Angeborene Koronarfisteln - Die Häufigste Angeborene Koronaranomalie

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Angeborene Koronarfisteln – die häufigste angeborene Koronaranomalie

Article  in  Zeitschrift für Kardiologie · August 2001


DOI: 10.1007/s003920170121

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7 authors, including:

Ulrike Bauer Vladimir Alexi-Meskishvili


Competence Network for Congenital Heart Defects Deutsches Herzzentrum Berlin
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Miralem Pasic
Deutsches Herzzentrum Berlin
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Pulmonary Hypertension View project

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Z Kardiol 90:535–541 (2001)
© Steinkopff Verlag 2001 KORONARFISTEL

M. Bauer Angeborene Koronarfisteln –


U. Bauer
V. Alexi-Meskishvili die häufigste angeborene Koronaranomalie
M. Pasic
Y. Weng
P. E. Lange
R. Hetzer

Congenital coronary artery fistulae coronary fistulae in 14 patients at good clinical condition (NYHA
– the most frequent congenital the Deutsches Herzzentrum Berlin I–II) after a mean follow-up period
coronary anomaly between March 1988 and April of 6.6 years (range 3-11).
1997. There were seven females Fistula closure should be per-
n Summary Congenital arterio- and seven males aged from 3 to 67 formed in patients who are symp-
venous coronary fistulae are a rare years (mean 47 years). We ana- tomatic or who have a hemody-
condition of a direct communica- lyzed the symptomatic status namic relevant shunt. In asymp-
tion between a coronary artery (NYHA class) preoperatively and tomatic patients and small left-to-
and one of the cardiac chambers, in the late outcome, the preopera- right shunt, fistula closure should
the coronary sinus, the superior tive angiographic data and the also be performed to prevent later
vena cava or the pulmonary artery. surgical techniques. complications.
In most instances the diagnosis is The right coronary artery was Surgical fistula closure should
made during heart catheterization affected in six, the left in six, and be employed in patients with
for coronary or congenital heart both arteries in two cases. The larger and more complex fistulae,
disease. Whether congenital cor- fistulae drained into the pulmo- especially if interventional therapy
onary artery fistulae should be nary artery in eight cases, into the failed, and for patients with addi-
treated by transcatheter interven- superior vena cava and into the tional cardiac conditions that ne-
tion or surgery and in which pa- right atrium in two cases, and into cessitate surgery.
tients fistula closure should be the right ventricle and into the
performed is controversial. coronary sinus once. Fistula clo- n Key words
This report summarizes our sure was unsuccessfully attempted Coronary artery fistula –
experience of the surgical treat- interventionally in two patients congenital heart disease –
ment of congenital arteriovenous and surgically in one patient in coronary anomaly –
another institution. Twelve of the arteriovenous fistula
Eingegangen: 16. November 2000 patients exhibited additional car-
Akzeptiert: 13. Februar 2001 diac disease requiring surgery: n Zusammenfassung Angeborene
seven cases presented additional Koronarfisteln sind direkte Ver-
coronary artery disease, one mitral bindungen zwischen einer Koro-
Dr. med. M. Bauer () ) valve disease, one persistent duc- nararterie und einer Herzhöhle,
V. Alexi-Meskishvili · Y. Weng · R. Hetzer
Klinik für Herz-, Thorax-
tus arteriosus, one an aneurysm of dem Koronarsinus, der Vena cava
und Gefäßchirurgie the right coronary artery, and two superior oder der Pulmonalarte-
Deutsches Herzzentrum Berlin an atrial septal defect. rie. Dabei entsteht mit Ausnahme
Augustenburger Platz 1 We performed fistula closure bei der Einmündung in die linke
13353 Berlin, Germany either by ligating or transsecting Kammer ein Links-Rechts-Shunt.
E-Mail: mbauer@dhzb.de
the fistula as well as by closure of In der Mehrzahl der Fälle wird
U. Bauer, P. E. Lange the fistula’s drainage opening. die Diagnose zufällig anlässlich
Abteilung Angeborene Herzfehler
Deutsches Herzzentrum Berlin
Surgery and postoperative courses einer aus anderen Gründen
ZFK 686

Augustenburger Platz 1 were uneventful in all patients. durchgeführten Koronarangiogra-


13353 Berlin, Germany Most of the patients (93%) were in phie gestellt. Es wird kontrovers
536 Zeitschrift für Kardiologie, Band 90, Heft 8 (2001)
© Steinkopff Verlag 2001

diskutiert, bei welchen Patienten arterie bei acht, in die obere schem Zustand (NYHA I–II).
der Fistelverschluss indiziert ist. Hohlvene bei zwei, in den rechten Der Verschluss einer Koronar-
Wir berichten über 14 Patien- Vorhof bei zwei und in den rech- fistel sollte erfolgen, wenn der Pa-
ten (7 weiblich, 7 männlich) mit ten Ventrikel und in den Koronar- tient symptomatisch ist oder ein
einem Alter von 3–67 Jahren (im sinus bei jeweils einem Patienten. hämodynamisch wirksamer Shunt
Mittel 47 Jahre) mit angeborenen In drei Fällen erfolgte der Fis- vorhanden ist. Bei asymptomati-
Koronarfisteln, die zwischen März telverschluss als Re-Eingriff; zwei- schen Patienten und bei kleinem
1988 und April 1997 zu uns über- mal waren ein interventioneller Links-Rechts-Shunt ist der Fistel-
wiesen und operiert wurden. Die Fistelverschluss und einmal ein verschluss zur Vermeidung von
Koronarfistel wurde bei acht Pa- chirurgischer Verschluss voraus- möglichen schweren Komplikatio-
tienten im Rahmen der Koronar- gegangen. Bei elf von 14 Patienten nen ebenfalls indiziert.
angiographie bei bestehender An- lagen zusätzliche Herzerkrankun- Die chirurgische Behandlung
gina pectoris, in drei Fällen bei gen vor, die der chirurgischen Be- ist vorzuziehen, wenn interventio-
der Diagnostik eines angeborenen handlung bedurften. Die chirurgi- nelle Techniken nicht erfolgreich
Herzfehlers und in einem Fall bei sche Behandlung der Koronarfi- waren, die Koronarfistel sehr groß
Mitralklappenstenose mit diag- steln beinhaltete entweder die Li- und komplex konfiguriert ist,
nostiziert. In drei Fällen erfolgte gatur der Fistel, Durchtrennung oder zusätzliche Herzerkrankun-
die invasive Diagnostik bei be- und Übernähung der Fistelenden gen in gleicher Sitzung mit be-
stehender Herzinsuffizienz und oder Übernähung der Einmün- handelt werden müssen.
Herzrhythmusstörungen. dungsstelle.
Die Koronarfistel entsprang bei Der Eingriff und der postope-
jeweils sechs Patienten aus der rative Verlauf waren bei allen Pa- n Schlüsselwörter
rechten oder linken Koronararte- tienten komplikationslos. Im Fol- Koronararterienfistel –
rie. Bei zwei Patienten lag eine bi- low up von im Mittel 6,6 Jahren angeborener Herzfehler –
koronare Koronarfistel vor. Die nach der Operation waren 93% Koronaranomalien –
Fistel drainierte in die Pulmonal- der Patienten in gutem klini- arteriovenöse Fistel

Das Ziel dieser Arbeit ist es, auf diesen selten an-
Einleitung geborenen Herzfehler hinzuweisen, die morphologi-
sche Vielfalt der angeborenen Koronarfisteln dar-
Angeborene Koronarfisteln sind mit einer Inzidenz zustellen und unsere chirurgischen Erfahrungen bei
von 0,2–0,4% aller angeborenen Herzfehler beträgt der Behandlung von 14 Patienten zu präsentieren.
eine sehr seltene Anomalie (10, 14). Sie wurden 1865
erstmals durch den Pathologen Krause beschrieben
(8). Beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen.
Diese Fisteln sind direkte Verbindungen zwischen ei- Patienten und Methode
ner Koronararterie und einer Herzhöhle, dem Koro-
narsinus, der Vena cava superior oder der Pulmonal- Zwischen März 1988 und April 1997 wurden an un-
arterie. Dabei entsteht ein Links-Rechts-Shunt mit serer Einrichtung bei 14 Patienten (7 weiblich, 7
Ausnahme bei der Einmündung in die linke Kam- männlich) angeborene Koronarfisteln chirurgisch be-
mer. Die Koronarfisteln treten meistens isoliert auf, handelt. Das Alter der Patienten lag zum Zeitpunkt
aber auch die Assoziation mit anderen angeborenen der Operation zwischen drei und 67 Jahren (im Mit-
Herzfehlern ist beschrieben (16). tel 47 Jahre).
Die Konfiguration und hämodynamische Bedeu- Es wurden retrospektiv die präoperative Anamne-
tung der Koronarfisteln können sehr unterschiedlich se, die zur Diagnostik, und die Befunde, die zur
sein. Oft bleiben die Patienten bis ins Erwachsenen- Operation geführt hatten, analysiert. Die Beschrei-
alter asymptomatisch und fallen lediglich durch das bung der Fistelkonfiguration erfolgte anhand der Ko-
systolisch-diastolische Herzgeräusch auf. Obwohl die ronarangiogramme und der Operationsberichte.
Hälfte der Patienten im Verlauf eine Herzinsuffizienz Im Follow up (3–11 Jahre, im Mittel 6,6 Jahre)
und eine Angina pectoris entwickelt und Komplikatio- wurden in fünf Fällen die Nachuntersuchungen in
nen wie Endokarditis, Myokardinfarkt und Ruptur ei- unserer Einrichtung durchgeführt und in den ande-
ner aneurysmatischen Fistel beschrieben sind (1, 3, 11, ren Fällen wurden die behandelnden Hausärzte und
16), wird die Indikation für den Verschluss angebore- die Patienten telefonisch zum postoperativen Verlauf
ner Koronarfisteln noch immer kontrovers diskutiert. befragt.
M. Bauer et al. 537
Angeborene Koronarfisteln

Ergebnisse Angina pectoris. Die übrigen elf Patienten besaßen


neben der Koronarfistel zusätzlich eine kardiale
Die Koronarfistel wurde bei acht Patienten (57%) im Grunderkrankung, welche mit Angina pectoris und
Rahmen der Koronarangiographie bei bestehender Dyspnoe einhergeht (Tab. 1).
Angina pectoris und Herzinsuffizienz, in zwei Fällen Drei Patienten erlitten ein, zwei und 16 Jahre prä-
bei der Diagnostik eines angeborenen Herzfehlers operativ einen Herzinfarkt (in zwei Fällen einen Vor-
und in einem Fall bei Mitralklappenstenose mit derwandinfarkt bei Vorhandensein von Fisteln vom
diagnostiziert. In zwei Fällen erfolgte die invasive Ramus interventricularis anterior (RIVA) zur Pulmo-
Diagnostik bei bestehender Herzinsuffizienz und nalarterie und gleichzeitiger Koronarsklerose des
Herzrhythmusstörungen. In keinem der Fälle be- RIVA und in einem Fall einen Hinterwandinfarkt bei
stand vor der invasiven Diagnostik die Verdachts- einer Fistel vom linken Hauptstamm zur Pulmonal-
diagnose einer Koronarfistel, obwohl in neun Fällen arterie und Sklerose des RIVA).
ein systolisch-diastolisches Geräusch festgestellt wor- Bei einem Patienten (Fall 3) war im Alter von 33
den war. Jahren (24 Jahre vor dem Fistelverschluss) wegen
Bei drei Patienten (Fall 3, 9 und 13) fand man bei einer Endomyokarditis eine längere stationäre Be-
der invasiven Diagnostik lediglich eine Koronarfistel, handlung erfolgt. Der Patient hatte in diesem Zeit-
die als ursächlich für die vorhandene Symptomatik raum eine dekompensierte Herzinsuffizienz und
angesehen wurde. Einer dieser Patienten hatte neben Herzrhythmusstörungen. Ohne invasive Diagnostik
den Symptomen für eine Herzinsuffizienz auch eine war eine konservative Therapie erfolgt. Dieser Pa-

Tab. 1 Demographische Daten, Symptome und assoziierte Herzerkrankungen. [(AP – Angina pectoris; ASD – Vorhofseptumdefekt; CCS – Canadian Cardiovasc
Society classification; w – weiblich; m – männlich; RIVA – Ramus interventricularis anterior; LMT – Hauptstamm der linken Koronararterie; NYHA – New York
Heart Classification; PDA – persistierender Duktus arteriosus; RA – rechter Vorhof; RCA – rechte Koronararterie; RV – rechter Ventrikel; SC – Sinus coronarius;
SVC – Vena cava superior; SVT – supraventrikuläre Tachykardie; HWI – Hinterwandinfarkt; VWI – Vorderwandinfarkt; VT – ventrikuläre Tachykardien])

Pat. Alter Geschl. Präoperativer Status und Fistel Assoziierte Follow-up Spätpostop. Status
(Jahre) Begleiterkrankungen Shunt Qp/Qs Herzerkrankungen (Jahre)

1 61 m AP (CCS III), NYHA II, art. Hypertonie RIVA – PA KHK (RCA, RPLS) 8 NYHA I
1,3
2 67 w AP (CCS IV), NYHA III, syst.-diast. RIVA – PA KHK (RIVA, RCX, RCA), Z.n. 8½ NYHA II
Geräusch, IDDM, art. Hypertonie, RCA – PA VWI
Hypercholesterolämie 1,8
3 57 m NYHA III, syst.-diast. Geräusch, SVT RCA – SVC Z.n. Endomyokarditis 7 NYHA I
1,7
4 5 w NYHA II, syst.-diast. Geräusch RCA – PA ASD II 6 NYHA I
1,4
5 3 w NYHA II, syst.-diast. Geräusch RIVA – RV ASD II 7 NYHA I
1,3
6 53 m NYHA III, AP (CCS II), Hypercholesterolämie RIVA – PA KHK (RCA) 6½ NYHA II
RCA – PA
1,7
7 59 m AP (CCS III), NYHA II, art. Hypertonie, LMT – PA KHK (RIVA, RCA), Z.n. HWI 11 NYHA II, verst.
Hypercholesterolämie 1,6 an Carcinom
8 55 m AP (CCS II), NYHA III, syst.-diast. Geräusch RCA – RA KHK (RIVA) 11 NYHA III
1,6
9 54 w AP (CCS II), NYHA II, syst.-diast. Geräusch RCA –SVC Keine 3½ NYHA I, verst.
1,6 an Carcinom
10 67 w NYHA III, syst.-diast. Geräusch RCA – RA MS, Z.n. Endokarditis 7½ NYHA II
1,3
11 54 m AP (CCS II), NYHA III, Hypercholesterolämie RIVA – PA KHK (RIVA), Z.n. VWI 5 NYHA II
1,4
12 24 w NYHA II, syst.-diast. Geräusch RCA – PA PDA 6 NYHA I
1,7
13 47 w NYHA III, VT, syst.-diast. Geräusch LMT – SC Keine 3 NYHA II, keine VT
1,3
14 56 m AP (CCS III), NYHA III RIVA – PA KHK (RIVA, RIVP, RPLS) 3 NYHA I
1,4
538 Zeitschrift für Kardiologie, Band 90, Heft 8 (2001)
© Steinkopff Verlag 2001

Abb. 3 Fistel (F) zwischen dem mittleren Bereich der rechten Koronararterie
(RCA) und dem rechten Vorhof (RA)
Abb. 1 Fistelnetzwerk (F) zwischen dem proximalen Ramus interventricularis
anterior (RIVA/LAD) und der Pulmonalarterie (PA)

Abb. 4 Fistel (F) vom proximalen Ramus interventricularis anterior (RIVA/


LAD) zur Pulmonalarterie (PA)
Abb. 2 Fistelkonvolut (F) von der rechten Koronararterie (RCA) zur Pulmo-
nalarterie (PA)
Patienten in den rechten Vorhof, bei einem Patienten
in den rechten Ventrikel (RV) und in einem Fall in
tient hatte eine sehr große und stark geschlängelte den Koronarsinus. Die Konfiguration der Fistel zeig-
Fistel aus der rechten Koronararterie entspringend te ein vielfältiges Bild. Der Fistelverlauf war entweder
und in die Vena cava superior einmündend (Abb. 2). gerade (Abb. 3), stark geschlängelt (Abb. 2) oder es
Begleiterkrankungen lagen nicht vor. lag ein ausgeprägtes Fistelnetzwerk (Abb. 1) vor. Die
Eine Patientin mit gleichzeitigem rheumati- Drainage erfolgte bei einem Patienten mit zwei Öff-
schen Mitralvitium erkrankte an einer Endokarditis nungen (Abb. 1). Der Fisteldurchmesser variierte
(Tab. 1). von 2-8 mm (im Mittel 3,6 mm). Die beiden sehr
Die Koronarfistel entsprang bei sechs Patienten starken Fisteln mit 7 bzw. 8 mm Durchmesser wur-
aus der rechten Koronararterie und bei sechs Patien- den jeweils in einem Fall gefunden, bei denen als
ten aus der linken Koronararterie (RIVA n=4, Haupt- Ursache für die Symptomatik nur die Koronarfistel
stamm n=2). Bei zwei Patienten lag eine bikoronare diagnostiziert wurde (Tab. 2).
Koronarfistel vor (Ursprung aus RIVA und rechter In drei Fällen erfolgte der chirurgische Fistelver-
Koronararterie (RCA)). Bei acht Patienten drainierte schluss als Re-Eingriff. Bei einem Patienten war ein
die Fistel in die Pulmonalarterie (PA) (Abb. 4), bei chirurgischer Fistelverschluss mittels Fistelligatur in
zwei Patienten in die obere Hohlvene (SVC), bei zwei einer anderen Einrichtung vorausgegangen und bei
M. Bauer et al. 539
Angeborene Koronarfisteln

Tab. 2 Fistelkonfiguration, chirurgische Technik. [ASD – Vorhofseptumdefekt; te der Fistelverschluss ohne Hilfe des kardiopulmo-
ACVB – Aortokoronarer Bypass; RIVA – Ramus interventricularis anterior; nalen Bypasses erfolgen (Patient 3). Bei allen ande-
LMT – Hauptstamm der linken Koronararterie; PA – Pulmonalarterie; PDA –
persistierender Duktus arteriosus; RA – rechter Vorhof; RCA – rechte Korona- ren Fällen wurde die Operation mit Herz-Lungen-
rarterie; RV – rechter Ventrikel; SC – Sinus coronarius; SVC – Vena cava supe- Maschine, mäßiger Hypothermie, antegrad ver-
rior] abreichter kalter kristalloider Kardioplegie und topi-
scher Kühlung des Herzens durchgeführt.
Patient Fistel Fistelkonfiguration Chirurgische Behandlung Die Koronarfisteln wurden mit verschiedenen chi-
(n = 14)
rurgischen Techniken, je nach Art der Fistelkonfigu-
1 RIVA – PA 3 mm Ø, Fistelnetzwerk, Fisteldurchtrennung; ration und -größe verschlossen. Bei vier Patienten
2 Fistelöffnungen Verschluss der Fistelöff- wurden die Fistel durchtrennt und die Enden über-
(Abb. 1) nungen durch die PA; näht, in drei Fällen erfolgte eine Ligatur der Fistel.
ACVB Die Fistelöffnung wurde bei vier Patienten in der
2 RIVA – PA 2 mm Ø, gerade Fistelligatur; Pulmonalarterie, bei einem Patienten im rechten
RCA – PA 4 mm Ø, geschlängelt Fisteldurchtrennung;
ACVB Vorhof und bei einem Patienten im rechten Ventrikel
3 RCA – SVC stark geschlängelte Fistel, Fisteldurchtrennung übernäht. Zusätzlich zur Fisteldurchtrennung erfolg-
8 mm Ø (Abb. 2) te bei einem Patienten der Verschluss der Fistelöff-
4 RCA – PA 2 mm Ø, gerade Katheterverschluss ver- nung in der oberen Hohlvene (Tab. 2).
sagte, Verschluss der
Fistelöffnung durch die
PA, ASD-Verschluss
5 RIVA – RV 4 mm Ø, geschlängelt Verschluss der Fistelöff-
n Follow up und mittelfristige Ergebnisse
nung durch die Trikuspi-
dalklappe mit Die Operation und der postoperative Verlauf waren
U-Patch-Nähten, Fistel- bei allen Patienten komplikationslos. Im Spätverlauf
ligatur, ASD-Verschluss starben zwei Patienten an malignen Neubildungen
6 RIVA – PA 2 mm Ø, geschlängelt Katheterverschluss ver- (Leber- und Kolonkarzinom) 11 bzw. 3,5 Jahre nach
RCA – PA 2 mm Ø, gerade sagte, Fistelligatur, ACVB
7 LMT – PA 4 mm Ø, gerade Verschluß der Fistelöff- der Herzoperation.
nung durch die PA, Bei der letzten Kontrolluntersuchung waren die
ACVB drei Patienten, bei denen als alleinige Operationsindi-
8 RCA – RA 2 mm Ø, gerade, kurz Fistelligatur, ACVB kation die Koronarfistel vorhanden gewesen war in
9 RCA – SVC 7 mm Ø, kurz Verschluss der Fistelöff- ihrer Symptomatik gebessert. Ebenso waren zehn wei-
nung in der SVC
tere Patienten in gutem klinischem Zustand (NYHA
10 RCA – RA 5 mm Ø, gerade, kurz Verschluss der Fistelöff-
(Abb. 3) nung durch die PA, Mit- I–II), (insgesamt 93%). Bei einem Patienten bestand
ralklappenersatz weiterhin eine schwere Herzinsuffizienz (NYHA III).
11 RIVA – PA 3 mm Ø, geschlängelt Fisteldurchtrennung, Eine erneute invasive Diagnostik zeigte einen global
ACVB hypokinetischen Ventrikel bei diffuser Koronarsklero-
12 RCA – PA 3 mm Ø, gerade Fisteldurchtrennung, se. Die Fistel war suffizient verschlossen (Tab. 1).
PDA-Ligatur
13 LMT – SC 4 mm Ø, gerade Chirurgische Ligatur ver-
sagte, Fisteldurchtren-
nung, LMT Patchplastik
14 RIVA – PA 3 mm Ø, geschlängelt Verschluss der Fistelöff-
Diskussion
(Abb. 4) nung durch die PA,
ACVB Angeborene Koronarfisteln zeigen ein breites Spek-
trum morphologischer Variationen. 55% der Koro-
narfisteln entspringen der rechten, 40% der linken
Koronararterie und bei 5% der Fälle sind beide Ge-
zwei Patienten kam es nach Katheterintervention fäße involviert. 92% der Koronarfisteln drainieren in
zum Rezidiv der Fistel. das venöse System und 8% in das linke Herz. Die
Beteiligung beider Ventrikel und Fisteln zwischen
verschiedenen Koronararterien und verschiedenen
n Operationstechniken Segmenten einer Koronararterie ist extrem selten.
Die Fisteln münden mit einer oder mehreren Öff-
Bei elf Patienten erfolgte der Fistelverschluss im nungen in die betroffene Herzhöhle ein (2, 10). Bei
Rahmen der Herzoperation bei gleichzeitiger aorto- unseren Patienten waren die rechte Koronararterie
koronarer Bypassoperation bzw. Korrektur des Herz- bei sechs (43%), die linke Koronararterie ebenfalls
fehlers. In drei Fällen wurde ein alleiniger Fistelver- bei sechs und beide Gefäße bei zwei Patienten (14%)
schluss durchgeführt. Nur bei einem Patienten konn- betroffen. Die Fisteln drainierten achtmal in die Pul-
540 Zeitschrift für Kardiologie, Band 90, Heft 8 (2001)
© Steinkopff Verlag 2001

monalarterie, je zweimal in die obere Hohlvene und 4, 6, 11, 17). Der Eingriff erfolgt über eine mediane
in den rechten Vorhof und je einmal in den Koro- Sternotomie. Die Entscheidung, ob mit Hilfe der
narsinus und in den rechten Ventrikel. In allen Fäl- Herz-Lungen-Maschine operiert wird, ist abhängig
len lag somit ein Links-Rechts-Shunt vor. von der Größe und Zugänglichkeit der Fistel und der
Nach Literaturangaben bleiben die meisten Pa- Art des geplanten Fistelverschlusses. Wir verwende-
tienten während der ersten beiden Lebensjahrzehnte ten alle beschriebenen Techniken des Fistelverschlus-
asymptomatisch. Sie fallen höchstens durch ein sys- ses sowie Kombinationen der genannten Methoden.
tolisch-diastolisches Geräusch auf. Im weiteren Ver- Nach unserer Strategie werden kleine (Durchmesser
lauf entwickeln die Patienten eine Herzinsuffizienz 2–3 mm), einfache Fisteln mittels Ligatur versorgt.
und Angina pectoris bei Links-Rechts-Shunt und ko- Größerkalibrige Fisteln sollten durchtrennt werden.
ronarem Steal-Syndrom. Komplikationen wie eine Bei Vorliegen eines Fistelnetzwerkes und schwer auf-
subakute Endokarditis, Thrombusbildung im Koro- findbaren Fisteln ist der alleinige oder zusätzliche
nargefäßsystem und Ruptur der Koronarfistel wur- Verschluss der Fisteleinmündung angezeigt. Der Ver-
den beschrieben (11, 16, 17, 19). schluss der Einmündung erfolgt nach Eröffnung der
Nach genauem Eruieren hatten unsere Patienten entsprechenden Herzkammer mittels Perikardpatch
alle präoperativ seit vielen Jahren eine Dyspnoe und oder patchunterlegten Nähten.
die Hälfte der Fälle war mit Angina pectoris sympto- Ein katheterinterventioneller Fistelverschluss mit
matisch, wobei nur in einem Fall die Angina pecto- verschiedenen Devices ist ebenfalls in einigen Fällen
ris allein auf die Fistel im Sinne des Steal-Syndroms möglich. Bei zwei unserer Patienten wurde vor dem
zurückzuführen war. Alle anderen Patienten hatten chirurgischen Eingriff ein interventioneller Ver-
zum Zeitpunkt der Diagnostik auch eine bedeutsame schluss der Koronarfistel versucht. Einer dieser Ver-
Koronarsklerose. Das Durchschnittsalter der Patien- suche scheiterte bei stark geschlängeltem Fistelver-
ten mit gleichzeitiger Koronarsklerose lag bei 58 Jah- lauf. Bei dem anderen Patienten kam es nach primär
ren. Fünf der sieben Patienten hatten zusätzliche Ri- erfolgreichem Fistelverschluss nach sechs Monaten
sikofaktoren für die Entwicklung einer koronaren zur Rekanalisation. In der Literatur wird der inter-
Herzkrankheit wie Hypercholesterolämie und arte- ventionelle Fistelverschluss als erfolgreiche Methode
rielle Hypertonie. bei kleinen Fisteln kasuistischer Fälle beschrieben
Obwohl in neun Fällen ein systolisch-diastolisches (5, 9, 13, 15).
Geräusch beschrieben worden war, bestand vor der in- Bei einem weiteren Patienten erfolgte in einer
vasiven Diagnostik in keinem der Fälle die Verdachts- auswärtigen Einrichtung der Verschluss einer kräfti-
diagnose einer Koronarfistel. In allen uns überwiese- gen Koronarfistel mittels einfacher Ligatur. Auch hier
nen Fällen war die Diagnose „Koronarfistel“ erst bei kam es im weiteren Verlauf zur Rekanalisation. Bei
der Herzkatheteruntersuchung gestellt worden. der Re-Operation wurde die Fistel durchtrennt.
Die Konfiguration der Koronararterie, aus der die Die chirurgische Behandlung ist vorzuziehen,
Fistel entspringt, und die Fistel selbst variieren stark. wenn interventionelle Techniken nicht erfolgreich
Häufig ist die Koronararterie dilatiert und hat einen waren, die Koronarfistel sehr groß und komplex
geschlängelten Verlauf. Darüber hinaus können Ko- konfiguriert ist, oder zusätzliche Herzerkrankungen
ronaraneurysmen im Verlauf der Koronararterie oder in gleicher Sitzung mit behandelt werden können.
im Bereich des Fistelursprungs vorliegen (12, 17). Die Mortalität der chirurgischen Behandlung von
Auch wir beobachteten die Assoziation mit einem Koronarfisteln ist abhängig von der Herzfunktion
falschen Aneurysma der rechten Koronararterie von des Patienten und den zusätzlichen korrekturbedürf-
3,5 cm Länge und 1,5 cm Durchmesser bei einem tigen Herzerkrankungen. In einer Literaturreview
Fall (Patient 9). Diese Patientin war präoperativ mit fand Liberthson 1979 eine Operationsmortalität von
Angina pectoris und Dyspnoe symptomatisch gewe- 4% bei 173 Patienten (11). Aktuell beträgt die Über-
sen; Begleiterkrankungen, die für diese Symptome lebensrate für den elektiven Verschluss angeborener
hätten ursächlich sein können, waren nicht vorhan- Koronarfisteln 100% (13). Alle 14 Patienten in unse-
den. Postoperativ waren keine Angina pectoris und rer Serie hatten unkomplizierte peri- und postopera-
Dyspnoe mehr vorhanden. tive Verläufe.
Gute Behandlungsergebnisse wurden sowohl mit- Bezüglich der Operationsindikation zum Ver-
tels chirurgischer Verfahren (4, 6, 11, 16) als auch schluss einer Koronarfistel herrscht Übereinstim-
mit katheterinterventionellen Methoden (5, 9, 15) mung, dass bei Patienten die symptomatisch sind,
beschrieben. Die chirurgische Behandlung von Koro- der Fistelverschluss erfolgen sollte (20). Dagegen
narfisteln erfolgt entweder durch Ligatur der Fistel, wird die Frage des Vorgehens bei asymptomatischen
Durchtrennung und Übernähung der Fistelenden Patienten kontrovers diskutiert. Der Meinung, dass
oder Übernähung der Einmündungsstelle der Fistel die meisten Koronarfisteln angiographisch klein,
nach Eröffnung der entsprechenden Herzkammer (2, hämodynamisch unbedeutsam, zu spontanen Ver-
M. Bauer et al. 541
Angeborene Koronarfisteln

schluss neigend (7) und unbehandelt mit einer guten Bei den von uns beschriebenen Fällen waren alle
Prognose verbunden sind (18), steht die Auffassung Patienten symptomatisch und hatten einen Links-
der Mehrzahl der Autoren gegenüber, dass der pro- Rechts-Shunt von Qp/Qs 1,3 und mehr. Da sich nur
phylaktische Verschluss jeder Koronarfistel indiziert bei drei Patienten die Symptome allein auf die Fistel
ist, da das Risiko von Komplikation schwer vorher- zurückführen ließen und in den anderen Fällen Be-
sehbar sei (4, 17). gleiterkrankungen vorlagen, die ebenfalls mit den
Nach Schumacher et al. sollten angeborene Koro- Symptomen Dyspnoe bzw. Angina pectoris einher-
narfisteln mit einem großen Shunt frühzeitig ver- gehen, lässt sich die beobachtete Verbesserung der
schlossen werden, um der Entwicklung einer Herz- Symptomatik nicht auf den alleinigen Fistelver-
insuffizienz vorzubeugen. Kleine Fisteln sollten auch schluss zurückführen.
bei asymptomatischen Patienten verschlossen wer- Wie in den bisherigen Veröffentlichungen ist auch
den, um schwere in der Literatur immer wieder be- unsere Patientenserie zahlenmäßig klein und durch
schriebene Komplikationen wie Endokarditis, Ruptur die Begleiterkrankungen inhomogen. Dadurch lassen
der Koronarfisteln und Auftreten eines Steal-Mecha- sich keine signifikanten Ergebnisse ableiten. Wie bei
nismus mit den Folgen der koronaren Minderper- allen seltenen angeborenen Herzfehlern wären hierzu
fusion zu vermeiden (17). multizentrische Studien wichtig. Jeder Fall ist somit
kasuistisch zu bewerten.

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