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dezember 2014
diskurs
Lukas Ricken
Literatur und letzte Gedanken bei Dieter Henrich
„Das ist entweder Poesie oder Metaphysik. Oder beides,
denn manchmal kann man das schwer abgrenzen. Geht es
etwas konkreter? Wenigstens ein bißchen?“1
Theologie, die sich mit Literatur auseinandersetzen will, ohne diese zum Stichwortgeber oder zum
'Seismografen' zeitgenössischer Religiosität (und damit zum Empirieersatz) zu funktionalisieren, ist
gut beraten, wenn sie eine angemessene philosophische Grundlegung sucht. Im Folgenden soll es
darum gehen, das Werk Dieter Henrichs (*1927) für ein solches Projekt der Grundlegung in Anspruch
zu nehmen2, wobei sich die Überlegungen im Schnittfeld von Poesie und Metaphysik, oder besser:
von Literatur und letzten Gedanken bewegen werden. Die Einsicht, dass sich diese Bereiche zuweilen
"schwer abgrenzen" lassen, ist bereits in der zeitgenössischen fantastischen Literatur angekommen
(s. o.). Daher ist wenigstens "ein bisschen" Konkretheit angestrebt, auch wenn die Vorläufigkeit der zu
skizzierenden Gedanken nicht verschwiegen werden soll. Gemäß dem Motto 'mit Gründen Grenzen
überschreiten' sollen dort Irritationen gesucht werden, wo sie vielleicht nicht mehr vermutet werden:
beim vermeintlich "abgewirtschaftete[n] Paradigma der frühen Moderne"3, dem Selbstbewusstsein als
wissender Selbstbeziehung. In einem kurzen Ausblick soll schließlich die These erprobt werden, dass
Dieter Henrich auch der Praktischen Theologie zu denken gibt.
Grundkoordinaten der Philosophie Dieter Henrichs
Selbstbewusstsein wird bei Henrich als "Grundtatsache"4 zum Ausgangspunkt des Denkens. Gegen
die Subjektkritik des 20. Jahrhunderts hält Henrich am Moment der Selbstgewissheit "im Wissen von
mir selbst" als "basale Wahrheit" 5 fest:
"Wir sind Subjekte, insofern wir ein solches Wissen von uns selbst haben und aus diesem
Wissen heraus Erkenntnis unter Wahrheitsanspruch gewinnen und unser Leben in der Welt
handelnd führen. [...] [N]ichts, von dem, was uns als Menschen eigentümlich ist, könnte fortbestehen, würde diese Grundüberzeugung im Ernst suspendiert."6
Diese Grundüberzeugung gehe jedoch weder mit einem adäquaten Wissen, "von dem, was wir als
Subjekte sind", noch vom "Ursprung des selbstbezüglichen Wissens"7 einher. Jeder Versuch, das
Selbstbewusstsein durch philosophische Reflexion zu erschließen, müsse sich unvermeidlich im
"Zirkel vom Typus des Igels für den Hasen"8 verfangen:
"Schreibt einer sich selbst etwas zu, so muß er den, dem er etwas zuschreiben will, bereits als
den, der sich selbst etwas zuschreibt, im Sinn haben, so daß also jede solche Zuschreibung bei
einem bereits bestehendem Selbstverhältnis ankommt."9
Dies führt zu dem Schluss, dass die wissende Selbstbeziehung zwar prozesshaft bewusst werden und
damit reifen kann und darüber hinaus auf somatischen Voraussetzungen beruht, jedoch "gänzlich
spontan"10 in einem 'Sprung' auftritt und Selbstbewusstsein folglich als prä-reflexiv gedacht werden
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muss. Das 'Ich denke' kann sich nicht auf seinen Ursprung hin übersteigen, die philosophische Annäherung an den Grund des Wissens von sich kann daher immer "nur approximativ"11 durch Hypothesenbildung erfolgen.12 Diese 'Dunkelheit' ob des eigenen Aufkommens markiert früh einen
zentralen Punkt der Philosophie Henrichs13, die auf die Formel gebracht werden kann: "Gewissheit
kann mit der Verdecktheit dessen zusammengehen, hinsichtlich dessen Gewissheit besteht."14 Schon
dieser kurze Einblick legt die Vermutung nahe, dass der Fiktion aufgrund der notwendigen Vorläufigkeit menschlicher Selbstverständigung ein wesentlicher Stellenwert im Denken Henrichs zukommen
muss.
Praktische Relevanz gewinnt der Ausgang vom Selbstbewusstsein in Henrichs Theorie bewussten
Lebens.15 So gehe mit dem Wissen von sich die Notwendigkeit einher, "sich im Wissen von sich [zu]
kontinuieren"16. Die Selbstzuschreibung einer "Einheit des Daseins" qua Subjektivität ist Ausgangspunkt "einer Aktivität der ständigen und vielgestaltigen Einheitsstiftung"17, gerade angesichts der Erfahrungen, die wir als Subjekte (als Einzige) und als Personen (als Einzelne) – im "spannungsreichen
Grundverhältnis"18 bewussten Lebens – in der Welt machen.19 Dieser Prozess kann als Identitätsfindung umschrieben werden und wird dann zur existenziellen Herausforderung, wenn es im Laufe
bewussten Lebens darum geht, konfligierende oder gar sich gegenseitig ausschließende Selbst- und
Weltbeschreibungen aufgrund von Lebenserfahrungen mit der Einheit des eigenen Daseins in Verbindung zu bringen.
Grundzüge einer Theorie wahrheitsstiftender Fiktionalität
Im Folgenden sollen mögliche Grundzüge einer Theorie "Wahrheit stiftende[r] Fiktionalität"20 erarbeitet
werden, die Klaus Müller als Antwort auf die Herausforderung beschreibt, die
"jede Theologie unter den heutigen kulturellen Voraussetzungen bis zum Anschlag herausfordern muss: Denn natürlich steht und fällt die kognitive Ladung einer Theologie und damit ihr
wissenschaftstheoretischer Status nicht zuletzt – sondern zuallererst – mit der Wahrheitsfähigkeit der von ihr reflektierten religiösen Narrative, also zugespitzt mit der Frage, ob auch
Fiktionen wahr sein können"21.
Möchte man Dieter Henrichs Theorie der Fiktion zur Grundlegung theologischer Auseinandersetzung
mit Literatur heranziehen, erscheint es als Vorarbeit notwendig, einen konsensfähigen Begriff der
Fiktion zu gewinnen und ausgehend von diesem zwischen Fiktion und Fiktionalität zu unterscheiden.
Dass es sich angesichts der Vielzahl philosophischer und literaturtheoretischer Fiktionstheorien dabei
nur um einen Minimalbegriff handeln kann, ist nicht zu leugnen, sollte dieser Minimalbegriff jedoch
dazu ausreichen, verschiedene Definitionen in ein Verhältnis zueinander zu setzen, so hat er seinen
Dienst erfüllt.
Fiktionen zeichnen sich m. E. durch ihren Modellcharakter sowie durch die Differenz zu einem
anderen Kontext aus.22 Als Modelle verweisen Fiktionen einerseits auf ihren subjektiven Ursprung als
Fingiertes, andererseits auf ihre intersubjektive Zugänglichkeit als "geschaffene Form"23. Zugleich
impliziert der Modellbegriff den weltbildenden Charakter der Fiktion, der sich im Kontext des
Literarischen vornehmlich durch Verfahren der Topologisierung und Chronologisierung realisiert.24
Fiktionen beziehen sich darüber hinaus durch Ähnlichkeit und Unähnlichkeit in der Anordnung ihrer
Bestandteile auf ein "Ko-Produkt"25, das je nach theoretischem Bezugsrahmen anders gefasst wird.
Ob es sich um Wahrheit, Wirklichkeit, Realität oder weitere Texte handelt, ist in einer Minimalbestimmung zweitrangig, entscheidend ist vielmehr das Moment der Differenz.
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Die "Entblößung"26 der Fiktion durch Fiktionssignale ist als eine Eigenart besonders literarischer
Fiktionen eng gebunden an den Begriff der Fiktionalität, der "den Aussagemodus der Literatur"27 beschreibt und bereits eine "Disposition der Textrezeption"28 und -produktion impliziert.
Selbstdeutungen zwischen Fiktion und Wahrheit
Henrich bestimmt Fiktionen durch ihre "Diskursabhängigkeit" und "Notwendigkeit"29. Eine Fiktion
organisiert bei Henrich einen "Verstehenszusammenhang"30 (Diskurs), der in sich geschlossen (notwendig) ist. Kritik kann nur ausgehend von einer unterschiedlichen – bei Henrich höheren – Stufe der
Rationalität geleistet werden, was nicht selten mit der Destruktion des Selbst- und Weltbildes der
Kritisierten einhergeht. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum z. B. die Religionskritik der
Moderne Religion als Fiktion zu fassen versucht.
Da in der (Spät)Moderne der Fiktionsverdacht auf jeder Form der Selbst- und Weltverständigung
lastet, bietet sich eine Perspektive auf die notwendig vorläufigen Selbstdeutungen des bewussten
Lebens an, die diese als Konstruktionen31 "nicht unter dem Gesichtspunkt ihrer Wahrheit, sondern nur
unter dem ihrer Lebensbedeutung"32 betrachtet und sie als "lebenserhaltende und lebenssteigernde
Fiktionen"33 sichtbar werden lässt. Die Wahrheitsfrage schiene damit zugunsten einer rein
funktionalistischen Sichtweise suspendiert, was in gewisser Weise der Unmöglichkeit entspräche, mit
Mitteln der Reflexion Erkenntnis über den Grund des eigenen Aufkommens zu gewinnen.
Doch – so Henrich – zwinge "kein Gebot rationaler Nüchternheit dazu, sich dieser Erklärung widerstandslos zu überlassen"34. Es sei durchaus möglich, Selbstdeutungen von "unabweisbarer Lebensbedeutung [...] ohne den Vorbehalt des 'als-ob' einen überlegenen Wahrheitsanspruch zuzuerkennen"35. Ermöglicht werde dies durch die Verfassung des Selbstbewusstseins:
"Was zu begründen uns unmöglich ist, was aber aus dem Ganzen unseres Vernunftwesens als
unverzichtbare These hervorgeht, auf das dürfen wir ebenso unser Leben orientieren, wie wenn
es eine begründete Erkenntnis wäre. Wir sind berechtigt in der Meinung, daß das, was wir so
annehmen, und das, was wahr ist, sich ineinander kontinuieren."36
Der 'Vorbehalt des als-ob' angesichts dieser Form der "Wirklichkeitskontinuierung"37 lässt sich jedoch
erst dann wirklich entkräften, wenn man hinzuzieht, was Henrich als 'letzte Gedanken', als "Metaphysik der Endlichkeit"38 entfaltet.
Konfligierende Selbstbeschreibungen und letzte Gedanken
Auch wenn Henrich als einer der Denker zu gelten hat, die im 20. und 21. Jahrhundert an der
Möglichkeit von Metaphysik festhalten, so findet sich bei ihm an einigen Stellen auch der Vorschlag,
das Wort Metaphysik 'preiszugeben': "Ich selbst würde es bevorzugen, von 'letzten Gedanken' zu
reden. In ihnen wird ein Leben in einer Summe zusammengefaßt und zugleich auf das Ganze dessen,
was ist, bezogen."39
"Wir wollen zum Schluß, und eben deshalb möglichst jetzt schon, etwas über uns sagen
können, was nicht nur wahr ist, sondern von dem wir auch wissen, daß es alles zusammenbringt und angemessen gewichtet, was von unserem Leben in Wahrheit gesagt werden kann –
so etwas wie die Wahrheit über uns."40
Notwendig werden solche ‚letzten Gedanken‘ gerade angesichts der Erfahrungen, die im Zusammenhang "des wechselseitigen Ausschlusses, also der Korrelation zweier Negationen" stehen und je für
sich "Weisen der Erschlossenheit der Welt im Ganzen" darstellen.41 Zwei dieser Erfahrungsweisen
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sind laut Henrich die Erfahrungen von Glück und Not: "Denn in der Not ist gewußt, daß im Glück nicht
erfahren werden kann, was in Wahrheit Leben heißt."42 Aus dieser Schwierigkeit geht die Herausforderung hervor, im Laufe des bewussten Lebens zu einer Einheitsperspektive zu gelangen, die
gegenläufige Erfahrungen "ohne Reduktion, aber auch ohne Prägnanzverlust"43 in sich aufhebt. In
Henrichs Modell nachkantischer Metaphysik ist Ganzheit somit "nicht der Anfang, sondern das anzustrebende Ziel des Lebens"44. Erst in dieser Ganzheitsperspektive kann schließlich auch den
Fiktionen, in die hinein sich bewusstes Leben entwirft, Wahrheitscharakter zugesprochen werden, der
den rein lebenserhaltenden Gebrauchswert der Selbst- und Weltbilder übersteigt: "Denn es bleibt
nichts mehr in mir zurück, was etwas für etwas in Gebrauch zu nehmen vermöchte."45
Möglichen Einwänden, nach denen die Ganzheitsperspektive für gelingendes Leben nicht nötig wäre,
ist dabei entgegenzuhalten:
"Gäbe es nicht Grund, überzeugt zu sein, daß auch noch die letzte Affirmation des Menschen in
der Katastrophe seines Lebens und einer geschichtlichen Epoche in eine Kontinuität mit der befreienden Wahrheit zu bringen ist, nichts wäre adäquat, als die Verzweiflung mit allen Verlorenen zu teilen. Und das geschieht in gewisser Weise auch dort, wo man nur aus dem
Bewußtsein lebt, für seinen Teil – und sogar gut – davongekommen zu sein."46
Henrich selbst hat auf die Nähe solcher ‚letzten Gedanken‘ zum Gottesgedanken hingewiesen, der
freilich im Horizont des All-Einheit-Denkens steht und nicht einfach gleichzusetzen ist mit dem "Gott
Abrahams, der mit einem Volk einen Bund eingeht"47. Dass Henrichs Philosophie trotz dieser notwendigen Unterscheidung "religionsphilosophische und fundamentaltheologische Potentiale hoher
Brisanz"48 aufweist, soll hier unter Verweis auf einschlägige Positionen49 nicht weiter thematisiert
werden, scheint es angesichts der Erfahrungen durchdringender Not doch schon ein Gebot der
praktischen Vernunft zu sein, diese Auseinandersetzung nicht zu scheuen.
Um dem Titel dieses Beitrages gerecht zu werden, möchte ich den Schritt von den 'letzten Gedanken'
hin auf eine Denkfigur gehen, die ich 'Selbstbehauptung in Fiktion' nennen möchte und die in Literatur
einen wesentlichen Vollzugskontext findet.
Literatur als Vollzugskontext erkundender Selbstbehauptung
Die Anstrengung, Henrichs Philosophie für die Beschäftigung mit Literatur in Anspruch zu nehmen,
zahlt sich gleich mehrfach aus. Zwar steht Henrichs sehr weiter Fiktionsbegriff in der Nähe Kantischer
Postulate nicht im Widerspruch mit der bereits skizzierten Minimalbestimmung von Fiktionen, die Anwendung mit Blick auf literarisch realisierte Fiktionen kann jedoch zur Konkretisierung des Ansatzes
beitragen und die durchaus vorhandenen Unterschiede produktiv machen. Der Blick auf Literatur kann
darüber hinaus dazu beitragen, Henrichs ästhetische Theorie, die vor allem auf bildende Kunst und
Musik50 abzielt, auf 'breitere Füße' zu stellen. Dazu soll besonders der Begriff der Fiktionalität in Anspruch genommen werden:
So lassen sich in den bereits bearbeiten Texten einige Aussagen zur Fiktionalität finden, und auch
wenn Fiktionalität und Literarizität nicht jeweils ineinander aufgehen,51 erscheint es möglich, ausgehend vom Fiktionsbegriff Dieter Henrichs einige maßgebliche und für die Theologie bedeutsame
Dimensionen von Literatur zu identifizieren.
Da sich sowohl die Selbst- und Weltdeutungen bewussten Lebens als auch die im Kunstwerk
repräsentierte Welt als Fiktionen fassen lassen und der "Akt des Fingierens"52 konstitutiv für Kunst und
Leben ist, kann mit Henrich von einer weitgehenden Strukturanalogie zwischen den Welten der Kunst
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und den Verstehensentwürfen des bewussten Lebens ausgegangen werden, auch wenn diese nicht
gleichzusetzen sind und Philosophie nicht in Ästhetik aufgeht.53 Durch die 'Entblößung' durch
Fiktionssignale kann gerade dem modernen Roman Aufklärungscharakter für die Selbstverständigungen des Lebens zugeschrieben werden:
"Das Kunstwerk jedoch, und jedes Kunstwerk, organisiert um eine Fiktion ein imaginäres
Ganzes, das seine Natur um so offener legt, je wirksamer die Signale sind, die seine fiktive
Natur im Bewußtsein halten. Es stellt gerade damit dieses in der Fiktion selbst schon begrenzte
Ganze, das es ist, in den eigentlichen Bereich der Wirklichkeit unseres Lebens, der durch
Fiktionen so wenig wie durch Erkenntnis aufzuschließen ist. Gerade indem es offenlegt, auf
Fiktion zu beruhen, verdeutlicht es indirekt die Ungegenständlichkeit dieser Wirklichkeit. Und
sofern es aus bewußtem Leben selbst kommt und auch bewußtes Leben in ihm selbst erreicht,
kann es in diesem Leben ein Bewußtsein davon freisetzen, was in Beziehung auf solche Wirklichkeit der Weg und die Aufgabe der Selbstverständigung von bewußtem Leben ist."54
Literatur kann durch die Offenlegung ihrer fiktionalen Verfasstheit Einsicht eröffnen in die
"Prozessualität des Lebens, die sich hinter dem Entwurfscharakter des Lebens verbirgt"55. Ich möchte
diese Bewegung gerne als 'Selbstbehauptung in Fiktion' bezeichnen, wobei Selbstbehauptung hier
nicht gleichzusetzen ist mit "einem trotzigen Insistieren [...], das sich in dem festmachen will, was es
schon kennt und worüber es längst zu verfügen meint". Es wird vielmehr deutlich, dass der Prozess
der Identitätskontinuierung in Welt zu verstehen ist als "Erkunden", als Prozess also, wie er in
Rezeption und besonders Produktion "auch der Kunst eigentümlich ist"56. Der klassischen
Verwendungsweise als 'Behaupten gegen' muss also das 'Behaupten als' entgegengesetzt werden.
Durch Selbst-Behauptung begibt sich das Subjekt in einen Prozess, der auf 'letzte Gedanken' abzielt
und der sich nicht zuletzt in produktiver Begegnung mit Literatur vollzieht:
"Der Rezipient der künstlerischen Fiktion will nicht die 'Täuschung' des Kunstwerks durch Aufklärung zerstören, sondern er lässt sich auf das Spiel der Kunst ein, die Fiktion des Kunstwerks
in Wahrheit umzuwandeln."57
Literatur eröffnet "Spielräume für Weisen des Selbstverstehens"58 und ist darin weit mehr als reine
"Lebenshilfe" oder Ausdruck der Freude "am Spiel ungebundener Potentialität" 59. Sie wird historisch
zum "Explorateur von Erfahrungsmöglichkeiten", auch in dem Sinne, dass sie "Evidenzen verlorenen
Lebens sprechend" machen und "vor die Frage nach der Einheit des Lebenssinnes" zwingen kann.60
So wird sie zum Garanten dafür, dass weder die Erfahrungen von Glück und Dankbarkeit61, noch
deren Negation in der Not bei der Frage nach 'letzten Gedanken' übergangen werden.
Grundlegung praktisch-theologischer Fortführungen
Die Frage nach der Wahrheit der Fiktion führt – herangetragen an das Werk Dieter Henrichs – hin zu
einer ausgefalteten Theorie des bewussten Lebens, die nicht nur für die Systematische Theologie
wertvolle Impulse bereit hält.62 Auch praktisch-theologisch kann Henrich zu denken geben. Sein
Denken berührt alle Grunddimensionen einer religionspädagogischen Anthropologie, wie sie Bernhard
Grümme konzipiert,63 liefert wichtige Grundlagen für die Arbeit am Begriff der Identität64 und ist nicht
zuletzt eine aussichtsreiche Quelle für die Klärung der Begriffe Religion und Religiosität.65 Auch die
Diskussion über die ästhetischen Dimensionen religiöser Bildung66 kann von Henrich profitieren, vor
allem wenn es darum gehen soll, menschliche Weisen der Weltwahrnehmung und -gestaltung
produktiv in ein Verhältnis zueinander zu setzen.
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Wer sich angesichts dieses Potenzials anschickt, praktisch-theologisch vom Subjekt aus zu denken,
muss sich trotz des Umstandes, dass Henrich sein Denken von Anfang an mit Blick auf die Subjektkritik der Moderne und Postmoderne entwickelt hat, doch zu einigen Verdachtsmomenten in ein Verhältnis setzen.67
Sie oder er muss zeigen, dass der Subjektbegriff – bei aller Notwendigkeit transzendentaler Begründungsverfahren auch in der praktischen Theologie – nicht in einem Transzendentalsubjekt aufgeht, sondern Wirklichkeit beanspruchen darf.68 Sie oder er muss deutlich machen, dass Subjekttheorie nicht gleichzusetzen ist mit der Abwertung von Leiblichkeit und Emotionalität und sensibel ist
gegenüber euro-, ethno- oder androzentrischen Verengungen.69 Zu leisten wäre dies etwa durch die
Integration subjekttheoretischer Momente in integrative praktisch-theologische Theoriekonzepte70 oder
auch mit Blick auf konkrete Themenfelder wie etwa Religion und Literatur.
Werden diese Mühen nicht gescheut, so kann ein Blick auf Praxis gewonnen werden, der das
konkrete Leben als wahrheitsfähig, in seinen Bemühungen um Integration seiner Tendenzen der
praktischen Vernunft verpflichtet und schließlich als theologischen Erkenntnisort sichtbar werden lässt.
Eine solche Perspektive muss nicht zurückschrecken vor sperrigen Begriffen wie 'Wahrheit' oder
'Ganzheit' und sie kann mit guten Gründen einerseits die produktiv-kreative Identitätsbildung als
'Selbstbehauptung in Fiktion' als Grundoption entfalten und andererseits mit einer neuen Aufmerksamkeit auf die fiktionalen Welten zugehen, in denen sich Identitätsfindung nicht nur im Jugendalter
vollzieht. Damit wäre sie nicht zuletzt gegenüber dem Verdacht des Intellektualismus und des
bildungsbürgerlichen Habitus gut aufgestellt.
© Lukas Ricken
Anmerkungen
1 Andrzej Sapkowski: Der Schwalbenturm, München 2010, 310.
2 Vgl. Lukas Ricken: Selbstbehauptung in Fiktion. Zur Dynamik moderner Subjektivität bei Hans Blumenberg und Dieter
Henrich, Berlin 2014. Im Folgenden möchte ich an die hier vorgelegten Überlegungen anknüpfen, diese jedoch weiterführen
und konkretisieren.
3 Dieter Henrich: Versuch über Kunst und Leben. Subjektivität – Weltverstehen – Kunst, München 2001, 27.
4 Ebd. Solch ein Selbstbewusstsein als wissende Selbstbeziehung ist dann nicht nur im Sinne Kants mit allen Vorstellungen
untrennbar verbunden, es ist auch die Bedingung der Möglichkeit aller anderen konstitutiven Dimensionen des Ichs.
5 Dieter Henrich: Denken und Selbstsein. Vorlesungen über Subjektivität, Frankfurt a. M. 2007, 19.
6 Dieter Henrich: Bewußtes Leben. Einleitung und Übersicht zu dem Themen des Bandes, in: Ders.: Bewußtes Leben. Untersuchungen zum Verhältnis von Subjektivität und Metaphysik, Stuttgart 1999, 11–48, hier: 15.
7 Ebd.
8 Dieter Henrich: Subjektivität als Prinzip [1997], in: Ders.: Bewußtes Leben. Untersuchungen zum Verhältnis von Subjektivität
und Metaphysik, Stuttgart 1999, 49–73, hier: 57.
9 Ebd.
10 Henrich: Subjektivität als Prinzip, 62. Angesichts der Emergenz des Selbstbewusstseins findet Henrich sogar unvermutete
Übereinstimmungen mit den Neurowissenschaften (vgl. ebd.).
11 Ebd., 63.
12 "Man braucht nicht zu befürchten, daß mit einem solchen Zugeständnis der Geist der Wissenschaft verletzt oder gar dem
Obskurantismus Vorschub geleistet wird. Die Begrenzung der Möglichkeiten der Erkenntnis, zumal der Selbsterkenntnis, ist
eine der wichtigsten Leistungen unserer Rationalität." (Ebd., 65)
13 Vgl. Gunnar Hindrichs: Metaphysik und Subjektivität, in: Philosophische Rundschau 48 (2001), 1–27, hier: 5.
14 Henrich: Denken und Selbstsein, 20. Dies macht noch einmal deutlich, dass Selbstbewusstsein als Selbstgewissheit weder
gleichzusetzen ist mit der völligen Selbstgegenwart der Heideggerschen Subjektkritik, noch mit der Selbstevidenz und
-präsenz Sartres (vgl. ebd., 18–20). Henrich hält darüber hinaus fest, dass schon die Cartesianischen Meditationen durch
ihren Ausgang vom Zweifel ein Bewusstsein dafür vorbereiten, dass "sich mit der Selbstgewissheit im Dasein das Wissen
von Grenzen im Wesen dessen, der in solcher Selbstgewissheit steht" (ebd., 25) verbindet.
15 "Bewußt ließe sich wohl ein Leben nennen, das sich nicht den Antrieben, die gerade dominieren, und den Nötigungen des
Alltags überläßt. Es gibt sich Rechenschaft über die Ziele, die am Ende den größten Lebensgewinn versprechen, und geht
ihnen beharrlich nach, aber auch unter realistischer Disposition über die eigenen Kräfte." (Henrich: Bewußtes Leben, 12)
16 Ebd., 16.
17 Ebd.
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18 Vgl. Kazimir Drilo: Dieter Henrichs Theorie des bewussten Lebens, in: Christoph Asmuth (Hg.): Transzendentalphilosophie
und Person. Leiblichkeit – Interpersonalität – Anerkennung, Bielefeld 2007, 503–516, zit. mit abweichenden Seitenzahlen
nach: http://epub.ub.uni-muenchen.de/12509/1/Drilo_Dieter_Henrichs_Theorie_des_bewussten_Lebens.pdf (letzter Zugriff:
30.06.14), hier: 496.
19 Die Unterscheidung von Subjekt und Person ist dabei so zu verstehen, "dass für jede Person gilt, dass sie im Wissen von
sich steht und insofern Subjekt ist. Umgekehrt hatten wir uns klarzumachen, dass sich Subjekte, die durch ihr Für-mich-Sein
definiert sind, als Personen verwirklichen" (Henrich: Denken und Selbstsein, 63).
20 Klaus Müller: Zum Rationalitätsprinzip der Fundamentaltheologie. Analytische Rationalität und Letztbegründung aus der
Theorie der Subjektivität, in: Josef Meyer zu Schlochtern – Roman A. Siebenrock (Hg.): Wozu Fundamentaltheologie? Zur
Grundlegung der Theologie im Anspruch von Glaube und Vernunft, Paderborn 2010, 289–306, hier: 302.
21 Ebd., 296.
22 Vgl. Ricken: Selbstbehauptung in Fiktion, 13–30.
23 Karlheinz Stierle: Art. Fiktion, in: Ästhetische Grundbegriffe Bd. 2, Stuttgart/Weimar 2001, 380–428, hier: 410.
24 Vgl. Aleida Assmann: Die Legitimität der Fiktion. Ein Beitrag zur Geschichte der literarischen Fiktion, München 1980, 15.
Vgl. weiterführend: Jurij Lotman: Die Struktur literarischer Texte, München 41993.
25 Aleida Assmann: Fiktion als Differenz, in: Poetica 21 (1989), 239–260, hier: 240.
26 Wolfgang Iser: das Fiktive und das Imaginäre. Perspektiven literarischer Anthropologie, Frankfurt a. M. 1993, 35.
27 Assmann: Die Legitimität der Fiktion, 157.
28 Andreas Kablitz: Literatur, Fiktion und Erzählung – nebst einem Nachruf auf den Erzähler, in Irina O. Rajewsky und Ulrike
Schneider (Hg.): Im Zeichen der Fiktion. Aspekte fiktionaler Rede aus historischer und systematischer Sicht (FS Klaus
Hempfer), Stuttgart 2008, 13–44, hier: 21.
29 Dieter Henrich: Versuch über Fiktion und Wahrheit [1983], in: Ders.: Bewußtes Leben. Untersuchungen zum Verhältnis von
Subjektivität und Metaphysik, Stuttgart 1999, 139–151, hier: 141.
30 Ebd., 140.
31 Vgl. Henrichs Auseinandersetzung mit dem Konstruktivismus in Henrich: Versuch über Kunst und Leben, 57–59.
32 Henrich: Bewußtes Leben, 41.
33 Ebd., 42.
34 Ebd.
35 Henrich: Versuch über Kunst und Leben, 60.
36 Henrich: Versuch über Fiktion und Wahrheit, 146.
37 Müller: Zum Rationalitätskonzept der Fundamentaltheologie, 296.
38 Klaus Müller: Aus der Logik der Subjektivität zur All-Einheit. Dieter Henrichs Weg zu einer Metaphysik bewußten Lebens, in:
Johannes Brachtendorf und Stephan Herzberg (Hg.): Einheit und Vielheit als metaphysisches Problem, Tübingen 2011,
217–234, hier: 220.
39 Dieter Henrich: Bewußtes Leben und Metaphysik [Interview 1994], in: Ders.: Bewußtes Leben. Untersuchungen zum Verhältnis von Subjektivität und Metaphysik, Stuttgart 1999, 194–216, hier: 195.
40 Ebd., 196.
41 Dieter Henrich: Glück und Not [1975], in: Ders.: Selbstverhältnisse. Gedanken und Anregungen zu den Grundlagen der
klassischen deutschen Philosophie, Stuttgart 1982, 131–141, hier: 133.
42 Henrich: Glück und Not, 134.
43 Ebd., 139.
44 Drilo: Dieter Henrichs Theorie des bewussten Lebens, 489.
45 Henrich: Versuch über Fiktion und Wahrheit, 147.
46 Henrich: Glück und Not, 140.
47 Dieter Henrich: Selbstbewusstsein und Gottesgedanke, in: Rudolf Langthaler und Michael Hofer (Hg.): Selbstbewusstsein
und Gottesgedanke. Ein Wiener Symposium mit Dieter Henrich über Philosophische Theologie (Wiener Jahrbuch für Philosophie Bd. 40), Wien 2010, 9–21, hier: 19.
48 Müller: Aus der Logik der Subjektivität zur All-Einheit, 217.
49 Vgl. ebd. und darüber hinaus ders.: Zum Rationalitätsprinzip der Fundamentaltheologie. Daneben bes.: Saskia Wendel:
Affektiv und inkarniert. Ansätze deutscher Mystik als subjekttheoretische Herausforderung, Regensburg 2002; Dies.:
Religionsphilosophie, Stuttgart 2010.
50 Vgl. Henrich: Versuch über Kunst und Leben, 347.
51 Vgl. Kablitz: Literatur, Fiktion und Erzählung, 14; Gottfried Gabriel: Art. Fiktion, in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft Bd. 1 (1997), 594–598, hier: 595.
52 Henrich: Versuch über Fiktion und Wahrheit, 150. Es wäre sicherlich lohnenswert, Verbindungslinien zwischen der
literarischen Anthropologie Wolfgang Isers und der Theorie bewussten Lebens Henrichs zu suchen. Der Umstand, dass
beide die Herausgeberschaft des wichtigen Sammelbandes Funktionen des Fiktiven (Poetik & Hermeneutik 10) verantworten, soll hier als Indiz für etwaige Berührungspunkte ausreichen.
53 Vgl. Ricken: Selbstbehauptung in Fiktion, 83.
54 Henrich: Versuch über Fiktion und Wahrheit, 151.
55 Drilo: Dieter Henrichs Theorie des bewussten Lebens, 501.
56 Henrich: Versuch über Kunst und Leben, 39.
57 Drilo: Dieter Henrichs Theorie des bewussten Lebens, 501.
58 Henrich: Versuch über Kunst und Leben, 94.
59 Henrich: Glück und Not, 140.
60 Ebd.
61 Vgl. Dieter Henrich: Gedanken zur Dankbarkeit, in: Ders.: Bewußtes Leben. Untersuchungen zum Verhältnis von Subjektivität und Metaphysik, Stuttgart 1999, 152–193 und weiterführend: Wendel: Religionsphilosophie, 32–48.
62 Zur Herausforderung für die biblische Theologie vgl. Müller: Zum Rationalitätskonzept der Fundamentaltheologie, 297.
63 Vgl. Bernhard Grümme: Menschen bilden? Eine religionspädagogische Anthropologie, Freiburg i. Br. 2012. Mit dem Verzicht
auf eine enzyklopädische Anthropologie verbindet Grümme die Orientierung an bestimmten Grunddimensionen des
Menschseins. Konkret nennt er: Körper/Leib/Geist, Endlichkeit, Identität, Sozialität, Freiheit, Versagen/Schuld/Sünde, Zeit,
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Rationalität, Religion. Gerade Henrichs Denken und Selbstsein erscheint als wichtige Quelle, sich zu vielen dieser
Dimensionen subjekttheoretisch in ein Verhältnis zu setzen.
Vgl. zu Henrich Christopher Zarnow: Identität und Religion. Philosophische, soziologische, religionspsychologische und
theologische Dimensionen des Identitätsbegriffs, Tübingen 2010. Praktisch-theologisch aktuell: Viera Pirker: fluide und fragil.
Identität als Grundoption zeitsensibler Pastoralpsychologie, Ostfildern 2013.
Vgl. Wendel: Religionsphilosophie.
Vgl. zum Überblick Stefan Altmeyer: Ästhetische Wende der Religionspädagogik? In: TThZ 118 (2009) 4, 356–366.
Wunderbar polemisch formuliert Jochen Hörisch einige Anfragen an jede Selbstbewusstseinstheorie. So schreibt er über
deren ‚Nebenwirkungen‘: "[N]ur eine sehr genaue Minderheit von Köpfen, nämlich bevorzugt Mitteleuropäer um 1800, entwickeln eine selbstbewußtseinstheoretische Selbstbeschreibung", der Ausgang vom Selbst bleibe daher ein "kulturspezifischer Sonderweg", vor allem für weiße (männliche) Akademiker und Bildungsbürger. Darüber hinaus müsse gelten:
"Thema der Selbstbewußtseinstheorie sind nicht empirische, also etwa dürre, melancholische, schwitzende, verliebte,
suizidal gefährdete, heimwehkranke oder delirante Subjekte, sondern (fast) ausschließlich Transzendentalsubjekte, also
Subjekte, die im Hinblick auf die Bedingung der Möglichkeit von Erkenntnissen analysiert werden." (Jochen Hörisch:
Theorie-Apotheke. Eine Handreichung zu den humanwissenschaftlichen Theorien der letzten fünfzig Jahre, einschließlich
ihrer Risiken und Nebenwirkungen, Frankfurt a. M. 2010, 308f.)
Saskia Wendel zeigt, dass auch wenn das Subjekt "kein Ding, keine Substanz, kein Seiendes mit einem eigenem ontologischen Status neben oder jenseits des Einzel-Ich" ist, in ihm doch "eine ontologische Dimension eröffnet [ist], die es mehr
sein lässt als eine bloße Denknotwendigkeit, denn Subjektivität als Selbstbewusstsein und Selbstgewissheit impliziert die
Gewissheit der Existenz des eigenen Ich" (Wendel: Affektiv und inkarniert, 251).
Wertvolle Grundlagen liefert Saskia Wendel in: Affektiv und inkarniert. Ausgehend von Wendels Ansatz ließe sich wohl jeder
der von Hörisch vorgebrachten Einwände gegen Selbstbewusstseinstheorien produktiv aufnehmen. So kann Wendels
Rekurs auf die deutsche Mystik einerseits die Engführung des Subjektdenkens auf den Idealismus überwinden und andererseits zeigen, dass Subjektivität durchaus mit Leiblichkeit, Affektivität und der "Anerkennung der Eigenständigkeit und Unverfügbarkeit des Anderen" (ebd., 13) zu vereinbaren ist.
Besonders vielversprechend erscheint für solch ein Unterfangen die junge Disziplin der religionspädagogischen Anthropologie.
lukas ricken: literatur und letzte gedanken bei dieter henrich
8/8