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Martin Luther King, Jr. - Ein Visionär der Liebe

2018, Zeitschrift für Theologie und Gemeinde (ZThG)

1. Einleitung 2. Martin Luther Kings Wurzeln in der afroamerikanischen-baptistischen Spiritualität der "Black Churches" 3. Kings Vorstellung der "Beloved Community" und die Reich-Gottes-Theologie der Social-Gospel-Bewegung 4. Kings Vorstellung der "Beloved Community" und die Tradition des aktiven gewaltfreien Widerstands 5. Träumer sind Kämpfer - zur eschatologisch-visionären Aufgabe der Christenheit

II)!) zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 11,111 I ~I 11111111 \ situicrt sind. I)as bed 'lil 'I, fiir l l.udm ist di ' 1'111 III d'i WolIllI,dl'lHkll darauf beschrankt, die Zukunftsfahlgk 'il allcin ihrcr 'i, 'II 'II Nu 1110111 men sicherzustellen. Wenn andere sterbcn, dann st .rbcn sic eben. Fill Hardin mag das eine Tragodie sein, aber ein geringercs Ob I als W .it v 'I breitetes Leiden und Sterben. Unsere okologische Zerstorung und Zcrs 'I zung hat jedoch bewiesen, dass es so etwas wie das Hardinsche Reuungs boot nicht gibt - in dem die Passagiere der Ersten Welt sitzen, wah rend d k Dritte-Welt-Passagiere nebenherschwimmen bzw. sich uber Wasser ZlI hal ten versuchen. Unsere Wirklichkeit in der sogenannten Ersten Welt ist die Wirklichkeit aller Menschen. Wenn es ein Rettungsboot gibt, urn Hardins Metapher zu modifizieren und fortzufuhren, dann ist das Rettungsbool Es gibt keine bekannten Wesell, die Erde und das Meer ist das Universum. zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA die auflerhalb des Bootes schwimmen. Wenn unser sprichwortliches Boot untergeht, ertrinken wir alle in diesem Zeitfenster und in Zukunft. Dies ist die Realitat, der wir alle uns stellen miissen. In dies em Szenario ist kei n Platz fur Trittbrettfahrer. Alle sit zen im Boot und alle miissen zusammen arbeiten, damit das Boot nicht untergeht. Entweder jeder zahlt oder keiner zahlt, Das ist also nun unsere neue und problematische Hirschjagd. Wir konnen als Einzelpersonen oder Lander keine Kaninchen jagen (wic in Rousseaus Original) und nicht unseren Pakt aufkundigen, nicht das gesamte Holz auf einmal zu fallen. Wenn wir gegen diese neuen Biindnisse verstofsen, dann ist das gleichbedeutend mit einer Kriegserklarung gegen uns selbst - ob es uns bewusst ist oder nicht. Es ist so, als wurden wir den Ablaufstopsel ziehen, den es in den meisten Booten gibt, und zwar, wahrend das Boot noch auf dem Wasser ist - es folgen der Untergang und die vollstandige Ausloschung. Dass dieser Zustand Wirklichkeit ist, bedeutet allerdings nicht, dass die Menschheit in Zusammenarbeit und Ubereinstimmung handelt. 1m Moment scheint der sprichwortliche Wolf noch nicht bei jedem vor der Tiir zu stehen. Also sind wir wirklich Frosche im Kochtopf - die Flamme ist klein gestellt, und wir werden sehen, ob wir mehr Verstand haben als Frosche oder nicht. Wahrend Frosche nur hiipfen und hoffen konnen, konnten wir die Hitze abstellen. Konnen wir den Wahnsinn aufhalten, bevor es zu spat ist? Wir werden sehen. Aus dem amerikanischen Englisch iibersetzt von Dorothee Dziewas. M arlin Luth ' r King, Jr. - Ein Visionar der Liebe' Ralf Dziewas 1. Einleitung ,,1 have a dream" - .Jch habe einen Traum". Vermutlich brauche mehr als diese vier Worte auszusprechen und Sie sehen ihn vor Baptistenpastor und Biirgerrechtler Martin Luther King, der Lincoln Memorial in Washington vor 250.000 Demonstrierenden riihmte Traumrede halt:" ich nicht sich, den vor dem seine be- "I have a dream" - .Jch habe einen Traum, daf eines Tages auf den roten Hiigeln von Georgia die Sohne friiherer Sklaven und Sohne friiherer Sklavenhalter miteinander am Tisch der Briiderlichkeit sitzen konnen. Ich habe einen Traum, daf sich eines Tages selbst der Staat Mississippi, ein Staat, der in der Hitze der Ungerechtigkeit und Unterdriickung verschmachtet, in eine Oase der Freiheit und Gerechtigkeit verwandelt,'? Und immer wieder dieses: ,,1 have a dream". .Jch habe einen Traum, daf eines Tages in Alabama, mit seinen bosen Rassisten, [ ... J daf eines Tages genau dort in Alabama kleine schwarze Jungen und Madchen die Hande schiitteln mit kleinen werfsen Jungen und Madchen als Briider und Schwestern. [ ... J Und die Herrlichkeit des Herrn wird offenbar werden, und alles Fleisch wird es sehen. Das ist unsere Hoffnung. Mit diesem Glauben kehre ich in den Siiden zuriick. Mit diesem Glauben werde ich fahig sein, aus dem Berg der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung zu hauen. Mit diesem Glauben werden wir fahig sein, die schrillen Mifsklange in unserer Nation in eine wunderbare Symphonie der Briiderlichkeit zu verwandeln. Mit diesem Glauben werden wir fahig sein, zusammen zu arbeiten, zusammen zu beten, zusammen zu kampfen, zusammen ins Gefangnis zu gehen, zusammen fur die Freiheit aufzustehen, in dem Wissen, daf wir eines Tages frei sein werden." Eine erste Version dieses Beitrags entstand fur einen Vortrag am 18. [anuar 2016 im Okumenischen Zentrum, Hamburg, aus Anlass des Martin-Luther-King-Day 2016. Eine verkurzte Version dieser aktualisierten Fassung wurde auf dem Symposium der GFTP am zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 4. November 2017 in Oldenburg vorgetragen. Der Vortragsstil wurde bewusst beibehalten. 2 Martin Luther Kings beriihmte I-have-a-dream-Rede vom 28. August 1963 ist auch deshalb bildlich im koIlektiven Gedachtnis der Menschheit verankert, weil seine Abschlussansprache beim Marsch auf Washington von mehreren US-Fernsehsendern live iibertragen und aufgrund neuer SateIlitentechnik sogar global ausgestrahlt wurde. Dadurch konnten Millionen von Zuschauern Kings Rede live oder zeitnah erleben. Vgl. Tobias Dietrich, Martin Luther King, Paderborn 2008 (UTB 3023), 60. 3 AIle folgenden Zitate der Rede in deutscher Ubersetzung nach: Martin Luther King, Mein Traum vom Ende des Hassens. Texte fur he ute, hg. von Hans-Eckehard Bahr und Heinrich Grosse, Freiburg i. Br.lBasel/Wien 1994, 85-90, Zitat 88. " King, Traum (wie Anm. 3), 89 I ZThG 23 (2018), 191-212.ISSN 1430-7820 © 2018 Verlag der GFTPe. V., Hamburg 19 II.dl 1,,1111 1zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA '/11 \ , I ",10" I 1111.10 I I I \ I 1"01 10 "" lid" I" , .11111.1111 '11k,IIII'1 111'11 1\.lpl"I~·IlMI'IIlI'lllIkll. I >.1111'1 ~pl'''1 '" ,~Idl sowoh] .11I1> Und dann endet dicsc Rcdc mil dcm vil'iI.ld"'11 wu-dci holu-u Ault u] .. I I I dl'lI ill d 'II "HI.I k Chur II -s" g '1>lIng '11'11 Spi: ituuls wic nus dcr dort gefreedom ring" - "La6t die Freiheit erschull 'II!", urn "Ill 1\lIdl' ill dl~' VI~I(l11 I" -d igtcn 'I hcologic d .r Wurdc lind Freiheit d 'r Mcnschen als Ebenbilder einer Zukunft einzumiinden, in der "alle Kinder Cortes schw.u z« IIl1d ( ;011 'S. Dicsc Pragung ist vielleicht die starkste, denn King wurde in sie wei6e Menschen, Juden und Heiden, Protestanten und Kat holikcn ~h II II in .ingcborcn und ist in ihr aufgewachsen. Eine zweite Wurzelliegt in der die Hande reichen und die Worte des alten Negro Spiritluals singcn 11111 .rkadcrnischen Theologie des "Social Gospel", in der vor allem der bedeunen" - "Free at last, free at last, thank God allmighty, we're free at 1.1,1" 1 .ndste baptistische Theologe des 19. Jahrhunderts, Walter Rauschenbusch "Endlich frei! Endlich frei! Grofser, allmachtiger Gott, wir sind endli, II . "5 (1861-1918), fur King pragend wurde. Und eine dritte Wurzelliegt letztf rel. lich in den Traditionen eines zivilen Ungehorsams und des gewaltfreien Es ist sicherlich diese visionare Rede aus dem Sommer des [ahres 11)(1\ Widerstandes, die sich vor allem mit dem Namen von Mahatma Gandhi gewesen, die mit dazu beigetragen hat, dass das TIME Magazin MtHIl1I (18691948) verbinden und aus denen Martin Luther King seine Methode Luther King 1964 zum "Mann des [ahres" kiirte und er im selben [ahr den tier gezielten, gewaltfreien Widerstandsaktionen abgeleitet hat. Friedensnobelpreis erhielt," Diese Rede gehort zu den beruhmtesten A II Ich mochte nacheinander diese drei Wurzeln der visionaren Theologie sprachen der Geschichte und wird bis heute gerne als Anschauungsbeispk-l Martin Luther Kings entfalten und beginne mit der afroamerikanischen im Rhetorikunterricht verwendet.' Aber ich mochte heute nicht die rhcto piritualitat, weil sie King von Kindheit an gepragt hat. rischen Stilmittel und die Personlichkeit des beeindruckenden Pred ig(.'1 ~ und Redners Martin Luther King in den Blicknehmen, sondern den TraUlII betrachten, den King uns hier vor Augen malt, diese Bilder der Hoffnung 2. Martin Luther Kings Wurzeln in der afroamerikanisch-baptistischen auf eine friedliche, geschwisterlich miteinander lebende Menschheit. Spiritualitat der "Black Churches" Unsere Gesellschaft heute ist von Auseinandersetzungen gepragt, die uns eher in ein Gegeneinander als in ein Miteinander fuhren - in Deutsch Martin Luther King hat einmal gesagt: land eben so wie in Europa. Es gibt eine Willkommenskultur fur Gefluchtc te und aktive ehrenamtliche Hilfeleistung bis zum Umfallen auf der einen .Jch bin vieles fur viele Leute gewesen; Burgerrechtler, Agitator, Unruhestifter Seite und brennende Pluchtlingsunterkunfte und populistische Demons und Beter, aber im stillen Grunde meines Herzens bin ich ein Kirchenmann, ein trationen gegen Zuwanderung auf der anderen Seite. Diese Traume vom baptistischer Prediger. Das ist mein Sein und mein Erbe, denn ich bin auch der Sohn eines baptist is chen Predigers, der Enkel eines baptistischen Predigers und Tisch der Bruderlichkeit, von Hande haltenden Kindern, von einer gemein der Urenkel eines baptistischen Predigers. Die Kirche ist me in Leben und ich sam singenden Menschheit, die sich an ihrer Freiheit und Gemeinschaft habe mein Leben der Kirche gewidmet,"? erfreut, sind diese Traume nicht langst geplatzt, wie Seifenblasen, die ei 11 Windsto6 zerrei6t? Wenn King sich hier selbst als Kirchenmann beschreibt und dieses Element "Martin Luther King - Ein Visionar der Liebe" habe ich diesen Vortrag als wichtigsten Aspekt seines Lebens beschreibt, dann zeigt das seine iiber iiberschrieben und ich mochte mit Ihnen Hineinschauen in die Theologie mehrere Generationen reichende tiefe Verwurzelung in den Traditionen dieses Visionars, Woher nimmt er seine Bilder? Was tragt seine Hoffnung? der afroamerikanischen "Black Church ", Zwar verteilt sich die Ahnenreihe Wieso geht von seinem Denken und Handeln eine solche Kraft aus, dass der baptistischen Prediger unter seinen Vorfahren sowohl auf die vaterliche man am liebsten einstimmen mochte in dieses ,,1 have a dream" - .Jch habe wie die mutterliche Seite, aber von klein auf ist Martin Luther King als Paseinen Traum"? Und was konnen wir von diesem Traumer King lernen fur torensohn von der Frommigkeit und Spiritualitat der afroamerikanischen unsere Zeit? Baptistengemeinden im Suden der USA gepragt worden, und so trat nicht Martin Luther Kings Vision von der "Beloved Community", wie er sie nur er selbst, sondern auch sein Bruder Albert Daniel King in die Pufsstapnennt, einer aus Liebe und Freiheit gestalteten Gesellschaft hat mehrere fen ihres Vaters und wurde Baptistenpastor." Wurzeln." Sie ist nicht nur in ihrer Zielvorstellung, sondern auch in ihrer Entstehung interkulturell. Ihre zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA erste Wurzelliegt in der Frommigkeit der 9 5 6 7 8 King, Traum (wie Anm. 3), 90 Zu den Lebensdaten von Martin Luther King vgl. Dietrich, King (wie Anm. 2),98-101. Eine detaillierte Analyse der von King verwendeten rhetorischen Mittel enthalt der Aufsatz von Marc Vail, The "Integrative" Rhetoric of Martin Luther King, Jr.'s "I Have a Dream" Speech, in: Rhetoric & Public Affairs 9 (2006) Nr. 1,51-78. Vgl., wenn auch mit anderer Gewichtung, Dietrich, King (wie Anm. 2), bes. 44-46. '0 Martin Luther King, zitiert nach Andrea Striibind, Die Macht der Gewaltlosigkeit. Martin Luther King und die "Black Church" als Tragerin der Biirgerrechtsbewegung, in: KZG 17 (2004),500-518, Zitat 500 [Ubersetzung R.D.]. Zur Geschichte der Familie King vgl. Gerd Pressler, Martin Luther King, Jr. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten dargestellt, Reinbek bei Hamburg 1984, 25-31 sowie Martin Luther King sen., Aufbruch in eine bessere Welt. Die Geschichte der Familie King, Berlin 1984. II) I Ilod I Ii/I' \ I 11111 1111 I 1111" I I llifi. 11 I III \' 1"11.(1 01, I I I, I" SOl)nl,lg lm (;011 'Mi, 'II~I nlil 1'1 'ill 'I F,llllili' I l.usc l: -ud und sing -nd di 'S' Es gchort zu d .n Enid' kunu 'II d 'I .iktuclk-n zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA M,1I111l l.ut h 'I IllIg F()I l.i xl -r lind ihrc Bots halt vcrlnncrli lit ': Wir wert! .n lrci scinl Letztlich schung, dass mit der in den letzten [ahrzchnt 'I) 'iloigi '11 Vl'liifk'llli hung lind cndli h worden wir Irci scin! seiner Predigten und theologischen Nachlassc dcutli her g 'word -n ist, wi ' Ncbcn den Liedern der "Black hurch" wurden dann vor a11em auch die sehr dieser konfessionelle Hintergrund die 'Iheologic Kings II nd vor a IIzyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 'Ill prophetischcn Texte der hebraischen Bibel fur Martin Luther King zu ze~auch seine Vision von der Zukunft gepragt hat. II tralen Glaubenstexten. Er hat nieht nur iiber neutestamentliehe Texte wie Schon in den Zeiten der Sklaverei entstanden Gemeinden afroarne die Bergpredigt, sondern auch uber die Exodustraditionen der Befreiung rikanischer Pragung, deren Spiritualitat bis he ute in den Spirituals lind gepredigt, vor allem aber immer wieder uber sozi~lkritische Prop~etenGospels ihren charakteristischsten Ausdruck gefunden hat. Diese im worte wie Amos 5,24: "Es strome aber das Recht wie Wasser und die GeWechselgesang von Chor und Gemeinde gesungenen Lieder, verbanden die rechtigkeit wie ein nie versiegender Bach."15 Aufserdem hat er regelmafsig afrikanischen Musiktraditionen der nach Amerika verschleppten Sklaven Texte wie [esaja 40,1-5 ausgelegt: "A11e Taler sollen erhoht werden, und mit einer vor allem an alttestamentlichen Befreiungsgeschiehten orientieralle Berge und Hiigel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll ten Prommigkeit." gerade, und was hiigelig ist, soll eben wer~en; d~n~ die Her~lichkeit des "Go down, Moses, way down in Egypt land, tell old Pharaoh, let my peoHERRN so11 offenbart werden, und alles Pleisch miteinander wird es sehen; ple go." Das ist zunachst einmal nur die Nacherzahlung der biblischen Exdenn des HERRN Mund hat's geredet." Zitate aus dieser mit dem Ende der oduserzahlung (Ex 3,10), aber wenn dieses Lied von Sklaven wahrend der Knechtschaft verbundenen Heilszusage finden sieh ja auch in seiner I -haveeintonigen Arbeit auf den Baumwollplantagen gesungen wurde, kam darin a-dream-Rede. Und genauso ist der dort erwahnte Tisch der Bruderllchkeit zugleieh die Hoffnung auf den Gott zum Ausdruck, der auch seine jetzt in ein Bild aus der prophetischen Eschatologie, wenn die Volker zum Zion Sklaverei geschundenen Kinder einmal aus der Hand ihrer Unterdriicker nach Jerusalem pilgern, urn alle miteinander gemeinschaftlich am Tisch befreien wird. Und auch das in der Traumrede von King zuletzt zitierte [ahwes zu feiern." Spiritual "Free at last" ist ein solches Lied aktualisierter Hoffnung, denn es Aber nicht nur Kings Theologie und Spiritualitat sind durch das Gebesingt die Tradition des Erlassjahres, einer alttestamentlichen Rechtsordmeindeleben der "Black Churches" gepragt. Diese afroamerikanischen nung, nach der alle funfzig Jahre samtliche Sklaven in die Freiheit entlassen Gemeinden waren letztlich auch das entscheidende Riickgrat der friihen werden mussten (vgl. Lev 25,8-55). Biirgerrechtsbewegung, worauf King auch immer wieder hingewiesen hat. Die Liste liefse sieh beliebig fortsetzen: Auch das hoffnungsvolle "FreeDiese Gemeinden waren seit der Zeit der Sklaverei die einzigen Organisadom is coming, oh yes, I know" und nieht zuletzt die Hymne der Biirgerrechtsbewegung "We shall overcome", sie alle entsprangen dieser Tradition burtsurkunde war fur ihn nie ausgestellt worden (ebd., 101). Nachdem Michael Luther der Lieder gegen die Sklaverei und gegen eine Politik der Rassentrennung, King, Sen. 1934 als Mitglied einer Gruppe afroamerikanischer Baptistenpastoren den wie sie seit der Aufhebung der Sklaverei in den Siidstaaten der USA praktibaptistischen Weltkongress in Berlin und die Stadt Wittenberg besucht hatte, verwendete ziert wurde." Es waren diese Lieder der Hoffnung und der Siegesgewissheit, dieser fiir sich selbst und seinen damals funfiahrigen Erstgeborenen nur noch den Namen die gegen alle erlebte Benachteiligung, Ausgrenzung und Unterdriickung Martin Luther King, sodass dieser Name in den Folgejahren zum offiziellen Namen von Martin Luther King, Sen. und Martin Luther King, [r. wurde. Miigliche~weise geschah voll Inbrunst in den afroamerikanischen Gemeinden gesungen wurden. dies aus Verehrung fur den Wittenberger Reformator, in dessen Spuren sich Martin LuU nd man kann sich vorstellen, wie der kleine Martin Luther" Sonntag fur II 12 13 14 ther King, Sen. sah (vgl. Introduction, in: Clayborne Carson (Hg.), The Papers of Martin Luther King, [r. Vol. I: Called to Serve. January 1929 - June 1951, Berkley/Lo.s Angeles/ London 1992, 31 Anm. 98). Er selbst hat den offiziellen Namenswechsel allerdings darnit Vgl. Strubind, zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Macht (wie Anm. 9), 507f mit Verweis auf James Cone, Black Theologybegrundet, dass er damit einen Wunsch seines Vaters erfullt habe, den dieser auf dem Black Church, in: David zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA J. Garrow (Hg.), Martin Luther King, Jr. and the Civil Right Sterbebett geiiu£ert habe (vgl. King sen., Aufbruch [wie Anm. IOl: 101). . . Movement, Bd. I, New York 1989, 204. 15 King hat dies en Text bereits wah rend seines Studiums in Bosto? mtensl~er erarbeitet und Vgl. [ohanne DziewaslClaudia Bullerjahn, Die Entwicklung der Spirituals und Gospels seine Obereinstimmung mit der Theologie des Propheten m einer NOtlZ zu diesern Text und ihre Bedeutung fur die afroamerikanischen Kirchen, in dieser Ausgabe: ZThG 23 festgehalten. Vgl. Michael G. Long, Against Us, But for Us: Martin Luther King, [r. and (2018),140-159· the State, Macon, Georgia 2002, 117. Am bekanntesten durfte seine Predigt zu Am 5,24 Zur Segregation in den Siidstaaten und den historischen Rahmenbedingungen, in denen sein, die unter dem Titel "Wie sollte ein Christ den Kommunismus sehen?" gleich mehrKing und die Burgerrechtsbewegung kampften, vgl. Daniel Moosbrugger, Die amerikanifach veriiffentlich wurdc. Auf Deutsch erstmals 1964 in Martin Luther Kingjr., Kraft zum sche Burgerrechtsbewegung, "Schwarze Revolution" in den 1950er und eoer [ahren, StuttLieben. Betrachtungen und Reden des Friedensnobelpreistdigers, Konstanz 1964, 149-161. gart 2004. 16 Vgl. [es 2,2-5 und 25,6-9. Dieses Bild einer internationalen Tischgemeins~haft hat auch Ursprunglich wurde Martin Luther King, [r, 1929 als Michael Luther King ins GeburtsJesus in seiner Verkiindigung wieder aufgenommen (z. B. Lk 13,29), wie er uberhaupt mil register von Atlanta eingetragen. Bereits Kings Vater Michael Luther King, Sen., war in Vorliebe Bilder von Hochzeitsfeiern und Gastmahlern fur seine Reich-Gottes-GlelchI11ssc seiner Kindheit von seiner Mutter Michael oder Mike, von seinem Vater aber Martin Luther genannt worden (vgl. King sen., Aufbruch [wie Anm. 10], 23). Eine offizielle Geverwendete. 11.111 zyxwvutII;" srqponmlkjihgfIVedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJI , HGFEDCBA 1\1 "II" liOI1CII,. ill d '!lCI1 die SI I,IV '11 und ilu ' N.I hl.i1l! '11 Ihl Leben Ull.lhh:illgig von. wed~er B~vormundung gestalten konntcn.' Und so slclltcn die gut aus Gemcindcn rnchr gebIldeten Leiter und Pastoren der afroamcrikanischen als di~ Halfte aller Amtstrager in der Biirgerrechtsbewegllng. Es waren die Gemellld~n der "Black Churches", in denen die Massenproteste und Demonstranoncn vorbereitet und organisiert wurden. Sie stellten die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dienten als Anlallfstationen fur Unterstutzer und Sympathisanten und versorgten die Demonstranten mit Essen und Quartieren. Sie stellten die Streikposten, unterstiitzten die Aktivitaten mit Gebetskreisen und Schulungen zum gewaltlosen Widerstand und auf ihre finanziellen und personellen Ressourcen konnten die verschiedenen Biirgerrechtsbewegungen vor Ort zugretfen." Lewis V. Baldwin hat es einmal so zusa~.m~ngefasst; "In a ;:,rord, black churches formed the power base of the CIvIl nghts movement. 19 Und so verwundert es nicht dass auch der junge Martin Luther King, als er als frischberufener Pastor in seiner erst~n Gemeinde in Montgomery anfangt, sofort in die Organisation des dortigen Busstreiks involviert wird. . Dass Martin L~ther King se~r schnell in der Biirgerrechtsbewegung zu einer zentralen Figur wurde, hangt aber sicherlich nicht nur mit dem erfolgreichen Busboykott in Montgomery zusammen, sondern auch damit, ?ass er aufgrund seiner akademischen Bildung als promovierter Theologe III der Lage war, als Prediger die afroamerikanischen Gemeindemitglieder zum Protest zu monviere» und zugleich die Gedanken, Ziele und Methoden des Protests auf eine Weise zu formulieren und zu retlektieren die ihn zu e!nem g~~amtgesellschaftlich gesprachsfahigen Reprasentante~ der Theologle der Burgerbewegung werden lief; Mur tlu '7 Vgl. zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Michael Haspel, Martin Luther King, Jr. als Theologe, Kirchenfiihrer und Biirgerrechtl.er. Dle.Kontex~uahslerung Schwarzer Theologie und die Mobilisierung der schwarzen KIrchen III der Burgerrechtsbewegung, in: Michael Haspel/Britta Waldschmidt-Nelson (Hg.), Martin Luther King. ~eben, Werk und Vermachtnts, Weimar 2008, 67-86. 151-159, bes. 69-71, der die soziologtsche und okonomische Bedeutung der afroamerikanischen Klrchengemeinden fiir die Biirgerrechtsbewegung verdeutlicht. 18 Vgl. Striibind, Macht (wie Anm. 9), 513 " Lewis V. Baldwin, Martin Luther King [r., The Black Church and the Black Messianic Vision, in: David J.zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Garrow (Hg.), Martin Luther King, Jr. and the Civil Rights Movement, Bd. I, New York 1989, 6 zitiert nach: Striibind, Macht (wie Anm. 9), 513. I, I\lltg 1t.111~' 11I11.ld,,1 I III \ I I,"' II 01, , I " I" \\'\ It\ ~1t'1t1\"1 'I SOllologll' 1'17 studlcrt, bcvor 'I ails hli 'I~ -nd 'Ill -n B.I hclo: ill '1 h 'ologi' -rwurb, all d '11 cr dann I> 'i Il ' I h .ologischc Promotion a nsch 10SS.'1I ~)ies ' s()z~.ologisch-lheo~ogische I)oppelqualifikalion cntsprach dcr theologischen Pra~ung de~ Social Gospel ciner Bewegung des amerikanischen Protestantismus, die besonders VOI~ dem baptistischen Theologen Walter Rauschenb~sch gepragt wurde LInd die auch King mafsgeblich beeintlusst hat." Dabei hat vor allem Rauschenbuschs Reich-Gottes-Theologie den Visionar King inspiriert." Der Baptist Walter Rauschenbusch, der um die Wende vo~ 19. ~.um 20. [ahrhundert zu den eintlussreichsten Theologen Nord~menkas zah~te hat die Lehre vom Reich Gottes in den Mittelpunkt seiner Theologie g~stellt.23 Vor etwa 100 [ahren hat er i~ s~inem Buc~ "Christia~izing the Social Order" (1912 erschienen) sehr pointiert formuhert, dass dleyo.rstellung vorn Reich Gottes das "erste und wichtigste Dogma des chnsthchen Glaubens" sei." Nach Rauschenbusch kann niemand ein Nachfolger Iesu sein der nicht das Reich Gottes zum zentralen Ziel seines Lebens gemacht hab~, und ohne zu wissen, was das Reich Gottes sei, k6nn.e niemand J~sus Christus verstehen, wei! dieser das Reich Gottes in den Mittelpunkt s~lller Predigt und seines Lebens gestellt habe. Jesus habe ~amlich ein ~ozI~les Evangelium gepredigt, indem er das Kommen des Reiches Gottes III diese Welt verkundigte." 20 21 3. Kings Vorstellung der "Beloved Community" und die Reich-GottesTheologie der SociaI-Gospel-Bewegung Neben den pragenden Erfahrungen im Kontext der afroamerikanischen Gemein~en gab es. e.ine weit~re e?tsch~ide~de EintlussgroBe fur Kings Traum einer endzettltchen Bruderhchkelt, mit der er bereits wah rend seiner Studienzeit vertraut gemacht wurde. l.uthc: I 111111 , I 1111' 22 23 24 25 Vgl. Dietrich, King (wie Anm. 2),98 . . King kam wahrend seines Studium am Crozer Theological Seminary mit den W.erken von Walter Rauschenbusch in Beriihrung. Als Ergebnis seiner Rauschenbuschlekture hat King neben kritischen Anmerkungen als Fazit festgehalten, dass diese "einen unausloschlichen Eindruck" auf ihn gemacht habe, da sie sein "Interesse fu~ soziale Fragen theologisch unterrnauerte", - "Seit ich Rauschenbusch gelesen habe, bin ich uberzeugt, daf jede Religion, die angeblich urn die Seelen der Menschen besorgt ist, sich aber nicht urn die sozialen und wirtschaftlichen Verhaltnisse kumrnert, die der Seele schaden, geistlich gesehen schon vom Tode gezeichnet ist und ?ur all~ den Tag des Begrabnisses w~<~tet. Man hat mit Recht gesagt: ,Eine Religion, die beim Individuum endet, tst am Ende. (Martm Luther King, Mein Weg zur Gewaltlosigkeit, in: Schopfenscher Wlde~stand. Reden, Aufsatze, Predigten, hg. von Heinrich W Grosse, Giitersloh 1980, 19-34, Zitate 20. .. Vgl. Kenneth L. Smith/Ira G. Zepp, [r., Search for the Belo~ed CommuBlt~.: The Thinking of Martin Luther King, [r., Valley Forge 1975, bes. 37-45. E1I1en Uberblick ub~; Rauschenbuschs Reich-Gottes-Theologie bietet Christian Oelschlagel, "Reich Got~es im S~~lalprotestantismus der USA. Walter Rauschenbuschs ,;n~eology for the S.oclal Gospel , 111: Eurich, Johannes (Hg.), Diakonische Orientierungen 111 Praxis und Bildungsprozessen, Heidelberg 2005 [DWI-Info 37],69-82. .. Vgl. zum Folgenden auch Ralf Dziewas, Social Gospel und moderne .Sozlaltheol0!lle. Zur Bedeutung der Reich-Gottes-Vorstellung fiir eine ~esellschaftsveran~ernde Dlak0111e; in: Christoph Bottigheimer/Ralf Dziewas/Martin Hazier (Hg.),. Was durf~n wir h.offen. Eschatologie in okumenischer Verantwortung, Leipzig 2014 [Beihefte zur Okumenischen Rundschau 94; Veroffentlichungen des Interkonfessionellen Theologischen Arbeitskreises 4], 113-131, eben falls abgedruckt in: ZThG 18 (2013), 199-214. . Vgl. Walter Rauschenbusch, Christianizing the Social Order, Norwood (MA) 1912, 49, ZItat ebd. [Ubersetzung R.D.] Vgl. ebd. Il.tll II I \ ,I zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 111111111 1111111 I I III', II I Iii \ I I"" II 01,1 I I. I" Villi W,dtl'l 1~,IlI~dl'lIhll~ It uml dell ,lIldl'I\'1I 'I It CII I 01-\ 'II lind (.>kOIHllll'II zu dcu Vcr u ctcru Cllll':-' I,o,illlilkll.ll is , S(IO I'll (;oSI)d B -wcuun i crd. hi wurd 'II, I lillf,en lmmcr mit an, w inn tischen Verstandnisscs des Rei hes Goncs. () -r zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Pus! mill 'n<l rismus lchr l I I, ~" ['I • " h ib Marlin l.uth 'J" King von tier "B 'loved COllll11UJ1lty sc re., l. te, dass die Wiederkunft des auferstandcncn Christus sich erst zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA nach dcm Durnit gchor: Ruuschcnhusch in Offenbarung 20 verheifsenen tausendjahrigen Friedcnsrci h crcignen wird." Wahrend sich der Praemillenarismus oft mit apokalyptischen Endzeiterwartungen verbindet, nach denen diese Weltzeit zunachst enden muss, bevor das dann oft jenseitig gedachte Reich Gottes kommen kann, ist das Reich Gottes im Postmillenarismus eher ein diesseitiges Reich. Das Reich Gottes ist der Ziel- und Endpunkt dieser Weltzeit. Das Friedensreich Christi kommt nicht erst im [enseits, sondern es steht am Ende der menschlich-sozialen Entwicklung, die letztlich im Reich Gottes zu ihrem Ziel kornmen wird. Gottes Reich ist die Vollendung aller menschlichen Hoffnungen auf ein gelingendes Miteinander nach dem guten Willen Gottes." Kings Vision eines von Liebe gepragten Miteinanders der Menschheit, fur die er den Begriff der "Beloved Community" verwendet, steht eindeutig in dieser Tradition einer diesseitigen Reich-Gottes-Lehre des Social Gospel. Er ubernimrnt von Walter Rauschenbusch die Vorstellung, dass am Ende der geschichtlichen Entwicklung eine Gesellschaft stehen wird, die nicht mehr von den Gegensatzen zwischen Arm und Reich oder von Schwarz und WeiB gepragt sein wird. Wenn Gottes Liebe sich durchsetzt, dann werden die Menschen in Frieden und Freiheit miteinander leben. Dann werden sie als Gleiche unter Gleichen, als miteinander versohnte Menschen, die nach Gottes Willen leben, einander helfen, unterstutzen lind eine Gesellschaft gestalten, in der jeder zu seinem Recht kommt und aile genug zum Leben haben." King nimmt damit Uberlegungen von Rauschenbusch auf, der angesichts des harten Kapitalismus mit seinem Gegensatz von exorbitantem Reichtum lind bitterer Armut, wie er fur das ausgehende 19. Jahrhundert ublich war, das Reich Gottes in dieser Welt als ein eher genossenschaftlich gepragtes Wirtschaftssystem beschrieb, in dem das Gemeinwohl und nicht die Macht des Starkeren oder die Durchsetzung von Eigeninteressen die Struktur von Produktion und Giiterverteilung bestimmt." Derartige Vorstellungen, die Vgl. Markus Muhling, Grundinformation Eschatologie. Systematische Theologie aus der Perspektive der Hoffnung (UTB 2918), Giittingen 2.007, 2.02 27 Vgl. zur alttestamentlichen Basis und systematisch-theologischen Bedeutung von Kontinuitat und Bruch, Diesseitigkeit und Jenseitigkeit in der Reich-Gottes-Lehre Johanna Rahner, "Lasst Euch nicht vertrosten!" (B. Brecht). Das ,Reich Gottes' als eschatologische Metapher im theologischen Disput, in: Christoph Bottigheimer/Ral] Dziewas/Martin Hailer (lig.), Was diirfen wir hoffen? Eschatologie in okumenischer Verantwortung (Beihefte zur Okumenischen Rundschau 94; Veriiffentlichungen des Interkonfessionellen Theologischen Arbeitskreises 4), Leipzig 2014, 95-112. za Vgl. Martin Luther King, Das Haus der Welt, in: Schopferischer Widerstand. Reden, Aufsatze, Predigten, hg. von Heinrich W Grosse, Giitersloh 1980, 87-109. 29 Rauschenbuschs Zukunftsvisionen sind dabei sehr diesseitig und lebensnah, selbst wenn sie aus der Zeit der ext rem en Ungerechtigkeiten des ausgehenden 19. Jahrhunderts heraus geradezu utopisch anmuten: "For a baby it means the breast and heart and love of a mother, and a father who can keep the mother in proper condition. For a workingman salvation includes a happy home, clean neighbors, a steady job, eight hours a day, a boss that treats Am Anfang seiner Wirksamkcit als Biirgerrechter lag Kings Fokus vo: a~~ lcm auf der Prage der Rassentrennung, die mit einer "Beloved ~omm~lllty , also einer von Liebe gepragten Gesellschaft natiirlich nic~t v~rembar ist un? daher ilberwllnden werden muss, bevor das Reich Gottes 111 ~leser Welt Rea~ltal werden kann. Dafur formulierte er in der Red~ vor dem ~mcoln-Mem~nal seinen Traum von den Kindem, die einander die Hand reichen und Bruder lind Schwestern werden, unabhangig von ihrer Herkunft und Hautfarbe. ~n den letzten [ahren vor seiner Ermordung 1968 weitete Kin? da.nn aber sein Engagement auch auf den Norden der USA a~.s, indem er 111 die Slums von Chicago umzog, urn dort eine Bewegung zur Uberwindung der Armut und der sozialen Benachteiligung und Ausgrenzung aufzu?~uen '. [edoch gela~g ihm dies nicht in vergleichbar erfolgreicher Weise, w~111hm im Norden die Basis fehlte. Es gab dort keine in vergleichbarer Weise von den ~rfahru~en der Sklaverei gepragten "Black Churches", mit de~.en er geme111sam die ~estehenden Ungerechtigkeiten hatte aktiv angehen konnen. In d~n ~etzten [ahren seines Lebens galt Kings Kampf fur ~ie .Beloved Commulllty dann auch dem Widerstand gegen den Vietnamkneg, well er den Zusammenhang von Frieden und Gerechtigkeit auch international erkannte.30 • • So erweiterte King seinen Traum in einer Weihnachtspred1gt, drei Jahre nach seiner beriihmten Rede von Washington: I h h wie der Traum sich in einen Albtraum verwandelte, wenn. ich zu;c~a:t: 'wie der Krieg in Vietnam sich ausweitete [oO .J. [awohl, ich bin selbst Opfer ;ufgeschobener Traume und zerschlagene~ Hoffnungen, aber trotzd~m sage ich jetzt zum Schluls, daf ich immer noch emen Traum habe, denn, wIBt him as a man, a labor union that is well led, the sense of doing his own best work an: no~ bein used up to give others money to burn, faith in God and 111 t?e .final tr~ump an resent power of the right, a sense of being part of a movement that IS hftl~g his class a~d mankind and such like'. Therefore the conception of salvation which IS con tamed 111 the word the Kingdom of God' is a truer and completer conception than that which I~ contained in the word ,justification by faith: as surely as the whole is better than a part. (Rauschenbusch, Christianizing [wie Anm. 2.4], 117·) . . O· Vgl zur zweiten Phase des Wirkens von Martin Luther K1I1g Heinricb W. Grosse, . te Ma~ht der Armen. Martin Luther Kings Kampf gegen Rassismus, Armut und Kneg, 111: Michael Haspel/Britta Waldschmidt-Nelson (Hg.), Martin.Luth~r Kmg. Leben: Werk und Vermachtnis (Schriftenreihe der Evangelischen Akademle Thunngen 1), Wel.mar 2.~08~ 13-34,139-146. Leider wird diese zweite, weit weniger erfolgrelche Phase von ~mgs tsche: samkeit haufig nicht ausreichend gewiirdigt. Dabei waren es. gerade die sozlal~hlsf en Im likationen von Kings Wirken, die seine erste RezeptlO~ 111 der deutschen . eo ogle in Xen soer bis 80er [ahren des 2.0. Jahrhunderts pragten. K1I1gs Emsatz gegen dlel Annu~ und e en den Vietnamkrieg ist aber elementar, wenn man _verstehen Will, wie SIC 1 Kll1g~ Selb~v~rstandnis und sein Auftrag im weiteren Verlauf seines Lebens wan.delte u?nd cr weiterten. Vgl. Peter Ling, An welchen Martin Luther King sollen wir uns enn~e:n. Martin Luther King und die Facetten seines Wlrkens in der Ennnerungskultur, in: Haspel! Waldschmidt-Nelson (Hg.), Martin Luther King, 97-110, 160 f. ;11 26 30 00 1\1.111111 I(.til I )/I"\V,I zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Ilrld\'1 ihr, n~an kann im I:cbcn ni hi uulgebcn. 1 ... 1 kh t riiu mc duvon, d"g CIIIC:' '1',\ ges die M~nschel~ s~ch erheben und einsehcn worden, daH sic gcschallcn sind, urn als Brud~r mlte111an.der zu leben. Jeh traurne auch an diesem Morgen noch davon, daf e~nes Tages jeder Neger in diesem Lande, jeder Farbige in der Well ~uf Grund se111~s C~~rakters anstatt seiner Hautfarbe beurteilt werden und daB Je~er Mensch die Wurde und den Wert der menschlichen Personlichkeit achten wird, [ ... J Ich .trau~e auch he ute noch davon, daf eines Tages das Recht offenbar w~rden wird wie Wasser, und die Gerechtigkeit wie ein starker Strom. [ ... J Je~ traume ~uch ~eute noch davon, daf eines Tages der Krieg ein Ende nehmen wird, daf die Manne~ ihre Sc~werter zu Pflugscharen und ihre Spiefse zu Sicheln l11~chen, daf ke111 Yolk Wider das andere ein Schwert aufheben und nicht mehr knegen lernen wird,'?' Die "Beloved Community" ist fiir King nur realisierbar, wenn sie in einem "Welthaus" ?~leb~ wird, in demaIleMenschen weltweitvon Rassismus,Armut und Mlllta~1smus be~reit, versohnt zusammenleben.? Angesichts der Schrecken des V1etnamkr~eges fordert King seine Mitstreiter in der Biirgerrechtsbewegung heraus, erne Weltperspektive einzunehmen: "Wir h~ben. d~e Bedeutung der Gewaltlosigkeit in unserem Kampf um Rasseng~rech~lgkelt 111 den V~reinigten Staaten erprobt, nun aber ist fur die Menschen d~e Zeit gekommen, die Gewaltlosigkeit in allen Bereichen men schlicher Konflikte zu erproben, und das bedeutet Gewaltlosigkeit auf internationaler Ebene. [ .... J Unsere [Zusaml11engehorigkeitsgefiihleJl11ussen uber unsere Rasse, unsere Sippe, un.seren Stand undo unser ~aterland hinausdringen, und das bedeutet, daB.w'r e111e Weltperspektive entwickeln miissen. [ ... J Ietzt ist das Gericht Gottes ube~ uns, und wir mussen entweder lernen, als Bruder miteinander zu leben, oder wir werden aile zusammen als Narren untergehen.'?' Diese Er:v:eiterung .s~in~r Vision einer "Beloved Community" und seine klare politische Positionierung gegen den Vietnamkrieg brachten King . I Gegnerschaft auch im eigenen Lager und es ist sicherlich nicht ohne ;1:_ deutung, dass seine Ermordung am Vorabend eines MiiIlarbeiterstreiks erfolgt~, de~n 1968 ha~te King sein Wirken Hingst auf Fragen der sozialen Gerechtlgk~1t aus.gewe1tet ~n~ sich damit viele zusatzliche Gegner geschaffen. De.r King-Biograf Heinrich W. Grosse hat die Bedeutung des Visionars Martin Luther King einmal so zusammengefasst: 1t,11I\'1\ (illl'1 wanden. 1111111 I I 1111' II I III \'1 10111,11 011 I I II I •• 101 'l\'l\d\' J.-I,dl, wcil viv IIl'l\ 11.11111 IIl'l I> hlccht '1\ (;cgcnwart Kingl> Traum war cin .I'ruum nuch vorw.irts' (Ernst Bloch)."" IlIllhrll~1 Abcr Marlin Luther King hat Rauschenbuschs Reich-Gottes-Vorstellung nicht nur auf eine globale Ebene gehoben und durch seinen Traum einer wcltweiten "Beloved Community" iiberboten. Er hat sich auch in einer wescnllichen Frage ganz deutlich von Rauschenbuschs Vorstellung abgesetzt: Walter Rauschenbuschs Reich-Gottes-Theologie war noch ganz von dem Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts typischen gesellschaftlichen Entwicklungsoptimismus gepragt. Die Zeit der technischen und wirtschaftlichen Fortschritte liefs weltweit eine glorreiche und verhei:Bungsvolle Zukunft erwarten. Und so schien auch die moralische Vervollkommnung der Menschheit zur Bruderschaft des Retches Gottes nur noch eine Frage der Zeit zu sein." Die Transformation des gesamten menschlichen Lebens in eine Gesellschaft, in der Gottes Wille in allen sozialen Beziigen zur Geltung kommt, das ware die Gegenwart des Reiches Gottes in dieser Welt. Auf dieses Ziel hin ist die Christenheit nach Rauschenbusch unterwegs, sofern sie sich in ihrer Theologie und Frommigkeit erneuert. Letztlich aber ist diese Entwicklung unaufhaltsam, weil sie dem Willen Gottes entspricht und Gott durch seinen Geist in der Welt wirkt. Dieser Optimismus des Social Gospel zerschellt jedoch, wie der vergleichbare Optimismus des deutschen Kulturprotestantismus, in den schrecklichen Erfahrungen der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts und wird endgiiltig unglaubwiirdig mit der Shoah, der Vernichtung des europaischen Judentums durch das nationalsozialistische Deutschland. Entsprechend scharf sind dann auch die Kritiker des Social Gospel mit den sozialen Utopien Rauschenbuschs umgegangen. Sie unterstellten, die Social-Gospel-Bewegung habe eine Strategie der selbsrerlosung oder der Rechtfertigung aus Werken gelehrt,36 auch wenn dies sicherlich unzutreffend ist, denn Rauschenbusch sieht durchaus, dass die Errichtung einer gerechten Gesellschaft nur durch den Heiligen Geist und eine von ihm gewirkte "Soziale Erweckung" (Social Awakening) herbeigefiihrt werden karin." Aber der ungebrochene Optimismus des 19· Jahrhunderts war natiirlich nach Auschwitz keine theologische Option mehr. Grosse, Macht (wie Anm. 30), 32. Dieser weltimmanenten Reich-Gottes-Idee weif sich Rauschenbusch seit seinem Studienaufenthalt in Deutschland im [ahr 1891 verpflichtet und so griindet er 1892 mit Gleichgesinnten die Bruderschaft des Reiches ("The Brotherhood ofthe Kingdom"). Zur Biografie Rauschenbuschs vgL Christopher H. Evans, The Kingdom Is Always but Coming. A Life of Walter Rauschenbusch, Grand Rapids, Michigan/Cambridge, U. K. 2004, darin zur Bedeutung der Brotherhood of the Kingdom fiir Walter Rauschenbusch bes. 103-111. 36 VgL Richard Niebuhr, The Kingdom of God in America, New York 1937, 267· 31 zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Martin Luther King:, Friede au.fErden. Elne Weihnachtspredigt, in: Schopferischer Wider37 Vgl. Rauschenbusch, Christianizing (wie Anrn. 24), 107· AuJ3erdem hat Rauschenbusch stand. Reden, Aufsatze, Predigten, hg. von Heinrich W. Grosse Giitersloh 1980 sehr deutlich gemacht, dass Beginn, Fortschritt und Vollendung des Reiches Gottes letztZitat 116 f. ,,110 117, lich nur durch Gott selbst bewirkt werden konnen: "The Kingdom of God is divine in its 32 Vgl. Martin Luther King, Das Haus der Welt, in: Schopferischer Widerstand. Reden, Auforigin, progress and consummation. It was initiated by Jesus Christ, in whom the pro33 sa.tze, Predigten, hg. von Heinrich W. Grosse, Giitersloh 1980, 87-109· zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA phetic spirit came to its consummation, it is sustained by the Holy Spirit, and it will be King, Fnede (wie Anm. 31), 111. .Das ,Haus der Welt', der ,Tisch der Bruderlichkeit', die ,beloved community' das ,Gelo_bte La~d', der ,Auszug aus Agypten' - mit diesen und anderen integr~tIven Bildern, ~.n den en King die Hoffnungen und Sehnsiichte seiner Zuhorenn~en und Zuhorer zusam~enfasste, bewirkte er, dass Ohnmachtsgefuhle angesichts der gegebenen politisch-sozialen Verhaltnisse abgebaut wurden. Diese 34 35 'I)! I{ ill Das Wusste auch Marti 11 l.ut her I, i Ilg 'K, d 'I d ':,11,\1 h d '1\ '1'1 auu: VOI1 ci n 'r .Belovcd Community" als Zicl cines Ian .n Kampf's dcr Liebe gl'g .n den Hass sah. Das Reieh Gottes komrnt nicht von selbst. Es braucht den ganzen Einsatz aller fur Frieden und Versohnung, fur Freiheit und gegenseitigen Respekt. So wie die Rassentrennung nicht von selbst verschwindet, so miissen alle gesellschaftliehen Gegensatze aktiv iiberwunden werden." King bekam immer wieder den Vorwurf zu horen, die Biirgerrechtsbewegung wiirde mit ihren Boykottaktionen, Streiks und Demonstrationen nur Unfrieden schiiren und eine positive gesellschaftliche Entwicklung storen, die doch durch langsame Reformen vie} besser vorangetrieben werden konnte. Gegen diesen Vorwurf verteidigte er sieh in seinem offenen Brief an acht Geistliche, den er schrieb, wahrend er in Birmingham im Gefangnis saK40 Und dabei greift er auf eine weitere Einsieht zuruck, die er bei Rauschenbusch gelernt hat: Beim christlichen Glauben geht es nieht nur urn die personale Gottesbeziehung des Christen und urn die Aussicht auf das ewige Leben. Es geht auch urn die sozialen Beziehungen in der Gesellschaft und damit urn das Reich Gottes aufErden. Wie Rauschenbusch sieht auch King die Kirchen in I 38 39 40 1\1.111111 zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 11,1, \\.1 bought to its fulfilment by the power of God in his own time. The passive and active resistance of the Kingdom of Evil at every stage of its advance is so great, and the human resources of the Kingdom of God so slender, that no explanation can satisfy a religious mind which does not see the power of God in its movements. The Kingdom of God, therefore, is miraculous all the way, and is the continuous revelation of the power, the righteousness, and the love of God. The establishment of the power, the righteousness in mankind is just as much a saving act of God as the salvation of an individual from his natural selfishness and moral inability." zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Walter Rauschenbusch: A Theology for the Social Gospel, New York 1917,139 f. Vgl. King, Weg (wie Anm. 23), 20, der zu Rauschenbuschs Reich-Gottes-Theologie kritisch anmerkt: "Ich hatte das Gefuhl, als ware er dem Fortschrittsglauben des 19. Iahrhunderts zum Opfer gefallen, der ihn zu einem oberflachlichen Optimismus in bezug auf die menschliche Natur verleitete." (Ebd.) Dabei kann King durchaus militatische Bilder gebrauchen, urn seinen gewaltlosen Kampf Zl1 beschreiben: "Wir zogerten nicht, unsere Bewegung eine .Arrnee' zu nennen. Aber sie war eine Armee besonderer Art, mit keiner anderen Ausriistung als ihrer Aufrichtigkeit, keiner Uniform aufser ihrer Entschlossenheit, keinem Waffenarsenal aufser ihrem Glauben, keiner Wahrung aulser ihrem Gewissen. Sie war eine Arrnee, die vorruckte, aber kein Unbill zufugte, die angriff aber nicht wankte, eine Arrnee, die sang, aber nicht totete, Sie war eine Arrnee, die die Bastionen des Hasses sturrnte, die Festungen der Rassentrennung belagerte und Symbole der Diskriminierung umzingelte. Diese Armee hatte Gott den Treueid geschworen, und ihre Strategie und ihre Intelligenz waren auf einfache Weise vom Gewissen gepragt." (Martin Luther King, Verpflichtung zur Gewaltlosigkeit, in: ders., Mein Traum vom Ende des Hassens. Texte fiir heute, hg. von Hans-Eckehard Bahr und Heinrich W Grosse, Freiburg i. Br./Basel/Wien 1994, 57-60, Zitat 57 f.) Der Brief ist eines der Schliisseldokumente der Theologie Kings, da er hier seine Theologie des aktiven gewaltlosen Widerstandes gegen Angriffe aus kirchlichen Kreisen verteidigt und anders als bei der Abfassung seiner anderen Schriften und Reden seine Position formulieren musste, ohne auf Zuarbeiten von Mitarbeitern zuriickgreifen zu konnen. Der Brief ist u. a. abgedruckt in: Martin Luther King, Warum wir nicht warten konnen, Berlin 1965, 91-118. 11111" 1 I "'1', I, I," \, 1,,,',11 01, , I" I() \ I" Vt'I\IIlIWOllllllg IIII' til' :,o:ti,lk l.ntw: Ilung d:1 (; ':' 'I~s l~a,ll. l)i' Ki.r h ' hub ' d i ' V 'r,1 III worlllllg, "llorizolll 'ZLI -rwcitcrn, den Status qU~.ln I:ragc zu sl '1I'n lind g .gcn die tradluoncllcn S~llen zu.ver LoBen wel1l~ :~: ('hrislcntum habc dabei stcts eme doppe te Au g not wcnc I ·Ig I'Sl"" . L)'lS , , zu leistcn: Wir mussen erkennen, daB die christliche Botschaft eine zwei~p~ige Stra.B~ til'l i j'st. Einerseits solle.n dieii~::~::eerr~;~S~7ee~:~::~:e{~b~~~b~~:ng~~g:~e~~s ::~:~~e~ln!::e~~:l:: :erden, damit die Seele nach ihrer Veranderungauch eine Chance hat.?" Dafiir aber diirfen die Unterdriickten die gewach~enen .. Strukture~ de~ Vnterdriickung niemals akzepueren Sie miissen die Veranderung urc gezielte gewaltfreie WiderstandsaktlOnen aufbrechen. 4. Kings Vorstellung der "Beloved Community" und die Traditionen des aktiven gewaltfreien Widerstands King selbst hatte, als er an die Spitze des Biirgerpro~estes ~rat, noc~ w~i~ ~~~ fahrung mit den Prinzipien des aktiven gewaltfrelen Wlderstan s. r a. wahrend des Studiums zwar Gandhis Schriften gelesen, ~ber e~ ":,,are? s~~~ Freund Bayard Rustin und sein weiiier Kollege Glen Smiley, die Ih: 1~ k Zeit des be innenden Busboykotts genauer mit den Ko~zepten un ra . tiken Gand~is vertraut machten." Uber dessen gewaltfrele.n K~mpf urn dl~ Unabhangigkeit Indiens war in den Zeitungen der afroa~enkamschen Comb munit sehr intensiv berichtet worden und schon vor K111gs Engagement ~a . dY USA gewaltfreie Protest- und Boykottaktionen und DemonstratlOes 111 en d W 'g 44 nen zur Durchsetzung gleicher Rechte fur Schwarze un ei e. . Kin hat sich in der Zeit nach dem erfolgreichen Busboykott 111 Mon:g . f Gandhi als Vorbild berufen, wohl auch deshalb, well gomery unmer au . li h t des sen erfolgreicher Kampf gegen den Britischen Koloma Ism~~tUc zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZY d un ~~ den liberalen WeiBen, die die Biirgerrechtsbeweg~ng fina?Zle . un 1_ tisch unterstiitzten, hohe Sympathie besafs. Letztlich ~ber ist K111gs 1 ~ sophie der Gewaltlosigkeit starker von der Bergpredlgt und [esu Auffo - ph~ 41 42 43 . S h( . A 22) 41 [Dbersetzung R. D.] King zitiert nach SmlthlZepp, earc wie nm. '. hen? . . ders Kraft zurn . II' Chri t den Kommumsmus se en., Ill. ., Mabrtin LKuthetr King'6W411e4s9~16:1~itatr~;6 Irn Original zitiert bei SmithlZepp, Search (wic LIe en, ons anz 19, , . Anm. 22),42 f. .. h hi b ffnete Wachter in seinem Haus als auch fur sich So hatte King selbst zunac st sowo ewa . d . hm . edoch von der Behorde ab- i~:~~:~;L~;!~;:~~,~:I~~E~;:~~r::p~~~#:JE;;~:f£~~;:£:"~;~ 44 amerikanischen Burgerrechtsbewegung, Luther King, 35-54, bes. 42 f. Vgl. ebd., 37-41 in: as e 204 zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Ralf Dziewas derung zu Feindesliebe und Versohnung gepragt als von Gandhis Kampf urn die Unabhangigkeit Indiens." Gandhis Konzept sah namlich als ein wesentliches Moment vor, die britischen Unterdriicker zu beschamen und ihre Unterdriickung durch das offentliche Erleiden zu entlarven und blofszustellen, denn Gandhis Ziel war vor allem die Befreiung von der britischen Vorherrschaft. Kings Ziel hingegen war die .Versohnung" von Schwarz und WeiB und die Verbriiderung zwischen den beiden durch die Segregation voneinander getrennten Gruppen. "So betonte der junge Pfarrer, dass gewaltloser Protest nicht zum Ziel haben konne, den Gegner zu demutigen. King hob hervor, dass es darum gehen musse, die Freundschaft und das Verstandnis der weifsen amerikanischen Bevolkerung zu gewinnen. Proteste seien demnach nicht gegen einzelne Rassisten gerichtet, sondern gegen allgemeine .Machte des Bosen', welche die weifse Vorherrschaft aufrechterhalten wollten. Aktivistinnen und Aktivisten seien deshalb dazu aufgerufen, ihre Gegner zu lieben, nicht zu hassen, wobei King Liebe in diesem Zusammenhang als verstandnisvolles und versohnendes Wohlwollen definierte.?" Es war diese Betonung von Liebe und Versohnung, die einen wesentlichen Teil seiner Wirkung ausmachte, und die Martin Luther King die enorme Medienprasenz gerade in den liberalen Medien seiner Zeit einbrachte. Kings Begriindung der Aktionen und die gewahlte Form der aktiven gewaltfreien Proteste waren in sich stimmig. Der Protestler und der Traumer King passten zusammen. Der Prediger der Liebe, der Visionar der Liebe und der fur eine liebevolle Gesellschaft agierende Biirgerrechtler liefsen sich nicht gegeneinander ausspielen. Ein waffentragender Visionar der liebe, ein im Stile eines Malcolm X das Gegeneinander der Rassen forcierender Prediger der Liebe hatte in der US-amerikanischen Medienoffentlichkeit kaum die Uberzeugungskraft gehabt, wie sie King in den ersten [ahren seines Wirkens besafs." Martin Luther King, Jr. - Ein Visionar der Liebe 205 Dass King mit seinem Konzept der Gewaltlosigkeit durchaus nicht fu r die gesamte afroamerikanische Biirgerrechtsbewegung sprach und viele dort seine Methoden nur solange iibernahmen, wie sich damit sichtbarc Erfolge erzielen Iiefsen, sei an dieser Stelle zumindest erwahnt. Vor allem zum Schutz vor terroristischen Attentaten des Ku-Klux-Klans, der gezielt prominente Biirgerrechtler ermordete, organisierten die meisten afroamerikanischen Biirgerrechtsgruppen auch bewaffnete Selbstverteidigungsmafsnahmen." Kings Traum von der liebevollen GeseHschaft, die nur durch gewalt loses, aber dennoch aktiv veranderndes Engagement fur Versohnung er reicht werden kann, beruht zutiefst auf seiner Theologie einer personalen Gottesbeziehung aller Menschen." Ieder Mensch ist in gleicher Weise als Geschopf ein Ebenbild des Schopfers und damit von gleicher Wiirde. Und in der Gemeinschaft der Glaubenden sind alle Unterschiede aufgehoben und iiberwunden. Dass alle Menschen dazu bestimmt sind, Briider und Schwestern in einer liebevollen Gemeinschaft zu sein, ergibt sich fur King sowohl aus ihrer gleichen Wiirde als Ebenbilder Gottes als auch aus dcr christologischen Uberwindung aller Unterschiede in der christlichen Gemeinde: "Alle Menschen sind gleich als Gottes Ebenbilder geschaffen; sie sind untrenn bar miteinander verbunden. Das ist das eigentliche Zentrum des christlichcn Evangeliums."50 .Gott hat einen grofSartigen Plan fur diese Welt. Sein Ziel ist es, eine Welt zu er reichen, in der aIle Menschen als Schwestern und Bruder zusammenleben und in der jeder Mensch die Wurde und den Wert aller menschlichen Person en anerkennt,'?' Und da ist er wieder, dieser Traum, dieses Bild einer versohnt und in geschwisterlicher Liebe miteinander lebenden Weltgemeinschaft. King weif sehr wohl, dass der Weg dorthin noch sehr weit ist. Aber er sieht die christlichen Gemeinden in der Pflicht, sich fur dieses Ziel zu engagieren. Sic miissen aktiv an der Uberwindung all des sen mitarbeiten, das es zu Tren- King selbst sah in Gandhis Konzept des Satyagraha vor allem eine Umsetzung der jesuanischen Liebesethik auf soziale Konflikte. "Die ganze Idee des ,Satyagraha' machte starken Eindruck auf mich zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA (Satya bedeutet Wahrheit, die Liebe einschlieflt, und agraha bedeutet Festigkeit, die mit Kraft gleichbedeutend ist; Satyagraha bedeutet daher die Macht, die fitiert, dass er als "friedfertigere Alternative" zu Malcolm X leichter mediale, gesellscha fl aus der Wahrheit und der Liebe geboren ist. [ ... J zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Ehe ich Gandhi gelesen hatte, glaubte ich, liche und politische Unterstiitzung in der Washingtoner Politik erhalten konnte. daf die Sittenlehre [esu nur fiir das persiinliche Verhaltnis zwischen einzelnen Menschen 48 Vgl. Wendt, Philosophie (wie Anm. 43), bes. 45-50. gelte. [ ... J Gandhi war wahrscheinlich der erste Mensch in der Geschichte, der Iesu Ethik 49 Martin Luther King war als Schiiler von Edgar Sheffield Brightman, Harold de Wolf von der Liebe iiber eine blofse Wechselwirkung zwischen einzelnen Menschen hinaus zu und Walter G. Muelder stark vom Bostoner Personalismus gepragt (vgl. Martin zyxwvutsrqponmlkji Leiner, einer wirksamen sozialen Macht in grofsem Maflstab erhob. Fiir Gandhi war die Liebe ein Art. "Personalismus", in: RGG' VI, 1130-1133, bes. 1133). So auch Haspel, Theologe (wic machtiges Instrument fiir eine soziale und kollektive Umgestaltung. In seiner Lehre von Anm. 17), 80 f, der King mit den Worten zitiert: "Ich stehe auch heute noch auf dem Boden der Liebe und Gewaltlosigkeit entdeckte ich die Methode fiir eine Sozialreform, nach der dieses personalistischen Idealismus. Seine Behauptung, dass nur in der Person - im end ich schon so viele Monate gesucht hatte." (King, Weg [wie Anm. 23], 24f.) lichen und unendlichen Sinne - letzte Wirklichkeit zu finden ist, hat mich in zwei Uber 46 Wendt, Philosophie (wie Anm. 43), 43. zeugungen bestarkt. Sie liefert mir die metaphysische und philosophische Fundieru ng fii r 47 Inwiefern Malcolm X und Martin Luther King vor allem als Gegner oder am Lebensende den Gedanken an einen personalen Gott und die metaphysische Basis fiir die Wiirde allcs auch als aufeinander zugehende Kampfer fiir die Biirgerrechtsbewegung verstanden werMenschseins." (Ebd., 80.) den konnen, hat besonders Britta Waldschmidt-Nelson in ihrer Doppelbiografie dieser 50 King zitiert nach Haspel, Theologe (wie Anm. 17), 80 beiden Biirgerrechtler untersucht (vgl. Britta Waldschmidt-Nelson, Gegenspieler: Martin 51 Ebd.,83 Luther King / Malcolm X, Frankfurt a. M. 72005). Auf jeden Fall aber hat King davon pro45 206 nungen zwischen den Menschen fi.ihrl, dcnn die christlichc Gcmcinschaft hat als moralische Instanz nieht nur moralische Forderungen zu erheben, sondern sieh mit ganzer Kraft an der Umsetzung ihrer Glaubensideale zu beteiligen. "Es geniigt nicht, dass sie sich in der Welt der Ideen betatigt. Sie muss sich auch auf den Kampfplatz sozialer Wirksamkeit begeben.?" Abe~. dieser Kampf darf nur ein Kampf der Liebe sein, ein Kampf, der nieht die Uberwindung und Verniehtung eines Gegners zum Ziel hat, sondern die Versohnung durch Liebe und die Vereinigung aller Menschen zur Geschwisterschaft der Kinder Gottes. Nur im gewaltfreien Widerstand konnen Christen der Entwiirdigung ihrer Geschwister entgegenwirken und dennoch den en, die die Entwurdigung leben, mit Liebe begegnen. Die Liebe muss das Bose iiberwinden, indem sie die, die eigentlich Geschwister sind, wieder miteinander versohnt. Dass die Vollendung des Reiehes Gottes eine inklusive menschliche Gesellschaft voraussetzt, steht offenkundig im Hintergrund der Vision, die King in seiner l-have-a-dream-Rede formuliert. Es braucht aber eben mehr als nur diesen Traum. Aus der Vision heraus muss die notwendige Kraft erwachsen fur den aktiven, gewaltlosen aber wirksamen Kampf, damit die "Beloved Community" des Reiehes Gottes in dieser Welt Realitat werden kann. 5. Traumer sind Kampfer - zur eschatologisch-visionaren Aufgabe der Christenheit Welche Konsequenzen ergeben sich nun aus einer diesseitigen Reich-Gottes-Vorstellung, wie wir sie bei Martin Luther King finden, fur unser gegenwartiges, konkretes gesellschaftlich-politisches Handeln als Kirchen und Gemeinden? Kann uns Kings Traum heute noch inspirieren? Der Visionar der Liebe, an den wir uns erinnern, macht uns mit seinem Traum deutlich, dass wir, so wie er, unsere eigene Gegenwart kritisch betrachten miissen. Auch unsere Gesellschaft ist alles andere als eine "Beloved Community". Naturlich gibt es Liebe, Streben nach Gerechtigkeit und viel ehrenamtliches und hauptamtliches Engagement fur ein gelingendes Zusammenleben. Aber uns sind in den letzten Jahrzehnten die Utopien abhandengekommen. Es gab einmal die Idee einer klassenlosen Gesellschaft, aber die ist mit dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus zerbrochen - zum weltweiten Kapitalismus scheint es seitdem keine Alternative mehr zu geben." 52 53 207 zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA King zitiert nach Haspel, zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Theologe (wie Anm. 17), 83 So bereits kurz nach der Wende Wolf-Dieter Narr, Nach den Umbriichen in Osteuropa. Verlust der politischen Utopie?, in: Gewerkschaftliche Monatshefte 42 (1991), H. 9, 555-564 oder Roman Bleistein, Sf, Verlust der Utopie?, in: Stimmen der Zeit 209 (1991), H. 1, 1-2, der gerade angesichts der verlorenen politischen Utopie eine Neubelebung der religiosen Au zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA II di ' It! -alc -incs g '111 .lnsam '11 wen .thos all 'I" Reli ztoncn" habcn wir ,Ingesichts cines radii alcn lslamismus auf der eincn lind eines radikalen AnLiislamismus in viclcn konservaliv-cbristlichen Kreisen insgebeim ebenfalls Hingst an die Seite gelegt. Wir hangeln uns politisch von Problem z~ Pr~blern, in dem Versuch, soviel wie moglich von dem, was uns gut und wichtig erscheint, zu sichern, zu verteidigen und zu erhalten. Ich habe oft den Eindruck, wir sind so sehr auf die Schwierigkeiten und Herausforderungen der Gegenwart fixiert, dass wir das Traumen verlernt ha?en. Wi.r haben das Z~el ciner gerechten Weltwirtschaftsordnung, des Weltfnedens, J~ se~?st das Ziel ciner Weiterentwicklung der europaischen Einigung insgehelm langst aufgegeben und sind aus dem Gestaltungs- in den Verteidigungsmodus gegangen. Wo sind die Bilder, die uns eine gelingende Zukunft vor Augen malen? Wo sind die modernen Propheten, die ihre soziale Kritik mit einer klaren Zielstellung verbinden, und mag das Ziel auch noch so fern sein? Wer entwirft die Blaupausen fur ein postkapitalistisches Wirtschaftssystem, das allen Menschen weltweit ein menschenwurdiges Leben ermoglichti" Wo sind die gemalten, geschriebenen und gefilmten Uto~ien .eines geli~genden Lebens? Wer sind die inspirierenden Personen, die nicht nur em "Wir schaffen das!" oder ein "Yes, we can!" in den Raum stellen, sondern politische Ziele formulieren, fiir die sich ein langfristiger und konsequenter Kampf lohnt? . . . Ich denke, auch wir sollten heute, so wie Martin Luther Kmg es m seiner Zeit tat, die alten Prophetenworte der Hebraischen Bibel aufnehmen, .ihre Bilder weiterdenken und unseren Traum von einer Zukunft voller LIebe, Frieden und Gerechtigkeit formulieren. "Schwerter zu Pflugscharen" war einmal das Symbol einer Friedensbewegung, die sich in Ost und West gegen die alles erdruckende Logik des K.alten Krieges, .der atomaren Abschreckung und der Stellvertreterkriege in der sag. Dntten Welt wandte. Und es waren solche wtrkkraftigen Bilder des Friedens, die diesen Kampf begleiteten. Ich denke, wir brauchen wieder Community", fur eine barmherzige, tete Weltgesellschaft. Wir brauchen auf sie zuleben wollen, Bilder einer 54 55 .. .., Bilder und Traume fur eme "Beloved gerechte, von Liebe erfUllt.e und gesta~Bilder, die so anziehend .. sm~, d~ss wir gelingenden Zukunft, fur die sich der Utopien fordert: "Die Utopie einer universellen Gemeinschaft der M~nsc~en bedarf, vermutlich in variabler Ausdriicklichkeit, eines religiosen Grundes. Die Kirchen sind herausgefordert. Sie hatten die Chance, die Motivationen zu bringen. Hoffentlich sind sic nicht nur mit sich selbst beschaftigt, und hoffentlich haben sie die angemessene Sprachc und die notige Glaubwiirdigkeit. Es ist die Stunde der Utopie." (Ebd., .2.) .. .. Vgl. zu dieser von Hans Kiing entwickelten Vision einer weltweiten, die rehglOsen. Gegensatze iiberbriickenden Ethik Hans Kung, Projekt Weltethos, Munchen 1990 (u.o.) sowic Hans Kung, Handbuch Weltethos. Eine Vision und ihre Umsetzung, Miinchen 2012. Es gibt solche Konzepte und Ideen durchaus (vgl. z. B. Paul Mason, Postkapitalismus. Grundrisse einer komrnenden Okonomie, Frankfurt a. M. 2016), aber ob sie tragfa 11Igc Utopien enthalten, die die Kraft haben, die Zukunft zum Besseren zu verandern, wi rd sich erst noch zeigen miissen. >ox zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA l(.illlllI(\ I Einsatz unseres Lcbcns lohnt. Wi r hi ,IUd I 'II ,tis Cit risli nncn lind Chris ten e~ne g~mei~same eschatologlschc Pcrspcktivc, cin tragfahigcs Zicl, fi.ir das sich die Muhe lohnt, gegen alle Sundhaftigkeit der Welt mit Liebe lind E~barmen ~nzuka~pfen. W~r brauchen eine eschatologische Perspektive, die beschreibt, wohin Gott diese Welt verwandeln will, um gemeinsam mit einer Stimme eine Zukunftsperspektive fur diese Welt zu entfalten und mit ihrer Umsetzung zu beginnen." Ich denke, eine solche Vision kann, so wie Martin Luther King es tat, an der alttestamentlichen Vorstellung vorn Friedensreich am Zion anknupfen, denn die alttestamentliche Heilsperspektive ist konsequent diesseitig ausgestaltet. So enthalt die Vorstellung der Volkerwallfahrt zum Zion, die sowohl im Micha- als auch im Iesajabuch iiberliefert ist (Mi 4,1-5; Ies 2,2-4), starke diesseitige Bilder eines friedlichen Miteinanders der Volker. Was konnte es im antiken Orient besseres geben, als wenn jeder im Frieden unter seinem eigenen Weinstock und Feigenbaum sit zen darf und die Volker das Kriegfuhren nicht mehr erlernen? Was hindert uns daran, diesen Traum der Propheten weiterzutraumeni Aber das wurde bedeuten, ihre Vision einer friedlichen Welt, in der Feinde Freunde werden, mit neuen Bildern weiterzudenken, statt die alten nur zu wiederholen. I~h will die Hoffnung nicht aufgeben, dass eines Tages Skinheads mit tatowierten Glatzen am Lagerfeuer von ihren Freunden arabische Lieder lernen. Ich will den Traum weitertraurnen, dass afrikanische Bauern abends v.or ihrer Hiitte sitzen und gelassen dem nachsten Tag entgegensehen, weil sie wissen, dass sie fur ihre produzierten Lebensmittel faire Preise erhalten werden. Ich will davon traumen, dass pakistanische Muslime und indische Hindus gemeinsam fur das Selbstbestimmungsrecht der Frauen eintreten, und ich traurne davon, dass uberall auf der Welt die Konversion zwischen den R~ligio~en selbstv~rstandlich als personliche Glaubensentscheidung akzeptiert wird und Pnester und Imame Menschen gemeinsam fur ihren neuen Glaubensweg segnen. Ich will den Traum weitertraumen, dass kein Mensch mehr einen zu fruhen Tod sterben muss, weil es weltweit ausreichende medizinische Versorgung gibt. Ich traume von Bankern in Nadelstreifen, die in ihren Burotu~men in London und New York nach einer nachhaltigen und gerechten Wirtschaftsordnung suchen und die Gewinne zu den armen Landern lenken. Ich sehe Huhner, Rinder und Schweine vor mir, die ihr Leben in Freiheit zu Ende leben durfen, und Naherinnen in Bangladesch, die sich die Kleidung, die sie anfertigen, selber leisten konnen. Ich traume von sauberen Autos und einer Welt, deren Klima sich stabilisiert hat. Ich traume von irakischen Kindern, die statt Panzern und Bomben Blumen und lachende 56 ~1.11 1111 1 lilli, I I 1111', II I II \ 111111,1101, I lid" >011 (;l'sidll -r m.rlcn, lind d,IV()Il, d,ISS un« 'I . Nachlalu '1\ dl ,Obcrrcste unscrer (;r 'I1Z '11 so bcst.iuncn wi 'wir die Kast 'II 'des romischcn Limes. Wir diirfcn uns als hristen das Traumen nicht verbieten lassen. Wir sind hcrausgcfordert, wieder Visionare der Liebe zu werden, Pred.iger der Liebe 1I nd gewaltfreie Kampfer der Liebe fur die weltweit~ Geschw~sterschaft der Menschheit. Wir rnussen bereits jetzt den internatlOnalen TIsch der Gastfl'eundschaft zwischen den Nationen decken. Ich stelle mir vor, wie der Norden dem Siiden seine Schulden erlasst und die Jugendlichen in den arabischen Landern eine Zukunft mit Arbeit und Ausbildung erhalten. Ich will den Traum wagen, dass die Chinesen den Afrikanern das Land ~uruck~eben, das sie ihnen abgekauft haben, und dass eine Frau aus Saudi-Arabien die Formel t gewinnt und in ihrem Land dafur gefeiert wird. Ich wage mir vorzustellen, dass in Uganda und Russland Schwule und Lesben ohne Anfeindung frohlich ihren Christopher-Street-Day feiern, und ich freue mich auf den Tag, an dem auch der letzte Staat endgultig die. To~e~strafe abschalTt. Ich traume von einem Weltparlament, das weltweit gultige Gesetze vcr abschiedet, und von einer Weltregierung, die zur Durchsetzung von Recht und Ordnung auf militarische Mittel verzichten kan~, weil all~ Mensch.en ~c meinsam gewaltfrei die gute Ordnung verteidigen, die alle~ em. Leben 111 Gc rechtigkeit und Frieden errnoglicht. Ich traume von den Zelten~ in de~en m.~ n Panzer und Maschinengewehre bestaunt wie wir mittelalterliche Ritterrus tungen und in denen der Friedensnobelpreis jahrlich an die gesamte Mensch heitverliehen wird, weil sich ein Iahr des Friedens an das andere reiht. Alles unrealistisch? Alles Traume ohne Anhalt an der Wirklichkeit? [a, vielleicht. Aber wer, wenn nicht wir, soll diese Traume traumen? Fur uns Christen, die wir mit dem Blick auf Gottes Moglichkeiten auf das Reich Gottes zuleben, ist das genau die richtige Perspektive. Es ist die Perspektive der alttestamentlichen Propheten und die Perspektive [esu. Das Reich Gottes in seiner Pulle als Friedensreich bleibt nicht nur zu erwarten und Zll erhoffen. Seine Bilder sollen uns zu einem weltverandernden Handeln i m Vertrauen auf Gottes Zukunft befahigen. Eine Christen he it, die wieder traumt und konkrete Visionen des Heils in dieser Welt entwickelt, die wird sich auch mutig an der Umgestaltung die ser Welt zum Reich Gottes beteiligen. [urgen Moltmann hat es als Theologc der Hoffnung einmal so formuliert: "Die Welt ist das Experimentierfeld des Reiches Gottes. Liebe kann man l~lI r iiben, wenn man jene Ordnungen abschafft, die Konkurrenz, HaB und Krieg produzieren, und die ,neue Ordnung aller Dinge', den Frieden, vorw~gnimmt. Diakonie ist dann nicht nur Notlinderung, Wundbehandlung und soziale Kom pensation, sondern Vorwegnahme des neuen Lebens, der neuen Gemeinschaft und der freien Welt."57 Vgl. zu dieser Herausforderung auch: zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Ralf Dziewas, Das Reich Gottes - Arbeitsauftrag 57 zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA [iirgen Moltmann, Zum theologischen Verstandnis d.es diakonischen Auftrags heut:, i~: oder [enseitshoffnung? Die Bedeutung der Reich-Gottes-Theologie fiir die Sozialethik, in: ders., Diakonie im Horizont des Reiches Gottes. Schntte zum Diakonentum aller GlaubiMichael Rohde (Hg.), "Nur noch kurz die Welt ret ten ... " (ThGespr Beiheft 13), Kassel 2015, 3-32. gen, Neukirchen-Vluyn 1984, 16-21, Zitat 20. 1\,1.11111111111" 210 zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 1(.dlll/lnv.1 Das Vorbild Martin Luther Kings crinncrt uns darun, di '$ '11 soziulthcologisch-politischen Auftrag fur die Gestaltung der Zukunft nell zu ubcrnehmen. Kings Traum von der "Beloved Community" ist noch nicht Zll Ende getraumt. Als King am 4. April 1968 von einem Attentater ermordet wurde, da schien es so, als sei damit auch sein Traum von der "Beloved Community" ausgetraumt, Aber Kings Freunde haben am Ort des Attentats eine Tafel aufgestellt und darauf zwei Verse aus dem Buch Genesis gedruckt: "Seht, dort kommt dieser Traurner, Ietzt aber auf, erschlagen wir ihn ... Dann werden wir ja sehen, was aus seinen Traumen wird." (Gen 37,19 f) I I 1111,.11 1111 \ I ""111.1'1 I" III 'II So l,tI (;o~P -l uud 1I10dl'IIIl' ~()/l.I"lll'olo!\ll' :;,111 Ikdl'I,IIlIl,lg d\:1 Rl'l I~ (;III1I'~, , VOI~lrIlLlIlf' I iir 'ill' f\r~elb h,"I~V 'I:illd -r ndc I )I,tI<.OIII', Ill: <,'"II 't,ol'lI j(;III.~ "Cil;'l'r/I<IlU J) i('IVIl~/Mllrtill lilli/a (I Ig,), Was durfcn wi~' hoflen? I ',S\. ,1al() ogl: in iiklln1 inischcr verantwcrtung ((Bcihcflc zur kurncnischcn R~nds I~all 9,)' Vcri.iO·cnlli hungcn dcs Inlcrkonfcssioncllcn 'Ihcoiogi chcn Arbellskrclscs 4 , Leipzig 2014,113-131. eben falls abgedruckt in: ZThG 18. (2013), 1.~9-~'0allcr H'-Ill livQns, Christopher H., The Kingdom Is Always but Corning. A LI eo, schenbusch, Michigan/Cambridge, U. K. 2004 . . K I uc , ; , . . h W Die Macht der Armen. Martin Luther Kings amp gCg~ll Grosse, .HemncA "t d Krieg in' Michael HaspellBritta Waldschmidt NcI~()1l Rassismus. rmu lin ,. .. . (S h . f "1' Icr . L h K' ben Werk und Vermachtms c n 1enrCI1C t (Hg.), Martin lit er mg. L enen, . Evan elischen Akadernie 'lhunngen 1], Weimar 2008,13-34,1.39-146 ", " I ~. h I Martin Luther King, Jr. als Theologe, Kirchenfuhrer lIn~I.B.lIrgll Ha:::htle:.c ~: 'Kontextualisierung Schwarzer Theologie undo ~ie /~~b"I,~~~;'l~;;g der schwarzen Kirchen in der Burgerrechtsbewegung, in: MIC ae (lSpt.. II, (I Waldschmidt-Nelson (Hg.), Martin Luther King. Leben, Werk lind Verma hi 111", Genau das ist die Frage, die uns das Leben und Wirken Martin Luther Kings stellt: Was wird aus den Traumen, die er getraumt hat? Was wird aus der "Beloved Community", fur die er sein Leben einsetzte und fur deren Bilder er ermordet wurde? Es liegt letztlich auch an uns, ob wir diesen Traum weitertraumen, ob wir den gewaltfreien Kampf urn eine von Liebe gestalWeimar 2008, 67-86, 151-159 "d I I" I ' tete Welt aufnehmen und weitertragen. Gerade weil wir Christen unter der . L h D H s der Welt in' Schopf en scher WI erstanu. «x II, King, [r., Martin ut er, as au ,... ( Perspektive leben, dass Gott am Ende sein Reich vollenden wird, dass also Aufsatze. Predigten, hg. von Heinrich W Grosse, Gutersloh 1980~.8?-IOSl, ., ' _, Das Haus der Welt, in: Schopferischer Widerstand. Reden, Aufsatzc, Prcdigtc II. letztendlich sich der Friede Gottes durchsetzen wird in dieser Welt, konnen wir unbefangen, frohlich und ohne uns von Wider standen entmutigen zu h . von Heinrich W Grosse, Gutersloh 1980, 87-109... . , _ F;iede auf Erden. Eine Weihnachtspredigt, in: Schopfe~~scher wlderstand. It lassen an der Veranderung dieser Welt hin zum Reich Gottes arbeiten. , den Aufsatze Predigten, hg. von Heinrich W Grosse, Gutersloh 1980, 1:0 .~ 17 [a, ich sage es ganz offen: Ich will ein Traumer bleiben, ein Visionar mit _, Kraft zum Lieben. Betrachtungen und Reden des Friedensnobelprelstragers. Bildern gelebter Liebe im Kopf und ein gewaltfreier Kampfer fur die ZuH E k f I Konstanz 1964 kunft dieser Welt, damit sich der Traum vom Reich Gottes in dieser Welt _ Mein Traum vom Ende des Hassens. Texte fur h.eute, hg. von ans- c e ,arc am Ende erfullt - ganz gleich, wie lang der Weg dorthin ist. Und bei dieser , Bahr und Heinrich Grosse, Freiburg i. Br.lBasel/W le~ 1994 .. Grundhaltung eines hoffnungsvoll engagierten Einsatzes fur eine bessere _, Mein Weg zur Gewaltlosigkeit, in: Schop~~rischer W iderstand. Reden, Aufsatzc, Zukunft wird mir Martin Luther King, der Visionar der Liebe, immer ein · ten hg von Heinrich W Grosse, Gutersloh 1980,19-34 P re d 19 , . M' T Ende des Haslebendiges Vorbild bleiben. zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA _ Verpflichtung zur Gewaltlosigkeit, in: ders., em raUl~ v~m G F' , sens. Texte fur heute, hg. von Hans-Eckehard Bahr und Heinrich W B iblio g rafie zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA rosse, rel- burg i. Br.lBasel/Wien 1994:.57-60 . _ Warum wir nicht warten konnen, Berlin 1965 . K _' Wie soli ein Christ den Kommunismus sehen?, in: ders., Kraft zum Lieben, on- , stanz 1964, 149-161 . G hi ht d F Baldwin, Lewis v., Martin Luther King, [r., The Black Church and the Black Mess. S Martin Luther Aufbruch in eine bessere Welt. Die esc ic e er alng, en., ' K ianic Vision, in: David J.zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Garrow (Hg.), Martin Luther King, Jr. and the Civil milie King, Berlin 1984 . M" h Rights Movement, Bd. 1, New York 1989 Kung, Hans, Handbuch Weltethos. Eine Vision und ihre Umsetzung, unc en 2012 Bleistein, SJ, Roman, Verlust der Utopie?, in: Stirn men der Zeit 209 (1991), H. 1, 1-2 -, Projekt Weltethos, Miinche~ 199~, . 4 _ Carson, Clayborne (Hg.), The Papers of Martin Luther King, Jr. Vol. I: Called to Leiner, Martin, Art. "Personahsmus , in: RGG VI, 1130 1.133 . ? . Serve. 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Verlust der olitischen Utopiei, In: Gewerkschaftliche Monatshefte 42 (1991) H 9 6 P In memoriam Heinrich Grosse N'Ieb u hR' h d Th e Kingdom of God in America New ' York . ,555-5 4 zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA r, IC ara, Oelschliigel Chri ti R . h G " . ' 1937 , IS tanc ; eic ottes irn Sozialprotestantismus der USA W It R~usch~nbuschs. "TI:eology for the Social Gospel", in: Johannes Eurich (~ er "Unearned suffering is redemptive." Diesen und ahnliche Satze finden wir DI~dkolnblsche Ortentterungen in Praxis und Bildungsprozessen (DWI-Info 3g7'))' H ei e erg 2005, 69-82 ' in den Reden und Schriften Martin Luther Kings immer wieder. Was ist Suffering" 1 » aber damit gemeint? 1st alles Leiden erlosendr 1st Leiden eine notwcndigc Bedingung, urn erlost zu werden? Will King damit die Frage der 'I hcodizcc bearbeiten, also die Frage danach, wie ein liebender und allmachtigcr (;011 in der Welt oft furchtbares Leiden zulassen kann? Oder ist das ct wn dill' Aufforderung an die Schwarzen in den USA, die schon eine langc l.cidcns geschichte haben, weiter zu leiden? Bietet er also eine Rechtfertigung d~', Leidens und damit der ungerechten Verhaltnisse? Diese und mehr Fragt'll stehen im Raum, wenn man versucht, Kings Konzept des "redempliv' Slit ~auschenbusch, Walter, C.hristianizing the Social Order, Norwood (MA) 1 12 fering" zu verstehen. Keines seiner theologischen Konzepte ist wohl so kl i , ~ Theology for the SOCIal Gospel, New York 1917 9 tisiert - und so missverstanden worden . Sm~th, K~nneth.L.!Zepp, t-, Ira G., Search for the Beloved Community· The Th' .. I~g 0 Martin Luther King, [r., Valley Forge 1975 . mWichtig ist dabei, das englische Bedeutungsfeld von "redemplivc" zu Str~~md'h~nfr~,,~ie .Macht der Gewaltlosigkeit. Martin Luther King und die Black beachten. Das Wortfeld "redemption/to redeem/redemptive" hat im Eng . urc a s ragenn der Biirgerrechtsbewegung in: KZG 17 (2004) 500lischen, insbesondere im amerikanischen Englisch und in der afro-arne Va~, Marc, The "Integrative" Rhetoric of Martin Lu~her King Jr's I Have a 1 " rikanischen Kultur, einen weiteren Bedeutungsraum als das deuts he peech',in: Rhetoric ~ Public Affairs 9 (2006) Nr. 1, 51-78' . " ream .Erlosung/erlosen". Im Englischen klingt viel starker "auslosen" im Si n n ' Wafldschmldt-Nelson, Britta, Gegenspieler: Martin Luther King / Malcolm X F k von .Joskaufen" mit, etwa mit Blick auf den Freikauf einer Geisel. r ns urt a.M. 72005 ' ran besondere in den Texten der Gospel und Spiritual schwingt auch im m 'f' W~:~hSi:~~ M.~tin Luther Kings Philosophie der Gewaltfreiheit - Prinzip oder die Bedeutung der Befreiung mit. Fur das eine deutsche Wort "Erlosung" foe: a~1 smus, ~ewaltloser Protest und bewaffneter Widerstand in der sind mehrere Ubersetzungen moglich und ublich: "salvation", "redemp ;C~:i~t~~k;msc(h~n )BuMrger~echtsbewegu.ng, in: Michael Haspel/Britta Waldtion", "deliverance". Umgekehrt werden aIle drei in der Regel im Deut . e ~on g. , artin Luther Kmg. Leben, Werk und Vermachtn] (Schnftenrelhe der Evangelischen Akademie Th" . ) W . s schen mit "Erlosung" wiedergegeben. Wahrend "salvation" eine stark unngen I, eimar 2008, 35-54 zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA religiose Konnotation hat, klingt bei "deliverance" starker der Aspekt der Befreiung mit. Der Bedeutungsumfang von "redemption" umfasst beides. Die Vorstellungen von religioser Erlosung und physischer bzw. politischer Befreiung sind ineinander verwoben. Man kann das exemplarisch bei Bob Marley sehen bzw. horen. In seinem bekannten Lied "Redemption Song" werden "redemption song" und "freedom song" synonym verwendet. "Redemptive suffering" kann also sowohl "erlosendes" Leiden im soteriologischen Sinne, als auch "befreiendes" Leiden in einem ethisch-politischen Sinne meinen. pr~:~gr~S~:rr~'RMel~nrbtinkLbu~hHerKbing, Jr. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten , e el am urg 1984 Rahner, Johanna, "Lasst Euch nicht vertrosten!" (B Brecht) Das R ' h G 'I esch t 0 I . h M' "" eic ottes a s Ralf ~ ,0gISC/~ ~taphe.r im theologisch.~n Disput, in: Christoph Bottigheimer/ . z~ewas artin Haller (Hg.), Was durfen wir hoff en? Eschatologie in okumen~sc er Verantwortung (Beihefte zur Okumenischen Rundschau . " fenthchungen des Interkonfessionellen Theologischen Arbeitskreises 49)4'Lv,ero.f2014, 95-112 ' elpZlg b'8 I Ich danke Ulrike Link-Wieczorek, die eine friihere Version dieser Abhandlung gelesen und kommentiert hat, fur hilfreiche Hinweise und Anregungen. ZThG 23 (2018). 213-233,ISSN 1430-7820 @I ')n lQ "", •. l ..• fT ,-I •••. r:~TPt:>" H~mhl1ro