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Aktivitäten Deutschlands in der Open
Government Partnership
Zusammenfassung
Wie wird Open Government eigentlich auf internationaler Ebene angegangen?
Ein wesentlicher Akteur ist hier die Open Government Partnership (OGP).
Diese Organisation hat es sich zum Ziel gesetzt, Vorhaben im Bereich des offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns weltweit zu fördern und sichtbar zu
machen. Die mittlerweile 78 Mitgliedsstaaten erstellen dafür in zweijährigen
Zyklen nationale Aktionspläne (NAP) mit konkreten Selbstverpflichtungen.
Deutschland ist seit 2016 Mitglied der Partnerschaft und hat bereits drei NAP
erfolgreich auf den Weg gebracht. Das folgende Kapitel stellt die Open Government Partnership vor und gibt einen Einblick in das Engagement Deutschlands
im Rahmen der OGP.
7.1
Die Open Government Partnership
Im ersten Abschnitt wird auf die Entstehung sowie die Funktionsweise der Open
Government Partnership eingegangen.
7.1.1
Auf dem Weg zur Gründung 2011
Wie im ersten Kapitel gezeigt, wurde die Genese des Konzepts Open Government
durch verschiedene Ansätze in unterschiedlichen Regionen wie Skandinavien und
Nordamerika beeinflusst. Sowohl Gesetze im Bereich der Informationsfreiheit als
auch technologische Fortschritte im Bereich von offenen Daten können als Vorläufer für Open Government gesehen werden. Gebündelt wurden all diese An© Der/die Autor(en) 2022
J. von Lucke, K. Gollasch, Open Government, Edition eGov-Campus,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-36795-4_7
145
146
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Aktivitäten Deutschlands in der Open Government Partnership
näherungen jedoch erst mit der Präsidentschaft von Barack Obama und seinem
ersten Tagesbefehl an die Leiter der Bundesbehörden, dem Memorandum „Transparency and Open Government“ (Obama 2009). Transparenz, Partizipation und
Zusammenarbeit sollten von nun als leitende Handlungsfelder das Verständnis von
Open Government nachhaltig prägen Abschn. 1.1. Die Gründungsphase der OGP
wurde jedoch auch von der Veröffentlichung von 251.287 diplomatischen Berichte
aus den USA geprägt, die über die Enthüllungsplattform Wikileaks (2010) veröffentlicht wurden. In der Folge kam es zu Aufständen der Zivilgesellschaft wie
dem arabischen Frühling. In Europa und den USA führte dies zu der Erkenntnis,
dass bisher keine Antworten entwickelt wurden, wie eine organisierte Zivilgesellschaft weltweit nachhaltig gestärkt sowie in einen friedlichen und konstruktiven Diskurs mit der jeweiligen Regierung eingebunden werden kann. Aus diesen
Überlegungen heraus entstand am 20.09.2011 die OGP, die im Rahmen der jährlichen UN-Vollversammlung in New York gegründet wurde. Zu den Gründerstaaten
zählen die USA, Brasilien, Indonesien, Mexiko, Norwegen, die Philippinen, Südafrika und Großbritannien. Die OGP hat seitdem ihren Sitz in Washington, DC
7.1.2
Ziel und Ansatz
Oberstes Ziel der Initiative ist es, sowohl die Regierungen als auch Bürger der Mitgliedsstaaten in ihren jeweiligen Open-Government-Vorhaben aktiv zu unterstützen und zu stärken. Dafür sollen zweijährig Aktionspläne erarbeitet und umgesetzt werden, die Selbstverpflichtungen für ein offenes Regierungs- und
Verwaltungshandeln beinhalten Abschn. 7.4. Neben einer strategischen Beratung
der OGP zur Erstellung der Aktionspläne sorgt der Unabhängige Berichterstattungsmechanismus (UBM, engl: Independent Reporting Mechanism, auch
IRM) der OGP für weitere konstruktive Impulse. Dieser reflektiert alle Aktionspläne während ihrer Zweijahreszyklen, vor allem um die Fortschritte bei den Verpflichtungen zu messen. Zugleich dienen die IRM-Daten, um weltweit Trends zu
identifizieren und neue Perspektiven für eine offene Verwaltung auszumachen.
Ebenso setzt die OGP auf die Vernetzung der teilnehmenden Mitgliedsstaaten, Gebietskörperschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Die OGP hilft Organisationen Regierungsvertreter direkt zu kontaktieren und bietet eine Plattform
für den laufenden Austausch untereinander. Ein weiterer zentraler Bestandteil der
Arbeit umfasst die Öffentlichkeitsarbeit. Neben Beiträgen auf der OGP-Webseite
mit allgemeinen Informationen zum Konzept Open Government sowie
Erfahrungsberichten aus einzelnen Ländern werden Themenfelder in Kampagnen
und der Open Government Week bearbeitet. Die Finanzierung der OGP erfolgt
7.1
Die Open Government Partnership
147
hauptsächlich durch staatliche Entwicklungsagenturen, private Stiftungen und Beiträge der Mitgliedsstaaten (OGP, 2021a).
7.1.3
Organisation
Der OGP-Vorstand (Board of Directors) besitzt die treuhändische und rechtliche
Aufsicht über die OGP-Unterstützungseinheit und den unabhängigen Berichtsmechanismus. Die Spitze der OGP bildet hingegen der Lenkungsausschuss (Steering Committee), dessen Hauptaufgabe darin besteht, die Gesamtstrategie der
Partnerschaft festzulegen. Die 22 Mitglieder des Lenkungsausschusses setzen sich
paritätisch aus Regierungsvertretern sowie Vertretern zivilgesellschaftlicher Organisationen zusammen (OGP, 2021b). Der Lenkungsausschuss verfügt über drei
Unterausschüsse in den Bereichen Steuerung und Führung (Governance and
Leadership), Kriterien und Richtlinien (Criteria and Standards) sowie thematische
Führung (Thematic Leadership). Die darunter liegende Unterstützungseinheit
(Support Unit) mit rund 60 Mitarbeitenden steht dem Lenkungsausschuss in strategischen und administrativen Fragen zur Seite und fungiert als Vermittlungsorgan
zwischen Regierungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen (OGP, 2021d).
Unterteilt wird die Unterstützungseinheit in die thematischen Bereiche: Führung,
Operationen, Analyse und Bewertung, Länderunterstützung, Globales, Lernen und
Innovation, Kommunikation. Ein Teil des Support Unit Teams gehört dem unabhängigen Berichtsmechanismus (Independent Reporting Mechanism, IRM) an
(OGP, 2021b). Als unabhängiges Gremium wird der IRM vom Lenkungsausschuss
der OGP geleitet, obliegt diesem aber keiner Rechenschaftspflicht, da der IRM von
einem internationalen Expertengremium beaufsichtigt wird. Davon losgelöst arbeitet das OGP-Aktionsnetzwerk (Action Network) daran, die OGP im internationalen
Bereich zu positionieren und Fachwissen über Themenbereiche und Werte der offenen Verwaltung auszutauschen. Das Netzwerk besteht aus Botschaftern, Gesandten und Führungskräften sowie ehemaligen Mitgliedern des Lenkungsausschusses.
7.1.4
Aufnahmeregularien für Staaten
Um der OGP formell beizutreten, verpflichten sich die Regierungen die Grundsätze einer offenen und transparenten Regierungstätigkeit zu wahren, indem sie die
Open-Government-Erklärung unterzeichnen. Zusätzlich werden die potenziellen
Mitgliedstaaten einer Prüfung in den Schlüsselbereichen fiskalischer Transparenz,
148
7
Aktivitäten Deutschlands in der Open Government Partnership
Zugang zu Informationen, Offenlegung von Vermögenswerten öffentlicher Amtsträger und Engagement für die Bürger unterzogen. So soll sichergestellt werden,
dass die jeweiligen Länder mit den Normen und Werten einer demokratischen
Regierungsführung konform sind. Wenn die Bewertung abgeschlossen ist, besteht
der zweite Schritt für die jeweilige Regierung darin, ein verantwortliches Ministerium sowie konkrete Ansprechpartner für die Koordination des OGP-Prozesses zu
bestimmen.
Nach der Benennung des Ministeriums als auch der Ansprechpartner erfolgt die
Einreichung einer Absichtserklärung der jeweiligen Regierung, um den Wunsch
nach einem Beitritt in die OGP zu bestätigen. Zuletzt muss die Regierung im letzten und vierten Schritt sicherstellen, dass sie mit zivilgesellschaftlichen Organisationen in einem offenen Beteiligungsprozess bei der Erstellung der Aktionspläne
zusammenarbeiten wird (OGP, 2021c). Das OGP-Modell sieht nicht vor, dass
zivilgesellschaftliche Organisationen über einen formellen Prozess beitreten. Vielmehr ist es Aufgabe der Regierungen, zivilgesellschaftliche Akteure in den
OGP-Prozess zu integrieren.
7.1.5
Prozesse zur Erstellung nationaler Aktionspläne
Hauptgegenstand der Mitgliedschaft von Staaten in der OGP ist es, gemeinsam mit
der Zivilgesellschaft NAP zu erstellen, die ein offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln fördern. Dafür wird während der Konsultationsphase in iterativen
Schritten ein Aktionsplan entwickelt. Die Verpflichtungen werden anschließend in
den darauffolgenden beiden Jahren umgesetzt. Der Konsultationsprozess und die
Umsetzung des jeweiligen Aktionsplans werden durch den IRM der OGP überwacht. Ein Berichterstatter erstellt im ersten Jahr der Implementierung des Aktionsplans einen Design-Bericht zur Ausgestaltung des NAP. Nach Abschluss eines
NAP werden Zielerreichung und Wirkung in einem Umsetzungsbericht bewertet.
Als Grundlage für die Bewertung wird überprüft, ob die Selbstverpflichtungen
mindestens einen oder mehrere der Open-Government-Werte Transparenz,
Rechenschaftspflicht oder Beteiligung der Zivilgesellschaft adressiert (OGP,
2021e, S. 10.).
7.1.6
Subnationale Perspektive: OGP Local Program
Um auch den Anforderungen auf regionaler Ebene gerecht zu werden und die
damit einhergehenden Potenziale zu nutzen, wurde mit OGP Local ein eigenes
7.2 Deutschland in der Open Government Partnership
149
Programm dazu aufgesetzt. Seit 2016 können einzelne Bundesstaaten, Regionen,
Provinzen, Kreise, Städte und andere Gebietskörperschaften mit subnationalen
Aktionsplänen an der OGP teilnehmen (OGP, 2021f). Diese werden unabhängig
von den NAP umgesetzt, müssen aber verpflichtend in einem Ko-Kreationsprozess
in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft erarbeitet werden. Genauso sind auch
hier Fortschrittsberichte Teil des Programms. Bewerben können sich lokale Gebietskörperschaften aus Staaten, die bereits an der OGP teilnehmen und deren Teilnahme im Bewerbungszeitraum aktiv ist. Für Länder und Kommunen bietet die
Teilnahme an diesem Programm die Chance auf internationale Sichtbarkeit, einen
fachlichen Austausch mit anderen teilnehmenden Akteuren sowie Unterstützung
von Seiten der OGP. Für ein auf Subsidiarität fußendes föderales System wie
Deutschland bietet das OGP Local Programm somit große Potenziale.
7.2
Deutschland in der Open Government Partnership
Deutschland ist seit 2016 Mitglied in der OGP. Eine erste Ankündigung zum Beitritt Deutschlands in die OGP erfolgte im Koalitionsvertrag der CDU, CSU und
SPD im Jahr 2013. Im November 2015 wurde ein Beitritt durch den Bundesrat
gefordert und durch den Beschluss des 18. Deutsch-Französischen Ministerrat in
Metz im April 2016 bekräftigt. Am 07.12.2016 reichte die Bundesregierung dann
im Rahmen des OGP Global Summit die Absichtserklärung zur Teilnahme an der
OGP ein. Seitdem gewinnt das Thema offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln zunehmend an Relevanz. Verschiedene Akteure beteiligen sich an der Erstellung von nationalen Aktionsplänen.
7.2.1
Koordination durch die Bundesregierung
Für die Koordination des zweijährigen Prozesszyklus in Deutschland ist auf Seiten
der Bundesregierung seit 2018 das Bundeskanzleramt zuständig gewesen. Hier
übernahm das Referat 623 der Abteilung 6 Politische Planung, Innovation und
Digitalpolitik, Strategische IT-Steuerung die Funktion des offiziellen nationalen
Ansprechpartners. Es war für die Abstimmung aller internen und externen
Kommunikationsabläufe sowie Konsultationsprozesse verantwortlich. Das Referat
623 ermutigte die jeweiligen Bundesministerien, Verpflichtungen in den NAP einzubringen und berät hinsichtlich der Formulierung der Ziele. Zudem übernahm es
Aufgaben im Bereich Entwicklung und Monitoring, indem es die Qualität der Verpflichtungen überprüft und darauf achtet, dass der NAP ein stimmiges Gesamtbild
150
7
Aktivitäten Deutschlands in der Open Government Partnership
ergibt. Des Weiteren stellte auch die interne Aufklärung zum Thema Open Government und die Förderung des Austausches eine wesentliche Aufgabe des Referats
dar (Gollasch, 2020, S. 36–37).
7.2.2
Koordination durch das Open Government
Netzwerk Deutschland
Auf Seiten der Zivilgesellschaft übernimmt das Open Government Netzwerk
(OGN) eine koordinierende Funktion. Das OGN ist ein Zusammenschluss von
zivilgesellschaftlichen Organisationen und Einzelpersonen, der sich seit 2011 für
die Förderung eines offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns in Deutschland
einsetzt und die Teilnahme Deutschlands an der OGP unterstützt (OGN, 2021).
Das OGN engagiert sich besonders im Erstellungsprozess der jeweiligen NAP, indem es Expertise und Positionen aus der Zivilgesellschaft bündelt und in den
Konsultationsprozess einbringt (ebd.). Gleichzeitig sieht es sich als Ansprechpartner für die Ressorts auf Bundesebene, aber auch für die Länder und Kommunen. Das OGN verfügt seit 2018 über eine Strategiegruppe. Diese besteht aus Repräsentanten der zivilgesellschaftlichen Mitgliederorganisationen sowie aus der
Bürgerschaft und setzt Ziele und Strategien für die Arbeit im Netzwerk.
7.2.3
Weitere wesentliche Akteure
Politik und Verwaltung auf Bundes-, Landes und kommunaler Ebene
Die jeweiligen Bundesressorts sind für die Umsetzung all jener Verpflichtungen
der Bundesregierung zuständig, die innerhalb eines NAP eingegangen werden. Im
Rahmen der ersten drei NAP beteiligten sich bereits alle 14 Bundesministerien.
Ebenso waren auf Bundesebene das statistische Bundesamt, das Bundesverwaltungsamt, das Umweltbundesamt sowie die Bundesanstalt für Landwirtschaft
und Ernährung an der Konzeption von Verpflichtungen beteiligt. Wie bereits deutlich wurde, werden in Politik und Verwaltung nicht allein die Bundes-, sondern
ebenso die Landes- und die kommunale Ebene angesprochen, um OpenGovernment-Vorhaben umzusetzen. An den Verpflichtungen der Bundesländer im
föderalen Anhang der bisherigen NAP beteiligten sich Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg sowie Baden-Württemberg.
7.2 Deutschland in der Open Government Partnership
151
Zivilgesellschaft
Zivilgesellschaftliche Gruppen übernehmen im Konsultationsprozess die Aufgabe,
Verbesserungsbedarf in der Politik und Verwaltung hinsichtlich Transparenz, Teilhabe, Zusammenarbeit und offene Daten zu identifizieren, Ideen vorzubringen und
konkrete Umsetzungsvorschläge für die jeweiligen zukünftigen NAP zu formulieren. Die Beteiligung am Konsultationsprozess soll laut der OGP der Zivilgesellschaft
im Allgemeinen ohne Einschränkung möglich sein (OGP, 2021g). Grundsätzlich
steht der Konsultationsprozess daher allen Interessierten offen, weshalb auch
Einzelpersonen teilnehmen können, die keiner zivilgesellschaftlichen Organisation
zugehörig sind. In den vergangenen deutschen Konsultationsprozessen ließen sich
Akteure aus unterschiedlichsten Bereichen identifizieren. Bei einem Großteil der
mitwirkenden Organisationen gab es einen direkten Bezug zu den Open-Government-Kriterien Transparenz, Teilhabe, Zusammenarbeit und offenen Daten. Die
Organisationsformen variieren dabei mitunter stark. So können Nichtregierungsorganisationen, Vereine, Think Tanks oder Stiftungen als Akteure verzeichnet werden. Welche zivilgesellschaftlichen Akteure genau an den jeweiligen Konsultationsprozessen mitwirkten, lässt sich über die Dokumentation des OGP-Prozesses des
Bundeskanzleramtes nachvollziehen (Bundeskanzleramt, 2021).
Ein Beispiel für mögliche Vorschläge, die von zivilgesellschaftlichen Akteuren
im OGP-Prozess eingebracht werden könnten, liefert die „Digitale Zivilgesellschaft“. Dieser Zusammenschluss von Organisationen definiert vier Forderungen für eine digital-souveräne Gesellschaft und thematisiert damit einen potenziellen Baustein für ein gelebtes offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln in
Deutschland (DZ, 2021).
Vier Forderungen für eine digital-souveräne Gesellschaft (DZ, 2021)
• Digitale Souveränität der Gesellschaft als zentrale Maxime in der Digitalpolitik verankern
• Zivilgesellschaft paritätisch beteiligen und Transparenz schaffen
• Öffentliches Geld, öffentliches Gut
• Digitalisierung wirtschaftlich, ökologisch, sozial und nachhaltig umsetzen ◄
Wissenschaft
Zu den Akteuren aus der Wissenschaft zählen Universitäten, Hochschulen und
Forschungsinstitute. Ihre Aufgabe besteht darin, das Konzept Open Government
auf theoretischer Ebene zu erforschen und zu definieren. Dazu gehört es auch Zusammenhänge herzustellen sowie Hinweise für mögliche Chancen und Risiken
aufzuzeigen. Die Verankerung von Open Government in der Lehre gehört dazu.
152
7
Aktivitäten Deutschlands in der Open Government Partnership
Durch die Interdisziplinarität der Thematik wird dies mitunter an unterschiedlichen Fachbereichen gelebt, wie etwa in der Politikwissenschaft, den Verwaltungswissenschaften, den Sozialwissenschaften oder der Verwaltungsinformatik.
Wirtschaft
Auch privatwirtschaftliche Unternehmen, Start-ups und Verbände können die Umsetzung von Open Government voranbringen und fördern. Dabei ist insbesondere
die Entwicklung von neuen Technologien und Werkzeugen wertvoll, etwa im Bereich der verwaltungsinternen Kommunikation. Ebenso lassen sich Beratungsleistungen in Politik und Verwaltung derart einbinden, dass Open Government effektiver umgesetzt wird.
Medien
Ein weiterer indirekter Akteur sind die verschiedenen Medienhäuser. Diese können
der Zivilgesellschaft in der Entwicklung und Umsetzung des OGP-Prozesses eine
Stimme verleihen. Zudem unterstützen soziale Medien bei der Vernetzung der beteiligten Akteursgruppen. Die regelmäßige Berichterstattung über Open Government und den NAP-Prozess ist ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil, um
Open Government in der Öffentlichkeit zu verankern. So kann die Zivilgesellschaft
für dieses Thema sensibilisiert und die Beteiligung an Partizipationsmöglichkeiten,
etwa in der Erstellung der NAP oder auf kommunaler Ebene im Rahmen von OGP
Local, folglich stärker anregt werden.
7.3
Open Government Leitbilder für die 2020er-Jahre
Im Rahmen des ersten Konsultationsprozesses wurde vom zivilgesellschaftlichen
Arbeitskreis mit der OGPDE-Matrix eine Übersicht erstellt, die zeigen soll, was
alles unter Open Government verstanden werden könnte (von Lucke, 2017). Ausgehend von dieser Matrix werden im Folgenden beispielhaft einige Leitbilder eines
offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns aufgezeigt.
7.3.1
OGPDE-Matrix
Die Aufbereitung der OGPDE-Matrix umfasst 10 übergreifende Handlungsfelder,
die mit 20 ressortgebundenen Themenfelder gekreuzt werden können. Diese
Skizze verdeutlicht einerseits die vielen Möglichkeiten für Open Government,
7.3 Open Government Leitbilder für die 2020er-Jahre
153
Abb. 7.1 Die OGPDE Matrix. (Quelle: von Lucke, 2017)
zeigt andererseits aber auch die Komplexität einer wirklich breiten Umsetzung auf
Abb. 7.1. Realistisch werden von der Bundesregierung in jedem nationalen
Aktionsplan nur etwa 15 Felder für Maßnahmen ausgewählt. Ausgangsbasis für die
Konzeption der Matrix waren Bedarfe, die mit bestehenden Themenfeldern kombiniert wurden. Zusätzlich wurden aber auch neue Themenfelder skizziert. Dabei
erhebt die Matrix keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie lässt sich durch neue
technologische Innovationen oder neue thematische Schwerpunkte in den Bundesressorts immer weiterentwickeln. Die Darstellung ermöglicht aber eine Ableitung
von künftigen Leitbildern für ein offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln in
Deutschland. Im Folgenden werden beispielhaft Leitbilder für die Themenbereiche
„Kompetenzaufbau und Qualifizierung“, „offene Bildungspolitik“, „digitale Offenheit im Arbeitsalltag von Behörden“ sowie „offene Klima- und Umweltpolitik“
vorgestellt, die in den 2020er-Jahren visionäre Kraft entfalten sollten.
7.3.2
Leitbilder im Rahmen der OGPDE-Matrix
Kompetenzaufbau und Qualifizierung
Mitarbeitende der öffentlichen Verwaltung müssen Kompetenzen entwickeln, die
für eine breite Umsetzung eines offenen Regierungs- und Verwaltungshandeln not-
154
7
Aktivitäten Deutschlands in der Open Government Partnership
wendig sind. Die dazu erforderliche Qualifizierung erfolgt durch Schulungen und
Trainings, Aus- und Fortbildungsformate sowie aktiv gelebter Ko-Kreation in der
Verwaltung selbst. Erlernt werden Strategien, Methoden und der Umgang mit
Werkzeugen, um transparent und effektiv zusammenzuarbeiten und dabei auch
Bürger miteinbeziehen zu können.
Digitale Offenheit im Arbeitsalltag von Behörden
Ministerien und Behörden reagieren agil auf die zunehmenden Anforderungen an
den öffentlichen Sektor, indem sie auf eine offene Verwaltungskultur setzen und
diese täglich leben. Dazu nutzen sie die Chancen digitaler Offenheit und gestalten
diese aktiv mit. Sie setzen auf offene Standards, offene Schnittstellen und offene
Daten und fördern den Einsatz von freier und offener Software, durch den der Staat
an digitaler Souveränität gewinnt. Gerade offene Standardisierungsprozesse und
ein offener Quellcode gewährleisten eine Unabhängigkeit von Dienstleistern, Softwareanbietern mit proprietären Lösungen und Plattformbetreibern.
Offene Bildungspolitik
Ergänzend zum Unterricht im Klassenzimmer muss Schülern auch ein freier Zugang zu offenen Bildungsressourcen (OER) eröffnet werden, also zu offenen Lehrbüchern, Lehrfilmen und Lernplattformen. Eine bundesweite, offene Bildungsinfrastruktur (Open Education Cloud) auf Basis freier Software, offener Standards,
offener Schnittstellen und offener Inhalte sorgt dafür, dass Lehrern, Schülern und
Eltern alle relevanten Angebote zur Verfügung stehen und jederzeit jeder Dienstleister ausgetauscht werden kann, wenn er den Ansprüchen nicht mehr genügt. So
werden Monopolstellungen und Abhängigkeiten vermieden.
Offene Klima- und Umweltpolitik
Die Bevölkerung will aktiv in klima- und umweltpolitische Lösungs- und Gestaltungsprozesse einbezogen werden. Expertenwissen aus Wissenschaft und
Zivilgesellschaft wird dabei angemessene Berücksichtigung finden. Die von der
Bevölkerung verlässlich vorgenommenen Datenerhebungen, etwa zu der Luft- und
Trinkwasserverschmutzung oder auch zu der Lärmbelästigung, ergänzen die
Informationssysteme der zuständigen Umweltbehörden. Digitale Dashbords überzeugen breite Bevölkerungsschichten, indem sie die Folgen von Handlungen auf
das Klima visuell prognostizieren und zu einem klimafreundlichen Handeln motivieren.
7.4 Nationale Aktionspläne Deutschlands zur OGP
7.4
155
Nationale Aktionspläne Deutschlands zur OGP
Bis zur Veröffentlichung dieses Lehrbuches hat die deutsche Bundesregierung drei
nationale Aktionspläne bei der OGP eingereicht. In folgendem Abschnitt wird der
Ablauf ihrer Konsultationsprozesse sowie die enthaltenden Verpflichtungen vorgestellt. Zudem werden wesentliche Anmerkungen aus dem Evaluationsprozess
der OGP sowie den Selbsteinschätzungen der Bundesregierung wiedergegeben.
7.4.1
Erster Nationaler Aktionsplan 2017–2019
Konsultationsprozess
Die Erarbeitung des ersten NAP erfolgte unter der Koordinierung des Bundesministeriums des Innern. Erste Austausche und Treffen fanden zur Jahreswende
2016/17 statt. Im Februar 2017 trafen sich über 70 Experten im Bundesministerium
des Innern und sammelten erste Ideen für mögliche Verpflichtungen. Zudem wurde
der Arbeitskreis der Zivilgesellschaft erneuert, damit das Engagement der Bundesregierung in der OGP angemessen unterstützt werden kann. In diesem Rahmen
wurden eine Matrix mit 10 übergreifenden Handlungsfeldern und 20 ressortgebundenen Themenfeldern erstellt Abschn. 7.3.1 und insgesamt 265 Vorschläge
für mögliche Verpflichtungen abgeleitet, die dann der Bundesregierung übergeben
wurden. Die Bundesregierung bewertete viele dieser Ideen als bereits gelebte Praxis in Deutschland.
Verpflichtungen
Der erste NAP wurde am 16. August 2017 veröffentlicht und enthält 15 Verpflichtungen der Bundesregierung. Verpflichtungen der Bundesländer flossen in
den ersten NAP noch nicht mit ein (Bundesregierung, 2017, S. 12 ff.).
Verpflichtungen der Bundesregierung im Rahmen des ersten NAP
•
•
•
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•
Schaffung von Rahmenbedingungen für die OGP-Teilnahme
Umsetzung von Open Data in die Verwaltungspraxis
Förderung des Open-Data-Umfeldes
Besserer Zugang und einfache Nutzung von Geoinformationen
Finanztransparenz-Implementierung des EITI-Standards
Transparenz in der Entwicklungspolitik
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•
7
Aktivitäten Deutschlands in der Open Government Partnership
Open Data für intelligente Mobilität
Stärkung der Bürgerbeteiligung bei Umwelt und Stadtentwicklung
Elterngeld Digital/ Digitalisierung familienbezogener Leistungen
Wissensnetz für lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intersexuelle
bzw. geschlechtliche Menschen
Initiative Lokale Bündnisse für Familien
Monitoring der Entwicklung des Frauen- und Männeranteils an Führungsebenen, in Gremien der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst
Förderung des freien Zugangs zu wissenschaftlichen Publikationen
(„Open Access“)
Das Wissenschaftsjahr 2018 – Arbeitswelten der Zukunft
Bundeswettbewerb „Zusammenleben Hand in Hand“
Auseinandersetzung und fünf zentrale UBM-Empfehlungen
Der erste NAP weist durchaus eine große Bandbreite von Open Government auf.
Gleichzeitig wird ein Schwerpunkt im Bereich offener Daten erkennbar. Hierzu
sind einige gut ausgearbeitete Verpflichtungen zu finden, die offene Daten in der
Verwaltungspraxis allgemein, aber auch in Bereichen wie Mobilität und der Entwicklungszusammenarbeit fokussieren. Dabei spiegelt der Fokus auf offene Verwaltungsdaten das deutsche Verständnis von Open Government und dessen Gleichsetzung mit Open Government Data wider, welches in den vorangegangenen
Jahren das Handeln prägte. Im Berichtswesen der OGP ist die Evaluation des unabhängigen Berichtsmechanismus (UBM) ein wesentlicher Bestandteil zur Überprüfung der Einhaltung der OGP Standards. In diesem Rahmen wurde Dr. Dieter
Zinnbauer als unabhängiger Experte beauftragt, sowohl die Entwicklung und Ausgestaltung des Aktionsplans in einem Design-Bericht als auch die Implementierung der Verpflichtungen in einem Umsetzungsbericht zu evaluieren.
Der Design-Bericht merkte hinsichtlich des Konsultationsprozesses die kurzen
Zeitfenster sowie die eingeschränkten Möglichkeiten für die Zivilgesellschaft an,
Feedback und Kommentare einzubringen (Zinnbauer, 2019, S. 12). Es wurde auch
angemerkt, dass mehrere Verpflichtungen des ersten NAP bereits existierende
Aktivitäten in Regierung und Verwaltung darstellten. Die Einbeziehung in den
Aktionsplan würde aber zu einer zusätzlichen Sichtbarkeit der einzelnen Verpflichtungen beitragen und die Überprüfbarkeit und Rechenschaftslegung fördern
7.4 Nationale Aktionspläne Deutschlands zur OGP
157
(ebd. S. 16). Zudem würden die Verpflichtungen bereits durch den vor dem
OGP-Prozess etablierten Austauschbeziehungen mit zivilgesellschaftlichen Akteuren profitieren (ebd. S. 3). Die Schwerpunktsetzung des ersten NAP auf Transparenz und offene Daten führte der Design-Bericht auf die vermehrte Teilnahme
zivilgesellschaftlicher Akteure aus diesen Bereichen zurück. Die vom DesignBericht als besonders erwähnenswert erachteten Verpflichtungen #3, #5, #7 und #8
decken ebenso diese Bereiche ab. Ziel des Berichtsmechanismus ist es neben einer
Evaluation auch Handlungsempfehlungen für den weiteren OGP-Prozess zu geben.
Im ersten Design-Bericht wurde daher als erste Empfehlung angemerkt, den
Ko-Kreationsprozess weiter auszubauen und einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen. So soll die Vernetzung des OGP-Prozesses mit bereits bestehenden
Konsultations- und Dialogprozessen gesichert, die Teilnahme von höherrangigen
Regierungsvertretern bewirkt und den zivilgesellschaftlichen Akteuren mehr Zeit
und Möglichkeiten für Rückmeldungen zu den Verpflichtungen im Entwurfsstadium gegeben werden. Haushaltsmittel für die OGP-Teilnahme sollten auch zur
Förderung der Koordinations- und Kommunikationsfunktionen der Zivilgesellschaft eingesetzt werden. Zudem wurde angemerkt, dass ein höheres
Ambitionsniveau für zukünftige NAP wünschenswert wäre, die insbesondere auch
über bereits bestehende Initiativen hinausgingen. Gleichzeitig sollten gegenwärtige
und gesetzgeberische Verfahren als Basis für möglichst ehrgeizige Empfehlungen,
wie beispielsweise die Bereiche offener Verträge oder Transparenz wirtschaftlicher
Eigentümer genutzt werden. Als letzten Punkt empfiehlt der Design-Bericht die
Identifizierung und die aktive Einbindung von hochrangigen politischen Persönlichkeiten, um das Profil und die Sichtbarkeit von Open Government innerhalb der
Regierung auszubauen (ebd. S. 60).
Nach Abschluss des ersten NAP im Sommer 2019 evaluierte der Umsetzungsbericht die Implementierung der Verpflichtungen. Der Berichterstatter kam zu dem
Ergebnis, dass alle 15 Verpflichtungen des ersten NAP entweder vollständig oder
in substanziellen Maßen umgesetzt wurden und schloss sich damit der Selbstbewertung der Bundesregierung an (Zinnbauer, 2020, S. 2). Als positiv wurde die
regelmäßige Berichterstattung der Regierung über den aktuellen Umsetzungsstand
angemerkt. Die wirkungsvollsten Ergebnisse wurden laut Bericht im Bereich
Transparenz, speziell durch die Offenlegung von Informationen und Daten in den
Bereichen Rohstoffe, Entwicklungszusammenarbeit und Mobilität erzielt. Mit der
Verpflichtung #5, die bereits im Design-Bericht als erfolgsversprechend eingestuft
wurde, erreichte Deutschland als erstes Mitgliedsland der EU den offiziellen Status
der Konformität mit dem Standard der Initiative für Transparenz und Rechenschaftspflicht im Rohstoffsektor (EITI). Substanzielle Verbesserungen wurden
158
7
Aktivitäten Deutschlands in der Open Government Partnership
ebenso in der Verpflichtung #6 (Transparenz der Entwicklungszusammenarbeit)
sowie der Verpflichtung #7 (Offenlegung von Daten im Mobilitätsbereich) erzielt.
Neben den Berichtserstattungen sind auch die Selbsteinschätzungen der jeweiligen Regierungen durch Zwischen- und Abschlussberichte im OGP-Prozess
wesentlich. Laut Abschlussbericht der Bundesregierung, der im November 2019
veröffentlicht wurde, hatte der erste NAP vor allem das Ziel, Formate und Prozesse
der OGP einzuführen, bekannt zu machen und Brücken in diverse Politikfelder
aufzubauen (Bundesregierung, 2019, S. 10). In diesem Zusammenhang wird insbesondere auf die Verbesserungen am Dialog- und Erarbeitungsprozess für den 2.
NAP, einer deutschsprachigen Internetpräsenz für die OGP-Teilnahme und den angestoßenen Vernetzungsbestrebungen mit den Ländern verwiesen, die Teil der ersten Verpflichtung waren (ebd.). Gleichzeitig verweist der Abschlussbericht darauf,
dass die Frage nach der strategischen Umsetzung von Open Government in unterschiedlichen Politikfeldern Gegenstand anhaltender Diskurse und Maßnahmen
sein wird. Um die Erreichung der Verpflichtungen zu messen, wurden für jede
Verpflichtung spezifische Meilensteine konzipiert. Laut Abschlussbericht der
Bundesregierung konnten bis auf wenige Ausnahmen alle Verpflichtungen des ersten NAP umgesetzt werden. 61 von 68 Meilensteinen wurden bis zu diesem Zeitpunkt erreicht. Weitere 7 Meilensteine lagen in Sichtweite, also kurz vor der Umsetzung oder in einem substanziell fortgeschrittenen Status (ebd. S. 8). Bezüglich
mancher Verzögerungen wurde auf die Regierungsbildung verwiesen, die kurz
nach Veröffentlichung des ersten NAP anstand, sowie auf die vorläufige Haushaltsführung im Jahr 2018 und die Zuständigkeitswechsel (ebd. S. 8).
7.4.2
Zweiter Nationaler Aktionsplan 2019–2021
Konsultationsprozess
Nach einer etwa einjährigen Umsetzungsphase des ersten NAP wechselte die Koordinationsverantwortlichkeit im Juli 2018 in die Abteilung 6 Politische Planung,
Innovation und Digitalpolitik, Strategische IT-Steuerung des Bundeskanzleramtes.
Das Referat 623 übernahm die Funktion des offiziellen nationalen Ansprechpartners und koordinierte alle internen als auch externen Kommunikationsabläufe
sowie Konsultationsprozesse Abschn. 7.2.1. Am 06.03.2019 begann die Erarbeitung des zweiten NAP mit einer Auftaktveranstaltung im Bundespresseamt.
Daran anknüpfend wurde in drei weiteren offiziellen Treffen in Berlin die Erarbeitung von Verpflichtungen von Akteuren aus der Zivilgesellschaft angegangen.
Zusätzlich wurde die Möglichkeit einer digitalen Beteiligung gewährleistet. Über
die Plattform „Your Priorities“ konnten alle Interessierten vom 26.03.2019 bis zum
7.4 Nationale Aktionspläne Deutschlands zur OGP
159
26.04.2019 Ideenvorschläge einbringen. Insgesamt wurden 1435 Beiträge verfasst.
Alle Vorschläge wurden innerhalb des Konsultationsprozesses gesichtet, sortiert
und verbessert. Dabei bündelte das OGN die Expertise und Positionen aus der
Zivilgesellschaft, um sie in den Konsultationsprozess einzubringen. Insgesamt
wurde eine Priorisierung von 42 Vorschlägen vorgenommen, die an die Bundesregierung übermittelt wurden. Ende August 2019 wurde daraufhin die Einschätzung
der Bundesregierung zu den einzelnen Vorschlägen veröffentlicht. Im zweiten
NAP wurden erstmals auch Verpflichtungen der Bundesländer in einem föderalen
Kapitel aufgenommen. Die Kommunikation zwischen Bund und Ländern lief
dabei über den IT-Planungsrat.
Hintergrundinformationen
Fast zeitgleich mit der Veröffentlichung des zweiten NAP trat Deutschland seinen dreijährigen Sitz im Lenkungsausschuss der OGP an. Hier engagierte sich Deutschland zuerst im
Unterausschuss „Thematic Leadership“ und anschließend im Unterausschuss „Criteria and
Standards“. Auf Deutschland kommen so vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten zu.
Verpflichtungen
Der zweite NAP, der im September 2019 veröffentlicht wurde, umfasste neun Verpflichtungen auf Bundesebene sowie fünf Verpflichtungen, die von drei Bundesländern eingebracht wurden. Die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte im zweiten NAP für die künftige Regierungs- und Verwaltungskultur ein,
offen für neue Ideen und Antworten zu sein, zuzuhören, zu erklären und aufzuklären, ehrlich miteinander umzugehen und Rechenschaft abzulegen. Teilhabe,
Transparenz und Zusammenarbeit seien Grundpfeiler der Demokratie und unerlässlich für ein gelingendes gesellschaftliches Miteinander (Bundesregierung,
2019a, S. 5). Die Verpflichtungen der Regierung wie auch der Länder im Rahmen
des zweiten NAP bewertet die Bundesregierung daher als Erfolg, auch wenn die
Umsetzung guter Lösungen, die Vernetzung fachlicher Expertisen und die Fortführung der Diskurse noch anstehen. Der Plan sei eine deutliche Weiterentwicklung
in der Themenbreite und in den Konsultationsformaten mit der Zivilgesellschaft
(ebd. S. 31).
Verpflichtungen der Bundesregierung im Rahmen des zweiten NAP
• Regionale Open Government Labore
• Zivilgesellschaftlicher Dialog zur Außenpolitik
• Jugendbeteiligung an der gemeinsamen Jugendstrategie der Bundesregierung
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Aktivitäten Deutschlands in der Open Government Partnership
• Aufbau einer E-Government-Agentur als Digital Innovation Team der
Bundesverwaltung
• Förderung von Transparenz und Partizipation in der Entwicklungszusammenarbeit
• Weiterentwicklung und Förderung des Open-Data-Umfelds
• Beteiligungsprozess zur Weiterentwicklung der Forschungs- und
Innovationspolitik im Rahmen der Hightech-Strategie
• Bessere Rechtsetzung durch Beteiligung und Erprobung
• Modellvorhaben Smarte Land Region
Verpflichtungen der Bundesländer im Rahmen des zweiten NAP
• Land Nordrhein-Westfalen I: Infrastruktur und Rahmenbedingungen für
Open Government in NRW ausbauen
• Land Nordrhein-Westfalen II: Räume für Austausch und Zusammenarbeit in NRW schaffen
• Land Nordrhein-Westfalen III: Datensouveränität in NRW stärken
• Freistaat Sachsen: Weiterentwicklung und fortschreibende Etablierung
des Beteiligungsportals des Freistaates Sachsen
• Land Schleswig-Holstein: Open Source Software in der öffentlichen
Verwaltung
Auseinandersetzung und fünf zentrale UBM-Empfehlungen
Wie der Design-Bericht des zweiten NAP betonte, fand die Entwicklung des
Aktionsplans 2019 unter günstigeren politischen Rahmenbedingungen statt (Zinnbauer, 2020a, S. 14). Die Konzeptionsphase überlagerte sich nicht mit dem Übergang in eine neue Legislaturperiode und der Koalitionsvertrag für die aktuelle 19.
Legislaturperiode enthält eine explizite Bekräftigung des deutschen Engagements in
der OGP. Für die Entwicklung des zweiten NAP stand mehr Zeit zur Verfügung. Das
Wissen um Open Government, die OGP und den Prozess der Erstellung der Aktionspläne war durch den bereits bestehenden ersten NAP bei den teilnehmenden Stakeholdern von Beginn an höher. Die erstmalig aufgesetzte Online-Plattform trug dazu
bei, dem Prozess besser zu folgen und sich einbringen zu können. Im Konsultationsprozess des zweiten NAP konnte sich die Zivilgesellschaft durch vielfältigere
Möglichkeiten austauschen. Zudem war die Rückmeldung der Bundesregierung
von der Zivilgesellschaft entwickelten Vorschlägen umfangreicher als noch zum
7.4 Nationale Aktionspläne Deutschlands zur OGP
161
ersten Aktionsplan. Des Weiteren waren im Ko-Kreationsprozess für den zweiten
Aktionsplan neue Stakeholder jenseits der thematischen Kerngruppe zu offenen
Daten und offener Regierungsführung beteiligt (ebd.).
Als besonders erwähnenswerte Verpflichtungen im Sinne der OGP-Kriterien
wurden im zweiten Design-Bericht die Verpflichtungen der Bundesregierung #2,
#5 und #8 angeführt (Zinnbauer, 2020a, S. 3–4). Im föderalen Kapitel wurde insbesondere die dritte Verpflichtung von Nordrhein-Westfalen zur Stärkung der
Datensouveränität hervorgehoben (ebd.). Die Erstellung eines föderalen Kapitels
wird von zivilgesellschaftlicher Seite als positiv bewertet (Gollasch, 2020, S. 77).
Kritisch gesehen werden kann jedoch, dass nur wenige Vorschläge der Zivilgesellschaft tatsächlich in dem vorgelegten Aktionsplan berücksichtigt wurden.
Dies kann auch auf die teilweise sehr unterschiedlichen Vorstellungen und auf dem
fehlenden Wissen innerhalb der Zivilgesellschaft bezüglich institutioneller Abläufe
zurückgeführt werden (Gollasch, 2020, S. 48). Zudem wurde im Konsultationsprozess deutlich, dass eine Schärfung des Begriffsverständnisses von Open Government in Deutschland notwendig ist und insbesondere die definitorische Abgrenzung zu E-Government verdeutlicht werden müsste. Auch in diesem
Design-Bericht wurden weiterführende Handlungsempfehlungen gegeben, die zur
Verbesserung des Konsultationsprozesses als auch der NAP-Verpflichtungen beitragen sollten (Zinnbauer, 2020a, S. 56 ff.). Es wurde eine zusätzliche Konsultationsphase empfohlen, die zivilgesellschaftlichen Akteuren die Gelegenheit gibt, die
endgültige Fassung des Aktionsplans nochmals zu kommentieren. In diesem Bezug
wurde noch einmal auf die Empfehlung im ersten Design-Bericht verwiesen, dass
der Konsultationsprozess mit weiteren Austauschforen verknüpft werden könne.
Als weitere Empfehlung sieht der Design-Bericht die Ausweitung der Einbeziehung von Akteuren auf Länder- und kommunaler Ebene sowie aus der Parlamentsverwaltung vor. Hinsichtlich der thematischen Schwerpunktsetzung empfiehlt der Design-Bericht zukünftig die Herausforderungen des Klimawandels mit
zu berücksichtigen und Verpflichtungen im Bereich der grünen Transformation
anzuregen. Außerdem wurden zwei Thematiken angemerkt, die in den ersten beiden NAP-Prozessen oft angesprochen wurden. Dies umfasste zum einen die
Verbesserungen in der Transparenz von Lobbying und zum anderen im Management von Interessenkonflikten. Laut des Design-Berichts könne hier eine Verpflichtung angestrebt werden, die ein neues Gesetz oder Regelwerk in diesem Bereich begleiten könne. Die letzte Empfehlung umfasste die Anregung, die innovative
Verpflichtungen auf Länderebene und die Diskussion dazu weiter auszuweiten und
Ansätze breiter und wirksamer zu machen.
Laut Abschlussbericht der Bundesregierung (2021a), der im September 2021
veröffentlicht wurde, konnten nach den zwei Jahren Laufzeit des zweiten NAP 45
162
7
Aktivitäten Deutschlands in der Open Government Partnership
der insgesamt 68 Meilensteinen vollständig erreicht werden. 20 Meilensteine befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch im Umsetzungsprozess. Der Abschlussbericht weist ebenso daraufhin, dass die Implementierung der Verpflichtungen ab
März 2020 unter den erschwerenden Bedingungen der Corona-Pandemie stattfinden musste, die viele Verwaltungen vor große Herausforderungen stellte und
damit zu Lasten der OGP-Verpflichtungen ging. Allerdings zeigte die Pandemie
laut Abschlussbericht auch den hohen Stellenwert von Open Government auf. Im
Rahmen des Beschlusses des dritten NAP am 30. Juni 2021 äußerte sich der Chef
des Bundeskanzleramtes, Bundesminister Dr. Helge Braun, daher wie folgt:
c
„Während der Pandemie sehen wir, wie wichtig es ist, dass wir als Regierung in
herausfordernden Situationen externen Sachverstand einbeziehen und erklären,
was die Beweggründe für unsere Entscheidungen sind. Außerdem braucht es
neue Formen der Zusammenarbeit, innerhalb und außerhalb der Verwaltung,
wie wir dies beispielgebend mit der Open-Social-Innovation-Plattform Update
Deutschland umgesetzt haben. Transparenz, Beteiligung und Zusammenarbeit – das ist Open Government.“ (Bundesregierung, 2021a, S. 7)
7.4.3
Dritter Nationaler Aktionsplan 2021–2023
Konsultationsprozess
Der Konsultationsprozess des dritten NAP wurde ebenso vom Bundeskanzleramt
koordiniert. Im Gegensatz zu den ersten beiden NAP basierte der Ansatz zur Beteiligung der Zivilgesellschaft nun nicht mehr allein darauf, offene Vorschläge einzubringen. Zusätzlich konnten zivilgesellschaftliche Akteure in einer ersten Beteiligungsphase im März 2021 eine unverbindliche Ideenskizze der Bundesregierung
zu 22 möglichen Verpflichtungen kommentieren. Insgesamt wurden 5 Anregungen
per E-Mail an das Bundeskanzleramt, 50 Vorschläge über die vom Netzwerk Open
Government bereitgestellte Plattform Adhocracy für neue Verpflichtungen im dritten NAP sowie 22 Kommentare zur Ideenskizze der Regierung gesammelt. Daraufhin erarbeitete die Bundesregierung einen Entwurf des dritten NAP. In einer zweiten Beteiligungsphase, die im Mai 2021 folgte, hatte die Zivilgesellschaft die
Möglichkeit, Anmerkungen zu diesem Entwurf vorzunehmen. Daraufhin wurde
der dritte NAP finalisiert und am 30.06.2021, vorerst ohne Länderkapitel, beschlossen. Ebenso wurde eine Rückmeldung der Bundesressorts zu den im
Konsultationsprozess geäußerten Vorschlägen der Zivilgesellschaft veröffentlicht.
Die Ausarbeitung der Länderkapitel erfolgte im Juli und August, sodass am
7.4 Nationale Aktionspläne Deutschlands zur OGP
163
02.09.2021 der finalisierte NAP mit Bund- und Länderverpflichtungen bei der
OGP eingereicht werden konnte.
Verpflichtungen
Insgesamt enthält der dritte NAP (Bundesregierung, 2021b) neun Verpflichtungen
auf Bundesebene sowie zwei Verpflichtungen des Bundes mit Beteiligung der Länder und drei Verpflichtungen, die von Bundesländern allein umgesetzt werden.
Verpflichtungen der Bundesregierung im Rahmen des dritten NAP
• Grundstein für die Verbesserung des Zugangs zu Rechtsinformationen
• Verbesserter Zugang zum gemeinsamen Ministerialblatt
• Transparenz über Genehmigungsverfahren bei großen Infrastrukturvorhaben im Verkehrssektor
• Bereitstellung des Integritätsberichts der Bundesregierung als Open Data
und Erweiterung des Berichtswesens um Aspekte der internen Revision
• Weiterentwicklung der Verwaltungsdaten-Informationsplattform (VIP)
• Förderung des Wissensaustauschs im Open Data-Umfeld
• Partizipative Entwicklung des nächsten Nationalen Aktionsplans „Bildung für nachhaltige Entwicklung“
• Verstetigung des Spurenstoffdialogs
• Nationales Monitoringzentrum zur Biodiversität
Verpflichtungen der Bundesregierung mit Beteiligung von Ländern im
Rahmen des dritten NAP
• Eine Open Source-Plattform der öffentlichen Verwaltung
• Standardbasierte Vereinfachung des Unternehmenszugangs zur öffentlichen Beschaffung
Verpflichtungen der Bundesländer im Rahmen des dritten NAP
• Freie und Hansestadt Hamburg: Bürgerbeteiligung und Information – Digitalisierung von Verwaltungsleistungen zu Beteiligung und Planwerksbereitstellung im Kontext der räumlichen Planung.
• Land Nordrhein-Westfalen I: Qualität und Quantität der Daten von Unternehmen der Daseinsvorsorge und von Wahldaten erhöhen
• Land Nordrhein-Westfalen II: Stärkung der Bürgerbeteiligung durch
Online-Partizipation
164
7
Aktivitäten Deutschlands in der Open Government Partnership
Der dritte NAP zeigt ein breites Feld an Open-Government-Aktivitäten auf. Neue
Themenfelder wie beispielsweise Open Contracting werden adressiert und bis
2023 angegangen. Hinsichtlich der anhaltenden Herausforderungen der CoronaPandemie wird sich zeigen, wie erfolgreich die Verpflichtungen umgesetzt
werden können.
7.5
Entwicklung von künftigen nationalen
Aktionsplänen
Die Teilnahme an der OGP ist ein fortlaufender Prozess, dem sich die Bundesrepublik Deutschland in den kommenden Jahren weiter stellen wird. Dabei gilt es
einige Herausforderungen zu berücksichtigen.
7.5.1
Divergierende Erwartungshaltungen
In den vergangenen Konsultationsprozessen zeigte sich, dass die Kommunikation
zwischen den einzelnen Akteursgruppen weiterhin eine große Herausforderung
darstellt. Insbesondere wird dies in den unterschiedlichen Vorstellungen und Erwartungshaltungen deutlich, die zwischen Bund und Ländern und der Zivilgesellschaft bestehen können. In der Zivilgesellschaft gibt es unterschiedliche
Vorstellungen darüber, was Open Government ist und über was die Exekutive
eigenständig entscheiden kann. Auch das Vorwissen, auf welchen (föderalen) Ebenen die jeweiligen Zuständigkeiten verankert sind, ist unterschiedlich. Die Herausforderung besteht darin, den Informationsstand zur Umsetzbarkeit von Vorschlägen
zu erhöhen und realistische Vorstellungen zu fördern. Durch die Einbindung von
politischen Fürsprechern könnte der OGP-Prozess zudem in Politik und Verwaltung dementsprechend positioniert und vorangetrieben werden. Dies könnte
wiederum zu einer qualitativen und hochwertigeren Entwicklung der NAP
beitragen.
7.5.2
Einbindung der Bundesländer und OGP Local
Kommunale und regionale Verwaltungen sind für die konkreten Dienstleistungen
der öffentlichen Daseinsvorsorge verantwortlich. Sie stellen die engsten Beziehungen zwischen Staat und Bürgern her. Bei der Identifizierung von Interessen
und Bedürfnissen der Bürger und daher auch der Konzeption von wirksamen Open
7.5 Entwicklung von künftigen nationalen Aktionsplänen
165
Government-Initiativen kommt ihnen eine Schlüsselrolle zu (OECD, 2016, S. 17).
Im zweiten und dritten NAP waren bereits Verpflichtungen der Bundesländer enthalten Abschn. 7.4. Für die weitere Einbindung von Ländern und Kommunen besteht die Herausforderung, ein geeignetes Gremium zu finden, da der IT-Planungsrat
seine Schwerpunkte eigentlich woanders setzt. Ein künftiges Gremium sollte keinen reinen Technikbezug aufweisen, sondern auch die Bereiche Partizipation und
Zusammenarbeit abdecken. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass Open Government als Sammelbegriff in unterschiedlichen Ressorts aufkommt und somit auch
eine der Fachministerkonferenzen nicht geeignet wäre, um das Thema anzugehen.
Bei der Einbindung von Ländern und Kommunen sind auch die begrenzten personellen wie auch finanziellen Ressourcen zu berücksichtigen. Für ein gesondertes
Engagement von Ländern und Kommunen, unabhängig der NAP, bietet sich das
OGP Local Programm an Abschn. 7.1.6. In diesem Rahmen können einzelne
Bundesländer, Metropolregionen, Landkreise, Städte und Gemeinden an der Initiative teilnehmen. Hier bietet sich das Potenzial, Open Government in konkreten
Projekten auszuprobieren und sich international zu vernetzen.
7.5.3
Kommunales Open Government und regionale Open
Government Labore
Im Rahmen des zweiten NAP wurde das Projekt der regionalen Open Government
Labore (2021) initiiert. Dabei wurden 13 regionale Open Government Labore in
einem zweistufigen Interessenbekundungsverfahren ausgewählt, die vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) mit insgesamt 2,7 Millionen
Euro gefördert und durch Forschungsassistenzen, offene Veranstaltungen und
Öffentlichkeitsarbeit unterstützt werden. Die Laborarbeit soll dazu dienen, Transparenz, Partizipation und Rechenschaftspflicht in die Zusammenarbeit zwischen
Kommunalverwaltungen, Kommunalpolitik und Zivilgesellschaft, gegebenenfalls
unter Mitwirkung von Wissenschaft und lokaler Wirtschaft, zu integrieren.
c Definition: Kommunales Open Government Kommunales Open Government bezeichnet die bewusste und systematische Öffnung von Lokalpolitik und
Kommunalverwaltung für die Interessen, Anforderungen und Fähigkeiten der vielfältigen, mobilen, digitalen und zunehmend globalisierten Gesellschaft in den Gemeinden, Städten und Kreisen (Neutzer, 2019, S. 25).
Weitere praktische Anhaltspunkte für eine Umsetzung von Open Government in
Ländern und Kommunen zeigen der Projektbericht Modellkommunen (Beck &
166
7
Aktivitäten Deutschlands in der Open Government Partnership
Stember, 2019) und die Gebrauchsanleitung für eine Utopie (Neutzer, 2019) auf.
Zudem werden im Sammelband Kommunales Open Government (Laumer, 2021)
wesentliche Grundlagen, Merkmale und Perspektiven für ein offenes Regierungsund Verwaltungshandeln in der Praxis vermittelt.
7.6
Internationale Aktivitäten der OGP
Zum Wissenstransfer, zur Vernetzung und zum Austausch organisiert die OGP
regelmäßig Veranstaltungen und Kampagnen. Einige davon werden im folgenden
Abschnitt vorgestellt.
7.6.1
Open Gov Week
Die OGP organisiert jährlich die Open Gov Week, um die Themenfelder von Open
Government in die Breite zu bringen. Weltweit finden dafür in dieser Woche (Online-) Veranstaltungen, Seminare, Debatten und Hackathons statt. Interessierte
können sich so über Open Government informieren, sich austauschen und vernetzen. Ausgerichtet werden die Veranstaltungen sowohl von zivilgesellschaftlichen Organisationen als auch von Regierungen. Teilnehmen können alle Interessierten. Im Mittelpunkt der Open Gov Week (2021) stand die Kampagne „Open
Response, Open Recovery, Open Renewal“.
7.6.2
Open Response, Open Recovery, Open Renewal
Die Kampagne der OGP Open Response and Open Recovery (2021) wurde im
April 2020 mit dem Ziel entwickelt, Antworten zu finden, wie weltweit Staaten,
Verwaltungen und die Zivilgesellschaft angemessen auf die Corona-Pandemie reagieren können. Das Konzept sieht Staat und Zivilgesellschaft als sich gegenseitig
unterstützende Akteure an. Dabei soll das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung gestärkt werden, indem Entscheidungen transparent offengelegt werden. Dies
gilt insbesondere für kurzfristige Maßnahmen und Transaktionen, etwa über die
Beschaffung von medizinischen Gütern. Proaktiv bereitgestellte, transparente und
zuverlässige Zahlen und Fakten informieren über Ansteckungsrisiken und ermuntern die Bevölkerung zur Einhaltung der Maßnahmen (Pradhan, 2020). Bei der
Aufarbeitung der Krise sieht die Kampagne Transparenz und Bürgerbeteiligung als
wesentliche Pfeiler bei der Konzeption und Bereitstellung von Konjunkturpaketen,
7.6 Internationale Aktivitäten der OGP
167
der Stärkung des Gesundheitssystems und der generellen Finanzhilfen an. Ein Jahr
später wurde der Kampagne „Open Response and Open Recovery“ ein drittes „R“
hinzugefügt. Mit „Open Renewal“ möchte die OGP die systemischen Schwächen,
die sich in dem ersten Jahr der Pandemie in vielen Ländern zeigten, aufarbeiten.
Durch die Disruption bisheriger Standards im Regierungs- und Verwaltungshandeln sieht die Kampagne die Chance ganz neue Wege zu gehen. Vier Eckpfeiler
zeigen dabei die wesentlichen Ansatzpunkte auf, die es braucht, um Open Government von Anfang an mitzudenken und international zu etablieren (Pradhan, 2021).
Eckpfeiler der Kampagne „Open Response, Open Recovery, Open Renewal“
1.
2.
3.
4.
7.6.3
Transparenz und Rechenschaftspflicht vorantreiben
Systemische Ungleichheiten bekämpfen
Demokratie und zivilgesellschaftlichen Raum schützen
Stärkung der Bürgerbeteiligung ◄
Break the Roles
Mit Break the Roles (2021) startete die OGP 2019 eine weitere Kampagne, die die
Gleichstellung der Geschlechter thematisiert. Während vor dem Start der Kampagne noch weniger als zwei Prozent der fast 4000 Open-Government-Reformen
sinnvolle geschlechterspezifische Verpflichtungen beinhalteten, war das Thema
Gender und Inklusion 2020 eines der prominentesten Themenbereiche in den
Aktionsplänen. Viele Regierungen gaben erstmals Gleichstellungsverpflichtungen
ab oder nahmen Vertreterinnen von Frauenorganisationen in nationale Lenkungsausschüsse auf. Neue Partnerschaften entstanden zwischen Regierungen und globalen Frauenorganisationen. Die Kampagne wird weiter fortgeführt, um an die
ersten Erfolge anzuknüpfen. Dazu müssen auch bestehende Verpflichtungen überprüft, weiter integriert und auch in Zukunft kritisch reflektiert und ausgeweitet werden.
7.6.4
OGP Summits
Die globalen Gipfeltreffen der OGP, die OGP Global Summits (2021) bieten
Regierungsvertretern, der Zivilgesellschaft und allen Interessierten die Möglichkeit, Erfahrungen, bewährte Praktiken und Fortschritte bei Initiativen und der Umsetzung von Open Government auszutauschen. Das erste Gipfeltreffen fand 2013 in
168
7
Aktivitäten Deutschlands in der Open Government Partnership
London statt, gefolgt von den Gipfeln in Mexiko-Stadt (2015), Paris (2016), Tiflis
(2018), Ottawa (2019) und Seoul (2021).
7.7
Bewertung der OGP-Teilnahme Deutschlands
Die vorangegangenen Abschnitte thematisierten unterschiedliche Bereiche der
OGP sowie die Umsetzung von Open Government in Deutschland. Zum Abschluss
folgt eine Gesamtbewertung der Teilnahme Deutschlands an der OGP.
Stärken
Seit der Mitgliedschaft Deutschlands in der OGP wurde der Bekanntheitsgrad von
Open Government und seinen einzelnen Komponenten erhöht. Die Verknüpfung
von Partizipation und Zusammenarbeit mit innovativen Informations- und
Kommunikationstechnologien und offenen Daten bringt neue Impulse, Perspektiven und Potenziale. Erste gelebte Vorhaben wurden in diesem Bereich durch den
ersten NAP sichtbar. Dies motiviert zur weiteren Gestaltung von Verpflichtungen
und kann zur Stärkung des Vertrauens von Bürgern in die Regierung führen.
Deutschland hat in den kommenden NAP weiter die Möglichkeit, ehrgeizige Verpflichtungen zu entwickeln und den Lernprozess voranzutreiben. Die Teilnahme an
der OGP trägt zur internationalen Vernetzung bei und fördert den Austausch mit
weiteren Mitgliedsstaaten.
Schwächen
Eine Schwäche der OGP sind lasche Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung der
Verpflichtungen in den NAP. Die Bewertungskriterien bleiben schwammig. Im
globalen Überblick zeigt sich, dass trotz der eher ungenauen Vorgaben, nur wenige
Vorhaben als ambitioniert oder mit transformativem Potenzial bewertet werden
können (Wewer & Wewer, 2019). Hier liegt es an der OGP, messbare Kriterien
genauer herauszuarbeiten.
Chancen
Potenziale bestehen insbesondere in der Optimierung und Weiterentwicklung bestehender Angebote und Strukturen, bei gleichzeitiger Verbindung der einzelnen
Handlungsfelder unter der Open-Government-Gesamtstrategie. Die Förderung des
Verständnisses von Open Government als Leitparadigma muss weiterverfolgt werden, um den notwendigen Kulturwandel innerhalb von Politik und Verwaltung auf
allen Ebenen und außerhalb des politisch-administrativen Systems zu stärken.
Durch die Mitgliedschaft in der OGP wird den Open-Government-Vorhaben ein
Literatur
169
Rahmen gegeben, um dies wirkungsorientiert voranzutreiben und zu festigen. Es
gilt eine evidenzbasierte und zielorientierte Vorgehensweise zu verfolgen, die den
Schwächen entgegenkommt.
Risiken
Ein mögliches Risiko der OGP besteht darin, durch niedrig angesetzte Aufnahmebedingungen nicht-demokratische Staaten aufzunehmen und diesen ein Feigenblatt zu bieten, sich international als Verfechter eines offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns zu präsentieren. Ein weiteres Risiko besteht dann wiederum im
Verlust der Glaubwürdigkeit der OGP, sollten keine Konsequenzen bei der Nichteinhaltung von Verpflichtungen gezogen werden.
Abschließend lässt sich festhalten, dass die OGP in den ersten zehn Jahren ihres
Bestehens einen internationalen Austausch zu einem offenen Regierungs- und Verwaltungshandeln intensivierte. Die NAP haben weltweit dazu beigetragen, das Verwaltungshandeln zu verbessern und der Zivilgesellschaft mehr Gehör und Kanäle
zur Mitwirkung zu verschaffen. Es ist gut, dass die Akteure aus Staat, Verwaltung
und Zivilgesellschaft verstärkt ins Gespräch kommen. Mit Blick auf ein besseres
Regierungs- und Verwaltungshandeln sowie Good Governance gibt es weltweit
wie in Deutschland aber noch weiter viel zu tun. Insbesondere muss die OGP als
Organisation in den kommenden Jahren noch eigene, überzeugende Akzente setzen und Kampagnen initiieren, um sich dauerhaft als bedeutsamer Akteur etablieren zu können.
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7
Aktivitäten Deutschlands in der Open Government Partnership
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