EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
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Antwort auf US-Zölle

EU bietet Freihandel mit Industriegütern an

Im Zollstreit mit den USA bemüht sich die Europäische Union um Deeskalation: Die EU hat US-Präsident Donald Trump nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Abschaffung aller Zölle auf Industriegüter auf beiden Seiten vorgeschlagen. „Wir haben Null-für-null-Zölle für Industriegüter angeboten“, sagte von der Leyen am Montag. Sie betonte, die EU sei „immer zu einem guten Geschäft bereit“. Dennoch hat die Kommission bereits eine Liste mit Gegenmaßnahmen ausgearbeitet.

Nach Informationen der dpa wurde das Angebot bereits vor den Zollentscheidungen von Trump gemacht, zuletzt aber noch einmal am Freitag erneuert. Es bleibe auf dem Tisch, sagte von der Leyen. Auf Nachfrage ergänzte sie, vor allem das Thema Freihandel für Autos sei bereits mehrfach auf dem Tisch gewesen, es habe allerdings keine adäquate Antwort gegeben.

Vor den Äußerungen der Kommissionspräsidentin hatte sich am Wochenende US-Präsidentenberater Elon Musk für eine transatlantische Freihandelszone ohne jegliche Zölle ausgesprochen. Er hoffe, dass sich die USA und Europa auf eine noch engere Partnerschaft als bisher einigen könnten, sagte Musk. „Und was die Zölle anbelangt, hoffe ich, dass wir uns auf eine Nullzollsituation zubewegen mit einer Freihandelszone zwischen Europa und Nordamerika“, sagte er.

Ab Mittwoch 20-Prozent-Zölle auf fast alles

Die 27 EU-Staaten müssen mit Einfuhrzöllen von 25 Prozent auf Stahl, Aluminium und Autos sowie ab Mittwoch mit Zöllen von 20 Prozent auf fast alle anderen Waren rechnen. Trumps Zölle betreffen rund 70 Prozent der EU-Exporte in die USA – im vergangenen Jahr insgesamt im Wert von 532 Milliarden Euro. Zölle auf Kupfer, Pharmaprodukte, Halbleiter und Holz stehen voraussichtlich noch bevor.

EU bietet den USA Freihandelszone an

Im Zollstreit mit den USA bemüht sich die Europäische Union um Deeskalation: Die EU hat US-Präsident Donald Trump nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Abschaffung aller Zölle auf Industriegüter auf beiden Seiten vorgeschlagen.

Von der Leyen machte deutlich, dass neben den Verhandlungsbemühungen weiter mögliche Gegenmaßnahmen für den Fall eines Scheiterns von Verhandlungen vorbereitet würden. Das war am Montag auch Gegenstand von Beratungen der EU-Handelsminister in Luxemburg.

EU-Gegenmaßnahmen ausgearbeitet

In einem ersten Schritt will die EU am Dienstag kommender Woche EU-Zölle aus Trumps erster Amtszeit in Kraft setzen. Dabei geht es um die bereits seit Längerem geplante Wiedereinführung von EU-Sonderzöllen auf ausgewählte US-Produkte. Eine endgültige Einigung über die Liste der betroffenen Waren solle am Mittwoch dieser Woche erfolgen, teilte der zuständige EU-Kommissar Maros Sefcovic mit. Inkrafttreten sollten die Zölle dann eine Woche später.

EU-Handelskommissar Maros Sefcovic
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Sefcovic hofft noch auf Verhandlungen mit den USA, sieht die Kommission aber in jedem Fall gerüstet

Weitere US-Produkte werden nach Angaben von Sefcovic ab Mitte Mai betroffen sein. Bei ihnen handelt es sich um Waren, die im Gegensatz zu Produkten wie Motorrädern in der ersten Amtszeit von Trump noch nicht von EU-Sonderzöllen betroffen waren. Die im Raum stehenden US-Produkte sind breit gefächert, dazu gehören Diamanten, Eier, Zahnseide, Würstel und Geflügel, später dann auch Mandeln und Sojabohnen. Nicht mehr auf der von der EU-Kommission ausgearbeiteten Liste befinden sich Reuters-Angaben zufolge Bourbon-Whiskey, Wein und Milchprodukte.

Der Zollsatz auf Bourbon sollte ursprünglichen Plänen zufolge 50 Prozent betragen. Trump drohte daraufhin mit einem Zollsatz von 200 Prozent auf Alkoholika aus der EU.

Hoffen auf Verhandlungslösung

Der Handelskommissar hat trotz der Diskussionen und angekündigter Gegenmaßnahmen die Hoffnung auf eine Lösung noch nicht aufgegeben: Er hoffe, dass die EU und die USA einen Kompromiss finden würden, der eine Senkung oder Abschaffung der Zölle bringen würde, sagte er. Auch der Vertreter des polnischen Ratsvorsitzes, Michal Baranowski, erklärte, Plan A der EU seien Verhandlungen, während sie Plan B, eine mögliche Reaktion, in der Tasche habe.

der deutsche Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck zusammen mit dem österreichischen Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer
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Der scheidende deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck mit seinem Pendant aus Österreich, Wolfgang Hattmannsdorfer

Nach den Worten von Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) sollte die EU mit dem größten Binnenmarkt der Welt selbstbewusst auftreten. Es würden zunächst US-Prestigeprodukte ins Visier genommen, in einem zweiten Paket würde es dann gegen US-Bundesstaaten gehen. Sollten Verhandlungen scheitern, werde es in einem dritten Schritt gegen die US-Technologiekonzerne gehen.

Vorgehen gegen Digitalkonzerne umstritten

Er betonte aber auch die Bedeutung von Welthandel und internationalen Beziehungen für Österreich und die EU. Die EU müsse das „als Weckruf verstehen“ und „mehr Tempo in der Wettbewerbsfähigkeit“ machen. Es brauche aber ein „klares Signal Richtung USA, sollten die Verhandlungen scheitern, haben wir ein weiteres Paket“.

Der irische Handelsminister Simon Harris sagte, die US-Technologiekonzerne ins Visier zu nehmen, sei derzeit „hochgradig unwahrscheinlich“ und wäre „eine außerordentliche Eskalation zu einer Zeit, in der wir auf eine Deeskalation hinarbeiten müssen“. Der Einsatz von Maßnahmen über die Zollpolitik hinaus entspreche „der nuklearen Option“. Irland wäre von einem Handelsstreit um Digitalunternehmen besonders betroffen, weil große Konzerne wie Apple, Google und Meta dort ihren europäischen Sitz haben.

Auch Italien und Spanien mahnten zu einer gemäßigten Antwort. Italien schlug auch eine Verschiebung der geplanten Gegenzölle der EU vor. „Schauen wir, ob wir sie um einige Wochen verschieben können, damit mehr Zeit für den Dialog bleibt“, sagte Außenminister Antonio Tajani.

Habeck: Nicht in Falle der USA laufen

Deutschlands Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck betonte, es sei wichtig, „nicht in die Falle zu laufen, die die Amerikaner aufgestellt haben“. Schon jetzt gebe es einen großen Schaden für die Weltwirtschaft, der noch größer werden könnte, warnte er. Europa sei in einer starken Position, Amerika in einer der Schwäche, so Habeck. Europa müsse jedoch „zusammenstehen und sich nicht spalten lassen“.

Unterdessen forderte US-Handelsberater Peter Navarro die Europäische Union im Zollstreit zu Zugeständnissen auch bei der Mehrwertsteuer auf. Die EU müsse ihre nichttarifären Handelshemmnisse abbauen, sagte Navarro am Montag dem Sender CNBC. Dazu gehöre die Mehrwertsteuer. Navarro wies zugleich den Vorschlag von Musk von „Nullzöllen“ zwischen den USA und Europa zurück. Er bezeichnete den Tesla-Chef als „Autobauer“, der auf Teile aus anderen Ländern angewiesen sei. Sein Widerstand gegen die Zölle komme daher nicht überraschend.