbzw. Erhaltungsleistungen anbieten.
1.3 ANFÄNGE DER DEUTSCHEN
PPP-ENTWICKLUNG
Auf der Bundes- und Landesebene dominieren seit Mitte der 1980er Jahre strategische Großprojekte. Beispiele dafür sind
„Toll Collect“ (Lkw-Maut), „Herkules“
(Informations- und Kommunikationsinfrastruktur der Bundeswehr), „Galileo“
(Satellitennavigation), „Expo 2000“ (Weltausstellung), „Stuttgart 21“ (Modernisierung des Bahnknotens Stuttgart), „MediaPark Köln“,„Internationale Bauausstellung
(IBA) Emscher Park“, die Verkehrsprojekte
„Herrentunnel“ (Lübeck) und „Warnowquerung“ (Rostock) oder „Güterverkehrszentren (GVZ)“ (z. B. in Kassel und Wolfsburg). Bei diesen Großprojekten und in der
Frühphase der Etablierung von PPPs in
deutschen Kommunen – bis Mitte der
1990er Jahre – waren mögliche Kostenund Zeiteinsparungen von geringer Bedeutung. Strategische Ziele, wie z. B. der Aufbau neuer lokaler bzw. regionaler Kooperationsnetzwerke oder die Mobilisierung privaten Know-hows, sind von kommunalen
Entscheidungsträgern in dieser Phase höher gewichtet worden als mögliche Kostenund Zeiteinsparungen. Angesichts zunehmender Haushaltsengpässe der öffentlichen Hand wird PPP ab der zweiten Hälfte
der 1990er Jahre auch in Deutschland verstärkt als Finanzierungsoption wahrgenommen, um den „Investitionsstau“ im
Bereich der öffentlichen Infrastruktur zu
verringern.
Eine wichtige Erfahrung aus dem britischen Infrastruktur-Programm Private Finance Initiative (PFI) ist, dass der Erfolg
von PPP nur in einer langfristigen zeitli-
chen Perspektive von mindestens zehn bis
15 Jahren beurteilt werden kann. Für
Deutschland ist eine derartige Bewertung
von PPP-Vorhaben bisher nur in Einzelfällen möglich, die bereits eine entsprechende
Laufzeit aufweisen. Trotz dieser strukturellen Einschränkung liegt ausreichend empirisches, vor allem qualitatives Material für
eine Zwischenbilanz kommunaler PPPs
vor. In diesem Zusammenhang sind Veränderungen der rechtlichen und volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der
Europäischen Union (EU) zu beachten.
2
Rahmenbedingungen
für PPP in der EU
und in Deutschland
2.1 AKTUELLE ENTSCHEIDUNGEN
AUF EU-EBENE
Eine wichtige Einschränkung für öffentlich-private Partnerschaften in der EU betrifft „Inhouse-Geschäfte“. In einer Entscheidung vom 11.01.2005 (AZ C-26/03)
hat der Europäische Gerichtshof (EuGH)
festgestellt, dass Kommunen auch mehrheitlich von ihnen beherrschte Beteiligungen nicht ohne Ausschreibung beauftragen
dürfen (EuGH 2005). Die öffentliche Hand
hat ein Interesse daran, eigene bzw. ihr verbundene Gesellschaften mit der Aufgabenerledigung zu betrauen, da sie dadurch einen besseren Zugriff auf die Dienstleistungsqualität hat. Institutionelle PPP werden aufgrund der Rechtslage in deutschen
Landkreisen und Gemeinden nur noch in
Ausnahmefällen neu initiiert (z. B. Gesellschaften für Wirtschaftsförderung oder
Tourismus). Bei den genannten Einsatzfeldern für PPP handelt es sich um freiwillige
Selbstverwaltungsaufgaben. In diesen Aufgabenbereichen werden im Regelfall von
PPP-Gesellschaften keine Leistungen für
die kommunalen Gesellschafter erstellt,
sondern Dienstleistungen für Dritte.
Eine weitere wichtige Rahmenbedingung für PPP in der EU ist die „EUROSTAT-Entscheidung“ (2004). Das statistische Amt der Europäischen Union hat
sich in dieser Entscheidung mit der Bedeutung der Vermögenswerte in PPP vor dem
Hintergrund der „Maastricht-Kriterien“
befasst. Aus Sicht der volkswirtschaftlichen
Gesamtrechnung sollte ein Bewertungsmaßstab dafür gefunden werden, wie diese
Vermögenswerte sich auf die öffentliche
Verschuldung in der EU auswirken.
Die EUROSTAT-Entscheidung zu PPP,
die auf komplexen Modellen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung basiert,
lautet:„EUROSTAT empfiehlt,Vermögenswerte, die Gegenstand einer Öffentlich Privaten Partnerschaft sind, nicht als Vermögenswerte des Staates zu klassifizieren und
folglich nicht in der Bilanz des Sektors Staat
zu verbuchen, wenn die beiden folgenden
Bedingungen erfüllt sind: […D]er Private
Partner trägt das Baurisiko, und […] der
Private Partner trägt mindestens entweder
das Ausfallrisiko oder das Nachfragerisiko.
Wenn das Baurisiko vom Staat getragen
wird oder wenn der Private Partner nur das
Baurisiko und kein anderes Risiko trägt,
werden die Vermögenswerte als Vermögenswerte des Staates klassifiziert“ (EUROSTAT 2004).
Diese Regelung soll einer etwaigen verdeckten Überschuldung öffentlicher Gebietskörperschaften vorbeugen, die als
langfristige Konsequenz von Public Private
Partnership eintreten könnte. Auslöser für
die EUROSTAT-Entscheidung waren Untersuchungen von Rechnungshöfen und
vergleichbaren Einrichtungen der Finanzaufsicht in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten. Diese Evaluierungen dokumentierten Fälle, in welchen Kommunen aufgrund
von PPP-Vorhaben ihre wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit überschritten hatten.
Die operative Umsetzung der EUROSTATEntscheidung ist bisher in den EU-Mitgliedstaaten kaum vollzogen worden. Dies
gilt auch für die Bundesrepublik. Der Bund
und die Bundesländer haben eine entsprechende Konkretisierung ihrer Haushaltsbzw. Gemeindeordnungen bisher erst in
Ansätzen umgesetzt (z. B. Gesprächsrunde
PPP 2006, S. 30ff.).
2.2 KRITISCHE EINSCHÄTZUNG DER
RECHNUNGSHÖFE
Die Konferenz der Präsidentinnen und
Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder hat 2006 auf die mit
PPP-Finanzierungsmodellen verbundenen
Überschuldungsgefahren dezidiert hingewiesen (Konferenz der Präsidentinnen und
Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder 2006):
„Städten, Gemeinden und auch Ländern, die finanziell angeschlagen sind, hilft
dieses Instrument nicht weiter. Bei Finanzierungsengpässen wird es von der öffentWSI Mitteilungen 10/2008
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557
lichen Hand häufig als Ausweg angesehen,
um Investitionen zu realisieren und Wachstumsimpulse zu setzen. Mittel- und langfristig ein gefährlicher Weg, weil auch hier
die Finanzierungslast in die Zukunft verschoben wird […].“
Hinweise aus unterschiedlichen Jahresberichten von Landesrechnungshöfen unterstreichen diese allgemeine Warnung. Im
Jahresbericht des Bayerischen Obersten
Rechnungshofes (OHR) (2006, S. 53) findet sich z. B. folgende Einschätzung: „Der
Staat verwirklicht zwei Staatsstraßenprojekte über Öffentlich Private Partnerschaften. Der ORH hat bei den Investitionen keine Kostenvorteile festgestellt, die nicht
auch bei konventioneller Verwirklichung
erreichbar wären. Demgegenüber verteuert
die private Vorfinanzierung die Maßnahmen.“ Der Präsident des Rechnungshofes
Baden-Württemberg (Kiefer 2006) gelangt
zu einer differenzierteren Einschätzung der
Wirtschaftlichkeit von PPP, die in den
1990er Jahren realisiert wurden. Der explizite Hinweis auf Verschuldungsrisiken findet sich jedoch auch in diesem Bericht
(ebd., S. 21).
Als wichtigste Erklärungsversuche dafür, dass die in PPP-Leitfäden (Weber et al.
2006; Christen 2007) häufig genannten
Einsparpotenziale von ca. 10 % bis 25 % bei
den Investitionskosten für die öffentliche
Hand in der Praxis in der Regel erreichbar
sind, lassen sich zusammenfassen (Gerstlberger/ Schneider 2008; Ziekow/Windoffer 2008):
– Hohe Transaktionskosten für die Projektvorbereitung und -begleitung durch
externe Berater,
– nicht ausreichend qualifizierte Experten
innerhalb der Verwaltung für Projektvorbereitung, -management und -controlling,
– bislang unzureichende Standardisierbarkeit von PPP-Projekten hinsichtlich
Leistungsspezifikation, Ausschreibungsund Vergabeprozessen sowie Vertragsgestaltung und
– begrenzte Realitätsnähe bisher verfügbarer Konzepte für öffentlich-private Wirtschaftsvergleiche.
Der erste und der dritte Punkt hängen auch
damit zusammen, dass PPP nach wie vor
ein Finanzierungs- und Beschaffungsinstrument ist, das in deutschen Gebietskörperschaften selten eingesetzt wird. Die öffentliche sowie private Infrastruktur für
Beratung und Unterstützung ist dement-
558
sprechend noch wenig entwickelt. Beratungsleistungen sind in der Regel projektspezifisch ausgerichtet und daher kostenintensiv. Eine stärkere Verbreitung und
Standardisierung von PPP-Projekten könnte zu einer Verringerung der Transaktionskosten beitragen.
Was den letzten Punkt angeht, sind
grundsätzliche methodische Probleme nach
wie vor ungelöst. Das wahrscheinlich
schwerwiegendste operative Problem besteht derzeit darin, dass betriebswirtschaftliche Instrumente (Doppik, Kosten- und
Leistungsrechnung, Controlling) innerhalb des öffentlichen Sektors oft nicht ausreichend implementiert sind. Dies gilt
besonders für kleine und mittlere Kommunen (Gerstlberger/Schmittel 2004). Die eigentlich für aussagekräftige Wirtschaftlichkeitsvergleiche mit den privaten Kalkulationswerten notwendigen öffentlichen Vergleichsdaten stehen daher häufig (noch)
nicht zur Verfügung. Als Ersatz werden
Durchschnittswerte (z. B. im Bereich des
Immobilienmanagments) oder Schätzwerte verwendet, was jedoch zu erheblichen
Ungenauigkeiten führt.
Ein weiteres Problem ist, dass langfristige Lebenszyklus-Risiken – besonders bei
Vertragslaufzeiten bis zu 30 oder 35 Jahren
– nur bedingt quantifiziert werden können.
In vielen Fällen fehlen hier noch belastbare Erfahrungswerte. Besonders bei „HighTech-PPP“ wie „Toll Collect“ müssen neben
den herkömmlichen Projektrisiken zusätzlich technologische Innovationsrisiken
berücksichtigt werden (Gerstlberger et al.
2006). Diese Entwicklungsrisiken werden
in den bisher verfügbaren Standard-Kalkulationsinstrumenten für öffentlich-private
Wirtschaftlichkeitsvergleiche aufgrund ihrer Komplexität nicht berücksichtigt.
Bis dato nicht geklärt ist darüber hinaus die Frage, wie umsatzsteuerpflichtige
öffentlich-private Gesellschaften, die für
den privaten Partner einen Gewinn erwirtschaften müssen, substanziell bessere
Ergebnisse erreichen können als nicht umsatzsteuerpflichtige Eigen- oder Regiebetriebe (kommunale Einrichtungen in öffentlichen Rechtsformen), die nur kostendeckend arbeiten dürfen. Weitere offene
Fragen betreffen die (fehlende) Möglichkeit, Fördermittel bzw. Zuschüsse für PPPs
zu gewähren („Beihilfeproblematik“), oder
Datenschutzanforderungen (Sühnel 2008;
Gerstlberger/Sack 2003, S. 58).
In der Praxis werden Defizite des Beteiligungsmanagents und -controllings kaum
WSI Mitteilungen 10/2008
https://doi.org/10.5771/0342-300X-2008-10-556
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offen diskutiert (Killian et al. 2006). Neuere empirische Studien (Edeling et al. 2004;
Killian et al. 2006) konstatieren übereinstimmend ein „Steuerungsproblem“ (Killian et al. 2006, S. 125ff.) kommunaler Eigengesellschaften mit privaten Rechtsformen (in der Regel umsatzsteuerpflichtige
Gesellschaften mit beschränkter Haftungen oder Aktiengesellschaften mit privater
Beteiligung und mit Gewinnerzielungsabsicht sowie eigenständiger, dezentraler
Möglichkeit der Kreditaufnahme):
– Die Kommune nimmt nicht angemessen auf ihre Beteiligungen Einfluss. Die Erfüllung des öffentlichen Zwecks wird zu
wenig beachtet.
– Die Beteiligungsverhältnisse werden zunehmend komplexer und damit häufig
unüberschaubar.
– Kommunale Haushalte drohen – auch
aufgrund der Kreditaufnahmen von Eigengesellschaften – zu überschulden und es besteht die Gefahr, dass der zukünftige finanzielle Gestaltungsspielraum eingeschränkt
wird.
– Bei Langzeitrisiken entstehen Vorsorgedefizite.
– Es kommt zu Koordinationsproblemen
innerhalb der Gesamtverwaltung und zwischen unterschiedlichen Einzelgesellschaften (z. B. untereinander nicht abgestimmte Beschaffungs- oder EDV-Systeme).
Bemerkenswert ist zudem, dass diese Steuerungsprobleme bereits für privatrechtliche
Töchter, die sich zu 100 % im öffentlichen
Eigentum befinden, konstatiert werden.
Geschäftsführungen und Vorstände bemühen sich in der Regel aktiv, die Einflussnahme der Verwaltung und kommunaler
Selbstverwaltungsorgane auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Private Unternehmen
sind demgegenüber eher in der Lage, ihre
Interessen gegenüber ihren Tochtergesellschaften durchzusetzen (Schneider 2002).
2.3 BEGRENZTE CHANCEN FÜR EINE
„MITTELSTANDSFREUNDLICHE
GESTALTUNG“
Ein weiterer kritischer Hinweis zu PPP betrifft neben dem Verschuldungsrisiko für
die Gebietskörperschaften die geringen
Chancen für mittelständische (Bau-)Unternehmen, sich als private Partner federführend zu beteiligen. In der Studie „PPP
und Mittelstand“ des Deutschen Instituts
für Urbanistik (Difu) wurden 30 PPP-
Abb. 1: Verbreitung von Public Private Partnership in deutschen
Kommunen 2005 - in % -
11,6
Gemischtwirtschaftliche Unternehmen
Betreibermodelle u.ä.
Materielle Privatisierung
11,0
8,7
7,1
6,2
4,8
5,5
4,4
4,3
2,5
2,4
0,8
Abfallentsorgung
ÖPNV
Wasserwirtschaft
Energieversorgung
Quelle: Bogumil et al. 2007.
Hochbauprojekte hinsichtlich der Möglichkeiten einer „mittelstandsfreundlichen
Ausgestaltung“ untersucht (Difu 2008,
S. 8). Ein Ergebnis dieser Studie lautet: „In
großen Projekten finden sich praktisch keine KMU mehr als Hauptauftragnehmer,
auch nicht als Partner in Konsortien.“ Ein
rein mittelständisches Bieterkonsortium
wurde in keinem der untersuchten PPPProjekte als privater Partner ausgewählt.
Großunternehmen waren bei allen analysierten Projekten beteiligt, zumindest über
Tochtergesellschaften (ebd., S. 9).
3
Quantitative Verbreitung
von PPP in deutschen
Kommunen
3.1 PPP-VORGÄNGERMODELLE
IN DER KOMMUNALEN VER- UND
ENTSORGUNG
Zu Beginn der 1980er Jahre förderte die
niedersächsische Landesregierung im Rahmen der Neuordnung von § 149 Abs. 6 des
Niedersächsischen Wassergesetzes Betreibermodelle unter der Beteiligung privater
Entsorgungsunternehmen. Betreiberverträge konnten für einen Zeitraum von ca.
20 bis 30 Jahren abgeschlossen werden.
Wichtigstes Ziel der privaten Beteiligung
war es, angesichts nicht ausreichender
Rückstellungen Investitionsbedarfe in den
Kommunen zu verringern. Ähnliche Modelle sind nach der deutschen Vereinigung
in den neuen deutschen Bundesländern zur
Anwendung gekommen (Ellwein/Buck
1995; ergänzend Sack 2007, S. 59f.).
Ausgehend von diesen Erfahrungen
entwickelten sich die Wasserver- und -entsorgung sowie die Abfallwirtschaft in den
1990er Jahren zu den wichtigsten Anwendungsfeldern für Public Private Partnership. Durch die schrittweise Novellierung
der Abfallgesetzgebung (vor allem das
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, das
1996 in Kraft trat, sowie die Einführung
des Dualen Systems Deutschland) wurden
Ende der 1980er und in den 1990er Jahren
neue technische, organisatorische und ökologische Verwertungsstandards für Industrie- und Haushaltsabfälle etabliert. Die
aufgrund fehlender Haushaltsmittel aufgelaufenen Investitionsbedarfe der Kommunen sind dadurch zusätzlich erhöht worden. In der Ver- und Entsorgung sind bis
dato sowohl vertragliche PPP als auch gemischtwirtschaftliche Unternehmen (teilprivatisierte Stadtwerke, Abfallwirtschaftsunternehmen, Wasser- und Abwasserbetriebe) verbreitet, besonders in NordrheinWestfalen, Hessen und Niedersachsen. Für
Stadtwerke ermittelt Trapp (2006, S. 97f.),
dass im Jahr 2005 an 17 (oder 55 %) von 31
Stadtwerken deutscher Großstädte private
Kapitaleigner beteiligt waren. In vier Fällen
fungierte die Kommune nur noch als Minderheitsgesellschafter.
3.2 QUANTITATIVE VERBREITUNG
VON PPP NACH AUFGABENFELDERN
Die erste quantitative Befragung in deutschen Kommunen, die explizit PPP als
Untersuchungsgegenstand gewidmet war,
führte 1989 und 1990 das Institut für
Landes- und Stadtentwicklungsforschung
GmbH (ILS) in NRW durch. 235 oder 59 %
von 396 angefragten Kommunen nahmen
teil. Bei der Grundgesamtheit handelte es
sich um alle Mitglieder des Deutschen
Städtetags in NRW (Kruzewicz 1993). Für
103 Gemeinden konnten 286 öffentlichprivate Kooperationen ermittelt werden.
70 davon waren eine GmbH oder ein eingetragener Verein. Die Mehrzahl ließ sich
den Aufgabenfeldern Stadtentwicklung
und Technologieförderung zuordnen.
Im Rahmen einer repräsentativen Befragung von (Ober-)Bürgermeistern (aller
Gemeindegrößenklassen) und Landräten
aus dem gesamten Bundesgebiet wurde die
Verbreitung von PPP für 2005 in ausgewählten Aufgabenbereichen ermittelt (Abbildung 1; Bogumil et al. 2007, S. 338).
Betreibermodelle (vgl. Abschnitt 1.2)
spielen demnach lediglich in der Abfallentsorgung mit fast 5 % aller Fälle eine nennenswerte Rolle (Anteil gemeinwirtschaftlicher Unternehmen mit Gesellschafteranteilen in öffentlicher und privater Hand:
6,2 %). Im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), in der Wasserwirtschaft und
der Energieversorgung erreicht der Anteil
öffentlich-privater Unternehmen jeweils
(knapp) die 5-%-Marke. Der Anteil vollständiger (materieller) Privatisierung reicht
dagegen von 7,1 % bei der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung bis 11,6 %
im ÖPNV.
3.3 ÖFFENTLICHER HOCHBAU ALS
AKTUELLER PPP-SCHWERPUNKT
Seit Ende der 1990er Jahre liegt der Schwerpunkt für PPP in deutschen Kommunen
im öffentlichen Hochbau. Das Difu ermittelte für 2000 bis 2005 „etwa 600“ deutsche
PPP-Projekte „im weiteren Sinne (nach der
Einschätzung der Befragten)“. Der kommunalen Ebene lassen sich „davon etwa 80
Prozent“ zurechnen (Grabow et al. 2005,
S. 4). 46 % der identifizierten PPP entfallen
auf den öffentlichen Hochbau. Die Vergleichswerte für Sport, Freizeit und Touristik sowie öffentliche Sicherheit und Justiz
betragen 21 % bzw. 12 %. In weiteren Feldern liegt der PPP-Anteil deutlich unter
10 %. Grabow et al. (2005) kommen darüber hinaus in einer Vollerhebung in
Bund, Ländern und Gemeinden zu dem
Ergebnis, dass sich die Zahl der realisierten
und konkret geplanten kommunalen PPP
zwischen 2004 und 2005 gegenüber den
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559
Vorjahren verdoppelt hat. Ausgenommen
waren bei der Erhebung Stadtwerke sowie
andere Ver- und Entsorgungsbetriebe.
Die Ergebnisse einer Befragung des
Deutschen Städtetages aus dem ersten Halbjahr 2002 fallen ähnlich aus: Zu Beginn des
neuen Jahrtausends war PPP in rund der
Hälfte der 235 Mitgliedsstädte (Rücklaufquote 80 %) verbreitet. 53 % der Mitgliedsstädte führten (nach Einschätzung der Befragten) im Befragungszeitraum „PPPbzw. PFI-Projekte“ durch. Städte zwischen
100.000 und unter 200.000 (62 %) sowie ab
500.000 Einwohnern (59 %) waren dabei
im Vergleich zu den befragten Kommunen
überdurchschnittlich aktiv. Die regionale
Streuung ist erheblich: Während 100 % der
hessischen Städte Erfahrungen mit PPP gemacht haben, gilt dies lediglich für 33 %
der Mitgliedsstädte in NRW (Frischmuth
2004, S. 44f.).
Die Kernergebnisse der Untersuchung
von Janetschek (2007, S. 4ff.) bestätigen die
Befunde der Difu-Studie im Wesentlichen.
17 % der befragten Mittel- und Großstädte
führen bereits Public Private Partnerships
durch. 16 % planen derzeit die Realisierung
zumindest eines Projektes als PPP. Knapp
die Hälfte (48 %) der abgeschlossenen Projekte entfallen auf den Schulbereich (Hochbau). Danach folgen Sport, Freizeit und
Kultur (27 %) sowie das Sozial- und Gesundheitswesen (ca. 18 %) als Anwendungsfelder. Die Bedeutung des Schulbereichs
soll bis 2013 als PPP-Anwendungsfeld allerdings deutlich an Bedeutung verlieren:
Nur noch 7 % der Kommunen, die aktuell
PPP-Vorhaben planen, nennen Schulprojekte als Option. Der Vergleichswert für das
Feld Sport, Freizeit und Kultur beträgt
32 %. 80 % der Befragten bewerten die
„bisherigen Ergebnisse“ bzw. den Verlauf
der bei ihnen durchgeführten Projekte
„insgesamt positiv“ (Janetschek 2007, S. 4),
4 % geben „sehr negative Erfahrungen“ an.
(ebd.). Die Kritik betrifft dabei PPP in der
Summe etwas stärker als Privatisierungen.
Diese im Auftrag der Ernst & Young AG
ermittelten Befragungsergebnisse basieren
auf 300 Telefoninterviews mit Kämmerern
oder leitenden Mitarbeitern der Finanzverwaltungen deutscher Städte ab 20.000 Einwohnern. Die Interviews wurden im Mai
2007 durchgeführt. Bei der Interpretation
der erhobenen Daten sind vier Einschränkungen zu berücksichtigen:
– Die Befragten beurteilen auch bestimmte Ergebnisse ihrer eigenen Aktivitäten.
560
– Städte mit unter 50.000 Einwohnern
sind in der Stichprobe gegenüber der
Grundgesamtheit unterrepräsentiert und
solche mit zwischen 50.000 und unter
100.000 sowie zwischen 100.000 und unter
200.000 Einwohnern überrepräsentiert
(Janetschek 2007, S. 5).
– Zwischen Privatisierungen und PPP sowie durchgeführten und geplanten Vorhaben wird in einigen Fragen nicht eindeutig
unterschieden (z. B. Janetschek 2007, S. 31:
Erfragt werden „Gründe für die geplanten
oder bereits durchgeführten Privatisierungen bzw. ÖPP-Projekte“).
– Die bisher – überwiegend 2004 oder
2005 – begonnenen PPP befinden sich zumeist in einem frühen Projektstadium.
4
Zentrale Ergebnisse
qualitativer Fallstudien
zu PPP
4.1 DATENBASIS UND
UNTERSUCHUNGSMETHODIK
Trotz rechtlicher Restriktionen nimmt die
Relevanz von Public Private Partnerships
für die Praxis der öffentlichen Hand nicht
ab. Welche Motive die unterschiedlichen
Akteure bei der Implementation von PPP
haben und inwieweit sie ihre Ziele erreichen, bleibt jedoch vor dem Hintergrund
der vorgestellten quantitativen Daten offen. In den letzten Jahren wurden daher einige qualitative Forschungsprojekte durchgeführt, die typische Fallkonstellationen
von PPP erfassen und auf dieser Basis Aufschluss über Motive und Wirkungen geben
sollten.
Bei den in diesem Beitrag berücksichtigten Forschungsvorhaben handelt es sich
um das Projekt „PPP – Hybridvarianten
der Dienstleistungsproduktion“,1 die Untersuchung „PPP als neuartige Regelungsmuster zwischen öffentlicher Hand und
Unternehmen“2 sowie das Vorhaben „BestPractice-Studie Projektfinanzierung und
Öffentlich Private Partnerschaften in der
Elektrotechnik- und Elektronikindustrie“.3
Im Zentrum standen Fragen danach,
was der öffentliche Partner in PPP über den
Umgang mit neu entstehenden oder veränderten Wettbewerbsbedingungen lernen
kann, und nach den Wirkungen von PPP
für die Nutzer öffentlicher Dienstleistungen (eine detaillierte Darstellung der qua-
WSI Mitteilungen 10/2008
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litativen Empirie findet sich bei Gerstlberger/Schröder 2008).
Es wurden Fälle untersucht, die in der
politischen und fachlichen Öffentlichkeit als
erfolgreiche Modelle für PPP gelten. Dafür
wurden leitfadengestützte Experteninterviews mit politischen Entscheidern, Vertretern der öffentlichen Hand, Repräsentanten
der privaten Partner,Personal- und Betriebsräten sowie ggf. weiteren relevanten Akteuren (z. B. Beratern) durchgeführt. Die qualitativen Ergebnisse wurden durch Dokumentenanalysen und Internetrecherchen ergänzt (Gerstlberger/Schneider 2008, S. 9f.).
4.2 ZUSAMMENFASSUNG DER
ERGEBNISSE QUALITATIVER
FALLSTUDIEN
Angesichts der Erwartung, PPP trüge zu
Einsparungen oder Effizienzgewinnen bei,
überrascht es, dass durchgängig in allen
untersuchten Best-Practice-Fällen wirtschaftliche und finanzielle Aspekte nur am
Rande eine Rolle spielen. Mindestens bei
Projektbeginn stehen andere Ziele im Vordergrund. Einerseits ist dies die Vorbereitung auf Wettbewerbsbedingungen, mit
welchen die öffentliche Hand teilweise erst
Erfahrungen sammeln muss. Andererseits
handelt es sich um Vorhaben, in denen die
öffentliche Hand mittels externen Sachverstands Aufgaben bewältigen will, für die sie
sich selbst aus politischen oder aus fachlichen Gründen nur begrenzt kompetent
fühlt. Einsparungen sind eher Nebeneffekte. Strategisch wichtig ist der öffentlichen
Hand oft, einen privaten Partner zu finden, der vertrauenswürdig ist und zur
Organisationskultur der bestehenden bzw.
zu schaffenden (teil-)öffentlichen Einrichtung passt. Private Partner akzeptieren
ihrerseits, mit PPP nur begrenzt Gewinne
machen zu können, um Referenzmodelle
für künftige Partnerschaften und Vertrauenskapital aufzubauen.
Jenseits einfacher Dienstleistungen, bei
denen die Gewinnspannen begrenzt sind,
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Das Projekt wurde 2000 bis 2004 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt. Es ist von Maria Oppen geleitet sowie von
Friedrich Hauss, Detlef Sack, Karsten Schneider und
Alexander Wegener bearbeitet worden.
Die Hans-Böckler-Stiftung förderte das Projekt von
2003 bis 2004 (Gerstlberger/Schmittel 2004).
Das Vorhaben erhielt 2005 und 2006 durch den
Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) e. V. Unterstützung (Gerstlberger
et al. 2006).
können beide Partner von einer dynamischen wirtschaftlichen Entwicklung profitieren und ihre Wettbewerbsposition durch die
Kooperation teilweise erheblich verbessern.
Aber auch wirtschaftlich erfolgreiche Partnerschaften entstehen in der Regel aus einer
doppelten Notlage der beiden Partner. Der
private Partner hat es entweder versäumt,
sich in einem neuen Marktfeld frühzeitig zu
positionieren, oder ist dem öffentlichen
Partner aufgrund von langjähriger Interdependenz verpflichtet. Auf Seiten der öffentlichen Hand liegt oft ein strategisches Versäumnis – in der Regel ausgebliebene Investitionen oder Qualifikationsmaßnahmen
– oder ein politisches Motiv vor.
Erfolge von Public Private Partnerships
sind zumeist relativ unabhängig davon, ob
es bei der Partnerschaft bleibt, der private
Partner die Aufgabe komplett übernimmt
oder die öffentliche Hand nach einiger Zeit
wieder die Gesamtverantwortung erhält.
Dies lässt die begründete Vermutung zu,
dass PPP häufig eine Variante der betriebswirtschaftlichen Modernisierung des öffentlichen Partners ist. Oft arbeiten private
Partner mit anderen Standards als die öffentliche Hand: In den Aufgabenfeldern
Entsorgung, Gebäudemanagement oder
ÖPNV bleibt man unter den Tarifentgelten
des öffentlichen Dienstes; Gebühren und
Preise für Ver- und Entsorgungsleistungen
werden erhöht; die Qualität von Dienstleistungen, z. B. beim Catering, wird reduziert.
Dem Privaten bleibt in der Regel wenig
Spielraum für Kosteneinsparungen, wenn
er derartige Standards – z. B. aufgrund vertraglicher Vereinbarungen – nicht senken
kann. Für Beschäftigte bedeuten die strukturellen Veränderungen der Leistungserstellung, dass sie zunehmend mit ökonomischen Kriterien konfrontiert sind und
Arbeitsprozesse verdichtet werden. Häufig
sind die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften von PPP eher betroffen als daran
beteiligt.
Eine wichtige Erfolgsbedingung öffentlich-privater Partnerschaften ist eine gemeinsame positive Organisationskultur.
Beschäftigte des privaten und öffentlichen
Partners müssen friktionsfrei zusammenarbeiten. Dies ist bereits bei Fusionen von
privaten Partnern nur selten gegeben. PPP
sind diesbezüglich voraussetzungsvoller.
Zudem sind die Finanzierungsbedingungen der öffentlichen Hand relativ günstig
und das Qualifikationsniveau ihrer Mitarbeiter ist gut, sodass kaum kleine und mittlere Unternehmen als Partner in Betracht
kommen. Kommunen mit relativ schlechten Finanzierungsbedingungen sind darüber hinaus oft mit einem Veto der Kommunal- bzw. Finanzaufsicht konfrontiert,
da PPP als kreditähnliche Geschäfte interpretiert werden.
Die öffentliche Hand ist im Rahmen von
Partnerschaften dazu gezwungen, entweder
effektiv zu steuern und sich mit den Eigeninteressen der PPP-Gesellschaft und des privaten Partners auseinanderzusetzen. Oder
sie gibt die Kontrolle weitgehend aus der
Hand. Ersteres impliziert erheblichen Ressourcenaufwand. Letzteres führt zur Abhängigkeit vom privaten Partner und zu dem
Abbau eigener Kompetenz. In der Summe
lässt sich der Aufbau von Vertrauen bzw. die
Existenz von langfristig stabilen sozialen Beziehungen als Voraussetzung erfolgreicher
PPP feststellen. Die angesichts hoher Transaktionskosten geforderten und durch Kompetenzzentren der Länder und des Bundes
geförderten „PPP von der Stange“ sind insofern und angesichts dynamischer Wettbewerbsbedingungen realitätsfern. PPP können letztlich nur dann einen sinnvollen
Zweck erfüllen, wenn sie beiden Partnern
projektspezifische Lernerfolge ermöglichen.
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Fazit: PPP als begrenztes
und spezialisiertes
Finanzierungsinstrument
Angesichts der Ergebnisse dieser Zwischenbilanz muten die Ziele, die in Wissenschaft
und Politik mit PPP verbunden werden,
überraschend an. Von besserem Regierungshandeln und selbst finanziellen Einsparmöglichkeiten ist in der Praxis kaum
die Rede. Den öffentlichen Partnern geht es
in Best-Practice-Fällen in erster Linie um
neue Finanzierungsmöglichkeiten sowie
die Einwerbung von wettbewerblichem
und technischem Know-how. Entscheidende Rahmenbedingung von PPP ist, dass die
Haushaltsengpässe der öffentlichen Hand
Investitionen in die Infrastruktur kaum
mehr möglich machen. PPP sind demnach
eine Option, trotz fehlender weiterer Verschuldungsmöglichkeiten Ressourcen für
öffentlich zu erbringende Dienstleistungen
zu mobilisieren. Dabei handelt es sich
nicht nur um finanzielle Mittel, sondern
auch um Qualifizierungsmöglichkeiten
und wettbewerbsrelevantes Wissen, welches sich die öffentliche Hand nicht kurzfristig beschaffen kann.
Die qualitative Empirie macht auch
deutlich, dass die von den öffentlichen
Partnern formulierten Ziele grundsätzlich
erreicht werden können. Allerdings ist dies
an Voraussetzungen gebunden. Förderlich
für den Erfolg ist in erster Linie die von beiden akzeptierte gegenseitige Abhängigkeit
der Partner. Diese existiert nicht nur aufgrund der Partnerschaften selbst, sondern
auch durch vorgelagerte Kooperationsbeziehungen (z. B. Auftraggeber-Auftragnehmer- bzw. Kundenbeziehungen). Zudem
sind private Partner auch über das jeweilige Projekt hinaus in hohem Maße am langfristigen Erfolg von PPP interessiert. Es sollen immer auch Referenzmodelle für künftige Partnerschaften entwickelt werden.
Das Problem des Vertrauensaufbaus,
das für erfolgreiche PPP von entscheidender Bedeutung ist, erscheint derzeit ungelöst. In der Vergangenheit hat es in aller Regel vertrauensvolle Partnerschaften zwischen Privaten und Öffentlichen gegeben,
sofern stabile Interaktionsbeziehungen
und Abhängigkeiten bereits bestanden. In
Zukunft ist keine (kurzfristige) Lösung für
das Problem des Vertrauensaufbaus zu erwarten, da die Rechtsprechung des EuGH
dem entgegensteht. Sollte es zu keiner Neufassung bzw. -interpretation des Ausschreibungsrechts seitens der EU kommen, verliert PPP als Alternative zu materieller
Privatisierung an Bedeutung. Die Ausschreibungspflicht bei Inhouse-Geschäften
zwischen Kommunen und ihren Eigengesellschaften verhindert oder erschwert
zumindest den Aufbau dauerhafter Vertrauensbeziehungen zwischen öffentlichen
und privaten Partnern. Public Private Partnership bleibt damit ein begrenztes und
spezialisiertes Finanzierungsinstrument,
dessen Chancen und Risiken im Einzelfall
abzuwägen sind.
WSI Mitteilungen 10/2008
https://doi.org/10.5771/0342-300X-2008-10-556
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