Alle Materie ist im Raume zusammengefaßt entweder in
Kugeln (Weltkörper) geballt oder in Dunstkreise, die die Welt-
körper umgeben gehüllt. So finden wir in dem unermeßlichen
Raume an 3000 Nebelflecken, welche entweder Sternhaufen
sind oder dunstförmige im Lichtproceß begriffene Materie,
auflösbare oder unauflösbare Sternhaufen. Da man mit
Hülfe Herschelscher und Frauenhoferscher Teleskope diese
Sterne in einem wechselnden Verhältniße mit den Ne-
beln gefunden hat, so konnte daraus auch in diesem fern-
sten Raume noch Bewegung erkannt werden. Auch die Ent-
fernung vermochte der menschliche Scharfsinn zu berechnen
aus der Fortpflanzung des Lichtes und hiernach läßt sich denn
mit Gewißheit behaupten, daß viele Körper des Himmels
24,000 Jahre bedürften, ehe ihr Lichtstrahl zu uns gelangen
konnte. Ob wir mit jenen fernen Systemen, etwa durch
Cometen in einiger Verbindung stehen, das soll späterhin
untersucht werden. Die Größe des ganzen Weltsÿstems läßt
sich übrigens kaum ausdrücken. Unser Sonnensÿstem beträgt
im Durchmeßer etwa 86,000 Millionen Meilen, setzten
wir dies nun eine Linie groß, so würde sich doch kein Stoff
finden lassen das ganze Weltsÿstem darzustellen in diesem
Verhältniße, denn 260 Fuß würde allein schon unsere Stern-
schicht ausmachen. Allein durch solche Vergleichungen kann der
Mensch diese Größen sich denkbar machen. So hat Herschel,
der seinen Zahlen große Wahrscheinlichkeit gegeben hat, ge-
zeigt, daß wir, bei jenem Verhältniß der Größen mit
bloßen Augen nur etwa 3′ 3″ sehen, durch sein großes Fern-
rohr aber 4⅓ geographische Meilen. Das Verhältniß würde
also etwa sein wie der Durchmesser eines Infusionthierchens 1/1000
einer Linie zu dem Durchmesser eines Wallfisches 75 Fuß.
Diese Vergleichungen zeigen was der Mensch in dem unendlichen
Raume vermag durch die Hülfe der Fernröhre. In unserem
Planetensÿstem vermögen wir alle Entfernungen genau
anzugeben und es mangelt z. E. bei der Entfernung des Mon-
des von der Erde nur etwa die Sicherheit für 15 Meilen. Bei
allen Sternen aber außer unserm Planetensÿstem müssen wir
uns mit der Annahme eines minimums und maximums be-
helfen.
Aber nicht allein die Entfernung der fernsten Sÿsteme hat man
zu messen versucht, nicht allein ihre Bewegung hat man
erkannt, sondern es ist den Astronomen auch gelungen eine
Translation jeder fernsten Sterne zu erkennen. Man hat
nemlich neuerdings mehre Doppelsterne gefunden von denen
man weiß, daß die mit gefärbtem Licht, sich um die licht-
loseren drehen. Eine solche Lichtverschiedenheit findet sich in
unserm Sÿsteme nur bei den Satelliten des Jupiters.
Das Licht wird übrigens bei seinem Anbrennen und Verlöschen
färbiger, wie dies neuerdings Seebeck nachgewiesen und
wir haben dies auch gefunden bei den Sternen die von
Zeit zu Zeit an dem Firmament auflodern.
Wären nun die Sterne überall gleich verbreitet, so
würden alle Himmelsräume in einem gleichen SonnenglanzS. 3
erscheinen. Da dies aber nicht der Fall ist so folgt, daß die
Sterne nicht gleichmäßig vertheilt und daß jeder Himmels-
raum mit einer lichtschwächenden oder Bewegung hemmenden
Materie, gewöhnlich Aether genannt, angefüllt ist. Da wo
der obere Teppich des Firmaments dünner gewebt ist,
muß der Himmelsraum selbst verschieden gefärbt sein und
die schwarzen Flecken am südlichen Himmel lassen sich viel-
leicht so am besten erklären. In Rücksicht auf das Licht haben
indeß die trefflichen Entdeckungen Frauenhofers gelehrt,
daß alle Weltkörper unserer Sternschicht nicht dasselbe Licht aus-
strahlen, ja daß sich Aehnlichkeiten finden zwischen Planeten
und Fixsternen und hingegen Unähnlichkeiten unter den
Planeten unter sich und den Fixsternen unter sich.
Die Form unserer Sternschicht, die abgeplattet ist, macht,
daß wir sie selbst und die übrigen in gewissen Positionen
sehen, so daß sie uns von einer solchen Position aus als Milch-
straße erscheint, oder als ein zusammengepreßtes Sternheer;
nach dieser Ansicht wird aus Berechnungen folgen, daß un-
ser Planetensÿstem dasteht, wo die Milchstraße den Adler
berührt.
Unser Planetensÿstem selbst aber hat eine BewegungS. 4
in der Sternschicht, welche indeß schwer zu erkunden ist. Frü-
her meinte man sie ginge nach dem Herkules hin; wir
werden noch ausführlicher davon reden. In unserem Syste-
me giebt es nun gleichsam wiederum 2 Systeme, nemlich
1., das der größeren Planeten 2., das der kleineren oder Aste-
roiden, wozu gehört die Ceres, Vesta u. a. m. Außer diesen
Planeten giebt es in demselben noch Cometen. Wir kennen
keinen Uebergang von den Planeten zu den Cometen;
es können wohl aus letztern erstere werden. Den Ueber-
gang von den größern Planeten zu den kleineren ma-
chen die Satelliten des Jupiters. Die kleinern Planeten sind
von den größern fast in allen Beziehungen verschieden.
1., Sie sind kaum so groß als der Mond, z. E. Vesta wie10
Deutschland. 2., Ihre Bahnen sind anders gestaltet und
nähern sich mehr denen der Cometen. 3., Die Planeten
zwischen der Sonne und den kleineren Mars, Merkur,
Venus, Erde haben gemeinsam eine größere Dichtig-
keit etwa wie Platina und Eisenstein. Die kleinern sind
weniger dicht, etwa wie Naphta. 4., Die größern ro-
tiren langsamer um sich selbst und sind deshalb weniger
abgeplattet. Die Rotation der größern beträgt meist
24 Stunden, die der kleinern 9 Stunden. 5., Die größeren
Planeten innerhalb derselben sind mondarmer, die kleinerenaußerhalb derselben mondreicher,
ja selbst mit Ringen umgeben; so ist Saturns Ring
nur eine Reihe zusammengeknoteter Satelliten.
Die Zahl der unser Sonnensÿstem durchstreichenden
Cometen ist sehr groß; 400 sind beobachtet, 2 von diesen ge-
hören unserm Sÿstem ganz an, nemlich der Enkesche
Comet der in 3½ Jahr zurückkehrt und nicht weiter geht
als Merkur, nicht so weit als Jupiter. Er ist bis jetzt 5
mal erschienen und zuletzt, von Enke vorausgesagt, in
Neuholland beobachtet. Auch ist er oft retardirt was für
eine hemmende Materie spricht. Der andere unserm
Planetensÿstem angehörende ist der von ViedaBiela ent-Biela
deckte, welcher alle 6½ Jahr zurückkehrt.
Ueberall ist Bewegung. In dem Planetensÿstem
ist sie oscillirend.
Dies ist der Theil des Naturbildes das aus der phÿsischen
Astronomie entlehnt wird. nNun gehen wir zu unsern
tellurischen Verhältnißen über. Wir reden hier von der
Maße, der Größe, der Form unsers Planeten.
Die Form desselben ist theils bestimmt durch Messungen,
theils geschlossen aus den Bewegungen des Mondes und ande-
rer Körper. Die Abplattung der Kugel ist wahrscheinlich größer
als man bisher angenommen; sie beträgt wahrscheinlich 1/299;
die südliche Hemisphäre ist nicht abgeplatteter als die nördliche.
Die Unregelmäßigkeit der Form zeigt sich besonders in den
Inseln.
Die Dichtigkeit der Erde ist eine solche wie sie den Planeten
zwischen der Sonne und den kleinern Planeten zukommt. Sie ist
ungefähr 54/10 (74/10) in den innern, gedrückten Schichten; in
den äußern Schichten ist die größte Dichtigkeit wie die des Ba-
salts kaum 3½ specifische Schwere. Die Temperatur nimmt auch
zu und in gewißer Tiefe ist alles flüßig. Das können wir
freilich nur nach der Analogie schließen, da wir nur d[unleserliches Material]ie
Erdwärme etwa in einer Tiefe von 900 Fuß kennen. Aber
hier nimmt die Wärme in der Tiefe zu. Schon in den Berg-
werken von Cornwallis und in den Gruben auf der Höhe der
Andes steigt sie von 7° auf 26°. Daraus ist zu schließen, daß
in der Tiefe von einigen Meilen die Materie geschmolzen
sein muß. Die Flüßigkeit des Erdkerns und seine große
Dichtigkeit ist kein Widerspruch! Denn wenn der Kern des
Cometen gasförmig ist so daß man Sterne 7ter Klasse durch
denselben erblickte, und doch das Innere dichter sein muß,
da es gedrückt wird als das Aeußere, so kann bei dem Erd-
körper das Innere auch flüßig und dicht sein, wenn das Aeu-
ßere nicht so dicht und doch auch nicht flüßig ist.
Als Folge
der innern Wärme kann man betrachten die heißen Quel-
len und Vulkane. Die vulkanischen Erscheinungen sind entwe-
der bleibende im Zusammenhang zwischen dem Innern des
Körpers und der äußern Atmosphäre oder temporaire, Her-
vorstoßungen durch Spaltungen wie sie sich als Inseln darstel-
len oder als ganze Berge z. E. der Monte Nuovo bei Neapel.
[H.]Humbold selbst beobachtete an der Westküste Mexico’s einen, in
wenig Stunden 1500 Fuß hervortretenden Vulkan. Diese in-
nere Erwärmung oder die durch die Sonne bewirkte ist es
die magnetisch-electrische Kräfte in Bewegung setzt, wie
Seebeck und Mrs. Sommerville gefunden haben, daß man durch
Sonnenstrahlen unmagnetisches Eisen magnetisiren kann. Es
scheint indeß auch einen Zustand des Planeten zu geben, wor-
nach er unabhängig ist von seiner Stellung gegen äußeres Licht
und äußere Wärme.
Die Vulkane bilden Gebirge, körniges Gestein und ver-
ändern hartes Gestein in körniges. Diese verschiedene
Association gewisser Substanzen, wie die Gebirge nichts wei-
ter sind, bieten die größte Abwechselung dar; wohingegen,
wäre unser Erdkörper nur aus einer Substanz gebildet, die
Untersuchung dem Geognosten wenig Nahrung geben würde.
Wunderbar ist das Gewebe des körnigen mit dem nichtkörnigen
Gebirge. Wir finden gewöhnlich folgende Schichten:
Lange hat man einen Theil hiervon: Granit, Gneus, Glim-
merschiefer und Sienit Urgestein genannt, weil man gemeint
das Tiefere müße älter sein als das Höherliegende. Die
sich vorfindenden organischen Körper möchten aber am besten
das Alter bestimmen und sie finden sich nach bestimmten
Verhältnissen in diesen Schichten zerstreut, die wohl von
unten nach oben sich hinauf geschoben haben. Zwischen den
Uebergangsgebirgen und den Flötzgebirgen findet sich eine
große Schicht von Vegetabilien, und wiederum zwischen den
ältesten und neueren Gebirgen. So finden wir also 2 Zer-
störungen:
S. 10
Die Heterogeneität ist erstens mechanisch, deann chemisch,
Theils sind die Gebirgsarten einfach, als Kalkstein, Thonschiefer,
theils zusammengesetzt als Granit. Werner hat zuerst die
Idee der Association der Gebirgsarten festgehalten. So
findet sich Basalt und Mandelstein, Steinkohlen, Quarzporphÿre
und Sandstein, entweder neben einander oder unter ein-arithme-
tischen
ander. Eine Zeitlang sagte man die Betrachtung dieser
Association sei allein schon der Inhalt der Geognosie; man
sprach von periodischen Reihen z. E. Thonschiefer und alterirendenarithmetischen.?
So schließen auf das Vorkommen des Steinsalzes nach solcher
Analogie die Schichten, die 1., platt aufeinander liegen, oder
die Flötzgebirge, (über der Kreide nennt man sie tertiaire).
S. 11
2., Das fragmentarische Gestein mit Spuren der Zerstörung
z. E. Granit, Trochÿt, große Glocken bildend, wie der Chimbo-
raßsso, vulkanisch aufgetrieben; die Porphÿre, rother Quarz-
porphÿr, Basalt. In ganzen Erdstrichen fehlen einige von
diesen Klassen, bald erscheinen sie in andern Formen
als Kalkstein unter Bildungen der Schaalthiere. Zwischen
und um den Orino[c]ko fehlen die Flötzgebirge und die Arbei-
ten der Molusken. Hier finden sich Palm- und Grasarten,
die 2schaligen Schaalthiere, dann riesenhafte Eidexen, dann
kolossale Wallfisch[unleserliches Material]knochen, endlich Säugethiere und Vögel-
knochen versteinert. Zwischen den Flötzgebirgen und Ueber-
12⎡
gangsgebirgen in Steinkohlenschichten finden sich die Mono-
kaotÿlidonenMonokotylidonen. Eine 2te Spur von zerstörter Waldschicht findet
sich zwischen den Flötzgebirgen und der tertiairen Bildung,
Waldbäume denen ähnlich, die in unserer Zone wachsen, Di-
kotÿlidonen. Es sind dies geognostische Horizonte, nach denen
man sich orientiren kann, ein Chronometer, ein Niveau
der Zeit. Man meinte lange Zeit, nach der Theorie der Auf-
leagungenerungen und dem Neptunismus, daß die unterliegenden
Schichten alle älter seien und brachte die sonderbaren Ideen
von Auflösungsmitteln zum Vorschein und sprach so von Granit-
wasser, Porphÿrwasser. Doch hat sich gefunden, daß nicht über-
all Auflagerungen sind, sondern auch Anlagerungen, Spalten
aufrechtgestellter Maßen, die Flötzschichten zwiebelartig auf-
gelagert, und lange Rücken in den tieferen Ebenen der
Erde hin.
Unter den Gebirgen finden wir tiefe Communicationen
?
durch Erdbeben; so fand zugleich die Erderschütterung in Lissabon,
Böhmen und den Antillen Statt; in den Antillen schwoll zur
selben Zeit bis auf die Stunde und nach kleineren Zeittheilen,
das Meer an, in Böhmen versiegten Heilquellen.
S. 13
Die äußere Erdrinde ist nur oxÿdirt. Eine Kugel von
Potassium
Natrium (?) oder Palastrium (?) der Luft ausgesetzt, wird
in Natrum und Alkali verwandelt. Die körnigen Gebirgs-
arten in der Ebene können zuerst oxÿdirt sein, wo sich die
gesellige Molluske angesiedelt. Auf der Höhe aber ist der
Granit und Trochÿt emporgehoben. Granit, Gneus und
Glimmerschiefer, alle körnig, erheben sich in Ellÿpsenform
zwischen den andern Gebirgsarten. Die Spalten der andern
Gebirgsarten sind alle mit Granit gefüllt, was anders nicht
denkbar, als durch spätere Existenz des Granits. Man sieht
an manchen Stellen im südlichen Frankreich den Granit über-
S. 13
hängen; zu Tÿrol liegt Granit auf Kalk, der den Granit
zum Theil in körnigem Kalkstein verwandelt hat. Man hat
gefunden, daß man den gewöhnlichen Kalkstein in salinischen karrarischen
Marmor durch Schmelzen unter großem Druck verwandeln
kann. Ueberall ist ein solcher Halbschatten von Marmor und
körnigem Kalkstein um den Granit, wo derselbe an Kalk
gränzt.
Das südliche Tÿrol ist klassischer Boden für die Geogno-
14
sie; dort findet sich Kalkstein und Grauwacke vom
Porphÿr emporgehoben; auf der Andeskette 14000 Fuß
?
hoch Meerkonchilien, ohne daß das Meereswasser so hoch ge-
standen hätte; so das Alpengebirge in Europa. Dasselbe
kommt auch auf den Inseln vor. Auf dem vulkanischen Tuff
in den liparischen Inseln finden sich Meerespflanzen. Man
fand in Deutschland, welches das Verdienst hat bergmänni-
sche Arbeiten dieser Sache wegen (z. E. bei Bonn) unter-
nommen zu haben, daß die Basaltkuppen in der Tiefe
mit Zapfen zusammenhängen, die man weit verfolgen
kann durch Spalten, aus welchen sie wie Pilze über der
Erdfläche emporwachsen.
In die Spalten scheinen aus dem Innern der Erde so
die Metalle einzudringen, wie man noch an Vulkanen
sieht. Alles dies gehört dem geistreichen Herrn v. Buch an,
der von den canarischen Inseln bis zum Nordkap die Erde durch-
forschte der erfahrenste Geognost. Man hat in unsern chemi-
schen Oefen die geognostischen Producte nachmachen können;
so hat Mitscherlich durch eine Reihe von Versuchen mehre der
körnigen Gesteine dargestellt.
Sauerstoff, Stickstoff, Kohlensäure.
Die Kohlensäure ist verschiedenartig, der Sauerstoff hinge-
gen immer gleich, dies fand [ich]Humboldich auf dem Chimboraßo,
Gaÿlussac⎡GayLussac noch höher im Ballon. Wie das Meer, so schlägt auch
die Luft Wellen nach oben. Eine andere Bewegung der Luft
ist die welche der Barometer anzeigt und die in den Tro-
pengegenden so groß ist, daß man nach dem Barometer
sehen kann was die Uhr ist; von 9–9¼ ist hier die größte
Höhe; er sinkt bis 12 Uhr, steigt dann bis 4¼ und am höchsten
steht er wiederum 4½, sinkt dann bis 9 und wieder bis 3½
wo er am niedrigsten ist. So giebt es hier 2 Ebben und
Fluthen die durch Stürme und alle gewaltsamen Umände-
rungen nicht unterbrochen werden.
Die Quantität der Niederschläge (Regen) ist sehr un-
gleich. Die meisten von allen Ländern, die in gleicher nörd-
licher Breite gelegen sind hat England nemlich 30–35 Zoll;
in den Tropen finden sich 130″.
Das Klima ist nicht nur von der astronomischen LageS. 15
der Erdtheile abhängig, sondern auch durch Verhältniß
zwischen Continent und Meer bedingt, besonders ist es
abhängig von dem mehr Wärme erregenden Lande im Ver-
hältniß zu dem durchsichtigen Meer. Europa’s mildere
Temperatur ist abhängig von der spitzen Lage gegen
das Meer im Westen. Im Winter ist der Continent mit
Schnee bedeckt, das Meer nicht, und Westwinde herrschen vor-
züglich. So fand man denn immer, daß Amerika unter der-
selben Breite viel kälter ist als Europa, China noch kälter
als Amerika. Südlich von Europa ist ein weiter Continent
Afrika, welches an sich schon wärmer ist als Asien, da bei
Asien der Aequator durchs Meer ge[unleserliches Material]ht; dazu kommen
noch die Sandwüsten. Alle übrigen Continente reichen
mehr nach Norden; das nördliche Europa dagegen ist schmal,
das Meer von Eis frei, schlimmer ist es mit Asien, noch
schlimmer mit Amerika das viele Inseln mit Eis im
Norden hat; dahingegen im kältesten Winter nördlich von
Scandinavien noch eisfreies Meer ist. Dazu kommen noch
die warmen Strömungen, die aus südlichen Meeren kom̃end,
an die Küste von Scandinavien streifen.
Die Vertheilung
der Wärme würde ganz anders sein, wäre alles feste
Decke als jetzt bei dem beweglichen Luftmeer. In jenem
Fall würde die Wärme nur abhängen von den Sonnen-
strahlen, die jetzt in der Luft gebrochen und entkräftet
werden.
Der Ocean hat eine andere Temperatur als das Land
1., weil die durchsichtigen Theile sich anders als die festen
erwärmen 2., weil die wäßrigen Theile sich nicht so
schnell abkühlen. In der Tiefe herrscht die größte Kälte
selbst unter dem Aequator; eine andere ist die Tempe-
ratur auf den Untiefen, weshalb man, nach Franklins
Entdeckung, durch das Thermometer Untiefen entdecken
kann und wieder eine andere Temperatur findet sich
in den Strömungen, durch welche oft Temperaturen
verschiedener Breiten mit einander vermischt werden.
Das Organische der Erde ist entweder Pflanzenstoff
oder Tierstoff, oder Zwitter von denen es noch nicht ausge-
macht ist ob es diesem oder jenem angehört z. E. die Priest-
leysche Materie.
Man meinte früher das Licht sei nöthig zur Entwi-
ckelung organischer Stoffe, so Lavoisier, der die Mÿthe
von Prometheus hierauf bezog. Indeß ist diese Idee mehr
poetisch als wahr; denn wir wißen daß so tief unsere
Bergwerke gehen und in allen Höhlen unterirdische
Vegetabilien sich finden, ja in der Tiefe des Meeres
selbst grüne vegetabilische Stoffe; ja die Eingeweidewürmer
selbst sind fern von allem Licht in gleichmäßiger Tem-
peratur. Wunderbar daß diese in den verschiedenen
Species desselben Genus in allen Welttheilen gleich sind!S. 18
Pflanzenwelt. Der rothe Schnee aus der Polarwelt
der in Europa noch sehr fortvegetirt hat, besteht aus
kleinen organischen Theilen, tragella nivaetemella nivea nach Brown.
Er findet sich unter dem Gefrierpunkt, kommt aber auch in
der Wärme fort. Ihm gegenüber in der Pflanzenwelt stehen
ähnliche Wesen, welche in den heißen Quellen über 65° FahrenheithReaumur?
Hitze leben. Beide sind die ersten Keime der Pflanzen.
Welch ein ungeheurer Gegensatz zwischen diesen mikros-
copischen Pflanzen und den Palmen auf den Norfolckinseln
von 300 Fuß Höhe und den Zapfenbäumen am Columbia,
die eben so groß werden!
Es herrscht in den Pflanzen solche Einheit und Consequenz
der Natur, daß wenn man die Zahl der Species einer Fa-
milie kennt, man, durch einen gewissen Quotienten sie
fehlt viel
multiplicirend die Zahl der Species in andern Familien, ja
überhaupt aller Species erlangt. Diese Harmonie bezieht sich
nicht auf die Zahl der Individuen sondern auf die Zahl der For-
men, die sich gegenseitig limitirt haben. Gewisse Fami-
lien können nordische, andere aequatorialische tropische genannt
werden; aber auch unter denselben Parallelkreisen sind ver-
schiedene Familien in den verschiedenen Welttheilen.
Die Pflanzen sind theils gesellig lebende theils isolirt
[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]⎡
lebende; letztere z. E. am Orinoko, wo nie ein Wald aus
einer bestimmten Baumart besteht. Ein merkwürdiger Um-
stand ist noch, daß die verschiedenen Formen so vermischt sind,
daß dort wo hohe Gebirge herausragen, eine größere Man-
nigfaltigkeit sich findet.
Thierwelt.
Die Idee eine Pflanzengeographie zu behandeln ist später
S. 21
entstanden als die einer Thiergeographie. Die Pflanzen ma-
chen Reisen nur im Eÿ, diese[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] aber ihr Leben lang. Am un-
vollkommensten bewegen sich die 2schaaligen Muscheln, Ace-
phalen und Asteropoden⎡Gasteropoden, besser schon die Echinen oder See-
igel etc: Der Unterschied der Klimate ist in Hinsicht der Thiere
weniger auffallend. So findet man Fische derselben Species
von 35° nördlicher Breite bis zum Aequator. Freilich ist
diese große Ausbreitung den Fischen leichter, da sie von
der Oberfläche des Meeres hinabsteigend, die verschiedenen
Klimate sich schaffen können. Die Zahl der beschriebenen
Pflanzen häuft sich auf 60,000, der Insecten auf 45,000,
der Vögel auf 5400, der Fische auf 3000, der Säugethiere
auf 700. In den meisten Ländern sind⎡ die Säugethiere ⅕ der
Vögel. Indeß hat dies Verhältniß nicht immer existirt.
Säugethiere sind schon viele verloren gegangen, nament-
lich die in dem ältern Zustande der Näße unseres Pla-
neten lebten, die dickhäutigen, Elephanten, Pferde, Schwei-
ne, Krokodilartige. Diese vorweltlichen Thiergeschlechter
erscheinen in riesenhafter Größe; so fand sich in England
ein Krokodil aus älterer Zeit von 75′ Länge und von derS. 22
Höhe eines Ochsen, da die jetzigen höchstens 22′ messen.
Anderer solcher verlorner Geschlechter sind: die Pleisio-
saurus, ein Crokodil mit Schwanenhals, dessen Füße in
der letzten Hälfte seines Körpers liegen, Ichtÿosaurus
ein Crokodil mit Fischaugen u. a. m.
Die Geographie der Thiere ist auch wichtig für unsre
phÿsikalische Erdkunde selbst; sie giebt uns merkwürdige
Kenntzeichen an von dem ehemaligen Zusammenhang der
Erdtheile, der Inseln die zusammenhängen mit dem Conti-
nent und derjenigen die durch vulkanische Kraft entstanden
sind. Auf den Inseln Asiens z. E. Sumat[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]ra findet man
dieselben großen Thierformen als auf dem festen Lande,
so Rhinoceros mit 2 Hörnern, Tapisr, Elephant etc: auf
den Südseeinseln hingegen nur Mausartige Thiere bis
zur Größe des Kaninchens.
Menschen. Das höchste Ziel aller Naturbeobachtung ist
S. 22
das Erkennen unserer eignen Natur; und daher schließen
wir unser Gemälde mit einer Betrachtung der Menschen-
racen.
Man war bisher sehr unbestimmt in Hinsicht des
Eintheilungsgrundes, nach dem man die Menschenracen
abtheilte. Gewöhnlich richtete man sich nemlich nach: Knochen,
Farbe, Haaren. So z. E. nennt Cuvier: weiße, schwarze,
gelbe und Blumenbach fügt noch hinzu rothe und oliven-
farbige. Allein diese Gründe sind sehr unbestimmt und
schwach. Man meinte, namentlich im Alterthum, bestim̃te
Abzeichen in Hinsicht auf Knochenbau, Farbe und Haar
kämen immer zusammen vor bei den Negern, doch hat
man in neurer Zeit gefunden, daß sich nicht immer alle
3 beisammen finden. Neuerdings hat man als Einthei-
lungsgrund die Sprache angenommen. Die Sprachen sind
nicht Nationenweise unter den Völkern vertheilt; bei den
verschiedensten Racen finden sich ähnliche, bei derselben
oft eine ganz verschiedene Sprachen.
Man wird vor allen Dingen bei den Menschenracen
die großen AbtheilungenEintheilungen verlassen müssen.
Die Namen der Racen sind eben so unbestimmt
gewählt gewesen als die Abtheilungen selbst, wie z. E.
MeinertMeiners sprach von häßlichen, unvollkommenen, (zu denen
er selbst die phÿlosophischen Indier rechnet) und schönen, edlen.
Natur ist Einheit und Vielheit. – Inbegriff der Naturdin-[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]S. 24
ge und Naturkräfte. Der Mensch, selbst der uncultivirte, bil-
det, fühlt und ahnt die Kräfte; der gebildete richtet mehr
seine Aufmerksamkeit auf die Dinge. Naturkenntniß ist
demnach: 1., die Kenntniß der Dinge unter einander. –
Naturbeschreibung. 2., die Kenntniß der Dinge nach ein-
ander – Naturgeschichte. Es ist oft gut und nothwendig beide
mit einander zu verbinden, so namentlich bei der Geognosie.
Die Naturkenntniß selbst ist a., besondere b., allgemeine;
entweder nach den Objecten oder nach der Graduation der
Beschreibung der Objecte selbst z. E. die Botanik ist die Ab-
straction dessen, was denm ganzen vegetabilischen Leben
eigenthümlich ist; sie ist eine logische Anordnung einer
großen Zahl von Thatsachen. Nach den Objecten abgetheilt
kann man die Naturgegenstände an sich betrachten, wie
in der Phÿsik, oder man kann alle Körper als ein Natur-
ganzes betrachten, wie sie in räumlicher Verbindung
stehen theils mit dem Erdkörper, theils mit dem Weltganzen.
Zuerst hat sich diese richtige Eintheilung der Geographie
ausgesprochen in dem Werk des Barellius⎡Varenius 1650, der seineVarenius
Erdbeschreibung nannte: Geographia generalis qua etc: u. so
richtig die generalis trennt von der specialis. Diese
Geographia generalis theilt er 1., in die absoluta 2., die
respectiva 3., die comparativa. Indessen bleibt es das
Werk und der Triumph neuerer Zeit das Zusammentreffen
mehrer Naturkräfte durch eine Vergleichung der verschiede-
nen Wissenschaften zur Erkenntniß von Regeln zu benutzen,
die man auf diesem Wege schwerlich früher zu finden ver-
muthen konnte. So hat man aus der genauen Bestim̃ung
des Mondumlaufs schließen können auf die Abplattung der
Erde, auf die Unwandelbarkeit der Temperatur der ver-
schiedenen Tageszeiten, so daß man erkennt, daß in 2000 Jahren
keine Veränderung in dieser Hinsicht von ½° Reaumur
statt gefunden hat. Versuche mit dem Doppelspat haben
die Frage beantwortet ob das Kometenlicht, dem Kometen
oder einem fremden Körper angehört. Wer hätte früher
an solche Schlüsse wohl gedacht?
Es ist mir schwer der Wissenschaft die ich abhandeln
soll, einen guten Namen zu geben. Unbestimmt sind
die meisten Namen: Phÿsiologie, Geognosie, Geographie;
so heißen in England die Aerzte Phÿsiker und was wir
unter Phÿsiker verstehen neñt der Engländer Naturphÿlosoph.
Kant hat für meine Vorlesungen den Titel gefunden:
Weltbeschreibung. Man pflegt neuerdings der speciellen
Geographie diese Weltbeschreibung als einen besondern
Theil voranzuschicken, den man den tellurischen Theil nennt;
so machte es z. E. Carl Ritter in seiner vergleichenden Geogra-
phie; dies ist das geistreichste Werk dieser Art, das unser
Jahrhundert geliefert; es ist die erste Schrift in der der
Einfluß dargestellt wird, den die Oberflächen-Ansicht
auf die Völker und ihre Schicksale gehabt hat.
Die Weltbeschreibung liefert die Materialien zur
eigentlichen Naturphÿlosophie, deren Gründe auf vielfache
Weise gesucht sind. Ich kann diese Versuche nicht tadeln,
obgleich ich selbst mehr empirisch zu Werke zu gehen veranlaßt
wüurde. Bei dieser Naturphÿlosophie sind nur zu fürchten und
schwer zu vermeiden: die falschen Thatsachen. Empiriker und
Phÿlosophen sollten sich nicht gegenseitig verachten, denn nur
mit einander verbunden vermögen sie den höchsten Zweck zu
erreichen. In unserem Jahrhundert finden sich 2 Haupt-
tendenzen: 1., die Tendenz viele Thatsachen aufzuhäufen;
was doch nichts nützt wenn man keinen allgemeinen Ge-
sichtspunkt und Ueberblick gewinnt; 2., die Tendenz die Be-
obachtungen und Versuche zu verachten und z. E. eine Physik
zu lehren, die man mit unbenetzten Händen treiben kann.
Dies führt zu einem stolzen Dogmatismus. Letztere Tendenz
ist die gefährlichste, weil sie leicht Anlaß giebt die Studien
der positiven Wissenschaften zu verachten. So wenig nun Na-
turphÿlosophie und Empirismus im Widerspruch sein sollten,
so wenig sind auch aus der Emp[unleserliches Material]irie die sogenannten
mathematischen Hÿpothesen zu verbannen; sie sind nicht
bloß unschädlich, sie sind selbst nothwendig.
Diese Geschichte ist gleichsam die Geschichte der Entstehung
des Gedankens. Es ist hier die Rede von der Entwickelung
der einzelnen Naturkenntniße. Eine begeisterte Ahnung?
Ahndung
des Allgemeinen brachte zur Betrachtung des Naturganzen
nachdem man lange war bei Contrasten stehen geblieben.
So bildet hier sich ein Kreis; der Wilde nemlich hat schon das
dunkele Gefühl der Einheit der Natur und zuletzt kommt der
cultivirte Mensch, wenn er lange genug die einzelnen Dinge
studirt hat, wieder zu der Einheit zurück, die aber nun Folge
eines vernunftmäßigen Erkennens, nicht mehr bloße Ahnung
ist. Völker die dem Naturzustande nahe sind, bringt die
Begeisterung religiöser Gefühle zur Anbetung der Natur-
kräfte und sie glauben sich abhängig von Sternen und andern
Kräften der Natur. Alles wird ihnen bedeutsam und
zwar nicht bloß der Bewohner einer üppigen, von Vegetation
strozenden Gegend, sondern selbst der Wilde der die
kahlen Wüsten durchzieht, findet reichlichen Stoff für sein
r[e]ligiöses Gefühl. Die frühsten Kenntniße der Natur ge-
hören nicht einem Urvolke an. Man hat lange von solchen
Urvölkern geträumt und als solche genannt: die Semitischen
Völker, die Aegÿpter, Kelten, Atlanten, Bewohner Ir[unleserliches Material]an[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]Iraks
und neuerlich endlich die Hindu’sInder. Die Kenntniße der Natur
erscheinen bei allen wilden Völkern, nach ihren besonderen
Anlagen und Wohnplätzen besonders gesta[unleserliches Material]ltet und ausge-
bildet. Eigentlich ursprüngliche Wilde hat noch kein Reisender
gesehen und ich muß nach meinen Erfahrungen, da ich Jahre-
lang unter den Wilden des Orinoco lebte, der neuerlich auf-
gestellten Meinung beipflichten als seien sie alle nur
Reste ehemals gebildeter Völker. So fand ich bei den Wil-
den am Orinoco, die den Himmel durch ihre Laubgewölbe
nur schauen, wie durch einen Schornstein, förmlich astronomische
Kenntniße, die sie hier nie erlangen konnten. Die Neigung
der cultivirten Völker zurückzukehren zu dem sogenannten
Unschuldszustande, die wir schon in Tacitus Germania
ausgesprochen sehen, diese Neigung wahrscheinlich hat An-
laß gegeben von einer solchen Unschuldsweisheit der Ur-
völker zu reden. Eine natürliche Astronomie, die wir
bei so vielen alten Völkern finden ist nicht wunderbar,
warum will man denn glauben, daß die Abtheilung der
Jahre etc: von einer Nation zur andern hätte kom̃en müssen;
es gehört zu ihrer Erlangung nur einige Aufmerksamkeit.
Die Naturweisheit der Urvölker, die durch nichts Geschicht-
liches bewiesen wird, gehört in eine Sphäre des Glau-
bens, die diesen Vorlesungen fremd bleiben muß.
Von Norden her wollen alle Völker ihre Kenntniße erlangt
haben, so z. E. die Indier deren Braminen aus dem Himalaja
sollen gekommen sein, die Chaldäer, die Griechen, die
Mexikaner und Peruaner. Daraus wird folgen, daß
mehr Kenntnisse von den nordischen Völkern nach dem
Süden wanderten als umgekehrt.
Das Resultat aller dieser Betrachtungen ist: daß
wir an rohen Völkern ein Gefühl von der Einheit der Na-
tur finden, aber Kenntniße des Einzelnen vermissen.
(So ist die schönste Blüthe der Poesie, das Epos, die frühste
gewesen.) Wenn es uns als ausgemacht erscheint, daß
es kein Urvolk gebe, so können wir auch nicht mit Ge-
wißheit unterscheiden bei welchem Volke sich die ersten
Spuren der Naturkenntniß vorfinden. Babel, Meroe,
Indien und andere Orte werden als solche Ursitze der
Wissenschaft genannt, mit welchem Rechte, das lassen wir
dahin gestellt sein. So schwer es ist zu sagen welche von
den vielen leuchtenden Sternen die nähern sind, welche
die ferneren, eben so schwer ist es zu bestimmen welche
von diesen verschiedenen Kulturschichten uns näher liegen,
welche ferner.
Die Fortschritte in der Naturerkenntniß bewirken:
1., große Weltbegebenheiten, 2., einzelne Bestrebungen ein-
zelner Männer 3., die Erfindung neuer Organe, oder sol-
cher Instrumente wodurch man tiefer in die Natur bli-
cken kann.
S. 29
Wir nehmen 6 Hauptabschnitte in der Erwerbung der
Naturerkenntniß an und zwar 4 der alten 2 der neuern
Zeit.
Unter den Joniern gründete Thales sein Sÿstem
auf sinnliche Anschauung; unter den Doriern treten, der
Eigenthümlichkeit dieses Namens gemäß, ernster und
großartiger die Pythagoräer auf. Unter den Jonischen
Naturphÿlosophen leitet Thales alles aus einem Urvolkedem Feuchten,
Anaximenes alles aus der Luft ab, Anaximander be-
hauptet einen Grundstoff der zwischen beiden Wasser u Luft ist. Diese
Naturphÿlosophen stellten zuerst die Idee auf eines Verdickens
und Verdünnens, wie sie es nennen, und worunter sie
etwa unsere Attraction und Repulsion verstehen. Sie betrach-
teten noch nicht jeden Planeten als ein Ganzes, sondern viel-
mehr das ganze Planetensÿstem war ihnen ein solches
Ganzes in welchem die untern Theile die verdickten, die
oberen (die Feuerkugeln selbst) die verdünnten waren.
Da alles ihrer Theorie nach aus einem Grundstoff her-
geleitet wird so ahnten sie schon, daß es keine Hetero-
geneität der Stoffe gäbe, sondern daß alles auf Eins
zurückgeführt werden könne. So waren dem Empedocles
die Elemente selbst nicht einfache Stoffe, sondern zusam̃en-
gesetzte. In neuerer Zeit hat man diese Ideen, aber
mit weniger Glück wieder aufleben zu lassen versucht.
Indeß betrachteten die Jonischen Phÿlosophen die Natur
nicht immer so im Allgemeinen, sondern auch im
Einzelnen, wie z. E. Empedocles die Vulkane.
Der Pÿthagoräische Bund, ein Dorisches Institut,fehlt
war großartig und ernst. Doch auch mit den Joniern
hängt Pÿthagoras durch Pherecides zusammen. Als
der Bund zerstört ward, fingen die Pÿthagoräer an
zu schreiben; allein nur von Philolaous (edidit. Boeckh.)?
richtig
haben wir noch etwas übrig und nur von ihm können
wir unsere Charakterschilderungen dieser Secte
hernehmen. So sÿmbolisch auch alles scheint, so können wir
sie doch Phÿlosophen des Maßes und der Harmonie neñen,
denn bei ihnen finden wir zuerst eine Anwendung der Ma-
thematik auf Naturkunde, eine mathematische Sÿmbolik.
Zu Grunde liegt ihrem Sÿstem die Idee daß alle Natur-
erscheinungen von Maaß und Ziel abhängen. Die Mei-
nungen der Pÿthagoräer vom Weltbau haben auf Coper-
nikus gewirkt, freilich nicht als Sÿstem des Philolaos
selbst, sondern vielmehr das was spätere Schriftsteller von
ihm schloßen. Denn nach diesem lag die Sonne nicht in
der Mitte des Planetensÿstems, sondern sie ist ihm ein
Spiegel der die Strahlen des Centralfeuers oder Welt-
heerdes auf die Erde hinwirft. Anklänge des Pÿthagoräischen
Wissens finden sich bei Plato, namentlich in seinem
Timaeus; er mogte sie aus Großgriechenland mit-
gebracht haben. Bei Plato unterscheiden wir 1., sSeine
scharfsinnigen Erkenntniße der einzelnen Naturerscheinun-
gen; so erkannte er zuerst den Zusammenhang unterir-
dischen Feuers und Wassers (Periphlegeton) dessen
Theile die Vulkane seien. Das Mittelmeer betrachtete
er wie eine große Niederung um die die Griechen,
wie die Frösche lebten; er träumte von zertrümmerten
Inseln etc: 2., Bloß nationelle Ansichten, die aber sehr
dunkel und undeutlich erscheinen. So unterschied er Ge-
birgsarten die durch die Wasser entstanden und andere
die dem Feuer ihr Dasein verdankten.
Vor Alexanders Expedition nach Indien kamen wenig
Producte der Tropenwelt zu den Hellenen. Südlich von
Cÿrene breiteten sich Sandwüsten aus und der Theil
Nubiens den sie kannten ist ein baumarmes Land, das
wenig schöne Früchte bringt. Selbst die Gegend des Aus-
flusses des Indus liegt noch außer der Tropenwelt.
Allein in den großen Landstücken die aus der Tropenzone
in die gemäßigten sich erstrecken, finden sich die Tro-
pengewächse auch weiter fortgepflanzt, über die Tropen-
zone hinaus; so finden wir es in Amerika und so auch
giebt es in Indien bis 32–35° nördlicher Breite Tropenpflanzen.
Die Hellenen kannten nur einzelne durch den Handel.
Einzelne Anklänge wahrer Kenntniß gab es theils
bei Herodot, der die Bambusa beschreibt, theils durch
Ktesias, der als Leibarzt sich in Persien aufhielt, aber
des Vorrechtes der ersten Reisenden: Wunderbares statt
des Wahren zu geben, sich oft bediente. Durch seine Wun-
dererzählungen soll Alexander zuerst die Lust bekommen
haben die Gegenden der Wunderwelt selbst zu besuchen.
Der Eindruck den seine Expedition gemacht hat, läßt sich
nur vergleichen mit dem, welchen später die Entdeckung
Amerikas in der cultivirten Welt machte. Man
lernte durch sie zuerst die ungeheuren Bäume kennen,
deren Gipfel kein Pfeil erreichte, die großen Thierge-
stalten wurden dadurch zuerst den Griechen bekannt.
Man lernte nun zuerst die Mousonen, die sonderbaren
Winde kennen; man sah daß das Steigen und Sinken
des Flußes nicht bloß dem Nil angehöre, obgleich Nearch
zuerst dieser Erscheinung und der vielen Krokodille
wegen den Indus für den Nil hielt. Man erkannte
zuerst den Einfluß des Klima’s auf die verschiedenen
Menschenracen, denn man wunderte sich, in Indien
troz der Hitze keine Schwarzen zu finden, und schrieb diese
Erscheinung der feuchten Hitze zu die hier herrschte, statt
daß sie in Aethiopien trocken war. Von der Weisheit
der Hindus, ihrer Algebra und Naturkenntniß lernte
Alexander freilich nichts, denn er drang nicht in den Theil
vor, wo größere Kultur herrschte; diese konnte erst am
Ganges gefunden werden. Erst Seleucus Nicator stellte
hierhin eine Expedition an und brachte 500 Elephanten mit.
Wie Alexander Naturproducte von den Indiern kennen
lernte, so von den Chaldaeern astronomische Kenntniße.
Kallisthenes soll 1900, von den Chaldaeern beobachtete
Eclipsen aufgezählt haben, doch spricht Aristoteles hiervon
nicht. Mit diesem Manne hängt Alexanders Expedition
eng zusammen; seine naturhistorische Kenntniße sind die
Früchte jener Expedition. Sein Bestreben ist nicht sowohl
die Begründung eines allgemeinen Naturwissens, son-
dern er beschäftigte sich mit Naturbeschreibung; er war
ernst aber nüchtern. Es fehlen uns vielleicht diejenigen
seiner Werke, welche allgemeine Ansichten enthalten.
Was wir von ihm haben beschränkte sich auf Naturgeschichte,
Naturbeschreibung und generelle Ansichten. Derselbe
Geist des Sammelns pflanzte sich auf die Alexand[r.]rinische
Schule fort. Die Ptolomäer stifteten Sammlungen,
Bibliotheken und besoldeten eine Menge Gelehrten. Als
Aegÿpten römische Provinz ward, ging dieser Geist des
Sammelns auf die Römer über. Strabo, unter AugustStrabo
zeichnet sich besonders hierin aus; er dinringt immer auf
die Erkenntniß der Producte und sucht aus ihrer Gestalt
die Klimate zu erkennen. Früher hatte schon diese Idee
Diodor-Siculus von Sizilien. Plinius hat das groß[e]artigste Unter-
nehmen einer Weltbeschreibung im Alterthum gewagt.
Der Plan ist herrlicher freilich als die Ausführung. Es war
eine kolossale Idee alles, Natur und Kunst im ganzen Um-
fange zu verbinden. Im Anfang handelte er von den all-
gemeinen meteor[unleserliches Material]ologischen Ideen, von der großen Welt-
ansicht der Gestirne; dann will er auf das Specielle über-
gehen und spricht von den Menschen und dem was sie treiben.
Am Schluß kommt er auf die vergleichende Naturgeschichte
zurück. Hier führte er die Ideen aus daß die Milde des
Klima’s in gemäßigten Zonen der Entwickelung mensch-
licher Fähigkeit am günstigsten sei. Sein Ernst nun,
ward nicht fortgesetzt. Die schwärmerischen Neo-Platoni-
ker und Gnostiker etc: haben den guten Einfluß gehabt,
daß sie wieder zum Gefühl der Einheit zurückführten.
Das Studium der geheimen Kräfte brachte sie auf das
Studium der Chemie und die Vorliebe der Araber für
diese Wissenschaften schreibt sich von diesen noch her; der
Name Chemie findet sich zuerst im Plutarch de Iside,
er ist gebildet von dem Koptischen Chame Landesname
Aegÿptens, [fremdsprachliches Material – 2 Zeichen fehlen] schwarz, also pr: die Kunst aus Aegÿpten.
In jener Zeit da aus dem Oriente fremde Völker ver-
heerend in den Occident einbrachen, erhält sich noch Grie-
chenland, im Vergleich mit dem abendländisch-römischen
Reich bei weitem am hellsten, während jenes durch die Ein-
fälle der Hunnen und Vandalen verfinstert wurde.
Germanische Stämme mit gelbem Haar und blauen Augen,
die eine, der unsern ähnliche Sprache redeten, wohnten
wie Klaproth gezeigt, im Central-Asien um den Bai-
kal-See bis an die westliche Gränze China’s hin. Diese wurden
durch chinesische Dÿplomatik angereizt sich auf die Hiong-
Hio-gnu
ein türkischer
Stamm
hu’s zu stürzen, welche westlich von ihnen saßen und tür-
kischer Abstammung waren. So beginnt schon 260 a. C.
die große Völkerwanderung. Die Hiong-hus drängten
noch mehr nach Westen und so wurden Alanen und Gothen
vorgeschoben, in die sich von Norden die Hunnen, Finnischen
Stammes, ergoßen. Durch diese Völkerzüge kam Nacht
auf die abendländische Welt. Nicht aber so durch die Ara-
ber einen s[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]emitischen Stamm. Schon vor vielen Jahrhunder-
ten waren diese ins nördliche Afrika eingefallen, und
hatten sogleich nach ihrem Einfall, ein Beweis ihrer Kraft,
die Dÿnastie der Hÿksos in Memphis gegründet. Von jeher
waren sie auf ihrer Halbinsel hin und her gezogen, bis
sie endlich vom Ganges bis weit hinaus über die Säulen
des Herkules herrschten. Ihr eigenthümlicher Charakter
hat sich noch kürzlich in den Wechabiten gezeigt; sie sind
unwissend aber nicht roh und lieben leidenschaftlich die
Natur. Daher hat sich ihre Kultur besonders auf Natur-
erkenntniß geworfen. Sie kamen indeß nicht wie ein
rohes Volk nach dem Westen, sondern schon vor Muhamed
gab es Keime der Civilisation unter ihnen. Durch grie-
chische, von der katholischen Kirche vertriebenen Aerzte die
in Mekka sich niederließen mochten sie angeregt sein.
Vor dem Propheten schon blühte bei ihnen die Dichtkunst,
die durch dichterische Kampfspiele in Mekka und Okkad
gebildet ward. Es glänzte als Dichter Antar. Den höchsten
Flor erhielt ihre Civilisation als die Abbaßiden das Ca-
liphat erhielten. Die Schulen von Mosul und BactraBagdad,
Bibliotheken nach dem Muster der alexandrischen wurden
von ihnen gestiftet. Sie cultivirten sich durch die Ein-
wirkung der aegÿptischen Schule und griechische Flüchtlinge
vermehrten ⎡ihre Cultur. So hat Griechenland immer, selbst
in seinem Unglück Lichtstrahlen über die andern Völker
ausgegossen. Die Araber haben den Himmel beobachtet
und die Pflanzenwelt; sie studirten Chemie und erfanden
neue Instrumente und maßen die Erde in den Ebenen
von Mesopotamien und endlich sind sie es, welche die in-
dischen Zahlen in Europa einführten die sie saec: 13 in
Persien kennen lernten. Sie haben zuerst richtige
Kenntniß der Optik und Refraction gehabt und haben
Schriften des Alterthums beseßen die uns noch fehlen;
so kennen wir z. E. Ptolomaei Optik nur aus arabisch-
lateinischer Version. Die Uebersetzung alter griechischer
Werke hielten sie für so wichtig, daß die Kaliphen einen
besonderen Uebersetzungsausschuß hatten. (Das Medium
zwischen beiden Sprachen war das Ph[e]önizische.) Im All-
gemeinen indeß war ihr Streben ganz practisch. Theo-
rien gaben sie nicht, sondern sie verbesserten nur was
sie etwa theoretisch vorfanden z. E. die alten astronomi-
schen Tafeln. Es war dieß auch natürlich, denn allen Völ-
kern des Islams fehlt Freiheit des Geistes. Am wichtig-
sten indeß waren ihre chemischen Entdeckungen. Sie ent-
deckten die Säuren, Salpetersäure und Königswaßer;
sie haben zuerst die Idee gehabt zu destilliren und hierdurch
erfanden sie: Naphta, Brantwein, Alkohol und Queck-
silber-Oxcÿde. (Das Rosenöl, das man gewöhnlich als
erstes Product ihrer Destillirkunst nennt, ward später
erfunden.) Sternwarten errichteten sie in Persien z. E.
Mongolenin Samarkand und in Spanien, wo von ihnen auch die
astronomische Kunst blieb; so versam̃elte Alphons X von
Castilien, von dem ein spanischer Dichter singt er habe
über den Himmel die Erde verloren, einen Congreß
von christlichen, jüdischen und muhamedanischen Astronomen,
welcher die Alphonsinischen Tafeln machte.
Sie und ihre Entdeckungen füllten den großen Zeit-
raum aus von 640–1236 p. C. Was später von ihnen
in Granada übrig blieb, verarmte bald und vermogte
den frühern Glanz nicht mehr hervorzubringen. Diese
arabische Bildung ging auf einige Spanier über von
denen wir nur nennen: ⎡Raimundus Lullus von Majorca,
Doctor illustrissimus genannt; ferner ⎡ doctor
admirabilis, Roger Baco, Raimundus Lullus u. a. m.
4te Epoche war die Entdeckung von Amerika. Veorbreitereitet
wurde sie durch das Aufblühen des italischen Handels und die
Anregung geistiger Kräfte, welche von den freien Städten
Italiens ausgetht; durch die Erfindung der Buchdruckerkunst
und des Lumpenpapiers 1426 und durch das Studium der classi-
schen Literatur das durch dieselbe angeregt ward. Apulien
und Calabrien war lange Zeit noch unter bÿzantinischer
Herrschaft gewesen und daher waren schon früh Griechen
nach Italien gekommen. Unter den Italiänern nennen
wir nur als Hauptwerkzeuge dieses neuen geistigen Lebens
Petrarca und Boccacio. Den Einfluß den ein frei-
eres Sprachstudium auf die Gemüther ausgeübt hat,
braucht man nicht erst zu schildern.
Die Entdeckung Amerikas saec: 15 war nicht die erste.
Scandinavische Schiffer hatten es schon 1003 entdeckt. Jörke
und Leith fanden zuerst Neufundland, welches sie von
einer Art Weinreben, die sie vorfanden, Winland nañten.
1390 ?1090 gingen die Brüder ZeelZeen hin und entdeckten einen Theil?
der vereinigten Staaten, den sie Grojeo nannten.
Außer diesen frühern Entdeckungen, eröffneten ein-
zelne Reisen von Mönchen und namentlich die Reise des
Venetianers Marko Polo größere Ansichten der Welt und
ein Streben dieselbe näher kennen zu lernen. Aber
diese Landreisen können keinen so lebendigen Einfluß
gewinnen da sie von Einzelnen angestellt wurden, als See-
reisen die neue Bevölkerungen in die entdeckten Länder
brachten. Der Theil der Erde von den Azoren bis gegen
die östliche Küste Asiens w[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ar
Diese Entdeckung Amerikas trifft zusammen mit
3 andern Weltbegebenheiten: die schönsten Gebilde alter
Kunst kamen aus ihren Gräbern hervor, der Laokoon
der Apoll und der Torso wurden aufgefunden; die Re-
formation gab dem Geiste Freiheit und Stärke und
endlich entdeckte damals Kopernicus das neue Weltsÿstem.
1507 schon hatte er sein Werk de orbium coelestium re-
gionibusrevolutionibus
?
vollendet, obgleich es erst 1543 heraus kam.
Kopernicus glaubte das Sÿstem des Philolaos herzu-
stellen, durch das Buch des mÿstischen Capella: de nuptiis
Venerisphilologiae
? et Mercurii begeistert; doch hatte er den
Philolaos mißverstanden, denn dieser setzt nicht die
Sonne in die Mitte des Sÿstems. Das Werk des Ari-
starch von Samos wurde erst 1 Jahr nach Copernicus
Tode gefunden.
Durch Amerika’s Entdeckung ward zuerst ein Conti-
nent gefunden, der von 50° N. B. sich bis zu 50° S. B.
erstreckt. Hier sahen die Menschen zuerst Schnee unter
dem Aequator, denn in Afrika wo man dasselbe hätte
finden können, war man noch nicht bis zum Mondgebirge
vorgedrungen. Damals erkannte man zuerst den Einfluß
der Höhe auf die Temperatur. Damals entstanden die
merkwürdigen Diskußssionen über die Menschenracen
denn damals auch hatte man in Afrika die verschiedenen
Völker kennen gelernt. In Amerika aber hatte man
ein ganz abgeschlossenes Menschengeschlecht gefunden und
warf nun die Frage auf, warum da kein Negervolk
sich finde. Man stritt darüber mit vieler Heftigkeit u[.]nd
glaubte diese Menschen seien, eben so wie ihre nreißenden
Thiere, die sie als Junge mitgenommen, aus Asien gekommen.
Was der menschliche Verstand nicht alles ersinnt!
Die Entdeckung von Amerika hatte auch einen großen
Einfluß auf die richtige Ansicht von den Vulkanen.
Man glaubte zuerst Wasservulkane gefunden zu haben,
da sich die Berge Amerika’s zu solcher Höhe erheben, daß
geschmolzene Wasser aus ihrem Innern hervorbr[a]echen.
Damals auch wurden die großen Strömungen entdeckt,
namentlich der Golfstrom. Ueber ihn schrieb: Petrus Martÿr
de augiera?
Angiera Anfang des 16ten saec. Auch ein neuer Him-
mel wurde damals von den Menschen gesehen. Die Schif-
fer wurden aufmerksam auf die m[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]agell[a]nischenmagellanischen Wolken;
es sind dieß nicht eine Milchstraße sondern 2 große Nebel-
flecken die keine Zone bilden. Schon früher waren sie
den Arabern bekannt. Auch die schwarzen Flecken (ca-
nope nennt sie Magellan) wurden damals zuerst von
den Europäern gesehen. 2 Bücher die Anfang saec: 16
erschienen sind am interessantesten, nemlich Akosta’s
Naturgeschichte und Petrus Martÿr de augieraAngiera?.
Nach dieser Weltbegebenheit, deren Folgen mit un-
begreiflicher Schnelligkeit fortgingen und sich ausbrei-
teten, ist kaum eine andere noch zu nennen. Die
Kenntniß des Luftstroms auch der von Ost nach West ge[unleserliches Material]ht
und den wir gewöhnlich Paß⎡ssatwind nennen, haben
wir Columbus, Poccode und Magellan zu danken.
Auch Columbus schon fand, daß die Magnetnadel in ihren Ab-
weichungen vom Pol überall gleich sei. Die durch alle
diese Entdeckungen erzeugte neue Kultur trat nun an die
Stelle der scholastischen Phÿlosophie. Auch Bruno ein Pan-
theist im Sinne der EleaotenEpikuräer trug hierzu viel bei.
Auch
zu mannichfachen chemischen Experimenten führte die Entde-
ckung Amerika’s, denn ihrer bedurfte man zur leichten
Gewinnung der Metalle, s. So ward denn damals die Amal-
gamation entdeckt, durch welche man mit Hülfe des
Quecksilbers Silber und Gold ausscheidet. Als Gegner der
scholastischen Phÿlosophie, die sich mit Unrecht eine aristotelische
nannte, wirkten besonders, Jordanus Bruno der sich in
Chemie und Astronomie auszeichnete und einer der ersten
Anhänger des Copernikus war. Indeß neigte er sich zu
einem eleatischen Pantheismus, indem er die Welt als
ein Thier betrachtete. Er ward in Genf verketzert und
nachher in Venedig verbrannt. Deann der Kanzler Baco
welcher schrieb de arugumentis scientiarum. Er ist practi-
scher als die andern, fand nichts neues, lieferte aber zuerst
einen Schematismus wie man die Natur betrachten soll;
dann Campanella welcher sich auszeichnete als antischolasti-
scher Phÿlosoph durch sein Buch de phÿlosophia instauranda.
Als 5te Epoche betrachten wir die Erfindung neuer phÿsi-
kalischer Instrumente von 1590 bis 1643. Man versuchte
nemlich bald nach der Entdeckung einer neuen Erdhälfte,
das gegebene weite Feld genauer kennen zu lernen, und
fand bald neue Organe auf. Die wichtigsten Erfindungen
sind:
Durch die erweiterte Schiffahrt und größere Zugäng-
lichkeit der Erde und durch die immer wachsende Zahl der
Instrumente müßusten sich nach dieser Zeit auch die Entde-
ckungen häufen und daher wird es d[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]enn schwerer sie alle
aufzuzählen, je näher man der neuern Zeit kommt.
Wir nennen nur:
Endlich als 6te Epoche stellen wir Cook’s Entdeckungsreise
und seine Auffindung Neuhollands auf. Außer den neuen
Erfahrungen die dadurch für Naturgeschichte und Astronomie
gemacht worden, ist sie merkwürdig, weil sie eigentlich zuerst
eine Expedition war, die ausging auf Erweiterung der phÿsi-
kalischen Kenntniße. Die Temperatur der Luft und des
Meeres, so wie die magnetischen Linien wurden genaue[r] bestim̃t.
Freycinet u. Duperrey
Forster hatte das Verdienst das Neuentdeckte in einem Na-
turbilde darzustellen. Für die Geographie hat Cook nichts
gethan, denn damals waren noch nicht allgemeine geognosti-
sche Ideen aufgestellt worden. Seine Reise aber gab An-
stoß zu allen folgenden Reisen, welchen jetzt nicht mehr
Hauptzweck die geographische Entdeckung war. Dufresne
und viele andere gingen bloß aus um phÿsikalische Ent-
deckungen zu machen, und dies gelang denn auch immer besser,
da man immer mehr neue phÿsikalische Instrumente erfand.
Der Spanier Spina (?) fand zuerst, daß die südliche He-
misphäre nicht abgeplatteter sei, als die nördliche.
Einen eigenthümlichen Character erhalten die neuern
Bestrebungen durch die Landreisen. Gingen diese auch nicht
so weit wie die arabischen im Mittelalter und waren sie
auch räumlich nicht so groß und umfassend, so sind sie
doch wichtiger geworden, weil die Menschen mit neuen
Organen ausgerüstet, sie antraten. In Asien reisten
Pallas?Davis, Niebuhr u. a. m. und fanden daß das Himala-
jagebirge höher sei als die Andes, ja vielleicht 9–12000
Fuß [H]höher. In Europa machte z. B. Saussure und mit ihm
viele andere wichtige geognostische Entdeckungen. Afrika
durchreisten Mungo-Park, Bruce, Hornemann, Lichtenstein,
Barrow, Le-Vaillant etc: Durch die geognostischen Be-
strebungen fand man denn auch Fingerzeige für die
Theorie des Erdbaues. mMan entdeckte organische Geschöpfe
einer Vorwelt; so namentlich zeichneten sich in dieser Hin-
sicht aus Cuvier, Brolland, v SchörerCuvier, Brogniart, v. Schlottheim u. a. m. eEs
wurden neue Arten von Gebilden gefunden die über der
Kreide lagen, die Phaecieren-Gebilde. Die Geognosie gab
Aufschlüsse über die Verhältniße der Vulkane und Erhe-
bungen von Inseln und Bergen, was v. Buch auf ganze
Erdtheile anwandte, so daß er gezeigt hat, daß die Form
des festen Landes nicht bestimmt ward durch das Zurückweichen
der Ge[unleserliches Material]wässer, sondern vielmehr durch Erhebungen des Continents.
Alle diese Ideen, die sich auf die Construction der Erde be-
ziehen, sind befestigt worden durch neue Entdeckungen in
der Phÿsik. In Italien erfand man die Voltaische Säule
und den Galnvanismus; sie ward besonders wichtig seit
Bercelius die wichtigste Anwendung von derselben ge-
⎡Oerstädt, Seebekmacht hat. OesteschOerstedt und Seebeck entdeckten die Iden-
tität der electrischen Kräfte und in der Chemie leisteten
viel Lecoq, Montagne, Saussure, Erman, Dalton
Wells und Gay-Lussac.
Um die Zeit des Endes des 18ten saec. fällt die Entde-
ckung der Raum durchdringenden Fernröhre durch Dollond,
Herschel und Frauenhofer. Durch sie wurden aufgefunden,
der Uranus und die unserem Planetensÿstem angehörenden
Kometen; dann die Doppelsterne, oder die Bewegung
2er selbstleuchtenden Körper um einander oder um
einen dritten. Die Entdeckung neuer optischer Erscheinun-
gen hat hierzu noch beigetragen. Durch die Erscheinung der
unfarbigenfarbigen und unfarbigen Polarisation (?) ist es ge-
lungen zu entscheiden, ob ein Stern von sich das Licht hat oder
von einem andern; ob das Leuchten von einem Gasartigen
oder andern Lichte herrührt.
Die neusten geographischen Entdeckungen sind bis in die
Polargegenden ausgedehnt und wenn man gleich 26° noch
hat, so ist doch mancherlei schon früher bestimmt; z. E. ist da-
durch wahrscheinlich gemacht, gegen die bisherige Annahme,
daß am Südpol weniger Eis sei, als am Nordpol. Die Ent-
wickelung der Intelligenz hat gleichen Schritt gehalten mit dem
phÿsischen Wissen. Früher war das nicht der Fall, denn die
Menschen konnten sich nicht weit genug ausbreiten. Die
Civilisation ist jetzt auf größere Räume verbreitet und
die Völker helfen sich wechselweise fort, indem sich jedes
mit einem andern Zweige des phÿsikalischen Wissens beschäftigt.
Die Fortschritte in einzelnen Wissenschaften gehen immer
stoßweiße und was noch dunkel geblieben ist in der Geog-
nosie und Meteeorologie wird vielleicht durch die glückliche
Entdeckung eines einzigen Tages in dem Laboratorium
des Chemikers oder dem Kabinett des Phÿsikers aufgehellt
werden.
S. 46
Diese sind entweder eignes Studium der Natur, oder
Studium der Schriften in denen die Beobachtungen gesam̃elt
sind.
Was ein einzelner Beobachter sehen kann, ist natürlich
gering in Vergleichung mit dem was während so vieler
Jahrhunderte beobachtet ist. Wenn es daher sehr wichtig ist
die Beobachtungen zu sammeln, so ist es doch auch nothwendig
sich mit irgend einem Theil der Naturwissenschaften zu be-
schäftigen, denn nur so vermag man das, was andere beob-
achtet haben verstehen lernen. Für diejenigen welche
viel Muße haben und Zeit genug darauf verwenden können
ist das Studium aller Reisebeschreibungen, aller einzelnen
Abhandlungen das wichtigste, denn nur aus dem Speciellen
kann das Generelle erkannt werden; wer weniger Muße
hat muß sich an den Sammlungen anderer halten.
Die älteste phÿsikalische Geographie lieferte Mitte des
17ten saec: BareniusVarenius s. oben. Er verwechselt häufig das Spe-
cielle mit dem Generellen und hat den Stoff nicht genug
unterschieden.
Veraltet ist: Lulot Einleitung zur Erdbeschreibung aus
dem holländischen v. Kaestner 1755.
Neuer: Kants phÿsikalische Geographie 2 Werke, fortge-
setzt von Ring und Vollmer . 6 Bände.
Besser: Langeerde 4 Bände voll Theorie.
Maltebrun geographie universelle 1812; eine geist-
reiche Behandlung der phÿsikalischen Erdbeschreibung, hat
aber auch das Specielle mit dem Generellen verwechselt.
Seine Aufmerksamkeit auf das Organische ist sehr zu rühmen.
Vater Grundriß der Phÿsik 1814.
Grundstaett und Menke 1810 dasselbe ; Erde in der neuen
Ausgabe von Gähler’s phÿsikalischem Wörterbuch . Link’s Be-
trachtungen über die Urwelt folgt eine phÿs. Erdbeschreibung
v. Halle Welträume.
Laplace sÿsteme du monde
Schuberlt’s u.nd LitropLittrows astronomische Werke.
Auf v. Horst’s geistreichen Phÿsikalischen Theil der Weltgeschichte
folgt eine Geschichte der durch Ueberlieferung nachgewiesenen
natürlichen Veränderungen der Erdoberfläche 1822–24. 2 Bände.
Ein ganz ausgezeichnetes Werk das keine andere Litera-
tur hat ist Uker’s mathematische und phÿsikalische Erdbeschrei-
bung der Griechen und Römer 1816–21.
Ein Zweig der Literatur neuster Zeit ist die aesthetische
Behandlung großer Naturscenen geworden. Diese sowie
die botanischen Gärten haben mächtig zu dem Streben ange-
regt, fremde Länder zu sehen. Auch ein neuer Zweig der
Landschaftsmalerei ist jetzt aufgeblüht der sich mit der in-
dividuellen Darstellung der Pflanzenformen beschäftigt.
In früherer Zeit waren die Strebungen, Gegenden zu be-
schreiben, nur bei Dichtern zu suchen, nicht bei Prosaikern,
wo höchstens einmal Schlachtfelder oder Wohnsitze roher Völ-
ker beschrieben wurden. Die Alten kannten den Genuß der
Natur, aber er bildete keinen Hauptzweig der Literatur;
die Landschaften waren ihnen nur ein Hintergrund.
Bei den Indo-germanischen Völkern finden wir mehr
das tiefe Gefühl für die unbelebte Natur. Als den ersten
Versuch sie zu beschreiben, nennen wir des Kardinal
Bembo Werk, Beschreibung der verschiedenen Schichten der
Vegetation die er beim Ersteigen des Aetna gesehen un-
ter dem Titel: Aetna dialogus beschrieben. Andere ähnliche Beschrei-
bungen finden sich in seinen großen historischen Werken.
In neuerer Zeit hat Georg Forster eine solche Behandlung
mit Geschmack gewagt, in seiner Beschreibung der Südsee-
inseln, Bernhard de St. Pierre in dem Roman Paul et
Virginie; Chauteaubriand in seiner Beschreibung der Ue-
berschwemmung des Missisippi und in seiner Reise nach
Griechenland p. Ferner Goethe, dessen tiefes Gefühl für
Schönheit alles durchdringt, und der sich noch besonders be-
schäftigt hat mit speciellen Theilen der Naturerkenntniß.
Es hat indeß diese aesthetische Naturbehandlung auch auf
Abwege geführt; manche haben poetisch erzählen wollen
und sind unwahr geworden. Bei der Schilderung großer
Gegenstände ist fremder Schmuck immer gefährlich. Analog
diesem neuen Zweige der Literatur, ist der neue Zweig
der Landschaftsmalerei, der sich auf die characteristische
Darstellung der Pflanzen geworfen. Bei Römern und
Griechen ist die Landschaftsmalerei höchstens zu dramati-
schen Zwecken oder zum Hintergrund historischer Gemälde
benutzt. Selbstständig ausgebildet wird sie zuerst in der
van Eÿk’schen Schule. Heinrich v. Bloss versuchte
zuerst die historischen Figuren zu verkleinern und die
Landschaft zur Hauptsache zu machen. Mediosaec: 16 ent-
wickelte sich diese Kunst freier in Italien. Erst med:
saec: 17 hat man angefangen mit Wahrheit exotische Na-
Koes
1642
?
turerscheinungen zu mahlen, so stellte Franz Boos
der mit dem Grafen v. Nassau nach Brasilien ging
den Amazonenfluß dar. Hodges Cook’s Maler, Daniel’s
Portsmouth
n. Calcutta
Reise von Plÿmouth nach Canton u. a. m. In der Darstel-
lung der Pflanzenform hat es am weitesten gebracht Hou-
gendorf, der kürzlich nach Brasilien reiste. Man kann alles
dieses als eine Erweiterung der Weltansicht ansehen und
?
Rugendas⎡
die Schilderungen Forster’s , der Anblick des Drachenbaums
im botanischen Garten und Hodges Bilder haben mich selbst
zum Antritt meiner Reise bewogen.
S. 50
Die Weltbeschreibung ist definirt als Betrachtung des
Geschaffenen. Es drängen sich hierbei von selbst 3 besondere
Betrachtungen auf:
Betrachtung der Anhäufung der Materie:
Wir gehen darauf aus, zu sehen wie die einzelnen
Stoffe im Weltraum vereinigt sind. Hier ist uns zuerst
auffallend wie so verschieden die Weltkörper an Größe
sind; der kleinste Planet Vesta hat einen Durchmesser von
59–60 Meilen, die Sonne dagegen 3300 Meilen. Der große
Die Materie welche den Raum erfüllt macht sich
auch in der größsten Entfernung sichtbar. (Thierkreislicht.)
Andere sichtbare Massen sind die Nebel welche die Dunst-
räume der Körper umgeben und welche Herschel Nebel-
flecke genannt hat d. h. solche dunstförmige Massen in
welche kein consolidirter Körper eingesenkt ist. Wenn man
sie 8–900 mal vergrößert erblickt, erhält man immer
noch dieselbe Glanzerscheinung. Durch Schließen kann man
noch aus andern Gründen auf die Existenz der Dünste kommen.
Wenn wir uns nemlich vorstellen daß, je stärker die
Fernröhre sind desto mehr die Maßssen zunehmen, so kommt
man auf die Idee, daß wenn es kein Hinderniß im Welt-
all gäbe, aus jedem Theile desselben die Sterne uns Licht zu-
senden müßten. Das ganze Himmelsgewölbe müßte also
vollkommen Sternhelle haben; da dies aber nicht der Fall
ist, so schließt man, daß diese Materie sehr schwächend ist;
es ist der dunstförmige Stoff, der sich noch nicht zu Welt-
körpern gebildet hat. Eine andere Ursache kann man
aus der Wiederkehr der Kometen ableiten.
1.
Beschaffenheit der Materie selbst nach der Art ihrer
Verdichtung.
S. 52
Der Zustand der Materie kann ein 3 facher sein:
starr, tropfbar-flüßig, elastisch-flüßig. Es findet sich eine
jede dieser 3 Formen auf der Erde. Die flüßige Maße
sehen wir im Ocean und wahrscheinlich findet sie sich
auch im Innern der Erde. In der Tiefe von 48 Meilen
muß sich eine Hitze von 46° Reaumur finden bei
welcher Eisen schmilzt. Sao aber sind nicht alle planeti-
schen Körper. Der Mond scheint bloß starr zu sein.
Seine Atmosphäre ist von solcher Dünnigkeit wie bei uns
unter der Luftpumpe. Das eine haben alle Nebenpla-
neten mit einander gemein, daß sie sich um sich selbst
bewegen und zugleich in halber Zeit um den Hauptplaneten;
allein Atmosphären mögen wohl einige haben z. E. die
Satelliten des Saturn. Wenn der Mond bloß starr ist, so
giebt es andere Körper die bloß gasförmig sind z. E.
die Kometen. Bloße Nebelkörper sind die planetarischen
Nebelflecken die Herschel entdeckt hat. Alle Planeten
jenseits der unneuentdeckten (?) sind auch schon so dünn,
daß sie etwa wie Wasser sein mögen.
Wir kennen eigentlich nur das was in und auf unsern
Planeten ist. Doch wenn die Aerolit⎡hen aus weiter Ferne
kommen, so finden wir auch die chemische Verschiedenheit frem-
der Körper. Gust: Rose hat gezeigt, daß sie Gebirgsarten
sind mit Christallisation. Von unseren Planeten kennen wir
eigentlich auch nur die Oberfläche, die aus vielen heteroge-
nen Körpern besteht; jetzt kennen wir solcher etwa 51.
Die größere Maße bildet Sauerstoff und Kieselerde.
Die größere Quantität des Sauerstoffs ist nicht in der Luft
sondern in den Bergen, in der festen Maße der Erde.
Das Wasser ist aus Sauerstoff und Wasserstoff zusam-
mengesezt; Erdmasse ist wenig dabei. Die Atmosphäre
besteht seiner größeren Quantität nach aus Stickstoff und 1/1000 ist
Kohlen-
säure
(?)
Sauerstoff. In den Anhäufungen des Organischen liegt
der Grund warum sie ihre Verhältniße nicht verändern;
sie machen ein Ganzes aus, in ihrem Innern bestim̃t.
Alle Völker,
alle Sprachen unterscheiden Himmel und Erde, die telluri-
schen Verhältniße von den nichttellurischen. 1., Welcher von
den Himmelskörpern ist unserer Erde am nächsten gekom̃en?
2., Welche Himmelskörper kommen sich am nächsten?
ad. 1. Der Mond ist 48000 geographische Meilen entfernt von
uns und mithin der nächste. Im Jahre 1770 kam ein Komet
unserer Erde am nächsten, der, wäre er nicht so dünn
gewesen, unser Jahr um 3 Tage verlängert hätte. Der
ViedaBielasche ist 17261826 ? nur 2 Mondweiten von uns gewesen.
1783 meinte man unsere Atmosphäre sei vermischt wor-
den mit einem Cometenschweif; man sah den Mond gar
nicht und die Sonne 2 Monate ohne Strahlen; auch spürte
man zugleich bedeutende Erdbeben. Allein, diese Undurch-
sichtigkeit der Luft ward nicht am Aequator beobachtet und
das hätte doch sein müssen, wenn eine Vermischung mit dem
Cometenschweif Statt gefunden hätte. Der Komet von 1819,
der so schnell kam daß man ihn auf einmal mit treff-
Junius
lichem Glanze sah, ist am 26ten Julius desselben Jahres
durch die Sonne gegangen und daher muß sein Schweif
sich mit unserer Atmosphäre gemischt haben. 1453 soll
ein Comet den Mond verfinstert haben und der wäre als
dann unserer Erde am nächsten gewesen. Es findet sich
diese Nachricht in dem bÿzantinischen Schriftsteller Franza;
allein er ward mißverstanden; er hat bloß gesagt: es sei,
als der Mond verfinstert worden, auch ein Comet erschienen.
ad. 2. Das Beispiel größerer Nähe zweier Himmelskörper
giebt uns der innere Saturnstrabant. Er ist nur 27,300
Meilen von seinem Hauptplaneten entfernt. 1767 und 79
ist der Comet von 79 mitten durch das Sÿstem der Jupiter-
trabanten gegangen und doch ist ihre Bewegung nicht ge-
stört worden. Der Comet von 1680 hat sich der Sonne auf
⅝ Mondweiten genähert. Der Ring des Saturn sind zu-
sammenklebende Satelliten; er ist merkwürdig als der
nächste, der nur 5800 Meilen von den Hauptplaneten ent-
fernt ist. Die Doppelsterne sind nicht so nahe wie es
scheint, denn wenn sie uns nur 5 Sekunden entfernt
von einander zu sein scheinen, so ist ihr Abstand doch so
groß als der der Sonne vom Saturn.
Die dunstförmigen Massen nähern sich einander viel mehr.
In einige derselben sind die Sterne hineingesenkt. Die Ge-
schwindigkeit des Lichts ist etwa folgende Größe: von dem
Saturn 2½ Stunde, vom Uranus 3 JahreSt.: vom Rande un-
serer Sternschicht 2500 Jahre; von den Nebelflecken 30–40,000
Jahr. Die Attraction ist bei den dichten Körpern weniger
groß als bei den lockern. Selbst die Körper welche
jenseits unserer Sternschicht liegen üben eine Wirkung
auf unsern Erdkörper aus. Was wir hiervon berechnen kön-
nen geht nur bis zur Entfernung des Saturn. Nicht bloß
Ebbe und Fluth im Ocean, sondern auch in der Atmos-
phäre wird erregt durch die Attraction des Mondes
und der Sonne.
NB. Wir reden nur von dem was ist, nicht aber von den
Gründen warum und wie es ist, welches einer beson-
deren mathematischen Behandlung überlassen bleibt.
Unsere Lage ist zur Erkenntniß der Gestirne sehr
vortheilhaft, indem wir auf einem nicht selbst leuchtenden
Körper und auf einem mittleren Planeten wohnen. Denn wären wir auf einem selbstleuchtenden
Körper so würden wir nichts von den Gestirnen wissen,
indem diese Licht-Atmosphäre den Durchblick verhindern
müssße, wie man in Peru mehre Monate hindurch nichts von
den Himmelskörpern bemerkt wegen einer Verdichtung der
Luft, durch die nur die Sonne als rothe Scheibe zu dringen
vermag. Der Ideenkreis der Menschen würde aber ohne
Kenntniß des gestirnten Himmels viel beschränkter ge-
blieben sein; sie wären gewiß nicht so früh zu religiöser
Begeisterung gelangt, welche zuerst die große Ordnung der
Gestirne angeregt hat; sie hätten schwerlich die Gestalt und
Form der Erde erkannt, die sie nur durch Pendelschwingungen
hätten construiren können; die Schiffahrt wäre ihreer besten
Stütze beraubt gewesen und die Mathematik würde nim-
mer so ausgebildet worden sein. Auf unserer Erde selbst
ist die beste Lage zur Erkenntniß der Gestirne sowohl als
auch der tellurischen Verhältniße der Aequator; denn hier
übersieht man die nördliche wie die südliche Hälfte des
Himmels. Deshalb will auch Herr Herschel jun: mit den
Instrumenten seines Vaters sich auf eine hohe Lage unter
dem Aequator begeben, wo zu jenen Vortheilen noch
die Dünne der Atmosphäre hinzukommt.
Wir sehen unter den Sternen nur 2 Körper als Scheiben,
alle andern bezeichnen sich uns mit mehrfachen Strahlen,
sowohl Fixsterne als Planeten. Im Fernrohr verlieren sich
diese Strahlen, so daß, durch dasselbe betrachtet der Him̃el
fast trauriger erscheint. Etwas Aehnliches findet sich schon
unter den Tropen wo die Atmosphäre reiner ist. Wir haben
hier also Unterschiede zu machen zwischen den Erscheinungen
die in dem Wesen der Himmelskörper begründet sind
und solchen die [in]aus unserer Atmosphäre herzuleiten sind. Die
Fixsterne haben unter den Tropen ganz dasselbe Licht wie
die Planeten. Die Art wie wir bei Anschauung der Ge-
stirne getäuscht werden ist zweierlei: 1., durch Vergrö-
ßerung 2., durch strahlenförmige Polÿgone als welche uns
die Sterne erscheinen (polÿgona stellata). Es kommt
beides her von der großen Entfernung.
ad. 1. Durch das undeutliche Sehen fällt der Kegel des Lichts
nicht in einer geometrischen Figur in die Netzhaut, sondern
dahinter oder davor. Man nennt dies den Zerstreuungs-
kreis des Sternes. Man hat gemeint daß es von dieser
Zerstreuung herkommt, daß, wenn der Mond einen
Stern bedeckt, dieser Stern am Monde zu kleben scheint.
Allein hierfür werden wir später einen bessern Grund
aufführen.
ad. 2. Sonne und Mond werden als Scheiben gesehen, Jupiter
und Venus ersch[ien]einen aber nur durch Fernröhre so. Es wäre
zu wünschen, daß man erführe, ob Sterne die halb so groß
wie der Mond erscheinen sich dem Blick auch noch als Scheibe
darstellen oder nicht? Die Zahl der Strahlen ist verschieden
nach den einzelnen Leuten. Einige sehen 8 Strahlen in re-
gelmäßiger Figur, ich aber nur 7 in unregelmäßiger Figur;
wenn man die Augen zusammenzieht vergrößern sich
die Strahlen etc: Die Art der Suppression zeigt deutlich,
daß die Polÿgonalform bloß vom Kopf abhängt; denn wenn
man z. E. das Auge erhebt, werden die unteren Strahlen
verschwinden und die oberen sich vergrößern. Die Alten
scheinen 5 Strahlen an den Sternen bemerkt zu haben; denn
nach Horapaollon bedeutete ein Stern die Zahl 5 und alle
Hieroglÿphensterne haben 5 Spitzen. Das Funkeln der
Sterne ist nicht Folge der Dünste, die sich in der Atmosphäre
bewegen, denn es ist keinesweges eine Translationsbe-
wegung. Es entsteht, wie Mitschel beobachtet hat, daß
der Stern entweder gar nicht im Augenblick für unsern
Blick existiret, oder daß er Farben hervorbringt; es ist
als wenn der Stern von Zeit zu Zeit verschwindet und vor
dem Verschwinden farbig geworden ist. 5 mal in einer
Secunde hat Mitschel diese Emanation von Strahlen be-
obachtet; er schloß hieraus, daß die Sterne intermitti-
rendes Licht geben. In neuerer Zeit hat man erklärt,
daß es mit dem Phaenomen der Interferenz zusam̃enhängt;
man ist nemlich darauf aufmerksam geworden, daß 2
Lichtstrahlen sich zerstören können. Grimaldi in Bologna
Daß
das Phaenomen des Funkelns der Gestirne mit der Interfe-
renz zusammenhängt wird noch klarer, wenn man sich
nur erinnert der wellenförmigen Bewegung des con-
centrischen Kreises die z. E. entsteht wenn man einen Stein
ins Wasser wirft. Wenn die beiden Bewegungen so auf-
einander passen, daß gerade die eine hinauf geht wenn die
andere hinuntergeht, so wird Ruhe eintreten. Wenn nur
die Strahlen durch ungleichförmig gemischte Luft fahren so
werden 2 Strahlen ungleiche Geschwindigkeit erlangen und
dadurch werden sie sich selbst zerstören. Hieraus läßt
sich auch erklären warum das Funkeln weniger wird
unter den Tropen und auf hohen Bergen und mehr in denS. 62
fehlt
etwas
temperirten Zonen und auf Ebenen. Humboldt hat be-Ich habe be-
merkt, daß in den Tropen die Sterne funkelnd werden
wenn sich die Luft erkältet, (nicht wenn sie feucht wird)
und das Beginnen der Regenzeit kündigt sich so an,
wegen einer größern Electricität der Luft. Die Scheibenwörtlich
funkeln nicht, weil hier ein Lichtpunkt den andern er-
setzen kann. Mit der Interferenz hängen ferner
zusammen: die Erscheinung, daß ein Stern auf dem Mond zu
kleben scheint wenn dieser vor ihn tritt; die farbigen Ringe
und schwarzen Flecken; und endlich die Erscheinung daß bei
einer totalen Sonnenfinsterniß ein großer Ring mehre-
re Secunden lang sichtbar bleibt.
Mit bloßen Augen sehen wir nur die Sterne 1ster bis
7ter Größe. Nach Herschels Beobachtung nun ist es wahr-
scheinlich, daß Sterne 6ter und 7ter Größe 10 Siriusweiten
von uns entfernt sind, und folglich 30 Jahre gebrauchen
ehe ihr Licht zu uns gelangt. Man hat lange behauptet aus
finsteren Orten könne man auch bei Tage die Sterne sehen.
Allein es scheint dies falsch zu sein. HumboldtsIch hat sie
nie gesehen aus den vielen Schachten in denen erich gewesen
S. 63
und er hat⎡ich habe auch niemals einen Menschen ⎡gefunden der sie gesehen hat.
In der Pariser Sternwarte war es ein Betrug des Astrono-
men Conciéèrges. Die Führer auf dem Montblanc behaupten
wörtlich
die Sterne, auf dem Gipfel dieses Berges, bei Tage gesehen
zu haben; allein auf gleichen und noch größeren Höhen
Südamerika’s ist dergleichen nie vorgekommen. Es
giebt übrigens Menschen die stärkere Augen als andere
haben; so versichert Benzenberg daß er einen Herrn v.
Eschwegen ⎡Eschwege in Göttingen gekannt habe, der bei Tage den
Regulus (ein Stern 1ster Größe) sah und andere die die
Trabanten des Jupiters mit bloßen Augen sahen.*) So
haben Herschel und Bonpland den Jupiter noch 18
Minuten nach Sonnenaufgang unter den Tropen gesehen.
Venus mögte noch am leichtesten bei Tage erkannt werden;
wodurch es indeß erschwert wird sie zu sehen, ist der Um-
stand daß man selten den Platz wo sie zu suchen, genau
anzugeben vermag und durch das Suchen eine Beweglichkeit
des Auges bewirkt die das Auffinden erschwert. Scheiben sieht
man unter einem Winkel von 1 Minute, Baumstämme von
15–18 Secunden, Ableiter von 25 Secunden. HumboldtIch sah
Bounpland in weißen Kleidern auf dem schwarzen TrachytgesteinTrapazit-
gestein
?
des Chapuza in einem Winkel von 5–6 Secunden, wozu
indeß der Umstand beförderlich war, daß jener sich bewegte.
Warum aber, so mögen wir nun fragen, sieht man denn
bei Tage die Sterne durch Fernröhre? Die Sterne werden
durch dieselben ja nicht größer, sondern kleiner. Die Ur-
sache liegt in der Schnelligkeit der Bewegung – so erklärtwörtlich
es sehr treffend Aralgont. Das Ausschließen des äußeren
Lichts aus den Röhren trägt wohl etwas dazu bei, alleinS. 63/64
daß es nicht nöthig ist, sieht man daraus daß man auch
durch die ältern Luftfernröhre*) die Sterne gesehen.
Man sagt häufig, daß die Zahl der Sterne, die man mit
bloßen Augen sehen könne 5000 sei; allein Herschel hat ge-
zeigt daß es von Sternen der 1sten–6ten Größe wenigstens
11000 giebt. (Sterne 6ter Größe allein zählte Herschel 8076,
7ter Größe 14000).
Das teleskopische Sehen ist nicht bloß merkwürdig wegen
der vielen neuen Erscheinungen die man dadurch gefunden
z. E. den Ring des Saturn, die Sonnenflecken, sondern am
wichtigsten ward es als man es mit messenden Instrumenten
in Verbindung setzte; so ward es nicht bloß für die phÿsische
sondern namentlich auch für die mathematische Astronomie
gewinnreich. Diese Verbindung machte zuerst 1634 Morin
wörtl. S. 64
in Paris und es führte ⎡sie weiter aus 1664 Picard. Einen
andern Vortheil bringen die Nachtfernröhre als Kometen-
sucher, die nur 4–5 mal vergrößern aber ein größeres
Objectiv haben wodurch also ein größerer Lichteindruck ent-
steht, der durch eine stärkere Vergrößerung und also Ver-
zerrung verloren gehen würde.
Cf:
Astrognosie. Das Resultat der Beobachtungen im Felde der
Astrognosie ist: daß geballte Körper in Schichten als Inselgruppen
vertheilt sind, zwischen welchen sporadisch einzelne Sterne lie-
gen. Was wir mit bloßen Augen sehen ist die Gruppe in der
wir uns befinden. Unser Planetensÿstem aus 11 Hauptplaneten
und 18 Nebenplaneten bestehend ist unbeträchtlich im Verhält-
niß zu dem Sonnensÿstem in welchem es liegt, und dies
Sonnensÿstem ist unbedeutend in der großen Schicht von
Sonnensÿstemen zu denen es gehört. [unleserliches Material]Nehmen wir es in s[.]einer
größe[unleserliches Material – 4 Zeichen fehlen]sten Größe mit allen Cometenbahnen die sich uns zei-
gen, so hätte es doch 37,000 mal größer gedacht, Platz
in unserer Sternschicht.
Wir beginnen mit den äußersten Grenzen, von dem
mÿthischen Theil gleichsam, der sich doch darin von dem mÿthischen
Theil der Geschichte unterscheidet, daß er nicht bloß mehr auf
Vermuthungen beruht sondern seit 30 Jahren Resultat
der angestellten Beobachtungen ist. Von den fernen
Gruppen – Unsere Sternschicht – Unser Planetensÿstem
d[unleserliches Material]as wird die Reihefolge unseres Vortrages sein.
Einige von den fernen Nebelflecken sind dem Auge
sichtbar und von jeher beobachtet. So der Gürtel der An-
dromeda, die Krippe im Krebs. Teleskopisch zuerst be-
obachtet saec: 17 von Simon Magius; später 1724 wurdeS. 66
der Nebelfleck im Schwerdte des Orion von HuigensHuygens
? be-
obachtet. Der Columbus dieser Räume war Herschel, ihm
folgten beobachtend: Mercier, raisonnirend, Lambert.
Herschel hatte zuerst die Idee von 3 Dimensionen nach
denen diese Weltkörper gelagert sein müssen und so
warf er das Senkblei in diese Räume und maß die
Tiefen des Himmels. Die Nebelflecke sind entweder
auflösbare oder unauflösbare Nebel. Wenn man die
erstern mit stärkern Fernröhren betrachtet, so schwindet
der Nebel und es erscheinen deutlich die einzelnen
Sterne; so z. E. die Milchstraße. Viele Nebelsterne
lösen sich aber nicht auf. Man kann fragen: würden
sie nicht von noch stärkern Fernröhren aufgelöst werden?
Es könnte sein; allein nach analogen Schlüssen giebt es
eine Wahrscheinlichkeit daß sie wirklich unauflösbar
sind. Man ist nemlich von einer Vergrößerung von 150
zu 1800 gestiegen und dennoch haben sich nicht einmal
einzelne Sterne gezeigt; bei einigen giebt es im In-
nern einen zunehmenden, glänzenden Kern, als wenn
ein Stern im Nebel versenkt wäre. Häufig sind
teleskopische Sterne 1 oder 2 in der Mitte des Nebels
wirklich gefunden, und man hat gefunden, daß sich diese
mit dem ganzen Nebelhaufen fortbewegen. Dies alles
spricht dafür daß das unauflösbare Nebelsterne sind.
Die Zahl der Nebelflecken ist 3000, von denen die
meisten unauflösbar. Denken wir sie uns alle auf ei-
nem Haufen, so würden sie etwa 600 Vollmondsräume
am Himmel einnehmen. Herschel meint, daß der näch-
ste unauflösbare Nebelfleck 8000 der entfernteste 300,000
Siriusweiten von uns entfernt ist. Die unauflösbaren
Gut
Nebelflecken wären also Lichtwolken, wie unsre Dunst-
wolken; wir unterscheiden 3erlei Arten:
Nur uneigentlicher Weise darf unsre Sternschicht ein Ne-
belflecken genannt werden, insofern man sie etwa aus
weiter Ferne sähe. Die verschiedene Lichtstärke ist es, die
die Idee von der Form der Sternschicht begründet hat. In
der frühsten Zeit beschäftigte man sich bloß mit den grö[unleserliches Material]sten,
hellsten Sternen und die verschiedenen arabischen Stämme
beteten verschiedene derselben an; einer den Sirius, ein
anderer den [unleserliches Material]Canopus etc: Es war dies die beschauende Astro-
nomie. Unter den Ptolomäern begann die messende. Hÿp-
parch der einen Stern auflodern sah in der Cassiopeja
hat in seinem cathalogus die Sterne gezählt bis zu denen
6ter Größe und in demselben Buch sie zuerst classificirt nach
ihrem Glanze und die Klassen mit einzelnen Buchstaben be-
zeichnet. Dieß ist von der größsten Wichtigkeit; denn wenn
man jene Scala vergleicht mit der heut entworfenen, so
findet man daß große Veränderungen vorgegangen sind,
unter den Sternen, daß sie entweder näher gekommen
oder eine Aenderung des Lichtprozesses statt gefunden haben
müsse; so namentlich im Kranich. Die früheren Beobachter
kannten indeß nur 2 Dimensionen unserer Sternschicht,
Herschel aber 3. Messungen der Lichtstärke also sind von der
größern Wichtigkeit wegen der Bestimmung der Entfernung
der Sterne.
Lambert hat gefunden, daß das Licht des Vollmonds
Gut!über 277,000 mal schwächer ist als das der Sonne; nach
Olbers hat der Aldebaran ein 400,000 mal schwächeres Licht
als der Vollmond; die Sonne würde dieselbe Lichtstärke des
Aldebaran für uns haben, wenn sie 311,000 Halbmesser der
Erdbahn von uns entfernt wäre. Nach Olbers hat beim
Vollmond ein Theil der Atmosphäre so groß wie die Schei-
be 900000 mal weniger Licht als die Vollmondscheibe selbst.
Venus Licht ist nur 3000 mal schwächer als das des Vollmonds
nach Lambert. Die Sterne 1ster Größe haben kaum 1/20 Se-
cunde Durchmesser für uns und bei ihnen hat man doch große
Mühe den Uranus, der 4 Secunden Durchmesser hat, zu sehen;
das kommt daher, weil er nicht selbst leuchtet. Wegen der
Größe der Sterne hätte man glauben können, daß in der
Größe die Ursache des stärkern Leuchtens liege, wenn
nicht Herschel gezeigt hätte, daß es leuchtende, nicht zu-
sammengeballte Himmelskörper giebt. Venus hat Licht-
abwechselungen eben so wie der Mond und dennoch findet
sich in ihr selbst ein Lichtproceß, indem sie von Zeit zu Zeit
phosphorisirend sichtbar wird.
Die Lichtstärke selbst kann auf vielfache Weise gemessen
werden:
Die Vertheilung der größern und kleinern Sterne ist
auf beiden Hemisphären ziemlich gleichmäßig. Von der 1sten
Größe finden sich nemlich in beiden 9; von der 2ten Größe in
der Nordhemisphäre 26 in der südlichen 27. Von der 7ten Größe
in der nördlichen 76 in der südlichen 101. 8ter Größe im nördlichen
195 in d. südlichen 181 etc:
Die Verschiedenheit des Lichts hatte schon Herschel be-
obachtet indem er ein Prisma vor seinem Objectiv hing;
nach ihm fand Frauenhofer, daß sich merkwürdige Querstreifen
im Spectrum des Prisma’s bei einigen Sternen finden. Das
Spectrum ist gleich wenn man die Sonne und den Mond da-
durch sieht, also einen selbstleuchtenden und einen refractirten
Körper. Allein Ofenfeuer, electrisches Feuer und Sternlicht
erscheinen ganz verschieden durch das Prisma gesehen. Pollux
ist ganz verschieden von Castor, letzterer ganz gleich dem Sirius.
Allein es giebt auch, ohne das Licht der verschiedenen Sterne
zu zerlegen, fürs bloße Auge verschiedene Sternfarben.
So theilten die Perser den Himmel ein nach 2 rothen Sternen
(dem Altares und Antibaras) und 2 weißen Sternen
(dem Regulus und Formathat) diese 4 nannten sie des-
halb regiae stellae. Sirius ward früher roth genannt und
hat jetzt ein glänzend weißes Licht. Er erschien den Ae-
gyptern im rothen Licht, am 20ten Julius in der Dämmerung
zuerst und bezeichnete ihnen den Anfang des Jahrs.
Bei der Zahl der Sterne muß man unterscheiden:
1., die mit bloßen Augen gesehen werden am ganzen Fir-
mament. 2., die welche nur in unser[unleserliches Material]en Breiten gesehenS. 72
werden oder am Aequator. Es sollen 1ter bis 6ter Größe 5000 sein.
Herschel indeß hat den Bodeschen Catalog durchgezählt
und 8000 gefunden. 6ter Größe allein 61006700
?. Doch ist es unsicher
zu bestimmen was Sterne 6ter oder 7ter Größe sind; daher die
Abweichungen in den Zahlen. 6ter und 7ter Größe giebt es 11 bis—
12000. Gute Augen sehen gewiß noch Sterne 7ter Größe und
deren giebt es fürs Auge sichtbare 14200. In dem Him-
melsgewölbe vertheilt würde von diesen noch nicht 1 Stern
auf 12 Vollmondflecken kommen. Die ältern Catalogen
von Hÿpparch, Allmagestus von Ptolemaeus enthalten
nur 1200 Sterne und der Unterschied der Zahlen wird be-
trächtlich von denen 5ter Größe an. Bode’s Uranologie Uranographie
?
enthält 15700?
17240. [w]Will man nun die später beobachteten von
Bessel und Harding hinzufügen, so sind gewiß 120,000
Sterne bestimmt worden, allein fest und sicher sind nach
dem Catalog von Piazzi und Bessel 8–9000. Wie
viel Sterne durch [d]ein Telescop gesehen werden ist unbe-
stimmt. Herschel sah, als er sein Telescop auf die Milch-
straße, aber nicht auf den dichtesten Theil derselben ric[unleserliches Material]htete, in
40 Minuten 258,000 Sterne durch sein Rohr gehen. LinkoLittrow
?
in Wien glaubt daß man mit 12–15 füßigen Telescopen
auf der Breite einer jeden Quadrat Minute 1 Stern ent-
decken würde; das würde etwa 180 Millionen machen und
dann 200 auf jede Vollmondsgröße fallen.
Sterne des südlichen Himmels: südlichen Him̃el nennen
wir den Theil des Himmels den man zu sehen anfängt von
37½° N. B. an und dessen Sterne also eine südliche Abwei-
chung von 52½° Breite haben. Wenn man sich nemlich
dem Aequator näherte sieht man nicht bloß neue Erdräu-
me sondern auch neue Himmelsräume. Auf dem Aequa-
tor selbst, überschaut man heide Hemisphären. Die Alten
kannten den Himmel nicht südlicher als SienaSyene und Meroe.
Die südlicheren Fahrten waren selten und wurden zu-
dem von Leuten gemacht, die sich wenig um die Sterne
kümmerten. Allein in 25000 Jahren dreht sich die Him-
melsaxe um sich selbst, daher hatten die Bewohner Ale-
xandria’s damals den herrlichen Anblick des Kreutzes,
das jetzt unter dem Horizont dieser Stadt steht. Die
frühste Nachricht empfing die nördliche Welt von diesen
Sternbildern nach der Entdeckung Amerika’s durch einen
Reisegefährten Magellan’s . . . . . .. Später beobachtete
ihn Haley in St. Helena; La Caille in der Capstadt wohin
jetzt FalliotFallow (?) geschickt ist. In dem Theile der von Pol zu Pol
nur ⅕ des Himmelsraums ausmacht und den man anfängt
südlich von Madeira zu sehen, glänzen 6 Sterne 1ster Größe
und 12. 2ter Größe. Erster Größe nemlich: Canopus, Soperus,
Alpha des Kreuzes, Betha im Schiff, die Füße des Centau-
ren. Die Schönheit des südlichen Himmels rührt von der Gruppi-
rung her; denn seine Landschaft macht einen größern Ein-
druck auf die Einbildungskraft als die des nördlichen Him̃els.
Auffallend sind am südlichen Himmel: die großen NebelfleckeAcher-
nar
oder die große und kleine Magellanische Wolke und andre
in der Argo nicht weit vom Canopus und als dann die beiden
schwarzen Flecken. Wenn man von Nord nach Süd reist, so sieht
man die Sterne in folgender Ordnung: 1.,Canopus 37½°
S. B. bei Madeira 2., die Füße des Centauren 3., DacernaAchernar
?
im Eridanus, 4., das Kreuz 5.[unleserliches Material – 1 Wort fehlt], die schwarzen Flecken oder
Kohlensäcke 6., die magellanischen Wolken. Allein so war
es nicht immer, sondern die Umdrehung dieer Erde die eine
andere ist als die der Himmelsaxe verändert die Lage
der Gestirne. So sah man früher das Kreuz eher denn die
Füße des Centauren und den Canopus. Ein besonderer
Character liegt in dem Licht der südlichen Sterne, es ist weißer,
weniger röthlich und mehr planetarisch. Die leuchtenden
Nebel finden sich nicht bloß in den beiden magellan: Wolken
sondern auch im Schiffe. So treten am glänzendsten hervor:
der untere Theil des Schiffes und des Schützen(?) die Füße des
Centauren, der südliche Theil des Kreuzes; im leeren Raum
liegen dann der Pfau und Canopus. La Caille hat den
südlichen Himmel zuerst in Provinzen getheilt. In Hinsicht
der Sternbildernamen kann der nördliche Himmel mÿtisch,
der südliche industriell genannt werden. Der schwarzen
Flecke giebt es 2. Der eine ist im südlichen Kreuz so daß Alpha
fast hineinfällt; der 2te ist südlicher und Humboldtich hat
diesen nicht genau gesehen, da er nicht südlicher als 15° S: B:
gewesen ist. Erstern hat erhabe ich unter 3 und 4° S. B. gesehen. ErIch
fand ihn etwa 3° breit so daß er den Raum von etwa 6
Vollmondsflächen einnahm. ErIch glaubt nicht wie La Caille
daß die schwarze Farbe Wirkung des Contrastes sei, es müssen
Gründe sein die in der Oeffnung des Himmels selbst liegen,
wie schon Reinhold Forster gesagt hat. Aehnliche Röhren
giebt es noch mehrere am Firmament; so fand Herschel
eine im Scorpion und im Schlangenträger; die im Scorpion
?
hat 4° ist aber [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] nicht schwarz; vielleicht ist die Röhre nicht so
lang wie die der schwarzen Flecke. Merkwürdig ist, daß
man bei der Röhre des Scorpion einen großen Sternhau-
fen findet; vielleicht hat dieser durch besondere Attraction
alle Sterne aus der Oeffnung gezogen.
(Wir halten uns bei der Betrachtung unserer Stern-
schicht länger auf als der Plan dieser Vorlesungen zu ge-
statten scheint, aus 2erlei Grund: 1., weil in den allge-
meinen zugänglichen Schriften über die Entdeckungen in
derselben wenig enthalten ist 2., weil der Geist einer Welt-
beschreibung ein ganz andrer ist, als der, welcher in
astronomischen Vorlesungen herrschen muß; in letzteren
ist der wichtigste, der genau messende Theil; in einer
Naturbeschreibung richtet sich das große Interesse, nach der
größern Maße.)
Die kleinen Magellanschen oder capschen Wolken, krei-
sen um den Pol auf ähnliche Weise wie der große Bär;
jetzt auch in gleichem Abstande. Sie sind an Glanz der
Milchstraße gleich; ob sie auflösbar oder nicht sind,
vermag jetzt noch nicht entschieden zu werden. V. Humboldt
der sie beobachtete, hatte keine sehr starken Telescope bei
sich. Sie nehmen 8 Mondbreiten, 3–4° in ihrer längern
Axe ein. Von den Griechen sind sie nie beschrieben, allein
arabische Schriftsteller haben sie aufgeführt. Im südlichen
Arabien sah man sie und nannte sie die alabasternen
Ochsen. Dr Horner hat geäußert, daß sie vielleicht ehemals
da gestanden hätten, wo jetzt die schwarzen, leeren Flecke,
die Kohlensäcke, sich befinden; allein wir glauben nicht daß
beide in einer Beziehung zu einander stehen.
Das Kreuz ist von den Alten gekannt, von Eudoxus
in Alexandria gesehen, selbst der südliche, glänzendste
Theil mit dem α. Als man anfing das rothe Meer zu
beschiffen sind Nachrichten davon zu den Astronomen des
Mittelalters gekommen. Die Griechen rechneten die 4
Hauptsterne des Kreuzes zu den Füßen des Centauren.
Acosta hat zuerst den Nutzen angeführt den man von
diesem Sternbilde zum Zeitmaaß ziehen kann; und wir
haben bemerkt, daß selbst die W[unleserliches Material]ilden des Orinoko darnach
die Stunden zählen. In Südamerika ist es sprichwörtlich:
„es ist schon spät und das südliche Kreuz steht senkrecht.‟
Dante († 1321) hat dieß Sternbild gekannt und in seinem
purgatorio davon gesprochen. Dieß ist sehr auffallend;
er mochte durch seine Bekanntschaft mit dem handelnden
Theil Italiens, den Venetianern und Genuesen, die den
arabischen Meerbusen beschifften, davon Nachricht empfan-
gen haben. Doch hat man jene Stelle auch anders ausgelegt,
mÿstisch, von den 4 Weltkugeln.
Wir wenden uns nurnun zu einem Theil der Winkel
S. 78
messenden Astronomie, die sich auf die entferntesten Fix-
sterne bezieht, oder auf die Geschichte der Doppelsterne.
Galiläi hat zuerst von ihnen gehandelt und die Fragen aufge-
stellt: was nennen wir Doppelsterne? Giebt es phÿsische
oder nur optische Doppelsterne? Er meinte das letztere
und stellte die scharfsinnige Aufgabe, nach ihnen die Paralaxe
zu finden, was wohl möglich wäre, wenn sie nur schein-
bar zusammengehörten und einer hinter dem andern
stände. Herschel hat diese Untersuchung am Ende des vo-
rigen Jahrhunderts wieder vorgenommen und 1782 ge-
zeigt, daß der größste Theil der Doppelsterne in innerer
Verbindung mit einander steh[unleserliches Material]e und eine eigne Bewegung
im Weltraume habe. Bessel hat dieß bestätigt. Wir wollen
sie betrachten: der Zahl, der Natur, der Sache, der Größe der
Bewegung und endlich der Zeit nach.
Die Zahl der Doppelsterne ist seit einigen Jahren sehr
vermehrt worden. Früher kannte man kaum 800–1000 mit
South
denen sich Sauth, Herschel jun: und Bessel beschäftigten.
Struve in Dorpat hat vor wenigen Wochen (scripsit den 24 Dec: 1827)
einen Catalog von Doppelsternen herausgegeben, in dem er
3312 aufführt die er alle selbst, bis auf 74 beobachtet hat.
2300 danken wir allein seiner Thätigkeit. Er hat untersucht
wie sie nicht bloß am Himmel vertheilt sind, sondern auch ge-
funden, daß von den Sternen 1ster–3ter Größe immer unter 5
ein Doppelstern, von den Sternen 5–7 Größe kaum unter 12
ein Doppelstern sei. Er hat auch entdeckt, daß wenn man die
Sterne 1–7 Größe zusammenwirft, man unter 11 allemal
einen Doppelstern findet.⎡Das β in der Leyer
Was ihre Natur anlangt so führen wir nur beispielsweise
einige auf: Castor ist ein Doppelstern 2ter und 4ter Größe.
Der Polarstern 2ter und 11ter Größe. Das Δ in der Leÿer ist
4 fach, das ⎡sigma Σ im Orion 16 fach. Die ältesten Beobachtungen in
dieser Art sind gemacht 1759 von Lesslÿ und Brading (?)[.] Im
61ten Stern des Schwan’s hat man seit 57 Jahren die Bewegung
des kleinern um den größern beobachtet.71
Die Farbe der Doppelsterne ist sehr verschieden. Bei
denen, wo ein Contrast sich findet ist allgemeine Erfahrung,
daß der größere der bunte und der kleinere der weiße ist. Daßder
grössere
nie bunt
beide bunt sind findet sich auch wohl. Man könnte glauben
diese Verschiedenheit sei nur optisch und komme her von den
Supplementarfarben; allein dies ist nicht der Fall, sondern
man findet, daß z. E. auch ein blauer und ein weißer zu-
sammen ist, und also Farben die sich nicht fordern. Auffallend ist
daß blaue und grüne Sterne nie isoliert gefunden sind, sondern
diese immer als Doppelsterne.
Sie bewegen sich entweder um einander, der kleinere
um den größeren, oder beide um den gemeinschaftlichen Schwer-
punkt. Die Veränderungen die man hierbei sieht sind entweder:
daß der Positionswinkel selbst verändert wird, oder biswei-
len nur die Position oder bisweilen kommen sie einer hinter
den andern; so sind seit ein Paar Jahren einige verschwunden,
die bald auf der andern Seite wieder zum Vorschein kommen
mögten. Die Bewegungen sind von unglaublicher Verschieden-
heit und ungeheurer Schnelligkeit. ΞΨ
Psy des großen Bären hat
in einem Jahr 6° in andern 12° gemacht, so daß er wohl in
52 Jahren seinen Kreislauf vollendet. Die Rotation unsers
Planetensÿstems ist von West nach Ost; der Kometen nach
⎡58(?)
allen Richtungen und eben so auch die Rotation der Doppelsterne,
von denen einige selbst von Ost nach West sich bewegen. Ihre
Bewegung ist übrigens periodisch.
Von der Entstehung neuer Sterne. Es giebt gewisse Gegen-
den des Himmels die wir revolutionäre, oder vulkanischen Bo-
den nennen können. Die revolutionärste aller Gegenden
in der die meisten großen Weltbegebenheiten statt gehabt
S. 80
haben, ist die Gegend zwischen der Cassiopeja, dem Adler, Schwan,
Schlangenträger und Scorpion. Außer der Beschränkung
der Gegend ist noch merkwürdig bei diesen auflodernden
Sternen: 1., ihre kurze Dauer 2., die Verschiedenheit der Farbe
3., daß sich keine Ortsveränderung bei ihnen gefunden hat.
gut
Die älteste Begebenheit dieser Art ist im Adler beobachtet,
wo man 389 p. C. einen neuen Stern auflodern sah, der
3 Monate dauerte und so stark glänzte wie Venus. Die
Araber führten im Scorpion einen solchen auflodernden
Stern an, der den 4ten Theil des Monddurchmessers hatte und 4
Monate dauerte. In der Cassiopeja erschien 1572 ein neuer
Stern, weiß, denn gelb, roth, endlich bleifarb, anfangs
glänzender als Venus, bei Tage sichtbar 16 Monate dauernd;
Tÿcho der ihn beobachtete fand aber keine Paralaxe. An
demselben Punkte haben schon 2 mal vorher ähnliche Naturbe-
gebenheiten statt gehabt 355945? und 1264. Cassini hat 1670 wie-
der in der Cassiopeja 5 neue Sterne entdeckt, von denen
2 verschwanden, 3 blieben. 1604 loderte der Stern im Fuß
des Schlangenträgers auf, den Kepler beobachtete; anfangs
ein Stern 1ster Größe, gelb, dann safran, purpur und vor
seinem Verlöschen blasroth; er dauerte 1 Jahr. Er erschien
bei einer Conjunction des Jupiters und Saturn und Kepler
meinte es sei der Stern der Weisen. 1670 ist in der Nähe die-
ser Gegend, im SchwanFuchs ? ein Stern erschienen den Pater Antelm—
?
zuerst sah; er war 3ter Größe und verschwand nach 3 Monaten,
loderte aber nach dem Zwischenraum von 3 Monaten noch 2 mal
auf und verschwand dann gänzlich; das 2te und 3te mal beobachte-
te ihn Cassini. Von den Plejaden hat man mit Unrecht ge-
glaubt es sei einer verloren gegangen. Es rührt daher weil
man jetzt nur 6 Sterne besonders hervortreten sieht. Schon
Ovid sagt in den Fasten: qui septem dicunt[unleserliches Material]ur sex tamen
esse solent . Man hat hiernach eine alte Mÿthe gebildet:
die Electra, der 7te Stern habe sich weg und zum großen Bären
geschlichen und sei nun der ἀλώπηξ oder das Rauterlein.
Manche Sterne verändern ihr Licht und so kommt es wohl daß
ein Stern 1ster Größe zu einem 3ter Größe hinabsinkt.
Regelmäßig verändert sich Η im Arinus; andere ver-
ändern sich unregelmäßig so z. E. die Mira Misa ? im Wallfisch.
Fabircius 1596 hat zuerst ihre Lichtveränderung bemerkt;
334 ?
Cassini sagt, ihre Periode bilde 137 Tage, manchmal aber
bleibt sie mehre Jahre weg. Auch im Schwan finden sich ver-
änderliche Sterne z. E. 1600 kam ein 2ter Größe der jetzt
6ter Größe ist. 1680 ist wieder einer beobachtet der endlich blieb.
⎡1655?
1686?
Kirch
[unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]
Castor war heller als Pollux, jetzt wird er aber jährlich licht-
ärmer und schwächer u. so m. a. Im großen Bären war Δ⎡δ
zu Tÿcho’s Zeit 2ter Größe und jetzt hat er sich sehr verändert.
Morau wollte diese Lichtveränderung daraus erklären, daß
⎡Mérandie Sterne linsenförmig seien und ⎡man sie also bald schmaler, bald
breiter sähe; andre meinen es gebe dunkle Sterne, welche
um die hellen rotieren und sie so von Zeit zu Zeit verdun-
keln.
Was die Größe der Fixsterne anlangt, so haben wir
1., ihre scheinbare Größe zu betrachten 2., besonders von der
Milchstraße zu fragen: ob sie Folge einer wirklichen Zusam-
mendrängung oder nur Folge der Projection sei.
Sieht man die Sterne am Himmel zerstreut, so findet
man offenbar Sterne verschiedener Größe. Wahrscheinlich
kommt dies doch wohl daher, weil sie uns nicht gleich nahe stehen.
Nehmen wir an daß alle gleich groß sind, so würde folgen
daß die scheinbar kleineren weiter entfernt sind. Es ist
hierüber keine Regel aufzustellen. Nach dem Probabili-
tätscalcuül muß man eine mittlere Größe ⎡annehmen und denn sind
die kleineren die entfernteren. Nach jenem Calcül
folgt, daß, wenn 17 Sterne zusammengruppirt sind, es
wahrscheinlich ist wie 50000 : 1 daß sie die verschiedene Größe
nur durch ihre nähere oder weitere Entfernung erlangen.
Herschel hat auf diese Weise den Himmel gefegt und—?
die Zahl der Sterne hat ihm zum Senkloth gedient, die Tiefe
des Himmels auszumessen.
Die Sternenmenge nimmt auf merkwürdige Weise
ab, wenn man sich von der Milchstraße entfernt. Diese
scheint die Folge der Projection zu sein und die sternlosen
Räume sind denn die Pole der Milchstraße – nemlich:
das Haupthaar der Berenice nahe beim A⎡rctur und im
südlichen Himmel nahe bei der Bildhauerwerkstatt. fFür
die Annahme daß die Milchstraße nur durch die Projection
entsteht spricht: daß in wirklichen Sternhaufen Sterne
von gleicher Größe bei einander sind, so daß man immer
einen innern Grund für die Zusammenhäufung findet;
bei der Milchstraße aber finden sich Sterne von allen
Größen beisammen. Die Zählungen am Himmelsraume
haben es wahrscheinlich gemacht, daß die große Axe unsers
Sternhimmels 800 Siriusweiten, die kleinern 140–150
lang sei. Herschel hat die Frage zu beantworten gesucht,
ob wir auf einer Sterninsel vom leeren Raum um-
geben, uns befinden, oder ob unser Sternsÿstem mit an-
dern, ähnlichen zusammenhänge. fFrüher glaubte er das
erstere, und meinte selbst hinter der Milchstraße den
reinen Himmel gesehen zu haben, später aber glaubte er
bei den Polen nähere Nebelflecke zu entdecken. Nach die-
sen Untersuchungen die nur Wahrscheinlichkeit bieten,
liegt unser Sternsÿstem zwischen Adler und Sirius und
das Verhältniß unserer Lage zu beiden ist wie 5 : 3. Un-
sere Sterninsel ist aber nicht bloß abgeplattet, sondern
man hat auch auslaufende Trümmer an andern Stellen
gefunden, so daß sie dem Zustande der Verwüstung
ausgesetzt scheint. Man hat auch schon früher geglaubt daß
die Milchstraße Folge der Projection sei, am frühsten
deutlich ausgesprochen von Kant 1755. Herschel, Beob-
achtungen wurden zuerst 1790 angestellt. Die Milchstraße,
von den arabischen Astronomen der Fluß, von den
schwäbischen Mönchen des Mittelalters die Jacobstraße
genannt, theilt sich beim Schwan in 2 Arme. Beim Fuße
des Centauren sieht man auch einen ihrer Arme. Ihre
Breite ist von 2° bis 17°, am breitesten zwischen dem
Orion und dem südlichen Schiff, am schmalsten beim α emeis.
Eine Zone von Nebelflecken erstreckt sich durch die
Jungfrau, durchschneidet die Milchstraße bei der Cas-
siopeja und geht deann nach der Bildhauerwerkstatt zu.
S. 84
Von der Bewegung der Fixsterne, welche nicht etwa
Folge der Aberration oder der Schwankungen unserer
?-
Erdaxe oder endlich der Pranecession der Aequinoxien ist.
In neueren Zeiten hat Herschel und Prèvot in Genf
Untersuchungen hierüber angestellt aus denen folgt,
daß unser ganzes Sternsÿstem sich dem Hercules zuwen-
det und daß diese Translation wohl Einfluß äußern
muß auf die Stellung der Fixsterne, daß ihnen aber
dennoch ein Theil ihrer Bewegung eigenthümlich angehört.
Humboldt hat die interessante Bemerkung gemacht
daß die Sterne 1ster Größe am südlichen Himmel eine kleinere
eigene Bewegung haben als am nördlichen, kleinere als A⎡rctus
und Sirius; so schwach wie Aldebaran. Die absolute Entfer-
nung der Fixsterne, so sagt man gewöhnlich, ist uns nicht
bekannt. Allein wir kennen sie doch nach gewissen Gren-
zen und haben dies gelernt durch die Bestimmung der
Paralaxe*). Hieraus folgt daß die nächsten Fixsterne wenig-
stens 4 Billionen Meilen von einander und von uns ent-
fernt sein müssen. Sind die Sterne 1ster Größe wenigstens
4 Billionen Meilen von uns und von einander entfernt,
so kann man auch den scheinbaren Durchmesser dieser
Sterne finden. Das beste Mittel uns einen genauen
Begriff von ihrer Größe zu geben, bieten uns die Be-
deckungen dieser Sterne vom Mond und die Bewegung des
Mondes selbst, Hugens und Halleus haben diese Beob-
achtungen begonnen und jetzt sind die Fixsterne nicht
mehr Theil der beschauenden, sondern schon der winkel-
messenden Astronomie geworden. Auch nach der Licht-
stärke hat man sie gemessen und auch diese Messungen nä-
herten sich der Gewißheit. Aristarch v. Samos schon be-
hauptete daß die Fixsterne unbeweglich seien wie die Sonne
und sprach von ihrer ungeheueren Entfernung. Aehnliche
Behauptungen hatte Thales ausgesprochen und Heraclit
von Pontus meint die Fixsterne seien Welten wie die
unsere und beständen wie die unsere aus Erde, Luft u. Wasser.
Ja die Pÿthagoräer sprachen selbst von dem R[unleserliches Material]otiren der
Fixsterne. Von allen diesen Behauptungen indeß ist wohl
zu unterscheiden was wir mit Sicherheit von den Fixsternen
wissen. Dies beschränkt sich eigentlich nur auf ihre Existenz.
Man kennt ihre Farbe und ihre Zahl, dagegen kennt man
nicht ihre Gestalt selbst, wohl aber die Gestalt ihrer Gruppen[…]
und ihre Bewegungen. Man kennt ferner das minimum
der Entfernung und ihres Durchmessers. Allein vollkom̃en
ungewiß ist alles was sich auf die Projection bezieht:
ob die Zusammenhäufung Folge einer wirklichen Zusamm̃en-
drängung oder Folge der Projection sei. Man ist fer-
ner ungewiß, was zu unserem Sternsÿstem gehört,
was nicht so z. E. das Haupthaar der Berenice und die Ma-
gellanischen Wolken; eEs ist ferner ungewiß ob z. E.
die Nebelflecken des Orion entfernter sind als Sterne
4ter und 8ter Größe und ungewiß endlich wie die Dimen-
sion unserer Sternschicht selbst beschaffen ist.
S. 87
So wie dies, kennen wir durch wirkliche Beobachtungen,
nichts ähnliches im übrigen Himmelsraume. Unsere
Sonne ist wahrscheinlich den Fixsternen sehr ähnlich; allein
Planeten sehen wir bei andern Fixsternen nicht, sondern die,
sie etwa umgebenden Sterne sind selbstleuchtend. Wir
erblicken bei den Planeten eine 2 fache Erleuchtung, nem-
lich bei den Hauptplaneten Reflex der Sonne und deann
bei den Nebenplaneten Reflex des Lichtes der Hauptplaneten.
Es giebt bei den Nebenplaneten noch ein 3tes Licht, welches sich
z. E. am Monde zeigt wenn er bei einer totalen Mondfinster-
niß nicht ganz verschwindet.
Unser Sonnensÿstem besteht aus einer weit größern
Zahl von Weltkörpern als man bisher geglaubt; nemlich aus:
11 Hauptplaneten, 18 Nebenplaneten, 2 Cometen die in der
Bahn der Planeten eingeschlossen bleiben, einer unzäh-
ligen Menge Cometen die weiter schweifen; aus einer
großen Zahl von Aerolithen und endlich aus dem Zodiacallicht
selbst. Die Hauptplaneten haben noch den Namen Irrsterne
behalten als Gegensatz gegen die Fixsterne. Die Idee daß
die Sonne in der Mitte stehe ist schon in den ältesten Zeiten
geahnt worden. Es sind also 6 Hauptkörperarten aus denen
unser Sonnensÿstem besteht; die Cometen sind von diesen
allen die wichtigsten geworden, weil wir durch ⎡sie die Ent-
fernungen messen gelernt haben.
Die Planeten haben nicht bloß das Sonnenlicht, sondernS. 88
ein eignes phosphorisirendes Licht, so daß man z. E. die dunkle
Seite der Venus gesehen hat. Außer der Venus findet
sich diese Erscheinung wahrscheinlich auch am Uranus,
was man daraus geschloßen hat, daß er so weit weg ist,
einen sehr kleinen Durchmesser hat und doch gesehen wird.
Mars hat ein trübes, röthliches Licht, da die andern Plane-
ten doch alle weiß erscheinen; Saturn ist graulich weiß,
Mercur und Venus am weißesten. An Jupiters Tra-
banten hat man blaue und orange Farbe wahrgenom-
men. In der Stellung des Planetensÿstems ist man ver-
schiedenen Ordnungen gefolgt. Die kleine Periode der Woche
ist dadurch entstanden, daß die Planeten nicht sowohl den
Tagen, als vielmehr den Stunden vorstehen. Unerachtet
d[unleserliches Material]ie Alten nur 5 Planeten kannten, so ahneten doch schon
viele daß es mehr gebe; so Artemidor und Simplicius,
welcher letztere meint, es gäbe viel häufiger Mondfin-
sterniße als wir sie erklären könnten, und diese ent-
ständen deann dadurch daß dunkle unsichtbare Planeten
zwischen [verlorenes Material]ihn und die Sonne träten.
Die Erde ist von der Sonne 108 Sonnendurchmesser
S. 89
entfernt also 20½ Millionen Meilen. Der Jupiter
ist 1030 Sonnendurchmesser entfernt Uranus beinah
doppelt so weit, nemlich 19 Erdweiten, 2000 Sonnendurchmesser
oder 400 Millionen Meilen entfernt. Der Comet von 1811
geht 22 mal so weit von der Sonne weg als Uranus. Der
Abstand des Uranus ist nur der 1000ste Theil der Sirius-
weite.
In der Größe der Planeten sieht man keinen Zusammen-S. 89
hang mit ihren Abständen. 3 mal werden sie größer und
2 mal kleiner, wenn wir vom Uranus zu zählen anfan-
gen. Der kleinste aller Monde ist der innerste des
Saturn; der größste der 3te des Jupiters. Wenn man
die Abstände der nächsten und entferntesten Trabanten ver-
gleicht, so findet man folgende Resultate: Saturn hat
die am meisten entfernte[sten]n 7½ Halbmesser; Jupiters
sind 13, Uranus 19 Durchmesser ihres Hauptplaneten
entfernt. In absoluter Entfernung steht der 7te Saturns-
trabant am weitesten von seinem Hauptplaneten ab.
In unserm Sÿstem sind am nächsten von allen Planeten
sich Saturn und sein 1ster Trabant. In der pÿthagoräi-
schen Schule meinte man die Abstände der Planeten wä-
ren den Harmonien der musikalischen Skala gleich.
Kepler hat zuerst diese Abstände in eine Reihe gebracht und
behauptet zwischen Mars und Jupiter müsse ein neuer
Planet entdeckt werden, was auch geschah.
Bewegung der Planeten. Um die Sonne bewegen
sie sich von West nach Ost; dagegen die Cometen nachS. 90
allen Richtungen. Gegen den Sonneneäquator sind am
meisten geneigt Pallas 17° 8′, Juno 11°. Alle Bahnen
der Uranustrabanten stehen senkrecht auf den Uranuseäqua-
tor. Je größer die Neigung, desto seltener die Verfin-
sterungen. Bei allen Nebenplaneten ist die Umlaufszeit
um den Hauptplaneten gleich der Rotation um ihre Axe.
Die Nebenplaneten bewegen sich in demselben Augenblick,
in dem sie sich um den Hauptplaneten bewegen, um sich
selbst. Die stärkste aller Excentricität ist die der Juno,
deann Mars, Jupiter, Venus. Eine große Excentricität und
Neigung der Bahn sind Eigenthümlichkeiten der Vesta u. Venus.
S. 90
Dichtigkeit der Planeten. Von dieser wollen wir noch eini-
ges hinzufügen um die beiden, durch die kleineren Planeten
oder Asteroiden getrennten, Sÿsteme noch näher zu charac-
terisiren. Die Dichtigkeit, wenn man die einzelnen Pla-
neten vergleicht, nimmt mit dem weitern Abstande ab
und von dieser Regel macht nur Uranus eine Ausnahme.
Die Sonne ist [unleserliches Material]nicht, wie Kepler meint, der dichteste Körper,
sondern sie ist kaum von der Dichtigkeit der Salpetersäure
⅒ und 2/10 wenn Wasser = 1. Dahingegen Mercur bis 20
oder 21 dichter als Wasser, Venus 52/10 die Erde 48/10 oder
54/10 (letztere Zahl ist wahrscheinlich die richtigere) Mars 33/10.
Denn kommen die kleinen Planeten Jupiter 18/100 also fast
wie das Wasser, Saturn nur 47/100 etwa wie Tannenholz.
Uranus etwa 9/10 also wieder dichter*). Um die Dichtigkeit
eines solchen Himmelskörpers zu erfahren muß man auch
das Volumen kennen, denn die Planeten ziehen sich nach der
Quantität ihrer materiellen Theile an. Die Dichtigkeit konn-
te also bestimmt werden: 1., durch die Erfahrung wie die Pla-
neten sich gegenseitig stören 2., dadurch, daß man die Durch-
messer kennen zu lernen suchte und auf diesem Wege
ihre Größe und mit dieser die Dichtigkeit fand. Dies ist na-
mentlich ein Verdienst von Gausz , der die Angabe der
Jupiters Maßsse verbesserte durch Berechnung der Stö-
rungen Vesta’s. Die Kometen, deren Maßsse man bis
jetzt zu berechnen vermochte haben so geringe Dichtigkeit,
daß einer z. E. nur 5/1000 hatte. Die inneren Planeten haben
5 mal größere Dichtigkeit als die äußeren. Doch gehört
¾ der ganzen Planetenmaße dem Jupiter an, obgleich
er nur Wassers Dichtigkeit hat. Die Maßsse Jupiter’s
und Saturn’s verhält sich zu den übrigen wie 20: 1.
Daher stören diese beiden Planeten gewaltig und wir mö-
gen uns f[unleserliches Material]reuen, daß wir weit von ihnen entfernt, uns
zwischen 2 Planeten von geringerer Maßsse als der unsrigen
uns befinden. Die Monde haben nicht immer wie unser
Mond, dessen Dichtigkeit sich zu denr der Erde wie 1 : 149/400
verheält, geringere Dichtigkeit als ihr Hauptplanet. 3 von
Jupiter’s Trabanten sind dichter als Jupiter selbst und auch
der 4te Saturnstrabant [unleserliches Material]verhält sich zum Saturn wie 17/10 : 1.
Die innern Planeten sind von geringerer Größe
als die äußern, auch weniger als diese unter einander
verschieden. (Setzen wir die Mittelgröße der äußern
zusammen = 1 so ist die der innern nur = ½?)
äußern Planeten sind viel größer und sich ungleicher;
[w]Wenn wir die Erde = 1 setzen, so ist die Mittelgröße der
äußern = 780; sie schweifen von dieser Mittelgröße ab bis
1333 und 77. Die innern Planeten haben die Dichtigkeit des
Platina, die äußern die Dichtigkeit des Wassers; also ist
die mittlere Dichtigkeit der innern Planeten 5 mal grö-
ßer als die der äußern Planeten. Die äußern haben
bei größerem Durchmesser schnellere Rotation, etwa von
10 Stunden; sie sind im ganzen Mondreicher; wir finden
bei ihnen 17 Satelliten und den großen Ring des Saturn.
Die innern haben nur 1 Mond, den der Erde. Die äußern
Planeten haben Zonen oder Streifen. Man hat dies sonst
Verdickungen der Atmosphäre genannt, worüber wir später
reden werden. Eine sonderbare Verschiedenheit unter den
Planeten ist noch in der Schiefe der Ecliptik selbst. Von den
innern wird der Venus ein Winkel von 72° zugeschrieben,
während die andern immer schwanken zwischen 20° und 28°.
Die äußern Planeten dagegen stehen ganz anders z. E. Uranus
steht senkrecht auf seiner Bahn, Jupiter dagegen hat kaum eine
Schiefe von 3°. Jupiter’s, Venus und Mars Rotation ist
1665–1671 von Cassini zuerst beobachtet; dagegen die Ro-
tation und Abplattung des Saturn 1789 von Herschel; die
des Mercur 1800 von Schröter. Mars soll trotz so lang-
samer Umlaufszeit 1/15 abgeplattet sein; die Erde nur
1/290, Jupiter ¼, Saturn 1/11, Uranus Abplattung ist noch nicht
genau bestimmt worden.
In der verschiedenen Schiefe der Erd-Ecliptik fand man
eine Ursache für die merkwürdige Erscheinung, daß nicht
nur diejenigen Thier- und Pflanzen-Formen, welche der
ältern Erdschichte angehören den Formen ähnlich sind welche
wir in den Palmenklimaten finden, sondern daß selbst
Thiere, den noch lebenden südlichen tropischen Thieren ähnlich, an den
Polen eingewickelt gefunden werden. Andere erklärten dies
Phaenomen durch die Sonnenfackeln und Flecke. Die älte-
sten Beobachtungen über die Ecliptik finden sich in chine-
sischen Manuscripten und aus diesen folgt, daß seit 2000
Jahren die Schiefe der Ecliptik immer in Abnahme begriffen
ist. Der Chevalier Nouville hat hieraus den Schluß gezogen,
daß die Erde endlich senkrecht auf ihre Bahn zu stehen kommt,
und daß denn ein ewiger Frühling über die Erde ver-
breitet werden wird. Durch Laplace aber ist gefunden,
daß auch diese Veränderung, wie alle im Weltsÿstem,
periodisch ist. Die Dauer dieser Periode ist freilich nicht
mit Gewißheit angegeben, aber doch ist gewiß, daß das
maximum nur 2½° beträgt. Was jenes Phaenomen an-
langt, daß man fälschlich durch diese Veränderung der Schiefe
der Ecliptik zu erklären suchte; so hat man es so zu erklä-
ren gesucht, daß man eine große Zertrümmerung nicht
bloß organischer Körper, sondern ganzer Erdschichten selbst
annahm. Es fragt sich indeß was hierdurch für ein Unter-
schied der Klimate entstehen konnte. Nach der Verschieden-
heit des maximum und minimum der Sönnenhöhe ver-
minderte sich auch die Dauer des Tages und der Nacht.
Die Umlaufszeit eines Planeten um den Centralkörper
bestimmt auch die Entstehung der Epochen, wie die Planeten
nach den verschiedenen Jahreszeiten zu stehen kommen.
Jupiter mit der Venus 72° und Uranus 90° sind die bei-
den Extreme. J[unleserliches Material]e größer die Schiefe der Ecliptik eines Pla-
neten, desto größer auch der Unterschied der Jahreszeiten.
Dem Zustande in welchem die Erdbahn mit dem Sonnen-
äquator gleich fallen würde ist Jupiter sehr nahe. Nach
dem Stande des Uranus würde die Sonne in Berlin und
Petersburg bald Palmenklima*) bald ewige Nacht geben.
Anders würde es bei Jupiters Stande sein, in diesen wür-
de die Sonne, nahe am Nordcap beständig 20° hoch stehen.
S. 96
Von der Atmosphäre welche die verschiedenen Planeten
umhüllt. Früher meinte man, daß alle Körper von Gasarten
umgeben seien; es ist dies nicht ganz der Fall. Es drängen sich
uns bei dieser Betrachtung 2 Fragen auf: 1., wie hoch eine
Atmosphäre ist, die wir Luft nennen können? 2., wie hoch
überhaupt die Gränze einer Atmosphäre sei? Man hat ge-
wöhnlich diese Höhe auf 8–10 Meilen angegeben; allein in
dieser Höhe würde sie schon nicht mehr einen Barometerdruck
von 1½ Linie haben und also dem sogenannten luftleeren
Raume unter unseren Luftpumpen gleich sein. Die höchsten
Punkte zu denen in der Atmosphäre auf Bergen und Ballons
die Menschen gelangt sind, betragen etwa 1 deutsche Meile
wo noch 14 Zoll Luftdruck (die Hälfte des gewöhnlichen) sich fand.
Wenn nun der Luftdruck so allmählig, je höher man kommt
immer abnimmt, so müsse man glauben es gäbe gar
keine eigentliche Gränze der Atmosphäre. Es ist hierüber viel
Streit zwischen Mathematikern und Phÿsikern gewesen.
Laplace hat geglaubt, daß man nur auf den Zustand einer
Atmosphäre daraus schließen könne, daß die Elasticität
der Luft in größerer Höhe mehr abnehme als der auf sie
lastende Druck. So meinte er habe die Erde einen Theil der
Mondatmosphäre an sich gezogen. Wenn unsre Erde auf diese
Weise dem Mond einen Theil seiner Atmosphäre entzogen
hätte, so würde es noch wahrscheinlicher sein, daß die grö-
ßern Planeten uns gleichfalls unsere Atmosphäre entzogen
und sich selbst so verdickt hätten. Guliston hat die Unhaltbar-
keit dieser Laplaceschen Meinung gezeigt. Die Sonne müste
nach diesen Schlüssen eine sehr verdichtete Atmosphäre haben.
Er hat hieraus gefolgert, daß die Atmosphäre eine bestim̃te
Gränze haben müsse. Nach genauern Beobachtungen geben
die Trabanten des Jupiters welche bei ihrem Durchgange durch
den Jupiter mit ihrem Schatten an der Scheibe des Hauptpla-
neten wohl beobachtet werden können. Sie müßsten aber doch,
wenn sie in seine Atmosphäre kämen, verlangsamert
werden; hiervon aber findet sich nichts.
S. 97
Von den Bergen der Planeten. Solche Bergmassen hat
man auf den innern Planeten mehr bemerkt als auf den
äußern. Früher, so lange man glaubte, daß auf der südlichen
Erdhemisphäre die höchsten Berge seien, meinte man eine
große Uebereinstimmung der Erde in dieser Hinsicht mit andern
Planeten zu finden. In der Venus wollte nemlich Schröter auch
auf ihrer südlichen Hälfte die höchsten Berge, etwa 6 mal so hoch
als der Himalaja sehen: Mercurs Berge sollen 19000 Toisen
hoch sein. Die Mondberge haben dieselbe Höhe welche man
dem Himalaja zuschreibt, nemlich 4200 Toisen. Wenn
man Leibnitz auf dem Monde zu 4170 Toisen annimt
und ihn mit dem Monddurchmesser vergleicht, so findet sich
daß er 1/214 Theil desselben beträgt; der Himalaja ist indeß
nur 1/746 Theil des Erddurchmessers.
Gesetze der Planetenbewegung. In der Schiefe der Eclip-
S. 98
tik, und in der verschiedenen Abplattung der Planeten finden
wir durchaus keine bestimmten Regeln, sondern hierbei schei-
nen sie abzuhängen von Gesetzen denen sie gefolgt sind bei
ihrer Bildung. Das gesetzliche fängt für uns erst an, wenn
die Maßssen, Dichtigkeit und Rotation bereits verbunden sind.
Was Kepler als Gesetze aufgestellt, hat Newton erst aus dem
innrnern Causalzusammenhang begründet*). Kepler giebt 3 Ge-
setze der Planetenbewegung: 1., die Planeten bewegen sich
in Ellipsen in deren einem Brennpunkt die Sonne steht.
2., die Sectoren der Flächen welche ⎡man aus den ⎡ der PlanetenGesetz
von der
Gleiche
d. Bahn
gezogen ⎡ beschreibt, [unleserliches Material]verhalten sich zu den Zeiten in
welchen diese Läufe beschrieben werden*). Dies Gesetz hat er
zuerst entdeckt, ob man es gleich das 2te nennt. 3., die Qua-
dratzahlen der Umlaufszeiten von 2 Planeten verhalten sich
gegen einander wie die Würfel der mittleren Entfernungen
der Planeten von dem Hauptkörper. Kepler war hierauf durch
Analogie der pÿthagoräischen Tonleiter gekommen. Er hatte
es 1618 zuerst entdeckt, jedoch sich verrechnet und erst nach
zwei-monatiger ungeheurer Arbeit den Fehler gefunden.
Die Sonne, dieser Centralkörper hat 825 mal so viel Vo-
lumen 560 mal so viel Maßsse als alle Planeten zusammen ge-
nommen. Der Durchmesser ist vielleicht 109¾ Durchmesser der
Erde. 20,871,000 Meilen ist sie von uns entfernt. Eine
Kanonenkugel welche in einer Secunde 1500 Fuß durchliefe
würde vom Mond zur Erde 9 Tage, von der Sonne zur Erde
9 Jahre unterweges sein; dennoch kommt das Licht in 8 Minuten
13 Secunden von der Sonne zu uns. (nach Delambre)richtig
S. 100
Man sieht an dem östlichen Rande der Sonne Flecken,
welche sich von Osten gegen Westen bewegen und gewöhnlich
nach 13 Tagen verschwinden. Man sieht sie etwa 30°–32°
entfernt vom Sonnenäquator. Man hat aus diesem Allen
eine Rotationsdauer von 25 Tagen (?) berechnet. Die Flecken
sind nicht erst zu unserer Zeit, sondern schon früh gesehen;
die Alten behaupteten daß sie früher ganz bedeckt gewesen
sei von solchen Flecken. Im Jahr 321 p. C. führen zuerst die
Chinesen sie an; 626 sind sie mit bloßen Augen gesehen u.
arabische Astronomen (Abulfaradsch, Averroës) behaupteten den
Mercur in der Sonnenscheibe zu sehen, was indeß unmöglich
sein würde; auch die Peruaner denen die Garua ein dichter
Nebel die Sonne monatelang verhüllt, kannten im Anfange
saec: 16 die Sonnenflecken. Der Engländer Harriot hat sie
zuerst als Flecken erkannt am 8ten Dec: 1610; in demselben
Jahr sah sie auch Joh: Fabricius, der noch, die mildernden Blend-
Gläser nicht kennend, seine[n] Augen daran gewöhnen muß
in die Strahlen zu schauen. Der Jesuit Tscheiner in Ingolstadt
wird gewöhnlich als Entdecker genannt. Man muß, was
diese Sonnenflecke anlangt, unterscheiden zwischen den schwarzen
Flecken mit aschgrauem Rande und den Lichtadern welche man
immer auf der Oberfläche der Sonne wie ein Gitter erblickt,
die sich aber nicht bewegen. Vor den Flecken geht die Sonnen-
fackel vorher. Der schwarze Fleck welcher der Fackel nach 2
Stunden folgt, ist mit einem Halbschatten umgeben welcher
vollkommen begränzt, sich nicht in den hellern Theil verliert.
Dieser Halbschatten ist, wenn der Fleck in der Mitte der Scheibe
steht, gleich groß an beiden Seiten; aber wenn er dem Rande
sich nähert wird der Halbschatten breiter am Rande hin wo
der Fleck verschwindet und schmaler gegen den Mittelpunkt
der Scheibe; also umgekehrt wie es sich nach perspectivischen
Gesetzen verhalten sollte wenn alles auf einer Fläche läge.
Erklärt hat man diese Erscheinungen dadurch: daß die Sonne
selbst nicht leuchtend sondern ein schwarzer Körper sei. Die
Lichtfackel entstände durch ein Zusammenschieben der ihn umge-
benden elastischen lichten Flüßigkeit, die dann und wann
durch sich durch zu schauen erlaube. Um die zuletzt angegebene[…]
den Rand zu ist hierdurch erklärt, denn a c rechts ist größer
als a b aber a c links ist kleiner als a. b.
Vor 40 Jahren noch war die Meinung, die Sonne sei
ein dunkler Körper noch so verschrieen, daß in Oxford ein
Mensch deshalb für toll gehalten ward. Herschel hat zuerst
die Perioden der Erscheinung dieser Sonnenflecke aufge-
zeichnet und eine Tabelle entworfen worauf er die Erscheinung
der Sonnenflecke den Kornpreisen in England gegenüber gestellt
hat, indem er meint, daß die Flecken einen großen Einfluß
auf die Erwärmung, folglich auch auf die Fruchtbarkeit der
Erde haben.
S. 102
Das Sonnenlicht giebt 3erlei Arten von Strahlen[:]
chemische, (nicht leuchtende,) magnetisirende und leuchtende
Strahlen. Mariotte hat zuerst gefunden, daß es unsichtbare
Wärmestrahlen gebe und Rochon hat 1775 diese Entdeckung
noch weiter ausgeführt, indem er gezeigt, daß im Prisma
der violette Strahl nicht, aber wohl der rothe Strahl wärmt
und Herschel endlich hat gefunden, daß das maximum
der Wärme noch außerhalb des rothen Strahles liege, wo
gar kein Licht ist. Seebeck hat diese Ansicht dahin vervoll-
kommt indem er gezeigt, daß es auch hierbei kleine Ab-
weichungen giebt und daß manch mal das maximum der
Wär[unleserliches Material]me doch in den rothen Strahl fällt. Chemisch wirkend ist der
violette Strahl. So leuchten die Lichtsteine im violetten Strahl,
erlöschen aber im rothen; das hat gleichfalls Seebeck ent-
deckt. Mrs: Som̃erville hat gezeigt, daß wenn man den
violetten Strahl auf das Eisen fallen läßt die magnetische
Kraft schneller wirksam wird. Als am meisten leuchtend
kann man den gelben Strahl betrachten.
Lindenau hat geglaubt der Durchmesser der Sonne habe
abgenommen weil sie so viel Licht schon ausgestrahlt; allein
dieses ist bis jetzt nicht erwiesen. 300000 mal stärker ist das
Sonnenlicht als das des Vollmonds. Es ist nun noch die Frage
übrig, ob die Sonne an den Rändern heller ist als im Centrum?
Wir sollten meinen die Ränder wären dunkler, weil sie
uns nicht so zugeneigt sind und auch durch die Verdickung in
der sie ihrer Richtung wegen für uns erscheinen, könne das
Licht geschwächt werden*). Allein neuerdings ist durch optische
Versuche dargethan, daß die Sonne im Centrum eben so leuch-
tend ist, als an den Rändern nach der colorisirten Polarisation
die Arago entdeckt hat**). Durch ähnliche Erscheinungen hat
man bestätigen können, daß die Natur des Körpers eine
gasförmige sein muß. Kommt nemlich das Licht von einem
festen Körper so wird es colorisirt, von einem gasförmigen
aber nicht. In neurer Zeit ist das Sonnenlicht von Gausz
angewandt als Heliotrop und er hat den reflecktirten Strahl
9 Meilen weit gesehen. Mit der Erscheinung der Sonnen-
flecken darf man nicht Erscheinungen einzelner Körper
verwechseln, die mit ungeheurer Schnelligkeit sich bei der
Sonne vorbei bewegten. Olbers hat dargethan, daß es
wahrscheinlich Aerolithen seien die bei ihr vorbeigefahren,
nicht etwa wie ein englischer Astronom meinte, große
Vögel. Die Bewegung der Sonne ist eine doppelte, nemlich ein-
mal die Bewegung um ihre Axe, deann um ihren Mittel-
punkt selbst durch Einwirkung der Planeten und anderer Him-
melskörper; die hierdurch erregte Schwankung beträgt wohl
nur 60 Meilen. Eine sehr ungewisse ist die Translation der
Sonne mit ihrem ganzen Sÿstem in der linsenförmigen Stern-
schicht, vielleicht dem λ des Herkules zu.
S. 105
Von den Planeten. Man theilt sie in obere und untere,
je nachdem sie nach der Sonne zu innerhalb der Erdbahn,
oder außerhalb derselben kreisen.
Von den unteren Planeten: als solche kennt man jetzt
nur Mercur und Venus. Bei diesen muß man wiederum
die obere und untere Conjunction unterscheiden. In der
oberen Conjunction stehen sie (von der Erde aus gesehen) jen-
seits der Sonne; dann erscheinen ihre Scheiben im vollen Licht,
ihr Durchmesser dagegen ist wegen der größeren Entfernung
kleiner; in der unteren Conjunction, wo sie zwischen der Soñe
und der Erde stehen, und mithin einen scheinbar größeren
Durchmesser haben, zeigen sich die Phasen, dieses höchst wich-
tige Phaenomen.
S. 105
Vom Mercur. Dieser ist bei uns sehr schwer mit bloßen
Augen zu sehen, weil er sich selten über 29° von der Sonne
entfernt. Kopernicus bereute es noch auf seinem Sterbebette
ihn nie gesehen zu haben; selbst der große Delambre, welcher
so viele Jahre sich mit der beobachtenden Astronomie beschäf-
tigte, hat ihn nur 2 mal in seinem Leben gesehen. Dagegen
unter 30–35° N. B. in Babÿlon und Aegÿpten kann man
ihn sehr leicht entdecken. Seine Lichtstärke ist größer als die
des Jupiters, sein Durchmesser variirt v. 4–11½ Secunden
und beträgt 580 Meilen; er ist ⅕ größer als der des Mondes;
Umlaufszeit 87 Tage; Bahn sehr excentrisch, nur von den Aste-
roïden in dieser Hinsicht übertroffen; Entfernung von
der Sonne 8,000,000 Meilen.
Schon die Aegÿpter glaubten, daß Mercur und Venus
sich um die Sonne bewegten, und es ist nicht zu läugnen,
daß grade die große Sonnennähe dieser Planeten auf
Copernicus System vielen Einfluß gehabt habe. Seine Ro-
tation ist sehr spät, erst 1800 bestimmt, und zwar nicht durch
seine Berge, obgleich die nach Schröters freilich nicht ganz
zuverläßigen Messungen bis 58,000 Fuß Höhe haben, son-
dern durch eine Folge von Beobachtungen der Atmosphäre,
welche Mercur zu haben scheint und welche bei den Phasen eine
Dämmerung hervorbrachte. Noch genauer hat Harding die
Rotation durch Beobachtung von Flecken und Streifen bestim̃t,
welche er auf dem Mercur wahrgenommen. Dennoch bleibt
es immer zweifelhaft, ob er eine Atmosphäre habe und
ob nicht das was man sieht andere Flüßigkeiten sind, welche
sehr nahe an der Oberfläche sich befinden. Monnier will die
Atmosphäre beim Durchgange durch die Sonne gesehen haben:
Humboldt konnte bei dem, von ihm in Lima beobachteten
Durchgange nicht das Mindeste entdecken. Der erste Durch-
gang wurde von Gassendi beobachtet, nachdem ihn Kepler vor-
ausgesagt hatte; Halleÿ ging deswegen nach St. Helena.
Man hat bis jetzt 21 Durchgänge beobachtet; der nächste wird
1832 im April vorkommen, der folgende 1835 in demselben
Jahr, in welchem man den großen Halleÿschen Cometen
erwartet.
107[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Von der Venus. Man schreibt dem Parmenides aus
der pÿthagoräischen Schule die Entdeckung zu: daß es der-
selbe Stern, nemlich Venus sei, welcher als Morgen- und
Abend-Stern am Himmel erscheint. Lambert berechnete,
daß die Lichtstärke der Venus nur 3000 mal schwächer sei, als
die des Vollmonds. Ihr Durchmesser ist 86 mal kleiner als der
der Erde. Die Berge sind wie auf der Erde in Ketten vertheilt,
nicht wie auf dem Monde, wo sie um den Rand von Kratern
herumliegen. Schon Lahire äußerte die Meinung, daß sie
höher sein müßsten als die der Erde; Schröter bestim̃te sie
auf 7 Meilen und will auch eine Dämmerung, also eine At-
mosphäre der Venus entdeckt haben. Erst [unleserliches Material]faßte seine Beobach-
tungen in einem großen Werke zusammen, dem er den
eleganten Titel gab: Aphroditographische Fragmente
(für Mercur: Cÿnthiographische und den Mond Selenotopo-
graphische Fragmente) Ueber die Umdrehung der Venus ist ein
langer Streit zwischen Cassini und Bianchini geführt.
Man hat die Gestalten des südlichen Hornes in den Phasen
dazu benutzt um die Rotation auf 23 Stunden 21 Minuten zu bestim̃en.
Was man von einem Venus Mond gesagt hat, ist bloße Fa-
bel. Fontana wollte ihn 1645 gesehen haben, und Lambert
nahm sich die unnütze Mühe sogar Tafeln dafür zu be-
rechnen. Zwar wollen beim Durchgange 1769 einige Astro-
nomen mehrere Stunden nach dem Austritt der Venus den
Mond vor der Sonnenscheibe gesehen haben, allein schon die
Angabe dieser Zeit zeigt hinlänglich, daß sie sich geirrt
haben müssen. Die Phasen der Venus geben einen der
schönsten Beweise für die Richtigkeit des Kopernikussschen Sÿ-
stems und gehören zu den frühsten Entdeckungen durch die
neuerfundenen Fernröhre*). Da es in jener Zeit Sitte war,
die neuen Entdeckungen durch ein Logogrÿph zu bezeichnen,
wo eine gewiße Anzahl von Buchstaben das Geheimniß ent-
hielt, so mag hier angeführt werden, daß Galileï in seinem
Nuntius sidereus die Entdeckung der Venusphasen so entzif-
ferte[.]
Cÿnthii figuram ae[unleserliches Material]mulatur mater amorum und die
des Saturnringes:richtig
Altissimaum planetam tergeminum oberservavit.richtig
Kepler sagte den ersten Durchgang der Venus vorher und
Horrobs ein junger, von Newton geschätzter, doch früh ge-
storbener Astronom beobachtete ihn. Halleÿ machte zuerst
auf die Wichtigkeit der Durchgänge für die Messungen über
Entfernung der Sonne etc: etc: aufmerksam. Schon 1761 ging
Markeline nach St. Helena um einen Durchgang zu beob-
achten; doch der wichtigste ist der von 1769. Cook unternahm dafür
seine 2te Weltumsegelung und blieb lange auf Otaheiti,
wo Wales den Durchgang beobachtete. Der Pater Hell wur-
de deshalb nach Lappland und Chapter nach Kalifornien
geschickt. Zuletzt endlich hat Encke alle diese Beobachtungen
von neuem berechnet und zusammengestellt um die Son-
nenparalaxe so genau wie möglich zu bestimmen. Sie
ist jetzt bis auf ⅒ Secunde gewiß, welches freilich noch 3
Mondabstände ausmacht; doch ist dies nicht viel, wenn man
die ungeheure Größe und Entfernung der Sonne bedenkt.
Das Mittel der Unsicherheit ist 1/232 der ganzen Entfernung,
welches so viel sagen will, als ob man bei der Schneekoppe
von 4950 Fuß um 20 Fuß ungewiß wäre*).
S. 108
Von der Erde. Wir berühren hier nur die Erscheinun-
gen, welche mit der Astronomie in Verbindung stehen, d. h.
solche, bei denen die Erde in ihrer Eigenschaft als Planet in
Betracht kommt. Von 1683 bis 1718 glaubte man, (und dieser
Meinung folgten Cassini und Maraldi) daß die Erde am
Aequator abgeplattet sei. Dies ergab sich aus den, damals
freilich unvollkommnen Messungen; allein der Irrthum
kam daher, daß wirklich an jenen Stellen, wo man die Grad-
messungen vornahm Ungleichheiten in der Figur der Erde
sich fanden. Später wurde Condamine nach Amerika ge-
schickt um einen Grad zu messen und Maupertuis nach
Finnland. Die letzteren Messungen sind verbessert durch Dr
Schwanenberg, der sie wiederholte und große Differenzen fand.
Nach Maupertuis beträgt der 66° N. B. 57,400 Toisen, nach
Schwanenberg 51,188 Toisen. Doch hat Rosenberger neuerlich
gezeigt, daß der Fehler Maupertuis nicht so sehr groß sei
und daß wohl ein Theil davon auf Schwanenbergs Rechnung
kommen könne, welcher keine Kreise von Frauenhofer son-
dern von Lenoir hatte. Die Vergleichung zwischen Peru und
Lappland giebt für die Abplattung 1/330, zwischen Frank-
reich und Lappland 1/304. Die genaueren Pendelmessungen
geben sie noch größer auf 1/289. Die Anziehung des Mondes
läßt auf 1/305 schließen,. Duperreÿ’s neuste Untersuchungen
auf 1/289. Die Schweankung ist also nur zwischen 1/305 und 1/289.
Die Größe der Irrung in der Figur der Erde ist also nur
593 Toisen oder 3600 Fuß = 1/18 der Abplattung. Die Excentri-
cität der Erdbahn ist jetzt im Abnehmen, so wie bei den mei-
sten Planeten, außer bei Mercur, Mars und Jupiter
bei welchen sie im Zunehmen ist.
Für die Rotation der Erde hat man 3 Beweise:S. 109
Wäre die Rotation 17 mal schneller, als sie ist, so würde
die Schwere am Aequator = 0 sein d. h. kein Körper würde
mehr fallen; wäre sie aber noch größer, so würde sie
die Anziehungskraft der Erde besiegen und alle Körper wür-
den weggeschleudert werden.
Man behauptete zuerst gegen des Copernicus Sÿstem,
daß wenn die Erde sich drehe, so müsse ein Körper, de[unleserliches Material]n
man von der Spitze eines Thurmes fallen lasse, nicht am
Fuße desselben ankommen, sondern, da die Erde während
dessen von West nach Ost fortgerückt sei, er müße ⎡er etwas
gegen Westen zurückbleiben. Es wurden viele Versuche des-
halb gemacht; allein man konnte nichts von dem Zurückbleiben
bemerken; bis endlich Newton darthat, daß ein Körper, der
von der Spitze eines Thurmes fällt, in dem Augenblick
des Abfalls eine größere Wurfkraft habe als wenn er
unten am Fuß sich befände; weil er nemlich um die ganze
Höhe des Thurms weiter vom Mittelpunkt der Erde entfernt
sei. Hieraus folgt, daß er nun nicht mehr nach Westen zurück-
bleibe, sondern, wenn der Thurm hoch genug, also die Wurf-
kraft stark genug ist, noch um ein geringes von Osten voraus-
geschleudert werden muß. Dies bestätigten die Versuche voll-
kommen, welche theils von Guglielmini in Bologna am Thurm
degl’Asinelli (demselben wo schon Galilei seine Versuche
machte) theils von Benzenberg am Michaelisthurm zu Ham-
burg und in einigen Kohlengruben in der Grafschaft Mark
angestellt wurden. Man fand überall eine Deviation
nach Osten, weil die Schwungkraft an der Thurmspitze größer
ist, bei 250–260 Fuß Höhe von 4–5 Zoll.
Einen Beweis für die Translation der Erde finden
wir in der Aberration des Lichtes der Fixsterne. Da dies
aber ein sehr schwieriges Thema ist, so werde ich mich
darauf beschränken den Weg des Raisonnements anzugeben,
wodurch die Sache am deutlichsten werden wird.
Nachdem Copernicus Sÿstem bekannt wurde, beobachteteS. 110
man sehr häufig die Fixsterne um eine Veränderung in
ihrer Gruppirung zu bemerken; allein weder diese noch
also eine Verrückung konnte wahrgenommen werden.
Endlich fand Bradleÿ 1728, daß alle Sterne, wenn sie
bei Tage erscheinen nach Süden rücken, wenn bei Nacht
nach Norden, daß also der scheinbare Ort der Sterne sich nach
der Gegend hinbewegt, wohin die Erde geht. Jeder Stern
durchläuft eine Ellipse von 40 Secunden großer Axe, wel-
che an Werth einem Bogen entsprechen, den die Erde auf ihrer
Bahn in 16 Zeitsekunden durchläuft. Nun fand Bessel die
höchstmerkwürdige Uebereinstimmung, daß das Licht grade
16 Secunden braucht um die Erdbahn zu durchschneiden: es
ist also nichts wahrscheinlicher, als daß 40 Bogen-Secunden (große
Axe der Sternellÿpsen) von den 16 Zeitsecunden hervorge-
bracht werden, welche das Licht zur Zurücklegung der Erdbahn
braucht; wir sehen also die Sterne an verschiedenen Stellen,
je nachdem wir uns an dem einen oder dem andern Endpunkte
der Axe der Erdbahn befinden. Die Bewegung des Lichts ist
10,000 mal schneller als die der Erde und wir sehen die
Sterne nicht an ihrem wahren Orte, sondern in der Richtung
der Diagonale des Parallelograms dieser zusammengesetz-
ten Bewegung. Eben so, wenn man auf ein schnellse-
gelndes Schiff eine Kanonenkugel abfeuert, so werden die
beiden Löcher in der Vorder- und Hinterwand des Schiffes
nicht genau in der graden Linie liegen, welche man in
der Richtung der Kanone bis zu dem Loche in der Vorder-
wand ziehen kann, sondern das Loch in der Hinterwand
wird etwas hinter der Bewegung des Schiffes zurückbleiben.
111 l.
Ein anderer schwieriger Punkt ist die Vorrückung der
Nachtgleichen. Nach dem Kopernicusschen Sÿstem nahm man
die Rotation der Erde als mit sich selbst parallel an:
allein später fand man, daß in 25,700 Jahren diese
Axe einen kleinen Kreis beschreiben wird; und zwar rührt
dies (sonderbar genug) von der Abplattung der Erde selbst her.
Wäre die Erde eine genaue Kugel, so würde dies Phaenomen
nicht statt finden, so aber, da gleichsam ein erhöhter Ring um
den Aequator liegt, wird dieser Theil von der Sonne
stärker angezogen, als die andere Hälfte. Wenn wir uns
erleiden kann, indem sie auf gleiche Weise in allen ihren
Theilen angezogen wird. Auch die Sonne und der Mond ha-
ben eine Tendenz die Schiefe der Eclÿptik zu verändern;
allein die Rotation hindert wieder das Zusammenfallen
der Eclÿptik und des Aequators. Die Vorrückung geschieht
von Osten nach Westen und der Antheil welchen Sonne und
Mond daran haben, verhält sich wie 3 : 1. Auch die Planeten
haben solche Tendenz, aber die Wirkung derselben ist unabhän-
gig von der Gestalt der Erde und fällt einige Jahrtausende
mit der Tendenz der Sonne zusammen, wirkt ihr aber dann
wieder entgegen.
Aus der Vorrückung der Nachtgleichen erklärt es sich, daß
die Sternbilder der Eclÿptik ihren Namen nicht mehr entspre-
chen, weil die Vorrückung seit den 2000 Jahren daß diese
Sternbilder benannt sind, ungefähr den Raum eines Stern-
bildes ausmacht.
Hieraus glaubte man schließen zu können,
daß der Kreis von Dendera mehre Tausend Jahr über unsere
Zeitrechnung hinaus gehe; allein neuere Untersuchungen
haben es wahrscheinlich gemacht, daß dieser Zodiacus älter,
ja aus der Caesarn Zeit stammt. Da dieser Thierkreis,
so wie ein anderer bei Theben gefundener, zirkelförmig
ist, so würde man nicht den Anfang kennen; allein die Zei-
ten sind nach Bildern in 2 Reihen im Porticus des Tempels
aufgestellt; in dem zu Dendera eröffnet den Zug der Löwe,
in dem bei Theben die Jungfrau. Da nun 2700 Jahr a. C.
der Frühaufgang des Sÿrius (Thot) bis auf 2 Tage mit dem
Sommersolstitium zusammenfiel, so hat man gemeint,
daß das Sommersolstitium im Löwen gewesen sei, bei
Errichtung des Zodiacus und nicht wie jetzt in den Zwillin-
gen. Burckhard bewies hieraus er sei von 4270 a. C.
in dem er annahm, daß das Monument so alt sei als dieser
Zustand der Erde. In neuerer Zeit hat man eine Cartouche
untersucht welche leider nicht mit nach Paris gebracht ist und
Champollion hat dort Autokrator gelesen; so wird aber
häufig auf Münzen Tiberius und Nero genannt. Auch
müsse zwischen diesem Monument und dem bei Theben ein
ganz bedeutender Unterschied in Rücksicht auf das Alter sein,
da letzteres mit der Jungfrau beginnt; doch sind aber
beide durchaus ähnlich. Früher warf man auch dem Monument
von Dendera vor, daß sich die Wage auf demselben
finde und behauptete diese sei erst zu Caesar’s Zeit in
den Thierkreis gesetzt. Doch dieser Einwand ist nichtig
da OIdeler gezeigt hat, daß die Wage schon bei den ältesten
Indiern vorkommt.
S. 114 l.
Die Schiefe der Erdeclÿptik erleidet eine kleine Ver-
änderung nur von 18 Secunden und daher beschreibt sie in
18 Jahren 8 Monaten einen kleinen Kreis. Wichtiger ist die
große Aenderung der Schiefe welche zwischen 28–29,000
Jahren vorgeht. Anaximander, der Erfinder der Sonnen-
uhren unter den Griechen, hat sie zuerst gemessen. Die
älteste genauere Beobachtung derselben ist von den Chinesen
Lojan 1100 a. C. welcher sie damals 23° 54′ fand. Pÿtheas
fand 23° 49′ Yones 1000 p. C. fand 23° 27′ 56″ . Im Anfange
des 19ten Jahrhunderts betrug sie 23° 27′ 56″ gemessen von
Bessel. Laplace hat über dies Phaenomen Untersu-
chungen angestellt und bewiesen, daß die äußersten
Grenzen dieser Veränderung nur 1½° betragen; es ist
dies also eine Sekulärbewegung welche auf die Climate
keinen Einfluß haben kann.
Der Mond. Die Alten meinten der Mond sei früher nichtS. 114
da gewesen und die Arcadier nannten sich Proseleïden . Er
sollte erschienen sein als Hercules mit den Gÿganten
kämpfte. Ueber diese Mÿthe ist viel gestritten. Creuzer
meint sie sei eine Anspielung auf die Einführung des Mond-
cultus.
Die Größe seines Durchmessers ist 166466 ? Meilen und seine
Rotation steht senkrecht auf der Mondbahn. Die Entfernung
von der Erde ist 51,800 Meilen bis auf 1/3200 Theil genau,
zuerst bestimmt von Lacaille am Cap der guten Hoffnung
und Lalande in Berlin. Das Licht des Mondes ist nach
Lambert 300,000 mal geringer als das der Sonne. Neben
dem Lichte des Vollmonds sehen wir das aschfarbne Licht, welches
von der Refraction der Erde herkommt. In den ältesten
Zeiten hatte schon Plutarch die Idee von einer Phos-
phorescenz, doch ist diese Aushülfe nicht nöthig. Leonardo
da Vinci († 1521) hat die beste Erklärung davon gegeben.
Bei totalen Mondfinsternissen verschwindet der Mond
gar nicht, sondern man sieht ihn im rothen Lichte, nament-
lich unter den Tropen. Dies ist nicht mehr reflectirt von
der Erde, sondern inflectirt von der Atmosphäre, welche
die Erde umgiebt. Es ist verschieden, nach der verschiedenen Lage,
in welcher der Mond gegen die Erde zu stehen kommt.
Selten sieht man diese Inflection gar nicht, allein auch
dies ist vorgekommen. Man hat anno 1827 genaue Be-
obachtungen über die Wärme des Mondes angestellt.
Arago hat mit Hohlspiegeln versucht seinen Strahlen
Wärme zu entlocken; allein weder er noch Daniels haben
die geringste Erhöhung der Wärme, selbst bei den feinsten
Instrumenten verspürt.
S. 116 l.
Früher meinte man, daß die Flecken, welche man im
Monde sieht nur Spiegelungen seien, namentlich Abspie-
gelungen der Gestalt unsrer Sterne, eine Idee welche
noch allgemein verbreitet unter den Persern ist. Da diese
Flecken aber verschiedene Farbe haben, so glaubte man es
seien Berge oder Meere. Doch sind die Farben in den Flecken
selbst verschieden. Die Gewißheit, daß es nicht Wässer sind
hat man daraus erhalten, daß man gefunden sie stehen nicht
in einerlei Niveau. Kunowskÿ hat eine Beschreibung der
Mondoberfläche geliefert und gezeigt, daß sich die größeten
Ungleichheiten auf demselben finden. Auch schwärzliche Flecken
sieht man z. E. beim Caesar. Die Berge erkannte man zuerst
daraus weil man bemerkte, daß die aschgrauen Theile
von den beleuchteten nicht schroff abgeschnitten sind, son-
dern allmählig zu ihnen hinüber gehen. Denn erkannte man sie
aus der Erhöhung am Mondrande selbst. Die beste Art sie zu
messen ist die nach der Länge des Mondschattens selbst. Jetzt
kennen wir die Topographie des Mondes besser als die der Erde,
denn wir kennen Höhen von 3–400 Fuß. Man sieht freilich
immer nur einen Theil des Mondes, aber es kann, wegen
eines Schwenkens desselben, dann und wann noch etwas
mehr gesehen werden als die Seite welche er uns immer
zuwendet. Galilei entdeckte diese Vibration , Tob: Meÿer
hat sie näher bestimmt. Es fanden sich 3 solcher Schwenkun-
gen, eine am Rande von 6–8°, die Vibration der Länge;
dann eine des Nord- und Südpols, die Vibration der Breite;
und denn eine tägliche Vibration vermöge welcher die
Linie vom Auge des Beobachters nach dem Mittelpunkt nicht im-
mer denselben treffen kann. Die Topographie des Mondes hat
das merkwürdige, daß die Kettengebirge hier sehr selten[e]
sind; nur einige fanden sich auf der n[unleserliches Material]ördlichen Hemisphä-
re. Auf der südlichen sind alle Berge Krater. Hier sind
auch die größern Höhen, nemlich Leibnitz und Dörfel 4166 Toisen
oder 1/214 des Mondhalbmessers. (Der höchste Punkt des Hima-
laja ist nur 1/7000 des Erdhalbmessers) Nicht gut vergleicht man
überhaupt die Berge des Mondes mit denen der Erde; alles
was Namen hat auf dem Monde sind nemlich Länder, nicht
Spitzen. Hipparch und Ptolomaeus z. E. sind so groß wie
Böhmen; dahingegen sind die Maßssen der Andes nie über
5–6000 Toisen dick. Die Mondberge dagegen haben Durch-
messer von 12–20 Meilen. Gewöhnlich sind es Ringfiguren
mit einem Aschenkegel in der Mitte. Die Rillen sind nicht
eigentliche Flußbette zu nennen, sondern sind vielmehr
kleine, zusammenhängende Krater. 1790 und 94 hat man
viel von Mondvulkanen gesprochen, deren Ausbrüche
Herschel und Brühl in London wollten beobachtet haben.
Ja Schröter meint sogar nach dem Verlöschen leuchtender
Punkte aschförmige Kegel an demselben Fleck gefunden zu
haben; doch ist man hievon zurück gekommen. Wahrscheinlich
sind diese angeblichen Vulkaneruptionen nichts anders als spie-
gelnde Punkte, Reflex des Erdenlichts der Erde unter besondern
Zuständen und Stellungen. Diese Erscheinung findet sich am
häufigsten beim Aristarch in der Nähe des Helicon; nicht
wie man meinte beim Plato . Am meisten gesehen wird
es aus den großen Continenten Afrika’s und Asiens.
Es könnte wohl die Spiegelung eines platten, glimmerar-
tigen Berges sein.
Es ist ein großer Unterschied zwischen
der nördlichen und südlichen Hemisphaere des Monds, weil
auf der nördlichen, wie gesagt, sich Ketten (z. E. die Apeñinen,
Alpen und Atherusien) finden, hingegen auf der südlichen
nur Centralgebirge oder Umwallungen. In demselben
Meridian mit den Apenninen ist auf der südlichen He-
misphaere eine große Spalte, auf der eine Maße zu-
sammenhängender Essen liegen. Eine sonderbare Er-
scheinung sind die weißen Streifen welche über Berg und
Thal fortgehen, [w]. Wir haben keine Idee was es sein mag;
bei schwächerer Vergrößerung sieht man sie lichtvoller
als bei stärkerer. Was die Werke der Kunst auf dem Mon-
de anlangt, so hat Boeckh zusammengetragen was man
von Philolaos weiß was er hierüber gedacht. Neuerdings
ist der Streit hierüber wieder lebhafter geworden. Man
hat gewöhnlich keine rechte Vorstellung von der Größe der
Städte, auch der auf der Erde; London z. E. hat nur 7/10
einer geographischen Meile Flächeninhalt. Schröter hat mit
vieler Wärme sogar die schöne Landschaft und treffliche Bebau-
ung des Landes beschrieben, wie vor ihm Newton und Plato;
ja er hat sogar Wohnungen in einem Flecken gemessen die
nur 80 Fuß hoch sein sollen. Bei einem Berge, sehr sinnig
Schröter genannt, hat man einen Sternentempel sehen wol-
len und sogar die Frage aufgeworfen: ob man auf dem Mon-
de Brunnenkreße bauen könne? Mit einem Frauenhoferschen
Instrument wie das zu Dorpat möchte man wohl Gegenstän-
de von 9–700 Fuß unterscheiden können, allein messen
doch nur Gegenstände von 1800 Fuß d. h. auf der Fläche. Höhlen
von 800, ja vielleicht nur von 300 Fuß würde man messen
können, wenn der Schatten die gehörige Länge hätte. Wenn
man aber frägt wie man ein Naturwerk von einem
Kunstwerk auf dem Monde unterscheiden soll, so weiß
ich keine Antwort darauf zu geben. Die Mondstädte von
denen man gefabelt, haben 30–40 □ Meilen und sehen
daher mehr einem Gebirgslande ähnlich als einem Werk
der Kunst.
Die Atmosphaere des Mondes ist sehr ähnlich dem VacuumS. 120
unter unserer Luftpumpe; ein Barometer würde nur
einige Linien hoch stehen. Man glaubte bei Sonnenfin-
sternißen Spuren der Atmosphaere zu sehen, da man Re-
genbogen erblickte und wiederum wollte man bei solchen
Gelegenheiten auch Löcher sehen im Monde. Am 27. Jan: 1778
hat Ulloa auf dem atlantischen Ocean eine Sonnenfinsterniß
beobachtet wobei wenige Minuten vor dem Austritt des
Mondes ein glänzender Stern an der Mondscheibe erschien.
Er schloß auf ein Loch, es kann ja aber auch, da es so kurz
vor dem völligen Austritt erschien ein Einschnitt, ein Kra-
ter gewesen sein. 1725 ist in Rom etwas ähnliches gese-
hen. Louville , Haleÿ u. a. glaubten Blitze zu sehen in der
Atmosphäre bei Sonnenfinsternissen; an den Rändern kom-
men solche Funken häufiger vor. Schon Le Monier beschrieb
dies Sprühen und Humboldt hat es in Frankreich gesehen.
Doch so wenig man dies erklären kann; eben so wenig kann
man daraus auf eine Atmosphaere schließen. Die erste
Topographie des Mondes erschien von Hevel. Riccioli hat den
Bergen Namen der berühmten Astronomen gegeben; Dom:
Cassini und Lahire haben 2 vortreffliche Karten gezeichnet,
welche indeß nicht herausgegeben sind, sondern in der französischen
Academie liegen. Ferner gab Lohrmann Karten und
Mondatlas heraus. Später edirte Kruithuÿsen in München
Tob: Meÿer’s Beobachtungen über den Mond in den Bonner
Schriften der kaiserlichen Naturforscher.
Auf mannigfache Weise hat der Mond Einfluß auf die
Bewohner der Erde und zwar nicht bloß als Leuchte der Nacht.
Laplace hat die eines Phÿlosophen nicht würdige Frage unter-
sucht ob er bloß dazu da wäre unsere Nächte zu erleuchten
und gezeigt, daß es zu diesem Zweck ein besseres Mittel
gegeben hätte uns immer Vollmond zu geben, wenn er
nemlich nicht Trabant, sondern äußerer Planet wäre
und außer dem Erdschatten, der Sonne gegenüber stände.
Am wichtigsten ist er für die Schiffahrt wegen der Monddistanzen.
Die ganze Lehre von der Gravitation verdankt die erste
Anregung der Beobachtung des Mondes und seines Laufes.
Selbst die Figur der Erde konnte daraus geschlossen und so-
gar ziemlich genau gemessen werden. Man hat aus dem
Monde [unleserliches Material]die Unveränderlichkeit des Tages schließen können, so
daß seit Hipparch die Tage nicht um eine Secunde sich ver-
ändert haben.
Zodiakallicht. Man sagt gewöhnlich, daß es 1683 von DominicS. 122
Cassini entdeckt worden wäre. Er merkte nemlich, daß im
Frühling nach Sonnenuntergang[,] im Herbst nach Sonnenauf-
gang ein Licht erscheine, des Morgens am östlichen[,] des Abends
am westlichen Himmel, von der Sonne abgekehrt nach der Rich-
tung des Thierkreises. Als Cassini es in Paris sah, erblickte
auch Schardin es in Persien und als er sich darnach er-
kundigte erfuhr er daß es hier längst bekannt sei und selbst
einen besondern Namen habe. Für Europa gilt Cassini’s
Entdeckung, in den Tropen ist es aber etwas älter. In einer
mexikanischen Handschrift fand Humbold[t] unter den Wun-
dern welche Cortez Erscheinung vorhergingen auch eine
pÿramidalische Lichterscheinung gen Osten, aufgeführt. Man
behauptete es stehe im Zusammenhang mit der Zahl der
Nordlichter und wollte es selbst in Verbindung bringen mit
den Sonnenflecken. Daß es nicht immer von gleicher
Stärke ist hat Humbold[t] gesehen in den Steppen von
Caraccas. Er sah es hier von 2 zu 2 Minuten an demselben
Abend oft wechseln und hielt dies Anfangs für eine Folge
der theilweisen Verdickung in der Atmosphäre, was indeß
dadurch unwahrscheinlich wird, daß in denselben Augenbli-
cken selbst kleine Nebelflecke unverändert erscheiienen. Lange
hat man geglaubt es wäre die[s] abgeplattete Atmosphäre
der Sonne; allein diese kann sich nicht weiter als höchstens bis
zum Mercur erstrecken. Vielleicht ist es ein Rest der alten
Sonnenatmosphäre der von dieser getrennt wurde durch
die schnelle Rotation.
S. 123
Mars. Sein Durchmesser beträgt 963 Meilen also 55/100
des Erddurchmessers. An ihm werden auch Phasen bemerkt. Her-
schel hält seine Abplattung für 1/12, Schröter für kaum1/80;
Harding stimmt Herscheln bei, meint aber daß große
Undulationen in der Scheibe seien, welche er Flüßigkeiten
zuschreibt. Man sieht an ihm dunkle, bewegliche Flecken und
helle an den Polen. Letztere nennt man auch Eisflecken.
Diese sind neuerdings von Kunowskÿ beobachtet. Lacaille
hat aus ihm den Vortheil für die Sonnenparalaxe gezogen,
Keplern ist er wichtig geworden wegen seiner großen
Excentricität.
S. 124 l.
Die 4 kleinen Planeten. Schon die Alten meinten es gäbe
viele kleine Planeten welche ihrer Kleinheit wegen nicht ge-
sehen werden könnten. Man hält diese 4 für Trümmer eines
einzigen. Sie zusammen würden etwa so groß sein wie
der Mond. Der kleinste Vesta hat nicht viel über 40 Meilen
im Durchmesser. Herschel nannte sie verächtlich Aste-
roïden, Laplace besser telescopische Planeten. Sie sind
in umgekehrter Reihefolge gegen die Sonne zu entdeckt,
wie man häufig das zuletzt sieht, was einem am nächsten
ist. Gaus gab dem Olbersschen Planet den Namen Vesta.
Juno wurde von Harding 1804 entdeckt, Pallas 1802, Ceres
1801 von Piazzi. Olbers hat die Vesta absichtlich entdeckt, weil
er schloß daß, da zwischen den Flügeln der Jungfrau der
Knoten der Planeten sei, auch die etwaigen Trümmer
dadurch gehen mü[unleserliches Material]ßten. Encke hat die Berechnung ge-
macht, daß in 3400 Jahren sie sich alle wieder diesem Planeten
nähern werden und also sie sich vielleicht wieder zusammenballen
können. Am excentrischsten sind Juno und Pallas; die Winkel
der Pallas sind 34° die der Juno 13° in welchen sie die Elipse
der Erde schneiden. Die Bahnen dieser kleinen Planeten sind
so sonderbar verschlungen, daß man sie kaum einzeln ver-
folgen kann, sondern nur wenn man sie alle in Be-
wegung denkt.
Die äußern Planeten. An der Gränze unsers Sÿstems
stehen Jupiter und Saturn welche durch ihre Größe von dem
größeteen Einfluß auf die andern sind.
Jupiter ist merkwürdig durch seine Lichtstärke, seinenS. 125 l.
Durchmesser welcher 11 Erddurchmessern gleich ist und seinen
Inhalt; er ist ⅓ größer als alle übrigen Planeten wenn man
sie in eine Kugel geballt denkt, trotz seiner Dünnigkeit also
von großer Maße. Man sieht an ihm merkwürdige Streifen
und Flecken. Ausschließen hiervon muß man die Schatten
seiner Monde. Unabhängig von diesen hat er Flecken welche
zu seiner Atmosphäre gehören. Die Streifen sind später
beobachtet als seine Satelliten. Gewöhnlich sieht man 5 große
Streifen von bräunlicher Farbe um den Aequator, von denen
der mittelste heller erscheint; indessen hat man oft bis 10
solcher Streifen gezählt, häufig 2 an den Polen. Zwischen diesen
Streifen sind bewegliche Flecken, vielleicht nur zufällige Ver-
änderungen in der Atmosphaere. Allein nicht bloß an diesen
Flecken, auch an den Streifen beobachtet man Veränderungen.
Zuerst sah man von 1665–1666 ununterbrochen einen Flecken
über den mittelsten Streifen. Später hat hiernach Dom: Cas-
sini die Rotation auf 9 Stunden 56 Minuten berechnet. 1690
ist dieser Flecken wiederum beobachtet. Schröter hat darnach
nochmals die Rotationszeit berechnet und dasselbe Resultat ge-
funden. Die Abplattung bestimmte Cassini auf 1/14; Schröter
meinte sie sei nicht feststehend, sondern wollte viele Un-
regelmäßigkeit in der Figur des Planeten entdeckt haben,
die er mit einer Ebbe und Fluth verglich. Die 4 Monde
sind zuerst 1609 von Simon Meÿer (Magius genannt) in An-
spach gefunden; er nannte sie Sidera Brandenburgica; jedoch
machte er seine Entdeckung nicht früh genug bekannt, so daß ihm
Galilei daer sie 1610 entdeckte und Sidera Medicaea nannte,
zuvorkam. Man sieht an ihnen viele Flecken. Sie sind alle
größer als unser Mond, der 3te ist der größte und muß den
Jupiterbewohnern größer als uns das ganze Orionsbild er-
scheinen. Laplace hat die Tafeln ihrer Bewegung zu großer
Vollkommenheit gebracht, so daß die Fehler vielleicht höchstens 8–10
Secunden betragen. Er hat auch das Gesetz entdeckt, daß die 3
ersten Trabanten durchaus nie zugleich verfinstert werden
können.
Saturn, obgleich entfernter, hat ein kleineres Volumen
S. 126
als Jupiter, nemlich sein Durchmesser ist gleich 94/10 Erddurch-
messer. Die Rotation ist ähnlich der des Jupiter in 10 Stunden
16 Minuten zuerst bestimmt von Herschel 1789. Von der
Abplattung glaubt Herschel daß sie eine doppelte sei, als
Folge einer flüßigen Hülle. Der größte Durchmesser wäre nicht
am Aequator sondern würde mit diesem einen Winkel von
45° bilden. Bräunliche Streifen finden sich auch hier, beobachtet
von Herschel, Schröter und Kunowskÿ. Trabanten hat er 7
von denen 5 leicht zu erkennen sind; die 2 innersten, kleiner
selbst als Vesta, sind zuerst von Herschel durch sein 40 füßiges
Fernrohr*) gesehen, nachher von wenigen Astronomen. Saturn
hat die größten und kleinsten aller Monde unsers Planeten-
sÿstems. Flecke sind nur in dem 7ten, äußersten gesehen und
an diesem hat man auch gefunden, daß er immer nur eine
Seite dem Hauptplaneten zuwendet wie unser Mond. Der
Ring des Saturn ist nicht von Galilei sondern von Huÿgens
entdeckt, der ihn 1659 als Ring erkannt hat, und die Ursachen
angegeben warum er nicht immer gleich erscheint. Er verschwin-
det wenn er so zu stehn kommt, daß die Sonne dadurch scheint,
denn er ist sehr dünn, nur 113 Meilen dick. In dieser Stellung
ist er nur für sehr große Fernröhre sichtbar, wie Herschel ihn
durch das seinige sah. Gewöhnlich sieht man 2 Ringe welche con-
centrisch sind. Es ist die Frage ob zwischen diesen und dem Pla-
net eine Materie sei welche sie verbindet. Clarke will
einen Stern dazwischen gesehen haben und das würde also
die Frage verneinen. Schröter behauptete, daß der Ring
unveränderlich sei und sich nicht mit drehe, weil er Knoten
gesehen hat, welche sich in 36 Stunden gar nicht verändert haben.
Allein da die Ringe nicht in einer Ebene liegen, so kann er sie
als Knoten verschiedener Ringe immer gleichmäßig gesehen
haben. Die Nächte des Saturn müssen die malerischsten von
allen sein, der Menge seiner Nebengestirne wegen.
S. 127
Uranus. Sein Durchmesser beträgt nur 4 Erddurchmesser,
seine optische Kleinheit nur einen ∠ von 4 Secunden. Da man
ihn trotz dem mit bloßen Augen sehen kann, so hat er vielleicht
einen eigenen Lichtprozeß. Durch seine Entdeckung ist unser
Planetensÿstem um das doppelte vergrößert. Herschel hat
6 Satelliten entdeckt, andere haben nur den 2ten und 4ten
gesehen. Man hat bisher weder Flecken gefunden, noch weiß
man etwas über seine Rotation; doch scheint diese nicht von
Westen nach Osten, sondern von Norden nach Süden sich zu be-
wegen.
S. 128 l.
Die Alten schon haben sich viel mit diesen Gestirnen beschäf-
tigt. Die Pÿthagoräer behandelten sie wie Planeten und die
Aegÿpter rühmten sich ihre Wiederkunft vorhersagen zu köñen.
Seneca hat am verständigsten von ihnen geschrieben und warf
die Frage auf: ob der zu seiner Zeit gesehene derselbe sei
als der, welcher bei Caesar’s Tode gesehen worden. Abergläu-
bischere Ideen knüpften sich später wieder an ihre Erscheinung
und Ende saec: 15, Anfang saec: 16 hielt man sie wiederum nicht
mehr für Gestirne sondern für bloße Meteore. So sah sie
Acosta an, welcher, weil sie von West nach Osten ziehen, daraus
die Höhe der Passatwinde bewieß welche auch in dieser Richtung
wehen. Sie bewegen sich in sehr excentrischen Bahnen und
Pastor Dörfel in Plauen soll 1680 entdeckt haben, daß ihre
Bahnen parabolisch seien; Herÿ Percÿ Herzog v. Northumberland
gebührt das Verdienst die Excentricität derselben bestim̃t
zu haben. In Mexicanischen Manuscripten hat Humbold[t] An-
zeigen gefunden von den im 16 saec: erschienenen Cometen.
Dort wurden, wie in China, alle Astronomen gehängt, wenn
einer kam den sie nicht vorher gesagt hatten.
Man hat geglaubt einen Uebergang zu finden von den
kleinen Planeten zu den Cometen, welcher auch in den excen-
trischen Bahnen zu liegen scheint. Laplace indeß hat ge-
zeigt, daß es sehr unwahrscheinlich sei, daß Cometen Pla-
neten werden. Man muß bei ihnen den Kern, die Dunst-
hülle und den Schweif unterscheiden. Doch verdicken sich die
einzelnen Sphären und es ist kein schroffer Unterschied
zwischen diesen 3 Theilen des Körpers.
Der Kern ist so wenig dicht, daß Herschel 1795 im NovemberS. 129 l.
einen Doppelstern 13ter Größe durch den Kern gesehen hat.
Lahire hat geglaubt Phasen an ihnen zu sehen, und hat daraus
beweisen wollen, daß sie kein eigenes Licht haben. Allein die
Farben der Planeten sind so ungleich daß man hierauf keinen
Werth legen darf. Olbers meinte die Dichtigkeit beweisen zu
wollen dadurch daß der Comet von 1819 drei Stunden länger
vor der Sonnenscheibe sein würde; General Lindner behaupte-
te nun aus seinen Tagebüchern, daß an dem von Olbers
bestimmten Tage nicht einmal ein Sonnenfleck gewesen
sei; doch wollen andere solche Flecke gesehen haben, Wilke*)
sogar im Centrum
Olbers selbst legte später keinen Werth darauf. Galilei hat
den Schweif der Cometen schon mit einer Flamme verglichen
und zugleich darauf aufmerksam gemacht, daß alle Flammen
transparent seien. Nähert sich der Comet der Sonne so wird der
Schweif größer auf Kosten der Dunsthülle. Doch ist in Rücksicht
der Schweife die größte Verschiedenheit. Einige Cometen haben
gar keine Schweife; der von 1780 hatte einen Schweif von 70°
der, als der Kern im Zenith stand, noch nicht über dem Ho-
rizont war. Der Comet von 1754 hat 6 Schweife gehabt. Ge-
wöhnlich sind sie etwas inclinirt. Der Comet von 1823 hatte
einen getheilten Schweif, dessen convexe Seiten gegen einan-
der standen. Man meinte früher die Richtung der Schweife
sei allemal der Sonne entgegengesetzt; doch der Comet von
1823, welchen in Deutschland zuerst Kunowskÿ sah, hatte 2 Schwei-
fe von denen einer gegen die Sonne zu, der andre aber in
einem stumpfen ∠ von 160° stand. Zu einer sonderbaren
Beobachtung hat der Enckesche Comet 1825 in Neuholland An-
laß gegeben; man will nemlich dort eine Rotation von 19
Stunden 36 Minuten gesehen haben. Bei ihrer Wiederer-
scheinung haben die Cometen nicht immer dieselbe Gestalt. Der
Haleÿsche hat immer einen kleineren Schweif wieder
mitgebracht. Der Comet von 1811 hatte nach Herschel einen
Kern von 93 Meilen, der Durchmesser der kugelförmigen Dunst-
hülle betrug 27,000 Meilen, die Länge des Schweifes 22,000,000
Meilen. Daß die Cometen keinen eigenen Lichtprozeß haben,
wollte schon Lahire, wie wir oben gesagt, aus den Phasen
beweisen; 1819 haben Arago und Humboldt durch ein optisches
Mittel diese Behauptung bewiesen und gezeigt, daß sein Licht
ein reflectirtes sei und er eine colorirte Polarisation be-
sitze. Die Zahl der Cometen ist schwer zu bestimmen. Man
hat historische Kenntniße von 400; beobachtet sind hiervon 128;
im 17ten saec: 10, im 18ten 65, die übrigen alle im 19ten saec: Die
Probabilitätsrechnung bringt etwa eine Zahl von 400,000 als
Gränze des minimums.
Man sieht also, daß die Cometen
bei weitem den größten Theil der Bevölkerung unsers
Sonnensÿstems ausmachen. Messier und Vons , früher in
Marseille jetzt in Italien, sind als die beiden Astronomen
zu nennen, welche die größte Menge von Cometen entdeckt
haben, doch sind wir auch in der neusten Zeit für Cometen-
Beobachtungen sehr begünstigt gewesen, denn von 1769–1807
ist kein großer Comet erschienen, dann aber kamen die be-
deutenden von 1807, 1811 und 1819.
Noch vor 8–9 Jahren kannte man nur die Wiederkehr
des einzigen Halleÿschen Cometen mit Sicherheit, welche 1682
berechnet wurde. Dann erschien er 1759 und wird 1835 wieder-
kehren. Encke machte 1819 die glänzende Entdeckung, daß ein
kleiner Comet in ungefähr 3 Jahren um die Sonne gehe,
und welchen die Franzosen deshalb Comête de courte période
nannten. Der 3te Bielasche Comet wurde erst 1826 erkannt.
Zwar hat Olbers einen Cometen von 1815 elliptisch berechnet,
und seine Periode auf 75 Jahr bestimmt: allein es findet sich gar
kein früherer Comet welcher dazu paßte und die Zukunft wird
entscheiden ob er Recht hatte. Auch hielt man die beiden Cometen
von 1532 und 1660 für identisch und erwartete diesen wieder
1790; allein vergeblich, wie es auch Olbers vorausgesagt,
welcher einsah, daß die Elemente dieser beiden Bahnen
nicht übereinstimmten.
Wenn durch die Astronomen und namentlich durch Lalande
eine große Furcht vor der Nähe eines Cometen verbrei-
tet worden ist, so wurde auch dieselbe Furcht durch die Be-
rechnungen der Astronomen wieder gehoben. Wir müssen
also betrachten in welcher Sonnennähe und Erdnähe der nächste
Comet bis jetzt gekommen ist und die Nähe berücksichtigen
in welche er zur Erdbahn kommen kann. Der von 1680
war nur 34000 Meilen von der Sonne also ⅝ einer Mond-
weite von der Erde 10,000,000 Meilen entfernt. Der von
1770 war 6 Mondweiten von der Erde vorbei gegangen; durch
den Phÿsiker Lichtenberg war der Irrthum entstanden als sei
er zwischen Erde und Mond durchgegangen; dies ist aber von
keinem einzigen Cometen historisch nachgewiesen. Der 2te
innere Comet, der Bielasche kommt der Erdbahn am nächsten,
indem er in manchen Fällen nur 2 Mondweiten von derselben
entfernt ist.
Die Gefahr wird überhaupt sehr vermindert durch den Ge-
danken an die äußerst geringe Maße der Cometen, obgleich
nicht zu läugnen ist, daß die Geschwindigkeit der Cometen,
besonders wenn die Richtung grade entgegengesetzt wäre,
einen starken Stoß hervorbringen würde. Der Comet von
1770 ging durch das Sÿstem der Jupitertrabanten ohne die min-
deste[n] Störung in demselben hervorzubringen, also muß auch die
Attraction sehr klein gewesen sein. Von demselben Comet
berechnete Laplace, daß wenn er 1/5000 von der Maße der
Erde gehabt, so würde unser Jahr um 3 Stunden verlängert
worden sein; da es aber nicht einmal um einige Secunden
verlängert worden ist, so läßt sich daraus auf die unendlich
geringe Maße des Cometen schließen. Der Bielasche Co-
met durchschneidet zwar die Erdbahn, allein dennoch ist die Un-
wahrscheinlichkeit sehr groß, daß er j[unleserliches Material]e mit der Erde zusam̃en-
treffen wird.
Der Enckesche Comet zieht seine Bahnen zwischen Merkur
und Jupiter und wurde zuerst 1786 von Méchain beobachtet.
Dann 1795 von Miss Herschel der Schwester des Astronomen;
von Messier und Bode. 1805 von Pous 1819 wieder von Pous,
1822 nach der Vorhersagung von Encke von Rümker in Para-
matta in Neuholland, wo man ihn sogar mit bloßen Augen sehen
konnte und 1825 von Harding in Göttingen. Seine Umlaufszeit
wurde 1819 entdeckt; er geht, wie alle Planeten von West nach Ost
und kann der Erde nie gefährlich werden da er in zu großer
Entfernung von ihr bleibt und nicht einmal mit seiner Bahn die
Erdbahn berührt. Die Umlaufszeit war verschieden, welches man
einer eigenen im Weltraum verbreiteten Materie zuschreibt,
welche vielleicht mit dem Zodiakallicht Aehnlichkeit hat, aber
sonderbar genug so auf den Cometen wirkte, daß sie ihn
der Sonne näher brachte also seine Umlaufszeit verkürz-
te.
Von | 1786–95 | brauchte er | 1208,2 | Tage |
〃 | 1795–1805 | 〃 | 1207,7 | 〃 |
〃 | 1805–1819 | 〃 | 1207,2 | 〃 |
Dieser Comet wird nicht nur viel Licht über die Natur
der Cometen verbreiten, sondern auch für manche Erscheinun-
gen in unserem Sÿstem von Wichtigkeit sein. So wird er ge-
wiß mit der Zeit über die Masse des Merkur große Auf-
schlüsse geben, über die wir fast ganz in Ungewißheit schweben.
Der Bielasche Comet wurde 1772, 1805, 1822 gesehen
und seine Umlaufszeit beträgt 6 Jahre 9 Monate. In der
Sonnennähe ist er nicht weit von der Erdbahn, während er
auf der andern Seite nicht über den Jupiter hinausgeht.
Sein Umlauf wurde 1826 von Biela gefunden und fast gleich-
zeitig von Gambon in Frankreich. 1826 war er 114,000 Meilen
von der Erde entfernt, es könnte daher wohl der Fall eintreten,
daß sein Schweif sich mit unserer Atmosphäre vermischte;
man glaubte, daß dies 1783 geschehen sei, wo ein merkwürdiger
Höhenrauch die Sonne mehrere Monate lang verhüllte; bis zuletzt
Arago bewiesen hat, daß auch bei der schnellsten Bewegung
des Cometen dieselbe Verdunklung auch jenseits des at-
lantischen Meeres in Amerika müsse Statt gefunden haben,
wovon sich aber keine Spur findet. Der Höhenrauch muß
also anderen uns unbekannten Ursachen zuzuschreiben sein.
Von den äußeren Cometen kennen wir nur einen,
den Halleÿschen. Er wurde zuerst 1456 gesehen und fällt also in
die ominöse Zeit, wo zugleich die Araber im Westen sehr schnell
aus Spanien verjagt wurden, während sie im Osten reißend
vordrangen[…] und 1453 Constan⎡ttinopel eroberten. Der Pabst Kalix-
tus ließ Gebete gegen diesen Cometen ausschreiben und ihn
förmlich verwünschen. Man hat ihn wieder beobachtet 1531,
1682, 1759 und erwartet ihn wieder den 16ten November 1835.
Er hat also eine Periode von 76 Jahren, welche zwischen 75½ und
76 schwankt wegen der Anziehung der beiden gewaltigen Massen
des Jupiter und Saturn, welche schon für sich allein ein eigenes
Sÿstem von Planeten ausmachen. Halleÿ hatte sein Erscheinen
1682[…] vorhergesagt und Clairault überreichte der Akademie
ein Memoira , worin sein Erscheinen auf die Mitte April 1759
bestimmt war. Er erschien endlich med: März und wenn
man damals die Störungen des Jupiter und Saturn genauer
gekannt und v[unleserliches Material]nom Uranus etwas gewußt hätte, so würde man
eine Genauigkeit von 5–6 Tagen erreicht haben.
Noch ist zu erwähnen, daß der Comet von 1770 durch Lexel
auf 5½ Jahre Umlaufszeit berechnet wurde; er wollte aber
nicht erscheinen. Burckhardt in Paris hat sich sehr darum be-
müht, aber endlich fand man durch eine Menge der mühse-
ligsten Rechnungen, daß seine Bahn inflectirt worden sei:
er näherte sich nemlich dem Jupiter 1779 wieder auf so weit,
daß dieser auf ihn einwirken konnte und nach den unabän-
derlichen Gränzen , die man mit Unrecht Störungen nennt,
wurde die Bahn des Cometen so sehr perturbirt, daß er sich von
uns entfernte und wahrscheinlich nie wieder erscheinen wird.
Der Comet von 1815 den Olbers auf 75 Jahr elliptisch berechnete
stand in seiner Sonnenferne 34 Erdhalbmesser von der Erde
entfernt, der Halleÿsche 36 Erdhalbmesser.
Ganz allgemein betrachtet können die Bahnen der
Cometen: Kreise, Parabeln, Ellipsen und Hÿperbeln (alle
4 Kegelschnitte) sein: allein nur eine mögliche Geschwin-
digkeit giebt Kreise und Parabeln, viele Geschwindigkeiten,
wie sie durch die Perturbationen gestört werden, geben
Ellipsen und Hÿperbeln[;] die Parabel ist die unwahrschein-
lichste, die Ellipse die wahrscheinlichste Bewegung. Die Be-
rechnungen aber werden gewöhnlich für die parabolische Be-
wegung gemacht, weil hier die große Axe eliminirt wird.
Laplace hat unwidersprechlich bewiesen, daß, so große
Aehnlichkeiten man auch zwischen den Asteroiden und den
neu entdeckten Cometen finden wollte, doch nie ein Planet
zum Cometen und umgekehrt werden könnte. Er hielt die
Cometen für irrende Nebelflecke, welche von einem Sonnen-
sÿstem zum andern gehen können. Ueberhaupt nahm er an,
daß alle Weltkörper aus einem Nebelzustande hervorgegan-
gen wären, nach Herschels Beobachtungen, welcher sah, daß
die entfernten Nebelflecke sich zerspalten, theilen und zusam-
menziehen. So können aus einem Nebelflecke, worin mehre
Kerne sich befinden, Sternhaufen entstanden sein, wie die
Plejaden, wo Kerne vorhanden sind, da wird sich ein Zustand
bilden, wie wir ihn bei den Doppelsternen wahrnahmen, daß
nemlich 2 Sonnen sich um einen gemeinschaftlichen Schwer-
punkt drehen. Laplace glaubt, daß jene dunstartige Materie
sich ursprünglich so weit verbreitet habe, als unser Sonnensÿstem
reicht. Der Centralkörper zog sich langsam zusammen
und rotirte auch eben so langsam. Die Rotation erstreckte sich
aber nur so weit, als die Schwere der Centrifrugal-Kraft
das Gleichgewicht hielt. Sobald die einzelnen Körper sich dem
Centralkörper nähern, so wird die Rotation, wegen der ver-
mehrten Masse schneller, und die Grenze der Atmosphaere
ist kleiner, als vorher. Die Zusammenziehung der Atmosphaere
des Centralkörpers brachte nun eine Zerreißung der dunst-
förmigen Materie hervor und an der Stelle der Planeten ro-
tirten anfangs Ringe von einer ungeheuren Größe.
Die Planeten ballten sich auf 2 verschiedene Arten zusam-
men, entweder als selbstständige Kerne, (wie die Erde etc:) oder
als mehrere zusammen gehörige Kerne, wie die Asteroiden,
von denen aber Olbers mit großem Scharfsinn annimmt,
daß sie Trümmer eines frühern Kernes wären. Die Plane-
ten bildeten nun wieder ein Centrum für ihr kleineres Sÿ-
stem von Trabanten und ein ursprünglicher Ring als spe-
cimen ist uns beim Saturn übrig geblieben: wenn dieser
Ring sich wieder theilte, so würde der Saturn noch mehr Tra-
banten und zwar lauter innere bekommen. Dies Sÿ-
stem von Laplace hat einige Aehnlichkeit mit dem von
Buffon, welcher annahm, daß der Stoß eines Cometen
auf die Sonne, die Planeten davon abgesprengt hat .
Wenn man annähme, daß der Stoß von Westen nach Osten
und ungefähr in der Richtung des Sonnenaequators Statt
gefunden habe, so erkläre sich hieraus sowohl die geringe
Neigung der Planetenbahnen gegen den Sonnenae-
quator als auch ihre Translation von West nach Ost; allein
die Rotation um ihre Axe würde nicht hinlänglich deduzirt sein.
Die Sicherheit von der Dauer unsers Planetensÿstems
beruht auf der Kenntniß der Mechanik des Himmels und
wir sehen, daß im Mittelalter viel darüber gestritten wurde.
Dies liegt darin, daß wir alles für zufällig halten, was
nicht n[o]ach bestimmt auf einander folgenden Gesetzen erklärt
werden kann; allein wir müssen nicht vergessen, daß in
diesen Dingen die Periode größer sein kann als unsere Er-
fahrungen: wir können sie deshalb nicht messen und den-
noch mag sie existiren. Ferner aber ist auch das Periodische
gar nicht einmal nothwendig um uns manche Erscheinungen
zu erklären. Wir müssen sagen, daß alles das gesetzlich ist,
was aus Ursachen erkannt werden kann und wie könnten
wir behaupten, daß uns alle Ursachen bekannt sind. Eine
Ordnung der Dinge kann auf die andere folgen und alle
können in einer größeren unveränderlichen Weltordnung
begriffen sein.
Noch muß hinzugefügt werden, daß in unserem Plane-
tensÿstem selbst durchaus kein Princip der Zerstörung auf-
zufinden ist: sie muß also immer von außen kommen und
da sind die Cometen das einzige, das sie veranlaßen köñ-
te. Alle Störungen in unserm Sÿsteme sind nur Oscil-
lazionen um einen mittlern Zustand. Zuerst ändern sie
bloß die Richtung der Planeten in ihrer Bahn, denn affi-
ciren sie selbst auf die Bahnen, welche aus ihrer Lage kom-
men, allein diese Sekularstörungen (so nennt man die in
großen Perioden sich bewegenden) sind meist ab- und zu-
nehmend, in einem beständigen Schwanken von hinüber
und herüber begriffen. So verhält es sich mit der Excen-
tricität der Erdbahn, welche sich sehr genau hat berechnen
lassen: sie war 8400 Jahr vor unserer Zeitrechnung am größten
und wird von nun an noch 23,000 Jahre abnehmen, denn
aber sich wieder nach der andern Seite hin ins Gleichgewicht
zu setzen suchen. So ist die Excentricität des Jupiters jetzt
im Wachsen begriffen; die des Saturn dagegen nimmt ab,
und wird sich nach 900–1000 Jahren, nach Laplace’s Berech-
nung, wieder ausgleichen. Einer der merkwürdigsten Umstände
aber ist es, daß die Sicherheit von dem Ueberhandnehmen der
Störungen durch Jupiter und Saturn nur darauf beruht, daß
ihre Umlaufszeiten nicht beide durch ganze Zahlen ausgedrückt
werden können d. h. sie sind irrational zu einander.
Sie sind ungefähr wie 12 : 30, aber nicht ganz, denn dies gebe
2 : 5 und in diesem Falle würden sie nicht nur sich selbst,
sondern auch alle andern Planeten zerstören.
Der | Jupiter | hat | 4332 | Tage | Umlauf, |
〃 | Saturn | 〃 | 10739 | 〃 | 〃 |
Eine andere Bürgschaft für die Stabilität unseres Sÿ-
stems haben wir in der Unveränderlichkeit der großen
Axe der Planetenbahnen: sie bleibt in ihrer absoluten Größe
immer dieselbe; ferner in der großen Entfernung der
Planeten von einander; so wie in der Kleinheit der
Excentricität ihrer Bahnen, und der Neigung derselben gegenein-
ander. Laplace sieht nur 2 Gefahren, die im Sonnensÿstem
selbst begründet wären: 1., die wiederstehenden Mittel, über
welche der Enckesche Comet Aufschluß gegeben hat, der durch
eine Bewegung hemmende Materie in seiner Bahn gestört
und der Sonne näher gebracht ist: so wird auch nach und nach
bei den Planeten die Attraction gegen den Centralkörper
zunehmen; 2., das Abnehmen der Maßsse der Sonne durch
langes Leuchten, wodurch sie immer schwächer anwerden würde.
Allein beide Gefahren sind wenigstens noch sehr entfernt.
Das einzige nicht periodische in unserm Sÿstem ist die
Richtung der Absidenlinie; (welche durch die beiden Endpuncte
der großen Axe der Erdbahn geht) allein dies bringt weiter
keine Gefahr, sondern veranlaßt nur, daß sie nach und
nach gegen andere Fixsterne gerichtet wird.
Die 3 Hauptmomente von denen wir in diesem Theile
handeln werden sind:
1. das Starre 2. die flüßige Hülle 3. das Organische
oder die Pflanzen und Thiere, der Maßsse nach zwar das
s. gut
Kleinste auf dem Erdboden aber am meisten von der Form besiegt.
1. Von dem Starren; unnatürlicher Weise ist dieser Theil
die Geognosie genannt. Dieser Theil zerfällt wiederum in
5 Unterabteilungen:
Die Gestalt der Erde ist nicht bloß Gegenstand der Neu-S. 139 l.
gierde sondern ihre Bestimmung hat großen Einfluß auf das
bürgerliche Leben, die Schiffahrt, die Landkarten, die Bestim-
mungen der Entfernungen und Maaße.
Eine flache Erdscheibe vonm Okeanos umfluthet, war die
frühste Ansicht welche die Menschen davon hatten, so nach Thales,
welchem Plinius ganz unkritisch schon die Wissenschaft vonGut
einer Kugel zuschreibt. Die Pÿthagoräer erkennen sie zu-
erst als solche, nach dem Zeugniß des Philolaos. Die Gründe
welche sie dafür aufstellten waren dieselben (ausgenom̃en
die Weltumseglung) welche wir noch heute dafür nennen:
der Schatten der Erde bei Mondfinsternissen; die Bemerkung,
daß wenn man von Cÿpern nach Aegÿpten fuhr man das
Sternbild des Canopus immer höher und höher heraufsteigen
sah. Der scharfsinnige Aristoteles fügte noch den Grund hinzu,
daß alle Theile nach dem Gesetz der Schwere dem Mittelpunkt
zustreben. Hiernach war die Idee von den Gegenfüßlern
bei den Alten sehr allgemein und z. E. Diogenes Laertius
hat ausführlicher von ihnen geredet. Alles dies aber ging ver-
loren in den Zeiten der Barbarei; und setzte doch Pabst Za-
charias den Bischof von RegensburgSalzburg Vigilius deshalb ab,
weil er behauptet hatte, daß es Antipoden gäbe.
Genauer lernen wir nun die Gestalt der Erde kennen
durch die Gradmessungen. Die erste ist angestellt von dem
Caliphen Al Mahmud[unleserliches Material] in Mesopotamien. Man legte einen
Theil auf der Erde zurück und verglich nun mit diesem die Him-
melskörper. Solche Messung besteht also jedesmal aus einem
astronomischen und einem geodetischen Theil. Mahmud
ließ einige seiner Astronomen nach Norden andere nach Süden
reisen bis sie einen Grad zurückgelegt hatten. Welche Un-
sicherheit aber solche unmittelbare Messung der Erde hat, ist
gut
leicht einzusehen und so bewegten sich die Araber auch gar nicht
auf einem bestimmten Meridian. Der Holländer Schnel-
lius hat zuerst eine sicherere Messungsmethode aufgefunden.
Er warf ein trigonometrisches Netz über die ganze Richtung
der zu messenden Gegend und maß den Grad durch eine
Basis. Dies wandte er zuerst an zwischen Leÿden und Alk-
mar. Um Sicherheit zu erlangen wurde die größte Auf-
merksamkeit auf die Meßinstrumente gewandt. Bei der
Messung in Peru bediente man sich noch der Holzstäbe, später
machte man sie von Platina[,] in England von Glas; auch wußte
man immer mehr den Contact zu vermindern. Der astro-
nomische Theil solcher Gradmessung besteht darin, daß man
einen astronomischen Winkel bestimme[verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt]; er wird durch
den Unterschied der Meridianhöhen gemessen. Wird gleich
dem Aeratosthenes in Alexandria die erste Messung
zugeschrieben, so ist diese doch vielmehr nur eine Schätzung
zu nennen. Er bediente sich hierzu des bekannten tiefen
Brunnens zu SienaSyene. Doch die Stadien der Karawanenstraße
mußten ihm die Bestimmung der Entfernung von SienaSyene nach
Alexandria angeben; auf den Durchmesser des Sonnenbildes
wurde gar nicht Rücksicht genommen und daß Alexandria und
SienaSyene keinesweges unter demselben Meridian liege,
berücksichtigte er gar nicht. Als der 2te Gradmesser wird der
Lehrer Cicero’s, Posidonius genannt, welcher nach dem Cano-
pus maß. Der 3te soll Ptolomaeus gewesen sein, dessen
Anfänge den Arabern Anlaß geben. Almamum folgte
ihm und führte sein Werk aus. Dieser war so sehr Lieb-
Gut
haber der Astronomie daß, als er den griechischen Kaiser
gefangen genommen hatte, er zur Bedingung seiner
Freilassung die Abtretung der Handschrift des Almagest
von Ptolomaeus machte. Seine beiden abgeschickten BandenBanden
fanden dasselbe Resultat (welches der Caliph gewünscht hatte)
nemlich das was im Almagest stand.
Die ersten Trigonometrischen Messungen von Schnellius
in Leÿden 165016[unleserliches Material]15(?) gaben falsche Bestimmungen und führten
lange Newton irre. Genauere wurden 1669 von Picard in
Frankreich angestellt, wornach sich jedoch ergab daß die Erde
an dieen Polen nicht abgeplattet, sondern zugespitzt sei. Trotz
alle dem hatte Newton schon die Wahrheit theoretisch erwiesen
und bestand darauf trotz der scheinbaren Einwürfe des Fran-
zosen. Gerechtfertigt wurde er zuerst durch Riché in Ca-
yenne, welcher fand daß seine Pendeluhren in Caÿenne lang-
samer gingen als in Paris. Er stellte als Ursachen hierfür
auf 1., die größere Wurfkraft am Aequator 2., aber meinte
er ob hieraus nicht folgen würde, daß die Erdmasse am Ae-
quator mehr aufgehäuft sei als an den Polen zu. Deshalb
wurden von 1735–1746 Reisen angestellt von Gòdelt nach
Quito*) und hier Messungen gemacht. Später wurde Clai-
Clairaudt
raut und Lacondamine, Mo⎡aupertuis u. a. nach dem Norden
geschickt. Sie meaßen eine Basis zwischen Torneo und dem
Berge Titis, auf dem Flußspiegel des Torneo ⎡. Dies
war eine unglückliche Expedition, da alle Theilnehmer der-
selben gegenseitig gespannt wiederkehrten. Schwanenberg
der sie neuerdings nachmaß, wollte den großen Fehler von
1200 Fuß auf einen Grad gefunden haben; doch hat Rosenberg
Gut
aus Halle gezeigt, daß es nicht so gar arg ist als Schwanen-
berg es macht. Bei den französischen Messungen sind zuerst
Repetirkreise angewandt welche Tobias Meÿer erfunden hat.**)
Spätere berühmte Gradmessungen sind die von Much in
England über den Canal weg in Verbindung gesetzt mit fran-
zösischen; in Ostindien von Lewton und King; in Russland
von Struve u. a. in Hannover von Gaus (in Holstein von
Schumacher.) Als Resultate hat man gefunden, daß ein
Grad am Aequator 56731 Fuß (?)Toisen in Frankreich 57006
in Lappland 57200 beträgt.
In neuern Zeiten hat man die Pendelmessungen vorge-
zogen. Die erste war die von Riché in Caÿenne, später
wiederholt an der afrikanischen Küste. Es giebt 2 Methoden:
1., mit der Platinakugel und 2., mit einem unveränderlichen
Pendel. Neulich fand Bessel in Königsberg eine neue Methode,
welche bald beschrieben werden soll. Die größten Messungen
der Pendellänge sind von Engländern und Franzosen gemacht,
am Aequator in Afrika, in Spitzbergen, in Indien und West-
Grönland. Die Resultate sind: daß die Abplattung zwischen 1/305
und 1/280 schwankt; dies macht nur 3600 Fuß oder 1/18 der ganzen
Abplattung. Die Folge der Abplattung ist also, daß die Figur
der Erde sich so weit von einer Kugelgestalt entfernt als wenn
man den Himalaja 2 mal auf den Aequator setzt. 64,200 Fuß
(oder Toisen?) oder 3 Meilen ist der Aequator entfernter vom
Mittelpunkt der Erde als die Pole. Die Gradmessungen geben
die Abplattung 1/305 dasselbe Resultat gab die Mondtheorie von
Laplace, aber nach Burckhard gab diese nur 1/299.
Man hat lange gefragt ob die südliche Hemisphaere mehr
abgeplattet sei als die nördliche? Lacaille bejahte diese
Fragen. Dies zu untersuchen war besonders der Zweck der
Reisen um die Welt des Spaniers Alessandro Mala Spina
und der Franzosen Fresnel und Brusbeÿ. Die Pendelversuche
zeigen, daß kein Unterschied zwischen beiden Hemissphaeren
sei. Doch verschieden ist die Abplattung bei den verschiedenen
Meridianen; daher kann man nur sagen: die Erde habe nur
Tendenz zur Rergelmäßigkeit nicht Regelmäßigkeit selbst.
Wollte man die Messung in England allein gelten lassen;
so würde folgen daß die Erde zu gespitzt sei; die von Frank-
reich allein, daß sie noch mehr abgeplattet sei. Wo Basalte
in der Nähe sind, nehmen die Pendelschwingungen 10–13
Secunden des Tages zu; diese Bemerkung machte Sabÿ auf
Ascension, Humboldt und Arago auf andern vulkanischen
Inseln.
(Auch in der Breite hat die Erde eine Abplattung. Man hat
von Bordeaux aus eine Messung angestellt bis Fiume,
welche Oesterreich bis Siebenbürgen fortsetzen will.)
Man kann also die Abplattung der Erde schließen: aus der
Mondtheorie, aus den Gradmessungen und den Pendelversuchen.
Die beiden ersten geben zwischen 1/304 und 1/305 Abplattung,
die Pendelversuche 1/290. Dieser Unterschied beträgt 3600 Fuß
in dem Aequatorialhalbmesser der Erde, oder da dieser 156
Meilen lang ist, 1/5000 Theil desselben. Mehre Gradmessungen
Gut
mit einander verglichen geben den Umfang der Erde; die Pen-
delversuche geben die Abplattung. Ohne kostbare Gradmes-
sungen, ja ohne selbst die Sternwarte zu verlassen, kann
man den Umfang der Erde schließen aus der Mondtheorie,
der Mondparalaxe und den Pendelversuchen. In neuerer
Zeit hat man die Frage untersucht ob auch in der Richtung der
Parallelen eine ähnliche Abplattung als am Polardurchmesser
Meraldi
sich finde. Schon 1733 haben Cassini und Merailli deshalb
Pendelversuche angestellt, welche indeß sehr ungenau
ausfielen. Neuerdings haben die französische sardinische und
österreichische Regierung gemeinschaftlich deshalb Versuche
machen lassen durch die Astronomen: Bossout, Henrÿ, Planarichtig
und Carnini. Es wurden 15 Längengrade gemessen, nemlich
nördlich vom Ausflusse der Gearonne an, über den Montblanc
und Mont Cenis durch Norditalien bis Fiume und die österreichi-
sche Regierung hat den löblichen Entschluß gefaßt diese gemessene
Linie fortzusetzen bis Orzowa in Siebenbürgen, dann wird
sie 24 Längengrade in sich faßen.
Das Resultat war daß man
eine noch größere Abplattung fand als die der Breite,
nemlich 1/250 bis 1/260. Mag auch die Localität der Alpen und
der platten Lombarbei hierzu etwas beigetragen haben,
so muß sie doch im Ganzen bedeutend sein.
Die Abplattung im Allgemeinen beweißt, daß die Dichtig-
keit der Erde im Zunehmen ist nach dem Centrum hin. Diese
verschiedene Dichtigkeit ist auch ein nothwendiges Bedürfniß
der Stabilität des Oceans. Wäre das Wasser so dicht als
Quecksilber, so würden immerfort Ueberschwemmungen Statt
haben. Wäre diese größere Dichtigkeit am Centro nicht,
gut
so würde auch die Abplattung größer sein, nemlich 1/230. Ein
englischer Infanterie-Capitain Simmis hat die närrische
Behauptung aufgestellt, daß die Erde inwendig hohl sei und ein
Loch 12–16° breit, nördlich von Sibirien hineinführe. Er hat
vielfach die Leute aufgefordert mit ihm dorthin zu reisen
und namentlich neuerdings den Magistrat von Augsburg und
andere deutsche Städte dafür zu interessiren gesucht. Er
meint wunderbare Thiere darin zu finden und hat zu gleich
angenommen, daß 2 leuchtende Planeten(Proserpina & Cerberus)
sich darin herumdrehend Licht und Wärme verbreiten.
Dies letztere wäre gar nicht nöthig. Chladnÿ schon hat ge-
zeigt, daß die Compreßssion der Luft eine sehr warme Tem-
peratur hervorbringe und einen fortwährenden Lichtprozeß
bewirken müsse. Francklin hat solche Compreßssion der Luft
im Innern der Erde angenommen und Lichtenberg diese
Idee durchgeführt. Auch gewogen ist die Erde in neuerer Zeit
mit vieler Genauigkeit. Auf 3 fache Weise kann die Dichtig-
keit des Erdkörpers gefunden und mithin seine Schwere bestim̃t
Ivory(?)
werden. Thom: Young, Laplace und Iverly haben diese
schweren Rechnungen versucht und fanden die Schwere 47/10
mal größer als die des Wassers. 2., hat man dasselbe Re-
sultat gefunden durch die gemessene Anziehung der Gebirge.
Pertshire
Zuerst stellte solche Messung 1774 Huton an in Pershire an
der schottisch-englischen Gränze. Man wählt zu diesem Zweck
ein Gebirge, welches von Osten gen Westen streicht; hat man
nun die Attraction dieser Gebirgsmasse ausgewirkt, so wird
man nicht dasselbe Resultat an dem nördlichen wie an dem südlichenGut
Ende finden. Versieht man das astronomische Instrument
mit einem Pendel oder Loth so wird ein anderer Stern am
nördlichen ein anderer am südlichen im Zenith zu stehen scheinen.
So fand man am Chimborasso eine Attraction von 14 Se-
cunden. Die Secunden welche man als Unterschied zwischen
den Messungen am Norden und denen im Süden findet,
sind Folgen der Anziehung des Berges. Man weiß nun
wie viel der Masse des Berges gehört, wie viel der Masse
der Erde. Hat man nächstdem das Volumen des Berges
gemessen und die Gebirgsarten aus denen er besteht,
bestimmt, so findet man nachdem man die Attraction
des Berges von der der Erde abzieht auf diesem Wege ebenfalls
eine 47/10 mal größere Schwere als des Wassers. Carlini
hat am Mont Cenis etwas ähnliches versucht und 44/10 gefunden.
Herr. v. Zach hat in Marseille ähnliche Beobachtungen angestellt;
allein die Berge waren nicht groß genug dazu, so daß das Re-
sultat um einige Secunden schwankt. Das 3te Mittel ist durch
die Drehwage. 1768 war MitschelMitchell auf die Idee gekommen,
daß die Oscillationen an der von ihm erfundenen
Drehwage die Attraction messen könnteen. Sein Apparat
war in Hulastons Hände gefallen, Keventisch hat hiernach
einen neuen gebildet und die Erdattraction damit gemessen;
⎡Coulon
Wollaston
und fand 54/10.⎡Cavendish
Von der innern Wärme des Erdkörpers, dem Electro-
Magnetismus, dem Licht der Erde und dem Polarlichte. WirS. 152
können hierbei nur allgemeine Betrachtungen anstellen,
das besondere gehört ins Gebiet der Phÿsik.
Die 3 Quellen der Wärme sind: 1., von außen die Son-
nenstrahlen welche verschieden ist nach der Größe des Einfallswin-
gut
kels und der Dauer ihrer Gegenwart. 2., Von der Ausstrahlung
aller Gestirne welche dem Weltraume selbst zugehört. Dies
ist eine Entdeckung des scharfsinnigen Fournier. Er zeigte,Fourier
daß wenn in dem Weltraume eine absolute Kälte sei, die
Wärme unseres Sÿstems bis gegen den Monat September
hin schon ausgestrahlt sein würde; diese Wärme des Weltraumes
bestimmt er als etwas geringer denn die an den Polen herr-
schende. 3., Derjenige Theil der primitiven Wärme, welche
dem Erdkörper gehört.
Bei der Verdichtung des Planeten selbst, ist große Wärme
erregt und diese ist incarceririrt in der Erde. Von dieser reden
wir hier. Sie hat keinen Einfluß auf die Temperatur der
Oberfläche des Erdkörpers. Die Theorie zeigt, daß durch die
Quantität Wärme welche bereits ausgestrahlt ist ein solches
Gleichgewicht hergestellt worden sei, daß in Tausenden von
Jahren die Temperatur kaum um 1/30° Reaumur abwei-
chen werde. Laplace meint die Wärme die dem Erdkörper
angehöre sei in unsern Gegenden wohl nur ¼° Reaumur.
In einer Tiefe von 8–10 Fuß unter der Erde bemerkt man
noch tägliche Veränderungen der Temperatur; in 100–120 Fuß
nur noch eine jährliche. In Frankreich wo Lambert schon vor
Saussure solche Versuche angestellt hat, legte man 18 füßi-
ge Thermometer in die Erde; bei 10 Fuß stand es bei Tage
wie bei Nacht; auf 80–90 Fuß hatte man schon eine be-
ständige Wärme welche sich nicht mehr veränderte. Im Oc-
tober war die Wärme noch nicht in diese Tiefe gedrungen,
erst in der Mitte dieses Monats fing der Thermometer an
zu steigen. Der Temperaturzustand der Erde ist jetzt unver-
änderlich; was sie empfängt, strahlt sie aus an den Polen.
Mondbeobachtungen beweisen, daß die Veränderung des Tages
nicht um 4/1000 einer Secunde betragen.
Je tiefer man kommt desto geringer das maximum
und minimum. Wenn die Rotation und Translation der
Erde zunehmen, würde der Punkt, in welchem diese gleichmäßige
Temperatur anfängt näher der Oberfläche […]sein. Diese Tiefen
der Temperaturen verhalten sich wie die Quadrate aus der
Dauer der Wärme selbst. (wie 1 : 19). Die Empirie giebt 2
Mittel diese Theorie zu bestätigen: 1., durch Messung der
Temperatur in dem starren Theil, nemlich in Bergwerken
in der Grubenluft.
2., Durch Beobachtungen der Quellen selbst, denn die Eindrin-
gung der Wärme geschieht auch durch das Eindringen der
Flüßigkeit selbst worauf L. v. Buch zuerst aufmerksam
gemacht hat und woraus die wichtige Folge fließt, daß
die innere Erdwärme im Norden größer ist als in den tem-[unleserliches Material]
perirten Zonen, ja vielleicht größer als am Aequator.
Die Idee von der Centralwärme findet sich schon bei den
Alten in ihrem Mythus von Phlegethon. Leibnitz, Haleÿ
u. a. beschäftigten sich später damit und sprachen von einer
Grundwärme. 1765 schrieb Merau hierüber 2 Memoiren in denMéran
Schriften der Pariser Academie welche bei aller Gründlichkeit
freilich noch viele falsche Behauptungen enthalten z. E., daß
diese Wärme mit der Zeit immer zunehmen müsse, da sie
doch wahrscheinlicher immer im Abnehmen begriffen ist. Lam-
bert zuerst machte schöne Versuche mit Thermometern in ver-
schiedenen Tiefen. Aufmerksamer ward man aber noch durch
die Bergwerke, in denen manche Messungen angestellt wur-
den besonders von Saussure in Bex, von Fox und Woals in
Cornwallis und Devonshire. Man kann in Bergwerken die
Luft beobachten, doch ist ⎡dies sehr betrüglich da die Luft von der obern
Atmosphaere sehr modificirt wird. Ein besseres Mittel sind
die Bergwasser, das beste aber Bohrlöcher in die Gesteine.
⎡Trebra
v.
So fand Trebrand (?) in Sachsen bei 90 Klaftern 9° bei 130
Klafter 12°. Dobuisson machte Versuche bis zu der Tiefe von
1000 Klafter(?) Am merkwürdigsten sind die Beobachtungen
welche bei bedeutender Höhe angestellt worden sind; so fand
⎡Dubuisson
Humboldtich bei 10,000 Fuß Höhe in Peru 15° R. obgleich die
mittlere Temperatur nur etwa 6–7° R. dort ist. In Guada-
quato in Mexico 6000 Fuß Höhe, findet man 1440 Fuß tief
eine Quelle deren Temperatur 27° R. ist da die mittlere
Temperatur des Orts doch nur 12° beträgt. Diese Tempera-
turzunahme ist 8mal schneller als die, welche wir in der
Luft beim Hinaufsteigen beobachten. Die besten Beobachtun-
gen bleiben immer die welche in den Kellern des Observa-
toriums zu Paris seit 80 Jahren gemacht sind, wo bei 85 Fuß
94/10° sich finden, da die mittlere Temperatur von Paris ge-
nau 8½° beträgt. Die ersten Beobachtungen an Quellen
stellte Rubock in England an und beschrieb sie in den philo-
sophical transactions von 1775. Es giebt 2erlei Arten von
Quellen 1., solche, die ihre Temperatur gar nicht ändern 2.,
solche bei denen sich kleine Osscillation in den verschiedenen Monaten
findent. v. Buch und Balemberg haben gefunden, daß am
Nordcap und der Hudsonbaÿ im stärksten Winter stets fließende
Quellen sind und von 56 bis 66° N. B. ansteigend sieht man die
Wärme der Quellen um 3 bis 4° zu nehmen. Geht man dagegen nach
Süden so nimmt die Wärme der Quellen ab. Am 48–50° B.
ist sie gleich der Luftwärme, in Italien ist sie schon geringer
und viel geringer fand v. Buch sie auf den canarischen
Inseln. Unter den Tropen fand man sie in Kellern nie höher
als die der Luft. In der Butschaoh-Höhle in Südamerika
ist die Temperatur des Wassers und der Luft niedriger als
die Temperatur der äußern Luft. Die Schichten übrigens
welche ungleich vom Centrum der Erde entfernt sind haben
gleiche Temperatur. So gaben die Versuche 11000 Fuß hoch in
Bergwerken angestellt dieselben Resultate als am Meere
angestellt. Die merkwürdigste Ursache dieses Phaenomens ist
die der Regenzeit. Nach Mai regnet es unter den Tropen nicht
mehr; also die Wasser welche eindringen sind von der nie-
dern Temperatur. Nach Balembergs Meinung trägt auch die
Schneedecke dazu bei. Andere theoretische Gründe können auch sein:
Gut
daß unter gleichen Tiefen vom Centrum die Erdschichten nicht
dieselbe Temperatur haben; daß die innere Wärme des Cen-
trums in den nördlichen Breiten mehr gespürt wird als unter
den Tropen. Von den Erdmassen welche man, wenn gleich nahe
an der Oberfläche, doch im Innern der Erde fand, haben wir
keine genauere Kenntniß. Gmelin hat an die Petersburger
Akademie davon berichtet, daß in JakutskIrkutsk Kosacken am Weiter-
graben eines Brunnens gehindert worden wären, weil sie eine
Eisdecke gefunden hätten; doch ist kein genauer Beobachter dabei
zugegen gewesen. Francklin hat auf seiner Reise nach dem
Makenzie und Kupferminenfluß 65° N. B. bei 3 Fuß Tiefe große
Eismassen gefunden; doch fehlt uns noch der nähere Bericht. Eine
Vegetation könnte sich doch wohl noch darauf finden, denn Chamisso
hat schon gezeigt, daß sich Pflanzen mehre Jahre lang auf Eis-
massen erhalten. Noch ist zu bemerken, daß Quellen welche Kohlen-
säure enthalten 3–4° höhre Temperatur haben als solche welche
keine haben. Dies findet sich z. E. bei der Wetterau. Die Kohlensäure,
Erzeugniße ausgebrannter Vulkane möchte[n] wohl von der innern Tem-
peratur participiren und sie den obern Wassermassen mittheilen.
Electro-Magnetismus. Die älteste Beobachtung war die, daß
der Magnetismus dem Eisenerze allein gehöre. Bald fand
man, daß das Eisen seine magnetische Kraft nur rhapsodisch
behalte, wenn es mit andern Dingen vermengt ist; so als Stahl
mit Kohlenstoff, als Eisenstein mit Sauerstoff, oder mit Schwefel
und Phosphor. Später fand man, daß Nickel und KoboldKobalt ebenfalls
zu Magnetnadeln dienen können. Ritter’s und Richter’s Ent-
deckung, daß Mangan und KChrom gleichfalls diese Eigenschaft haben
hat sich nicht bestätigt. Arago zuerst hat gezeigt, daß alle Körper von
magnetischen Kräften sollicitirt werden können. Zuerst entdeckte
er dieß in Greenwich. Er ließ hier eine Nadel in einem hölzernen
Kasten schwingen und da diese Schwingungen keine Dauer hatten
schloß er bald, daß der Kasten einwirken müsse auf die Magnet-
nadel. Bei späteren Versuchen in Paris fand er, daß Kupfer
dieselbe hemmende Kraft ausübe. Körper welche gar nicht me-
tallisch sind haben einen hemmenden Einfluß auf die Nadel.
Man hat durch dieselbe beruhigt, sie aber auch wieder dadurch
in Bewegung gebracht. So wurde eine Nadel bewegt durch
die Schwingungen einer Holzplatte welche von ihr durch eine
Glasscheibe getrennt war, daß die Luft also nicht die Bewegung
leiten konnte. Selbst Eis und Wasser können hiernach magnetisch
werden. Hanstedt⎡Hansteen (?) in Norwegen hat bemerkt, daß die Schwin-
gungen einer Nadel im Norden eines Baumes nicht dieselben
waren als im Süden desselben, so daß also das Holz des Baumes
participirt. Oerstädt hat 1820 gefunden, daß Wärme, Electrici-richtig
tät und Magnetismus im innigsten Zusammenhange stehen.
Er zeigt, daß eine Magnetnadel im rechten Winkel einem
electrischen Strome genähert, abweicht, nach dem der Strom
fließt. Aupére (?)Ampère fand daß, wenn 2 electrische Ströme
sich gegenüber gestellt wären und die Drähte durch welche
er die Electricität leitete beweglich seien, diese Drähte die-
selben Bewegungen machten wie die Nadel. Darauf fand
Gut
man, daß wenn Metalldrähte in Schraubenlinien vom elec-
trischen Strom durchdrungen wurden, sie sich ganz wie Magne-
te verhalten, so daß man sie dadurch förmlich magnetisiren
konnte. Durch Poggendorfs Entdeckungen wurde es möglichr.
die feinsten Spannungen der electro-magnetischen Kräfte zu
beobachten, so daß man durch eine Magnetnadel eine so kleine
Quantität Säure entdecken könne, welche keine chemischen
Versuche zeigen. Dies nannte man Hÿdroelectricität. Seebek’s
glänzende Entdeckungen führten auf die Thermoelectricität,
welche er fand durch die ungleiche Erwärmung von Metallen
in Stangen von Wißmuth und Antimonium. Dies ist wohl die
Electricität der Erde selbst durch die Sonnenstrahlen. Diese selbst bringen
Magnetismus hervor durch die violetten oder chemischen Strahlen;
zuerst wurde diese Entdeckung gemacht von Moretini⎡Morecchini (?) in Rom,
deann bestätigt durch Miss: Sommerville in London. Je
nach dem das Licht polarisirt wird, kann es verändert werden,
so daß was früher Südpol war, nachher Nordpol werden kann.
Die magnetischen Kräfte hat Humboldtbe ich noch wirksam gefunden
Gay Lussac
bei 15000 Fuß Höh[unleserliches Material]e. Gaylussac der sich 21,500 Fuß erhob hat hier
die Magnetnadel schwingen lassen. Die Quantität der Schwin-
gungen war dieselbe als in Paris; er schloß also daß die mag-
netische Kraft nicht abgenommen. Nach Kupfers in Kasan
Bemerkung muß aber doch die Intensität der Kraft abgenom-
men haben; dieser hat nemlich den Einfluß der Wärme auf den
Magnetismus berechnet. Die Beobachtung Galylussac’s in Paris
wurde bei großer Hitze angestellt; die in der Höhe bei großer
Kälte; w. Wäre die Kraft also gleich gewesen so hätten die Schwin-
gungen in der Höhe mehr sein müssen als in der Tiefe:
denn die Intensität der magnetischen Kräfte nimmt ab mit
der Zunahme der Wärme:
Aehnliche Versuche hat man in
der Tiefe angestellt. Erman hat eine Reihe solcher Versuche
Gut
in Bergwerken gemacht, aber keine Zunahme der magnetischen
Kraft gefunden. Fälschlich glaubte KrautmanKrouton(?) in England daß
die Oscillationen im Finstern zunähmen.
Da es hier nicht unser Zweck ist die Ursachen des Magne-
tismus zu ergründen sondern vielmehr nur seine Vertheilung
auf der Oberfläche der Erde zu betrachten,; so fügen wir über jene
nur weniges bei. Einige meinen die Erstarrung des Erdkörpers
habe, wie die primitive Wärme, so auch die magnetischen Kräfte
erzeugt; andere lassen sie entstehen durch die äußere Erwär-
mung durch die Sonne, wogegen wieder andere die Idee aufge-
stellt haben, als seÿ die Erwärmung eben Folge der magnetischen
Strömungen. So hielt Buster⎡Brewster ? dafür, daß die magnetischen Pole,
möge man nun 2 oder 4 annehmen die Pole der größern Kälte
seinen, was indeß durch die Erfahrung keinesweges bestätiget
wird,. dDenn die größere Kälte herrscht nicht an dem magnetischen
Pol in Canada 60–70° N. B. sondern viel weiter gegen Westen
zwischen Neu-Sibirien und der Behrings-Straße. Ueber die
Meinung ob die magnetischen Pole vielleicht die ältern Erdpole
seien hat zuerst Klügel geschrieben. Laplace hat das Gegentheil
darzuthun gesucht und durch Gradmessungen beweiwiesen, daß das
maximum der Abplattung bei den jetzigen Polen sei. Ue-
brigens nahm schon Haleÿ 4 Pole an, 2 bewegliche und 2 un-
bewegliche; Tobias Meyer nahm dagegen einen kleinen Magneten
im Innern der Erde an. Seebeck stellte, nach den von ihm ge-
machten Erfahrungen, die Hÿpothese auf, daß vielleicht die
G.
vulkanischen Feuer durch die ungleiche Erwärmung der Metalle
Ursach seien an dem Magnetismus.
Die Erscheinungen des Magnetismus sind:
die magnetische Abweichung – Neigung – und Intensität
der Kraft.
Die magnetische Abweichung. Die magnetische Nadel freiS. 163
aufgehängt zeigt westlich von dem wahren Norden. Man hat lange
geglaubt, daß Flavio Gioja aus Amalfi im 13ten saec: zuerst dier.
Polarität oder die nördliche Richtung des Magnets gefunden hätte.
Allein 1081 finden sich schon bei dem Dichter de Provin mehrere
Verse welche von der marinette sprechen. Bei Chinesen und
Arabern ist der Gebrauch des Compasses uralt; denn schon im
12ten saec: hat man die Abweichung gemessen. Columbus hat sich
mit Unrecht gerühmt zuerst eine Linie gefunden zu haben ohne
Declination. Er fand nemlich, daß zwischen den Azoren und Canarischen
Inseln der Compaß den wahren Norden zeige. Die Wichtigkeit
dieser Abweichung der Nadel kennen zu lernen leuchtet wohl
jedem ein, namentlich für die Schiffahrt, beträgt doch ihre stünd-
liche Abweichung häufig 1/4°. Die gewöhnliche Methode die Größe
der Abweichung zu erkennen ist: daß man einen dazu einge-
richteten Compaß, den Abweichungscompaß nimmt, die mag-
netische Mittagslinie genau auf die Mittagslinie des Ortes
legt und nun Acht giebt auf welchem Grade die Nadel in der
Büchse ruhig stehen geblieben ist. Dieser Grad zeigt jedesmal
die Größe der Abweichung an. Eine andere Methode ist die von
v. Zach angegebene wozu man einer freihängenden Nadel mit
einem Fernrohr bedarf. Dies Fernrohr ändert seine Richtung
denn mit jeder Minute; bestimmt man den Stern des wahren
Nordens so braucht man nur den Winkel zu messen den die-
ser Stern mit einem bestimmten Gegenstande macht. In
neuerer Zeit erst wurde man aufgeklärt darüber wie ge-
fährlich es sei wenn auf dem Schiffe viel Eisen sich befinde.
⎡Barrow?
Herr Barland erfand eine kleine Platte wornach die Ein-
wirkung des Eisens auf die Nadel realisiert werden kann,
und wofür der Erfinder von der englischen Admiralität
den Preis empfangen hat. 1538 wurde von Pedro Nunniez?
Nuñez
eine 2te Linie ohne Abweichung am Cap der guten Hoffnung
gefunden. Die frühsten magnetischen Charten sind von
Alonso de St.⎡St. Crux⎡Cruz dem Lehrer Carls V. 1530. Um von der
Verschiedenheit der magnetischen Abweichungen eine Idee
zu machen erwähnen wir nur einige in London gemachte
Beobachtungen: 1580 war hier die magnetische Abweichung
11° 14′ östlich; 1622 war sie 8° 1634[…] 4° 5′; 1655 war gar keine
Abweichung; 1672 war sie 20° 30′ westlich; 1692 aber 6° und
1774 21° 16′ und seit 1818 hat diese westliche Abweichung ihr
maximum erreicht. Die Linien ohne Abweichung sind seit
Anfang saec: 17 bekannt; doch ist es schwer die damaligen
Linien mit den jetzigen zu vergleichen. Die welche damals
in Paris war, mag jetzt in Kasan sein. Man kann 3 oder
4 Linien annehmen: 1., eine welche jetzt im atlantischen
Ocean ist nicht weit von Sandwichlande, sich längst der Küste
von Brasilien hinzieht etwas östlich von Trinitat hinauf-
läuft nach dem magnetischen Pol in Canada.
2., wäre in der Südsee welche westlich von der Küste von
Peru geht und deren nördliche Fortsetzung wir nicht keñen,
3[.] und 4., diese beiden sind wahrscheinlich nur eine; sie durch-
schneidet die molukischen Inseln, theil[e]t[n] sich mehr nördlich in
2 Zweige von denen einer nach China, der andere in wun-
derbaren Verschlingungen durch Bengalen nach Tobolks
und Kasan geht. Hanstädt⎡Oerstädt? in Norwegen meint es seien
auch diese 2 Zweige nur eine einzige Linie, die sich noch wunder-
barer schlängelt von China nach Archangel. Im Innern von
Afrika ist keine solche Linie gefunden und die welche früher am
Cap war muß also östlich gegangen und nicht ersetzt worden sein.
Die Linie auf dem Continente zeigt nur sehr geringe Bewe-
gungen. Was den magnetischen Pol anlangt, so ist der in Ame-
rika trotz der vortrefflichen Reisen der Engländer noch im̃er nicht
Die Kraft des Electromagnetismus erscheint Licht ent-
bindend an den Erdpolen, Licht entbindend bei den electri-
schen Explosionen. Man kennt weder die Zahl noch die Lage
der magnetischen Pole genau. Näher bestimmt ist der mag-
netische Aequator oder die Linie auf welcher die Inclination
gleich 0 ist. Außer jenem schon besprochenen magnetischen
Pol in Canada, befindet sich ein 2ter nördlicher etwas westlich
vom Ausfluße des Jenisey 70–75° N. B. Die beiden südlichen Pole
sind dem Südpol näher als jene dem Nordpol. Wahrscheinlich
ist der eine südliche in dem Meridian von Van Diemens Land,
G.
der andere in dem neuentdeckten Archipelagus von Neu-
Schottland südlich von der Magellanstraße. Diese sind ihrer Lage
wegen sehr unzugänglich und der canadische allein ist umgangen.
Vor einigen Jahren hat sich gefunden, daß der magnetische Aequator
nicht ein großer Kreis sei sondern sich schlängelt. Diese Un-
regelmäßigkeiten erregen bei jeder mathematischen Anwen-
dung große Schwierigkeiten. Alle bisherigen Versuche
bestanden darin, daß man die empirischen Gesetze, welche man
auf der Oberfläche der Erde fand zu erklären gesucht hat durch
geodetische Annahmen eines innern Magneten, dem man
eine gewisse Bewegung hat zuschreiben müssen. Es ist hiermit
aber nur die Schwierigkeit von der Oberfläche in die Tiefe der
Erde verlegt. Man hat geglaubt, daß der Umlauf der magnetischen
Pole um den Weltpol sehr unbestimmt sei und spielende Ver-
gleichungen mit indischen mÿsteriösen Zahlen angestellt,
u. dergleichen mehr. Keine mathematische Rechnung hat etwas von der
Declination, Inclination etc: bestimmen können und deshalb
hat der vortreffliche Hansteen in Norwegen, der sich lange hie-r.
mit beschäftigt hat, sich muthvoll entschlossen auch in diesem
Jahre eine beschwerliche Reise in das nord-östliche Asien anzu-
treten.
Die Jesuiten haben schon 1682 in Siam die stündliche Be-
wegung der Magnetnadel entdeckt, was unter den Tropen
sehr schwierig war, weil sie nur sehr gering ist. Nach Cassini
und Gilpius Versuchen sind an jedem Tage 2 Ebben und 2 Fluthen
der magnetischen Abweichungen, ähnlich den Barometer-Veränderungen
unter den Tropen. Die Quantität der stündlichen Abweichung ist
sehr verschieden in den verschiedenen Jahreszeiten; in den Win-
termonaten beträgt sie gewöhnlich nur 2–3 Minuten und im
Ganzen steigen sie nur bis 8–10–12 Minuten. Diese Ver-
änderungen sind besonders wichtig für solche, welche noch mit
der Bussole Aufnahmen machen müssen. Bei uns erreicht
sie im Juli das maximum von 19 Minuten im December das
minimum von 6 Minuten. Manchmal vermehret sie sich noch
außerordentlich bis 20–22 Min. ZeudiusCelsius entdeckte, daß Nord-
lichter an Orten wo sie nicht gesehen werden den größten Ein-
fluß auf die Abweichung der Magnetnadel haben. Humboldt
hat , als 1806 in Berlin ein großes Nordlicht gesehen ward, eine Ab-
weichung von 28 Minuten beobachtet und zwar auf die entgegenge-
setzte Seite hin, so daß das Nordlicht eine abstoßende Kraft
äußerte. Auch findet man dann und wann bei Nacht wohl
häufige und starke Oscillationen von 20–25 Minuten. Solche hat
Humboldt mit Oldmann habe ich beobachtet und gefunden, daß sie
auch mehre Nächte wiederkehrten, wie wenn magnetische Gewitter
in der Atmosphaere wären.
S. 171
Die magnetische Neigung. Wenn eine Magnetnadel welche an
beiden Enden gleich schwer ist aufgehängt wird, so neigt sie sich ge-
gen den Pol hin und macht einen verschiedenen Winkel unter den
verschiedenen Breiten. Man hat erst in neuer Zeit das In-
strument so sehr vervollkommt, daß diese Beobachtungen genau
gemacht werden können; Cook’s Beobachtungen sind werthlos weil
ihm ein solches Instrument fehlte. Der magnetische Aequator
hat keine Inclination und seine Bestimmung ist also höchst wichtig.
Humboldt hat ihn auf den Andes und du Fressinay, auf dem
Ocean bestimmt. In Afrika findet er sich am Cap: Gardafou;
im Innern Afrika’s ist er noch unbekannt. Im atlantischen
Ocean bleibt er wie in Amerika in der südlichen Hemisphaere;
bei den GalatenasGallapagos Inseln im stillen Meer schneidet er den Aequa-
tor und bleibt deann auf der nördlichen Hemisphaere. Wie der
magnetische Pol eine Bewegung um den Pol hat, so schiebt sich
auch der magnetische Aequator von Ost gen West vor. Die durch-
schnittsquantequoten mit dem Aequator haben eine Bewegung von
West nach Ost. Da die Inclination geringer ist je näher die
Nadel dem magnetischen Aequator sich befindet, so hat man bemerkt,
daß das Fortschieben der Knoten eine Ursache ist von der Verände-
rung der Inclination. 1805 fand Humboldtich mit Gaylussac die
Inclination in Berlin 69° 50′ 1827 mit Encke eben daselbst 68°
39′. Die größte Inclination wurde unter 73° N. B. durch
Parrÿ gefunden nemlich 88°. Aehnliche Veränderung wie
in Berlin ist auch in Paris beobachtet. 1798 stellte Humboldtich mit
Borda in Paris Beobachtungen an und von der Zeit bis 1827
hat die Inclination jährlich 4 Minuten abgenommen. Auf die
von Humboldtmir und Sevoÿ in der Havanna angestellte Beob-⎡Sabine
?
achtungen gaben eine jährliche Verminderung von 4 Minuten.
Arago hat neuerdings gezeigt, daß die Inclination auch stündlich
wechselt; von 9 Morgens bis 6 Uhr Abends größer wird und
dann wieder kleiner.
Intensität der magnetischen Kräfte selbst. Borda, welcherS. 172
die von Tob: Meÿer erfundenen Repetirkreise sehr verbessert
hat ist zuerst auf die Idee gekommen, daß die magnetische
Kraft unter den verschiedenen Breiten verschieden sein könne.
Er suchte dies zu erfahren dadurch, daß er die Nadel oscilliren
ließ. HumboldtIch fand, daß die Intensität der Kraft vom
Aequator gegen den Pol hin zunehme. Seine Nadel die in Paris
255 Oscillationen gab, machte unter dem Aequator nur 212.
Er hat berechnet, daß wäre die Kraft unter dem Aequator
= 1, sie in Neapel = 12/10, in Paris = 13/10 in Berlin = 14/10 ist.
Hansteen verglich in Paris seine Nadel mit der Humboldtsmeiner
und hat nun diese Beobachtungen bis zum Nordcap fortgesetzt;
dort ist sie in jenem Verhältniß = 17/10. Während des Nord-
lichts scheint die Stärke abzunehmen. Auch hier ist eine stündliche
Veränderung; von Morgen bis Mittag nimmt die Intensität
der Kraft zu, Nachmittags ab. Zu bedauern ist, daß man kein
sicheres Maaß hat, damit in zukünftigen Jahren diese Ver-
gleichung übereinstimmend könnte fortgesetzt werden; denn
es steht nicht in unserer Macht der Nadel so viel Kraft zu geben
als wir wollen und man kann deshalb nicht wissen ob die Nadeln
gleich sind mit denen man experimentirt.
Vergebens hat man bis jetzt versucht diese 3 Erscheinun-
gen auf eine mathematische Formel zu reduciren; sie stehen
bis jetzt wie isoliert und unabhängig von einander da.
Th. Young hat in der Formel √4 = 3 Sin 2 Inclination. Die
Intensität als Function der Abweichung behandeln zu kön-
Sabine(?)
nen, Savÿ hat geglaubt die Intensität wäre = √1–3 Cos: 2.
153
der magnetischen Polardistanz. Aus dieser Theorie und wenn
man den Erdkörper mit eisernen Terellen vergleicht würde
hervorgehen, daß sich die Intensität zur Polardistanz wie 1 : 2
verhalte und dies hat sich nach Savÿ’s Beobachtungen bestätigt
wenn man Puncte des Innern von Afrika mit denen bei
Spitzbergen vergleicht. Doch Humboldt hat unter dem Aequa-
tor dies Verhältniß wie 1 : 17/10 gefunden. Daraus folgt also
eine große Unregelmäßigkeit und Ungleichheit.
S. 174
Vom Erd- oder Polar-Licht. In dem Innern der Erde
sieht man fast nie leuchtende Substanzen und nur in einem
Kohlenbergwerk Westphalens ist als große Seltenheit eine leuch-
tende Pflanze gefunden. Um desto merkwürdiger das Selbst-
leuchten des Erdkörpers an den Polen. Die Alten haben nie
deutlich von dieser Erscheinung geredet, obgleich sie doch bis zu
den brittischen Inseln gekommen sind. Diese Erscheinungen
selbst sind sehr verschieden und wir besitzen aus neurer Zeit
vortreffliche Beschreibungen wie z. E. von Francklin. Es
fängt gewöhnlich mit dem Segment eines Kreises bis 6–8° an,
welches als brauner Nebel erscheint; dieser Nebel wird
begränzt von einer lichtweißen Zone aus welcher Strahlen
senkrecht in die Höhe gehen, welche geneigt sind nach der Rich-
tung der magnetischen Kraft. Sie verbinden sich in einer ge-
wissen Höhe und [unleserliches Material]bilden denn einen Dom oder ein Zelt.
Der Nebel ist bräunlich grau, doch erkennt man darin noch
die kleinsten Sterne. Hansteen meint, daß diese Materie,
wenn sie sich mit der Atmosphaere verbinden würde einen
Niederschlag der Dünste geben würde. Der Dom ist gewöhnlich
nur 12–15° groß. Wrangel hat ihn nie höher als 8° gesehen.
Zuweilen geht er aber doch durch den Zenith, deann aber ist er
nicht einfach, sondern mehrere Bogen sind übereinander. Die
Farben sind von der größten Schönheit: purpur, grün, violett.
Francklin und Parrÿ haben gefunden, daß wenn die Streifen
sich zwischen 2 größern Sternen befinden, die Intensität des
Lichts aufsteigend von einem Stern zum andern gehe. Oft sind auch
leuchtende Wolken gesehen worden. Tinemann, welcher sich 15
Jahr in Grönland aufgehalten, hat zuerst darauf aufmerksam
gemacht, daß die kleinen Wölkchen (Schäfchen) die höchsten welche
man gefunden, in einem Verkehr mit dem Nordlicht stehen.
Denn er behauptet sie in Island leuchtend gesehen zu haben.
Aehnliches behauptet Parrÿ der sie in dem Bogen hat stehen gesehen.
Auch bei uns machen die Schäfchen eigenthümliche Richtungen nach
dem magnetischen Meridian. Die Stärke des Nordlichts ist
verschieden nach den Breiten. 62–63° N. B. ist es stärker nach
Am Südpol, wo weniger Continente sind, ist dies Phaeno-
men seltener. In Europa wird es nicht südlicher als Lissabon
gesehn, in Amerika aber noch in Mexico; doch liegt dies auch dem
magnetischen Pol näher. Die Periodicität der Erscheinung ist früh
schon beobachtet. Der Phÿsiker Ritter meinte es seien viele
Meteorsteine gefallen wenn das Nordlicht erschienen doch dies
und so manches Aehnliche sind Fabeleien. Häufig erschienen sie von
1722–1745. Damals gab es in einem Jahr 60 Nordlichter, von
1746–55 wurden in einem Jahr nur 6 beobachtet; von 1756–60
[…]
kaum 1. Seit der Zeit sind sie wieder häufiger geworden. Es ist
aber möglich, daß bei uns nur die höheren gesehen werden. 1824
hat Parrÿ in 180 Tagen 50 Nordlichter gesehen, im Januar 15–16,
im November nur 1. Wrangel fand es im Westen grade umgekehrt.
Das zischende Getöse welches viele gehört haben wollen wi[e]rd
von andern geläugnet und für eine leere Jägermÿthe gehalten;
so Pallas in Sibirien. Wrangel will es dann und wann gehört
haben; v. Buch konnte in Norwegen keine gewißsse Kunde
darüber erhalten. Hansteen spricht als von etwas Ausgemachtem,
von dieser zischenden Bewegung; ebenso will Herle auf seiner
Reise nach dem Kupferminenfluß es gehört haben. Francklin
meint es sei eine vom Schnee verursachte Täuschung.⎡?
Hearne
Eben solche Zweifel werden noch gehegt was den magnetischen
Einfluß anlangt. Celsius und Wilke haben zuerst beobachtet, daß
die Nadel bei Nordlichten beunruhigt werde und abweiche. Neuer-
dings ist dies geläugnet. Auch die Richtung des Bogens ist nicht
immer im magnetischen Meridian. In einzelnen Fällen ist
die Unruhe der Magnetnadel nicht zu läugnen; ja Hansteen
hat sie so unruhig werden sehen, daß sie an das Glas anschlug.
Dagegen hat man auf den Parrÿschen Reisen bei 72–73°
N. B. nicht die geringste Einwirkung des Nordlichts auf die
Magnetnadel beobachten können. Dennoch ist auf der [p]Pariser
Sternwarte eine Unruhe bemerkt an den Tagen an welchen
Parrÿ Nordlichter gesehen hat; also ist vielleicht fern von der Er-
scheinung der Einfluß größer als in ihr selbst. In der Barrow-
strasse auf Melville Peninsula hat man nie diesen Einfluß
beobachtet wohl aber südlicher hat Francklin bedeutende De-
clinationen wahrgenommen. Electrische Einflüße des Nord-
lichts hat man nicht entdeckt, obgleich bei den Parrÿschen Reisen
Spitzen auf den Masten bis 200 Fuß Höhe errichtet wurden und
durch Ketten mit Electrometern in Verbindung gesetzt; und obgleich
wegen der Kälte die Electricität der Maschinen leicht bewirkt
ward. Woltmann hat am Comersee bei Nordlichtern electrische
Beobachtungen gemacht, doch sind sie nicht bestätigt.
Die Ursache des Phaenomens ist verschieden angegeben.
Man meinte bloße Eistheile in der Luft schwimmen zu sehen;
MairanMeiran meinte es sei Folge des Zodiakallichts welches in
der verlängerten Axe der Weltpole stehn geblieben sei. Biot
hält es für Magneteisensand durch nordische Vulkane ausge-
Scoresby
spieen. Nach Scoresbÿ ist nicht zu läugnen, daß die Nord-
lichter Einfluß auf Sturm, Richtung des Windes etc: haben
und nach allen Nordpolreisenden ist wohl eine Verbindung mit
den Wolken anzunehmen. Möchten doch die Wolken, da die
Electricität nur auf der Oberfläche der Wolke ist, Ursache
sein. Davÿ hat gezeigt, daß an der voltaischen Säule durch
den electrischen Strahl eine lange Flamme hervorgebracht
werden kann und daß diese der magnetische Nordpol anziehe
der Südpol abstoße. Also mag wohl der electrische Strahl
des Nordlichts von dem Erdmagnetismus gelenkt werden.
Schon unter den Griechen theilten sich die Geognosten in Vul-
kanisten, unter denen besonders Heraclit zu nennen und
Neptunisten, wie die ionische Schule. Die Theilung dauerte fort
und beide Partheien hielten sich ziemlich das Gleichgewicht bis
Ende des 18ten Jahrhunderts die Parthei der Vulkanisten die
Ueberhand gewann. Dieselben Geognosten welche früher selbst
den vulkanischen Ursprung des Mandelsteins ja der Krater
geleugnet hatten, betrachten jetzt sogar die Granite etc: als Pro-
ducte der Vulkane. Daher hat der Professor Douglas in Oxford
scherzhafter Weise einen Thermometer gemacht nach welchem man
die allmählige Erwärmung der Geognosten für das vulkanische
Sÿstem nachsehen kann. Bei den Alten wurden die Gebirgs-
maßssen bloß nach ihrer Farbe und Tauglichkeit zu Materialien
für Bildhauer betrachtet nicht aber nach ihrem chemischen Unter-
schied. So wichtige Disciplinen wie z. E. die Christallographie,
sind neuern Ursprungs, letztere in Frankreich begründet
158
durch Haun (?) in Deutschland durch Weiss; sie gehört zu denWerner
?
neusten Naturwissenschaften und zählt kaum 40 Jahre. Das
glänzende Verdienst, die Lehre von der Formation der Gebirgs-
arten und mit hin die positive Geognosie gegründet zu
haben, gehört Werner an, dem Stifter der Freÿbergschen Schule.
Noch vor einem halben Jahrhundert wurde die Geognosie
behandelt wie in der ionischen und pÿthagoraeischen Schule.
Hÿpothesen und Mÿthen ersetzten die Stelle von Untersuchungen.
Diese Zeit in welcher man die Geognosie als Nahrung für die
Phantasie betrachtete ist vorüber. Vorurtheilfreie Nachfor-
schungen über den Ursprung der Erde haben jene Mÿthen ver-
drängt.
Erdbeben. Das Erdbeben ist eine Erschütterung der festenS. 182 l.
und flüßigen Theile der Erdoberfläche durch eine unterirdische,
uns unsichtbare Ursache. Man war von jeher geneigt sie be-
sondern Localursachen zuzuschreiben und fast aller Orten
wo sie gespürt werden giebt man einen Berg an von dem
die Erscheinung, als dem Centralpuncte, ausgeht. Doch wider-
spricht dies der Erfahrung. Auch in der Atmossphaere, so glaubt
man, gehen Veränderungen vorher welche es ankündigen
sollen, doch dies ist vollkommen falschnur selten der Fallvollkommen falsch. In Südamerika hat
man beim stärksten Winde wie bei völliger Windstille, bei
bedecktem und bei heiterm Himmel Erdbeben gespürt. Doch än-
dert sich in den Tropengegenden wohl das Wetter nachher, so daß
wenn vorher dann und wann Veränderungen bemerkt worden
sind, sie als Folgen eines in einiger Entfernung schon Statt ge-
fundenen Erdbebens angesehen werden können. Die kleinen,
stündlichen Variationen des Barometers in den Tropen wer-
G
den selbst nicht einmal gestört, sondern gehen wie gewöhnlich
fort. Meist sind die Erderschütterungen mit Getöse verbunden.
Am merkwürdigsten in Rücksicht dieses Getöses ist das Plateau
von Quito woselbst man 7–8 Minuten vor der Erderschütte-
rung ein furchtbares Klirren und Raßeln, auch wohl einen
hellen Klang wie Kettenschleppen hört. Doch ist dies Getöse
nicht immer von Erdbeben begleitet. Das merkwürdigste
Getöse ohne Erdbeben ist 1784 in GuadaquatoGuanaxuato gehört und zwar
während 3 Monate. Es begann als ferner, sich immer mehr
nähernder Donner, war im Januar höchstens 1 oder 2 Minuten
unterbrochen und hörte ohne Erschütterung allmählig, wie
es begonnen, wieder auf. Es war kaum auf ¼ □ Meile ein-
geschränkt. Mit dieser Erscheinung stehen die Getöse in Verbindung
welche man hört, wenn entfernte Vulkane Ausbruch haben,
manchmal in Entfernungen von 120 Meilen. Ein solches
Getöse ward am 30ten April 1812 einen Monat nach der
Zerstörung von Caraccas daselbst gehört als der Vulkan
von St. Vincent zu speien anfing. Aehnliches hörte man am
Magdalenenstrom 1814 als der Vulkan Cotopaxi ausbrach.
Dies Getöse wird nicht etwa stärker wenn man sich dem
Vulkan nähert, sondern häufig sogar schwächer. Eine Fort-
pflanzung durch die Luft kann es also nicht sein, da auch häufig
ganze Gebirgsmassen dazwischen liegen; es möchte wohl in dem
Innern der Erde seinen Grund haben, aus der es durch
verschiedene Spalten hierher und dorthin geleitet werden köñte.
Humboldt hatIch auch magnetische Veränderungen bei Erdbeben
G
beobachtet, nicht in Rücksicht auf die Intensität der magnetischen
Kraft, sondern in Rücksicht auf die Inclination; und zwar blieb
die Nadel ein ganzes Jahr hindurch in diesem veränderten
Zustande. Was die Bewegung des Erdbebens anlangt, so nim̃t
man gewöhnlich 3erlei Arten an: eine oscillirende, eine
von unten nach oben, und eine schiebende Bewegung. Doch ist
dies phantastisch, sie sind wohl alle mit einander verbunden,
und höchstens kann man die Richtung eines Erdbebens durch
Pendeluhren bestimmen. Die Erdbeben bei Quito waren so
stark, daß sie dem Gefühle viel stärker erschienen als die an
der peruanischen Küste; dennoch wurden die 3stöckigen Häuser
und die hohen gewölbten Kirchen nicht zerstört und erhaielten
höchstens einmal einen Riß; hingegen ist Lima oft zer-
stört und man baut daher nur 1stöckige Gebäude. Das Ver-
schieben der Erdoberfläche hat sich namentlich in Calabrien
gezeigt wo Maisfelder die Stelle der Kohlfelder und umgekehrt,
einnahmen; ähnlich wurde in Rio Bamba das Eigenthum der
Menschen verschoben, so, daß keiner wußte wo das seinige
geblieben sei und Prozesse dem Erdbeben folgten; ja die
Gräber wurden hier 300 Fuß hoch fortgeführt. Rio Bamba
hatte 10,000 Einwohner und viele Kirchen und doch waren bei
Humboldtsmeiner Anwesenheit nur Ruinen von 5 Fuß Höhe übrig geblie-
ben; alles andere war verschlungen. An den Theilen der Erde
sind die Erdbeben am bedeutendsten wo die größte Schwäche
zu sein scheint. Der größte Zusammenhang ist an den
Küsten der Südsee bemerkt worden in einer Länge von 400–
450 deutschen Meilen. Daß sie in Verbindung stehen mit den
Vulkanen beweißstt die Erfahrung aller derer welche in
G
Krater hinabgestiegen sind; denn in diesen finden sich eben
solche Erschütterungen, welche erst nach dem Schlackenauswurf
aufhören. Die Vulkane können mit Recht Sicherheitsklappen
genannt werden (eine Bemerkung welche schon Strabo lib. 1
gemacht hat) denn da, wo Vulkane speien finden sich seltener
Erderschütterungen. Bei einigen Gebirgsarten kommen sie
auch seltener vor als bei andern z. E. weniger bei Granit-
und Quarz-Gebirgen als bei Trachÿt. Merkwürdig ist,
daß die Spalten durch welche sich die Erschütterungen fortpflanzen
sich immer mehr öffnen und weiten; doch giebt es auch gleichsam
Brücken wo diese Fortpflanzung unterbrochen wird, welche die
Spanier hasse pointe nennen. 1798 bei dem Erdbeben von
Cumala erbebte die ganze Küste nur nicht die Halbinsel Ara-
ma, später aber ward es auch hier gespürt; eben so in Bogota?
vor 8 Monate,n,, welches früher immer verschont blieb. Sie wirken
indeß nicht bloß dÿnamisch und mechanisch sondern auch chemisch.
Oft hat man Flammen aufsteigen sehen; so z. E. in Lissabon
wo noch 3 Wochen nachher Rauch von den benachbarten Höhen
aufstieg. Auch Hügel erheben sich, in Südamerika modiamoja
genannt, in denen nach Klapproths und G. Rose’s Unter-
suchungen gekohltes Wasserstoffgas sich findet. Daß die
Electricität mit diesen Erscheinungen in Verbindung stehe ist
oft geläugnet und auch Humboldt hatich habe in Südamerika keine
Veränderung derselben bemerkt. Doch hat man im Thal von
Pignerol in Piemont wo die Erdbeben 1808 fast 8 Monate
G
fortdauerten bei den einzelnen Erdstößen beträchtliche Ver-
änderungen in den Spannungen eines Electrometers ge-
funden.Elekrometers
Doch die Erdbeben erschüttern nicht allein sondern die er-
schütterten Theile werden auch oft erhoben und bleiben in diesem
Zustande. So sind häufig Untiefen in den amerikanischen Häfen
entstanden, so haben sich neuerdings 30–40 Meilen längs
der Küste Kalksteinschichten bis 5 Fuß Höhe sich erhoben. In den
⎡moluckischen
moluckischen Inseln finden, wie RheinwaldtReinhart(?) erzählt ähnliche
Dinge statt; langsame Hebungen hat man beobachtet und an
Corallenriffen meint er ähnliches gesehen zu haben. In Schweden
hat man lange schon⎡ bemerkt (ZeudiusCelsius? z. E.) daß an einem großen Theil
der inneren Küste der Meeresspiegel sinkt, d. Da dies nun an
andern Stellen nicht geschieht, so schließt v. Buch sehr richtig,
daß es dieer Continent sei der emporsteigt, nicht das Meer welches
sinkt. Dies Emporsteigen beträgt in 100 Jahren kaum 3 bis 4
Fuß, ist aber ein unläugbares Phaenomen. In Demerara, dem
englischen Guiana und bei den Südseeinseln und vielen andern
Orten sind aebern solche Beobachtungen gemacht.
Von der Wirkung dieser dÿnamischen Kräfte gehen wir
zu den Quellen über.
S. 189 l.
Thermalquelle muß fast eine jede unserer Quellen ge-
nannt werden, da sie beinahe alle höhere Temperatur haben
als der Luftkreis. Selten steigt diese Wärme bis 70 und 80° R.
Die wärmste ist wohl die Quelle bei Gualaxuato⎡[unleserliches Material – 4 Zeichen fehlen]cao ?r.
in Mexico
welche 77° R[.] hat und deren Hitze in der Tiefe wohl noch zunim̃t.
Auch in Frankreich findet sich eine Quelle von 70°. Alle diese
heißen Quellen kommen aus dem Urgebirge. Sie haben das
Merkwürdige, daß sie durch reagirende Mittel keinen
G
Niederschlag zeigen als reines destillirtes Wasser (also viel-
leicht nur Dämpfe sind). Dies bemerkte zuerst Linck in
Portugal, nach ihm Humboldtauch ich u. a. m. Die Quellen in
CokajonPopayam ? enthalten Schwefelsäure und außer dieser einige
Salzsäure; dasselbe findet sich in mehreren Kraterseen.
Xorullo
Bei Corullo finden sich Vulkanbäche welche sich seit 1759 ge-
bildet haben und jetzt bis 60° Hitze enthalten. Viele Thermalquellen
sind eben so merkwürdig wegen der vielen Substanzen welche
sie enthalten, als sie merkwürdig sind wegen ihrer Heil-
kräfte. So sind im Carlsbader Brunnen schon 12 Substanzen
entdeckt durch Soltmann. Die Einwendungen welche man von
der Möglichkeit der Nachmachung des Quellwassers gemacht hat,
beruhen auf dunklen, nicht genau dargestellten Begriffen, weil man
einen wunderthätigen Einfluß der Quellen geglaubt hat. Hat
man doch sogar behauptet, daß die Quelle von Wisbaden welche
70° R. Hitze hat ungefährdet in den Mund genommen werden
können, (was doch wohl niemand zu versuchen gewagt hat) daß
die Magnetnadel hier abweiche etc: Struve hat die Gebirgs-
arten ausgelaugt aus denen die Quellen hervorgehen und
die Entdeckung gemacht, daß man in wenigen Tagen, mit nur
2 bis 3 Athmosphaeren Druck dasselbe Wasser als in der Quelle
finde. Der Geiser und Raiko in Island enthalten 3/10
Kieselerde und kohlensaures Natron, ja sogar eine vegeta-
bilisch-animalische Substanz welche nicht etwa auf der Ober-
fläche schwimmt, sondern im Wasser selbst enthalten ist und
welche Amoniack giebt.
Solange man noch keine klaren Begriffe von der
Wärme des Innern der Erde hatte schrieb man die war-
men Quellen aus Localursachen her; später glaubte man, daß
sie durch große galvanische Säulen hervorgebracht seien etc:
Der geringen Quantität von Bestandtheilen wegen sind merk-
würdig die Thermalquellen von Pfeffenbach und Gasteiner⎡Gastein und Pfeffers ;
?
so wie die von Landeck und Flüssbeck kaum 2–3 Gran Bestand-
theile enthalten, da doch gewöhnlich Brunnenwasser 10–12 Gran
enthält. Was die Gleichheit und Stetigkeit der Wärme und
des Gehaltes betrifft, so ist man jetzt mehr im Klaren als sonst.
In Carlsbad hat sie sich seit 1775 gar nicht verändert. Allein
andere Quellen haben in Hinsicht der Temperatur Verände-
rungen erlitten[…]. sSo Pÿrmont, und Marienbad hat auch noch an-
dere Bestandtheile enthalten als es früher hatte. Andere Quel-
len stoßen bald Luft aus; so die Destillationen des Nephtha
welche man oft mit brennbarem Gas verwechselt hat; sie fin-
den sich am Caspischen Meer und in Italien. Die älteste Art
der Gaserleuchtung ist die, welche man am südlichen Abfall
des Himalaja im Brama-Tempel angewandt hat, indem
man das dem Berge entquillende Wasserstoffgas entzündete.
Die Quellen welche Kiesel u. a. Dinge mit sich führen bilden ganz
eigenthümliche Decken, andere welche allerlei Gasarten
enthalten, bilden Tuffhügel.
Die ersten Vulkanischen Erscheinungen welche einen
Uebergang von den Quellen zu den Vulkanen machen, sind
die Kothvulkane in Italien und Sicilien Salza genannt.
Es sind Lettenhügel aus denen sich Gas entwickelt mit denen
große Maßen Koth heraus kommen. In Columbien bei Turbako,
nicht weit von Carthagena ist Flötzgestein mit Letten bedeckt;
dort erheben sich Kegel von 10–12 Fuß Höhe welche sich täglich
senken und andern Platz machen. Jeder Kegel hat einen
Krater welcher mit kaltem Wasser gefüllt ist und nur
par tradition werden ihnen Flammen zugeschrieben. Das
Phaenomen des Feuers wird also wenigstens nicht immer
gesehen, sondern nur von Zeit zu Zeit. Häufig werden diese
Hügel plötzlich in die Höhe geworfen bei welchen Aufwürfen
auch häufig Steine mitkommen. Diese Steine zeigen und be-
weisen, daß das Phaenomen nicht ganz local ist, denn man
findet sehr verschiedene Steine und ganz andere als welche
sich auf der nächsten Oberfläche befinden: Auf der Insel
Taman in der Krim sah Pallas 1794 einen Lettenauswurf
und Parrol (?) sein Begleiter machte chemische Versuche welche
zeigten, daß Stickgas[,] nicht Kohlensäure da sei; daß sie aber
dennoch nachher geleuchtet. Schon 2 mal sind im Meer von
Asow Inseln entstanden, so 1799 den 5ten September und 1814
am 10ten Mai, welche [unleserliches Material]ganz aus Letten bestehen. Unter
den Azoren findet sich ähnliches. In Italien fand man in den
Kothvulkanen nicht Stickgas sondern geschwefeltes Wasserstoffgas.
Die eigentlichen Vulkane stehen in inniger VerbindungS. 193
mit den irdischen Substanzen selbst, mit der Hervorbringung
der Gebirgsarten. Eine Definition läßt sich schwer geben.
Wenn die vulkanischen Phaenomene vollständig da sind, so
ist ein Vulkan: ein Kegel von Trochÿt, der auf seiner
Oberfläche eine Oeffnung hat welche mit den Spalten im
Innern der Erde zusammenhängen und welcher Erdarten
wie Erdquellen entfließen. Man kann eine GradulationGra-
duazi-
on
?
von mehreren solchen Verbindungen annehmen. Quito
kann man einen Vulkan, einen Trochÿtglocke nennen
deren einzelne Vulkane nur Eßssen sind. Doch würde
diese Ansicht nicht ganz richtig s[verlorenes Material]ein, da jeder einzelne eein
centrum besonderer Erscheinungen darbietet. Einen an-
dern Grad des Zusammenhanges findet man in Teneriffa.
Da ist nur ein einziger Vulkan und wenn andere Aus-
strömungen der Lava Statt gefunden haben, so ist ein Berg
entstanden, welcher aber nie wieder neue Ergüße erlitten
hat, so daß der Pic der einzigste Vulkan auf allen cana-
⎡wör[t]l.
rischen Inseln ist. In Amerika scheint eine große Spalte
von Osten nach Westen zu gehen, auf der die meisten Vulkane
stehen: aAuch der von Xorullo ist in dieser Richtung entstanden
und wenn man gewußt hätte, daß ein Vulkan sich bilden
sollte, so hätte man voraus sagen können, daß er in keiner
andern Richtung sich zeigen werde. Seit 2 Jahrhunderten
scheint sich in Amerika das Feuer von Norden nach Süden
gezogen zu haben, weil die nördlichen Vulkane weniger
schpeien. In dem Zentralvulkan von Teneriffa ist nur ein
Krater, aber bei dem Ausbruch von Lancerote muß ein
anderer unter dem Meer entstanden sein und zwar da, wo das
Gestein am schwächsten, also leicht zu durchbrechen war.
Bei dem Studium der Naturwissenschaft überhaupt, und
besonders bei dem der Geognosie welche so viele Phaenomene in
ihren Tiefen umfaßt, ist es von besonderer Wichtigkeit, daß wir
wörtl.
uns nicht in den einzelnen Erscheinungen verlieren, sondern
das Gemeinsame derselben auffaßend, ihren Causalnexus
zu errathen suchen. Daher werden wir den Zusammenhang
des innern Erdkörpers mit der äußern Rinde als in 3erlei
Gestalt sich offenbarend, betrachten müssen: 1., durch Bewe-
gung allein, daher die Erdbeben, welche um so schrecklicher für
uns sind, da wir seit der frühesten Kindheit uns daran ge-
wöhnt, den Boden worauf wir treten, als etwas festes und unbeweg-
liches zu betrachten; 2., indem durch das Verschieben der Erdrinde
etwas ungewöhnliches zum Vorschein kommt: Dampf, Luft, Wasser,
Schlamm; oft werden auch Steine von Flammen begleitet her-
vorgeschleudert. 3., Durch intermittirende, geschmolzene Erde
ergießende Quellen, die aus einem Trachÿtkegel ausfließen.
Eben so wie man beim organischen Bau von dem ein-
fachen zum zusammengesetzten übergeht, wie der Zusammen-
hang der Formen klarer wird, indem man zuerst bei einer
Bildung mit wenigen Gliedern verweilt und deann eins
und mehrere zusetzt: eben so hier. Bei jeder folgenden Gruppe
von Erscheinungen findet man alles vor, was in der frühern
vorhanden war. Bei den Vulkanen zeigt sich z. E. Feuer, wie
bei den Erdbeben und bei den Luftquellen. Bei den Quellen
von Baku über die leider noch fast gar nichts bekannt ist,
scheint es der Fall zu sein, daß sie sich von selbst entzünden
und daß man das Feuer wellenförmig über die Erde sich
dahin wälzen sieht, welches aber doch nicht durch das Ausströ-
men von Wasserstofgas hervorgebracht wird, wie man früher
glaubte. Bei Pietrainmala dagegen scheint keine Selbstentzün-
wör[t]l.
dung Statt zu finden, sondern die Spalten nur immer von den
Reisenden angezündet worden zu sein. Selbst bei den Schlam̃-
vulkanen sind Flammen aus der Erde aufsteigend gesehen
worden. Die Vulkane vereinigen alle Erscheinungen die wir
bei den heißen Quellen und Erdbeben gesehen haben, nemlich
Ausstoßen von heißem Wasser, Luft, Flammen und haben
nun noch ein neues Phaenomen, nemlich die Erdquellen,
welche deann in einzelnen Schichten erstarren und sich
consolidiren.
Die unterirdische Kraft, welcher diese Erdquellen
ihr Dasein verdanken, ist eine schaffende, wie alle Naturkräfte;
indem sie die alten Verwandschaften der Körper löst und
daher neue hervorbringt; sie ist aber nicht bloß eine schaffende,
sondern auch eine bewegende, indem sie die von ihr
bereiteten Maßssen bis auf die Oberfläche der Erde emporhebt,
wo sie an der Luft erstarren. Dies Erstarren, je nachdem es
unter einem großen oder geringen Drucke (unter dem der
Atmosphaere oder des ungeheuren Meeres) vor sich geht, ist
steinartig als Lava, glasartig als Obsidian.
Die größte Masse der Gebirgsarten ist vor unserer
Geschichte entstanden; aber ein großer Theil davon schreibt sich,
so zu sagen, noch aus der historischen Zeit her und wird her-
vorgebracht:
Diese Trachÿtvulkane oder eigentlichen feuerspeienden
wörtl.
Berge betrachten wir in 3 Rücksichten:
Dem ausgezeichneten Naturforscher L. v. Buch, dem
wir so viel nNeues über die Vulkane im allgemeinen ver-
danken, gehört auch die Bemerkung, daß man den Ausbruchskrater
wohl vom Erhebungskrater unterscheiden müsse. Wenn die
feste Gesteinmasse durch elastische Dämpfe gehoben wird: so
muß sie entweder oben zerbersten und einen Krater bilden,
oder sie zeigt sich als Dom wie der Chimborasso und die Kuppen
in Vivarais i[unleserliches Material]n Auvergne. Nachdem der Erhebungskrater
sich gebildet, entwickelt eine andere Hebung den Trachÿtkrater
als Ausbruchskrater. So fand v. Buch auf Palma, einer der
kanarischen Inseln, daß die ganze Insel nichts ist als ein
Erhebungskrater. Blöcke von Glimmerschiefer sind hervorge-
schleudert worin man Granaten findet, deann Stücke von
Basalt. Der Pic v. Teneriffa ist ewie mit einem Mantel,
oder mit Wall und Graben durch den Erhebungskrater umgeben.
Dieser bildet auf einer bedeutenden Höhe eine große Ebene,
wo fast nichts wächst als Retama nach dem spanischen Dialecte
der Insel (Spartium nubigenum.) In Fortaventura
(um noch ein Beispiel von den kanarischen Inseln zu nehmen)
liegt die Stadt St. Maria della Grazia ganz in dem Erhebungs-
krater. Bei der Erhebung einer solchen Insel entstehen Barancas,Barancos
?
tiefe Thäler, die strahlförmig gegen den Krater in die Höhe
gehen; ein sehr merkwürdiges Factum: denn durch das Daseyn
der Thäler wird der vulkanische Ursprung der Insel beurkundet:
wörtl[.]
eEs war nicht anders möglich, als daß die Maßsse, nach dem sie aus
dem Meere herauf gestiegen war an der Luft erkaltend und
erstarrend in unzählige Einsenkungen sich spaltete. Die kleine
Insel Amsterdam (zwischen dem Cap der guten Hoffnung und Vandiemens-Land)
ist eine ganz ähnliche pelagische Erscheinung; sie besteht aus einem
basaltischen Ringe mit einer Bresche, aus der zuweilen sie-
dendheißes Wasser stürzt.
Die Erscheinung von Santerin im griechischen Archipelagus
wurde schon von den Alten beobachtet. Hier hat die Trachÿtmaßsse[…]
erst Thonschiefer und darauf Kalkschiefer hervorgehoben,
so daß man⎡ also fast die Natur in ihrer Werkstatt belauschen kann.
Die 3 Inseln Santorino, Therasia und Astronisi bilden eben-
falls einen Ring, der aber nicht ganz vollständig ist und in
dem Mittelpunkt der 3 hat sich noch eine kleine Insel bilden
wollen, die aber kaum zu Stande gekommen ist. So bil-
deten sich im Jahre 1573 die alten Kamenen [u.]und 1700 und
1709 die neuen Kamenen bei welchen mehrere Naturforscher,
die sich grade in der Nähe befanden, so glücklich waren, denden
Verlauf der ganzen Entstehung mit anzusehen. Es erfolgte
kein Schlackenausbruch, sondern ein Felsen schob sich aus denm Meere
hervor.
Unter den Azoren ist eine Insel, die ordentlich eine Epo-
che des Entstehens und Verschwindens hat. Bei St: Michael
erhob sich zuerst 1638 eine Insel, verschwand aber bald wieder;
sSie kehrte zurück, obgleich nicht ganz an derselben Stelle 1719
und verschwand wieder. Endlich erhob sie sich wieder 1811 aber
immer nur auf kurze Dauer. Ihre Höhe betrug 200 Fuß
und nachdem sie versunken war, sondirte man das Meer
und fand 400 Fuß, so daß also die ganze Ausdehnung des
Phaenomens 600 Fuß betrug. Zwischen dem 1ten und 2ten
Ausbruche verflossen 81 Jahre; zwischen dem 2ten und 3ten 92.
Ob nun wirklich die elastischen Dämpfe diese bestimmte Periode
brauchen um eine Kraft zu erlangen welche den Dom in die
Höhe heben könne, oder ob diese Zwischenräume zufällig sind,
wörtl[.]
muß unentschieden bleiben.
Eine andere, mit submarinen Bewegungen zusam-
menhangende Erscheinung, ist die große Unruhe des Meeres
in manchen Tropengegenden, ohne Sturm, ja selbst ohne
Windstoß. Besonders häufig findet sie sich an den Küsten
von Lima und Peru. HumboldIch wurde in diesen Gegenden oft
durch das Brausen der Wellen geweckt welche ohne einen
Lufthauch in einer Höhe von 20–25 Fuß an das Ufer
rollten. Auch versichern die Einwohner, daß manchmal
Flammen aus dem Meere aufsteigen. Ein ähnliches
unterirdisches Phaenomen muß es veranlaßt haben, daß
1739 eine große Menge todter Fische in Lanzerote ans
Ufer geworfen wurden.
An einigen Stellen wird das Meer erwärmt.
Im Golf von Cariaco ist ungefähr auf ¼ □ Meile das
Wasser wärmer als in den übrigen Stellen. Welch eine
gewaltige Hitze muß dazu gehören um diese große
Wassermaße von unten durchzuwärmen! Am schwie-
rigsten ist von allen Erscheinungen das Emporsteigen der
Flammen aus dem Meer zu erklären; auf eine Art nem-
lich die sich mit einer gesunden Phÿsik vertrüge. Herr v.
Buch nimmt an, und dabei müssen wir fürs erste stehen
bleiben, daß Blöcke von den neuen Metealloiden der Alkalien
in die Höhe geworfen würden: diese werden beim Durchgange
durch das Wasser an ihrer Oberfläche oxÿdirt, zerplatzen aber
an der Luft und verbrennen mit Feuererscheinung.
wörtl.
Es ist eine weit verbreitete Meinung, daß die Nähe des
Wassers zur Unterhaltung der Vulkane nöthig sei, durch Hervor-
bringung von Wasserstoffgas, weil wirklich die meisten Vulkane
nicht weit vom Meere liegen. Aber überall läßt sich dies nicht
durchführen, denn die Entfernungen werden manchmal zu be-
trächtlich. So habe ich durch trigonometrische Messungen gefun-
den, daß der Vulkan Kopakotelepek(?) in Mexico volle 32 Mei-
len von jedem Meere entfernt ist. Der Guatamajo(?) welcher
merkwürdig ist wegen des gewaltigen unterirdischen Doñers,
den man fast regelmäßig von halber zu halber Stunde hört,
östlich von der Andeskette im Innern gelegen, ist 40 Meilen
vom Meere entfernt. Durch Rüppel hat man Nachrichten
von einem Vulkan der sich in Kordofan befinden soll, und
wenigstens 120 Meilen vom Meere abstehen würde. Aber
bei weitem die größte Entfernung (und zwar historisch erwiesen)
eines Vulkans vom Meere finden wir in dem Innern
Asiens. Klaproth machte die Entdeckung in den chinesischen
Annalen, welche auch von Abel-Remus
daß sich unter 42½° N. B. ein Feuerberg Ko-tschang nicht
weit von der Stadt Ku-tsche befinde, also 270 Meilen vom
Meer, so weit als von Moskau bis zum schwarzen Meer.
Dieser Feuerberg ist nicht bloß ein einzelner Ausbruch, sondern
die Beschreibung von den Ausbrüchen der geschmolzenen Erd-
arten, Steinen etc: etc: sind so detaillirt, daß man an der
Richtigkeit nicht zweifeln kann: man hätte dies sonst für
ein Phaenomen halten können wie das der Boraxsäure
im Florentinischen; allein es ist ein eigener Vulkan und es
wörtl[.]
ließe vielleicht, um die Hÿpothese zu retten,⎡ sich annehmen, daß
ein großer See in der Nähe sich vorfände. So liegt nördlich
von Tcheran der Vulkan Dunawengi nicht fern vom caspi-
schen See. Doch überhaupt ist die Annahme einer großen
Wassermaße nicht nöthig zur Unterhaltung des unterirdischen
Feuers, und wir müssen sagen, daß uns der erste Grund
davon unbekannt ist, wenigstens kann ein Eindringen des
Wassers in die Vulkane der Grund nicht sein.
Der Monte nuovo entstand 1538 in den phlegräischen Fel-
dern bei Neapel. Ich habe selbst mich davon überzeugt, daß er
nichts ist als ein Schlackenhügel und ich entdeckte auch einen sehr
kleinen Erguß von Lava. Da nun ganz neuerlich in Ischia
ein Erdbeben gewesen ist, so wäre es sehr möglich, daß das
vulkanische Feuer sich auf kurze Zeit von dem Vesuv weg, nach
der Gegend des Epomeo zöge, von dem wir wissen, daß er
1302 einen heftigen Ausbruch gehabt hat. Höchst merkwürdig
ist die Entstehung des mexikanischen Vulkans Xorullo 1759.
Er liegt in einer schönen Hochebene wo Basalt und Trachÿt
in der Nähe sind, also auf vulkanische Mächte hindeuten.
Früher waren hier reiche Indigo- und Caffee
mehre Jahrhunderte n. Chr: dieselben Erscheinungen gesehn hat,
so läßt sich denken, wie viele Millionen Male die Eruptionen
sich müssen wiederholt haben, und man kann dies nur eine
pulsirende Lufterscheinung nennen. Auch scheint es, daß die
kleinen Vulkane häufigere Ausbrüche haben, als die großen.
Die ganz hohen in Amerika bleiben oft 60 bis 70 Jahre ruhig; viel-
leicht weil eine größere Kraft dazu gehört die Lava so hoch zu heben;
daher kommen denn auch bei ihnen die häufigen Seitenausbrüche.
Doch muß man bedenken, daß in so bedeutenden Höhen der Rauch
nicht so leicht sichtbar ist, weil er sich nicht so bald niederschlagen
kann. Beim Vesuv sind die Rauchsäulen nichts als Wasser-
dämpfe, die sich aus der Atmosphaere niederschlagen und auf
denm heißen Krater in Verdampfung übergehen; daher
scheint es als stiegen sie aus dem Krater.
Meist haben die Vulkane die Gestalt von Domen gleich
wörtl.
viel ob mit oder ohne Oeffnung. Der Chimborasso hat keine
Oeffnung, doch entdeckte ich einen kleinen, niedrig liegenden
Seitenvulkan mit Lava, zum deutlichen Beweis, daß die
elastischen Dämpfe nicht Kraft genug gehabt hatten, den Dom
selbst zu sprengen.
Der höchste bekannte Vulkan ist der Kotopaxi, nach
meinen Messungen 17700 Fuß, nach andern 17712. Dann
folgt der Kopatopeletl 16600 Fuß hoch.
Man stellt sich gewöhnlich die Vulkane steiler vor als sie
sind. Wenn man die Höhe nach dem Verhältniß des Grund-
durchmessers berechnet, so findet sich eine merkwürdige Ue-
bereinstimmung zwischen Vesuv, Aetna und Pic von Teneriffa,
Das Verhältniß der Höhe des Aschenkegels zur Höhe des
Vulkans ist sehr verschieden: je stärker die Eruptionen um
desto höher der Aschenkegel. Beim Ve-
Nach sichern Zeichen des Ausbruches hat man viel und ver-
gebens gesucht. In Neapel glaubt man, daß der Vesuv im
Herbst häufiger speie als sonst: aber man würde sich nur
einen schwachen Begriff von der Stärke der vulkanischen Heerde
W.
machen, wenn man annähme, daß der Zustand unserer Atmos-
phaere Einfluß darauf haben könnte; im Gegentheil ist zu
glauben, daß die vulkanischen Erscheinungen auf den Luft-
kreis einwirken. Indeß wird beim Stromboli behauptet
und scheint durch alle Zeugnißsse bestätigt, daß er wirklich
im Winter heftiger speie als im Sommer. Vielleicht ist
bei diesem kleinen Vulkane ein Zunehmen der Kräfte durch
Verdampfung denkbar, indem im Winter mehr Regen
hineinfällt als im Sommer.
Beim Vesuv hat man jedoch ein sicheres Zeichen entdeckt;
es ist das Ausbleiben der Quellen von Resina, weil die
große herannahende Hitze die Dämpfe verhindert sich nie-
derzuschlagen. Der Herzog della Torre hat in Resina und in
Torre dell’ Anunaziata viele Versuche darüber angestellt,
und ihm verdanken wir das meiste was wir darüber wissen.
[Die Größe des Kraters ist durchaus nicht bestimmt und verändert
sich auch durch Ausbrüche und Einstürze. Beim Pic. v. Teneriffa ist
er von 300 Fuß im Durchmesser. Beim Aetna ist er nach den
letzten Messungen viel kleiner als man glaubte. Den größten
Krater fand ich beim Pichincha an dessen Fuße Quito liegt;
er hat 4200 Fuß im Durchmesser. Auf dem Rande desselben
bilden sich wieder kleine Krater welche das Umhergehen auf
der scharfen Kante des Kraters sehr erschweren. Eben so beim
Xorullo. Auch ist der Krater nicht immer becherartig, sondern
oft unregelmäßig. Der Kratersee von Choruca in Mexico
ist wie mit hohen, einzelnstehenden Thürmen umgeben: dazwi-
schen liegt ewiger Schnee über den man nicht wagen darf zu
W.
schreiten, da er in allen Tropenländern nicht Consistenz genug hat
um den Menschen zu tragen. [Ein Satz fehlt] Auf dem Pichincha ist derselbe
Fall, daher blieb mir, als ich zu einer Ansicht des Kraters ge-
langen wollte, nichts anders übrig als diese thurmähnlichen
Felsen zu erklimmen. Diese Felsen haben oben nur 8–9 Fuß
Durchmesser, daher mußte ich mich gleich zur Erde werfen,
sobald ich oben angelangt war um nicht herabzustürzen.
Aber zu trigometrischen Messungen sind diese Spitzen vor-
trefflich geeignet und ich fand dadurch den Diameter des
Pichincha von 4200 Fuß bei einer Tiefe von 3–4000 Fuß.
Eine der erhabensten Ansichten!
Der Ausbruchskrater findet sich
entweder gar nicht und dann sind Lavaströme an den Seiten
ausgebrochen so z. E. der Vulkan von Martisana; allein es ist
deann ungewiß ob diese Ströme Folge gehabt haben oder auf einmal
erschienen sind. Auf dem Pic v. Teneriffa giebt es gar 2 Krater.
Man hat lange geglaubt, daß der Krater in seinen Wänden sehr
unbestimmt ⎡seÿ; allein neuerdings hat man gefunden, daß er im
Gegentheil von großer Beständigkeit sei. Der Vesuv z. B. ist
seit 50 Jahren fast gar nicht verändert worden. Die Tiefe des
Kraters ist, nach v. Buchs Berechnungen das Maaß der wahr-
scheinlichen Entfernung großer Lavaausbrüche. Nach dem Aus-
bruch hat nemlich v. Buch gefunden, daß er viel tiefer geworden,
so daß man sogar den Boden des Kraters sehen konnte. Die
Dicke der Kraterränder ist sehr beträchtlich. Er sieht gewöhnlich
wenn er nicht mit Schnee bedeckt ist schwarz und dunkel aus.
So sah ich den Kotopaxi in einer Nacht seines Schnees beraubt;
ein schrecklicher Anblick für die Bewohner da dann ein Ausbruch
herannaht. Was die Eruptionsgesetze anlangt so führen wir sie
in der Kürze auf:
Da wo Vulkane sich in die ewige Schneeregion erheben, wie
unter den Tropen 2450 Toisen, bieten sie eigne Phaenomene
dar. Dort brechen z. E. viele tausend todte Fische aus dem Vulkan
selbst hervor. Der geschmolzene Schnee nemlich mag unterir-
dische Seen bilden in die denn eine besondere Art kleiner
unter
179
Bartfische (sinurus pimelodes ceptapes) hineinsteigen.
Ein solcher Fischausbruch fand am 20ten Juli 169020[.] Juni 1698 statt, wo
mehre □ Meilen von Wasser mit Fischen, Tuff und Koth bedeckt
wurden. Die Auswurflinge selbst sind entweder 1., Fragmente
uranfänglicher Steine, Granit, Glimmerschiefer etc: so z. E. in
Palma; bisweilen sind es Maßssen in Lava eingehüllt, wie bei
g
Xurullo Granitstücke in Lava eingehüllt zum Vorschein kamen;
oder 2., verändertes Gestein; so macht z. E. der Vesuv den Kalk-
stein körnig zu parischem Marmor 3., ist es endlich selbst hervor-
gebrachtes Gestein durch Lava. Die Höhe und Tiefe bewirkt
Schnelligkeit und Größe. Die Obsidiamaße entsteht aus Trochÿt,
r.
und aus dem Obsidien entstehen die Bimsteine. Viele Vul-
kane bleiben bei diesem Prozeß nicht stehen sondern verwan-
deln den Bimstein selbst in Asche. Die größte Masse von Bim-
stein findet sich bei Jacapunga am Fuß des Kotopaxi. Schon
Lacondamine beschäftigte sich mit diesen Steinbrüchen und
man glaubte anfangs es sei emporsteigendes Gestein;
später sah man die Unrichtigkeit dieser Annahme ein und
erkannte es für angeschwemmte Lavaströme, Stücke von
48–50 Fuß Länge und 7 Fuß Höhe. Die Oberfläche der Lava
gleicht Eisschollen und sie bildet das „wüste Land“ wie es
die Neuspanier nennen. Sobald Asche darauf fällt wird es
sehr bald fruchtbar. Merkwürdig sind die Höhlen in den
Lavaströmen selbst. Auch entsteht in denselben durch Sublima-
tion Eisenglanz. Bis jetzt hat man schon 7 Metalle in der Lava
entdeckt nemlich: Eisen, Titan, Kupfer, Mangan, Selenium,
Arsenick, Spießglasglanz ?, von der größten Wichtigkeit für die
Erztheorien. Die Maßsse der Lava findet ihre Stoffe nicht bloß
in der Tiefe sondern auch in der Höhe. Die Maßsse der Lava
selbst ist sehr verschieden, nicht bloß bei entfernteren sondern auch
bei sehr nahen Vulkanen, so herrscht imn Aetna-Lava Hornblende,
nicht so im Vesuv.
Bald ist es ein dichtes Gewebe, bald hat es ein porphÿrartiges
Ansehn. Der Aschenausbruch besteht aus zerriebenen Schlacken u.nd
Lava. Die Asche kommt entweder aus der Luft herunter so beim
G.
Aetna 70 bis 80 Fuß hoch oder sie quillt auch hervor. So kam 1822
auf einmal die Nachricht, daß heißes Wasser aus der Seite des Aetna
hervorbreche; ich eilte hinzu, fand aber heiße Asche welche sich aus
der Oeffnung hervorschob. Aehnliches sind die Tuff- und Troaß- (=?)
st[unleserliches Material]eeine der Eifel und bei Andernach. Verschieden von allen diesen
Auswürfen sind die einzelnen Maßen welche vom Wasser be-
arbeitet werden.
Der Zustand der Solfatara. In diesem Zustand stoßen die
Vulkane bei reiferem Alter Gas aus oder es bilden sich Seen in
den Kratern. So in Java wo die Kraterseen freie Schwefel-
und Salzsäure enthalten. In Kär⎡nthen ist ein ähnlicher Solfatara
welcher viele Schwefeldämpfe ausstößt. Früher suchte man Schwe-
fel immer nur in neuen Gebirgen; ich aber fand große Massen
mitten im Glimmerschiefer in Quito.
Es bleibt uns noch übrig, einiges von der Aneinanderreihung
der Vulkane zu sagen; ein Studium, welches erst in neuster Zeit
seine Ausbildung erhalten. Das meiste und gediegenste darüber
haben wir von v. Buch, theils in seiner Beschreibung der canari-
schen Inseln, theils in einem neuen Aufsatz in Poggendorfs
Journal: über Natur u. Zusammenhang der Vulkane.
Man theilt die Vulkane in Zentralvulkane und in Reihenvulkane:
Jene bilden den Mittelpunkt einer Menge um sie her fast gleich-
mäßig nach allen Seiten wirkender Ausbrüche; diese liegen in
einer Reihe hintereinander, oft nur wenig von einander entfernt
wie Eßssen auf einer Spalte. In Hinsicht ihrer Lage sind die Reihen-
vulkane wieder 2erlei Art. Entweder erheben sie sich als ein-
zelne Kegelinseln aus dem Grunde der See: dann läuft ge-
wöhnlich ihnen zur Seite ein primitives Gebirge völlig in derselben
Richtung dessen Fuß sie zu bezeichnen scheinen, oder diese Vulkane
stehen auf dem höchsten Rücken solcher Gebirgsreihen und bilden die
Gipfel selbst. In ihrer Zusammensetzung und in ihren Producten
W.
sind sie nicht von einander verschieden. Es sind fast im̃er Berge von
Trochÿt und die festen Producte daraus lassen sich auf Trochÿt zu-
rückführen.
Zu den Zentralvulkanen gehört der Vesuv mit den phlegräi-
schen Feldern und vielleicht der Insel Ischia und dem Epomeo –
der Aetna mit den liparischen Inseln worunter Stromboli –
der Pic v. Teneriffa mit den canarischen Inseln; – die azorischen
Inseln – die capverdischen Inseln; – die Gallāpăgos etc: etc:
Zu den Reihenvulkanen: die Andeskette (s. meine geogno-
stischen Ansichten von Südamerika). Sehr merkwürdig ist, daß
wenn man hier von Granit und Glimmerschiefer verlassen wird,
das Vorkommen von Trachÿtglomeraten die Nähe eines Vulkans
anzeigt; – die Reihe von Quatemala; – die Molucken; – die Phi-
lippinen; – die Kurilischen Inseln.
Mit der Erscheinung der Vulkane scheint eine Hebung der Erde
verbunden bei den Cycladen u. in Mexico; äußerst selten ist das
Vorkommen von uranfänglichem Gestein in der Nähe eines Vul-
kans; doch giebt es auch hiervon Beispiele. Am Vesuv sieht man
solche granitische Findlinge im Fosso grande, aber sehr wenig;
bei Tunguragua in Mexico nahe der großen Strick-Hänge-
brücke ist Gneis vom Vulkane gehoben worden.
Indem wir einige allgemeine Betrachtungen über die Geognosie
hinzufügen, können wir uns natürlich nicht in das Einzelne ein-
W.
lassen, da dies der Gegenstand der Geognosie selbst ist.
Erst in neuern Zeiten hat man angefangen auch die schaffende
Kraft der Vulkane hervorzuheben, da man früher nur auf ihre
zerstörende gesehen hatte: es ist erwiesen, daß die Vulkane
immer noch körnige Gebirgsmassen bilden. Wir sehen diesen
Prozeß unter unsern Augen und man hat in Folge davon versucht die
Massen welche wir durch die Vulkane erhalten, künstlich nachzumachen:
um diesen Zweig der Naturkunde haben sich besonders verdient
gemacht die Engländer Greenough, Warburton und Sowerbÿ (?).
v. Buch hat im Flemserthal im südlichen Tÿrol eine Stelle entdeckt,
wo dichter Kalkstein in körnigen verwandelt ist durch eine Spalte
des hervorgedrungennen Urgebirgs; endlich haben die neusten Versuche
von Mitscherlich künstliche Fossilien hervorgebracht, indem
er die Materialien derselben der Hitze eines Hochofens aus-
setzte; er fand auf diese Weise daß man künstlich darstellen
könne: Glimmer, Augit, Olivin und Titan. Andere Chemiker
haben die Schlacken der Hochöfen untersucht und auch schon da
mehre künstliche Mineralien gefunden. Diese Versuche sind nicht
bloß in chemischer Hinsicht von großer Wichtigkeit, sondern auch
für die Theorie bedeutend: denn es ist klar, daß die verwan-
delnde Maßsse jünger sein muß als die verwandelte: wenn
wir also wie im Flemserthal dichten Kalkstein in körnigten umge-
ändert sehen und daneben eine Spalte mit Urgebirge, so muß
dieses später aus der Spalte hervorgedrungen, also in seiner
Bildung auf den Kalkstein gefolgt sein.
Wir lassen nun noch einige Bemerkungen über die äußere
Erdrinde im Allgemeinen folgen, worüber ich ausführlich mich
W[.]
ausgesprochen in meinem: geognostischen Versuch über die Lage-
rung der Gebirgsarten in beiden Erdhälften.
Es ist oft die Frage aufgeworfen, wie tief wir unter der
Erdrinde, vom Spiegel des Meeres an gerechnet, gekom̃en sind?
Lange hielt man die Gruben von Ansin bei Valenciennes für
die tiefste, welche 850 Fuß unter dem Meere hat. Allein die
Messungen 2er ausgezeichneter Geognosten, der Herr v. Dechen
und v. Oeynhausen haben gezeigt, daß die tiefste Arbeit der
Menschen unter dem Meeresspiegel bei Lüttich ist. Die Grube
im Maaßthale bei Val St. Lambert hat 1500 Fuß ganze Tiefe:
da der Ort ungefähr 100 Fuß über dem Meere liegt, so ist man
hier 1400 Fuß unter dem Meeres.-Niveau. Man hielt auch die
Gruben von Whitenhoven für sehr tief allein sie erreichen
nur 1000 Fuß. In Cornwallis hat man eine Grube, wo ein
Stollen mehrere 1000 Fuß unter dem Meere hinläuft, und der
äußerste Punkt desselben ist nur 8 Fuß von dem Wasser entfernt.
184
In dem Gebiet von Peusenau
Allein außer den Gruben haben wir andere Mittel das In-
nere der Erde zu erforschen: wir bedienen uns der Hebung
der Gebirge, obgleich dieß auch noch nicht viel ist. Nehmen wir
an, daß die ganzen Gebirgsketten durch elastische Dämpfe aus
der Tiefe hervorgehoben sind, wie es nach den neuesten Ansichten
sehr wahrscheinlich ist: so ist also der unterste Fuß des höchsten
Gebirges die tiefste heraufgehobene Stelle. Nun hat man auf dem
Himalaja bis jetzt die Höhe von 18500′ über dem Meer erreicht,
[u.]und der höchste Gipfel, der Devalagiri ist, wie wohl noch ziemlich
unsicher auf 26400′ gemessen worden [u.]und der Fuß desselben ist
also die aus dem tiefsten Grunde hervorgehobene Stelle die wir
kennen. Bedenken wir aber, daß eine geogr: Meile 22800′
hat [u.]und daß der Erdhalbmesser 860 Meilen beträgt, so sieht man,
daß wir etwas über eine Meile, also nur einen sehr geringen
Theil des Erdradius kennen.
Aus noch größerer Tiefe indessen wirken die Vulkane herauf
[u.]und namentlich müssen wir annehmen, daß die Findlinge körnigen
Gesteins wie man sie beim Vesuv am Fosso [unleserliches Material – 1 Wort fehlt]grande etc: findet,
W.
aus bedeutender Tiefe hervorgeschleudert worden sind.
Wenn wir von oben nach unten hinabsteigen, so unter-
scheiden wir 5 körnige Gebirgsarten:
Die 5te Abtheilung nannte man lange Urgebirge, aber
Berzelius fand in dem Sÿenit: Olivin. Nehmen wir die übrigen
Fossile dazu, so haben wir von oben nach unten gehend:
Die 3te von diesen Gruppen heißt auch Uebergangsgebirge;
in ihr findet sich das erste Aufkeimen des organischen Lebens;
Bambus, Monokotÿlidonen oder baumartige Farrenkräuter.
Die 2te Gruppe sind die Flötzgebirge mit Palmenstäm̃en etc:
Darüber lagert sich die erste Gruppe als terziäre Bildung [u.]und
hier finden wir Baumstämme von Dikaotÿlidonen, wie aus
unsern nordischen Waldungen.
W.
Dann folgt ein aufgeschwemmtes Gebirge mit Goldsand
[u.]und fossilen,aus fossilen Landthieren, und dies bildet die oberste Erdschicht.
Zwei große Zerstörungen der Vegetation, nachdem die Erdrinde
schon erhärtet [u.]und erkaltet war, können wir in diesen Erscheinun-
gen wahrnehmen;: sie bezeichnen die Gränzen der Flötzgebirge
nach oben [u.]und nach unten. Die oberste ist die Steinkohlenformation,
welche aus einer untergegangenen Palmenformation, also Mo-
nokalÿdonen Monokotyledonen entstanden ist: darunter die bernsteinhaltige
Braunkohle aus Dikotÿlidonen. Hier greift die Botanik so eng in
die Geognosie ein, daß sie kaum mehr von einander zu treñen
sind; daher kann es bemerkt werden, daß Monokatÿd⎡onen solche
Pflanzen sind, deren Stamm meist einfach in die Höhe steigt [u.]und
aus einer schwammigen Masse besteht; Dikotÿlid⎡onen aber einen festen,
vielfach verzweigten Stamm haben, der bei einem Wachsthum
Jahresringe ansetzt. Daher ist der oberste geognostische Horizont
durch die Gestalten der meist oval abgeplatteten Stäm̃e ausge-
zeichnet. Man muß aber nicht glauben, daß diese Formationen
überall abgesondert sind; es finden sich Uebergänge; so enthält
der Gÿps Knochen von Rhinozeros und Elephantenartigen Thieren
zusammen mit Palmen [u.]und baumartigen Farrenkräutern, die
man in so großer Menge antrifft, daß man annehmen muß,
die Vegetation der Vorwelt habe nur daraus bestanden, während
jetzt unter den Tropen die Maßsse der Wälder nicht aus einer
Mehrzahl von Monokalÿlidonen besteht, ausgenommen jene dicht-
bewachsenen Stellen von Orinoco [u.]und Rio Apure.
In diesen beiden großen Ablagerungen der Steinkohlen
und der Braunkohle ist es zu bemerken, daß man noch nie Ffoßile
Menschenknochen gefunden hat: dies läßt auf das hohe Alter dieser
Revolutionen schließen. Die Flora und Fauna finden sich überein-
ander gelagert, aber sie gehören einer frühern längst unter-
gegangenen Welt an, in der noch keine Menschen existirten.
Diese Verbindung der vegetativen [u.]und animalischen Welt mit
den Foßilen giebt der Geognosie unserer Zeiten einen neuen
W.
Reiz. Es wird möglich, auch in ihr das Leben zu verfolgen, wie
es von den ersten Anfängen aufwärts steigend, zusammen-
gesetzte Formen annimmt [u.]und sich endlich bis zur höchsten ani-
malischen Bildung erhebt.
Wir geben nun kurz die Typen der Organisation, wie
sich dieselben in den verschiedenen Schichten gelagert finden, an.
Im Uebergangsgebirge (woraus ein Theil des Harzes besteht)
findet sich zu unterst: Bambusschilf mit Korallen und baumartigen
Gräsern, zugleich Triboliten, von der Art, die man sonst Käfer-
muscheln nannte: also sehr ausgebildete Thiere, von denen
eins mit großen gegitterten Augen dem Käfer auf Japa[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]n nicht
unähnlich, der zu den größten be[unleserliches Material]kannten gehört, indem er 3–4 Fuß
Länge hat – ferner Sepia-artige Fische, Cephalopoden, Ortho-
188
zeratiten p. p.
Im Flötzgebirge findet sich eine zahllose Menge von Polÿ-
thalamen, die sogenannten Ammonshörner [u.]und Belemniniten:
auch ein Thier das seine Schale in dem Leibe hat, anstatt außen
[u.]und welches man lange für untergegangen hielt; aber bei der
Reise des Capitain Baudin ist es dem Naturforscher Péron
geglückt, ein solches Thier die Spirula lebendig zu finden.
Ich habe es in Paris in Spiritus gesehen und es gelang die Schale
in seinem Leibe zu erkennen [u.]und herauszunehmen. Ferner Num̃u-
liten, von denen man eine große Menge in dem Gestein sieht,
aus dem die Pÿramiden in Aegÿpten erbaut sind.–Sepien; Herr
Bukland in Oxford hat sogar den farbigen Theil einer Sepia als
eine gelbliche Maße gefunden [u.]und es ist gelungen dieselbe in hei-
W.
ßem Wasser aufzulösen; ich habe ein Bildniß dieses kleinen
Fisches mit seiner eigenen Farbe gemalt gesehen, die also viele
1000 Jahr ungebraucht gelegen hatte. Endlich Fische allerlei Art.
Tropenformen: krokodillartige Thiere. Im Lyas sind besonders
abweichende Formen: hier findet man die ungeheuer großen
Thiere; den gewaltigen Megalosaurus, eine Eidexe von 40–
50′ Länge (die größten Krokodille die ich gemessen, hatten nur
20–22′.) deren Schenkelknochen 4′ mißt. Den Pleisiosaurus
ein Krokodill mit Schwanenhals, von dem man sich denken kann,
daß es auf dem Trocknen gelegen und seinen langen Hals
in das Wasser herablassen konnte um seine Beute zu haschen.
Den Ichthÿosaurus, ein Krokodill mit Fischaugen, während
alle andern lange geschlitzte Augen haben; deann das wirkliche
Krokodill wie es als Gaviale im Ganges vorkömmt; eine son-
189
derbare Flügeleidexe, die einen eigenen Finger hat, der mit
dem Flügel verbunden ist, Pterodactyles genannt, worüber
zwischen Cuvier [u.]und Sömmering ein langer Streit geführt
ward. Deann die ganze Reihe der Cetaceen, wallfischartige Thiere,
warmblütige Bewohner des Meers; Seekühe, wie man sie in
den antillischen Meeren findet, Lamantius Lamantins genannt.
Ueber der Kreide fangen die Säugethiere des Landes an;
ungeheure Rhinocerosähnliche, wie das Anapltlotherion, Valaco-
therionPalaiotherion
?; der kolossale Tapir, den man lange für ein bloß ame-
rikanisches Thier hielt, bis man kürzlich in Malacca einen gefunden
hat, den man zwar für eine neue species ansehen muß, der
aber mit dem amerikanischen viel Aehnlichkeit hat. Merkwürdig
genug ist nie ein Auerochsen-Fossil gefunden. Man hat in neuern
W.
Zeiten erwiesen, daß unser Rindvieh nicht vom Auerochsen abstam̃t,
sondern daß der Urstamm sich in Amerika findet; e. Einen höheren
Elephanten; ein Rhinoceros; neue Species vom Nilpferd etc: Einen
solchen ungeheuren Elephanten hat man im nördlichen Asien ent-
deckt. Schon 1771 fand man daselbst foßssile Elephantenknochen mit
Stücken Fleisch daran; aber die wichtigste Entdeckung machte Adams
ein in rußischen Diensten stehender Phÿsiker auf seiner Reise
in Sibirien 1799. Er fand eine grossße Eismaßsse mit einzelnen
Knochen [u.]und Fleisch: es brauchte 5–6 Jahr ehe das Thier ganz vom
Eise frei wurde; unterdessen zehrten Hunde [u.]und Wölfe in großer
Menge davon, endlich 1804 meldeten die Jakuten an Adams, daß
das Thier frei sei [u.]und nun wurden endlich die Reste nach Petersburg
geschafft. Man fand die Augen [u.]und einen Theil des Gehirns; das
Thier war mit 15″
Cuvier hat 130 Skelette von Landthieren entdeckt; 60 von soge-
nannten Dickhäuten als Elephanten, Rhinoceros, Tapir; 20 von
wiederkäuenden als Hirschen, Rennthieren 22 von reißenden
Thieren als Löwen, Bären etc:. Von Vögeln fand man nur sehr
wenige Skelette, was wohl darin seinen Grund haben mag, daß
sie sich leichter zu retten vermochten. Je tiefer man eindringt
in die Erde desto unähnlicher werden die gefundenen organischen
Formen denen welche noch jetzo sich finden. Es giebt indeß ganze
Theile der Welt, wo dieses Thier- und Pflanzen-Leben fehlt, so
namentlich in Scandinavien, in Nordwestamerika und in der
Gegend vom Ausfluß des Orinoco bis zum Ausfluß des Amazo-
nenstroms. Hier fehlen aber überhaupt die Kalkgebirge und Ter-
tiärformation. Von Menschenknochen ist bisher nichts gefunden;
was man dafür ausgegeben hat ist als falsch befunden. So meinte
Scheuzer einen Urmenschen entdeckt zu haben über den ⎡er schrieb:
?
homo deluviaei testis, aber Cuvier zeigte, daß es ein gigantischer
Salamander gewesen. Bei Guadeloupe hat man eine Menge Sk[unleserliches Material]e-
lette gefunden, welche alle mit dem Kopf nach Westen gerichtet wa-
191.
ren: diese sind aber aus historischer Zeit (es ist ein großer Caraïbenkaribischer Kirchhoff.)
denn sie finden sich in der Süßwasserschicht[unleserliches Material]e. Vor 3 Jahren meinte
man bei Paris einen Menschen gefunden zu haben mit Pferd, Helm
und Lanze, allein es ist eine Spur von Knochengewebe bei diesem
Foßilen Manne; man zeigte ihn in Frankreich, England u. Nord-
amerika, da die Besitz[e]er ihn theuer erkauft haben. Ich selbst gerieth
hierüber leider in einen Zeitungskrieg. Auch bei Costritz sind
Menschenknochen gefunden, nebst Hühner- [u.]und Hundeknochen, aber
auch sie sind aus neuerer Zeit. Wie die Knochen so gewaltiger
Thiere in enge Höhlen zusammengekommen sind, in die sie
lebend nicht einmal einzugehen vermochten hat Buckland in
Oxford nachgewiesen; eEr fand nemlich, daß sie benagt warnen
wie die Hiänen noch jetzt Knochen benagen; ja er fand sogar Hÿänen-
eExcremente Foßil dabei. Die Hÿänen schleppen gewöhnlich so
Knochen in Höhlen zusammen, weshalb man in Darfur die
Gräber mit großen Steinen zu bedecken pflegt. Es giebt auch
ein leichtes Mittel die ältern Knochen aus der Urzeit zu unter-
scheiden von neueren. Sie sind nemlich so porös geworden, daß sie
fest an der Zunge kleben, dagegen spätere Knochen aus römischen
[u.]und Druidengräbern gar nicht an der Zunge haften.
Die 3 wichtigsten Uebergangsarten von den verschiedenen
Gebirgsarten, welche man in beiden Hemisphaeren gefunden hat,
sind: Uebergang, periodische Alternanz und Präclusion genannt.
Von chemischen Versuchen hat in dieser Hinsicht, nach meiner Mei-
nung, die Geognosie die wichtigsten Aufklärungen zu erwarten.
Man hat jetzt schon durch Versuche erkannt, wie die untersten Schich-
ten auf die von ihnen oxidirten Gebirgsarten wirken können
bei 1000 Atmosphaeren Druck [u.]und Glühhitze.
Von dem Emporquellen der Gebirgsarten aus Spalten haben
bergmännische Arbeiten in Deutschland Beweise gegeben:
1810 hat man in der Gegend von Eisenach einen Basalthügel
gefunden der sich in einen bloßen Zapfen endigte. Deann 1817
ist eine ähnliche Erscheinung durch die Bemühungen Gerhards
am Druidenstein auf dem Kollutschen (?) Zuge gefunden, wo man
einen Zapfen von Grauwacken-Stein entdeckte [u.]und endlich die
blaue Kuppe bei Eschwege einen ähnlichen bunten Sandstein,
1823 von Hoffmann untersucht.
Das Flötz- [u.]und Tertiärgebirge besteht aus vielen Schichten
Sandstein [u.]und durch Anschwemmen formirter Kalkformationen.
Fragmentarische [u.]und unfragmentarische Bildungen machen 2
Abtheilungen aus, aber in beiden finden sich Sandstein [u.]und feste
Kalksteingebilde mit Conglommeraten.
Der vollständige Typus der Flötzgebirge von unten
nach oben ist:
Der äußere Theil der Erdoberfläche ist mit großen Fragmenten
von Fel[d]sarten bedeckt die man Bl[unleserliches Material]öcke nennt; zugleich auch mit den
kostbarsten Producten,: so Platina, Gold und Diamant. Doch von
diesen kleinen Producten handeln wir hier nicht, sondern von den
größern, die fremdartig dem Boden sind, wo sie sich finden. Wir
sprachen:
Wir kommen nun zum letzten Theil der Geognosie, zur
Gliederung der Continente, welche in genauer Verbindung steht
mit der Vertheilung der Klimate, [u.]und dies macht deann den natür-
lichsten Uebergang zur Climatologie.
W.
Es ist wahrscheinlich, daß die Hebung der Continente früher Statt
fand, als die der Bergketten selbst, [u.]und überall hängt die Verschie-
denheit der Temperatur von dem Verhältniß der Kontinente zu
den flüßigen Theilen ab, aus denen sie emporstiegen. Wenn
man dieses Verhältniß ändern könnte, so würde das Klima
ganz anders werden.
Ueber diesen Theil der phÿsikalischen Geographie haben die
großartigen [u.]und geistreichen Ansichten des Prof: Ritter viel Licht
verbreitet, er hat gezeigt, wie von dem Klima die Gesittung
[u.]und der ganze Kulturzustand der Völker abhängt.
Die Oberfläche der Erde theilt sich:
Der Kontact dieser beiden Elemente bestimmt die Form
und den Umriß der Continente, welcher in Bezug auf die Cultur
[u.]und den geselligen Zustand der Völker von der größten Wichtigkeit
ist. Im Allgemeinen hat zwar das Meer fast dasselbe Niveau
rings um das Sphäroid, das wir bewohnen, aber im einzelnen
finden sich Abweichungen. So sind die Ansammlungen von
süßem Brunnenwasser, die Seen, von verschiedener Höhe gegen
das Meer. Der höchste Binnensee ist der Munusaraba auf dem
Himalaja. Der See Tiliacca in Peru hat 8000′ Höhe [u.]und ist
sehr reich an Fischen, die sich also in einer Region befinden, 3 mal
höher als die Wolkenschichten in der jetzigen Jahreszeit.
Die chemische Natur der Seen ist sehr verschieden. Man hat lange
geglaubt, daß durch das Zuströmen von süßem Wasser [u.]und die
Decomposition so vieler animalischer [u.]und vegetabiler Körper
W.
sich gewisse Salze bilden müssen, besonders wo kein unterir-
discher Abfluß Statt findet: es hat sich hierüber noch neuerdings
ein Streit wegen des Sees Tschad, im Innern von Afrika erhoben,
ob er süßes oder salziges Wasser habe (bei Gelegenheit der von
Denham und Clapperton gemachten Entdeckung dieses Sees)[.]
Ich habe den See von Tacarigua, zwischen den beiden Bergketten
von Venezuela untersucht [u.]und darin nur salzsauren Kalk gefunden;
es war kein Abfluß desselben zu bemerken.
Außer demn Seen giebt es schmale, longitudinale Wasser-
becken, Flüße genannt, welche unendlich viel zur Belebung
[u.]und Bevölkerung der Continente beitragen. Meist bilden sie
ihr Wassersÿstem für sich; selten sind Verzweigungen oder
Anastomosen derselben wie in Südamerika; als ob ein Arm
des Rheins in die Donau fiele. Solche innere Inseln (wenn
wir nemlich jeden mit Wasser umschloßenen Raum so nennen
wollen) welche durch Bifurkation zweier Ströme entstehen,
ist z. E. Mesopotamien, zwischen Euphrat [u.]und Tigris, da die
beiden Flüße mehrfach durch Kanäle verbunden sind. Die
größte dieser Erscheinungen zeigt das spanische Guiana, von den
Ausflüssen des Orinoco an, der einen Nebenarm, den Kassiqui-
are in den rio negro sendet, welcher letztre in den Amazonenstrom
fließend, die Insel vollendet.
Die Breite der Flüße ist oft so bedeutend, daß dadurch nicht
allein die Wanderungen der Völker aufgehalten werden, sondern
auch an beiden Ufern des Flußes ganz verschiedene Producte sich
finden. Manche Flüßsse in Amerika haben 2–300 Meilen von ihrem
Ausflusse eine Breite von 12–18000′, [u.]und an ihrer Mündung Süß-
W[.]
wassergolfe von 40 Meilen Oeffnung. Schon Francklin machte die
scharfsinnige Bemerkung, daß der größte Theil dieser Golfe nicht
in das Meer ausfließe, da dieses durch seine Fluthen das Wasser
zurückdränge, sondern in die Luft verdunstet werden.[…]
Wir müssen das Wasser, welches 4 mal so viel Sauerstoff
enthält als die Luft, [u.]und die Luft selbst, als die beiden Hauptbedin-
gungen des organischen Lebens auf der Erde ansehn. Daher
kann auf dem Monde, das, was wir organisches Leben nennen,
nicht Statt finden, e. Es giebt daselbst keine Flüßigkeit, wie das
Wasser; denn so weit man ihn untersucht hat, ist das niveau von
jeden 2 Punkten seiner Oberfläche unter sich verschieden. Früher
hielt man das Licht als unumgänglich nothwendig dafür: allein man
hat diese Meinung aufgegeben, seitdem man unterirdische Pflanzen
[u.]und Thiere kennen gelernt hat, [u.]und auf Fische aufmerksam geworden
ist, welche in einer solchen Tiefe des Meeres leben, daß daselbst
nach Bonguers u. a. Untersuchungen eine absolute Dunkelheit
herrschen muß.
Von den flüßigen Umhüllungen der Erde unterscheiden wir 2:
Den Boden des erstern bildet das Meer [u.]und die Erde, deren
höchste Berggipfel nichts anderes sind, als Untiefen auf dem Grunde
des Luftoceans. Das Wasser ist in den obern Schichten am meisten
bewohnt, die Luft in den untern: nur wenigen Geschöpfen ist es
erlaubt, sich in die höhern Regionen der Luft zu erheben, am
meisten den Vögeln. Auf 18000′ Höhe am Chimborasso fand
W.
ich Geier, Kondurs [u.]und Insecten Insekten, namentlich Schmetterlinge. Auch auf
dem Himalaja hat man sie bemerkt: sie erheben sich aber nicht will-
kürlich dahin, durch die Kraft ihrer Muskeln (wenn man ihnen
überhaupt Muskeln zuschreiben kann) sondern durch aufströmende
Luftzüge. Bei Tage nemlich erhitzt sich die Erdoberfläche durch die
auffallenden Sonnenstrahlen, [u.]und es erzeugen sich „courants
ascendants‟ welche die Insecten bis zu einer Höhe heben, wo
sie einige Zeit ohne Nahrung leben müssen. Boussingault
der nach mir die Silla von Caracas gemessen hat – (man be-
hauptete nemlich, wie es gewöhnlich bei Erdbeben zu geschehen
pflegt, daß bei dem letzten Erdbeben von 1812 ein Theil der Silla
eingestürzt sei: deshalb war die Messung r⎡wichtig; sie differirte
von der meinigen kaum um 5–6′ [u.]und zeigte, daß die Höhe des
Berges ganz dieselbe wie früher ist) – fand auf dieser Höhe von
9000′ ebenfalls Insecten und sehr merkwürdig, Halme von
Gräsern: er bemerkte, daß leuchtende Körper aus der Atmosphae-
re niederfielen, sammelte sie, [u.]und Herr Kunth in Paris be-
stimmte, daß es eine neue Species von Tilingia sei, die in
großer Entfernung davon wächst, wo also der Same sehr weit
courans
?
durch die „couransts ascendants‟ geführt sein muß. Der rothe
Schnee am Nordpol ist ebenfalls eine vegetabilische Substanz, ein
kleiner Pilz, durch den man auf die Vermuthung kam, als ob
Luftvegetabilien existirten, die in den obern Schichten schwebend
erhalten werden: allein wahrscheinlicher ist es wohl eine meteo-
rische Flechte die sich erst nach dem Fallen des Schnees bildete.
Erde, Wasser [u.]und Luft bilden ein Naturganzes, deshalb kann
man die 3 Substanzen hier nicht von einander trennen: so wie
W.
die Klimatologie sich nicht auf die Luft allein beschränkt, son-
dern vielmehr der Geognosie anheimgefallen ist, da das Klima
durch so mannigfache Ursachen bestimmt wird. Erst in neuer
Zeit ist man auf die Wirkung aufmerksam geworden, welche die
Wärmestrahlung der Erde auf das Klima hat: sie ist viel stärker
bei klarem Himmel als bei bedecktem: daher pflegt man zu
sagen [u.]und zwar ganz richtig, daß sternenklare Nächte kälter
sind; nicht als ob das Licht der Sterne Kälte hervorbrächte, sondern
weil die Wärmestrahlung gegen den heitern Him̃el stärker ist;
eine Wolkenschicht dagegen läßt die zurückgestrahlte Wärme nicht
durch, sondern wirft sie nieder auf die Erde zurück.
Die ganzen Continente mit ihren Bergketten sind durch Hebung
über den Meeresspiegel hervorgetreten: die unterirdischen Kräfte
wirkten daher mittelbar mit zur Bildung der Erdoberfläche, wie
wir sie jetzt sehen. Nach der Erhärtung der äußern Rinde haben
vielleicht kleine Zufälligkeiten im Unterschiede des Gleichgewichts
mehr nach dem Nordpol hingewirkt, als nach dem Südpol, daher dort
eine größere Ländermaße als hier. Bei der Hebung von
Amerika wirkten die unterirdischen Kräfte mehr von Norden
nach Süden, vielleicht auf einer großen Spalte: dagegen er-
streckt sich der alte Continent mehr von Osten nach Westen. Ganz
anders würde bei uns die Temperatur sein, wenn etwa das
Mittelmeer nicht existirte, wenn sein Becken zu derselben Höhe
wie die lombardischen Ebenen [u.]und die Flächen der Cyrenaïca sich
erhoben hätte. Europa würde viel kälter sein, wenn Afrika
nicht aus den Fluthen emporgestiegen wäre: nun aber liegt uns
südlich in dem Meridian von Lissabon [u.]und vom Ural ein großer
fester Continent, der als opaker Körper die Sonnenstrahlen
W.
besser reflectirt, als der durchsichtige Ocean: daher müssen die
unter dem Aequator erwärmten Luftschichten über Europa hin-
fließen [u.]und die Kälte mindern. Darum ist Asien kälter als Europa
1., weil es eine Ostküste ist [, u.]und diese alle sind kälter als die West-
küsten 2., weil sein Aequator sich in einem transparentern
Mittel befindet [u.]und die Luftschichten über ihm nicht so erwärmt werden
können, als über dem Lande. Ganz anders würde das Klima
der Erde sein, wenn Amerika sich von Osten nach Westen in
der Tropenzone ausdehnte, anstatt, daß jetzt nur ein kleiner
Theil davon unter den Wendekreisen liegt.
Die Quantität der Erhebung im Allgemeinen ist sehr
gering, insofern wir nemlich die Continente als Bergrücken
ansehn, deren Fuß im Meer liegt. Der große Laplace hat
sich vielfältig mit der Erhebung der Continente und mit der Mee-
restiefe beschäftigt, [u.]und eine Menge von Berechnungen darüber
angestellt. Einzelne Tiefen des Meeres entscheiden hier nichts,
sondern die Sache müßte von einer andern Seite genommen
werden. Laplace hatte aus der Ebbe und Fluth die Tiefe des
Meeres auf 50–60000 Fuß also 3–4 Meilen berechnet (welches
auszuführen uns hier zu weit führen würde,) allein dies ist
viel zu tief. Er hat nachher seine Rechnungen wieder vorgenom-
men [u.]und einen andern Coeffizienten erhalten: er fand nun,
W.
daß die mittlere Tiefe des Meeres gleich sei, der mittlern
Höhe der Continente. D[unleserliches Material]enkt man sich nemlich die ganze Masse
der Gebirge gleichförmig über die Erde zerstreut, so daß kein
Punkt höher ist als der andere, so wird natürlich diese Erhe-
bung äußerst gering sein [u.]und die Oberfläche des Erdsphäroids
läßt sich deann in gleiche Polÿgonalfiguren theilen. Eben das-
selbe geschieht, wenn man die Tiefen des Meers auf diese
Weise gleich vertheilt. Nach Laplace letzter Rechnung ist
nun diese Convexität und Concavität über und unter der
mittlern Fläche des Meeres gleich 900–1000′. Aber noch
immer zu groß. Er forderte mich auf diesen Gegenstand
zu bearbeiten [u.]und ich habe die Resultate in einer kleinen Ab-
handlung: über die Kulminations-Punkte der Erde niedergelegt.
Die Pendelversuche, mit denen man sich in neuern Zeiten so
viel beschäftigt hat, haben auch hierüber genaue Untersu-
chungen möglich gemacht: die mittlere Höhe ist nicht mehr als
500–600′. Bei Frankreich [u.]und der Lombardei beträgt sie
4–500′; die Gegend zwischen Stettin, Dresden [u.]und Posen hat
180–200′. Rußland hat 870′, also sehr beträchtlich; man hat
dies nach einer Masse von Barometermessungen in Moskau
beobachten können. Die Schweiz hat, trotz ihrer Berge nur 1300′
Baiern zwar nur klein aber sehr hoch: 1560′; Spanien wo ich selbst
bei meiner Durchreise viele Beobachtungen anstellte, in der Gegend
W.
zwischen Almanza und Astorga 2100′; die Ebene von Mÿsonrere in
Indien 2760′; die Wüste Gobi zwischen Kiachta [u.]und Peking 3000′;
die Ebene von Tibet nach ungefährer Berechnung, weil es hier an
Barometerbeobachtungen sehr fehlt: 6000′. Die höchste dieser Hoch-
ebenen findet sich aber nördlich vom Himalaja unter 35–36° Breite,
welche Capitain Weddell untersuchte, im Thal des Soutledge bei
Däna; hier hat man die wunderbare Erscheinung, daß Korn-
felder sich bis auf 14000′ Höhe finden, so hoch als die Spitze des
Montblanc. Auch in Amerika erheben sich die Thäler zu beinahe
12000′; das von Unanteleka hat 11600′; Mexico 6000′. Wenn
auch Europa diese Höhen nicht erreicht, so haben wir doch einige
bedeutend hohe Punkte; früher hielt man Dörfer auf 4000′ Höhe
für die höchsten aber v. Well hat in seinen Untersuchungen
über den Mont rosa gezeigt, daß das Dorf Cetta 7100′ hoch liege.
Die Tiefe des Meeres ist nicht so leicht zu bestimmen,
besonders ist es an einzelnen Stellen schwer die perpendicu-
laire Tiefe zu erhalten, denn theils verliert das Senkblei
einen Theil seiner Schwere durch das Schwimmen des Seiles, theils
wird es durch Strömungen fortgeführt, [u.]und wenn man glaubt,
daß es senkrecht hinabfalle, so macht es vielleicht einen Winkel
von 40–50°; dies giebt also einen großen Unterschied [u.]und die
Tiefen werden bedeutender als sie sind. Capitain Sabine hat
auf alle diese Umstände genau geachtet [u.]und in den antillischen
Meeren viele Sondirungen angestellt: südlich von Cuba hat er
thermometrisch auf 7200′ perpendiculär sondirt, indem er ein
Thermometer herabließ um die Temperatur des Meeresgrundes
zu erforschen. In Südamerika ist die Andeskette ganz auf den West-
rand hingedrängt, vielleicht über einer Spalte vulkanisch in die Höhe
gehoben: sie hat nicht mehr als 15–20 Meilen Breite [u.]und kaum
1 Meile Höhe; dagegen beträgt der Lauf des Amazonenstroms
W.
6–700 geogr: Meilen, ohne bedeutendes Gefälle: denkt man sich
also die kleine cÿlindrische Masse der Andes auf die ganze Fläche
verstreut, welche der Amazonenstrom bewässert, so sieht man
leicht ein, daß dies für die ganze Fläche kaum einige Zoll Erhö-
hung ausmachen würde.
Man hat bis jetzt viel häufiger die Berge als die Ebenen
gemessen, welches zum Theil nur eine Befriedigung der Neu-
gierde ist; viel nützlicher wäre es, wenn man durch Barometer-
beobachtungen die Höhe der cultivirten Ebenen messen wollte,
um zu bestimmen, wie hoch hinauf manche geselligen Pflanzen
203.
z. E. die Cerealien leben können.
Der Umriß unserer Continente, welcher durch den Contact
des Starren [u.]und flüßigen bestimmt wird, würde ganz verschieden
sein, wenn die Höhe des Meeres nur um ein Geringes zunähme:
daher ist das stabile Verhältniß dieser beiden Elemente für den
geselligen Zustand von der höchsten Wichtigkeit; nur 130′ brauchte
die Ostsee zu steigen [u.]und ganz Norddeutschland so wie Polen würden
verschwinden. Die Ebene des Amazonenstroms liegt nicht so hoch, als
man glauben sollte: ich ging ganz besonders an den östlichen Fuß
der Andeskette, um die Länge von Tamapanda zu erhalten, wo La
condamine seine Arbeiten über den Amazonenstrom angefangen;
bei dieser Gelegenheit bestimmte ich die Höhe des Orts auf 1200′
(also niedriger als München), nicht weit vom Wasserfall von Rustega,
aber noch 700 Meilen vom Ausfluße; s. Steigt man etwas weiter hinab
als Tamapenda so ist die Höhe nur noch 400′; also brauchte das Meer
W.
nur 400′ zu steigen [u.]und ganz Südamerika würde verschwinden
[u.]und die Andeskette sich wie eine lange schmale Insel von Nord nach
Süd [sich] erstrecken. Sollten aber solche Erhöhungen des niveaus ein-
treten, so würden sie über die ganze Erde gleichmäßig sich
vertheilen müssen. So hat man fälschlich auf eine Anschwellung
[u.]und Abnahme des Mittelmeers geschlossen, weil man an den Säulen
des Serapistempel bei Pozzuoli 8–10′ über dem Boden ange-
backne Muscheln aus Salzwasser herrührend, bemerkte. Dies
müste aber in historischer Zeit geschehen sein, denn aus solcher ist
der Serapistempel gewiß, w. Wie wäre es denn aber möglich, daß
wir durchaus keine Erwähnung einer solchen Fluth hätten die
hinreichend gewesen wäre die Ebenen von Valenza [u.]und Grenada;
so wie ganz Aegÿpten plötzlich zu überschwem̃en [u.]und zu ersäufen?
Andere meinen, die Säulen hätten lange Zeit im Wasser
gelegen [u.]und da hätten sich die Muscheln angesetzt; ist auch unwahr-
scheinlich, denn theils würde man nicht beschädigte Säulen für den
Tempel gebraucht haben, theils hätte man sie gewiß gereinigt
um sie aufzustellen. Das wahrscheinlichste ist, daß eine Dünenreihe
vor dem Tempel nicht weit vom Ufer entstanden ist [u.]und daß sie eine
„Mare‟ oder Salzlache bildete von 10′ Höhe, worin die Muscheln lebten.
Solche Erscheinungen von höhern Salzlachen am Ufer sind gar nicht
selten.
Kleine Unterschiede des niveaus finden sich aber auch bei den
größten Wasserbecken der Erde: so nivellirten die Französischen
Gelehrten, besonders Herr Lepire die [Meer]Land
Auf die Sagen der Samothraken bauend, hatten die Alten
ein ganzes Schleusensÿstem der Meere gegründet, wornach zuerst
ein Durchbruch des schwarzen Meeres, deann des Mittelmeeres
erfolgt seien: die beiden großen Schleusen lagen bei Bÿzanz [u.]und
Kalpe.
Rennell (von dem die schöne Karte von Ostindien) hat sehr
geistreiche, theoretische Betrachtungen über die Höhe der beiden
antillischen Meere gemacht, in denen der heftige Golfstrom
allerdings einen Unterschied des niveau hervorbringen muß. Neu-
ere Reisende haben den Isthmus von Panama untersucht, den ich
nicht besuchen konnte, obgleich ich in Darien war; nach neueren Be-
rechnungen wäre das antillische Meer höher als die Südsee: man
hält aber umgekehrt die Südsee für 10–12′ höher, welches für
eine Canalisirung sehr wenig ist.
Nach den Messungen von Girard
W.
sind die Bitterseen in Aegÿpten 24 Fuß tiefer gelegen als das
Mittelmeer. Auch kann man in den Strömungen einen Grund
zu kleinen Niveau-Verschiedenheiten in dem Stande der Gewässer
finden. Schon Franklin bemerkte, daß in den großen Seen von
Nordamerika dies der Fall sei: wenn lange der Wind in einer
bestimmten Richtung geweht hatte, so hatte der eine Theil des
Sees eine größere Convexität, als der andere. Ein sehr merk-
würdiges Factum hat sich vor wenigen Jahren im südlichen Frankreich,
in der Provence ereignet, wo nach heftigem Wehen einses O. N. O.
Windes der Hafen von Marseille mehre Stunden lang trocken
blieb. Dies muß einen Unterschied von 10–12′ im niveau aus-
gemacht haben. Im Genfer See [u.]und in den mexikanischen Seen
findet eine ähnliche Erscheinung des Senkens [u.]und Steigens Statt,
die man sogar für eine Ebbe [u.]und Fluth gehalten hat; wohl mit
Unrecht, denn die Regelmäßigkeit, welche man nach den Jahres-
zeiten wahrzunehmen glaubte, beruht nur auf den wiederkeh-
renden Winden. Selbst die Veränderungen des Barometer-
druckes haben Einfluß auf das Niveau.
Ich habe an einem andern Orte gezeigt, daß die Meeres-
strömungen unter den Tropen eine Folge sind, von den stünd-
lichen Variationen des Barometers, indem diese Variationen
an dem einen Orte früher eintreten, als an dem andern;
so wird die Wasserfläche ungleich gedrückt [u.]und geräth ins Strömen.
S. 229
Wenn wir oben gesehen haben, daß der Contact des
Starren und flüßigen die Umrisse auf unserm Erdsphaeroïd
bedingt, so wenden wir uns nun zu den festen Theilen selbst [u.]und
W.
bemerken zuvörderst, daß sie in 2 große Maßssen zerfallen,
die man gewöhnlich den alten [u.]und: ⎡den neuen Continent nennt.
Im alten Continent hat sich ein Busen gebildet, an dessen
östlicher Seite Neuholland, an der westlichen Afrika liegt;
dies ist der Busen der Mousone, die abwechselnd in d[.]en verschie-
denen Jahreszeiten in entgegengesetzter Richtung wehen.
Die nördliche können wir eine Continental-halbkugel
nennen, die südliche eine pelagische. Berechnet man den Un-
terschied genauer: so hat die nördliche ⅓ Areal des Continents
mehr als die südliche. Die Hauptmaßsse macht hier Asien aus,
welches den Aequator nicht erreicht [u.]und zum Theil daher unter
gleichen Breiten kälter ist als Europa.
Eine auffallende Erscheinung ist es, daß gegen den Nord-
W.
pol zu alle Continente unter 70–73° N. B. abgeschnitten sind
[u.]und an das Meer stoßen. Die Barrowstraße liegt zwar noch
viel nördlicher, aber südlich von derselben befindet sich wieder
eine ganze Inselwelt. Hearne’s u. Mackenzie’s Reisen haben
gezeigt, daß fast ganz Nordamerika unter 72° B. aufhört, da-
gegen schließen sich eine Menge Inseln nach Norden an, und
machen die Verbindung der Continente. Amerika hat eine
große Menge von Inseln im N[.]ord liegen; in Asien ist in der
Länge des Nordcaps das Meer frei von Inseln, dann folgt
aber die Bäreninsel und Spitzbergen; daher rührt zum Theil
das milde Klima von Europa. Im Norden von Schweden friert
das Meer nicht, [u.]und dies rührt hauptsächlich von der wärmeren
Strömung her, die von S. O. nach N. W. an den Küsten in die Höhe
zieht: so ist es zu erklären, warum die Küsten der skandinavischen
Halbinsel wärmer sind, als die südlicher gelegenen Theile
des innern Landes.
Wahrscheinlich ist der Nordpol frei von Land. BarringtonS. 230
hat neuerdings alles zusammengestellt, was man von
Reisen dahin kennt. Aus seinem Werke ergiebt sich, daß schon
im Jahr 1527 Robert Torte aus Bristol die Regierung auf
diese Durchfahrt aufmerksam machte, [u.]und andeutete, daß man
einen viel kürzeren Weg nach Indien, quer über den Nordpol
nehmen könne. Unter Heinrich VIII wurden wirklich Versuche
zu dieser Durchfahrt gemacht; indeß muß man sagen, daß es
bei dem jetzigen Stande des Eises sehr schwierig ist, nur bis 80°
durchzudringen. Lord Mulgrave kam auf seiner berühmten
Expedition bis 80° 48′ [u.]und dies hielt man lange für die höchste nördliche
Breite; neuerdings aber ist Scoresby Mai 1806 bis 81° 13′vorgedrunge[n], wie
er aus einer guten Mittagshöhe der Sonne abnehmen konnte [u.]und
Nachmittags bis 81° 30′⎡ gekom̃en. Er hat auch dargethan, daß die Breite von
86° die nach Barrington früher erreicht worden sein soll, gewiß
W.
übertrieben [u.]und falsch ist. Parrÿs Expedition um zu Lande nach dem
Pol zu kommen, ist bekanntlich nicht geglückt. Es ereignete sich nemlich
der eigne Unfall, daß die Eisschollen, auf denen seine Kähne oder
Schlitten fortgezogen wurden nach Süden in Bewegung waren: er
kam daher mehr rück- als vorwärts. Er that bei dieser Gelegen-
heit dasselbe was schon Chr: Columbus gethan, er verbarg die
wahre Breite seinen Leuten um sie nicht muthlos zu machen. Die
englische Regierung hat einen Preis von 5000 ₤ für den ausge-
setzt, der bis 89° vordringt, einen von 20000 ₤ für das Auf-
finden einer N. W. Durchfahrt; aber beide sind noch nicht errungen.
Bei der Stellung der Continente müssen wir bemerken, daß sie
der Länge nach, auffallend auf eine Seite zusammengedrängt sind.
Von der einen Seite nimmt das Land unter dem Aequator 250
Längengrade ein; von der andern das Wasser 110°. Denken
wir uns daher, daß die Erde so gesehen würde wie der Mond,
so würde die erste Seite unter dem Aequator ganz voller Con-
tinent erscheinen, dagegen auf der andern Seite, wo er durch
das Wasser geht, würden auf jeder Seite nur 35° Continent
hervorstehn. Aber nicht nur in der oben erwähnten Richtung (wenn
man eine Ebene durch die Pole legt) theilt sich die Erdkugel in
eine Continentalmaße, sondern auch wenn man die Ebene durch
den Aequator legt: denn wird die südliche eine Wasserhalbkugel,
die nördliche eine Landhalbkugel sein. Es ist klar, daß dies
einen großen Einfluß auf die Temperatur der verschiedenen
W[.]
Oerter haben muß. Man hat auch schon vorgeschlagen, die Südsee
wegen ihrer bedeutenden Ausdehnung den großen Ocean zu
nennen.
Westasien und Ostamerika ist von dem Becken des atlan-232 l.
tischen Oceans durchschnitten, [u.]und man hat in neuern Zeiten ange-
fangen, diesen als eine wirkliche Thalbildung zwischen beiden Con-
tinenten zu betrachten, um so mehr da die entgegenstehenden
Theile der Continente eine gleiche Richtung haben. Für Amerika
ist es merkwürdig, daß in Südamerika die französische Guiana
in geognostischer Hinsicht viel Aehnlichkeit hat mit Labrador,
ganz Brasilien dagegen mit den Alleghanis. Die Küste von
Brasilien erstreckt sich von S. W. nach N. O. Guiana dagegen
von S. O. nach N. W. u. Nordamerika wiederum von S. W. nach N. O.,
ebenso ist es ungefähr an der Westküste von Afrika [u.]und an der
von Asien. (scilicet Europa)
Im Norden der nördlichen Hemisphaere ist an den Ufern des232
atlantischen Beckens eine große Zertrümmerung sichtbar, die
sich auf der einen Seite an der Hudsonsbaÿ auf der andern an den
britischen Inseln offenbart: mehr gegen Süden findet sich auch Ue-
bereinstimmung, insofern auf der einen Seite das Becken des antil-
lischen Meeres, auf der andern das Mittelmeer liegt. Betrachtet
man das Mittelmeer allein, so sieht man, daß es mit den Wasser-
becken des rothen Meeres [u.]und des persischen Meerbusens im genauen
Zusammenhange steht [u.]und daß diese 3 auf Verkehr und Kultur beson-
ders in früher Zeit mächtig eingewirkt haben.
232
Nur ⅙ des Aequatorialkreises geht durch den Continent, die
übrigen ⅚ fallen in das Meer, [u.]und man sieht leicht, daß diese Ver-
theilung großen Einfluß auf die Temperatur haben muß. Wenn
W.
wir einen Blick auf die Karte werfen, so kann es uns nicht ent-
gehen, daß alle Continente gegen Süden eine Pÿramidalform
haben. Dies zeigt sich, [u.]und zwar am auffallendsten, nicht nur in
Amerika [u.]und Afrika, sondern auch in Neuholland, selbst nördlich vom
Aequator in Hindostan und weniger deutlich bei Malacca.
Diese Bemerkung gehört nicht dem geistvollen Reinhold Forster,
sondern lange vor ihm machte sie Baco v. Verulam . Auch die
Erstreckung gegen den Südpol hin ist zwar ungleich, aber doch in
einem bestimmten Verhältniße; vom Cap Horn nach VandDiemens-Land
geht es treppenförmig in die Höhe:
Vorgebirge der guten Hoffnung | 34° S. Breite |
van Diemensland — | 43° 38′ 〃 |
Cap Horn — | 45° 58′ 〃 |
Ferner scheint sich die Regel auszusprechen, daß je weiter die
Continente nach N[.]ord hinaufgehen, um desto tiefer erstrecken sie
sich nach S[.]üden. Amerika hat nach beiden Polen hin die weiteste Aus-
dehnung; deann folgt Europa mit Afrika von Spitzbergen bis⎡ zum Vor-
gebirge d[.]er guten Hoffnung. Endlich Asien [u.]und Neuholland von Nova-
sembla bis van Diemensland. Südamerika [u.]und Afrika haben
überdies eine merkwürdige Uebereinstimmung in der [verlorenes Material]Einbiegung
ihrer Westküsten. Der Golf von Guinea entspricht der Bai von
Arika und hier muß nicht übersehen werden, daß auch die Andeskette
der Biegung der Bai folgt, was sehr merkwürdig ist. Freilich ist in
Amerika die Einbiegung unter 14° 20′ südlicher Breite in Guinea
unter 3° nördlicher Breite; allein man könnte sagen, dies hänge mit
W[.]
dem obenerwähnten Factum zusammen, daß Africa sich nicht so
weit gegen den Südpol erstrecke als Amerika und daß deshalb
auch hier die Einbiegung südlicher sein müsse. Eine ähnliche
Erscheinung, wie wohl nicht so deutlich, läßt sich bei Malacca und
Neuholland nachweisen.233
Ungefähr vor 15 Jahren entdeckte man im südlichen Meere
den Archipelagus von Neu Shetland, den Pawelsinseln und Neu-
Georgien [u.] esund es wurde dadurch eine Meinung wieder hervorgesucht,
welche schon Cook glaubte bekämpft [u.]und vernichtet zu haben, nemlich
daß diese Inseln Vorboten eines großen südlichen Continents seien:
allein Weddel hat vor 5 Jahren gezeigt, daß es nur ein kleiner
Archipelagus Archipelagus sei, [u.]und daß weiter gegen S[.]üd sich kein Continent finde.
Bis dahin glaubte man, daß Cook mit 71° 10′ die größten südliche
Breite erreicht habe; allein Weddel kam bis 74° 15′ [u.]und fand in
dieser Gegend, sonderbar genug, ein eisfreies Meer: e. Er be-
hauptete daher, es sei leichter nach dem Südpol als nach dem Nord-
pol zu kommen. Ein eignes Zusammentreffen ist es, daß das
nördlichste Volk, die Russen, das südlichste Land entdeckt haben, nemlich
Captain: von Billinghausen fand unter 70° S. B. die beiden Inseln
Peter I [u.]und Alexander I.
Da man auf dem Archipelagus Archipel der Nieu-Shetland-Island
einige sehr große Thiere, wie Elephanten, Rhinozeros, auch reißende
aus dem Katzengeschlecht antraf (während auf den übrigen Inseln
der Südsee sich meist nur kleine Nager befinden) so glaubte man
hieraus schließen zu dürfen, daß diese Inseln Reste eines unter-
gegangenen Continents seien, wo nur die großen Thiere gleichsam
durch Concentrirung zurückgeblieben wären; allein es scheint
W.
wahrscheinlich, daß die Inseln durch Hebung entstanden sind: daß,
umgekehrt ein großer Continent sich hat bilden wollen, von dem
aber nur die Spitzen hervorgehoben sind. Als Beispiel können
wir die Centralrepublik Guatemala anführen, wo sich Vulkane
von 8–9000′ Höhe finden: wäre das Meer so hoch gestiegen als
der See Nicaragua, so würden alle diese Vulkane wie Inseln,
etwa wie die Molucken aus dem Meer hervorsehen. Ueber die
Höhe des Sees von Nicaragua über dem Meer habe ich mir
eine ältere Messung zu verschaffen gewußt: er wurde 1781
von dem spanischen Ingenieur Don Galisteo(?) zu 140′ über dem
Meeresspiegel bestimmt: dies würde für die Legung eines
Kanals durchaus keine Schwierigkeiten machen, im Gegentheil
das Reinigen der Schleusen etc: etc: erleichtern.
Der größte Theil aller Inseln auf der Erde befindet sich in den
südlichen Meeren [u.]und zwar entweder sporadisch in selbstständigen
Gruppen vertheilt, oder den Continenten parallel laufend. So ist
es der Fall zwischen Amerika [u.]und Asien, [u.]und da wir in Asien, zumal
auf ihrer Ostküste, zum Theil auf Japan und den andern dieser
Ostküste parallel laufenden Inseln, Spuren einer uralten,
ja der ältesten Kultur finden, so ließe es sich wohl denken, daß
durch jene Inselreiche, welche hier von O nach W sich hinzieht, eine Ver-
bindung von Asien [u.]und Amerika statt gefunden habe [u.]und auf diese
Weise die Kultur nach Amerika verpflanzt sei: wenigstens ist
dies wahrscheinlicher als die Annahme, daß dieser Kulturgang
über das feste Land Statt gehabt habe, wo die asiatischen Ein-
W.
wanderer bis auf 60° N. B. in ein abscheuliches Klima hätten
hinaufsteigen müssen. In Asien sehen wir, daß die Kultur
von O nach W fortgeschritten ist, in Amerika von N nach S. Den
größten Contrast den wir für die Gliederung der Continente
finden können, bildet in der alten Welt dies vielfach durchschnit-
tene südwestliche Asien sammt Europa – gegen die einförmig
abgerundete Bildung Africas, worin die Bai von Guinea
beinahe die einzige bedeutende Einbiegung ist.
Die Berge sind Erhöhungen, die auf der Veste emporsteigen;
(Cic: de nat[:]ura deorum) wir theilen sie in 2 Sÿsteme:
Eine ältere [u.]und nicht gegründete Vermuthung ist es, daß
alle Ketten zusammenhangen; ungefähr als ob alle Gänge in
den Gebirgen, die ein gleiches Streichen haben, im Zusam̃en-
hange stehn müsten.
Eben so wie man auf die Höhe der Knoten, welche wie Strahlen
aus einem Mittelpunkt ausgehen, zu viel Wichtigkeit gelegt hat,
ebenso unrichtig hat man behauptet, daß die Zentralkette höher
sein müssste als die begleitenden Ketten. Dies ist durchaus nicht
in der Natur der Erscheinungen begründet [u.]und läßt sich weder
theoretisch noch practisch beweisen. In der Andeskette finden wir
grade das Gegentheil: wo der eine von den beiden parallel laufenden
Gebirgszügen aufhört in die Gränze des untern Schnees hinauf-
zureichen, da ungefähr hebt sich der andere bis in die Schneegränze
hinein. Noch ein anderes Vorurtheil ist es, daß die Flüße nie
die Gebirgsketten durchbrechen sollen. Davon finden sich un-
zählige Beispiele [u.]und das deutlichste in Amerika, wo der Ama-
zonenstrom sogar die Centralkette der Andes durchbricht, die
sich ihm quer in den Weg wirft [u.]und hier schöne Wasserfälle bildet.
Ich habe diese Gegend besucht [u.]und die Erscheinungen genau beschrieben.
Ein anderes Beispiel giebt der Indus, welcher nördlich von Pendjab
aus dem Himalaja kommt [u.]und eine entgegenstehende Gebirgskette
durchbricht.
Eine besondere Aufmerksamkeit habe ich auf die Höhen236
der Flächen gerichtet, die man in der Nähe der Gebirgsketten
W.
findet, [u.]und gefunden, daß sie von doppelter Art sind: entweder
erstrecken sie sich in gleichem niveau bis an den Fuß der Kette,
die deann steil aus der Ebene emporsteigt, oder sie haben ein all-
mähliges Anschwellen gegen das Gebirge zu, v. Von beiden haben
wir Fälle in Amerika, die sehr auffallend sind. Der Ge-
birgsstock von Parime gehört zu denen, die steil aus der Ebene
emporsteigen. Hier ist es einerlei, ob man sich in größerer
oder geringerer Nähe des Gebirges befindet, die Höhe der Ebene
bleibt fast ganz dieselbe bis an den Fuß desselben; bei der
Andeskette dagegen findet ein Anschwellen Statt [u.]und die Höhe
der Ebene nimmt zu, je mehr man sich den Bergen nähert.
Eine merkwürdige Erscheinung ist es, daß die größten237 l[.]
Höhen im alten Continent sporadisch zerstreut sind, wogegen sie
in dem neuen Continent alle auf einer Linie zusammenge-
drängt liegen. In Amerika findet man außer der Andeskette
keine Höhen weiter, die nur 8000′ erreichten; es ist also an-
zunehmen, daß hier die Andes wirklich die Zentralkette sind.
Setzen wir aber in Europa die Schweiz als einen solchen Zentral-
stock, weil sie die größten Höhen unsers Erdtheils hat, so zeigen
sich außerdem Höhen von 6000–10000′, sehr weit davon entfernt
[u.]und hieraus scheint hervorzugehen, daß die elastischen Kräfte
ganz anders bei der Bildung der beiden Continente wirkten.
fehlt
Seite
Im neuen Continent liegen alle Höhen im Westen auf der
Andes⎡Kette 20–25 Meilen von der Südsee entfernt. Bei 300,000 □
Meilen ist weiter kein einziger Schneeberg, sondern alle Höhen
bis 8400′ sind zusammengedrängt an die schmale Zone des west-
lichen Theils des Continents. Ganz anders ist es im alten Continent;
außer den Alpen finden sich in Europa hohe Berge in Spanien,
Scandinavien, Süditalien, also sehr vertheilt.
Zwischen dem Verhältniße nach fixen Proportionen findet
man große Uebereinstimmung welche sich numerisch ausdrücken
läßt. Den mittleren Rücken einer Gebirgskette findet man dadurch,
daß man die Höhe von 10 bis 12 Pässen nimmt. Diese sind gewöhnlich
unter der Schneegränze; man kann also annehmen, daß der mittlere
Rücken etwas höher ist als die Pässe, etwas niedriger als die Schnee-
gränze. Den höchsten Rücken der Andes bezeichnet der mittlere
des Himalaja; der höchste der Pyrenäen den mittlern Rücken der
Andes. Das Verhältniß von 6 der größten Gebirge ist in Rücksicht
der höchsten Punkte zu dem mittlern Rücken wie 1 : 18/10 oder wie
1:2. z. E.
Alpen wie 1 : 2. Päßsse 1200 Toisen; der höchste Punkt 2462 Toisen
Andes 〃 1 : 2. – 1850 〃 〃 〃 〃 3350 〃
(bei den Andes giebt es übrigens einige sehr hohe Päßsse welche
höher sind als der Montblanc.)
Himalaja wie 1 : 2 Päßsse 2430 Toisen, der höchste Punkt 4400′
nemlich der Dewala Ghiri wie wenn der Gotthard auf dem
Chimboraco stände. Beim Himalaja bestehn die höchsten Punkte
aus uranfänglichem Gestein, bei den Andes aus vulkanischem
Gestein welches castellartig sich auf dem höchsten Rücken erhebt
[u.]und der Gegend ein eigenthümliches pittoreskes Ansehn giebt.
Beide Gebirge sind gar verschiedenartigen Anblicks.
Caucasus wie 1 : 2. Päßsse 1326 Toisen; höchster Punkt Elleborus 2783 Toisen
Alleghani 〃 1 : 2. 〃 550 〃 〃 〃 Washington . 1040 —
Die brasilianischen Gebirge ganz ähnlich dem Alleghani. Venezuela-
gGebirge (nordöstlicher Zweig der Andes) wie 1 : 18/10 Päßsse 750 Toisen;
höchster Gipfel 1350.
Pÿrenäen die Päßsse höher als der Alpen; höchster Punkt der Malea ?detta
1790 Toisen.
Zwei sehr auffallende Abweichungen von dieser Regel finden sich
bei
Auf großen Hochebenen ist die Richtung der einzelnen
Gipfel sehr verschieden von der Richtung des Gebirges; so auf
Amerikas [u.]und Asiens Hochebenen.
Eine absolute Verschiedenheit zwischen Ebene [u.]und Berg läßt
sich eigentlich nicht angeben. Eigentliche Ebenen nennen wir
die großen Tiefländer ohne irgend eine Verschiedenheit in der
Oberfläche und als Typus dienen uns dazu die großen Ebenen Ame-
rikas. In Europa finden wir sie wieder in Ungarn. Die Ebenen
Südamerikas haben ein Areal von 1700 Meilen. Sie sind nicht alle
baumlos; nur die nördlichen, die Steppen von Caraccas und die
südlichen die Pampas von Buenos Ayres welche sich bis Patagonien
erstrecken sind baumlos, bloß mit Gras bewachsen, weil ihnen
das Wasser fehlt. Die Ebenen am Amazonenstrom aber sind
mit dichter Waldung bedeckt, so daß Affen, wenn sie nicht durch die
Flüsse aufgehalten würden, 700 Meilen auf den Gipfeln der
Bäume wandern könnten. Von den Ebenen in Afrika hat Ehrenberg
gezeigt, daß sie nicht so eben sind als man bisher geglaubt, so
daß es nicht ihr characteristisches Kenntzeichen ist, daß sie Wüsten
oder Grasfluren wären. In diesen Ebenen entwickeln sich die
Flüße. Wenn sie durch die Längenthäler der Gebirge durchbrechen
[u.]und durch ein Querthal entströmen, laufen sie der Axe der Ge-
birge eine zeitlang parallel*) und erst deann entwickeln sie sich
freier [u.]und unabhängiger. In den Ebenen bilden sie Anastomosen.
Flüße können sich nemlich dadurch theilen, daß sie verschiedenen
Flußthälern folgen, oder, was seltener ist, in einem [u.]und demselben
Flußthal sich scheiden. Wenn sie in solchem Fall nicht in der Mitte,
?
219
sondern nahe an der Grate des Flußthales fortrinnen und hier
sich ein niedriger Punkt findet, so muß eine Bifurcation geschehen,
woraus hervorgeht, daß der Fluß zweien Flußgebieten angehört.
So sendet der Orinoco einen Arm in den rio negro [u.]und verbindet
sich auf diese Art mit dem Amazonenstrom. Dieser Fall ist nicht
so ganz einzig in seiner Art. Der Arno hatte früher einen Arm,
arno Teverone genannt, der in die Tiber ging; es ist jetzt diese
Anastomose versandet bei lago de Montecaçiano, wo sich eine
Schnelle gebildet hat. Eine ähnliche Erscheinung findet sich noch
nach v. Buch bei Torneo in der Calixtelf. Die durch Petrarcas
Gesänge berühmte Vaucluse geht in die SorgeSorbe? und in die NesseNeste ?
[u.]und Lauvaise. Unentwickelte Flußsÿsteme können freilich die
Bifurcation hindern. Doch sind alle Delta’s ja nichts weiter
als Bifurcationen. Auch Regenwasser bildet manchmal solche
Vereinigungen. So sind bei starken Regengüssen der Lorenzostrom
[u.]und der Ohio mit einander verknüpft.
Merkwürdig ist die Kleinheit der Gefälle bei großen Strö-
men. So spürt man im Amazonenstrom und Orinoco bei 100
Meilen Entfernung von der Mündung noch Fluth [u.]und Ebbe bis
13–14 Zoll. Die Fluth steigt parallel mit dem Boden auf.
Die Größe des Flußgebietes bestimmt die Menge des Wassers.
Setzt man den Rhein = 1 so ist die Donau in Rücksicht ihres Flußge-
bietes = 4, der Amazonenstrom = 22. Wenn das Flußgebiet groß
und der Fluß schmal ist, so entstehen nach starkem Regen etc: gefähr-
liche Anschwellungen. In dem Gebiet des Rheins fällt etwa 24″
Wasser, in dem des Amazonenstromes 80–88″; daher sind denn
auch die Flüße die besten Ombrometer. Seit Jahrtausenden findet sich
eine große Gleichheit der Wassermassen und der Epochen der An-
schwellungen. Der Nil hat an seinem Ausfluße dieselbe größte
Höhe wie der Orinoco [u.]und Amazonenstrom 80 Meilen vor seinem
Ausflußsse; sie steigen nemlich 24′ hoch. Seit 26 Jahren ist diese
größte Höhe ganz constant geblieben und die Zeit des Anschwellens
hat höchstens 5 Tage geschwankt. Die Geschwindigkeit des Flußes
selbst kommt hierbei mit in Anschlag. Man hat leider hierüber
noch nicht viel Gewisses. Girard hat beim Nil viel gethan.
Die Flüße münden sich entweder in inländischen Seen, wie
dies in den Steppen der Fall ist, oder sie münden sich ins Meer,
oder nach Francklins Beobachtung sie verflüchtigen sich in der
Atmosphaere. Merkwürdig ist, daß einige, je weiter sie fließen,
desto weniger Wassermasse haben; so hat man es gefunden beim
Orangeriver
Oranjefluss oder ich selbst beim rio Apure. Doch findet sich dies nur
in Tropengegenden, wo sie ja häufig 52–54° R. auszuhalten haben,
[u.]und in den Sand, wie in einem Schwamm eingesogen werden.
Wenn die Flüsse ins Meer fließen, so findet sich bei ihnen245
l.
die Erscheinung der Ebbe [u.]und Fluth. Dies sind periodische Schwingungen,
veranlaßt durch die Anziehung der Sonne [u.]und des Mondes. Das Fluß-
wasser wird in die Höhe gehoben und wieder niedergesenkt, durch das,
darunter fließende Meerwasser, welches als das Schwerere unten
bleibt. So hat man in Schottland Beobachtungen angestellt, daß das
obere Wasser ganz süß war, das tiefer geschöpfte aber salzig; bei
ungestümen Fluthen mischen sich auch wohl beide. Diese Oscillationen
sind die unmittelbar auf der Oberfläche wahrzunehmenden Beispiele
der Attraction der Himmelskörper. In frühern Zeiten konnten
höchstens die Phoenizier dieses Phaenomen kennen, da sie allein
über die Säulen des Herkules hinaus gekommen waren; so be-
schreibt sie Nearch am Indus als ein Wunder. Pÿtheas aus
Massilia hat zuerst Beobachtungen darüber angestellt. Plato, der
alles aus dem Innern der Erde abzuleiten suchte, glaubte, daß sie
Folge eines Hervorsprudelns aus dem Erdkern seien. Plinius
aber sagt schon richtig: causa in sole lunavelunaque. Genau auf die Ge-
setze der Attraction führte sie zuerst Newton zurück 1687. Deann
hat Laplace (zuerst 1772) sie genauer berechnet [u.]und Beobachtungen
mit den Berechnungen verbunden in Brest wo die Fluth zu 45′ steigt.
Er hat berechnet, daß die Sonne 13,000,000 mal stärker anzieht als
der Mond [u.]und das Verhältniß ist wie 24/10 : 1. Das Heben [u.]und Sinken
geschieht 2 mal zwischen jeder Culmination des Tages. Die größten
Fluten finden Statt bei Vollmond [u.]und Neumond, wie Caesar zu
seinem Schaden schon in Gallien erfuhr; deann wirkt Sonne [u.]und Mond
zusammen. Laplace hat mit solchem Scharfsinn die Sache behandelt,
daß er bei den Beobachtungen in Brest durch Ebbe [u.]und Fluth genau die
Masse des Mondes gefunden hat. Die Aenderung während der
Sonnen- [u.]und Mondnähe ist bedeutend; bei Brest ist die Fluth während
der Mondnähe um 5′ höher; auch die Nähe der Sonne äußert sich dort
mit großer Deutlichkeit. Der höchste Punkt des Wasser-Ellipsoïds ist
immer nach dem Mond oder der Sonne hin; beide bewirken, daß
einzelne Theile des Wassers vom Mittelpunkt der Erde sich entfernen.
eEs geschieht dies aber nicht bloß in der Axe zwischen dem Mittelpunkt
der Erde [u.]und dem altrahierenden Körper, sondern auch im entgegenge-
setzten Punkt, also gleichsam im Zenith [u.]und Nadir. In eingeschlosse-
nen Meeren finden andre Verhältnißsse Statt, weil durch die Träg-
heit der Masse, die Wirkungen später eintreten. Bei den Mit-
telmeeren muß man in dieser Hinsicht ihre Richtung wohl unter-
scheiden; wenn sie sich von West nach Ost strecken, so kommt die
Wirkung schneller als wenn sie von Nord nach Süd sich erstrecken.
So ist das Steigen [u.]und Sinken sehr verschieden im caspischen und mit-
telländischen Meer; weil ersterses von Nord nach Süden liegt, letzterses
von Ost nach West. Was man überhaupt von Ebbe [u.]und Fluth im caspischen
Meer gefunden, ist nur Folge der Winde, denn es ist nicht tief
genug. Die Tiefe ist bei diesem Phaenomen wohl zu beachten.
Auch auf die Lage der Oeffnung kommt viel an. Wenn die Oeff-
nung des Mittelmeers gen Osten läge, so würde es viel mehr
Fluth haben. Nördlich von 64° N. B. sollte nach der Theorie keine
Ebbe [u.]und Fluth mehr Statt haben. Dennoch findet sie sich dort [u.]und zwar
von 15′; dies könnte ein Beweis sein für eine Nordwestpassage.
Das Anschwellen des caspischen Meers [u.]und der Ostsee ist Folge
von periodischen Winden; im antillischen Meer ist sie nur 6–10″;
am stärksten ist sie bei der Bretagne wo sie bis 60–65′ steigt.
An mehrern Flußmündungen z. E. des Amazonenstroms, der
Dordogne [u.]und Garonne sieht man ungeheure Wassermassen
häuserhoch anschwellen; dies ist Folge des Anstemmens 2er Fluthen,
wenn sie zusammenkommen; man nennt solche Erscheinungen
mascarets.Mascaretts.
Verschieden von Ebbe [u.]und Fluth ist die Bewegung der Wellen.S. 248 l.
Die Höhe der Wellen ist sehr verschieden [u.]und dabei wohl zu untersuchen
ob sie an einen festen Punkt anschlagen. Seevin hat unter 70°
N. B. in Skandinavien die Wellen 700′ hoch schlagen sehen. Die
Messungen der frei im Meere schlagenden Wellen sind sehr
schwer zu machen; man hat gewöhnlich nur geschätzt [u.]und deshalb oft
übertrieben. Am besten mißt man sie nach der Depression des
Horizonts. Auf diesem Wege fand ich die höchsten von 42–44′;
was auch durch viele Seefahrer mir bestätigt ward. Die Höhe
hängt nicht allein von der Impulsion des Windes [u.]und der Interferenz
der Welle ab, sondern auch zu gleicher Zeit von der Tiefe des Mee-
res. Dies zeigte zuerst Breémontier. Er meint, daß bis 60 ja 80′
tief das Meer wenigstens aufgewühlt werde; doch bei starken
Stürmen wird es selbst bis 160′ tief aufgewühlt wie ich an einer
Bank in Neufundland beobachtet habe, welches auch bestätigt ist
?
223
durch eine Beobachtung an der Agubihua⎡ BankAgulias-Bank bei Südafrika. Die
Bank war nemlich, obgleich das Meer 160′ darüber stand, doch auf-
gewühlt. Die phÿsische [u.]und mathematische Lehre von der Welle hat be-
deutenden Zuwachs gewonnen durch die Beobachtungen der Brüder
Ernst [u.]und Wilhelm Weber. Sie machten zuerst bloß Versuche mit
Quecksilber u. fanden, daß die Dichtigkeit des flüßigen Gegen-
standes sehr mit in Anspruch komme.
Das Meer umfaßt ⅔ der Erdoberfläche. Die Tiefe desselben
kañte man mit Gewißheit nur auf 7000′, wegen der Schwierigkeit
des Sondirens. Schon die Alten meinten die größte Tiefe des Meeres
wäre gleich der größten Höhe der Berge. Plutarch setzt den Olÿmp
12000′ hoch [u.]und meint das Meer sei aber so tief.
250 l.
Mit der Dichtigkeit des Meerwassers hat man sich viel beschäftigt,
ist aber nur immer unklarer geworden. Man meinte die größte
Dichtigkeit finde sich unter dem Aequator; ich suchte eine andere Zone,
habe aber nichts sicheres gefunden. Nach Gaÿ-Lussac macht⎡ sie 3½ Procent aus.
Aus allen von Gaÿ-Lussac, John Davÿ und mir angestellten Versuchen,
sieht man, daß die Breite nicht viel Einfluß auf den Unterschied der Dichtig-
G
keit hat. Es ist nicht einmal richtig, daß in größerer Tiefe das Wasser
dichter [u.]und salziger wäre. Was den Inhalt anlangt, so finden sich 4
Stoffe immer im Meerwasser: salzsaures Natrum 26/10, salzsaure
Bittererde 5/10 schwefelsaures Natrum 5/10 salzsaures Kalk1/100. Ballard
hat auch Brom und Jod in der Mutterlauge des mittelländischen Meeres
gefunden; ferner hat man noch entdeckt: schwefelsaures [u.]und salzsaures
Kali 1/2000, nie aber salpetersaure Salze. Aus der kohlensauren Kalk-
erde die man ferner fand, setzten wahrscheinlich die Conchilien
ihre Schalen zusammen. In den Sandebenen gehen auch wohl Reini-
gungen des Meerwassers vor, denn es finden sich süße Wasser
in der Ufergegend [u.]und so fern vom Gebirge, daß sie schwerlich durch
hÿdrostatischen Druck hervorgebracht werden konnten. Man kann
das Wasser reinigen auf 2erlei Weise: 1., durch Destillation wie
r.
Freycinet es auf seiner ganzen Reise gebrauchte. 2., durch Fil-
triren durch 15′ trocknen Sand; doch ist denn nur das zuerst durchge-
drungene Wasser frei vom Salz. Schon Plutarch [u.]und Aristoteles
meinten wenn man es durch Wachskugeln rinnen ließe werde
es süß. Außer den oben angegebenen Bestandtheilen findet sich
noch ein feiner Schlamm darin. Daraus entsteht die Uebelkeit
[u.]und damit hängt auch das Phaenomen des Leuchtens zusam̃en. Es giebt
2 Gründe dieses Leuchtens: 1., wird es verursacht durch vollkomnere
Thiere wie Pÿrosona oder unvollkomnere, Mollusken, Zoophÿten
wie Beroe, Medusa u. a. Aber dies ist nur ein sehr kleiner Theil.
G
2., wie Ehrenberg vom rothen Meer gezeigt, kommt es her von
vegetabilischen Stoffen oder organischen Membranen. Leuchtende
Infusionsthiere giebt es überhaupt gar nicht. Bei jenen leuchtenden
Thieren bringt die Erschütterung [u.]und galvanischer Nervenschlag das
Leuchten wieder hervor. Alle diese Erscheinungen hängen mit dem
Zustand der Atmosphaere zusammen. Die Thiere werden vielleicht
dadurch an die Oberfläche gelockt; wenn das Leuchten aber von der
Oberfläche selbst herrührt, so ist der Einfluß der Atmosphaere darauf
nicht recht zu erklären.
Bisweilen sieht man die Mollusken auch in
der Tiefe leuchten, woraus hervorgeht, daß die Berührung der
Atmosphaere nicht nöthig ist um diese Phosphoreszenz bei ihnen zu
erregen. Der größte Theil des Leuchtens aber kommt von
organischen Theilen her welche in dem ganzen Meere zerstreut
sind [u.]und einen Schleim bilden, den ich selbst durch ein feines Tuch
das Wasser seihend, entdeckte, [u.]und den außer mir auch Lichten-
stein [u.]und Ehrenberg beschrieben haben. Dieser Schleim bildet auch
die herrliche Erscheinung, daß aus dem Kiel der Schiffe Flam̃en
zu schlagen scheinen und Corallen-Riffe, auf die das Wasser
schlägt fernhin leuchten. Ehrenberg hat ihn mikroskopisch unter-
sucht [u.]und ein Gewebe von membranisch-organischen Theilen gefunden.
252
Die Farbe des Meeres ist ein schwieriger optischer Gegenstand,
[u.]und eben so schwierig wie die Farbe des süßen Wassers zu bestim̃en.
Wir führen nur an, daß es indigoblau unter den Tropen ist [u.]und
zwar nicht als Folge des Reflexes vom Himmel; sondern es er-
scheint auch so, wenn Wolken denselben decken. Im Norden ist
es nach Scoresbÿ bald blau, bald grasgrün. In dem grünen ver-
weilen die Wallfische gern weil sich hier eine Menge Mollusken
finden, von denen sie leben. Wie tief das Licht in das Meer ein-
dringt ist noch nicht genau bestimmt. Bei 30–40′ Tiefe sieht
man in Taucherglocken nichts mehr, aber das kommt wohl von
der Bewegung der Oberfläche. Schon früh ward dies erkannt
und deshalb goßen schon die Alten an Stellen wo sie tauchen
wollten Oel auf die Oberfläche, wodurch sie besänftigt wird,
denn eine jede Veränderung der Haut des Meeres verändert
schon die Wellenoscillation; so schlägt selbst der Regen unter den
Tropen, wo er gewöhnlich in großen, einzelnen Tropfen fällt,
die Wellen nieder. Eine merkwürdige Erscheinung machte
Arago bekannt, daß man den Grund des Meeres wie eine
Landkarte vor sich sieht, wenn man auf eine große Höhe geht;
so hat er auf Iviça [u.]und Majorca von 300′ Höhe den Boden gesehn.
Die Ursache hiervon ist, daß der Unterschied des Lichts welches
aus der Tiefe dringt dadurch größer wird von dem Licht welches
über der Oberfläche ist.
Wenn wir von der Temperatur des Meeres reden, so müssen
253
wir wohl unterscheiden die der Oberfläche, der Tiefe [u.]und der Sandbänke.
1., Die Oberflächentemperatur der Meere hat den größten Einfluß auf
die Meteorologie, denn bei dieser ist ja die Hauptsache immer die
relative Lage und Areal der Flüssigkeit [u.]und des festen Landes.
Hierbei ist aber wiederum wohl zu unterscheiden die Oberfläche
des Meeres in Ruhe [u.]und bei Stürmen.
Die Wasserfläche nimmt nur einen Theil der Temperatur an,
welche die Luft modificirt. Unter den Tropen kann man hierüber
am deutlichsten die Gesetze erkennen, weil hier kein so großer
[u.]und schneller Wechsel der Witterung Statt findet, [u.]und überhaupt die
Meteorologie von den Tropen ausgehen muß. Bei Ruhe der
Luft ist der Unterschied dort von Tag [u.]und Nacht 6–7°, im Meer da-
gegen ist er so geringe, daß man ihn ganz läugnete. Neuerlich
haben John Davÿ [u.]und auf meine Bitte Duperreÿ [u.]und Freycinet
ihre Aufmerksamkeit darauf gewandt [u.]und ½ bis ¾° R. gefunden.
Merkwürdig ist die Tendenz des Meeres zur Erwärmung selbst.
Wenn die Oberfläche gegen wolkenfreien Himmel Wärme
ausstrahlt, so müssen die Theile selbst erkalten, sie sinken zu
Boden [u.]und können nicht wieder heraufkommen. Im Ganzen ist
zwischen 48–50° N. B. und S. B. das Meer allemal etwas wärmer
als die Luft, was von dem größten Einfluß ist, durch die Winde
welche vom Meere kommen, auf alle unsere Temperaturver-
hältniße. Die monatlichen Veränderungen sind in den tempe-
rirten Zonen 7 mal, unter den Tropen 6 mal kleiner als in
der Luft.
Sehr wichtig ist es die größte Kälte zu erfahren zu der der
atlantische Ocean herabsinkt; da wir ⅔ des Jahres Westwinde
haben, so ist dies schon Grund der Wärme Europas. Ich selbst
habe viele Beobachtungen zu diesem Zweck gesammelt [u.]und volle
Bestätigung erhalten durch Rennels Beobachtungen, der sich
lange mit den Strömungen im atlantischen Ocean beschäftigt hat.
Bis 50 [u.]und 52° N. B. erkaltet er sich nie mehr als 6–7° über d[.]en Ge-
frierpunkt. Man[n] kann also sagen, daß die Temperatur des atlan-
tischen Oceans im Winter gleich ist der mittlern Temperatur Berlins
im Mai. Zwischen 65–70° N. B. ist seine mittlere Temperatur nach
Rennel u. Sabine 4½° über 0, wenn die mittlere Temperatur des
Jahres in diesen Gegenden 2° unter 0 ist. Was die größte Wärme
des Meeres unter den Tropen anlangt, so haben wir auch diese jetzt
mit Genauigkeit kennen gelernt. Die mittlere Temperatur
unter dem Aequator ist 21½–22° R. So oft die Seefahrer den
Aequator durchschnitten, so haben sie nach [u.]und nach die Temperatur
zunehmen sehen wenn sie die Wasser maßen. Doch findet sich ein
maximum [u.]und zwar nicht unter dem Aequator selbst, sondern nach
Unterschied der Declination der Sonne etwas nördlich oder südlich
vom Aequator. Die Schiffer haben diesen Punkt des maximi seit
30 Jahren alle an derselben Stelle gefunden, zwischen 24–24½° R.
In neuster Zeit ist in der Südsee etwas nördlich vom Cap Quassacamo
das maximum aller Meereswärme zu 24¾° R. gefunden durch d[.]en
Dänen Dierkinkg (?) und zwar nicht bei Windstille, sondern bei leisem
Winde.⎡bei
Panama
2., Wenn man das Meer in Bewegung beobachtet, so findet man
Strömungen verschieden temporirten Wassers durchs Meer
fließen. Wenn diese Ströme aus einer Meerenge hervorkom-
men wie z. E. der Golfstrom, so ist die Breite anfänglich so wie
die Breite der Meerenge selbst, nachher wird er aber im̃er
breiter. Höchst wichtig ist ihre Richtung, ob sie von den Tropen nach
den temporirten Zonen oder umgekehrt ziehen; jene bringen
wärmere Wasser in die temporirte Zone, diese kälteres in
die Tropenregion. Der Golfstrom ist, wie bekannt, Folge der
großen Rotation [u.]und würde nicht existiren wenn Süd- und Nord-
Amerika getrennt wären. Er bringt einen Strom warmen
Wassers mit großer Schnelligkeit nach dem Norden bei terre⎡-neuve
vorbei, dann dreht er sich gegen Osten in 2 Strömen Europa zu,
von denen der eine auf die Azoren zugeht der andere gen
N. O. nach den irländischen, hebridischen [u.]und skandinavischen Küsten.
Durch diese Strömungen sind viele Sämereien, ja selbst ge-
scheiterte Schiffsgüter von den Tropengegenden nach der ir-
ländischen [u.]und norwegischen Küste gekommen. Ja lebendige
Eskimos sind 1682 [u.]und 1684 mit dieser Strömung in ihren kleinen
Booten an die hebridischen Inseln verschlagen worden. Plinius
schon erzählt, daß Indier an den gallischen Küsten gestrandet
wären [u.]und von dem gallischen Könige an die Römer geschenkt.
Auf ähnliche Weise wie im atlantischen Ocean warme Strö-
mungen in den Norden kommen, habe ich in der Südsee an
der Küste Perus eine kalte Strömung gefunden, welche von
Südamerika heraufkommt [u.]und längs der Küste in die Tropen-
gegend gelangt. Nördlich von Lima wird sie westlich geworfen
[u.]und dort habe ich sie passiert, hier findet man an einem Tage
in der Strömung 12½° [u.]und außerhalb der Strömung 22° R.
Dierckink hat hierüber viele Beobachtungen angestellt welche
mit meinen harmoniren.
Von den Meeresströmungen im Allgemeinen bemerken
wir, daß sie nicht etwa bloß auf der Oberfläche sich halten, sondern
sehr tief gehen wie dies an der Agulhoa BankAgulias[]-Bank beim Cap der
guten Hoffnung sich zeigt, welches 60 Brassen tief doch Spuren
der Strömungen trägt s[.]iehe oben. Wenn man sich hinabsenkt ins Meer
nimmt die Temperatur ab, eben so wie wenn man in die Atmos-
phaere hinaufsteigt. Doch ist die Abnahme der Wärme sehr ver-
schieden in Luft [u.]und Wasser; sie geschieht 6 bis 8mal schneller im
Wasser. Die besten Beobachtungen dieser Art sind von Sabine.
Wo die Oberfläche des Meers 22½° hatte, fand sich bei 6–7000′
Tiefe nur 44/10, das giebt 70′ für 1° R.; in der Luft muß man
aber 5–600′ steigen wenn die Temperatur um 1° sinken soll.
Péron hat aus dieser Erscheinung fälschlich geschlossen, daß Eis im
Grunde des Meeres sei. Saussure hat gezeigt, daß es sich nur bis
4½° zusammenziehe [u.]und dann wieder ausgedehnt wird. Graf
Rumfort (dem Bercelius beipflichtet) meinte freilich durch das
Salz werde diese Theorie gestört, allein es ist ja nur 3½ procent
Salz im Meerwasser. Scoresbÿ u. a. bestätigten sie ja auch
aus der Erfahrung, denn sie fanden selbst im Norden wärmere
Wasser in der Tiefe. Aehnlich fand Saussure in allen Seen
die Temperatur 4½° R. In den Tropen freilich kann es nicht so
kalt sein. Uebrigens ist schon die größere Kälte in den Tropen-
gegenden Beweis für eine submarine Strömung von den Polen
nach dem Aequator. Dies ist deshalb schon nothwendig anzunehmen,
weil sich sonst nicht erklären würde wie hier Wasser von 4½° R.
gefunden werden könne, de[verlorenes Material]a die Atmosphaere sich nie mehr als
15° erkältet.
3., Eine verschiedene Temperatur des Meeres finden wir ferner
in der Nähe der Sandbänke, so daß man diese durch Thermometer-
messungen entdecken kann. Schon früh behaupteten Seefahrer,
daß das Meer in der Gegend von Sandbänken kälter sei u[. ich]nd ich
machte dies zum besondern Gegenstand meiner Untersuchungen.
Die Bänke wo schnelle Strömungen sind erkälten das Meerwasser
nur wenig. Auf den übrigen aber findet man, eben der Kälte
wegen, gewöhnlich Nebelschichten gelagert, wodurch denn auch na-
türlich die Witterung sehr verändert wird. Auf neuen Seereisen
machte man vielfach Gebrauch von dieser Erfahrung, so daß man
zur Sicherheit von 2 zu 2 Stunden die Temperatur des Meeres
untersuchte. Auf der großen Bank bei térre neuve habe ich im
August die Temperatur des Golfstroms zu 17° R. gefunden, die
des Meers außerhalb des Stroms 15–16°; auf der Sandbank selbst
nur 12°, also beträgt die durch die Bank verursachte Erkältung 4–5°.
Dasselbe Verhältniß findet sich bei der Bank von Jamaica. Was
die Ursache anlangt so meint Davÿ, daß es daher komme, weil
die kalten Partikeln, welche von der Oberfläche niedersinken der-
selben näher bleiben als im freien Meer. Doch wahrscheinlicher
rührt es daher weil hier die verschiedenen temperirten Wasser
mit einander verbunden werden, durch welche Bewegung des
Wassers Kälte entsteht. Dies hängt auch damit zusammen, daß
man bei heftigen Stürmen schon in der Ferne eine Erkältung
auf der Oberfläche des Meers spürt, eine Bemerkung welche wir
Péron verdanken. Ganz falsch meinten die Alten, daß das
Meer durch die Bewegung sich erwärme.
Betrachtung des Meers als Starres oder von dem Meereis.
Als solches macht das Meer einen Theil des festen Erdkörpers aus,
gleichsam eine Gebirgsart. Das Eis zeigt sich entweder als Eisberge
oder als Eisfelder. Erstere sind Gletscher, am Lande gebildet; sie
sind weniger durchsichtig [u.]und mit Schnee durchdrungen. Sie finden sich
am Nordpol häufiger als am Südpol, am meisten bei der Baffinsbaÿ
[u.]und der Barrowstraße. Man hat ihre Dicke zu 400′ gemessen [u.]und
manchmal 700 solcher Berge beisammen gefunden. Merkwürdig
ist, daß große Granitblöcke auf den Eisbergen sich finden; Beweis,
daß sie am hohen Ufer sich bilden. Kotzebue hat auf seiner Reise
selbst Vegetation mit Erde auf ihnen entdeckt, welches später von
englischen Seefahrern bestätigt ist. Die Eisfelder ragen nur
4–5′ über dem Wasser hervor; unter dem Wasser aber sind sie
häufig noch 24–25′ tief. Diese Eisfelder sind häufig so groß, daß
man sie mit Provinzen vergleichen kann; man hat sie 22 Meilen
lang [u.]und 10 Meilen breit gesehen. Sie haben oft eine ro[unleserliches Material]tirende
Bewegung [u.]und hierdurch werden sie den Schiffern gefährlich; wenn
2 solcher Felder zusammenstoßen, zertrümmern sie mit
ungeheurem Lärm. Eine andere Eintheilung des Meereises ist
auch in Süßwassereis [u.]und Salzwassereis. Dies ist aber immer
nur graduell zu nehmen. Das flach sich bildende ist natürlich
salziger als die Eisberge welche viel Schnee in sich haben [u.]und
dadurch süßer werden. Durch die Strömungen dringen die
Berge bis in südlichen Breiten vor; man hat sie in der Breite der
Azoren, 40° N. B. gefunden. An die Küsten der Hebriden [u.]und
Schottlands kommen sie nie, obgleich doch auch dorthin Strömungen gehen.
Scoresbÿ hat dies sehr scharfsinnig erklärt; er meint nemlich, daß
nicht immer der obere Strom sie leitet, sondern vielmehr ein unterer
Strom, in den sie bei ihrer Größe hinabragen müssen. Der Theorie
der specifischen Schwere nach, würde auch nur ⅑ der ganzen Masse
über dem Wasser 8/9 unter dem Wasser sich befinden. Ein herrlicher
Anblick an diesen Eisbergen ist der sogenannte Eisblick (cf: Ritter).
Die Wirkungen der Eismassen auf die Atmosphaere sind verschieden
nach ihren Volumen. Die großen Berge reinigen die Luft bald von
aller Feuchtigkeit, daher der heitere Himmel dessen sich die arktischen
Regionen erfreuen; die kleinen Massen sind im̃er mit Nebel bedeckt.
Den Wind machen sie still, ein Phaenomen das schwer zu erklären
ist, besonders da ich bei den Andesgletschern das Gegentheil gefun-
den habe. Die Dicke des Eises hat Parrÿ bei 73° N. B. im December
zu 38½ engl. Zoll gefunden [u.]und im Februar zu 55″ im Mai zu
86½″, also etwas über 6 französische Fuß. Die Gränzen welche
das Eis im Sommer [u.]und Winter hat, sind sehr verschieden, aber
besonders glücklich gestaltet für Europa. Im Winter geht die
Eisgränze vom Cap Farewell durch die Mitte Islands bis gegen
den südlichen Theil Spitzbergens (so daß das Nordcap frei bleibt von Eis)
deann senkt sie sich gegen nova-Zembla in südlichern Breiten.
Die Sommergränze läßt Island frei, läuft dann nördlich vonnowaja
semlja
Spitzbergen gen Osten nach nova Zembla. Die Ursache dieser
großen Bucht welche das Eis im Sommer macht liegt in der Existenz
des atlantischen Oceans. Es ist dort der einzige Ort wo der Nordpol
diese arktischen Regionen durch einen Canal mit den südlichen
Regionen communicirt. Die Temperatur würde ganz anders
sein, wenn die Behringsstraße breiter wäre; so kann aber
das Eis nicht südlicher getrieben werden als Spitzbergen, weil
hier das Meerthal des atlantischen Oceans entgegensteht. Bei
Skandinavien trägt zu dem Freisein von Eis auch der Golfstrom
bei. dDas Wasser desselben steigt nemlich an der westlichen Küste
von Norwegen gen N. O. auf. Diese wohlthätigen Verhältniße finden
nicht weiter gegen Osten Statt. Dort kommt es also immer viel
näher gegen das Land zu bei den Ausflüssen der Lena [u.]und dem
Archipel von Neusibirien. Der Pol der Kälte fällt[e] also nicht mit
dem magnetischen Pol zusammen, sondern er ist zwischen nova
Zembla , Neusibirien [u.]und der Behringsstraße.
Diese ist sehr verschieden nach der Beschaffenheit ihres Bodens; wo
es einen tropfbaren Boden hat, hat es andre elastische Spannung
als wo der Boden fester Continent ist. Wie hoch das Luftmeer sei
ist nicht genau zu bestimmen; vielleicht 30–32 Meilen hoch, weil
hier die Sternschnuppen noch leuchten; doch möchte der Barometer-Druk
dort keine halbe Linie sein [u.]und die Luft selbst so dünn wie unter
unserer Luftpumpe.
?
232
Wir betrachten: 1.,die Farbe 2., die chemische Beschaffenheit
3., die Feuchtigkeit 54., die Temperatur 65., die electrische Spannung.
1., Farbe [u.]und Licht. In dem Luftmeer ist, es leidet keinen Zweifel,
eine lichtschwächende Kraft vorhanden, welche indeß sehr verschieden ist
unter den Tropen [u.]und in den tempoerirten Zonen. Unter den Tropen
ist die Luft viel blauer, ja schwärzer [u.]und es finden sich dort wenige
Dunstbläschen welche in unseren Breiten ein weißes, milchiges
Licht zurückstrahlen. Die lichtschwächende Kraft in der Luft rührt nicht
davon her, daß die Luftschichten einander drücken [u.]und verdicken, denn
sonst würde in den tiefern Regionen weniger Wärme erzeugt
werden können, wenn der Strahl diesen gedrückten Massen durch-
streicht. Unsere Beobachtungen auf dem Meere zeigen, daß,
wenn das Meer kälter ist als die Luft, sich letztere doch um Mittagszeit
erwärmt, so daß der Unterschied häufig ¾ bis 1° R. beträgt. Man
hat freilich nur auf unbequeme Art, die Farbe des Himmels zu
messen versucht. Saussure hat das Instrument, den CyanometerKyano-
meter
gemacht. Es ist ein Bogen welcher verschiedene Tafeln mit allen
einzelnen blauen Nuancen enthält, mit denen man alsdeann
das Himmelblau vergleicht. Nach diesem Instrumente haben wir
14° die Tropengegenden 21° Bläue. Die Luftperspective wird durch
diese Beschaffenheit der Luft modificirt. Die südlichen Länder sind
daher mit einem wunderbaren Duft umgeben welcher die Um-
riße sonst begränzt. Er beginnt schon in Italien, wird aber
immer schöner je südlicher man reist.
2., die chemischen Bestandtheile sind erst seit 1804 genau bekannt
geworden. Früher meinte man, [u.]und selbst Lavoisier theilte diese
Meinung, daß der Sauerstoff 27/100 ausmache. Der Spanier Demartÿ
zeigte 1804 zuerst, daß nur 21/100 Sauerstoff darin sind. 1805
habe ich mit Gay-Lussac bestimmt, daß die Quantität des Sauerstoffs
bis 3/1000 bestimmt werden kann [u.]und daß sie immer, unter allen Verhält-
nißen der Atmosphaere dieselbe ist [u.]und daß die Insalubrität der Luft
keinesweges aus einem Mangel an Sauerstoff zu erklären ist.
Wenn man in Hospitälern wo Epidemien herrschen Schwämme mit
destillirtem Wasser aufhängt, so bildet sich auf diesem Wasser eine
organische Haut, also müssen wohl besondere Theile die Luft schwän-
gern, aber die Quantität des Sauerstoffs bleibt dieselbe. Jene Be-
obachtungen hat Theénard gemacht. Eben so falsch ist, was man früher
meinte, daß die Luft da gesunder sei, wo viele Pflanzen wachsen.
Preévost hat gezeigt, daß in 7000 Jahren das Oxÿgen des Sauerstoffs
nicht um 1/100 abnehmen würde. Die chemischen Bestandtheile der Luft
sind:
Sauerstoff | – | 21 Theile |
Stickstoff | – | 79 〃 |
Kohlensäure | – | 1/1000 〃 |
Der Mensch gewöhnt sich an sehr verschiedenen Druck der Luft. Auf
den Bergen verträgt er 13 Zoll in der Taucherglocke 64″, also eine
ungeheure Verschiedenheit. Das Bluten der Lippen, Fingerspitzen,
Ohren, welches man auf hohen Bergen empfindet, ist nicht Mangel
an Oxÿgen sondern Mangel an äußerm Druck.
Das Hauptübel
auf hohen Bergen ist eine große Geneigtheit zum Speien wie auf dem
Meere; es wird von den Spaniern Südamerikas mal de montaña
genannt. Die Frauen welche zu Pferde von Guadamaga über die
Cordilleren reiten [u.]und einen Paß übersteigen der 600′ höher
liegt als der Montblanc, spüren außer diesem Uebel zugleich eine
große Mattigkeit als Folge der geringeren Menge Sauerstoffs
welches beim jedesmaligen Einathmen der Luft in die Lunge
kommt, da die Luft überhaupt [u.]und also auch alle einzelnen Elemente
derselben verdünnter ist, als auf der Ebene. Dacosta hat schon
früh hierauf aufmerksam gemacht [u.]und ausdrücklich gesagt, daß
Bluten [u.]und Uebelkeit es wären was man auf den Cordilleren spüre.
ZumptsteinZumstein ? hat auf dem Montrosa dasselbe gefunden. Auf dem
Himalaja wird dieselbe Erscheinung gefunden; die Hindus halten
deshalb die Luft auf hohen Bergen für giftig, für welchen Zustand es
in der Sanscritsprache sogar ein eigenes Wort giebt [u.]und die Engländer
behaupten, daß man ihn schon bei 15000′ Höhe finde. Auch Feuer breñt
auf hohen Bergen nur schwer. Die Flamme hält hier nicht zusammen
sondern läuft auf der Erde fort. Marco Polo machte diese Bemerkung
zuerst auf der Höhe welche er Pamer nennt [u.]und welche auf dem
Abfall des asiatischen Hochlands zum caspischen Meer hinr liegt.
Aehnliches findet man in einem luftleeren oder luftdünnen Raum.
Diese Verschiedenheit des Luftdruckes bringt auch die Strömun-
?
234
gen hervor. Die regelmäßigen könnte man Ebbe [u.]und Fluth der At-
mosphaere nennen. Es giebt täglich gewiße Wendepunkte unter den
Tropen wo der Barometer aufhört zu steigen [u.]und wieder anfängt
zu sinken. (cf. oben) Die großen Stürme [u.]und Donnerwetter etc:
haben hier keinen Einfluß auf den Barometer. Die Stunden sind übri-
gens beinahe dieselben auch nördlich [u.]und südlich von den Tropenzonen.
Die ersten Beobachtungen dieser Art wurden 1682 von Varrin [u.]und
Claud an der Küste von Afrika gemacht, später in Caÿenne u. [den]nd den
Antillen und sie sind jetzt in allen Tropenländern bestätigt worden;
sie finden sich vom Meeresspiegel an bis 14000′ Höhe. Nur in
Ostindien sind Abweichungen hiervon bemerkt, während der
Regenzeit. Allein Roxburgh bemerkt, daß wenn man sich hier
nur 6 Meilen von der Küste entfernt, so findet man wieder die-
selbe Regelmäßigkeit. In Europa findet man sie nur durch mittlere
Zahlen. Unter den Tropen braucht man nur einen Tag zu beobachten
um das Resultat zu erhalten, in Frankreich muß man aber schon
12–14 Tage beobachten um eine Regelmäßigkeit in Mittelzahlen
zu finden, [u.]und weiter gegen Norden müssen noch mehr Beobachtungen
angestellt werden; man hat dies gethan bis Petersburg. Die
Quantität der Abweichungen ist sehr geringe [u.]und nimmt ab vom
Aequator zum Pol hin, während umgekehrt die unregelmäßigen
stärker werden nach Norden hin. Da wo die Tropenzone aufhört
[u.]und schon Nordwinde entstehen, wird, so lange diese wehen, das
Spiel der regelmäßigen Ebbe [u.]und Fluthen unterbrochen, was von der
größten Wichtigkeit für die Seefahrer ist; weil durch den Barometer
also der Nordwind vorher verkündigt wird; Ochta in Hewaña
hat zuerst diese Therorie practisch angewandt.
Nur ungern bediente ich mich des Ausdrucks: Ebbe [u.]und Fluth der
Atmosphaere, weil man dadurch in Versuchung kommt 2 ver-
schiedene Erscheinungen zu verwechseln. Man könnte nemlich
meinen, daß die Erscheinungen der regelmäßigen Variationen
des Barometers an jedem Tage durch die Attraction der Sonne
[u.]und des Mondes herrühren könne. Dies ist aber keinesweges
der Fall, sondern sie hängt zusammen mit:
3., der Feuchtigkeit [u.]und Temperatur des Luftmeers. Der Barometer
steht nemlich am niedrigsten 4 Uhr Nachmittags beim maximum
der Wärme [u.]und vor Sonnenaufgang beim maximum der Kälte;
also drückt wahrscheinlich die Sonne durch ihre Erwärmung [u.]und Er-
kältung, nicht wie bei Ebbe [u.]und Fluth durch Attraction. Doch ist alles
dies noch nicht genau erklärt. Daniel hat eine Therorie der
Luftströme aufgestellt und damit den ersten Schritt zu besserer
Erklärung gethan. Man hat versucht zu beobachten ob der Mond
Einfluß darauf habe. Mumius meinte diesen Einfluß gefunden zu
haben allein ich [u.]und Bousingaut entdeckten, trotz unserer sorgfältigen
Forschungen nichts.
Außer dieser regelmäßigen Oscillation, giebt es noch eine andere
sehr regelmäßige Bewegung der Atmosphaere [u.]und unter den Tropen;
nemlich den Paßssatwind oder einen fortwährenden Ostwind. Man
schob seine Ursache der Sonne zu und ihrer Bewegung von Ost nach
West. Allein schon d’Alembert erklärte diese Erscheinung besser.
Er sagte nemlich: wenn die Lufttheile unter dem Aequator erwärmt
werden so entstehe ein Strom von Süd gen Nord; wo Wirkung ist,
ist aber immer Gegenwirkung, also wird auch ein Strom von Nord
nach Süd gehen. Da nun die Rotationsgeschwindigkeit gegen den
Pol hin kleiner ist als am Aequator, so müssen die Erdtheile nörd-
licher vom Aequator berührt werden von den Luftpartikeln
welche träge zurückbleiben und welche nicht schnell genug mitkom-
men können. Da die Bewegung aber von Ost nach West geht so muß
sie gegen die zurückbleibenden Luftpartikeln schlagen [u.]und diese
Erscheinung ist der Paßssatwind. Vom Aequator nördlich gehen diese
Winde nach Südost, südlich vom Aequator nach Südwest. Im atlan-
tischen Ocean gehen diese Südostwinde weiter nördlich hin als
sie es in der Südsee thun. Beweis, daß sie durch die Continente
modificirt werden. Die merkwürdige Beschaffenheit der Gränze
der Nord- [u.]und Süd-Paßssatwinde ist schon 1666 beobachtet und 30
Jahr später schrieb Halleÿ hierüber.
Auf ähnliche Weise wird das Gleichgewicht scheinbar gestört durch
die sogenannten Land- [u.]und Seewinde. Bei Tage entsteht auf
dem Continent durch die Wärme eine aufsteigende Luftsäule
und die Luft vom Meer muß dafür einströmen. Da bei Nacht nun
dies ganz anders ist als bei Tage, so sind tägliche Verschiedenheiten
hierin sehr natürlich. Es scheint als wenn die Höhe unserer Berge
über diese Winde hinausgehen; auf ihnen wehen immer mehr
Westwinde, selbst in der Paßssatregion.
Die unregelmäßigen Bewegungen der Atmosphaere neñt
man Stürme. Ein beträchtlicher Sturm macht 60′ in einer Secunde.
Die größte Geschwindigkeit die man beobachtet hat ist 132′ in
einer Secunde. (Der Schall macht 1038′, die Kanonenkugel im
Anfang 1500′ in einer Secunde.)
Was die Feuchtigkeit des Luftmeers anlangt, so ist sie sehr
verschieden über dem Meer [u.]und über dem Continent. Ueber dem Meer
sollte sie eigentlich ganz mit Feuchtigkeit gesättigt sein, doch
findet man selten über 90° des Saussureschen Hÿgrometer,. Beweis,
daß die Landwinde hierauf großen Einfluß haben. Das Salz kann
wohl, der geringen Quantität wegen, hierauf keinen Einfluß
äußern. Die Feuchtigkeit über dem Continent ist verschieden nach
den Jahreszeiten, (z. E.im Winter ist die Luft trocken,) [u.]und nach den Zonen.
In den südlichen Zonen muß viel Wasser unsichtbar in der Luft
enthalten sein, denn man findet an Orten wo es sehr selten regnet,
wie auf der Insel Margarita nördlich von Columbia wo es in 3
Jahren nicht geregnet hat, üppige Vegetation. In den Tropengegenden
ist ⅒ mehr Feuchtigkeit [u.]und Wärme als in den temperirten Zonen.
Die Trockenheit auf den Bergen ist beträchtlich, w[eil]as man besonders bei
aerostatischen Reisen bemerkt hat. Saussure fand, als in Genf sein
Hÿgrometer 76° zeigte auf dem Montblanc nur 51°. Ich fand bei 11000′
häufig nur 58°. Der beste Hÿgrometer ist von Daniel wo man durch
Beschlagen eines Glases mißt.
Der Schall ist verschieden nach der Beschaffenheit der Luftschichten
selbst. Zu allen Tageszeiten ist die Fortsetzung desselben nicht gleich.
Schon Aristoteles meinte man höre bei Nacht besser als bei Tage. Man
wollte dies durch die Ruhe erklären welche bei Nacht in der Natur hersche.
Allein am Orinoco fand ich, daß, obgleich bei Tage alles viel ruhiger
ist, bei Nacht hingegen die Affen [u.]und Insecten einen furchtbaren, un-
erträglichen Lärm machen, man doch bei Nacht die Cataracten des
Flußes weiter [u.]und deutlicher hört als bei Tage. Die Ursache liegt in der
Gleichmäßigkeit der Luftschichten. Die Schallwellen werden gebrochen
bei den verschiedenen aufsteigenden Luftsäulen [u.]und dadurch wird ein
Theil der Schallwelle vernichtet oder gebrochen [u.]und nur ein anderer
wird fortgepflanzt. Parrÿ hat während der langen Nacht die
er am Nordpol zubrachte dort um so viel besser gehört als man
hier bei Nacht besser hört wie bei Tage. 6700 pariser Fuß oder ⅓
Meile kann man dort deutlich hören; zu erklären ist dies aus dem
langen Mangel der Sonne [u.]und dem Fehlen des Wassergases bei den
Eisflächen. Bei den neuen Versuchen achtete man leider nicht genug
auf die Translation der Luft. Bei 8° R. ist die Geschwindigkeit des
Schalles 1038′.
Wenn das Wassergas in die höhern Theile der Luft steigt,
gerinnt es in kleine Bläschen aus denen dann die Wolken ent-
stehen. Das Steigen der Wolken muß man sich wie das Steigen der
Luftbälle vorstellen; es hängt ab von der Dichtigkeit der Luft,
welche wiederum von der Sonne modificirt wird. Fresnel
hat eine schöne Abhandlung hierüber geschrieben.
Die Meteorologie hat ein nu[unleserliches Material]m̃erisches Element wie die phÿsikalische
Geographie. Die neuen hÿgronometrischen Messungen haben schon
viel aufgeklärt. Größere Schwierigkeiten bietet die Electricität dar;
die Bestimmungen in dieser Hinsicht sind viel ungewisser als die der
Wärme [u.]und Hygronometrie. Es würde ein großes wissenschaftliches
Interesse erregen, wenn große wissenschaftliche Institute mit den
genausten Instrumenten diejenigen Beschaffenheiten des Luftkreises
zu bestimmen suchten, welche sich auf Druck [u.]und Temperatur beziehen.
Dann würde man auch die Frage genügend beantworten können
ob im Laufe der Zeiten der Druck der Luft sich ändert. Denn zu
allen diesen Bestimmungen ist eine große Maße von Beobachtungen
u. Zahlen nothwendig. Laplace hat hierzu Vorschläge gethan [u.]und die
sogenannte Linnéeische Gesellschaft in Frankreich hat sich das Ge-
setz aufgelegt immer an dem Geburtstage Linnee’s Thermometer
[u.]und Barometer zu messen; es kann durch solche Vergleichungen schon
etwas bewirkt werden.
Was das Bluten auf hohen Bergen anlangt, so findet sich die-
selbe Erscheinung in der Tiefe des Meeres wenn man schnell in
der Taucherglocke wieder hinauf gezogen wird. Merkwürdig ist,
daß die Vögel, bei denen, von allen warmblütigen Thieren die
Respiration am vollkommensten ist, doch die Abwechselung eines
ganz verschiedenen Luftdrucks [u.]nur wenige Minuten vertragen köñen.
In neuern Zeiten sind Beobachtungen angestellt um den Unter-
schied zwischen dem mittlern Luftdruck unter dem Aequator [u.]und
dem in der gemäßigten Zone zu finden. Ich glaubte schon lange
bemerkt zu haben, daß er unter der temperirten Zone geringer
sei. Houssin hat folgendes genau gefunden:
der mittlere Barometerdruck auf 0 reducirt ist in den temperirten
Zonen:
37725/100 Linie in den Tropenzonen;
aber: 33694/100 〃 ; also bei nahe 3/10 Linie Differenz,
welche dem aufsteigenden Luftstrome zugeschrieben werden muß.
Die Mittelzahlen von 21 Jahren während welcher man regelmäßig
in Paris beobachtete gaben, daß der Luftdruck in Paris bei
Südwind 3½ Linie weniger beträgt als bei Nordwind. L. v.
Buch hat bemerkt, daß der Barometerdruck an der norwegischen
Küste noch viel geringer ist, was seinen Grund in der Frequenz
der Westwinde haben muß; auf den canarischen Inseln dagegen
ist Anhäufung der Luft, so daß der mittlere Barometerdruck
23 Zoll 3′ ist.
Wenn der Barometerdruck größere Verminderung erleidet in
den nördlichen als in den südlichen Regionen, so sind die Oscilla-
tionen doch stärker in den südlichen als in den nördlichen. Die Mittelzahl
der Quantität der Barometerveränderungen am Aequator ist:
1½ Linie; in Montpellier ½ Linie; in Paris 3/10 Linie; in Königs-
berg ⅒ Linie.
Große Barometerveränderungen von 6–8 Linien finden fast
gleichzeitig in großen Strecken Statt [u.]und Brandes namentlich hat die
Schnelligkeit dieser Verbreitungen in großen Erdräumen beobachtet.
Wenn, wie man glaubte, die Cultur Einfluß haben könnte auf
die Winde, so würde der ganze Culturzustand einzelner Provinzen
sich verändern; denn die Winde modificiren gar sehr die Tem-
peratur der verschiedenen Küsten und Länder. In Paris ist die
Quantität der Ostwinde zu der der Westwinde wie 1 : 3 oder
genauer wie 21 : 70, also durch das Vorherrschen der Westwinde wurde
die Temperatur Europas sehr modificirt; w. Wenn die Quantität der
Ostwinde zunähme würde es viel kälter sein. So sind die Winde
vom größten Einfluß auf Ackerbau [u.]und Menschheit. Allein wir glau-
ben nicht, daß die Kultur Einfluß auf diese Luftbewegungen haben
kann; wenn er sich findet, so ist er nur local für kleine Strecken.
In Nordamerika hat man gesehn, daß durch die Cultur die Tempe-
ratur keineswegs verändert ist.
Sehr auffallend sind die sonderbaren Perioden gewisser
starker Luftbewegungen z. E. beim Aequinoctium. Man hat
bisher keine Ursache hiervon angeben können. Man glaubte sie
könne in dem Weltraume selbst liegen [u.]und sprach von gewissen Linien
im Weltraum wo 2 großen magnetischen Polen sich gegenüber ständen.
Doch dies ist durchaus aufs nichts begründet. Wahrscheinlicher ist es
ein Effect des Gleichgewichts der Erwärmungen in der nördlichen
[u.]und südlichen Hemisphaere.
Zum Schall. Die leichtere Fortpflanzung der Schallwelle hängt
zusammen mit der leichtern Fortpflanzung der Lichtwelle. So
fürchtet man auf den Alpen wie auf den Andes eine Veränderung
des Wetters wenn die Intensität des Schalles [u.]und des Lichts zunim̃t.
Wir fahren fort von den Wolken.
Wenn man sich einen Berg eingesenkt denkt in die obere Schicht
der Wolkenregion gleichsam als Untiefe im Luftmeer, so wird dieser
Körper viel weniger wärmestrahlend sein als die Luftschichten umher
[u.]und daher entsteht denn eine kleine Wolke oder das Phaenomen des
Hutes der Berge. Eine Anziehung der Wolken ist sehr verschieden
nach der Gestalt der Erdoberfläche. Man hat den Wolken in neuerer
Zeit besondere Namen nach ihrer Gestalt gegeben; so zuerst Howard.
Die höchsten Wolken sind die sogenannten Schäfchen; diese habe ich
bei 18000′ Höhe noch immer einige tausend Fuß hoch gefunden.
Ich vermuthe, daß sie in den Tropen bis 27000′ Höhe steigen. In
Island hat Capt: Franklin sie bei Nacht leuchten gesehen [u.]und dort
scheinen sie mit dem Nordlichte einen innigen Zusammenhang
zu haben. Die Höhe der übrigen Wolken kann, wie Dalton es
machte, an Abhängen von Höhen gemessen werden; allein besser
doch durch aerostatische Reisen. Im Sommer ist die Höhe derselben
gewöhnlich zwischen 2800 bis 3000′; in den Tropen 4–5000′. Auf
dem Meere liegen die Wolken überall da wo flache Inseln sind,
weil hier wahrscheinlich die Electricitatsspannung [u.]und die Temperatur
eine andere ist. Sehr wichtig ist dies für die Schiffer, denn vermöge
dieser Wolken erscheinen die flachen Inseln wie 5000′ hohe Gebirge.
Ja, auch auf den Sandbänken findet sich dies, so daß dadurch Un-
tiefen 30 bis 32 Meilen weit sichtbar sind. Die Wolken wirken
auf die Atmosphäre 1., erkältend, indem sie die Intensität des
Lichts [u.]und die Wirkung der Sonne vermindern. 2., wärmeerregend,
dadurch, daß sie die Strahlung des Erdkörpers selbst hindern; dies ist
so stark, daß ein Thermometer gewöhnlich mehre Grade steigt,
wenn eine Wolke vorbeigeht. Man hat diese Bemerkung schon inSee
der Mitte des vorigen Jahrhunderts gemacht, [u.]und Wells hat namentlich
viel Licht hierüber verbreitet. Er ward durch den Volksausspruch
hierauf geleitet: „es wird frieren, denn es ist sternklarer Him̃el.‟
Er fand, daß Körper von ziemlicher Dünnigkeit, wie Papier, Wolle
sich gegen einen wolkenleeren Himmel 6–7° R. erkälten,
weniger wenn man sie mit Pappe bedeckt [u.]und Metallscheiben er-
kälten sich nur 2° R. Die Blätter z. E. sind Wärme ausstrahlend,
indem sich ihre Oberfläche leicht erkältet. Der Wind hindert eine
solche Erkältung,weil er wärmere Luftschichten wieder herbeiführt.
Mit dieser Erscheinung hängt auch die Theorie der Ackerleute zu-
sammen, daß der rothe Mond im Mai sehr schädlich sei.
Die Meteorologie hat ihren geographischen Theil [u.]und in diesem
ist nicht die Rede von den einzelnen Phaenomenen, sondern ein jedes
einzelne Phaenomen wird betrachtet in seiner Beziehung zu den
verschiedenen Zonen.
Der Thau entsteht durch Ausstrahlung des Wärmestoffs wie
Wells seit 15 Jahren bewiesen. Auf dem Meer thaut es sehr wenig,
besonders unter den Tropen sehr selten, wo es als Zeichen der Nähe
von Küsten angesehen wird von den Schiffern. Allein die Maßsse
des Thaus unter den Tropen auf dem Continent ist größer als in
den temperirten Zonen.
Die Bildung des Regens rührt besonders her von dem Umstand,
daß die Expansivkraft der Dämpfe nicht in derselben Reihe erscheint
als die Zahlen der Temperatur. Wenn also gleiche Massen Luft
von verschiedner Temperatur gemengt werden, so entsteht eine Tem-
peratur welche das Mittel von beiden ist [u.]und denn muß sich Feuchtig-
keit ergießen. Der chemischen Beschaffenheit nach ist der Regen
unter den Tropen [u.]und in den temperirten Zonen nicht verschieden.
Nach Berzelius findet sich kein salzsaurer Kalk darin, wohl aber
salpetersauerrer. Brandes hat vielerlei darin finden wollen, doch
könnte er wohl getäuscht[…] sein durch Staub etc: der leicht damit gemischt
sein konnte. In den Tropen wechselt die Regenzeit, dort Winter
genannt, mit der trocknen Zeit, die man Sommer nennt [u.]und welche
im Januar [u.]und Februar fällt. Mit dem Aufhören der Paßssatwinde
fängt der Regen an. Wenn es 6–8 Monate nicht geregnet hat
und der Himmel ganz wolkenfrei gewesen ist, so sieht man die
Bläue des Himmels sich verändern, blasser werden, das Hÿgrometer
deutet etwas mehr Feuchtigkeit an [u.]und die Sterne fangen an zu funkeln.
Man sieht dann gegen N.O tief am Horizont Wolken erscheinen; der
Paßatwind ist, weniger stark und hört dann [u.]und wann ganz auf; die
Electricität schwindet [u.]und kehrt plötzlich stärker wieder, stoßweise,
welches ein Gewitter ohne Wolken andeutet. Nach [u.]und nach sieht man
aus dem Gewölk Wetterleuchten, bis sich der ganze Himmel be-
deckt [u.]und die Regenzeit eintritt, gewöhnlich April oder Mai. So
lange die warmen Luftschichten unter dem Aequator aufgestiegen
sind, so ist die große Menge Wassergas von den, von den Polen
kommenden Winden wieder verjagt; um diese Zeit aber wird es
in den temperirten Zonen selbst sehr warm, ja so warm wie
unter den Tropen selbst; dann wird also das Wassergas, das nicht
mehr weggetrieben wird, angehäuft [u.]und daraus entstehen die
Regengüße. Die Quantität des Regens ist nach den Zonen ver-
schieden. Bei uns beträgt sie 18–24 Zoll, unter den Tropen
108 bis 120″. Aber auch in den tempoerirten Zonen ist es ver-
schieden z. E. an der Westküste Englands, welche von den feuchten
Winden getroffen wird fallen 45″, an der östlichen nur 20–
22″. Bei Bergen in Norwegen fand L. v. Buch 70–92″,
während im Innern Skandinaviens nur 14–19″ fallen. An
einem Tage fällt unter den Tropen 4–5 mal mehr Regen als bei
uns, weil die Wolken höher [u.]und daher die Regentropfen größer
sind. Dazu kommt die Temperatur der Tropen selbst. Der
Regentropfe ist 1¼° kälter als die Luft durch die er herabfällt
1., wegen des Falles, während dessen er verdünstet; 2., weil
er so hoch in den Wolken sich bildet. Auch in Frankreich fand⎡ ich sie 1½°
kälter als die Luft [u.]und nur selten fand ich hiervon Ausnahmen z. E.
wenn die Wolken sehr dicht waren, denn als dann verschlucken
sie mehr Hitze. In neuerer Zeit sind dann [u.]und wann in den
temperirten Zonen große Quantitäten Regen gefallen; so nach
Tardi de la fosse fielen im mittlern Frankreich in 22 Stunden
2′ 5″ Regen; und in Cayenne hat Houssein in 24 Tagen 12′ 7″
Wasser fallen sehen. Während des Falles wird der Tropfen
größer. Dies beweisen die Beobachtungen die seit 10 Jahren in
Paris angestellt wurden; man maß hier zugleich auf dem
Observatorium 90′ hoch [u.]und unten, [u.]und fand, daß unten ¼ mehr
Regen gefallen sei als oben.
Vom Schnee. Man ist noch nicht genau davon unterrichtet ob
die Krÿstallisation des Eises unter den Tropen anders sei als
in den temperirten Zonen. Winkel von 60 [u.]und 120 Grad bildet
das Eis, doch finden nach Mitscherlich hierin viele Verschieden-
heiten Statt. Jedesmal wenn Eis gefriert wird Luft ausge-
stoßen, doch ½ mal mehr wenn es sich im Wasser bildet, als
wenn es in der Luft sich bildet. Gaÿ-Lussac [u.]und ich fanden
nemlich im Schnee ½ mal mehr Luft als im Eis. Alle Sprachen
der wilden Völker [u.]und auch der Creolen unter den Tropen sind
angefüllt mit Wörtern für die verschiedenen Anhäufungen
der Crÿstalle, welche weder Schnee noch Eis genannt werden
können [u.]und die als kleine Eisscheiben die Gesichter der Reisenden
schmerzlich treffen. Gewöhnlich ist die Temperatur der Luft wenn es
schneiet 2½° über d[.]em Gefrierpunkt; allein Schnee kommt auch vor,
namentlich am Nordpol bis 12° unter d[.]em Gefrierpunkt. Unter dem
Aequator schneiet es nur bei 12000′ Höhe; bei 20° N. B. bei 9300′.
In Mexico welches 9000′ hoch liegt, ist der Schnee [unleserliches Material]etwas höchst seltenes;
merkwürdiger Weise stellte er sich hier ein als die Jesuiten
vertrieben [u.]und neuerlich als sie wieder eingeführt wurden. Der
Schnee giebt, wenn er sehr zusammengepreßt ist ⅓ seiner Quan-
tität, Feuchtigkeit, sonst aber nur 1/12 seiner Quantität. Auch von
leuchtendem Schnee spricht man: er soll einmal in Argylshire
gefallen sein. Ich habe ihn nie gesehen, auch soll er leuchtend geblie-
ben sein, wenn man ihn in die Hand nahm; deann kann also dies
Leuchten nicht Folge von Electricität sein. Vielleicht hängt diese Er-
scheinung mit dem rothen Polarschnee zusammen.
Der Hagel kommt fast gar nicht vor am Pol; mehr im südlichen
Europa als im nördlichen, wieder gar nicht in der Tropenzone.
Da es nur im mittlern Europa häufig eben so warm ist als
unter den Tropen, so kann der Hagel hier nicht deshalb frieren,
weil das Eis schmelzen würde. Im südlichen Europa hagelt es am
meisten [u.]und zwar in den Ausgängen der Alpenthäler; so sind
die lombardischen Thäler deshalb berühmt. Hier hagelt es wenig
auf großer Höhe [u.]und unter den Tropen aber nur auf unbedeutenden
Höhen. Bei Tage hagelt es mehr als bei Nacht; doch hat man im
westlichen Europa auch bei Nacht Hagel erlebt; deshalb mag die
Sonne durch ihre wärmende Kraft wohl mehr Einfluß darauf haben,
als durch ihre leuchtende Kraft. Die Größe des Hagels ist auf den
Cordilleren in der Tropenzone viel beträchtlicher als in nördlicheren
Gegenden. Dort sind Hagelkörner von ½ ℔ Gewicht nichts seltenes.
Heine erzählt von einem Hagelkorn das in Ostindien sollte ge-
fallen sein, von der Größe eines Elephanten, welches beim Zer-
schmelzen Gestank gemacht habe. Im Gouvernement Orenburg soll
Hagel welcher krÿstallisirten Schwefelkies enthalten hat, gefallen
sein; der Schwefelkies ist analÿsirt, aber den Hagel hat man
nicht dabei gehabt. Die Form der Hagelkörner ist sehr verschieden.
Man erkennt daran, daß sie rotiren und concentrisch einzelne
Lagen sich um den Kern ansetzen. Ich sahe sogar einmal in
Europa [u.]und manchmal in Amerika, kleine Saturnringe um die
Hagelkörner, die, wenn man dieselben zerdrückte, sich davon
ablösten. Seltenheit unter den Andes ist der rothe Hagel. Ich
habe dort durch die Indier nie Nachricht erhalten können von rothem
Schnee, aber wohl von rothem Hagel; doch habe ich selbst ihn nie gesehn.
Das Phaenomen des Rasselns in den Wolken ist mehr der temperirten
Zone eigen. Was die Entstehung des Hagels anlangt, so sind wir
darüber sehr im Dunkeln. Volta meint der Hagel sei Folge der Aus-
dünstung.
Von der Luftwärme. Die mittlere Temperatur eines Orts hängt
von der Höhe der Sonne ab in die sie zu den verschiedenen Zeiten
tritt. Die mittlere Temperatur unter dem Aequator ist daher dieselbe
als bei 18–15° N. B. Die Quantität der Wärme hängt von der
Quantität des zurückgeworfenen Lichtes ab. Dieer Einfallswinkel
des Lichtstrahls kann verändert werden dadurch, daß die Sonne
eine andere Stelle einnimmt oder dadurch, daß die Fläche eine
andere geworden ist. Nun ist der Unterschied des absorbirten Lichts
von dem reflectirten fast derselbe, wenn es senkrecht einfällt,
oder wenn es unter einem Winkel von 18–20° fällt.
Die Er-
scheinungen der Wärme istsind dasjenige wodurch der Zustand des
Menschengeschlechts in allen Zonen modificirt wird, also das
wichtigste von allen Verhältnißen des Luftmeeres. Daher gab
man schon früh dem Wort Klima eine doppelte Bedeutung, sowohl
für die Erdräume selbst als auch für die Verhältniße der Wärme
[u.]und Kälte auf der Erdoberfläche. Wenn wir das Abendland be-
trachten; so finden wir, daß die gemäßigten Klimate der Cultur
des Menschengeschlechts am nützlichsten waren. Aber man ver-
gesse nicht, wie weit das Wort ist: gemäßigtes Klima. Von 30
bis 45° [u.]und noch nördlicher finden wir die Kultur am meisten aus-
gebildet. Wie weit [u.]und groß aber sind nicht diese Räume. Die Mei-
nung, daß die gemäßigte Zone dieer Bildung der Menschen am zu-
245
träglichsten sei ist früh schon, nach Phaotus Schüler des Pÿthagoras
im pÿthagoräischen Bunde ausgesprochen worden. Die südlichen
Gegenden Aegÿptens [u.]und Südindiens kann man aber nur insofern
gemäßigt nennen, als sie außerhalb der Wendekreise liegen;
der Wärme nach gehören sie schon den Tropen an. Aber auch unter
den Tropen selbst finden wir auffallende Zentralpunkte der Kultur
z. E. Meroe, Südindien, nemlich den Theil welchern Alexander nicht
eroberte, südlich von Cambaja [u.]und Carnatik, Südarabien u. a. m.
Ja hier fand sich die frühste Kultur, nicht etwa auf Bergebenen,
wie in den nördlichen Gegenden, sondern in Ebenen wo die Tem-
peratur bis 27° R. steigt, während sie in anderen Monaten bis
6° R. herabfällt. Dennoch war ein solches ungemäßigtes Klima
der Kultur nicht schädlich. Zwischen 11 bis 22°, also in der Zone
wo die Kultur der Oelbäume bis zu der des Weinbaues sowohl,
als auch der des Zuckerrohrs sich ausdehnt, war viele Cultur [u.]und es
ist durchaus nicht ausgemacht, daß sie hierhin (wie in Meroe [u.]und
Südindien) von Norden gekommen sei. Wäre aber dies auch
der Fall, so steht jener Behauptung doch immer die Kultur von
Thebae, Memphis, Babÿlon entgegen.
Anders ist es mit dem Einfluß einer übermäßig[er] niedern
Temperatur. Da wo die mittlere Temperatur der Sommer-
monate noch nicht 7° R. erreicht, in der bei uns die Birken kaum
ausschlagen, wo die Sommer nie so warm werden, daß die
Cerealien, die dem Menschen am weitesten gegen Norden
folgen, nicht einmal gedeihen, da gedeiht auch nicht die Kultur.
So ganz Nordasien von 60° d. B. [u.]und Amerika schon von 53° B. an.
In Europa ist Skandinavien [u.]und der andere westliche Theil so
zertheilt [u.]und gemildert durch die Winde vom atlantischen Ocean,
246
daß Gerste noch bis 69½° in . . . . . . gebaut werden kann,
nach L. v. Buch. Der Theil von Nordasien wo Samojeden etc:
von jeher gehaust haben, ist der sittlichen Bildung der Menschen
so schädlich gewesen, daß wenn man diese Menschen mit den
südlich anwohnenden, die den hohen kalten Bergrücken des Zen-
tralasiens bewohnen vergleicht, man sie doch noch Barbaren
nennen muß; denn auf diesem Zentralrücken findet sich doch im̃er
einige Cultur wie die mongolische Herrschaft des 15ten Jahrhunderts beweist.
Wo nun in nördlichen Regionen Kultur herrscht ist sie eingeführt vom
Süden her [u.]und denn kann sie auch dort fortkommen, wie ja Skandi-
navische Dichtkunst z. E. in Island blühte.
Kein phÿsikalisches Instrument hat wohl den Horizont der Men-
schen mehr erweitert als der Thermometer. Er ward 1600 durch
den Holländer Grabbel erfunden; doch ward damals noch wenig Ge-
brauch davon gemacht. Die Bestimmungen damit begonnen erst
als Reaumur Vergleichungen damit anstellte; er gab ihn Reisenden
mit nach Asien und lange wurden die Thermometer hier des Tru-
ges angeklagt, weil man die Wärme Indiens für so groß hielt,
daß man nicht begreifen konnte, wie sie in nördlichen Gegenden manch-
mal noch höher sein sollte, wie es doch wirklich der Fall ist.
Wir wollen zuerst die einzelnen Modificationen der Erdoberfläche
betrachten [u.]und wie sie auf die Temperaturverschiedenheiten wirken
können.
1., Von den Unebenheiten der Erdoberfläche in der Nähe der Berge.
Da wo die Bergthäler ausgehen, wirken die Berge wärmend
als Polÿgonal-Flächen, schützend, aber nur dort wo sie kältere Luft ab-
halten; so der Haemus [u.]und die Alpen. Die Berge können auch dadurch
wirken, daß sie dichte Erdmassen sind, welche in die Luft treten
[u.]und dort als Untiefen des Luftoceans erkältend wirken, wenn sie
als kleine Masse oder Spitze erscheinen, aber wärmend als größere
Masse. Kälte erregend wirken die Berge durch die kalten, von
ihnen herabfallenden Luftströme. Auf dieselbe Weise wie bei
Tage Luftströme an den Bergen hinaufsteigen, gleiten auch welche
herab bei Nacht. Doch muß man diesem Einfluß nicht zuviel zu-
schreiben. Sie wirken ferner kälteerregend, indem sie Schatten
geben. Nicht allein aber die Nähe einer Gebirgskette wirkt auf
die Temperatur einer Ebene, sondern noch mehr die Oberfläche
der Ebene selbst, in wie fern sie dunkle oder lichtere Farbe hat, [u.]und
je nachdem sie rauher oder glatter ist. Banks hat an einem
schwarzen Erdreiche bemerkt, daß seine Wärme in einer Stunde
von 15 bis 25° R. steigt, während sie bei weißlichem Mergelboden
in derselben Stunde nur von 15 bis 16½ R. steigt, dasselbe Ver-
hältniß ist aber auch bei der nächtlichen Erkältung, da die Körper die
die [Kälte]Wärme schnell annehmen, sie auch schnell wieder von sich geben;
so hatte das schwarze Erdreich in ½ Stunde schon 7° weggegeben,
während das weiße nur 2° weggab. Moräste [u.]und Seen, wo sie
nicht gefrieren, wirken wärmend im Winter [u.]und mildern die
Sonnenhitze wie die Nähe des Weltmeers. Wo sie aber gefrieren
bilden sie kleine Gletscher in der Ebene [u.]und wirken also erkältend
auf den Boden. Die Wälder wirken erkältend, nicht weil sie Schat-
ten geben, sondern besonders als strahlende Körper. Ich habe oben
schon angegeben wie dünne Körper, die den Himmelräumen aus-
gesetzt sind als Wärme strahlend, größere Temperaturverringe-
rung bewirken als dichte.
In den Tropen und bei uns auf den Bergen, wo die Atmosphaere
von einer geringeren Maßsse Luft gedrückt wird, ist die Strahlung
des Erdkörpers viel stärker als in der Ebene, wo die Luft dichter [u.]und
feuchter ist. Die merkwürdigste dieser Erscheinungen giebt der
südliche Theil von Peru, wo es fast niemals regnet, aber man
während 6–8 Monaten die Nebelflecke mit bloßen Augen sehen
kann. Hier, wo es nie regnet, nie donnert, ist die Atmosphaere
so rein [u.]und durchsichtig, daß der Thermometer bis 10 [u.]und 14° her-
absinkt wegen der Strahlung der Erde. Für den Ackerbau
ist diese Strahlung der Erde sehr gefährlich. In Katamailka
ist die mittlere Temperatur noch 14° R. hier gefriert im heiße-
sten Sommer fast alle Monate das Getreide. Bei Tage fand ich
die Temperatur hier 18° R. [u.]und sah sie bei Nacht, durch die Strahlung
gegen den Himmelskreis herabsinken bis 3 [u.]und 4° R. [u.]und denn
gefror das Körnchen im Getreide.
Die Winde können als auf die Temperatur wirkend betrachtet
werden entweder als bloße Bewegung der Atmosphaere, ohne
auf die Richtung zu sehen, dann sind sie erkältend, indem sie
wärmere Schichten der Luft wegnehmen [u.]und die Ausdünstung be-
fördern. Parrÿ machte bei der ungeheuren Kälte von 37° unter 0
die Bemerkung, daß man wohl verhüllt es mehre Stunden im
freien aushalten könne, sobald kein Wind weht; bei Wind indeß
wird die Kälte von 25° schon unerträglich. In Bezug auf seine
Richtung ist der Wind bald erwärmend bald erkältend je nach der
Gegend woher er kommt, ob er Landwind ist oder Seewind. Das
wichtigste sind die Cardinalpunkte selbst, von denen die Winde
blasen. Beim Aequator sind besonders die südlichen Winde die
kalten, bei uns die Nordwinde, denn ein jeder Wind von einem
heteronÿmen Punkte wehend ist Kälte bringend. Sehr wichtig
ist es hierbei die Schnelligkeit des Windes zu bestimmen. Nach
den ältern Beobachtungen von Kraft [u.]und Woltmann in Cuxhaven
macht ein Nordwind 4 Meilen in einer Stunde, also von nova Zem-
bla braucht ein solcher Wind volle 4 Tage um Lufttheile dahin zu
bringen [u.]und kann sich also unterwegs nach [u.]und nach erwärmen.
Die Südwinde gehen schneller, denn von der afrikanischen Küste kann
ein solcher in 2 Tagen nach Berlin gelangen. Die Monsunen
wehen in dem großen Busen des alten Continents zwischen Afri-
ka [u.]und Indien; sie bestehen aus einem merkwürdigen Wechsel
von Südost- [u.]und Nordwestwinden. In den nördlichen Breiten sind
die Südwestwinde von einem heteronÿmen Pole, trüben die
Luft [u.]und bringen ungeheure Menge Regen mit. Moussons
sollte man sie nennen da das Wort herkommt von dem malayischen
Moussin Jahreszeit. Schon Arrian vergleicht sie mit den Elasischen250
Winden welche in Aegÿpten von Norden wehen. Außer den uns
bekannten und fühlbaren Winden, giebt es wahrscheinlich noch andere
Luftbewegungen von oben herab. Man sieht häufig das Gewölk in
obern Regionen sich ganz anders bewegen als das niedere. Es be-
darf wahrscheinlich nicht immer des Abhanges eines Gebirges, daß die
obern Luftschichten herabkommen, sondern häufig mögen die obern
Winde dasselbe bewirken. Solches fand L. v. Buch auf den cana-
rischen Inseln [u.]und im innern Africa findet sich wahrscheinlich etwas
Aehnliches, denn hier ist mitten unter den Tropen oft eine solche
Kälte, daß die Wasserschläuche hartgefrieren, ja daß Menschen
selbst erfrieren. So erfror Clappertons Gefährte der Dr Oudrez
in der Wüste bei einer Höhe nur von 600′. Ehrenberg hat in der
Wüste von Dongola 19° Breite, das Thermometer im December [u.]und
bei Nordwinden bis 2½° R. herabfallen sehen. In Jamaica dagegen
welches unter derselben Breite von 19° liegt, sinkt es nie unter 15°
R. herab. Dies ist wahrscheinlich nicht alleinige Folge der Nordwinde
sondern vielleicht Folge eines Contrastes in den obern Windregio-
nen, oder der plötzlich bewirkten Ausdünstung der Dämpfe.
Die Nähe des Oceans giebt den großen Contrast zwischen Küsten-
klima [u.]und dem Klima des Innern. Den größten Contrast in
dieser Hinsicht zeigt die skandinavische Halbinsel. Im 70ten° d. B.
ist die Schneegränze bei 7300′ Höhe und bei 71½° d. B. findet man
sie schon bei 2200′ Höhe. Einen eben so auffallenden Unterschied
finden wir in Gallien. In der Bretagne wachsen dieselben
Pflanzen, welche sonst nur in Italien gedeihen z. E. der Erd-
beerbaum; diese Wärme ist auch hier Folge des Küstenkli-
mas. Betrachtet man das Meer bloß als eine Masse von
Flüssigkeit, so verändert sich die Temperatur langsamer hier als
auf dem Continente. Da das Meer nicht gefriert, kein Schnee [u.]und
Eis sich darauf lagern kann wie auf dem Continente, so muß es
hierdurch natürlich sehr auf das Klima wirken. Es wirkt tempe-
rirend, wärmemäßigend im Sommer, kältemäßigend im
Winter. Das Continentalklima unterscheidet sich davon durch sehr
heißen Sommer, weil das Starre nicht so leicht sich abkühlen
kann als das Flüßige, und durch sehr kalten Winter, weil Schnee
[u.]und Eis sich darauf lagern können [u.]und ungeheuer viel Kälte her-
vorbringen. Daher nennt Buffon das Continentalklima
clima excessif .
Für die Vegetation ist etwas anderes die Temperatur welche
unsere Thermometer geben [u.]und die Wärme welche sich in den
Pflanzenhäuten bildet. Unsre Thermometer können bei bedecktem
[u.]und lichtem Himmel dasselbe Quantum von Wärme angeben,
aber bei lichtem Himmel wird in der Pflanze plötzlich eine unge-
heure Menge von Wärme hervorgebracht, die wir gar nicht
messen können. Gaÿ-Lussac hat auf chemischem Wege dies
entdeckt.
Die Unterschiede welche sich zwischen den Ost- [u.]und Westküsten finden,
beruh[unleserliches Material]en darauf, daß die westliche Küste Winde empfängt, die übers
Meer gehen, die östliche Küste aber durch Westwinde Continen-
talluft, welche erkältet ist durch Eis [u.]und Schnee, welche auf dem Con-
tinent sich halten, nicht auf dem Meere. An der nordwestlichen Küste
von Amerika findet man in denselben Breiten dieselbe Tempe-
ratur wie in Europa, hingegen an den Ostküsten ist es viel kälter.
In Kalifornien gehen die Oelbäume bis 37° also wie in Italien,
während man in den vereinigten Staaten sie nicht bei Ba[unleserliches Material]ltimore
pflanzen kann, welches auch unter 37° liegt; ja man kann sie noch
nicht einmal in Südkarolina bauen. Die mittlere Wärme von
Paris findet sich in Nordamerika in Philadelphia welches in der
Breite von Neapel liegt. Eben so hat Peking bei 40° Breite, also
noch südlicher als Neapel dieselbe mittler[unleserliches Material]e Temperatur von Paris.
Der Unterschied gegen Norden ist sehr bedeutend. So sind Berlin, Kamt-
schatka, Paulipeter[unleserliches Material]hafen [u.]und Labrador unter derselben Breite [u.]und
wie verschieden sind diese Klimate. Hiernach zieht man nun die isother:me
Linien, indem man Punkte sucht, die dieselbe mittlere Jahreswär-
me haben. Halley hat zuerst diese Linie gezogen, wie die mag-
netischen. Um aber auf deutliche Weise sich ausdrücken zu können
über die Verschiedenheit der Temperatur selbst, so muß man eine
einfache Zahl finden, um die gleiche Quantität Wärme auszudrücken.
Man hat früher, wie Morailles [u.]und Celsius geglaubt, die mittlere
Temperatur des Jahres zu finden, wenn man 2 Tage zur Beobach-
tung nimmt. So hat der letztgenannte 1780 mit 1709 [u.]und 1740[…]
verglichen obgleich es ganz verschieden[unleserliches Material] temperirte Jahre waren,
auch verglich man December mit August [u.]und zog daraus die mitt-
lere Temperatur. Reaumur hatte bemerkt, daß die mittlere
Temperatur wie dem maximum [u.]und minimum an jedem Tage
einer Progreßssion folge, daß man also nur die äußern Glieder zu
beobachten, die Masse zu addiren [u.]und durch die Zahl der Beobachtungen
zu dividiren brauche. Doch habe ich nur ⅒ Unterschied gefunden
zwischen dieser Methode [u.]und der einfachen früher befolgten. Man
nehme nur das maximum [u.]und minimum, addire [u.]und dividire sie
mit 2. Man hat in neuerer Zeit vorgeschlagen zu diesem Behufe
eine Uhr ohne Compensation zu beobachten; so hat Grassmann aus
dem Abweichen von dem mittlern Gang, durch den Thermometer
influencirt, auf die Temperatur zurückschließen wollen; doch
würde dies sehr unbestimmt sein. Um 9 Uhr 13 Minuten Morgens oder
8 Uhr 23 Minuten Abends fand man in Edinburg regelmäßig die
mittlere Temperatur des Tages. Ebenso ist es mit den Monaten
selbst. In Ofen fällt die mittlere Temperatur des Jahres zwischen
den 15–24 April [u.]und 15–20 Oct: und in Paris den 22 April [u.]und 22 Oct:
Wir haben uns bisher mit der Atmosphaere nach ihren Analo-
gien und Contrasten beschäftigt. Das minimum davon finden wir
beim Monde, das maximum bei den Cometen. Der Bielasche Comet
z. E. hat nach Olbers Messung 15–24 Meilen Durchmesser; man konnte
durchaus keinen Schweif an ihm entdecken; er enthält vielleicht nicht
mehr bewegbare Materie als ein großer Meteorstein: dennoch
beträgt seine Dunsthülle 4⅔ Erdhalbmesser. Unsre Atmosphaere
würde nach der Dämmerung 10 Meilen, nach den Sternschnuppen
aber [u.]und den Entzündungen der Meteorsteine mag sie wohl bis 30
Meilen hinaufreichen.
Eine Skala für die mittlere Temperatur eines Orts giebt
uns die Kultur der Gewächse. Von Süden nach Norden folgen sich:
die Cokuspalme, die Musaceen, die Dattelpalme, das Zuckerrohr,
der Oelbaum, der Weinstock, die mehlreichen Gräser, die Kar-
toffel. Der Wein erstreckt sich höher an den Bergen hinauf,
als er im Verhältniß der mittleren Temperatur nördlich in
den Ebenen fortkommt, denn auf den Bergen ist dünnere [u.]und
trocknere Luft, daher größere Intensität der Wärme. Von der
großen Wärme, die das Eindringen der reinen Sonnenstrahlen
in das Parenchyma und Zellgewebe der Pflanzen momentan
erregt, können wir uns nur nach den Versuchen von Gaÿ-Lussac
(der ein Gemenge von Chlor und Hydrogen durch den reinen Strahl
entzünden ließ) einen ungefähren Begriff machen, denn unsere
Thermometer geben nichts davon an.
Wenn trockne Luftschichten sich in feuchte ergießen, so ent-
steht Verdünstung [u.]und Kälte. Gaÿ-Lussac umwickelte die Kugel
eines Thermometers mit dünnem naßen Papier [u.]und bließ dar-
auf einen Strom sehr trockner Luft von +25° R; er konnte das
Therm[:]o⎡meter dadurch bis auf +10° herabdrücken, eine Erkältung, die
viel bedeutender ist, als die, welche Wells durch Radiation ein-
treten sah. Ueber die sonderbare Einwirkung des veränderten
Ausdehnungszustandes berichtet Sabine: als er sich in Goree an
der Westküste von Africa befand, drückte der sonst so heiße Wüsten-
wind Harmatten das Thermometer bis +15° R. herab, ohne Zweifel,
weil sich trockne Luftschichten aus dem Innern von Africa in die feuchteren
Küstenlüfte ergoßen.
Wir haben von den isothermen Linien gesprochen [u.]und bemerkt,
daß sie weder mit den Parallelen noch auch mit dem Aequator in
Verbindung stehen, sondern nach Norden zu divergiren. Paris und
Berlin sind nicht sehr verschieden in der mittlern Temperatur;
von hier aus aber wird es kälter, wenn man sich nach Osten ent-
fernt, weil man mehr in ein Continentalklima hineinkömmt, [u.]und ist
auch kälter an der gegenüberstehenden Küste von Amerika, weil
dies eine Westküste ist. Peking liegt südlicher als Neapel [u.]und doch
frieren alle Jahre die Kanäle doret mehre Monate. Neu-York
liegt auch südlicher als Neapel, hat eine mittlere Sommertempe-
ratur von +21° R[. u.][.] und dennoch friert der Strom dort alle Jahre.
Dagegen ist es am Ausfluße der Columbia milder im Winter,
als in Europa. Peking, Berlin, New York bilden eine isotherme
Linie mit convexem Scheitel.
Bei uns ist das maximum der Temperatur um 2½ Uhr Nach-
mittags, das minimum kurz vor Sonnenaufgang: das Mittel
aus 2 solchen Beobachtungen gezogen, giebt die mittlere Tempe-
ratur des Tages: wollte man eine 3te Beobachtung etwa am
Mittage hinzufügen, so würde man ein zu großes Resultat be-
kommen. Da man aber doch, bei der größten Vereinfachung des
Verfahrens noch 800 Beobachtungen anstellen muß, um die
mittlere Temperatur des Jahres zu finden, so hat man für
Reisende mittlere Beobachtungen vorgeschlagen z. E. aus der
Quellenwärme läßt sich sehr genau auf die mittlere Temperatur
eines Orts schließen: durch Bohrlöcher von 32′ Tiefe erhält man
sie vielleicht um ½° zu hoch, weil hier schon die Zentralwärme des
Erdkörpers einwirkt; auch die Temperatur des Meers ist dazu an-
zuwenden. Unter 52½° N. B. entspricht die Temperatur des atlantischen
Oceans der mittleren Temp:⎡eratur von Berlin; auch nach der Cultur der
Pflanzen läßt si[h]e sich bestimmen, worüber schon Strabo sehr richtige
Begriffe hatte.
Um Vergleichungen anstellen zu können, bemerken wir,
daß die mittlere Temperatur von Berlin für das ganze Jahr +7° R.
ist; dasselbe ist die mittlere Temp[:]⎡eratur unseres Octobers [u.]und Aprils. Die
mittlere Temperatur unsers wärmsten Monats des August ist
zwischen +14 [u.]und 15 R.
In der Tropenzone ist zum Fruchttragen der Dattelpalme
(phoenix dactylifera) eine mittlere Temperatur von +18° R.
nöthig; weniger zum bloßen Wachsthum. Starke Zitronen in freier
Luft gezogen (nicht in unsern Gewächshäusern, die man mit Hos-
pitälern vergleichen könnte) können sehr gut eine Kälte von
6° R. ertragen, wie Rissot dies in der riviera di Genova er-
wiesen hat; sie brauchen eine mittlere Temperatur von +13½° R.
Der Oelbaum, welcher zwischen 30–44° N. B. fortkommt, braucht
+11,5 bis 15° R. Guter, alkoholreicher Wein braucht +7–8° R.
auch muß die mittlere Temperatur der Wintermonate nicht unter den
Gefrierpunkt sinken: am Rhein haben diese eine mittlere Tem-
peratur von +1° R. bei uns +¾° R: die Sommerwärme ist am
Rhein +15° R. In Europa wächst Wein bis 50° N. B. in Amerika
nur bis 40° N. B. Die Cerealien gedeihen wo die Wintertemperatur
−1½° ist, die des Sommers +7–8°, bei welcher Temperatur grade die
Birken ausschlagen, also die Natur zu erwachen anfängt.*) Die
Gerste wächst da wo nur 90 Tage eine mittlere Temperatur von
+7° haben. Die Kartoffel braucht noch weniger, da derjenige ihrer
Theile den wir zur Nahrung nehmen, ein unterirdischer ist, [u.]und vor der
Kälte geschützt steht.
Noch anschaulicher werden diese Temperaturverhältnisse, wenn
man die mittlere Temperatur 2er aufeinanderfolgender Monate vergleicht
[u.]und das maximum davon aufsucht. Der größte Unterschied fällt bei
uns zwischen März [u.]und April; er beträgt 4½° R. der zwischen April [u.]und
Mai nur 3,2°. Mehr gegen Norden wird das Verhältniß ganz
anders; in Petersburg beträgt der Unterschied zwischen April [u.]und
Mai 7¼° [u.]und doch ist die mittlere Wärme dieser beiden Monate
nur +3°. Daraus läßt sich auch der Unterschied der Empfindung von
Wärme [u.]und Kälte erklären, die man im Sommer oder im Winter
beim Uebergang aus dem Schatten in die Sonne [u.]und umgekehrt hat.*)
Bei +3° im Schatten wird die Temp:⎡eratur durch 3° die man hinzufügt
verdoppelt;
bei +18° im Schatten wird sie durch 3° mehr, nur wenig
erhöht: es sind denn 3° ein aliquoter Theil der sehr wenig
wirken kann.
Das allgemeinste ist, daß sie vom Aequator nach den Polen
zu abnimmt. Die Eintheilung in Zonen ist hier nicht ganz befrie-
digend; man muß Zwischenpunkte annehmen. Petersburg
[u.]und Madeira liegen beide in der gemäßigten Zone [u.]und wie
verschieden sind sie im Klima.
Ueber die Temperatur unter dem Aequator hat man
viele Untersuchungen angestellt. Atkinson in einer Abhand-
lung über die Refraction behauptet, sie müsse +24° R. sein;
allein nach meinen Beobachtungen kann man sie nur zu +22,4°
annehmen: Ceylon giebt +21° Batavia 22,2°. Sie ist also
1½° höher, als die mittlere Temperatur des wärmsten Monats in
Rom [u.]und 7° höher als die mittlere Temperatur des August in Berlin.
Zwischen 18 [u.]und 23° nördlich [u.]und südlich vom Aequator ist sie +19 oder 20° R.
Wir haben hier viele große Städte, welche ungefähr unter den
Tropen liegen; in Macao +19°, in Kanton +19°, in der Havanna
+20°, in Rio Janeiro +19°. Dennoch friert es in Maca[s]o im
Winter, wegen der starken Wärmestrahlung in der Nacht.
Durch v. Buch kennen wir das Klima der canarischen Inseln
sehr genau. Unter 28° N. B. beträgt es +18,2° R. also 4° mehr
als der Sommer Berlins. Nach Nouets Beobachtungen, die ich
berechnen ließ, ist das Klima von Kairo (30° N. B.) +18° R. mittlere
Temperatur.
Von 45 bis 52° N. B. ist das Klima zwischen +7 bis +10° Mai-
land +8, Paris +7, Berlin beinahe +7°*). In Stockholm
+4,5° R. in Abo +4, in Petersburg +2,7°.
Nahe am Pole fehlt es freilich an längern Beobachtungen,
doch konnte Scoresbÿ unter 78° N. B. die mittlere Temperatur auf
−5,5° R. bestimmen. In Lapland unter 67° N. B. in Labrador
[u.]und in Königsberg ist sie ∓0° R. In dem Fort Entreprise, dem
kältesten Punkte wo Menschen wohnen, nemlich Kupferindianer,
an der Hudsonbay unter 64° N. B. ist die mittlere Temperatur
−7,5° R. Auf den Melville Islands unter 74° N. B. fand Parrÿ
die mittlere Temperatur der 6 Wintermonate −25° R., die mittlere Temperatur des
ganzen Jahres mag −14,8° R. betragen. Die mittlere Temp[:]eratur
des Pols kann man nur nach Analogie finden: Arago nim̃t
sie auf −20° R. an. Doch ist es schon bemerkt, daß der Pol der Kälte
nicht mit dem Erdpol zusammenfällt, sondern östlich von der Lena,
westlich vom Eiscap bei der Bäreninsel in Neusibirien unter
84° N. B. Naoch Tobias Meÿer ist in dem⎡ großen Irrthum, daß er die Polar-
kälte = 0° R. annimmt. Im Allgemeinen ist die mittlere Tem-
peratur des Pols so tief unter als die des Aequators über 0.
258.
Die Temperaturabnahme ist verschieden in den verschiedenen
Sÿstemen der isothermen Linien, dem trans- und cis-atlantischen[.]
Wenn man von Mexico nach der Hudsonbay fortgeht, so nimmt
die Temperatur schneller ab, als in Europa unter derselben Breite.
Wenn man, wie es auf meiner Karte von den isothermen Linien
geschehen ist, die Breitengrade in Zonen von 10 zu 10° abtheilt,
so findet sich vom Aequator bis zum Pol die schnellste Abnahme der
Wärme zwischen 40 und 45°, [u.]und dies stimmt mit der Theorie voll-
kommen: denn die Variation des Quadrates des Cosinus, wo-
durch die Wärmeabnahme ausgedrückt wird, ist die größtmöglichste
bei 45°. In jenen Gegenden, wo die nördliche Kultur des Oel-
baums mit der des Weines zusammenfällt, da treffen alle
Umstände für die Entwilderung des Menschengeschlechts zusam-
men, wo die verschiedensten Produkte nebeneinander stehen,
da bildet sich Austausch [u.]und Handel und die Kultur muß ihre
größte Höhe erreichen.
In der mittlern Temperatur ist ein Jahr von dem andern
verschieden: dies beträgt in der temperirten Zone oft 2° R.,
also fast ⅕ der ganzen Quantität der Jahreswärme. Man
muß daher wenigstens das Mittel aus 10 Jahren nehmen,
um die Temp:⎡eratur bis auf 1° genau zu bestimmen: also gehören
hierzu, das Jahr zu 400 Tagen und an jedem Tage 4 Beobachtungen
gerechnet, an 8000 Beobachtungen. Unter den Tropen ist dieser
Unterschied viel geringer: er beträgt nur 1/20 der ganzen
Menge: bei 22° nur 1 oder 1½° Abweichung. In den einzelnen
Monaten ist der Unterschied wieder bedeudender. In Paris hat
man Beobachtungen seit 27 Jahren; hier beträgt er in der
mittlern Temp:⎡eratur der Wintermonate oft 5–6° R. für den
Januar wechselt die Temp:eratur von +3 oder 4° bis zu −0,5°; für
den August schwankt sie zwischen +14 [u.]und 17°.
Man macht sich davon oft unrichtige Begriffe nach den unsichern
Beobachtungen die ohne Unterschied im Schatten, in der Sonne,
oder bei starker Reverberation vorgenommen sind. Nach den viel-
fachen Untersuchungen, die ich mit Herrn Arago angestellt, scheint
es ein sicheres Resultat zu sein, daß kein Reisender bei reiner
Atmosphaere (in der keine Sandtheilchen schwam̃en) 9′ über der
Erde, im Schatten das Therm:⎡ometer über +37° R. hat steigen sehen.
Barter machte in Allahabad mit trefflichen von Cavendish
gefertigten Instrumenten Beobachtungen [u.]und fand die Tage von
+36° R. die Nächte von +29,7° bis 30°. Tuckey der auf der
unglücklichen Expedition nach Kongo mit dem Botaniker Smith
umkam, fand die Tage von +36° die Nächte +28° R. Capt:
Beaufort der am Senegal ein Opfer des Klimas wurde,
will das Therm:⎡ometer auf +38,5° beobachtet haben, doch ist dies zwei-
felhaft. Ritchÿ der in der Oase von Murzuk starb, beob-
achtete das Therm:⎡ometer zwischen +38° [u.]und 43° R. um 2 Uhr Nachmittags
[u.]und zwar Monate lang: doch war als dann die Atmosphaere
mit feinem Staub erfüllt. Die Sandkörner, welche an die
Thermometerkugel [u.]und an die Menschen etc: anschlagen, erwär-
men sich mehr als die Luft [u.]und bilden Wärme-Centra die noth-
wendig die Temperatur sehr erhitzen müssen: dennoch ertragen
die 3000 Bewohner von Murzuk diese Hitze ohne Beschwerde.
Auffallend könnte es sein, daß in den temperirten Zonen
weit häufiger als unter den Tropen eine momentane große
Hitze eintritt. In Berlin haben wir Beobachtungen von 20 Jahren
[u.]und nur alle 10 Jahre einmal steigt das Thermometer bis +26°.
Dies kommt daher weil in den langen Nächten der Tropen mehr
Wärme ausgestrahlt wird als in unseren kurzen Sommer-
nächten. In Paris stieg in 20 Jahren das Therm: nur einmal
bis +29,5° R. [u.]und 1793 auf +30,7° R; nur 8 mal auf +28°.
Es ist ein verbreitetes Vorurtheil, daß man keine größere
Hitze als die des Blutes [v]ertragen könne. Schon in den Dampf-
bädern steigt sie viel höher: eben so falsch ist die Angabe der mei-
sten phÿsik[:]⎡alischen Handbücher, daß die Blutwärme +32° sei: sie beträgt
beim Menschen noch nicht +30° nach John Davÿ. Bei den Vögeln
findet man es von +32 bis 35° R. Blaeton , Banks u. a. haben Versuche
in einem stark geheitzten Zimmer gemacht. Sie konnten 8 Minuten
bei +102° R. aushalten. Neben ihnen sott das Wasser; Eier wurden
gekocht, Beafstaks gar, ihre Uhrketten glühend; dennoch schadete
ihnen diese Hitze nicht, weil sich eine Hülle um den menschlichen
Körper durch die kältere Espiration der Poren bildet, die ihn schützt.
Der Sand unter den Tropen erreicht eine hohe Temperatur. Am
Orino[unleserliches Material]ko fand ich ihn bis 54° R. Die schwarzen Steine in den Schellalos
oder Kataracten haben oft 42–44° R. selbst des Nachts bei 18° Luft-
temperatur. Dies ist um so wunderbarer, da die schwarzen
Körper wohl viel Hitze einziehen, aber auch wieder ausstrahlen.
Das maximum der Kälte maß Parrÿ ⎡mit eignen, von Wollaston
angefertigten Weingeistthermometern; weil Quecksilber bald
frieren würde [u.]und fand sie von −40° R. Die Eskimos, die in
dieser Temperatur leben, gehören dennoch zu den fröhlichsten Men-
schen: sie wohnen in Hütten mit Eisscheiben. Parrÿ bemerkt, daß
man in ruhiger Atmosphaere bei −40° R. mehre Stunden spat-
zieren kann, ohne sehr warm gekleidet zu sein; aber Beklem-
mung fühlt wenn man zu −5° zurückkommt; die Officiere
machten die Fenster auf weil sie diese Hitze nicht ertragen koñten.
Als Gegenstück bemerkte ich in Guajaquil daß bei +18° R. die
Leute die Mäntel umnehmen um sich nicht zu erkälten. Maximum
[u.]und minimum der Temperatur ist 40° über [u.]und unter 0, die mittl[:]ere
Temp:⎡eratur des Aequators ist +20° R.
Es giebt noch eine zufällige Temp:⎡eratur die nicht mit den Breitengraden
zusammenhängt. In Petersburg wo man seit 1772 genaue Beobach-
tungen hat, sank das Therm:⎡ometer einmal bis −39,2° R, in Berlin
bis −21,5°. Mögler, der sich viel mit der mittlern Temp:⎡eratur Berlin
beschäftigt hat, fand in 27 Jahren nur 3 mal das Therm:⎡ometer unter −20°,
nemlich am 24 Jan: 1823, 1820 u. 1809; nur 4 mal unter −17° R.
In Paris fiel es 1794 auf −18,8°; in Marseille (mittlere Temp:eratur
+11,5), auf −13,5° im Jahre 1789.
Die mittlere Kälte
für Paris | ist | 8,5° R. |
für Berlin | 〃 | 12,5. 〃 |
für Petersburg | 〃 | 24,5. 〃 |
Eine sehr merkwürdige zufällige Kälte findet sich in der
Geschichte der Araber. Als der Patriarch von Nicaea den Kalifen
Al Mamum 829 p. C. nach Aegÿpten begleitete, fanden sie den
Nil bei Kairo gefroren, welches Abdollatif genau berichtet.
Es ist vorgekommen, daß es in Lissabon, Cadix, Algier [u.]und
Kairo geschneit hat. Das schöne Klima, wo man dieser unangeneh-
men Empfindung auch nicht einmal auf ein Paar Stunden mehr
ausgesetzt ist, fängt erst unter 29° N. B. an, wo es auch nicht
mehr friert.
Wo die isothermen Linien einen convexen Scheitel bilden,
da herrscht wenig Verschiedenheit in der mittlern Temperatur
des Sommers u. Winters. Dies ist das cisatlantische Sÿstem;
wo sie einen concaven bilden, da herrscht sehr große[.] Verschiedenheit.
Dies ist das transatlantische Sÿstem, welches Buffon clima
excessif nennt. New York unter 40¾° N. B. hat einen Som̃er
wie Rom, einen Winter wie Copenhagen. In Quebek ist ein
Sommer wie in Paris, ein Winter wie in Petersburg. Hierin
mag auch die Tendenz dieser Gegenden zum gelben Fieber liegen.
Durch Cooks Reise ist das Vorurtheil verbreitet, daß die südl[:]iche
Hemisphaere kälter sei, als die nördliche, weil der Südpol mehr
261
mit Eis belegt sei als der Nordpol. Allein Capt. Weddel, der
kürzlich Neushetland genauer untersuchte, fand im Süden
davon ein eisfreies Meer [u.]und behauptet es sei leichter den Süd-
als den Nordpol zu erreichen. Vergleicht man Spanien [u.]und Cala-
brien mit Chili [u.]und Buenos-Aÿres, so ist es in Chili nicht kälter
als in Cadix, welche beide unter 36° B. liegen. Am Cap d[.]er guten
Hoffnung ist die mittlere Temp:⎡eratur +15,5° R; in Port Jackson +15,4°
in Buenos-Aÿres +15,8° R: Die größte Kälte der südlichen
Hemisphaere fängt erst in der Breite von Berlin unter 51°
am Cap Horn [u.]und im Feuerlande an. Man hat viele Ur-
sachen des Phaenomens aufgesucht. Lambert in seiner Pÿ-
rometrie giebt an, daß die Irradiation beider Hemisphaeren
zwar gleich sei, aber der Verlust in der südlichen größer,
weil dort der Winter 8 Tage länger ist. Die Sonne verweilt
nemlich 8 Tage länger in dem nördlichen Zeichen. Allein dies
ist zu unbedeutend als daß es Einfluß haben könnte. Der
Hauptgrund ist der Mangel an Continenten in der südlichen
Hemisphaere. Der Unterschied würde noch größer sein, wenn
nicht unter d[.]em Aequator eine Compensation statt fände, welcher
in Amerika [u.]und Afrika einen großen Landstrich durchschneidet.
Vor Erfindung der Aerostaten im August 1782 war [u.]und d[.]ie
Kenntniß der obern Luftschichten nur durch Aufsteigen an den
Bergen bekannt. Sonderbarer Weise glaubte Daniel Bernouilli
die Temperatur nehme nach oben zu; er sagt dies ausdrücklich
in seiner Hÿdrodÿnamik, verleitet durch Beobachtungen des
Pater Fuillet. So glauben auch die Indier in Südamerika, daß
es auf den Bergen wärmer sei [u.]und der Schnee nur Folge salpe-
triger Salze. Daß es aber obenzu kälter werde, zeigt schon
Gaÿ-Lussacs Luftfahrt, wo unten in Paris +23° R. dagegen
höher als der Chimborazo −5 bis 6° R. war. Aristoteles nimmt
es auch oben für kälter an, doch meint er, daß denn eine
wärmere Aetherschicht folge; wie die Alten überhaupt in Extre-
262
men sich gefielen. Daher auf der Spitze der Berge der olÿm-
pische Sitz der Götter.
Die Kenntniß der obern Luftschichten ist besonders wichtig
für die Bildung des Regens, Hagels [u.]und Thaues. In Europa haben
wir wenig Hochebenen; die von Spanien hat 2000′ Höhe, die
von Baÿern nur 1500. Unter den Tropen findet man sie von
10000′. Zwar fand Graf Felden in dem Val di Belta ein Dorf
auf 7100′, doch ist dies nur Ausnahme. Ueber 40° N. B. können
die Menschen auf einer Hochebene von 6000′ nicht mehr leben.
Ueber die Centralebene von Asien waltet gewöhnlich ein Miß-
verständniß. Freilich bestätigt es Gérard auf seiner Reise
1821 [u.]und 22, daß zwischen Ladak [u.]und Manes auf 14000′ Höhe Acker-
bau getrieben wird, wo schon unter dem Aequator [unleserliches Material]ewiger
Schnee liegt. Es ist dies eine Folge der Wärmestrahlung auf der
weiten Ebene, die es möglich macht, daß viele Millionen Men-
schen in dieser Höhe leben können.
Ueber die Ursachen, warum es kälter auf den Bergen,
als in den Ebenen sei, hat zwischen den Phÿsikern ein großer
Streit Statt gefunden. Das Licht durchstreift die Luftschichten, ohne
sie zu erwärmen; sie werden nur deann erwärmt, wenn das
Licht durch einen festen Körper absorbirt wird. Ich gehe daher
mit Wollaston, davon aus, daß die Oberfläche der Erde als die
Quelle der Wärme zu betrachten sei, und daß mithin die Wär-
me abnehme, jemehr man sich nach oben von ihrer Quelle ent-
ferne. Wenn man in eine Eisenbarre nach einer logistischen
Reihe Thermometer einsteckt [u.]und an dem einen Ende eine Quelle
der Wärme anbringt, so werden nach dem andern Ende zu die
Therm: immer weniger zeigen [u.]und zwar nach einem bestim̃ten
Verhältniße. Ebenso wird es ein Verhältniß geben, in dem
die ⎡Wärme der Erdoberfläche nach oben hin abnimmt. Die Quantität des
Wassergases, welches in den untern Luftregionen schwimmt,
trägt auch viel zur Absorbzion der Wärmestrahlen bei.
Laplac[unleserliches Material]e erinnert sehr richtig, daß wenn keine Atmosphaere
da wäre, so würde es in 24000′ über dem Meere nicht kälter
sein, als am Meere selbst, weil denn nur die Dilatation der
Wärmestrahlen in Betracht käme, die man als Radien eines auf
der Erdoberfläche aufstehenden Gewölbes betrachten kann: ein
radius von 24000′ würde sich zum Halbmesser der Erde verhalten
wie 0,001 : 1. Leslie glaubt, daß die Kälte in den obern Schichten
von der Ausdehnung der Luft herrühre: da man gefunden hat,
daß die Wärmeceapacität der Luft mit der Dichtigkeit zunimmt.
Eben daher erklärte er die wärmere Temperatur in den Berg-
werken: allein er bedachte nicht, daß jeder aufsteigende Luft-
strom einen niedersteigenden voraussetzt, daß daher für
Kälte und Wärme eine Compensation, wenn gleich nicht eine
ganz vollständige Statt finde.
Der Mÿthos vom Phaëton wecerweckte bei den Alten die falschen
Begriffe, als ob es nach den obern Luftschichten zu wärmer wäre.
Doch haben wir eine Stelle von Seneca über die relative Kleinheit
der Berge im Verhältniß zur ganzen Erde, worin er deutlich
ausspricht, daß die obere Luft kälter sei. Plutarch in der kleinen
Schrift über die Ursachen der Kälte [u.]und Theophrast über die Winde,
sahen sehr wohl die Wirkung des Luftkreises auf die Temperatur
ein. Strabo erkannte den Einfluß, den die Höhe des Bodens
auf die Kultur hat; er bemerkt, daß auf der Hochebene zwischen
dem Taurus [u.]und Argaeus in Kleinasien kein Oel wächst, obgleich
es 4° nördlicher bei Sinope wieder gedeiht.
Rumford war der irrigen Meinung, daß die Wärme
im Wasser durch Bewegung seiner Theile von unten entstehe.
Dagegen sprachen Pislet’s [u.]und Leslie’s Versuche. Sie erwärmten
Wasser, indem sie eine heiße Metallplatte darüber hielten:
hier fand also eine Bewegung von oben nach unten Statt.
Die Temperatur der obern Schichten hängt von der darunter-
liegenden Erdoberfläche ab: daher wird man in einer Höhe von
7000′ eine andere Temperatur finden, je nachdem man sich über dem
Meere, über einem hohen Gebirge, oder dem Innern von Afrika
befindet.
Wenn das Meer plötzlich um 4000′ sänke, so würden alle
Länder an demselben kälter werden, weil sie nun zu Bergen
oder Hochebenen geworden wären: doch würde sich dies mehr an
den Küsten als im Innern äußern.
Bei den Bergen müssen wir 2 Umstände beachten:
1., sie sind die Ursach von Wärme, weil sie bei Tage mehr Wär-
mestrahlen absorbiren; 2., auch von Kälte, indem sie bei Nacht
mehr Wärme ausstrahlen: daher sind sie bei Tage wärmer [u.]und
bei Nacht kälter u. haben an ihrer Spitze oft, hängende Wolken
von niedergeschlagenen Wasserdünsten.
Die Wärmeabnahme von der Erdoberfläche nach oben ist nicht
allein wichtig für die Astronomie, sondern auch für die Barome-
terformeln: selbst die besten [u.]und neusten setzen bei dieser Abnahme
eine arithmetische Progreßion voraus, die eigentlich nicht Statt
findet. Um diese Abnahme zu prüfen hat man: 1., die Reisen auf
hohe Berge, welche aber allein keine große Sicherheit geben
würden. 2., die mittlere Temp:⎡eratur von Orten die am Gebirge
liegen, welches bei uns meist nur elende Dörfer sind, unter den
Tropen aber Städte von 60000 Einwohnern auf 10000′ Höhe.
Ich habe zuerst am westlichen Abhange der Andes die Temperatur auf-
steigend von 500 zu 500 Toisen eruirt. 3., Die aerostatischen
Reisen. Die von Biot [u.]und Gaÿ-Lussac geben ein Resultat, das
mit dem meinigen übereinstimmte; doch ist man auch hier nicht
ganz sicher, weil zufällige Winde in diesen Höhen die Temp[:]eratur
verändern können. Sehr gut wäre es, wenn man Stationen
in der Luft haben könnte u. wirklich hat Parrÿ am Pol durch klei-
ne Drachen die Temperatur erforscht: auch könnte man kleine Luft-
bälle an Schnüren bis 3000′ in die Höhe gehen lassen, welche
grade ein maximum- [u.]und minimum-Therm:ometer tragen könnten.
4., Durch die Wärme der Quellen auf hohen Bergen; doch auch
unsicher da die Quellen sehr tief heraufkommen können.
5., Man hat auch die Temperatur der Höhlen auf Bergen vor-
geschlagen; dies ist aber trüglich, weil aus dem Innern eine
kalte Luft herausströmt. Fourier zeigte überdies, daß die iso-
thermen Schichten nach dem Innern der Erde zu nicht in Bezug auf
das niveau des Meeres stehen, sondern auf den Bergen höher,
in den Flächen tiefer liegen, nach ihrem Abstande von der
Erdoberfläche. Ich habe in Mexico Bergwerke untersucht welche
auf 12000′ Höhe lagen [u.]und dieselbe hohe Temp:⎡eratur gefunden als ⎡in andern
auf der Ebene.
Die Beobachtungen an den Abhängen der Berge sind siche-
rer als man glauben sollte. Trotz der localen Perturbationen
wird der ganze Abhang des Gebirges von dem ganzen Luftmeer
gebadet. Wenn man 700′ für 1° R. annimmt, so fand ich
32 Punkte am Abhange der Andes, deren mittlere Temp[:]eratur
der, der entsprechenden Ebene bis auf 1° R. gleich ist. Nur bei 6
Punkten war der Unterschied 1,5° R. Die Wärmeabnahme
an den Cordilleras ist nicht gleich. Zwischen 3000 [u.]und 7000′ ist
sie sehr gering, denn hier liegt grade die erste Wolkenschicht,
welche vom Meere aufsteigt, am Gebirge [u.]und bringt, da sie wie
ein Aerostat sich hebt, eine wärmere Luftschicht von unten mit.
Spricht man die Resultate in Zahlen aus: so muß man unter den
Tropen 700′ steigen, damit das Therm[:]ometer um 1° falle.
Saussure, Ramond, Daubuisson bestimmen diese Höhe zwi-
schen den 45 [u.]und 47° N. B. im Sommer auf 520′ im Winter auf
700′. Laplace fand es sonderbar, daß die Wärmeabnahme
unter den Tropen geringer sei, als bei uns, weil man bis
dahin annahm, auch die Refraction sei unter den Tropen geringer.
Nach meinen [u.]und Maskeline’s Beobachtungen welche Oltmanns
in Rechnung brachte, fand ich, daß die Refraction unter 10° ganz
gleich mit der gemäßigten Zone [u.]und Laplace gab nun eine
Formel, um aus der Strahlenbrechung die Wärmeabnahme zu
berechnen.
Unter den Tropen, wo von Jahreszeiten fast gar nicht die
Rede ist, scheint es am besten die Temp:⎡eratur des ganzen Jahres
mit der von einzelnen Monaten an andern Orten zu vergleichen.
So ist es vollkommen anschaulich, wenn man sagt: am Orinoco
ist die mittlere Temp:⎡eratur gleich der des Monats August in Rom.
In dem schönen Klima der Chinarinde bei Loxa, Popayan etc:
bei 6000′ Höhe ist die mittlere Temp:⎡eratur die des August in Berlin;
in Quito 9000′ die von Anfang Mai in Berlin. Noch nördlicher,
wo die Bäume schon aufhören zu wachsen [u.]und nur Gestrüppe
sich findet ist die mittlere Temp:⎡eratur bei 11000′ Höhe, dieselbe wie
die von Berlin, 7° R. Bei 6000′ Höhe unter 45° B. herrscht die
mittlere Temperatur von Lappland.
Sonst meinte man die Schneegränze bezeichne eine Fläche
wo die Temp:⎡eratur = 0 sei. Das ist falsch. Unter dem Aequator ist
sie +1½° unter 45° B. −6° R. unter 60° B. −9° R. Es kommt
also hierbei auf die Vergleichung der Höhe [u.]und Breitengrade
an. Wenn man die ersten 3000′ am Abhange der Alpen ver-
gleicht mit den Breitengraden von 50° an, so correspondiren
jede 600′ 15° N. B., es ist also egal ob man 600′ steigt oder
15° B. nördlicher geht. (Im Sommer aber nur 10 Meilen?)
Die Kultur der Pflanzen indeß geht höher auf d[.]en Bergen, als
sie gegen Norden sich erstrecken kann, weil sie auf den Bergen sich
in einer dünnern Luft befinden wo sie eine Intensität des Lichts
genießen. Bei 2400′ Höhe wird im südlichen Frankreich noch Wein gebaut,
dagegen man 4° nördl[:]ich keinen Weinbau mehr findet. Die Schnee-
gränze ist ein sinnlicher Beweis für die kältere Region über unserm
Kopfe. Sie hat den Menschen schon früh belehrt, welche von den Bergen
die höheren sind, denn schon früh sahen sie, daß diese Schneegränze
wie ein Niveau des Meers immer dieselbe Höhe hält. So wußten
die Indianer schon ehe Condamine den Chimborazo gemessen, daß
er der höchste Berg sei. Die Verschiedenheit der Schneegränze unter den
Tropen beträgt nur 80′. Hingegen in den gemäßigten Klimaten
sind die Berge hierin mehren Perturbationen durch Schluchten etc:
unterworfen. Man muß mit dem Phaenomen der Schneegränze
nicht die Gletscher [u.]und Eisgrotten verwechseln. Mit der Höhe derselben
hängen die Gletscher nur in Hinsicht ihres Ursprunges zusam̃en.
In Chamounÿ finden sich bei 3000′ schon Gletscher [u.]und sie könnten
bis zur Ebene kommen, wenn sie nur Schnee- [u.]und Wasser-Zufuhr
hätten, da sie versinken [u.]und sich zurückziehen. Escher hat gezeigt,
daß dies Versinken im Sommer Statt hat [u.]und daher kommt, weil
sie in ihren untern Theilen einen Bogen bilden, wegen der Wärme
des Erdkörpers. In ihrer Oberfläche findet man kleine Brunnen die
sich immer tiefer bohren. Schöne Gletscher giebt es von 30° N. B.
bis zum Norden. In Peru [u.]und Chili habe ich nie dies Phaenomen
erblickt. Am westlichen Theil des Chimborazo giebt es unterirdisches
Eis [u.]und zwar 70 bis 80′ unter der Schneegränze. Es erscheint wie
Hagelkörner unter einer Sandschicht, die sich schon lange erhalten zu
haben scheinen. Die Schneelinie ist nicht eine isotherme Linie; die Höhe
derselben hängt ab von der Zahl der Tage, deren mittlere Temp[:]eratur
−5–6° ist.
Die Wärmestrahlung tiefer [u.]und hoher Ebenen verändert ebenfalls
die Schneelinie. Sie liegt im innern Continente höher, daher in
Asien viel höher als in den andern Welttheilen. So ist die Schneelinie
an dem nördlichen Theil des Himalaja erst bei 15200′, wegen der
großen Landebene der Tartarei [u.]und Chinas welche bis 7000′ hoch
an dem nördlichen Rücken des Himalaja hinzieht. Schon im östlichen
Europa zeigt sich dies höhere Hinaufsteigen der Schneelinie; sie
liegt nach Balenberg auf den Karpaten höher als auf den Pÿrenäen
[u.]und Alpen. Ueber die Aequatorialhöhe der Schneelinie ist viel ge-
stritten worden. Vor meiner Reise hielt man sie für 18000′ hoch.
Richtiger ist 14660′. Vom Aequator bis 40° B. hat es früher
gar keine Messungen gegeben. Ich habe durch vielerlei Mes-
sungen gefunden, daß die Schneelinie bis zum 20° N. B. u[unleserliches Material]m 1000′
abnimmt. Von hier an merkt man denn eine bedeutende
Oscillation. Sie geht herab von 13800′ bis auf 2200′. Am südl[:]ichen
Himalaja ist sie 12000, am nördlichen 15600′, welche beträchtliche
Oscillation wie oben gesagt, Folge ist von Localverhältnißen.
In unserer Breite würde sie auf 7000′ sich finden, also 2000′
höher als die Schneekoppe. In Skandinavien ist gewiß ein Un-
terschied im innern [u.]und äußern Theil. Im Innern bei 70° N. B.
hat v. Buch sie auf 3300′ berechnet, aber am Littorale bei
71½° N. B. hat er sie bei 2200′ gefunden [u.]und zugleich die Bemer-
kung gemacht, daß man nach den Fichten- [u.]und Birken-Arten,
die an den Abhängen stehen, genau die Schneelinie berechnen
kann, wenn sie auch nicht sichtbar wird aus Mangel an hohen
Bergen.
Von der Seeluft. Da ⅔ unserer Erdoberfläche mit Wasser
bedeckt ist, so hat die Temperatur der Meeresluft großen Ein-
fluß auf die Klimatologie. Ihre Erwärmung hängt auch von der
Richtung der Lichtstrahlen ab [u.]und von der Beschaffenheit der Ober-
fläche selbst, deann aber auch von den Meeresströmungen [u.]und
Winden. Der Boden der Meeresfläche ist verschieden je nachdem er
starr ist oder flüßig. Auf dem flüßigen kann die Luft erkältet
werden durch die Ausdünstung [u.]und wird weniger warm weil er
durchsichtig ist; erwärmt kann sie werden, weil die kalten Par-
tikeln immer zu Grunde gehen. Kälter ist das Klima über
den Untiefen, wie ich es namentlich fand an der Bank von
Jamaïca. Die Meeresströmungen wirken hier auch bedeutend,
so ist es wärmer im Golfstrom als außerhalb desselben [u.]und
kälter in dem Strom der an der Küste von Peru nach Norden
zieht.
Ganz anders ist es wo der Boden der Meeresfläche starr ist,
in den arctischen Regionen. Hier hat Scoresbÿ die besten Beob-
achtungen gemacht. Die Eisberge wirken indem sie die Dünste
niederschlagen [u.]und die Luft undurchsichtig machen [u.]und also der
Sonne wehren; später wirken sie dann trocknend.
Es fragt sich in welchen Klimaten das Wasser wärmer sei
als die Seeluft. Durch Du Fressynoy’s und Duperre’s Beobachtungen
hat man gefunden, daß in der Gegend des Aequators das Wasser
etwas wärmer ist als die Luft. Die Temp[:]⎡eratur der Tropengegend
auf dem Meere ist ni[unleserliches Material]e höher als +23–24° R. oft nur +20–
21° R. also 12–13° weniger als die Landluft dort. Wenn die
Meere eingeschlossen sind ist es freilich etwas anders; das
rothe Meer z. E. hat Tuckeÿ nie unter +36° R [u.]und bei Nacht
nie unter +29° R. gefunden. Dies scheint das wärmste Meer
zu sein.
Aus alle dem was wir von der Klimatologie gesagt haben
folgt, daß die Kultur Europas 3 Gründe hat:
Die Electricität kann erregt werden durch verschiedene
Mittel: durch Reibung, durch den veränderten Zustand der
Ausdehnung oder die Dampfbildung, durch chemische Veränderungen
(wie Beckerell gezeigt), durch Contacte verschiedenartiger Stoffe.
Das letzte Mittel findet sich in den organischen Wesen auf uner-
klärliche Weise, wie die electrischen Fische als electr[unleserliches Material]ische Wolken unter
dem Wasser erscheinen. Die electrischen Erscheinungen die wir
hier geographisch gleichsam betrachten, hangen mit der Erzeugung
der Dünste genau zusammen, [u.]und hängen besonders von der Quan-
tität der Dämpfe [u.]und der Art ihrer Lagerung ab. Die Quantität
entsteht wahrscheinlich daher, weil, wenn jedes Bläschen auf der
Oberfläche electrische Spannung hatte, nun die Zusammensetzung
aller Bläschen auf die Oberfläche der Wolke angehäuft wird;
denn die Electricität bleibt auf der Oberfläche.
Mangel an Gewitter zu allen Zeiten ist in den arctischen
Regionen [u.]und zu gewissen Zeiten in den Tropengegenden.
In Grönland blitzt es wohl, donnert aber nie. Scoresby fand
in Spitzbergen auch nie Blitz. Schon in Skandinavien sind sie selten.
Die Luft ist freilich dort von vielen Dämpfen gesättigt, aber es
schlägt das Wasser sich wieder auf die Eisberge nieder. In den
Tropen sehen wir eine Zone wo vom December bis Mai nie Gewitter
[u.]und Wolken sind. In dieser Zeit fand ich immer positive Electri-
cität in der Luft. Von Mai bis Octoberist die Regenzeit; deann
fand⎡ man, wenn sie sich nahte, keine Electricität in den untern Luft-
schichten von 8 Uhr Morgens bis 2 Uhr Nachmittags; deann aber
trat sehr starke Spannung der Electrictät ein [u.]und blieb so lange
das Gewitter dauerte, bis bei Sonnenuntergang die Electri-
cität wieder schwand [u.]und auch die Nacht weg blieb. Die übrigen
Erscheinungen sind wie bei uns.
Das Gewitter fängt an mit dem sonderbaren Phaenomen
des Wetterleuchtens mit dessen Erklärung man sich noch nicht
genug beschäftigt hat. Daß es ein fernes Gewitter sei ist nicht
gut anzunehmen, da es phosphorisches Licht hat [u.]und nie höher als 10°
vom Horizont gesehen wird.
Producte der Blitze sind die Blitzröhren. Man fand sie zuerst
in Westphalen; sie sind dem Reaumurschen Porzellan ähnlich [u.]und be-
stehen aus einer Verglasung des Sandes. Man kennt sie bis 30′
Länge. Auch unter den Tropen z. E. in Brasilien sind sie gefunden
[u.]und Clapperton fand sie in Afrika. Auf der Insel Amrum bei
Schleswig hat man es deutlich gesehen, daß sie entstanden wenn
der Blitz einschlug. Aehnliche Verglasungen hat man auf den Spitzen
der Berge gefunden. Mit diesen Erscheinungen darf man nicht
verwechseln:
die Aërolithen von denen ich schon bei dem Zodiakallichte hätte reden
sollen. Man hat lange an der Existenz der Steine welche vom Him-
mel fallen gezweifelt, obgleich in chinesischen, griech[: u.]ischen⎡ und römischen
Annalen davon gesprochen wurde [u.]und mongolische Fürsten sich Dolche
[u.]und Schwerdter hatten machen lassen. Erst 1794 hat Chladnÿ die Sache
deutlicher gemacht. Als bei Agram Steinmassen niedergefallen waren,
nahm das bischöfl[:]iche Consistorium mit juristischer Genauigkeit eine
Urkunde von der Begebenheit auf [u.]und sandte sie hiemit nach Wien.
Dennoch hielt man es für eine Fabel. Als Pictet in der [unleserliches Material]Pariser
Academie von Steinfällen in Indien berichtete, welche dort am
26ten April 1803 viele tausend an der Zahl mit Knall [u.]und Feuer aus
272.
einer Wolke gefallen war,en, wurde er noch von der ganzen Ver-
sammlung ausgelacht. Diogenes v. Apollonia indeß sagt schon,
daß solche nicht leuchtende Steine aus dem Weltgebäude fielen;
Diogenes Laertius meint, daß sie aus der Sonne kämen.
Einige Alte meinten sie kämen bei Mondfinsternißen herunter,
[u.]und dies ist auch Volksglaube in Sÿrien. Ein solcher Meteorstein
ist die Cabbala in Medina, wohl von fälschlich angegebenen Basalt.
Eine Masse von 2700 ℔ fiel bei Ensisheim anno 1413. Die soge-
nannte Pallassche Masse ist seit 1749 den Kosacken bekannt; 1774
sah sie Pallas [u.]und hörte die mongolische Tradition, daß sie vom
Himmel gefallen. Der Stein bei Notunka [u.]und Chakto wiegt 300
Centner, ist 7′ lang [u.]und 1½′ hoch. Einen ähnlichen fand Morneÿ in
Brasilien [u.]und hat ihn beschrieben. An den Quellen des gelben Flußes
findet sich ein Fels von 40′ Höhe, der nach der Tradition aus einer
leuchtenden Wolke gefallen sein soll.
Früher meinte man ihren chemischen Verhältnißen nach seien
sie alle ganz ähnlich. Allein sie zerfallen in 2 Klassen:
1., sind sie gediegen von Eisen und Nickel; 2., steinartig, von erdigen
Substanzen in die metallischen Körper eingesenkt sind. In
neuster Zeit sind ganze Steinarten vom Himmel gefallen,
wie die Aerolithen von Chugelas (?) Auch zerreibliche hat man
gefunden. Das specifische Gewicht ist eben so verschieden. Sie sind
2 bis 3 mal dichter als das Wasser, wie die planetarischen Körper
diesseits der kleinen Planeten; daraus könnte man schließen,
daß sie uns näher angehören. Es sind auch zuweilen Massen
staubartig herunter gekommen; allein diese Beobachtungen
sind sehr unsicher. Die Bestandtheile sind 4 oder 5: Eisen, Nikkel,
Cobold und Chrom finden sich am häufigsten. Auch Kupfer, Schwe-
fel, Kohlen, Natron [u.]und Kali in kleinen Theilen. Merkwürdig
ist es, daß auch Salzsäure, Kieselerde [u.]und Kalkerde, ja selbst Wasser
einige Male deutlich gesehen ist. Von einzelnen Gebirgsarten
weiß man noch wenig. Gust[unleserliches Material]av Ros[unleserliches Material]e hat Olivin [u.]und ⎡ gefunden.
Die Massen können in 2 Abtheilungen gebracht werden: in
solche welche Nikkel enthalten mit viel Schwefel [u.]und Kalkerde,
aber ohne Kalk, [u.]und solche welche keinnen Nikkel haben mit wenig
Schwefel [u.]und Kalkerde, aber viel Kalk [u.]und Thonerde.
Beim Herabstürzen hat man die Steine in Wölkchen einge-
hüllt gesehen aus denen deann [u.]und wann Lichtstrahlen hervorschoßssen.
Man sieht auch Dampf u. schwarzen Rauch daraus hervorkommen.
Die Höhe des Falls hat mehrmals paralactisch gemessen werden
können zu 10–12–15 geograph. Meilen. Am merkwürdigsten
ist ihre Richtung. Die meisten Massen gehen horizontal in kleinen
Winkeln; ihre Geschwindigkeit ist der der Weltkörper gleich; alle
Rechnungen geben 5–6 Meilen in einer Secunde. Bisweilen
sind seltene Ablenkungen beobachtet. Es wird allemal im Gewölke
Getöse gehört welches 15 bis 18 Meilen weit gehört ist, wie
Kanonen oder kleines Gewehrfeuer. Die Massen fallen heiß,
verbrennen aber nicht; Beweis, daß die innere Masse nicht von der
Verglasung die das Aeußere deckt, gelitten hat. Daß die heißen
Aerolithen nicht einmal Holz schwärzen weiß man von einem
amerikanischen Schiff auf das im Jahre 1810. ein Stein fiel, der
durch das Verdeck durchschlug aber das Holz nicht geschwärzt hat,
obgleich er heiß war als man ihn anfaßte. Mit den Jahreszeiten
hängen sie gar nicht zusammen [u.]und etwas Periodisches findet sich
auch gar nicht, also Beweis, daß sie nicht mit Erdphaenomenen
zusammenhängen.
Für ihre Entstehung hat man folgende Hÿpothesen aufgestellt:
Im Starren [u.]und Flüßssigen, in der Ebene [u.]und im Weltmeer ist die
Masse das auffallende [u.]und überwiegende. Anders ist es mit dem
Organischen; hier ist die Masse besiegt von der Form. Bei Ocean
[u.]und Continent ist Ordnung kaum aufzufinden; im Organischen ist
überall Gesetzmäßigkeit, allmählige Entwickelung des Ganzen.
Der Geognost der die Wirkung vulkanischer Kräfte erkennt, der
Phÿsiker der im Sturm die Höhe der Meereswellen mißt, wird
von dem plötzlich Eintretenden überrascht; in der Pflanzenwelt
aber wird alles allmählig bedingt.
Wir reden hier nicht von den Pflanzen [u.]und Thieren, sondern von
der mit Pflanzen [u.]und Thieren bedeckten Erdrinde. Organische Stoffe
unterscheiden wir dadurch am besten von denm unorganischen, daß
wir sagen, sie enthalten nicht dieselbe chemische Mischung wenn sie
aufhören Theil des Ganzen zu sein; das Unorganische kann nach
allen Richtungen von einander getrennt werden, das Organische
nur nach bestimmten Richtungen. Was das Wort Leben anlangt,
so hat man auch wohl die einzelnen Kräfte, die zu einem Prozeß
gehören, als die electrische, magnetische Kraft, Lebensthätigkeit
genannt, oder aber würden wir es nur bei den Körpern an-
nehmen, die den Grund ihrer Existenz in sich selbst haben. In dem
Organischen ist eine succeßive Entwickelung der Theile entweder
aus sich selbst oder eine Abstammung von einem andern; auch
sehen wir am Organischen eine Periodicität. In den organischen
Körpern scheinen gewißsse Elemente ausgestoßen zu sein, so,
daß gewiße Elemente z. E. Kobold sich nie in organischen Stof-
fen finden. Aller Organismus, der thierische sowohl als der
Pflanzenorganismus folgt einigen Hauptwegen von denen
er stimulirt wird, so reizt Chlor auf dieselbe Weise den
Samen der Pflanzen als die Geschlechtsthätigkeit der Thiere;
mit Opium, Arsenick [u.]und anderen Giften hat man dieselbe Er-
fahrung gemacht.
Das Licht ist nicht unbedingt nothwendig für die Existenz
der Pflanzen; man findet sie in der Tiefe der Erde [u.]und in der Tiefe
des Meers, selbst in solcher Tiefe wo gewiß keine Lichtstrahlen
mehr hinkommen. Ich brachte aus 600′ Tiefe Pflanzen herauf
welche noch vollkommen grün waren.
Von Thieren haben wir die merkwürdige Erscheinung der
Eingeweidewürmer, deren Rudolphi 1100 beschrieben hat; auch sie
leben in immerwährender Finsterniß; man hat dieselben species
dieser Thiere gefunden in Säugethieren welche nicht einmal in
derselben Zone leben als in Hirschen, Gazellen u. Keängurus.
Es ist lange gestritten was die Pristleÿsche Materie sei. Neu-
erdings hat man gefunden, daß es mehre Stoffe sind welche unter
diesem Namen begriffen werden, eine große Menge Infußions-
thiere [u.]und allerlei fadenartige Pflanzen. Es ist der Streit entstanden
ob verschiedene Entwickelungsstuffen der Infusionsthiere anzunehmen,
welche endlich, nach Ruhe sich sehnend in ein Gewebe fadenartiger
Pflanzen sich sammeln. Man ist so darauf gekommen, daß das
Entstehen der Pflanzen nur eine Zusammensetzung thierischer Stoffe
sei, doch meint Turpin [u.]und Ehrenberg, daß es noch nicht genug Grün-
de giebt um zu diesem sonderbaren Resultat zu gelangen.
Der erste Keim des organischen Lebens, etwas blasenartiges,
kann für sich existiren [u.]und einen Theil ausmachen eines zusam-
276
mengesetzten Körpers. So hat man die navicula gefunden [u.]und
eine Confer[unleserliches Material]ve die nicht concammarirt ist; in beiden sind einzelne
Stoffe die sich in der erstern bewegen, in der 2ten unbeweglich sind.
Also kann es 2erlei Anfänge des Organismus geben, er kann
eine Composition ausmachen oder einzeln existiren. Mit dieser
Beobachtung hängt folgendes zusammen: man findet in der
chora flexilis eine Wasserpflanze, durch schwache Vergrößerung
beständige Bewegung welche bei Sonnenlicht [u.]und überhaupt bei
erhöhter Lebensthätigkeit sich besonders zeigt. Wenn man sie
unterbindet so schneidet sich die Längenbewegung ab [u.]und es zeigt
sich in dem neuen Compartimente neue Bewegung. 1774 schon
hat Corti diese Bemerkung gemacht, dann zeigte Amici in
Modena darauf hin. Meÿer in Bonn meint die Bemerkung
gemacht zu haben, daß diese Körper eine besondere Bewegung
haben wenn sie sich von der Chora trennen [u.]und dasselbe will
er auch an den Blutkügelchen mehrer Thiere gesehen haben.
Schulz in Berlin hat in mehrern milchgebenden Pflanzen
ebenfalls Bewegung in abgesonderten Kanälen entdeckt.
Man sieht wie bei den Libellen eine doppelte Bewegung, ein-
mal wie in einer Barometerröhre auf [u.]und ab,
deann in einer
Röhre hinauf, in der andern hinab. Diese Kügelchen die man
Demisphaeren genannt hat, sind von Respaille sehr genau
beobachtet sowohl in Pflanzen- als Thiersäften; ja er hat gezeigt
wie man nach diesen Kügelchen selbst bestimmen könne von
welchem Thier das Blut sei. Alle diese Bemerkungen zeigen, daß
es nur künstliche Bemühungen sind das Animalische von dem
Vegetabilischen so strenge scheiden zu wollen. Wenn man auf
die erste Entwickelung zurückgehen will, so werden alle Defini-
tionen durch solche Ausnahme widerlegt, daß man keine für die
rechte halten kann. Willkürliche Bewegung war das älteste was
man angab, aber dies ist sehr unbestimmt. Andere meinten
der Unterschied liege in den Genitalien, die bei den Pflanzen
abfallen, während sie bei den Thieren permanent seien. Aber
bei vielen Thieren kann man diesen Unterschied gar nicht machen,
[u.]und bei den Bäumen kann man ⎡ mit parti-
culären Blüthen finden, die nicht untergehen ehe das ganze
Gewächs untergeht. Die Nahrung paßt als Unterscheidungs-
zeichen gar nicht. Ein merkwürdiger Unterschied ist bei den
höhern Pflanzen [u.]und Thieren der, daß bei den Pflanzen Kohle zer-
setzt wird, während sie bei den Thieren hervorgebracht wird.
Es giebt eine viel größere vegetabilische Masse als ani-
malische, auf dem Continent, doch umgekehrt ist es im Meer.
Hier ist die Pflanzenmasse geringer; man kennt bis jetzt nur
300 bis 350 species; auch die Masse der Individuen ist geringer:
das animalische herrscht bedeutend vor.
Diese Wissenschaft verbindet die Klimatologie mit den orga-
nischen Erscheinungen selbst [u.]und ist die Beschreibung der dermaligen
278
Vertheilung der Vegetabilien auf der Erdoberfläche. Fälschlich
hat man oft Geographie [u.]und Geschichte der Pflanzen mit einander ver-
wechselt; selbst Stomeÿer überschrieb noch seine Dissertationen
über diesen Gegenstand: historia vegetabilium. Die Geogra-
phie der Pflanzen ist eine noch neuere Wissenschaft als die Geog-
nosie. Freilich unterschied man schon früh: Wasserpflanzen, Al-
penpflanzen [u.]und Wiesenpflanzen; dies drückt aber nur die Sta-
tionen der Pflanzen aus, nicht ihre habitationen. In der persi-
schen Sprache werden sehr gut unterschieden: Pflanzen des warmen
Landes (germe sire) [u.]und des kalten Landes (cher sire). Was der
Cardinal Bembo schon im 16ten saec. sehr poetisch beschrieben hat
in seinen: Aetna dialogus, das hat in neueren Zeiten Tour-
nefort beschäftigt, der am Abhange des Gebirges die Vegeta-
tionsschichten übereinander liegen sah, wie wenn er nach dem
Norden zu gereist wäre. Linnée hat in 2 Abtheilungen das-
selbe Thema behandelt [u.]und aus orientalischen Mÿthen erklärt.
Deann haben Menins (?) Pallas, Cooks Reisen, ohne es zu wissen
viel zu Pflanzengeographie beigetragen. Schon Adamson am
Senegal that einen Schritt weiter. Er fühlte, daß die verschie-
denen Gruppen von Pflanzen nicht allen Regionen zugehören;
er erkannte, daß Dollen-Gewächse z. E. den Tropen fast ganz
fehlen. Linnée freilich, mit seinem künstlichen, willkürlichen
Name existirte lange vorher; ehe die Wissenschaft selbst von
einiger Bedeutung war, wie es mit vielen Wissenschaften geht.
Dr Menzel, im 17ten Jahrhdt:, brauchte ihn zuerst. Später wurde er
von Bernardin de St: Pierre gebraucht in seinen: études
de la nature, deann von Girard Saulabie in s.einer geographie
phÿsicale de vegetation etc: Allein letzterer spricht nur von
cultivirten Pflanzen. Doch giebt er schon einige Linien an
unter denen bestimmte Pflanzen gefunden worden.
Drei Dinge müssen zusammen kommen um die Wissen-
schaft weiter auszubilden: Messungen der Höhen, Messungen
der Temperatur und Vereinigung zwischen Botanikern [u.]und
Phÿsikern. Hiernach strebten ich [u.]und Bonplant. Wir sammelten
über 6000 Pflanzen, deren Vaterland wir durch Höhe und Wärme-
messungen bestimmten. Jetzt hat sich die Zahl auf 11 bis 12000 vermehrt,
doch bleibt noch viel zu thun übrig, da unsere Herbarien über
60000 Pflanzen nennen. Die Pflanzen der canarischen Inseln hat
v. Buch, die des Caucasus Parrot, die von Lapland Baremberg ,
andere Scot [u.]und Geraudole etc: bestimmt. Doch hat man häufig dieser
Pflanzengeographie vieles beigemischt, was mehr dem allg:⎡emeinen Naturbilde
angehört [u.]und der Mineralogie.
Gern würde ich die Pflanzengeographie mit der der Thiere
vereinigen, doch haben wir noch für die letztere gar zu wenig
Thatsachen, namentlich gar keine Barometerbestimmungen.
Die Thatsachen der Pflanzengeographie zerfallen in 6 Abtheilungen:
1., Was die Ausbreitung der Pflanzendecke auf dem Erdkörper an-
langt, so wird sie verschieden sein.
a., nach den phÿsikal[:]⎡ischen Standorten oder Stationen.
b., nach der geogr:⎡aphischen Beschaffenheit.
Wir bemerkten schon früher, daß sich Pflanzen finden auch unter
der Erde in dem Meer, ohne Einwirkung des Lichts. Die unterir-
dischen Pflanzen sind entweder von Luft umgeben, wie in den
Bergschachten oder wie krÿptogamische Gewächse in Baumstämmen,
oder sie werden selbst von der Erde berührt, so ist es bei Trüffeln
u. a. m. Die letztere Art der unterirdischen Pflanzen umfaßt
die größten Species die man von krÿptogamischen Gewächsen kennt.
Man hat Trüffeln von 6–8 ℔ in einer Tiefe von 5–6′ gefunden.
Ebenso sind ja alle Wurzeln im Winterschlafe unterirdische
Gewächse, auch der Same bleibt manchmal auf diese Weise jahrlang
in der Erde. Von den Seepflanzen sagte ich schon früher: daß
ihre species nur wenige sind, ihre Größe aber ist bedeutend, ich
fand welche von 300′ Höhe.
Auch nahe am Pol finden sich noch viele Pflanzen. Parrÿ
hat von der Melville Insel 70 species mitgebracht. (Ich rede hier
immer nur von Pflanzen höherer Organisation) Auf dieser
Insel welche unter 75° N. B. liegt, findet sich sogar noch ein kleiner
Baum salix arctica. Spitzbergen scheint ärmer an Pflanzen zu
sein. Man glaubte, daß auf der Südhemisphaere die Pflanzen-
decke nicht so weit nach Süden reiche; Förster behauptete, daß im
Sandwichland gar keine Pflanzen wachsen, doch in Neushetland
sind welche gefunden [u.]und Bellinghausen brachte welche mit aus
den Alexander [u.]und Pauls Inseln. Auf den Andes habe ich noch
bei 17500′ umilicaria gefunden, eine Krÿptogame. Bei 15000′
giebt es noch schöne Phanerogamen. Die Kälte ist es wahrscheinlich
nicht, die die Pflanzen hindert noch höher zu kommen, sondern
vielmehr der Schnee [u.]und dasselbe gilt auch wohl von der Polarregion.
Die Alpenpflanzen sind merkwürdig wegen ihrer Dürre,
Harzigkeit [u.]und den vielen Haaren, die sie umhüllen. Die Ursache
davon liegt wahrscheinlich im Barometerdruck. Die höchstmöglichste
Respiration findet sich bei diesen Alpenpflanzen, wozu sie geneigt
werden durch die Dünne der Luft u. durch das Licht. Dadurch entstehen
auch wohl die Haare, denn diese sind nichts weiter als Werk-
zeuge der Ausdünstung der Oberhaut der Pflanzen. Aus dem-
selben Grunde sind sie so schwer auf der Ebene zu cultiviren,
denn das Licht [u.]und den Luftdruck kann man ihnen künstlich nicht
geben. Die chemische Beschaffenheit des Bodens habe ich nicht mit-
genannt, weil nach Theodor v. Saussure nur wenig hierauf
ankommt, daher es nicht richtig ist die Pflanzen zu unterscheiden,
welche auf Granit, Kalk oder Thonschiefer wachsen. Man meinte
früher, daß der Buxbaum nur auf Kalk wachse [u.]und doch hat man
ihn auch auf Granit [u.]und vulkanischem Gestein gefunden.
Es ist aber nicht hinlänglich zu wissen wie weit sich die Pflan-
zendecke auf den Bergen [u.]und nach dem Pol zu erstreckt; man muß
auch die Verschiedenheit derselben Pflanzenspecies an den verschiedenen
Stationen beobachten.
2., Wie viel species der Pflanzen sind bekannt, wie viel sind be-
schrieben? Ueber diese Frage hat man in neusten Zeiten Un-
tersuchungen angestellt. So 1817 ich [u.]und Brown; wir meinten, daß
es 44000 species gäbe, von denen 13000 aus dem tropischen Theil
Amerikas nur 4500 aus den Aequatorial-Asien. In Perceau’s
Enchiridion waren nur 21000 beschrieben, doch glaubt Lacoandolle ,
daß an 56000 beschrieben wären. Der Zuwachs in neuerer
Zeit ist ungeheuer groß. 3700 species sind aus Neuholland,
3000 neue aus Amerika gebracht. In Brasilien sind in 27
Jahren 13500 Pflanzen neu entdeckt. Herr Bortschel hat aus
dem Cap. d[.]er gut[.]en Hoffg[.]nung 7000 mitgebracht. Die größte Masse aus
einem Lande brachte Dr Pole aus Brasilien auf einmal, nem-
lich 8000 species.
Beschrieben sind 60–65000 Phanerogamen und somit kommt
nur 1 species auf 42 □ Meilen. In allen Gärten Englands sind
zusammen 16000 spec[.]ies cultivirt. Hier giebt es die größten Herbarien
von Lambert (?) was 35000 sp[.]ecies, worunter 32000 Phanerogamen, enthält.
Merkwürdig ist, daß bis jetzt fast eben so viel Thierspecies als
Pflanzensp:ezies beschrieben sind, nemlich 66000, von denen 44000 Insecten.
Bei den Thieren sind die niedern Organisationen die zahlreichern,
sie machen ⅚ der ganzen Masse; bei den Pflanzen ist es umge-
kehrt und Krÿptogamen machen nur ⅐ der bis jetzt beschriebenen.
Europa hat etwa 7000 sp[:]ecies von den beschriebenen Pflanzen, also
1 sp[:]ecies auf 22 □ Meilen. Doch rechnet man die ab welche Nordame-
rika mit Europa gemeinschaftlich besitzt [u.]und die welche auch in
Nordasien sich finden, so hat es nur 1800–2000 eigne species.
Lecandolle meint, daß nur überhaupt 120,000 Phanerogamen
existiren; doch scheint dies viel zu wenig. Doch merkwürdiger
Weise stimmt diese Zahl mit der Zend-a-vesta überein,
in der man dieselbe Anzahl Pflanzengestalten aus dem Stierblute
entstehen sieht. Eine andere hierhergehörige Frage ist noch ob die
Zahl der species zu- oder abnimmt. Von den Thieren wissen wir,
daß Gattungen untergegangen sind, so die Dronte, ein mausartiger
Vogel auf den westindischen Inseln. Von den Pflanzen ist es wahrscheinlich
daß niedere Organisation untergehen [u.]und entstehen; aber daß Pflan-
zen höherer Organisation entstehen sollten, ist eine Hÿpothese welche
außerhalb der historischen Gränze liegt. Unter unsern Augen entstehen
gewiß noch sehr viele Pflanzen aus Vereinigung verschiedener Geschlechter,
welche sich auch wohl, doch selten, fortpflanzen durch den Samen. Wenn
wir die Zone betrachten, so finden wir, daß die Pflanzendecke
immer dichter [u.]und dichter gewebt ist, je mehr wir uns vom Pol ent-
fernen. Brown meinte der größte Reichthum fände sich in
28–30°S. B. doch hat er diese Meinung aufgegeben, da sie sich
bloß auf ein Localphaenomen gründete. Unter den Tropen selbst
ist der größte Reichthum, was meine, Bonplants [u.]und Poles Entdeckungen beweisen. Wir nehmen für die Tropen 7500
species an. In der gemäßigten Zone hat z. E. Frankreich eben so
viel wie Deutschland wenn wir die Schweiz zu letzterm rechnen.
Frankreich hat 3800 Phanerogamen. Deutschland 3400, ohne die Schweiz
2300. Wirtemberg 1231 Phanerogamen, Berlins Umgegend 1000,
mit den Krÿptogamen 2200. In Lappland sind nur Phanerogamen u.
Krÿptogame 1000 sp:ec: Island nach Cooper: 374 Phanerogamen,
⎡ (74° N. B.) 67. Auf einigen vulkanischen Inseln
des atlantischen Oceans finden sich noch weniger, so eine der canarischen
Inseln nur 55 sp:ec: Aegÿpten hat 1000 Phanerogamen; bei Dongola
hat Ehrenberg nur 300 Phanerog[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]: gesammelt [u.]und er meint, daß
höchstens noch 100 zu finden sein würden. Hier sieht man recht den
Contrast Afrikas gegen die andern Tropenregionen.
3., Geograph[:]ische Verschiedenheit in Rücksicht auf d[.]ie phÿsische Beschaffenheit.
Die größten Contraste geben, um von dem kleinsten anzufangen,
die microskopischen Pflanzen. Dem bloßen Auge sichtbar ist die
meteorische Vegetabilie welche man in dem rothen Schnee ge-
funden hat. Bauer hat ihn lange für ugneda [u.]und temella
gehalten, welche kleine Sphaeren sind aus denen dann [u.]und wann
neue Sphaeren entstehen, die sich von den alten trennen. Sie kön-
nen bei einer Temperatur von 15 [u.]und 16° sich fortpflanzen, wie
sie in Paris, London [u.]und Genf 1½ Jahre fortgedauert haben.
Im furchtbarsten Contraste hiermit stehen die majestätischen
Formen der Palmen, namentlich auf den Andes. Die höchste
Palmenfamilie ist die Bergpalme, welche auf 4–6000′ Höhe
anfangen [u.]und bis 8000′ Höhe hinaufgehen; hinzu gehört die
Wachspalme, von denen ich eine maß von 180 Pariser Fuß
Länge. In neuster Zeit sind noch größere entdeckt unter den
Zapfenbäumen; so auf den Norfolkinseln von 240′ Länge.
Die längsten Bäume also gehören der temperirten Zone an.
Douglas u. Francklin haben 1826 am Columbia-Fluß u.[ in]nd in
Canada unter 48 u. 50° B. die pinus canadensis entdeckt
welche 18′ Durchmesser [u.]und 260′ Höhe hat [u.]und Zapfen trägt von
1½′ Länge. Gegen Norden schrumpfen die Bäume so ein,
daß sich auf Melville-Island Bäume von 2″ Höhe finden. Was
den Umfang anlangt, so findet sich dieser am größten in den
Tropengegenden. So fand man eine amazonia von 60′
Höhe [u.]und 34′ Dicke am Senegal. Der Drachenbaum auf den
canarisch: Inseln hat 15′ Durchmesser [u.]und ganz gewöhnl[:]iche Bäu-
me dieses Geschlechts 6–7 Fuß. Horsfel hat Blumen von
der Peziza nach England geschickt welche 15 ℔ wiegen [u.]und so groß sind,
daß ein Kind im Kelche liegen kann, nemlich 3′ Durchmesser.
Früher hielt man für die größte, eine Blume von 16–17″ Durch-
messer, welche ich als Mütze bei den Indiern am Amazonenstrom
fand. Bäume finden sich 70 spec: in Deutschland [u.]und Frankreich;
in Lappland nur 11, also nimmt die Baumartigkeit gegen
den Pol zu ab. Wie die Baumartigkeit vom Klima begünstigt
wird, hängt auch ab von der Form des Continents. Giebt es
bei uns nur 2 Quercus-Arten, so finden sich dagegen im neuern
Continent unter derselben Breite 42 sp[:]ec: zu denen noch in der
temperirten Zone auf Mexicos Höhe 25 hinzukommen.
Wenn die Tropen sich auszeichnen durch die Höhe der Gewächse,
ihre Baumartigkeit, Ausdehnung [u.]und Größe der Blätter, so
zeigen sie auch das größte Zusammenziehn des Parenthyma’s ,
so daß die Blätter zusammenschrumpfen zu Nadeln, wie unsre Fichte.
In der niedern Region aber zeigen die Tropen, selbst wo es
feucht ist, kein so schönes Grün des Teppichs wie bei uns. Das
kommt weil die Zahl der annualen und semiañualen Pflanzen
sowohl nach dem Aequator zu als nach dem Pol zu abnimmt. Der
auffallendste Unterschied ist die Größe der Blüthen. In der tem-
perirten Zone sind fast alle Blüthen vom Geschlecht der Amet-
tazien u. ⎡ arten , also nicht farbig; in den Tropen findet
man dagegen die schönsten, brennendsten Farben. Wenn bei
uns Moos die Bäume umhüllt, so finden sich auf den Stämmen
der Tropenbäume eine Menge blüthenreiche Pflanzen. Der
letzte Unterschied ist, daß in der temperirten Zone die Social-
pflanzen häufiger sind, dagegen unter den Tropen die Singular-
pflanzen; daher die vielen Haiden [u.]und Wälder in nördlichen
Gegenden. Die erica vulgaris hört schon auf im mittlern
Frankreich und deann beginnt, erst einzeln, später wieder ge-
sellig erica arborea. Unter den Tropen ist geselliges Pflan-
zenleben etwas sehr seltenes [u.]und die Frage: woraus ein
Wald bestehe? hat dort fast gar keinen Sinn, [u.]und ich könnte sie,
von den großen Wäldern am Orinoco nicht beantworten.
Doch giebt es auch Ausnahmen z. E. cactus finden sich in ziem-
lichen Haufen; andre gesellige Tropenpflanzen sind Bambu-
sazien oder Gräser von 15–16′ Höhe [u.]und von 2 bis 2½′ Dicke. Für die
Phÿsiognomie einer Gegend, wie für die Schicksale der Menschen
ist diese Gewohnheit der Pflanzen, entweder einzeln oder gesellig
zu leben, sehr wichtig geworden. Die Waldungen legen den acker-
bauenden Völkern große Hinderniße entgegen [u.]und die Anhäufung
von Grasarten oder monocotÿlidonen welche von China bis
ans caspische Meer sich finden, gaben dem alten Hirtenleben die
Möglichkeit und nur aus diesen Gegenden konnten Völker her-
anziehen da sie den Proviant als Heerden mit sich zu führen
vermochten.
Zahl der genera die es unter den species selbst giebt. Diese ist
so verschieden von der Zahl der species, daß je weiter man nach
dem Pol zu kommt je mannichfaltiger in dieser Hinsicht der An-
blick der Natur wird. In Lappland finden sich 1½ species für
1 genus, in Frankreich schon 5–6 sp[:]ec: für 1 genus, unter den Tro-
pen oft 300 sp[:]ec: für 1 genus. In Berlin finden wir bei 2 bis
3 sp[:]ec: 1 genus in Folge des dürren Sandbodens, nemlich 420 genera
auf 1000 Phanerogamen; in Frankreich 683 genera auf 3600 Pha-
nerogamen.
Die ersetzenden Formen haben solche Aehnlichkeit mit den
einzelnen species, daß man sie fast für dieselben hält. Daher
kam es, daß man in Nordamerika so viele, wie man sie
nannte, europäische Pflanzen fand. Noch sonderbarer wird dieser
Gegenstand wenn man an solche genera denkt, die nur aus 2 sp[:]ecies
bestehen. So giebt es nur 2 platanusarten von denen die eine dem
alten, die andere dem neuen Continent eigen ist. Einige ersetzende
species sind sich so ähnlich, daß sie fast gar nicht unterschieden werden
können, so die Brennessel des südl[:]ichen [u.]und östlichen Europa [u.]und die des
nördlichen.
4., Verbreitung nach Identität der Pflanzenarten: Die species sind
eigentlich nicht Producte der Klimate; sondern hierdurch entstehen wohl
nur dieselben veränderten Formen, so haben wir die grasartigen
Monoretÿledonen, welche in den Tropen Palmen werden. Von
europäischen Formen sollte man eigentlich nicht sprechen, da die-
selben Formen sich ja auch in anderen Erdtheilen u. unter dem Aequa-
tor fanden. Dagegen giebt es endemische genera so z. E. am
Laÿ genera hermanea antoliza, so in Amerika cactus welcher
nur diesem Lande zugehört, in Neuholland Bankszia etc: Sehr
aufmerksam war ich auf die Formen die sich ausschließen. So ist
keine Rose [u.]und keine pinusart in der Südhemisphaere gefunden;
dagegen geht calceolarea in Peru kaum bis an den Aequator
hinan [u.]und nicht über ihn hinaus in die Nordhemisphaere. So giebt
es in ganz Amerika keine erica. Die Arten der Verbreitung
sind sehr verschieden. Eigentliche Verbreitung geht nur in den
untern Formen vor. So hat Ehrenberg den hiesigen Schimmel
wiedergefunden in der Oase des Jupiter Ammon. Man meinte
daß die Krÿptogamen unter den Tropen selten wären, doch
zeigen neuere Untersuchung,en, daß sie da eben so häufig sind.
Nur von diesen Pflanzen kann man sagen, daß sie kosmopolitische
sind. Doch auch unter ihnen kommen Ausnahmen vor. So finden
sich 2 krÿptogamische Gewächse welch an der Küste von Bretagne,
welche ⎡sich nur in Jamaica wiederfinden.
Von der Gemeinschaft der Pflanzen welche beiden Con-
tinenten eigen sind. Von 1000 Farrenkräutern kenne ich
nur 2 species welche in beiden Continenten sich finden. Von
Monokotÿledonen sind 22 Gräser species bekannt welche in
beiden Continenten wachsen. Bei den Dÿkotÿledonen zeigt sich
das Gesetz welches Buffon von den Thieren nachgewiesen hat, daß
sie auf beiden Continenten ganz verschieden sind. Nur einige
Littoralpflanzen möchten sich finden welche von dieser Regel eine
Ausnahme machen, da sie vielleicht wie die Malaÿische Menschenrace
den Strömungen ihre Fortpflanzung verdanken; auch sind 1827
in Brasilien einige sp[:]ec: gefunden von denen man glaubt, daß
sie unsern ganz gleich sind; doch können es auch ersetzende Formen
sein. Was nun dieselbe Hemisphaere anlangt, so finden sich in
Nordamerika etwa 400 species wie in Nordeuropa, doch glaube
ich, daß diese Zahl viel zu groß ist. Farrenkräuter finden sich
nur 8 welche in beiden Erdtheilen gleich wären. Manche genera
fehlen uns ganz als die mit folia pennata u. a. m. Was die
Identität der temperirten südlichen [u.]und temp[:]erirten nördlichen Zone anlangt,
so finden sich nur wenige Beispiele z. E. das Farrenkraut aspi-
deum aculeatum findet sich in England [u.]und am Cap d[.]er guten
Hoffnung, aber nicht in der mittlern Zone; capillus veneris
findet sich in allen temperirten Zonen beider Hemisphaeren.
Einwandern können Pflanzen freilich sehr leicht; so wurde eine
peruanische Pflanze wild im botanischen Garten bei Berlin [u.]und
wächst jetzt zwischen diesem [u.]und dem Thore der Stadt. Bei Montpel-
lier wo Baumwolle getrocknet wird hat man viele Pflanzen aus
d[.]er südlichen Hemisphaere gefunden, welche mit der Baumwolle mit-
gebracht wurden. Auch durch Strömungen sind viele Pflanzen
ausgebreitet [u.]und namentlich durch die Kultur da es den Menschen
eigen ist, namentlich Monokotÿledonen allgemein herrschend
zu machen. vide Link Urwelt 4 Thl: 2 Abschnitt.
5., Verbreitung der Zahl der Arten nach den verschiedenen Gruppen.
Man hat diese kennen gelernt durch die Bestimmung der Zahl
der Formen. Wenn man z. E. die Quantität der Grasarten
kennt, so kann man darnach bestimmen wie viel juncusarten
es dort giebt. Brown hat hierfür sehr viel gethan. Er hat die
Gesetze gefunden welche der Bestimmung der Formen solche
Sicherheit geben, daß man sich über das Resultat der Rechnungen
wundern muß.
Von der Betrachtung der Zahl der species ist durchaus verschieden
die Zahl der Individuen. So sind bei uns nur 2 bis 3 genus pinus,
aber doch haben wir so ungeheuer große Nadelwälder. Die Maße
der Pflanzen ist also verschieden nach Vergleichung der absoluten
Zahl [u.]und nach Vergleichung der Quotienten.
In Frankreich sind 1600 Phanerogamen mehr als Krÿptogamen;
In Deutschland umgekehrt 4300 sp. Krÿptogamen 3400 sp[:]ec. Phanerogamen.
Dasselbe Verhältniß findet sich auch in Lappland. Unter den
Tropen giebt es noch weniger Krÿptogamen als in Frankreich.
Sicherer noch ist die Bestimmung der Monokotÿledonen und
Dikotÿledonen. Der Anblick der alten Welt muß sehr ver-
schieden sein von dem der Tropen, denn die Zahl der Monoko-
tÿledonen zu den Dÿkotÿledonen ist unter den Tropen ⅙ in
Lappland ⅓.
In unserer Zone machen die Gräser ⅛ aller Phanerogamen aus
die Schmetterlingsblume 1/18 〃 〃 〃
〃 Malven 1/200 〃 〃 〃
Die auffallendsten Contraste sind, daß gewiße Pflanzen
gleichmäßig zunehmen von den Tropen gegen den Pol zu, so die
Dolden-Gewächse, Eichenarten etc: Andere umgekehrt nehmen
von den Polen nach den Tropen hin zu; so finden sich gar keine Euphorbien
in Lappland etc: Es giebt aber auch eine 3te Gruppe welche ihr
maximum in den temperirten Zonen findet [u.]und abnimmt
nach dem Aequator hin [u.]und nach dem Pol hin, so die lippenförmigen
Pflanzen. Aehnliches findet man unter den Thieren.
Hauptcharacter des thierischen Lebens ist der Schmerz. DieS. 366 l.
Existenz des thierischen Lebens setzt die Existenz des Pflanzenlebens
voraus; das erste Aufkeimen des organischen Wesens zeigt sich in
der Urwelt bei den Pflanzen, denn wir finden Ueberbleibsel
von Pflanzen in den tiefsten Schichten die wir für viel älter
erkennen als die Gebirgsarten in denen wir thierische Ueber-
bleibsel entdecken. Die beweglichen Thiere: Vögel [u.]und Fische
finden wir am weitesten verbreitet, denn sie finden in den ver-
schiedenen Höhen die Verschiedenheit des Klimas, so daß sie das
aufsuchen können, was ihnen am zuträglichsten ist. So findet
sich die seriola cosmopolita an den Küsten von New York,
Brasilien, Cap d[.]er guten Hoffnung, Ostindien [u.]und der Sandwichin-
seln. Die Süßwasserfische theilen nicht diese Eigenschaft der Meer-
fische. In hohen Seen auf der Andeskette giebt es einige genera die
sich sonst nirgend wiederfinden, so auch in den Pÿrenäen auf
7000′ Höhe wo die mittlere Temperatur kaum +1° ist [u.]und die
Seen 4 Monate lang gefroren sind.
Die Wissenschaft der Geographie der Thiere ist älter als
die der Pflanzen, etwa 40 Jahr alt. Zuerst schrieb: Zim̃ermann
geographiae animalium specimen. Doch damals wurde noch
alles phÿsische, meteorologische ausgeschloßen. Neuerdings
finden wir alles hieher Gehörige zerstreut in Reisebeschreibungen.
Ueber die Insecten schrieb Latraille.
Wie weit ist das thierische Leben verbreitet? Gelangt es so
weit wie das Pflanzenleben? Wir beantworten diese Fragen
bejahend, doch es ist in geringerer Menge verbreitet als die
Pflanzen. Man findet in Bergwerken Thiere; ja Ehrenberg
fand in unsern verdeckten Brunnen Infusionsthiere, die also
unterirdischen Ursprungs sind. Andere Thiere finden sich zu-
fällig dort. So sind manche Fische in Stollen gekommen u. haben
sich dort fortgepflanzt. In der Tiefe des Meers, wohin kein Licht-
strahl dringt, finden sich dennoch großäugige Fische (doch freilich
wenige) die nur dort leben. Laroche hat diejenigen Fische unter-
sucht welche 5000′ tief im Mittelmeer leben [u.]und hat gefunden, daß
ihre Schwimmblase fast reines Sauerstoffgas enthält. Auf die
Berge steigt das thierische Leben nicht in dem Maaß wie das
vegetabilische. Es hört übrigens schon 2000′ vor der Schneegränze
auf. Höher findet man höchstens noch fliegende Insecten welche
wohl durch den Luftstrom hinaufgehoben werden. Gaÿ-Lussac
sagt, daß, als er 3000′ in seinenm Ballon gestiegen war,
er sich in einer völligen Einöde befunden habe.
Quantität der species welche in dieser Masse des thierischen
Lebens erkannt werden kann. Diese Zahl ist in neuerer
Zeit sehr vermehrt. Fabricius kannte nur noch 11000 Insekten,
jetzt sind schon an 44000 beschrieben von denen sich 30,000
im Berliner Museum finden. Von den höhern Organisationen,
sind beschrieben:
Also Rückenwirbelthiere 11,600 Arten wovon 10/11 den flüßigen
Umhüllungen des Erdballs angehören. Die Vögel zeigen
das maximum die Fische das minimum der Luftinspiration;
ein Huhn hat 33½° R. Blutwärme [u.]und 136 Pulsschläge; ein Pferd
dagegen
nur 29½° [u.]und 56 oder 58 Pulsschläge. Wenn man das
Wasser von Luft trennt durch Quecksilber, so kann man auch Fische
ersäufen; wie mir selbst dies gelungen ist. Allen Katastrophen
der Erde sind Vögel [u.]und Fische am glücklichsten entgangen.
Die größte Masse aller Thierformen bieten die Insekten dar;
nemlich 44000. Von Schaalthieren sind 5000 von Pflanzenthieren
[u.]und Zoophyten 6000 beschrieben. Alles zusammen genommen
macht 66,600 species. Die Insecten machen also ⅔ aller bekannten
Thiere aus, doch giebt es gewiß noch viel mehr, als bis jetzt beschrieben
sind. Dies läßt sich beweisen aus der Analogie von Berlin. Hier
kommen auf 2000 sp: Phanerogame 5000 Insekten, nun giebt es
aber 60,000 Phanerogame, müsseßte also auch 120,000 Insekten
wenigstens geben.
Verbreitung der Thiere. Der Reichthum an Thieren nimmt
zu mit der Temperatur, also von den Polen zu der Tropenwelt.
Am mannichfachsten ist das Thierleben wo der Character der Landschaft
am meisten individualisiert ist. Daß die großen Pachodermen
dem neuen Continent fremd geblieben, scheint nur zufällig, denn
alle übrigen Thierarten z. E. der Bisonbüffel, finden sich ungeheuer
groß in Amerika. Diese größern Formen sind gr[unleserliches Material]asfressend
[u.]und dasselbe scheint nach Cuvier auch in der frühern Zeit so gewesen
zu sein; so war das größte Krokodill wovon uns Knochen übrig-
geblieben sind, woraus wir schließen, daß es 80′ lang [u.]und so hoch
wie ein Elephant war, nach seinen Zähnen zu urtheilen, gr[unleserliches Material]as-
freßend. Die Größe der Thiere scheint mit gewissen Bedingnißssen
ihrer innern Organisation zusammenzuhängen. Es giebt
keine microskopischen Fische [u.]und Säugethiere. Der kleinste Fisch des
alten Continents ist der Stickling 1½″ groß. Später fand
Ehrenberg im rothen Meer noch kleinere welche zum bovius
[u.]und metodon Geschlecht gehören, bunte [u.]und gold gefleckt [u.]und nur
8–9 Linien groß sind. Der Haifisch dagegen ist 30′ lang,
also im Verhältniß wie 1 : 700. So weite Gränzen finden
sich nicht bei den Vögeln. Was die Säugethiere anlangt so meint
Lacepede es gäbe welche von 200′ doch Scoresbÿ der 392 Wall-
fische tödtete fand nie einen größer als 60′. Der Caschelot-Potfisch
erreicht einzeln die Länge von 100′. Vergleicht man hiermit die
kleinsten Nagethiere so kommt ein Verhältniß heraus von 1 : 700.
Vergleicht man den Caschelotfisch mit dem kleinsten Thier überhaupt,
so giebt dies ein Verhältniß von 1 : 23 Millionen.
Die Zahl der
Individuen ist in den untern Klassen ohne Maaß groß. In der
Milch eines großen Karpfen hat Blumenbach 250,000 Millionen
lekarien gefunden. Was die Maßsse der Thiere höherer Organisation
anlangt, so könnte man der ungeheuren Menge Ueberbleibsel
wegen glauben, daß die Maßsse der Urbestien noch größer ge-
wesen sei als der jetzt lebenden. Doch finden sich auch noch Elephan-
ten in Heerden von 300 Stück und Bisonochsen von 10000 Stück.
Die columbae peregrinatoriae bilden ganzen Wolken welche
Nordamerika durchziehen.*) Das merkwürdigste Beispiel der
Ausbreitung der Vögel zeigt die Südsee; hier sah ich manchmal
5 Stunden lang eine Wolke von Seevögeln über einen Punkt
fortziehen; ihre Excremente bilden Schichten von 25 bis 30″.
Wenn man aber die Thiermaßsse mit der Pflanzenmaßsse vergleicht,
so ist freilich die letztere immer größer. Eine wichtige Frage
ist: ob es irgend ein Thier gäbe, welches über den ganzen Erdkörper
verbreitet ist. Ehrenberg nennt 15 Infusionsthiere, welche
dieselben sind in Europa und allen übrigen Erdtheilen. Weit
verbreitet, doch nicht überall finden sich gewiße Insekten: so
papilio cardio in Amerika, Europa, Ostindien. sphinx atropos
u. a. m. Von den Sumpfvögeln findet sich tringa pugnax
u. einige andere in allen temp:erirten [u.]und d[.]er Tropen-Zone, aber nicht
in den arctischen Regionen, v. Von trix argula meinte Cuvier
dasselbe, doch ist die amerikanische wohl eine andere Species
als die der alten Welt. Von den höhern Organisationen finden
sich, diese Sumpfvögel ausgenommen, keine zugleich in den Tropen
der neuen [u.]und alten Welt. In der temperirten Zone finden sich ver-
schiedene welche man für gleich hielt; doch ist in neuerer Zeit gefunden,
daß sie verschiedene species sind, nur Rennthiere und Elenthiere machen
eine Ausnahme. Früher meinte man der amerikanische Bisonochse sei
unser Auerochse; doch ist dies ganz falsch. Die Sumpfotter scheint wirklich
dieselbe zu sein.
Ob die nördliche [u.]und südliche Hemisphaere dieselben species von
Thieren hat? Der Lämmergeier, merops oleaster u. a. m. finden
sich in unserer temp:⎡erirten Zone [u.]und in der temp:erirten Zone Afrikas; von
einigen Taubenarten soll dasselbe gelten. Die tropischen Formen
verbreiten sich mehr nach der süd[l:]lichen als nach der nörd[l:]lichen Hemisphaere.
Wie die temp:⎡erirte Zone Nordamerikas durch herrliche Pflanzen ver-
schönt ist, so sind auch hier noch tropische Thierformen zerstreut z. E.
Kolibri [u.]und manche Schmetterlinge. Mackenzie fand Kolibri 44°54°
N. B. also in der Breite von Königsberg [u.]und Danzig; 45° S. B. hat King
sie wieder gefunden in der magellanischen Meerenge.
Auch ersetzende Formen giebt es unter den Thieren. Ich
erinnere nur an den asiatischen [u.]und afrikanischen Elephanten; den
erstern hat man selbst dem genus nach von letztern zu unterscheiden
gesucht; er hat eine andere Krone der Zähne [u.]und Höhe der Stirn.
So auch mit Rhinozerosarten: rhinoceros unicorne [u.]und am Cap [u.]und
in Sumatra 2 hörnige; so Tapir die nicht bloß in Amerika
sondern auch in Malacca [u.]und Sumatra gefunden sind. Auch mit
Vögeln z. E. Strauße in Amerika [u.]und in Afrika, und mit den
Amphÿbien ist es nicht anders, so Boa [u.]und Python im Schlangengeschlecht.
Ebenso ist es mit den Insekten; pullex penetrans hat in Amerika
eine bestim̃te Höhe; sie fangen an bei 900′ Höhe [u.]und kom̃en nicht
mehr vor höher als 4000′.
Zahlenverhältniße. Vögel 5 mal mehr als Säugethiere;
in der Vorwelt gab es 128 Säugthiere mehr als jetzt. Vögel- [u.]und
Amphibien-Zahl nimmt gegen die Tropen hin schneller zu als die
der Säugthiere. Gegenwärtig verhalten sich die wiederkäuenden
zu den reißenden Thieren wie 3 : 1. Pachidermen jetzt 16 bis 18 species
in der Vorwelt 55 sp[:]ec: mehr. Auch Insekten sind untergegangen,
solche findet man im Bernstein. Die Form der Kenguru und
andere neuholländische Formen sind nicht so einzeln dastehend
als man meinte; so finden sich auf der Insel Aroe nahe bei Benda
Ke[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ngurus. Am indischen Archipel ist es merkwürdig, daß er
so große unter seinen einheimischen Thieren zählt; statt daß
andere sporadische Inseln nur kleine haben; gewöhnlich Nagethiere
oder Affen. Im indisch[:]en Archipel finden sich die größten Thiere:
Elephanten, Rhinozeros, Tapirs [u.]und dadurch kündigt es sich als ein
abgerißenes Continent an.
Am weitesten verbreitet von allen höhern Organisationen ist
der Mensch, nicht wegen seiner verschiedenen Organisation, sondern
seiner Intelligenz wegen. Unter den hellern Racen findet sich
freilich eine größere Flexibilität; nur wenige Negerarten machen
eine Ausnahme. Doch diese Flexibilität die sich bei rohen Völkern
nicht findet, ist gewiß Folge einer höhern Willenskraft nicht
der phÿsischen Anlagen des Menschen selbst. Die phÿsische Natur
des Menschen ist fast nicht unterschieden von den anderen Säugthier-
formen. Seine Blutwärme ist nach John Davÿ eher kälter als
wärmer denn die andereer Thiere. Wunderbar ist, daß man in
der Blutwärme der Menschen die nur vegetabilische Stoffe ge-
nießen [u.]und der, die nur Fleischspeisen eßssen keinen Unterschied
findet. ([…]Man mißt die Blutwärme, indem man d[.]as Thermometer
unter der Zunge hält.) Vögel, namentlich Hühner [u.]und Tauben haben
das wärmste Blut. Die kaltblütigen Thiere haben immer noch
einige Temperatur gewöhnlich +3 oder 4° über die Temperatur des me-
diums in dem sie sich aufhalten. Auch die Insekten haben eine
gewiße Wärme. Die kleinen Unterschiede welche man bei den
verschiedenen Menschenracen in Rücksicht auf die Blutwärme
findet, scheinen bloß Folge der Zone zu sein. Auch die Puls-
schläge sind dieselben bei den verschiedenen Racen [u.]und in den ver-
schiedenen Höhen. Die Flexibilität des Menschen zeigt sich recht
bei den Dampfbädern. Schon 1764 hat Tillet ein Mädchen 10 Minuten
in einem Ofen bei +105° R. eingesperrt, wo die Kartoffeln
siedeten, [u.]und es nahm keinen Schaden. Auch Capt: Fips ist aus
−30° R. in Schweißbäder von +102½° R. gegangen [u.]und hat es
dort ausgehalten. Seine thierische Wärme stieg um nichts obwohl
die Pulsschläge zunahmen. Vermöge dieser B[unleserliches Material]eugsamkeit der
Organe vermag der Mensch auch ganz verschiedene Lutftdrücke
aus⎡zuhalten. Menschen leben von −40° bis +105°R.
Die neuern hist[:]⎡orischen Entdeckungen haben ein unerwartetes Licht
verbreitet namentlich über die Bewohner Europas. Man hat früher
verwechselt was bloß vorgeschicht[l:]lich ist mit dem was die wirkl[l:]liche
Beobachtung der Erscheinungen giebt. Beides wollen wir hier
trennen: das was zum Causalzusammenhang gehört [u.]und das
was Geschichte [u.]und phÿs[:]ische Betrachtung der Menschenracen darbietet.
Daß es die Intelligenz ist welche dem Menschen die unge-
heure Flexibilität giebt, beweisen die wilden Völker. So ist
es gefährlich die Indier von den Andes in die Ebene und die
Ebenenbewohner auf die Andes zu bringen; sie werden sicher
sterben. Ganze Völker leben von −40° bis +35° jene in Grön-
land diese in Mosul.
Lange glaubte man, daß den Menschen allein Stimm-
werkzeuge gegeben wären welche zu artikulirten Sprachen
führen [u.]und wollte hierin einen organischen Unterschied
von den Thieren finden; so meinte Campe, daß die Affen
eine ganz andere larinx hätten als wir. Doch ist dies nicht
der Fall. Die Ursache warum sie nicht reden ist wohl, weil
sie nichts zu reden haben. Die Thiere haben Gefühl, die Menschen
artikulirte Töne [u.]und der Unterschied liegt nicht in den Sprach-
werkzeugen, sondern in der Anlage der Seele zur Sprache, wie
Rudolphi dies gezeigt. Eigentlich characterisirt wird der Mensch
nur durch seine Intelligenz. Sonst ist noch auffallend das Ueber-
gewicht des Gehirns und die Stimmung zum aufrechten Gange;
das Uebergewicht des Schädels gegen die Ausbildung der Kau- u. Riech-
Organe kommt noch hinzu. Der Unterschied der Gesichtslinie ist
sehr groß: bei der kaukasischen Race 80–85° bei den Negern fällt
sie bis 70° bei den Neuseeländern nach Lecon [u.]und Garriot bis
65°. Doch hat kein Affe nach Sommering über 58°, bei dem Men-
schenähnlichen Jocko 50°. Man meinte dem Menschen allein fehle
ein Knochen in dem die Schneidezähne liegen [u.]und dieses sollte ein
unterscheidendes Zeichen sein, doch fehlt er auch bei einigen Affen.
Was das Verhältniß des Gehirns zu den Nerven anlangt, so hat
Meckel gezeigt, daß bei den Negern⎡ die Nerven des 5ten Paares dicker sind
zum Verhältniß gegen das Gehirn, als bei uns [u.]und das wäre wohl
eine Annäherung zum thierischen Character. Andre Abweichungen
sind: großes Hervorragen des Unterkiefers; regelmäßige An-
wesenheit des Hirnsandes, doch letzteres findet sich auch bei dem
Dammhirsche; schiefe Lage des Herzens, große Ausbildung der
Nase doch diese hat auch Simia rostrata, v. Von der
Nase meinte Delam̃etirie alle Affen würden sie haben, wenn
sie sich nur schnäuzten.
Etwas liebloses nicht nur, sondern auch etwas ganz unwah-
res [u.]und falsches ist die Hÿpothese von dem Aufsteigen der Men-
schenracen womit besonders Meiners sich beschäftigt hat, der
vom Jocko anfängt, die Verwandschaft desselben mit dem
Waldneger, Buschmann etc: zu den Patas in Neuguinea
nachzuweisen sucht [u.]und denn aufsteigt durch die unvollkommenen
Racen, wie er sie nennt, bis zu der kaukasischen. Was die
große Menschenähnlichkeit der Affen anlangt, so war man lange
ungewiß wegen des Thieres den man Ourangutang nennt;
jetzt ist erwiesen, daß es nur das Junge eines schlimmen, häßlichen
Affen ist. (Orang heißt verständig utang waldisch, vom Walde,
in der malaÿischen Sprache.) In neuerer Zeit haben wir sie mehr-
mals lebendig gehabt; man meint, daß sie 3–4′ im Vaterlande
erreichen; Tilesius, Cuvier, Rudolphi haben ihn untersucht [u.]und
fast zur Evidenz erwiesen, daß dies liebliche Thier in seinen
alten Jahren ein sehr häßlicher, ungestalter Affe wird; die hohe
Stirn tritt zurück [u.]und er ist der schreckliche Pongo. Ein anderer
menschenähnlicher Affe ist der Jocko: Simia troglodytes diesen
hat man so weit abgerichtet, daß er bei Tische aufwartet, Caffe
[u.]und Thee trinkt etc: doch hat er in seiner Figur weniger men-
schenartiges als d[.]er Urangutang. Die Geschichten von der Klug-
heit der Affen hören immer mehr auf je mehr man sich den
Ländern nähert wo sie häufig sind. Alles dieß zeigt hinläng-
lich, daß man keine Skala von diesen Thieren zu den Wald-
negern machen kann.
Ob es bei dem Menschengeschlecht nur eine species gäbe,
ist eine Untersuchung mit der man sich seit 80 Jahren viel
beschäftigt hat. In früherer Zeit ward sie verwechselt mit
der Untersuchung über die Verwandschaft der Sprachen.
Die letztere ist ein sehr trügliches Zeichen für die Abstammung
der Völker. Wenn Leibnitz schon diese Untersuchungen verwechselt,
so ist dies in neuern Zeiten noch mehr geschehen z. E. in Vaters
Mithridates u. a. m. Die Griechen [u.]und Römer unterscheiden nur
Eingebohrne [u.]und Eingewanderte. In Afrika gab es vor der Ein-
wandrung der Saracenen saec: 7. schon zu 3 oder 4 malen Einwan-
derungen von weißen Menschenracen; die frühste die Perser
[u.]und Meder; deann die Hÿksos, später die Vandalen von denen sich
im westlichen Theil des Atlas noch Reste finden. Die Idee von der
Einheit des Menschengeschlechts ist erst durch das Christenthum herr-
schend geworden [u.]und überhaupt ist durch dasselbe erst der Begriff:
Menschengeschlecht entstanden. Als Amerika entdeckt wurde,
entstand zuerst die Frage ob die hier entdeckten Menschen, welche
Waldmenschen waren die nicht einmal Viehzucht kannten aus Man-
gel an wiederkäuenden Thieren, für Menschen zu halten wären,
oder ob man sie nicht als Thiere gebrauchen dürfe. Jetzt sprachen
einige Bullen der Päbste wiederum die Einheit des Menschen-
geschlechts aus. Wenn die Sklaverei nun wohl zunahm [u.]und die
Guauchen und Karaïben, später Neger auf die Märkte gebracht
wurden, so muß man dies nur als Folge des Bedürfnißes
der plötzlich erwachenden Industrie betrachten [u.]und der Ausartung
des Christenthums bei großem Reichthum.
In Rücksicht auf den Causalzusammenhang giebt es 2
Möglichkeiten der Entstehung des Menschengeschlechts:
1., Entweder giebt es einen Urtÿpus, der durch Degeneration [u.]und Ein-
wirkung des Klimas Varietäten gebildet hat oder
2., es sind mehr wahre Tÿpen der Bildung gleichzeitig gewesen. Im
ersten Fall ist von Pallas u. a. angenommen, daß die schwarze
Farbe die ursprüngliche sei. Diese legten ihrer Behauptung die
Bemerkung zum Grunde, daß wilde Thiere, wenn sie gezähmt
werden von der dunkeln zur lichten Farbe übergehen. Diese
Behauptung würde wohl wenig Beifall finden bei uns, wie die
entgegengesetzte bei den Bewohnern von Sudan und Bornu,
wurden doch die schwarzen Damen in Bornu übel als sie Herrn
Denham erblickten, sowohl über seine Hautfarbe als die Größe
seiner Nase. Die Ideen von Häßlichkeit [u.]und Schönheit sind Gewohn-
heitsideen und durch Volkseigenschaften vielfach modificirt. Aber
es giebt doch Begriffe von Schönheit welche von dem Eindruck auf
diesen oder jenen Volksstamm unabhängig sind. Den Schwarzen
wird ein zarter Reiz entstehen, nemlich das Erröthen; bei den
Frauen von Kongo findet sich wohl eine leise Spur hiervon,
doch bei den meisten ist die tiefe Schwärze ein rechtes Zeichen
des Blühens [u.]und der Gesundheit. Die Geschichte reicht nicht so weit
hinauf und der Streit kann also nicht geschlichtet werden, so wenig
als der, ob alle Sprachen von einer Ursprache abstammen, oder
alle Schrift von einem Uralphabeth. Es giebt übrigens keinen
absoluten Grund, warum man die Abstammung aller
Menschen von einem Paar läugnen sollte.
Die Zeit der Pubertät ist verschieden zwar bei den ver-
schiedenen Racen, wohl in Folge des Einflußes des Klimas,
299
die Zeit der Gestation indeß ist bei allen Menschen, in
allen Zonen gleich. Wenn die Alten gleichwohl nur Autochthonen
u. Eingewanderte unterschieden, so unterscheiden sie doch auch die
Verschiedenheiten eines Stamms von dem andern, die in Folge
des Klimas hertortraten; so sagt Tacitus in s.einem Agricola
von d[.]en Galliern: durans originis vis. Dem Studium der
Menschen überhaupt stellte sich bei ihnen entgegen die Verachtung
der Barbaren, welche sich auch darin zeigt, daß sie sich um die
Sprachen gar nicht kümmerten.
Daß die jetzigen Tÿpen feststehend sind, zeigt die Bemerkung,
daß die Neger sich in nördlichen Gegenden vollkom̃en erhalten
mit allen ihren Eigenheiten; eben so ist es falsch, daß die Portu-
giesen in Afrika allmählig schwarz geworden wären. So
findet sich in Patagonien, neben den schönen großen Patagoniern
die 5′ 8″ messen, ein kleiner Menschenstamm der kaum
4′ mißt; so in Südafrika kleine Hottentotten neben den
großen Kaffern. In Schottland derselbe Unterschied zwischen
den blonden Pikten [u.]und den schwarzen galischen Hochländern.
Man hat mit rRecht gesagt, daß man wohl gar nicht auf die Idee
der verschiedenen Racen gekommen wäre, wenn es keine
Neger gäbe; aus den Extremen gehen zuerst solche Bemer-
kungen hervor.
Man hat die Menschen geschieden:
Nach der Hautfarbe zerfielen sie, in die
An die Einwirkung des Klimas auf die Hautfarbe mußte man
sehr früh denken, weil man von Norden ins Innere Afrikas hin-
einkam [u.]und je südlicher man kam, desto dunklere Menschen fand.
So sagte Plinius: der Mensch werde von der Sonne gefärbt und
Buffon: der Mensch trage das Kleid des Klimas dem er angehört.
Was das Haar anlangt, so theilt man ab in Menschen mit
schlichten Haaren, wie die Amerikaner, die dadurch von der
mongo[l:]lischen Race sich unterscheiden, mit lockigen Haaren, wie die
kaukasische Race, mit wolligen wie die Neger; doch nicht alle Neger
haben wolliges Haar; in Sudan giebt es viele mit schlichten.
Die Bemerkung der faciallinie hat [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]auf die Affenartigkeit der
Menschen geführt. Kampe hat diese Gesichtslinie bestimmt;
zwischen 85 bis 70° die weißen Menschen; nur 65° bei denm
Neuseeländer, die, außer dieser zurückgebogenen Stirn, sonst
schöne Leute sind.
Was die Analogie [u.]und Verschiedenheit der Sprachen an-
langt, so berufe ich mich auf das Werk meines Bruders: über
Bau [u.]und Verschiedenheit der Sprachen in allen Welttheilen.
Blumenbach macht obige 5 Abth[:]⎡eilungen Cuvier nur 3: weiß, gelb, schwarz;
dieser Abtheilung will ich hier folgen:
1., Die weiße Menschenrace ist characterisirt durch höchste Civi-
lisation des Abendlandes; in ihren Zweigen, nemlich dem
aramäischen und semitischen sind die 3 verbreitetsten Religionen
entstanden. Die schönsten Menschen dieser Race finden sich in Geor-
gien [u.]und Tschirkassien, früher in Hellas. Der Name kauka-
sisch ist nicht gut gewählt, denn die Osseten ausgenommen, sind
alle Völkerstämme des Kaukasus finnischen Ursprungs.
Freilich sind im obern Gebirge des Kaukasus einige Ueber-
bleibsel vieler Völkerschaften sitzen geblieben, daher sich dort
so verschiedene Sprachen finden. Zu dieser weißen Race ge-
hören alle jetzigen Bewohner Europas, auch die Lappen [u.]und
Tschudischen Stämme, welche man fälschlich mongolischen Ur-
sprungs hielt. Man kann kaum alle Stämme Europas auf
5 oder 6 bringen. Fangen wir im Westen an, so folgen sie so:
Zu den Finnen oder Tschuden gehörten auch die Hunnen,
welche man fälschlich mit den Hiong-hus verwechselt hat.
Diese Hunnen geben uns freilich keine glänzende Idee von den
zuerst aus Asien hervorgekommenen tschudischen Stämmen.
Sidonius v. Apollonia Bischof von Clermont beschrieb sie
saec. 6: oculis absentibus, andere sagten: oculi sicut puncti.
Die Namsenlosigkeit war Folge eines frühern Eindrucks der
Nase. Zu dem finnischen Stamm gehören auch gewiß die Mat-
scharen in Ungarn, ein sehr schöner Menschenschlag, wahrschlicheinlich
hervorgegangen aus einer Mischung mit den Türken, welche
viele andere Stämme auch verschönert haben wovon ein Beispiel
die schöne Familie des Groß-Moguls in Indien war.
Zu dieser kaukasischen Race sollen auch noch gehören: die Araber,
Perser, Indier, Abÿßssinier. Wie schwer es ist, diese alle hier
unterzubringen, sieht jeder leicht ein.
Die Zahl der ganzen Race
giebt man an auf 440 Millionen von denen ¼ indischen Ur-
sprungs sind. Ihre Sprache besteht in Europa aus 3 Stämmen: der
baskischen, Sanscrit [u.]und finnischen. Unter Sanscrit verstehen
wir denn sowohl die indogermanischen als auch die pelasgo-
germanischen, slavischen [u.]und keltischen Sprachen. Wollen wir
mehre Stämme annehmen, so würden wir haben:
Neuere Entdeckungen in chinesischen Geschichtsbüchern
haben gelehrt, daß 200 v. C. germanische Stämme, mit blauen
Augen und gelbem Haar, die Usius an der chinesischen Mauer
die Völkerwanderung angefangen haben. Ebenso auffallend
ist es, daß die Kirgisen im innern Asien, welche im Osten mit
den Usius vorkamen, zu den germanischen Stämmen gehören.
Von ihnen rühren die Inschriften zwischen denm Jenisey [u.]und
der Lena her, welche viel Aehnlichkeit mit der Runenschrift
haben, auch sind sie blond [u.]und blauäugig, reden indeß jetzt
türkisch; doch die Sprache beweiset nichts, denn z. E. die Bucharen
welche gewiß nicht germanischen Ursprungs sind, reden
persisch, also germano-indisch.
2., Die gelbe Menschenrace. Sie umfaßt: die Mongolen, Chinesen,
Japanesen, Malaÿen oder alle nicht negerartige Bewohner
der Südsee, wenigstens 400 Mill[:]ionen Menschen. In ihr sind die
größten Weltreiche entstanden, so Attilas, Tamerlans,
das der Chinesen. Mongolen [u.]und Tartaren sind sich gleich. Meiners
hielt sie für ganz verschieden. Doch ist gewiß, daß die Mon-
golen, welche 1141 bei Wahlstatt vom Herzog Heinrich dem
Frommen geschlagen wurden Tartaren genannt wurden. Ihr
Name ist richtiger Tataren u. das r kam nur hinein als
Ludwig der Fromme schrieb, es werde nicht eher Heil zu finden
sein, als bis dieser Stamm: ad tartares suas sedes zurück-
getrieben sei. Die Verwechselung der Tartaren mit den
Türken rührte daher, weil in Dschingis Kan Heer sehr viele
Türken mitfochten; so besetzten ihnen unterworfene Türken
einen Theil des südlichen Rußlands.
3., Die schwarze Race, Aet[unleserliches Material]hiopes. Eine Kette schwarzer Völker
zieht sich östlich von Ceylon anfangend durch Malacca, Neugui-
nea (doch hier sind sie nur im Littoralbesitz [u.]und heißen Pampus;
die Bewohner des innern Theils, Eudamenen sind ähnlich den
Neuholländern)[,] Van Diemensland, Neu Irland, Neubrit-
tanien finden sich nicht immer beisammen, nemlich Hautfarbe,
Wollhaar [u.]und plattgedrückte Nase; nicht einmal im innern Afrika
ist es so. Hier giebt es pechschwarze Menschen mit europäischer Gesichts-
bildung; dagegen sind die Fellas bloß wie Araber, haben aber Woll-
haar [u.]und Negerbildung. Die Kaffern haben Wollhaar [u.]und schöne Ge-
sichtsbildung. Die Bewohner Neubrittaniens sind blasser, haben
sehr zurückliegende Stirn, Wollhaar [u.]und europäische Nasen.
Neu-Guinea ist die letzte von Negern bewohnte Insel, die übrigen
Inseln Polynesiens sind von einem hellen schönen Menschenschlag
besetzt, welcher malaÿischen Ursprungs zu sein scheint. Schon
Forster wunderte sich darüber, daß man mitten unter diesen
sanften, schönen, so schwarze bösartige Menschen finde. Das war
La Payrouse’s Unglück, daß er gerade bei diesen scheiterte; 20
Meilen weiterhin wäre er gewiß sehr gut aufgenommen worden.
Die schönsten Menschen der Südsee sind die von Neu-Carolina; ihr Schädel
soll nach Cuvier viel Aehnlichkeit mit dem mongolischen haben.
Also in Polÿnesien finden wir 3 Racen: nördlich vom Aequator:
mongolische Anklänge; westlich von Neuguinea schwarze, häßliche,
grausame Menschen; deann östlich die malaÿische, hübsche Menschen-
race.
Trennt man von den Mongolen die Amerikaner und Malaÿen,
so kommt man auf die ältere Eintheilung in 5 Stämmen. Die
Amerikaner sind merkwürdig, weil sie so abgeschloßssen in einem
Welttheile sich befinden, von 58° N. B. bis 60° S. B. mit großer
Aehnlichkeit der Körperform und der Agglutination der Worte.
Doch von ihnen verschieden sind die Bewohner des nördlichen
Theiles von Amerika; diese sind kaukasischen Stammes. Die
Eskimos [u.]und Grönländer sind tschudischen Ursprungs. Blumenbach
meinte es gäbe einen eigenen polarischen Stamm [u.]und rechnete
hinzu die Samojeden, Lappen [u.]und Eskimos. Doch jedes dieser Völker
gehörte einem besondern Stamm an; die Lappen dem finnischen;
die Samojeden von denen viele weiß [u.]und schlank andere klein [u.]und
häßlich sind, den Mongolen; Eskimos dem ächtkaukasischen Stam̃.
Unter den Ureinwohnern Amerikas ist in Hinsicht der Farbe der
Unterschied, daß die welche in temperirter Zone oder großer Höhe leben,
nicht wie man meinen sollte weißer sind als die in der heißen
Ebene, sondern umgekehrt; so sind die nördlichen Mexikan[unleserliches Material]er welche
bei 7000′ in sehr wildem Klima wohnen dunkler als die Bewohner
der glühenden Orinocowälder die Guaynas blancas. Was
den Schädel anlangt, so hat man in neurer Zeit entdeckt, daß
der thierähnliche Schädel der Caraiben nur Werk der Kunst ist,
da die Kinderköpfe zwischen 2 Brettern gepreßt werden. An
der Westküste von Nordamerika z. E. in Norfolksund findet sich
ein blauäugiger Stamm, welchen Marchand zuerst beobachtet hat.
Hängt er vielleicht mit dem indo-germanischen Stamm der
Usius zusammen? Eine andere sonderbare Form der Ameri-
kaner findet man an ihren Monumenten, besonders in den
Paleuge’s Ruinen in Guatimala, nemlich die ungeheure
Größe der Nase. Man sollte glauben, daß dies nicht bloß
phantastische Grille ist, sondern daß es wirklich solche Menschen gegeben
habe.
Gehen wir in die Geschichte zurück, so sehen wir, daß die
größte Kultur nicht immer diesen Stämmen zugehörte. Bei den
(mongolischen) Chinesen und den (kaukasischen) Aegÿptern ent-
standen ja zu gleicher Zeit die Wissenschaften und technischen
Künste. Zu gleicher Zeit leuchteten Kulturblitze auf in Indien,
am Euphrat, in Iran , in China, Abÿßssi[unleserliches Material]nien, Etrurien. Bei der
Verschiedenheit der Kultur sehen wir zugleich, daß es nicht die
Abstammung ist, sondern vielmehr die Verhältnisse welche sie
hervorbrachten. Bei den Völkern wo Kastenwesen und
Despotismus herrscht, sehen wir mehr eine Maßssencultur;
die schönste Kultur, die der Individuen findet sich nur bei
Freiheit der Individuen.