Polarisierter Wohninvestmentmarkt gewinnt an Fahrt
In den ersten drei Quartalen des Jahres 2024 wurden in Deutschland Wohnimmobilien für etwa 4,8 Mrd. Euro gehandelt (Transaktionen ab 50 Wohnungen). Das waren 5 % weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum (siehe Abbildung unten).
Während das Transaktionsvolumen in etwa auf Vorjahresniveau lag, nahm die Zahl der Transaktionen um 42 % zu (siehe Abbildung unten). Auch wenn es sich im Transaktionsvolumen noch nicht niederschlägt, nehmen wir wieder mehr Nachfrage am Wohninvestmentmarkt wahr. Viele Investoren gehen davon aus, dass die Preise ihren Boden gefunden haben und Wohnimmobilien angesichts weiter steigender Mieten langfristig wieder an Wert gewinnen werden. Neben risikoaversen Käufern sind auch Bestandsentwickler zuletzt wieder aktiver geworden. Für die kommenden Monate gehen wir von einer weiter steigenden Aktivität am Investmentmarkt aus.
Angebotsknappheit und steigende Mieten treiben Kapitalwerte
Auf dem Nutzermarkt bleiben die Rahmenbedingungen für Vermieterinnen und Vermieter günstig. Die Angebotsmieten sind seit Jahresbeginn etwas langsamer, aber auf hohem Niveau weiter gestiegen (siehe Abbildung unten). Zudem wurden die Mietspiegelmieten in einigen Städten kräftig nach oben angepasst.
Dass die Mietdynamik zum Stillstand kommt, ist angesichts der hohen Wohnraumnachfrage und der anhaltend rückläufigen Genehmigungszahlen im Geschosswohnungsbau (siehe Abbildung unten) aktuell nicht in Sicht.
Die sich zementierende Angebotsknappheit und steigende Mieten werden auch zu steigenden Kapitalwerten führen. Gleichzeitig dürfte die immer größere Differenz zwischen Bestands- und Neuvertragsmieten dazu führen, dass die Fluktuation sehr niedrig bleibt und Umzugspläne von Haushalten aufgeschoben werden. Mangels passender Optionen am Mietmarkt werden wahrscheinlich mehr Haushalte auf Wohneigentum ausweichen. Dies könnte dazu führen, dass im Wohnungsbau stärker auf Eigentumswohnungen umgeschwenkt wird und noch weniger Mietwohnungen nachkommen als bislang erwartet. Außerdem könnten Aufteilungs- und Privatisierungsstrategien, wo rechtlich möglich, eine Renaissance als Investmentstrategien erleben und bereits aufgeteilte Mehrfamilienhäuser dürften stärker gefragt sein.
Polarisierung zwischen Neubau und Value-Add
Im regulierten Bestand sind die tatsächlichen Mietsteigerungspotenziale aufgrund der geringen Fluktuation und der Kappung der Bestandsmieten niedriger, als es die Marktkennzahlen erscheinen lassen. Da die Kosten für Instandhaltung und Bewirtschaftung steigen, sinkt die Rentabilität dieser Wohnungsbestände, weshalb sie insbesondere von institutionellen Investoren gemieden werden. Dadurch polarisiert sich der institutionelle Wohninvestmentmarkt zunehmend zwischen Neubau bzw. jungen Beständen einerseits und Bestandsobjekten mit Value-Add-Potenzialen andererseits. Die eher risikoaversen institutionellen Investoren, aber auch Family-Offices setzen weiterhin stark auf das Neubausegment. Parallel dazu beobachten wir eine deutliche Zunahme von Value-Add-Kapital am Markt, das auf den Kauf älterer Bestände und deren anschließende Sanierung und Weiterveräußerung setzt. Bei Bestandsobjekten ohne explizite Wertsteigerungsansätze belebt sich der Markt zwar auch, jedoch ist er eher kleinteilig und von lokalen und teilweise semiprofessionellen Marktakteuren geprägt. Diese nutzen die gefallenen Einstiegspreise und setzen angesichts ihres oftmals sehr langen Anlagehorizonts auf langfristig stabile Cashflows und steigende Kapitalwerte.
In den ersten drei Quartalen entfiel rund ein Viertel des Transaktionsvolumens auf den Kauf von Projektentwicklungen. Weitere 18 % des Volumens entfielen auf den Kauf von Bestandsbauten mit Baujahr ab 2014, welche von der Mietpreisbremse ausgeschlossen sind. Damit machte das Neubausegment 43 % des Transaktionsvolumens aus. Zum Vergleich: Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre lag er bei 24 %. Mindestens 15 % des Transaktionsvolumens entfielen im bisherigen Jahresverlauf dagegen auf den Kauf älterer Bestände mit dem Ziel einer anschließenden energetischen Sanierung.
Private-Equity-Investoren kamen bislang kaum zum Zuge – Rückkehr der großen Kapitalströme steht noch aus
Dass die Volumina auf dem Wohninvestmentmarkt bislang unterdurchschnittlich geblieben sind, obwohl sich seit einiger Zeit eine Belebung des Marktes beobachten lässt, liegt vor allem an der Zurückhaltung vieler Investoren bei größeren Bestandsportfolios. Nachdem die Wohnimmobilien-AGs auf die Verkäuferseite gewechselt sind, standen als potenzielle Abnehmer zunächst vor allem Private-Equity-Fonds im Fokus. Diese erwarteten jedoch sehr hohe Preisrückgänge, die sich am Markt in diesem Umfang nicht eingestellt haben, so dass sie bei klassischen Immobilientransaktionen als Käufer bis dato kaum zum Zuge kamen. Ein Abnehmer größerer Bestandsportfolios war stattdessen die Öffentliche Hand, die mit einem Ankaufsvolumen von mehr als 1,4 Mrd. Euro insgesamt die aktivste Käufergruppe im bisherigen Jahresverlauf war. Auf Aufwertungen spezialisierte Investoren griffen ebenfalls bei größeren Bestandspaketen zu. Die jahrelang wichtigsten Abnehmer großer Bestandspakete, die Immobilien-AGs, scheinen sich indes stabilisiert zu haben und könnten bald wieder auf der Käuferseite stehen, was auch zu höheren Transaktionsvolumina beitragen würde. Obwohl die Rückkehr der großen Kapitalströme noch aussteht, hebt sich der Wohninvestmentmarkt dahingehend vom Gesamtmarkt ab, dass institutionelle Käufer bereits wieder eine steigende Aktivität zeigen. So erwarben Versicherungen und Pensionseinrichtungen Wohnimmobilien für nahezu eine halbe Milliarde Euro. Auf die gleiche Größenordnung kamen Family-Offices und Privatinvestoren. Angesichts der jüngst wahrnehmbaren Belebung am Wohninvestmentmarkt rechnen wir mit einem höheren Transaktionsvolumen im 4. Quartal. Insgesamt dürfte sich das Transaktionsvolumen zum Jahresende in etwa auf dem Niveau des Vorjahres (7,7 Mrd. Euro) bewegen.
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