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Hartmann Ammann

Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at ') Zeugin und Angegebene scheinen hier dieselbe Person zu sein, also eine Selbst anklage vorzuliegen. ') Im erhaltenen lateinischen Theile des Processes ist von ihr nichts erwähnt. 2* © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at

© Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at Der Innsbrucker Hexenprocess von 1485. Von Hartmann Ammann, Reg. Chorherra in Nßustift. Fer<l. Zeitschrift. III. Fo] ? f. H4. Hfft. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at L Bei der Durchstöberung des f. b. Hofarchivs in Brixen stiess Schreiber dieser Zeilen an ganz unvermutheter Stelle auf ein Paket, das ausser vielem anderen Interessanten auch wenigstens den grössten Theil der Acten eines Hexenprozesses enthielt, der im Jahre 1485 in Innsbruck geführt wurde. Je mehr ich mich mit demselben beschäftigte, um so interessantere Momente fand ich an ihm, so dass ich mich entschloss, ihn in kurzer Bearbeitung zu veröffentlichen. Ich will gleich jene Punkte herausheben, die gerade diesem Prozesse vor andern seinesgleichen einen besondern Vorrang sichern. Er ist zeitlich ohne Zweifel der älteste resp. jüngste, der nach dem Erscheinen der Bulle Papst Innozenz VIII. „Summis desiderantes affectibus" geführt wurde l). Als Urheber desselben erscheint der durch die genannte Bulle vom Papst als „inquisitor heretice pravitatis" für fast ganz Deutschland bestimmte Dominikaner Heinrich Institoris2), der durch seinen 1487 zum erstenmal erschienenen Malleus Maleficarum die Norm festsetzte, nach der durch nahezu 300 Jahre hindurch eine Unzahl von Menschen den entl ) Ueber die Bedeutung dieser Bulle vgl. Soldan-Heppe, Gesch.. d. Hexenprozesse ], 268 ff.; gegen ihn polemisiert Diefenbach, der Hexenwahn S. 222 ff. Bezüglich der Datierung der Bulle sei hier bemerkt, dass die den Acten beiliegende Abschrift datiert ist 1484 q u a r t o nonas decemb., die Editionen in Druck aber scheinen durchaus mir^nonis decemb. zu enthalten. a ) Nach den vorliegenden Acten nicht Institor. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at setzlichsten Martern und dem fürchterlichsten Tode überantwortet wurde; ein beträchtlicher Theil der zur Führung dieses Hexenprocesses verfassten Abhandlungen oder Anweisungen rühren von eben diesem Heinrich Institoris her und sind von ihm fast wörtlich in den Malleus maleficarum aufgenommen worden. Auch stellen sich die im Mall. mal. von Innsbruck berichteten Zaubergeschichten nach den Acten in Wirklichkeit zum Theile wesentlich anders dar, als sie daselbst erzählt sind. Verleihen diese Umstände dem vorliegenden Processe in der Geschichte der Hexenprocesse überhaupt eine hervorragende Stelle, so kommt für einen Tiroler dazu noch, dass es der älteste derartige Process in seinem Vaterlande ist und dass die Acten über denselben bisher als verloren angesehen wurden1). Endlich verleiht ihm ein besonderes Interesse auch noch die Beziehung, in der diese ganzen Vorgänge zu den damaligen politischen Verhältnissen des Landes stehen. Die Hofpartei, welche den schwachen Erzherzog Sigmund vollständig beherrschte, benützte die Sendung des Inquisitors als willkommenen Deckmantel, um missliebige Persönlichkeiten bei Seite zu schaffen. Dies gewissenlose Vorgehen bildete dann auch einen der vielen Klagepunkte, die auf dem Landtag von 1487 von den Ständen gegen die Misswirthschaft im Lande vorgebracht wurden 2. Auf diesen Zusammenhang näher einzugehen, hätte mich zu weit geführt; ich will im Folgenden nur eine Darstellung des Processes selber geben. Auf seiner Amtsreise zur Aufspürung von Hexen berührte der Inquisitor Heinrich Institoris auch Brixen, dessen Bischof Georg Golser er wohl auch die Bulle Summis desiderantes affectibus überbrachte. Am 23. Juli *) Vgl. Ludw. Rapp, Die Hexenprocesse und ihre Gegner in Tirol, Sinnacher Beiträge z. Gesch. der bisch. Kirche von Silben und Brixen 6, 619. 2 ) Vgl. Egger Gesch. Tirols 1, 606 ff. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 5 — theilte Bischof Georg dieselbe dem Clerus seiner Diöcese mit und empfahl diesem dem Inquisitor und seinen allfälligen Gehülfen, wenn sie sich zur Belehrung des Volkes einfinden würden, freundlich entgegen zu kommen. Zwar ertheilt er dabei allen, welche zur Ausrottung der in der päpstlichen Bulle erwähnten Verbrechen mitwirken würden, einen Ablass von 40 Tagen und erwähnt auch die Strafen für solche, welche sich widersetzten, stellt aber gegen allfällig ausfindig gemachte Hexen keine Strafe fest, sowie er überhaupt die Thätigkeit des Inquisitors und seiner Genossen nur auf das Predigeramt zu beziehen scheint1). Heinrich Institoris gab sich hiemit zufrieden und eilte nach Innsbruck, wo wir ihn bereits in den ersten Tagen des August thätig finden. Sein Eifer in der Aufspürung von der Hexerei Verdächtigen erreichte einen an's Unglaubliche grenzenden Erfolg. Bis Ende August belief sich die Zahl derjenigen, welche ihm als „verdächtig" angegeben worden waren, schon auf mehr als fünfzig Personen, von denen mehr als vierzig in Innsbruck oder dessen nächster Umgebung sesshaft waren; dieselben gehörten bis auf zwei s ä m m t l i c h dem w e i b l i c h e n Geschlec h t e an. Die Art und Weise, in der bei der Aufspürung der Hexen zu Werke gegangen wurde, lässt sich aus den Acten nicht mit voller Sicherheit feststellen; jedoch fehlt es nicht an sehr wichtigen und interessanten Anhaltspunkten. Den Acten ist nämlich eine Anweisung beigegeben, wie bei der Einleitung und Verfolgung l eines Hexenprocesses vorzugehen sei. Diese Arbeit scheint von keinem geringern als von Heinrich Institoris selbst verfasst und für einen seiner Mitbrüder und Amtsgenossen (er redet ihn^stets mit Reverendissima paternitas vestraan)2) *) Siehe Beilage 1. 2) Dieselbe Titulatur, die ja sehr wohl auch Heinrich Institoris als Adressaten bezeichnen könnte, ist auch gebraucht in dem © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 6 — bestimmt gewesen zu sein. Sie erörtert zuerst (leider ist sie nicht mehr vollständig vorhanden) die Frage über die Zahl und den Charakter der Zeugen in einem Hexenprocesse; daran reiht sich sodann eine ziemlich eingehende Instruction, wie überhaupt die Hexen ausfindig gemacht werden könnten. Wenn nun auch diese Erläuterung und Anweisung nicht als ein Ganzes in den Malleus malef. übergegangen ist, so finden sich in demselben doch so viele wörtlich gleiche Stellen, dass an der Identität der Verfasser beider Abhandlungen nicht gezweifelt werden kann und die vorliegenden Weisungen sich zum Malleus malef. verhalten, wie das Concept zur Reinschrift. Der Hauptinhalt der Anweisungen ist folgender: Vor allem ist bei dem Seelsorgsclerus dahin zu wirken, dass er das Volk möglichst von aller Zauberei und Hexerei abhalte. Denn dieselben schlössen die allerschwersten Verbrechen und Sünden in sich; sie seien nämlich: 1. Eine gänzliche Verleugnung des Glaubens, da die Hexen, daran erkenntlich, dass sie sich bei der hl. Communion die Hostie nicht auf, sondern u n t e r die Zunge legen Hessen, in der Beichte schwere Sünden verschwiegen und mit heüigen Dingen verschiedenen abergläubischen und gotteslästerlichen Unfug trieben, wie sich aus den Anführungen in der Beilage ergebe. 2. Aus dieser Beilage ergebe sich auch, wie schädlich die Hexen auf alles einwirkten, da weder Mensch noch Thier, noch irgend eine Gattung von nutzbringenden Wesen von ihnen geschont werde. Zeugnisse, das Heinrich Institoris selbst vor seinen Ordensbrüdern ablegt (Process der Scheuberin), wobei er von sich nur in der ersten Person spricht, das Schriftstück aber gleichfalls an eine als Reverendissima paternitas vestra bezeichnete Persönlichkeit gerichtet ist. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 7 — 3. Wird die Leugnung des Hexenspukes als offenbare Ketzerei erklärt, und diese Ansicht mit einer reichen Anzahl von Stellen aus der hl. Schrift, den hl. Vätern und Juristen zu erweisen versucht. Als Hauptverbrechen der Hexen werden angeführt: die Hervorbringung von Hagelschlägen, das Verwirren des menschlichen Verstandes bis zum vollen Wahnsinn, die Erregung von Hass oder Liebe in unwiderstehlichem Grade, Verhinderung der Fruchtbarkeit bei Menschen und Thieren, sowie die völlige Tödtung. Daran reiht sich sodann der Versuch des Beweises, dass all dies dem Canon „Episcopi" nicht widerspreche. *). Ueber alle diese Punkte sollten die Seelsorger das Volk aufklären und jedermann auffordern, verdächtige Personen anzugeben. Damit Niemand sich durch Furcht davon zurückhalten lasse, sollte den Angeschuldigten der Name ihres Anklägers unbedingt geheim gehalten werden. Ein ganz besonders scharfes Auge aber solle Jedermann auf die Kindsammen haben, da es bei diesen, wie zahlreiche Aussagen von solchen, die bereits verbrannt worden seien, bewiesen, sehr häufig vorkomme, dass sie die Kinder dem Teufel opferten. Während diese Anweisungen nur zwei volle Bogenseiten umfassen 2 ), folgt auf weiteren 20 ein Normativ, wie gegen Angeschuldigte nach den verschiedenen (13) Graden ihrer Verdächtigkeit, ihres Geständnisses oder der völligen Ueberweisung zu verfahren sei. Dasselbe ist «) Vgl. hierüber Soldan-Heppe 1, 130, Diefenbach S. 202. 2 ) Dieselben umfassten sicher mehr, doch ist nur dieser Theil vorhanden. Die Abfassungszeit lässt sich ziemlich genau bestimmen. Da in der Einleitung der Process der Scheuberin erwähnt wird (8. hierüber unten), der im October geführt wurde, so mag wohl auch diese Anweisung um diese Zeit verfasst worden sein. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at Q .zum grössten Theil w ö r t l i c h auch in den Malleus malef. a u f g e n o m m e n 1 ) . Bereits in den ersten Tagen des Monats August begann der Inquisitor2) in Innsbruck seines Amtes zu walten. Ob er hiebei an die Seelsorger eine der oben erwähnten ähnliche Aufforderung erlassen und wieweit sie derselben nachgekommen, davon enthalten die Acten keine Andeutung. Bezüglich des Gebietes der Stadt Innsbruck und ihrer Umgebung scheint eine allgemeine Ankündigung wahrscheinlich, da sich fast alle Anklagen auf Personen beziehen, die daselbst wohnhaft waren. Die Zeugen machten ihre Aussagen ohne Zweifel Vor dem Inquisitor oder seinen Stellvertretern, jedenfalls nicht vor dem Pfarrer von Innsbruck, dessen von Seite des ersteren oder in den Acten über die Verhöre nie Erwähnung geschieht. Die Verhöre der Zeugen begannen am 9. August und wurden mit Unterbrechungen bis zum 14. September fortgesetzt. Je ein Zeugenverhör fand statt am 11., 13., 15., 16., 17., 18., 19., 21., 23., 25. und 29. August, sowie am 1., 2., 9., 10. und 14- September; je zwei am 4., 5., 6. und 8. September, drei am 3. September und fünf am 9. August. Als Resultat dieser Verhöre ergab sich, dass ungefähr 40 Personen aus Innsbruck und Wüten, 10 aus der Umgebung davon mit Namen als „verdächtig" bezeichnet waren und dazu noch „viele andere", deren Namen im Verzeichniss nicht genannt sind. Bei der vorliegenden Aufzeichnung über die Zeugenaussagen ist meist dafür gesorgt, dass die Angeschuldigten die Namen •) Mall. mal. III. 20—32. Abweichungen beider Texte rühren in den meisten Fällen von Erweiterungen in Mall. mal. her; die Differenzen beider Redactionen näher auseinanderzusetzen, würde hier viel zu weit führen. 2 ) Wie in den Acten ist auch in dieser Abhandlung unter „Inquisitor" jedesmal Heinrich Institoris zu verstehen. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at ihrer Ankläger nicht in Erfahrung bringen sollten, indem letztere auf ein besonderes Blatt geschrieben sind und die zusammengehörigen Stücke durch Bezeichnung mit denselben Buchstaben des Alphabetes als solche erkenntlich gemacht sind. Das vorliegende Actenmaterial erweist sich aber hier als unvollständig, zum Theil als geradezu unsicher. Es sind nämlich die Datierungen der einzelnen Verhöre nur auf der Cedula des Zeugenverzeichnisses angegeben und auch hiebei erscheinen sie mehrmals als Nachtrag mit anderer Tinte geschrieben, einmal durch estimo als nicht vollkommen sicher bezeichnet. Auch herrscht in der Anordnung kein Princip, am allerwenigsten das chronologische, so dass beispielsweise die 5 am 9- August vorgenommenen Verhöre unter Nr. 6, 10, 14, 17 und 18 eingetragen sind. Ich weiche darum bei der wörtlichen Anführung der Zeugenaussagen darin von dem Texte der vorliegenden Aufzeichnung ab, dass ich, dieselben chronologisch ordnend, jedesmal die auf dem besoridern Blatte angegebenen Zeugen der Aussage voranstelle. Die vorausgesetzte Zahl bezeichnet sodann die Nummer, unter der die betreffende Zeugenaussage im Texte angeführt ist. V e r h ö r e am 9. A u g u s t : (6). Zeuge: Kristel Weber, der es auch van ainer andern frauwen gehört hat, und er ist der, der erkranckt ist an einem füs. IX. August. Ein frauw, haist die Kleuberin zw Hettingen, sol ieren aygen sün getet haben darump, das er ain weip nam wider iren willen, daz sy selber gesagt hat, wan sy 3 suntag vastet, so möcht er nit das iar über leben, das auch gescha. Sy hat auch einen armen man verzvubert, das er an einem füs gross leiden hat, © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 10 — (10). Zeuge Sigmund Sacklin hat selber über sich gesworen, daz den dingen also sey. IX. August1). Swingel Mentlin hat verzaubert Sigmund Sacklin des Fürsten barbieren. Was grosser arkwon, wan do sy in veintschaffb waren. An einem suntag frü schickt die Swingelmentlin ein fraw genant Nirenbergerin, die ietzunt zw sunt Michel sein sol, in sein hauss, und do er die fant heimlich umbgen im hauss und sy fragt, worumb sy umbging und sy im nicht bekennen wolt und er darnach lam worden ist, do hat er sy in verdenken. Item er hat lossen fragen, wiewol daz verbotten ist, der warseger zwen. Die haben im daz auch gesagt, wiewol der tüfel Hegen und auch worsagen kan. (14). Zeuge Treinlin Lentz Büchlin uxor, item Margret Vlreich Schüsterin, item der Tollinger, sitz neben der Seutzin, weis auch wol. IX. August. Es sint personen, die mit kinsten unibgen, den tüfel anzwrüffen, aber sy sollent daz nimmer beichten, es sey zw der lieb oder zw ander kranckhait der mönschen, hat gesagt etwan Lentz Büchlins uxor, die personen vast im land umblauffen. Auch hat die Zwschretrin ein dirn, Berbel genant, die sol vil kunst wissen, und wie sy das rot von sant Cristoffelsbild aschabt und etwan van des tüfels bild, zauberig domit ZU triben. (17). Zeugen Klörle Lienhart Zimmermans dochter und Cristoff-Maurers uxor. IX. August. Die alt Fenden hat gelernt eine, haist Kichartin und ist ains auflegers hausfraw, das sy solt oben auf den galgen steigen und solt von dem diep etwas nemen, und wen sy domit wer anrüren, der müsfr sy liep haben. Ursach, warumb sy es lernte, was, wan die Keicharten hat ein dochter, die hat einer swanger gemacht, und der wolt ir kein gutes mer dün. •) Beeidigte Zeugen werden nur ausnahmsweise erwähnt. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 11 — (18). Der Maulartzit und auch dy er bey im hat im sloss gehebt, weren zw fragen. IX. August. Ich wais nit, ob zw glauben ist yber die alt Scharerin, daz sy sol dem Maulartzit sein fraw zw dem dot verzaubert haben. Er clagt, sy hab im getraumet, do sy sy nit wolt in das hauss lossen zw irer dochter, und hat bey ir ein fraw, genant die Swebin. Er sagt auch, sy hab gesprochen, sy miess es im bet bezalen; auch hat sy vast gelachet, do sy tot fir ir hauss getragen wart, daz sollen die trager gehört haben, die ich nit gefrogt hab. Er hat auch gesagt, wie sy solt gesprochen haben zw einer jungfrauwen Appolonia, ist bey Jerg Büchsenmaister, so müess sy sterben und nimmer auffkumen. Die iungfraw seit aber nit also, sunder sy möcht ein halbs ior do lygen und werde dennacht sterben. Verhör am 11. August. (5) Zeugin: Margreta Tüllingerin, die daz gehört hat von der Elsen, die gestorben ist, leiplichen brfider. XI. August. Elsa die Böhemmin die sol verzaubert haben zwaimol ir swester Elsa, die Schüfer uxor was, ainmol daz sy lam ward, daz andermal, daz si starb und ist ursach gewesen, daz der Böhemin man het ir swester in seim hauss, und sy vernam, daz er die ander lieber het den sy, und wo sy in bat, er solt sy auss dem hauss dün. Also widerfür ir daz leiden. Verhör am 13. August. (25) Zeuge: Thoman Swembil sitzt hie. XIII. August. Wider die Küb-Kolerin, die trogt vast den leuten, sy müssen an henden und füssen erlammen, sitz in der silbergassen. Item Oswalt Kolerin ouch vast verlümet ist. Wider die Bleidlerin hebammen. Sy hat gesprochen wider an Kleuberin haussfraw Cünred Kleiber, do sy bey ir zw herberg was, daz si solt erfaren, wie die ander © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 12 — hebara, genannt Kolerin, mit irem dauffnaimnen hiess, wenn sy wolt ir dun, daz sy nit vil zw den frawen gen solt; daz wolt aber die nit dün. Item an den eritagen (Dienstag) zw nacht, pfingstagen (Donnerstag) zw nacht und samptstagen zw nacht hat sy holler under die aschen begraben und morgens mit ir dochter Ursula unter die inbruck under ein ioch getragen, sy waiss aber nit welchss ioch. Testes in cedula sub litteris CC. l). V e r h ö r am 12. August. (28) Der zeug ist angeschriben im process. XV. August. Ennli Forsterin in der vorstat ist ein pflegrin, hat dem Hanns Lamp ein grosse nuss, halbsübergült, under das haupt geleit und sid der zeit hat er seiner frauwen kein genad und wil sy erslagen und hangt an der Ennle; die ist wol zw fragen2). V e r h ö r am 16- August. (2) Die zeugen über die Zwsehrettrin Dorothea Mathis Fend uxor, Katherina Peter Kirsners uxor, Dorothea Brotbeckin. Ouch wil die Güntherin, ist es not, ouch sweren, und ist der gemein rüff. XVI. August. Die Zwschretterin ist vast verclagt auch bey gesworen ayden dreyer personen zum minsten auch ein gemeiner rüff, das sy ein iungfraw, genant Appolonia, die Jergen Kuchen schreiber vemelt waz, verzaubert hat, daz sy sterben niüst, wan sy zw ir sprach in gegenwertikait der Güntherin, die daz gehört hat: „Kötzli du hast mir meinen büben genumen, es sol dir nimmer gut dun". Es hat auch die Appolonia auf ir lest end genumen, das sy ir den dot angetan hat. ') In dem Zeugenverzeichniss ist CC ausgestrichen; Namen und Datierung fehlen ganz. -') Der Zeuge ist hier trotz der Anweisung im Zeugenvernicht erkennbar. Vgl. Verhör vom 2. Sept. (17). © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 13 — V e r h ö r am 17. August. (13) Zeuge Hans Zeiger; ouch sagt er von einm in Ambos pfar, heist Fierer, der auch mit den gestolen dingen umbgeht. XVIII. August. Schülmaister et uxor Dorothea gent vast den leiten, was in gestolen wirt, wider zw bringen; sy gent mit dotenkleider umb, darumb sy zw vermanen sint a zw lassen. V e r h ö r am 16. und 18. A u g u s t . (4) Die zeugen Ennli Sippin, die do wont bey CüntzilMetzigers dochter. Item die, in derem hauss die sach geschehen ist mit dem marterbild, ist Caspar-Smid, die strofffc die weiber, die auch davan zw sagen waiss und gesworen hat den ayd. Item Sigmund Smid Caspar Jordans sün, ouch gesworen. XVI. et XVIII. August. Ennel Notterin, ain getauffte iüdin, und Ennli Heintz satelknecht uxor, und ein, die Appolonia hiess, die tot ist, die andern leben noch, die haben an einem aben vor fünf ioren ein marterbild Unsers Heren gegaiselt und darzw vil lesterlicher wort gesprochen wider got. Daz hat die Appolonia den zügen gesait, die in der zedil stent. Item die Bärbel Caspar Smidin, in deren haus es gescheen ist, spricht, daz die Ennle gaiselt daz bild, aber die getauffte iüdin die ret ybel auch van Unser Lieben Frauwen, „Daz dir werd also we in deinem sin, als der Marien wart in irer krin (vulva), do sy Jesum gebar 1). V e r h ö r am 19. August. (3) Die zügen über die alt Eendlin sint Cristan Engelsperger, ein weber, item Magdalenen Halbfingerm, Wolfgang im spital hausfraw, item Welfil Vasser, dem 2 ) Cfr. Mall, malef. II. q. I. C. 12, wo dasselbe in sehr abweichender Weise erzählt ist. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 14 — es ouch gesagt wart, item Treinli, die do wont in der silbergassen bey Jacob Dagwercker. XIX. August. Die alt Eendlin ist auch verclagt von ersten, wie sy denCristan Engelsperger wolt von ersten verzauberen, darnach im vergeben, verzauberen zw der lieb, und er ir minne haben wolt und sy dunckt, er het ein ander do lieber den sy, do hat sy sich an im zweimol versucht, einmol mit dreyen pfrinlin, (Pfrille, Ellritze) dy sy in irer schäm getöt hat und zw pulver mit andern materien geriert im zw vergeben, das sy selber den gesellen erkennen müst, und darnach mit pulver, darin vil beinlein logen, das sy beslossen in einem brieflein gab einer personen, genant Steinil, wonhofftig ietz zw Meron, und die solt das pulver werfen zwischen den gesellen und der dürnen. Magdalena, Wolfgangs eliche wirtin. Und do die Stainil frogt, was gescheen wird, do sprach sy: „Das werden sy wol innen werden." Aber die Stainil wolt daz nit dün und offenbart daz der Magdalenen und dem Cristan und auch dem wirt Welfil Fasser. Item sy sol geholffen haben ayner, das sy ain kint umbbracht het, heist Engelspergers doehter in der silbergassen. Item es wont eine bey ir, haist Dorothea, ist auch vast verlümit. Item sy het einen grossen anhank von iungen dürnen, die sy lernen ist. Item sie get vast umb mit swartzen katzen und hunden, die böss anzüguug geben. V e r h ö r am 21. A u g u s t . (1) Zeug ist Ulrich Pogner und sein haussfrauw frauw Margret, die der saittenmacherin dochter ist. XXI. August. Wider die saitenmacherin an der anb.ruck, die hat einem getrogt, der hat ir dochter, sy wolt machen, das er in eim iar müst erhangen werden oder blind werden. Argwon sweren und Wissenschaft het er genumen von seiner haussfrauwen, die do gesehen hat, das sy hör, das © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at von des klagers haupt kummen was, und sy im das aussgezogen hat, alss ob sy im lausen wolt, zwsammen wickelt, und bant das an ein höltzle und steckt das in der kuchen in ain maure; das fant ir dochter, des klagers weip und warff das in das für. Item sie hat ouch gesprochen zw der dochter: „kumpt dein man nit wider auff den tag, so müs er darnach über 3 tag verblinden", wan zw mercken ist, das der kleger auss was gangen in Payren in ainen marck, haist Eckenfelt. Dohin hat in geschickt der bösen frauwen man, das er sich solt veyntschaffl annemen, wan er auss dem marckt hat müssen weichen, und solt den marckt verbrent haben, und do er das nit dün wolt, da wart dem kleger der geswig veint und woltent im den scheden angeton haben. Item sy kumpt in kain kirchen über iar, und mag doch wol gen bad gen. Item wen ir man lang auss ist, so stosst sy das haupt zw dem fenster auss und nent neun strassen durch die land und bringt mit den tüfeln zw, das der man kummen muss. V e r h ö r am 23. August. (22) Zeugen: Sigmund barbierer, meister BernhartzBarbierer hausfraw und Oswalt Slossers uxor, wen dy dot sint, den sy es gehört haben; aber die Müleckin, der es gescheen ist, lebt noch in domo abbatis sancti Georii. Item die Müleckin weiss frauwen, die do künnen die man verzaubern zu der lieb; daz haben ouch gesagt die zwo fordern frauwen. XXIII. August. Mich dunckt, daz diese personen noch geschriben anzugreiffen weren, die alt Kendlin und Dorothea, die bey ir wont, item Ennlenotterin (iam capta)x), die getaufffc iüdin, Elss Böhemmin. Item zw Hettingen sind zwo, i) Mit dunkler Tinte ober der Zeile. Vgl. die Verhöre vom 11., 16. und 18. August; über die Hiefeysen (Hufeysen) s. unten. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 16 — eine heist Berbil Hiefeysen (iam capta), die ander des haussfraw ist Wolff dochter. Item ein, heist Michel Zimmermannin, die vast die iungen döchter verfiert, das sy kinst lernt, die man zw verzaubern. Wider die Wolff dochter, des Molers zw Hettingen haussfraw, ist grosser lümit, von ersten, daz sy dem Ludwig Koch seinander haussfraw verzaubert hab mit einer bausch, die sy ir gesendet hat, wenn die erst haussfraw des Ludwicks was ir swester gewesen, und alsobald die frauw den "bausch auffsetzt, do wurden ir blotter in dem haupt und wart vast wiettend und unsinig in dem haupt, also über ein halb iar. Do sy wolt den bausch lossen zertrennen, do fant man darin saubersten, hör, kalck, wachs und andern unflot, also das enweg kam, do wurden ir Sachen besser. V e r h ö r am 25. August. (8) Zeugen: Martein Graff und sein haussfraw bey gesworem ayde. XXV. August. Die, Gred Kolerss dochter, hat Martein Graff verzaubert, daz er seiner frauwen kain genad haben mag, ouch verzaubert, das er in zwelff wuchen kain slof dun möcht, und des nam er ain sicherhait von ersten, das er einmol sy zwingen wolt, daz sy im hilff. Do sprach sy, es wer noch nit zeit. Item sy was sein bül gewesen und meint, das er sy zu der ee nemen wird, und do er ein ander nam, do sprach sy: „Ich wil dir ein letz lossen, der du wol innen wirst". Item die fraw Greta hat in irem bet funden ein spinnil mit dreyerley umbgebunden, leinen und willen faden, mit menschen hör, item in einer snür, die er an seinem mantel gehabt hat vor zweyen iaren, hat er in diser wuchen, als ich gepredigt hab, funden ingewirckt menschen har und har von der frauwen glid, und das hat sy im darin gewirckt, wan sy entlehet die snur von im auff ein zeit und gabs im darnach wider. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 17 — V e r h ö r am 29. August. (30) Zeugin Walpurg und ir dochter Margaretha Stoffilbeckin, item die iung Kinisten, Ennel Jörg Beyser uxor. XXIX. August. Sixinbeekin und ir swester die alt Kinistin und ein, haist Ennli hat Margreten-Stoffilbeckin brüder zwm elichen man; die drey hant auch swer artickel im lateinischen process 1). Item ein flüchtige auss dem Engadin sitzt zw Wilten, heist Gilge; item auch zw Wilten ist ein, haist Falberin, item die schöne Goltsmidin in der vorstat ist vast verlümit. In oppido Ysbruck an der anbruck est Miehel-Zimmermannm multum suspecta et quia fugam dederat, ubi alie fuerant detente, sed ubi emisse, rediit. Hec suspecta est, quod tempestatem ad suam voluntatem subito facere potest, unde fertur, quod, ubi mulieres vicine solebant „horwettin" id est linum extraxerant et indigebant viris ad faciendum ligaturas et ligandum linum et quod uullus virorum affuerat, delata dicit: „Ego faciam plures viros convenire et facta tempestate plures viri convenerunt et eis ligaturas fecerunt2). Item die alt Knöllin antiqua accusatur ab Margareta Knetrin et a Barbara Falknerin, qualiter eius maritus *) In dem unten folgenden lateinischen Process wird nur einmal eine Sixin erwähnt, von den übrigen ist nichts mehr vorfindig. Die angeführten Zeugen dürften sich wohl nur auf das bisher Gesagte, nicht aber auf die folgenden Theile von (30) beziehen. Diese gehören wohl auch einer spätem Zeit an, da bereits Eingezogene erwähnt werden. Vgl. auch Verhör vom 23. August (22). 2 ) Die hier unmittelbar folgende Bemerkung: „Hie de teste dubium est, quia in cedula fuit nomen obmissum, casus autem in se manifestus est" sagt deutlich genug, dass das vorliegende Schriftstück eben nur eine Copie, oder vielmehr eine Bearbeitung des Processes in einem Auszug sei. Ford. Zeitschrift. III. Folge. 04. Heft, 2 © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 18 - fuit excecatus ab illa Knöllin; causain suspicionis habent, quod ubi Knöllin perdiderat gallinam et reperta fuerat, ipsa' Margareta et Falknerin obviantes in ponte eidem Knöllin et interrogantes, an gallina reperta fuisset, respondit: „Quod ita: sed post dimidium annum satis habebitis de gallina"; unde contigit post, ut maritus Margarete iam ad 4 annos exeecaretur in ainbobus oculis, ipsa Barbara in uno oculo. V e r h ö r am 1. S e p t e m b e r . (7) Zeugen: Matheis Ehinger und sein haussfraw; item die Lentzin Büchlin van dem gemain lümit sagt. I. Septemb. Die Steurerin hat einen bösen lumit zw einer uuhulden, ouch hat sy den Matheis Ehinger auff ein zait getrogt: „Se dir mein trauw, ich wil dirs zalen, ich kan die kunst wol". Also wart im geworffen in sein hauss wachss, dat inwendig wunderlich gestalt hat, und brocht es einer, der bey der Steurerin wont. Also sint es 5 ior, daz die zwey elichen menschen ellendichen leben mit einander. V e r h ö r e am 2. September. (12) Zeugen: Anna Hans Yoya uxor, item die im spital sint, Avissen auch vil davan zw sagen. II. Septemb. Anna Hans-Yoya uxor ist Tast dargeben, daz sy gebunden zauberig under die altardiecher leget. Item sy hat zwo dÖchter bey ir, die vast in arguon sint l ). (21) Zeugen: Veronica Siphoufers dochter und der iung bey dem Mesner. II. Septemb. Es ist kumen zeuguiss wider die VinsterTalerin, daz sy gelemthab einiungfi'aw, haist Veronica Siphoufers dochter, daz sy von eins diepstals wegen solt umbgen ') Zeugin und Angegebene scheinen hier dieselbe Person zu sein, also eine S e l b s t a n k l a g e vorzuliegen. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 19 — mit bonen in die ampellen zw legen und ander Sachen auch zw tun, und daz sy das bey der ewigen verdampniss gelopt het, nieman zw sagen, und auch die Person solt daz nieman sagen. V e r h ö r e am 3. S e p t e m b e r . (9) Zeugen: Johann Eeyn und sein hausfraw Ella Herting, auch bey gesworen ayd. III. Septemb. CuntzZimmermansfrauw Ann^genanthat ainem genant Hans Heyn seinfrauw,also, daz sigross verzaubert stechen hat ietzund in das drit iar im halss, im rucken und in der seiten an underlass. Die sicherhait, das sy es getan hat, ist, das se gemaint hat, Hans Keyn wird sy zw der ee nemen, und do das der Hans nit dun wolt, sunder er nam, die er ietzund hat, do sprach sy auff ein zeit: „Sichs'tu, du wilt die nehmen und mich nit: du solt wissen, es sol ir niemer wol mit dir gen". Und also ist gescheen. Item die witwan Vinster-Taleren die hat gesprochen zw ainer, haist Anna Müschin, in deren hauss Hans Reyn wont, das Anna Zimmermans fraw hab der frauwen die kranckheit angeton. (29) Zeugen sint Johann Ellink de Bernaw, und Katerina sein hausfraw und ir swester Dorothea. III. Septemb. Wider die Goltsmidin von Ymst sagt der zeug und zwo ander personen, wie sy verzaubert wirden auff den dot, des sy noch lam sint in iren gelidern. Stet im lateinischen process l). (24) Der zeug ist Heinrich-Sneidrin, mit namen Elizabeth, estimo III. Septemb. Widei* Elss Heiligkrützin, die ist des Mössners swester, lernt die le.üt, daz sie man verzaubern, daz sys nemen müssen und daz sy ein swartze henne kauffen sollen, wie mans beit, und solten daz hertze lebent darass nemen ') Im erhaltenen lateinischen Theile des Processes ist von ihr nichts erwähnt. 2* © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 20 — und legen zw dem heimlichen end und daz den mönschen zw essen geben. V e r h ö r e am 5. S e p t e m b e r . (16) Zeugin Adelheit im spital, die daz von den frauwen gehört hat. V. Septemb. Ennli Scheurin hat Hanse-Lemckel und seiner Irauwen Ennli under daz bet zauberig geleit, darumb sy dorret ein halbs iar und starb. Der argwon swer ist darnmb, daz ein andre frauw daz erfahren wolt, warumb es were. Wen die frauw im bet lag, so was ir we und auss dem bet brast ir nit. Die hat dieselbige zauberig geoffenbart. (23) Zeugen: Hans Zeüger, item Ludwig Moler in der vorstat weiss auch zw sagen, den man vodern mag. V. Septemb. Wider die Michel-Zimmermenninl) an der anbruck ist ein gemein gerüff, daz sy ein unhuld sey. Item sy lernt die iungen dirnen, daz sy man mügen überkumen. V e r h ö r e am 6. September. (11) Zeugin Cristin Ypfhoferin die sagt, wie die Srentlin für das hauss clegleich kam. VI. Septemb. Trenlin Rötfelders dirn ist in argwon, daz sy den küen die milch nimpt, wen ein person, der die milch genummen wart, gelernt, daz sy den milchkübel yber das für hencken solt und solt den slahen in des tüfels namen, so miist die Person kummen. Also gescha es, daz die person kam weinen und gehüb sich übel. (19) Zeuge Hans Spiegel und gehört dem lantrichter Möringer. VI. Septemb. Einer klagt wider sein aygen haussfraw, sy hab in in daz achtest iar verzaubert, daz er in steter kranekhait ') Vgl. das Verhör vom 23. (22) und 29. (30) August © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 21 - ist und keiner frauwen geweitig ist, wen sy ist auff ein zeit kummen mit einer andern frauwen, genant Magdaleu, und ist ein farende fraw, do er gesloffen hat in der stuben, und haben in auffgeweckt und haben im geben ein stuck letseltin, das hat er gessen. Do hat die fraw gesprochen : „Schauw, wie hat ers versluekt". Do sprach die'ander: „Es wirt in wol (zwrichten)". Also ist er ein krancker man worden. Item die haussfraw hat gesprochen zwm knecht, mit dem sy (zwhielt): „Ich wil ihn zwriechten, das er dir noch mir nit tun mag." Item sy hat im böse griff geben zum hempt, zum rucken nachtes, do im grosser smertz nachging. V e r h ö r e am 8. S e p t e m b e r . (15) Zeugin Elsbeth Velklin, deren hat die person der alrunen zwo geben, das sy es under die altardiecher legen solt. VIII. Septemb. Wider die Seützin in der vorstat die kan under die altardiecher alrun: und wen dorüber 9 mess werden gelesen, so kan sy kain urteil Yor dem rechten verlieren. Item sy hat gesprochen, sy wel 3 suntag fasten. Do sprach der Tollinger: „Wil sy vasten, so vastet sy umb rochs willen, so get es bald über mich als yber ein audern, wen sy ist mir nit holt. (27) Zeug ist der Ulrich Pogner. VIII. Septemb. Wider die Andres-Kromerin au der anbruck, hat geselschafffc mit der Seittenmacherin *), sagt einer, das sy im het getrogt und daz sy in 3 mol truckt auff ein achsel, und laufffc von der kirchen, nit wais warumb, doch meint er, wo sy gefragt wird, sy wist vil Sachen zw sagen. V e r h ö r am 9. September. (26) Zeuge wider die zwo hebammen ist Anna Kleüberin, die do zw frogen wer in gute. ») Vgl. Verhör vom 21. August (1). © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at 99 IX. Septemb. Wider die Kracherin, Johannis Sartoris hausfraw sein hebam sagt die person, die in der zedil stetgeschriben, daz sy ir gesprochen hab, sy hab einen veint des Glöcknerss haussfraw, der wel sy tun, daz sy kains mannes glusten werd, daz auch gescheen ist, wen darnoch dorret und er, krümmet die person, daz sy bey einem iar starb. V e r h ö r am 10. S e p t e m b e r . (20) Zeugen aus den dörferin und ir anbringen hab ich kurtz begriffen, wen sy nit hie pfarrent, aber in Anbruck von einem, der geblent wart, ist züg Margaretha Ketnerin und Barbara Falcknerin. X. Septemb. Es sint vil in dörfern Kernten, Ammeros und ouch zw Hai, als die Silberstichin, auch die Preglin, die kü verlemmet (Kühen die Milch nimmt), item Deckerin, die vil manner verzaubert hat, item die Pechidn, auch die Hiefeyserin, von der der gerber vil sagen kan. Item zw Hettingen ist Welfil-Sneiderin, den kyen nimpt sy die milch, item die Klauberin, die alwegen trogt: „Du solt mir kein mutten saltz essen." Item in Anbruck ist die alt Knöllin, die ein man erblent hat. Item in Anbos ist Andree Fierer, der mit kinsten verloren ding offenbart; item zw Predil ist die alt Eendlin vast verlümit *). V e r h ö r am 14 September. (31) Zeugen: Magister Hans cum barba cirurgicus oculorum haussfraw, die haist Katherina; iam non est in Ysbruck; quarta decima septembris. Talis testis, ut in cedula continetur, deponit contra Annam Goltsmidin. Cum semel contigit, quod predicta2) Katerina fuerit iu hospicio eius et propter quoddam ') Ueber die Hiefeyserin (Hiifeysen) s. unten; vgl. über andere die Verhöre vom 9. (6), 19. (3) und 29. (30) August. 2 ) Der erste Text Katherina mayster Hansen hausfraw ist mit anderer Tinte corrigirt in: talis testis etc., das predicta aber stehengeblieben. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 23 — factum indignata Anna predicta Goltsmidin dixit: „Ich wil mich encker abhelffen oder Got döt mich", et post factum est, euin semel piscaret priscillas et huic Katherine daret commedere, ipsa Katherina cum marito suo voluit simul commedere et magnam infirmitatem incurrerunt ita, quod nee dormire nee commedere nee etiam membra movere poterant. Item Dorothea idem dicit, quod dixerit predicta Anna contra maritum Katherine: „Du parteter schelm, ich wil mich erover abhelffen oder Got döt mich", et ut supra dictum est, factum fuit. Ista tarnen Dorothea non dicit veraciter, quod infirma tunc temporis fuit, sed quod ex coniecturis hoc cognovit. De e x t r a n e i s . Hallis est quedam famosa et potens, quam dudum reverendissime paternitati vestre notifieavi. Hec multum suspeeta de heresi maleficarum ab omnibus incolis illius oppidi asseritur et quod miranda de ea deponerentur, ubi inquisitio fieret in eodem oppido. Contra eam deposuit primus testis in cedula testium contentus l), quod tempore, quo ipse erat in eius famulatu, repetitis vieibus misit eum ad cloacas Judeorum in Yssbruck, ut de stercoribus Judeorum inde apportaret, quod et interdum fecit, interdum omisit de aliis sibi apportando. Item alius testis deposuit super famam, quod undique sit diffamata et quod magnam familiaritatem habet eum una malefica, que moratur in Swatz et nominatur die Zwickenstainerin et asserit, quod illa Zwiekenstainerin est multum suspeeta et diffamata. Tertius testis: Quod ipsa duas cordulas ex dorso lupi extraetas exciderat et serico obduxerat; ignorat autem an ad bonum vel ad malum. Suspicatur autem, quod ad maleficia perpetranda uteretur. Item in Yssbruck deposuit quidam, quod una, que ducem malefieiare volebat ad recuperandum eius amorem ') Dieses Zeugenverzeichniss ist nicht mehr vorhanden; auf das oben erwähnte ist wohl hier nicht Bezug zu nehmen. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 24 — quem perdiderat, misisset quendam iuvenem scolarem ab Yssbruck in Hallas ad delatam, ut sibi ex camera sua destinaret certas res, que insimul colligata erant et que ipsa bene nosceret; et cum sacerdos quidam hoc prevenire et mala impedire disposuerat, undique super stratas ad observandum iuvenis reditum et sie contigit, quod iuvenis detentus in via et per minas coactus singula deponere et res demonstrare. Tunc inter horrenda erat de unbilico seu de pellicula eius absciso a corpore unius pueri noviter nati J ). Item in Hallis est Britznig faber. Eius uxor multum suspeeta et aecusatur a teste in cedula testium quod eum maleficiaverit in sinistro latere et tibia. Causam suspicionis habet ex eo, quod cum ipse faber et maritus delate faber laborantes in Lanetz et ipse deponens maiorem coneursum et favorem haberet, seeundo quod semel in quinta feria de nocte post minas seu inimicitias mutuas sibi contigisset, suspicatur, quod ab ea maleficiatus fuerit. Item in Zammeros est una que vocatur Silberstechin, item ibidem die Senftin vidua, item die Prieglin, item die Pechtin, item die Trunserin. Hee omnes ex una villa ex fama, unde super famam inquirendi sunt testes2). In Keinmeten 1 meyl ab Yssbruck est mulier quedam nomine Ciinz-Smidin, que maleficiavit quandam Dorotheani Dörinn ad gravissimam infirmitatem ita, quod usuni membrorum omnium perdiderat. Causam suspicionis aeeipit primo quia ambe erant amisie etc. potentes et ipsa Dorothea virgo, seeundo quia ipsa Dorothea reperit delatam semel circa tunicam suam, dum e balneo egrederetur, et dum interrogaret quod ageret et se nichil agere sed ex casu advenisse respondisset, ipsa autem Dorothea ex post gravissimam infirmitatem ineiderat quasi per annum et semel, ubi in mente revolvebat faefcum pristinum et in*) So wörtlich der Text. ») Vgl. Verhör vom 10. Sept. (20). © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 25 — quirendo in tunica maleficium insutum reperisset, et dum ammovisset et statim sanata fuisset, ideo eam graviter suspectam habuit. Bei der Mangelhaffcigkeit des Actenmaterials enthalten die Anklagen und Bemerkungen neben manchem Lichten auch viel Dunkles; immerhin aber bieten sie Anhaltspunkte, von denen aus sich manches Interessante über die damaligen Culturverhältnisse gewinnen lässt. Vor allem muss die grosse Zahl der Angeklagten auffallen. Die s y s t e m a t i s c h e n Nachforschungen waren auf das Gebiet der Pfarre Innsbruck beschränkt geblieben l), und dennoch erscheinen ungefähr vierzig Personen mit Namen als „verdächtig" bezeichnet. Nicht eingerechnet sind hiebei alle jene, deren Namen nicht angegeben sind, wie die unbestimmbare Zahl jener, welche bei irgend einer Verdächtigen namentlich in unlautern Dingen Unterricht empfingen. Diese gehören, wie alle Angeschuldigten, bis auf zwei dem weiblichen Geschlechte an. Der Beschäftigung nach zählen die meisten zum Bauern-, einige auch zum Handwerkerstande, aus den gebildeteren Ständen wird nur der verdächtige Schulmeister erwähnt (Verhör v. 17. August (13). Um so ausgebreiteter ist der Kreis, über den sich die Behexungen erstrecken sollen; in seine Peripherie fällt der Erzherzog Sigismund. Die Verlässlichkeit der Zeugen, von denen nur wenige als beeidet oder eidesbereit erwähnt werden, scheint selbst dem Inquisitor, der es mit den Anklagepunkten doch nicht eben heickel nahm, etwas zweifelhaft gewesen zu sein, weshalb wohl auch am Schlüsse des Zeugenverzeichnisses die Bemerkung angefügt wurde: Item nota, quod predicti testes sunt de novo citandi et interrogandi, quia ') S. Zengenangabe vom 10. Sept. (20). © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 26 — sponte solum et non personaliter citati comparuerunt cum protestatione tarnen, quod iterum volunt comparere, ubi fuerint citati. Die Mehrzahl der Zeugen erscheint mit den Angeklagten in irgend einer Verbindung, meist langjährige Feindschaft, unerlaubtem geschlechtlichem Umgang mit verweigerter Ehe, oder es ist der Brodneid, der den Anlass zu gegenseitigen Keibungen bietet; den Abschluss bildet die Behexung zu langwieriger Krankheit oder zum Tode, wenn nicht durch einen günstigen Zufall das Zaubermittel entdeckt und dem Feuer übergeben wird. Vielfach beruhen die Verdachtsgründe auf einem blossen „Hörensagen" und sind dabei oft derartig, dass der Zeuge sich selbst blossstellt und der Gefahr aussetzt, früher oder später selbst seinen Platz auf der Anklagebank nehmen zu müssen. Der Reiz der Neuheit der Sache mag hiebei nicht ohne Einfluss geblieben sein. Am ersten Tage (9. August) konnten f ü n f Verhöre vorgenommen werden, fortan aber an den einzelnen Tagen nur selten mehr als eines; an 15 Tagen zwischen 9. August und 14. September fand überhaupt keines statt, obwohl solche auch an Sonn- und Feiertagen (wie 15. und 21. August, 8. und 14. September) vorgenommen wurden. Die Anklagen unterscheiden sich selir vortheilhaft von denen, die in späteren Jahren gegen die Hexen vorgebracht wurden. Als Hauptverbrechen erscheinen, wie oben gesagt, Schädigung von Leib und Leben der Menschen, daneben Entziehung der Milch aus den Kühen und das „Wettermachen". Dagegen wird nirgends erwähnt ein förmlicher Bund mit dem Teufel, der Umgang mit ihm als incubus oder succubus, Verschreibung und Eid an denselben, Ausfahrten, nächtliche Mahlzeiten, sowie das Essen der Kinder, wenn auch Theile ihrer Körper mehrfach als Zaubermittel angewendet werden. Als Zaubermittel werden gebraucht verschiedene Pulver, Haare von Menschen und Thieren, Gebeine von ungetauften Kindern, © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 21 — stereora Judeorum, daneben aber auch Fasten, besonders an drei Sonntagen, sowie Verwünschungen u. dgl.; als unerlässliche Bedingung für die Wirkung des Zaubers ist gefordert, dass der Gegenstand, der denselben hevorrufen soll, in irgend einer Weise dem oder der zu Bezaubernden nahe gebracht, am besten in ein Kleidungsstück eingenäht werde. Der Umgang mit Thieren von schwartzer Farbe ist verdächtigend, noch mehr aber der mit Menschen, die bereits im Gerüche stehen Zaubereien zu verüben. Von Strafen, welche über die Angeklagten verhängt werden sollten, verlautet in dem Bisherigen nichts; wohl waren einige Verdächtige zeitweilig in Haft genommen worden, während andere sich durch die Flucht diesem Schicksal zu entziehen suchten; aber diese Haft wurde bald aufgehoben und die Flüchtigen kehrten wieder zurückl). Was sollte der Inquisitor thun ? Wimmelte es doch nach dem bisher Gesagten in Innsbruck von Hexen so sehr, dass er ohne Uebertreibung in dem Malleus, malef. II. 9. 1, c. 1. schreiben konnte: „Si ea, quae in uno dumtaxat oppido (sc. Innsbruck) illius (Brixinensis) dioecesis reperta sunt, inferenda essent, liber integer foret conficiendus". Das „Was jetzt" war für den Inquisitor eine ebenso wichtige als schwierige Frage. Zunächst wandte er sich in zwei Schreiben an den Erzherzog Sigismund und an den Bischof von Brixen Georg Golser. Keines dieser Schreiben liegt den Acten bei oder dürfte noch erhalten sein a). Aus den Antworten, die der Bischof am 21. September an den Erzherzog und ') S. Verhör vom 26. August (30). Die Michel-Zimmermannin. ) Dieselben sind weder als Originale unter den Urkunden, noch als Abschriften in der von 1452 an vollständig erhaltenen Registratur oder in der Investitura antiquif>sima (Protocollon consiliorum) im f. b. Hofarchiv vorhanden. Letzterer Codes (angelegt 1441) enthält verschiedene Erlässe, Briefe etc. der FürstBischöfe von Brixen von 1441 bis zum Ende des 17. Jahrhunderts. 2 © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 28 — an den Inquisitor richtete, geht jedoch hervor, dass letzterer sich bei erstem schriftlich um die Unterstützung durch den weltlichen Arm beworben und auch an den Bischof selbst gewendet habe, dass er ihm die weiter nöthigen Vollmachten ertheile. Erzherzog Sigismund schickte nicht blos das an den Bischof, sondern auch das an ihn selbst gerichtete Schreiben des Inquisitors an Georg und bat diesen in einem dritten um Kath. Die Antwort hierauf erfolgte in einem Schreiben des Bischofs Georg vom 21. September 1). Er erklärte hierin, dass er selbst verpflichtet sei, in Verbindung mit dem Inquisitor in den Process einzugehen und ihm die nöthigen Vollmachten zu ertheilen; in gleicher Weise möge auch er (Sigismund) in Rücksicht auf die diesbezüglichen päpstlichen Verordnungen seinen Arm zur Bestrafung solcher Frevel, wie sie verübt sein sollten, leihen, da der Inquisitor ganz nach den Normen des Rechtes vorgehen werde und dieses auch das Beste sei; jedoch solle er es versuchen, den Inquisitor dahin zu bringen, dass nicht gegen alle mit der vollen Strenge des Gesetzes verfahren, sondern dass den weniger Schuldigen Gnade zu Theil werde. Zu denjenigen, gegen welche die volle Strenge der Gesetze angewendet werden solle, rechnet Bischof Georg aber nur diejenigen, welche in gotteslästerlicher Weise Bilder durch Geisseihiebe und Nadelstiche verunehrt oder Menschen durch Zaubermittel getödtet hätten; von den Uebrigen sollten die einen nur mit „Penen und Penitentzen", d. i. mit Geld- und Kirchenstrafen, die aber, welche nur weniger gefehlt hätten, wobei eines vom andern verführt worden, nur mit letzteren belegt werden. Dagegen solle fortan alle und jede Zauberei unter den strengsten Strafen, die das Gesetz enthalte, verboten werden. Für den Fall jedoch, dass der Inquisitor für ein der«) S. Beilage 2. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 29 — artig gemildertes Verfahren nicht zu gewinnen wäre, sollte jedoch der Erzherzog seine Beihilfe zur Bestrafung der Schuldigen, soweit sie verlangt werde, nicht versagen. In dem Schreiben an den Inquisitor, das Bischof Georg mit dem an den Eizherzog nach Innsbruck schickte, gleichfalls vom 21. September l) datiert, legte er ersterem besonders an's Herz, in allem die bestehenden Rechtsnormen sich zur Richtschnur zu nehmen, und sprach dabei seine Bereitwilligkeit aus, persönlich nach Innsbruck zu kommen und an der Führung des Processes theil zu nehmen, wenn anders seine schmerzliche Krankheit ihm dies nicht unmöglich machen würde; damit jedoch das weitere Vorgehen durch seine Abwesenheit nicht gehindert werde, übertrug er dem Inquisitor seine Vollmacht und bedingte dabei nur die genaue Einhaltung einer Constitution des Papstes Bonifaz VIII. aus, welche festsetzt, dass, sofern nicht zwingende Gründe dagegen vorlägen, den Angeklagten die Namen derjenigen, welche gegen sie Zeugschaft ablegten, bekannt gegeben würden. Am Schlüsse ermahnt er ferner noch den Inquisitor, dass er bei der Führung des Processes einige von den Räthen des Erzherzogs beiziehe, wie er auch diesem den Rath ertheilt habe, wenn er dazu aufgefordert würde, zur Bestrafung der Schuldigen seinen Arm zu leihen; dagegen wird der Vorschlag mit Milde gegen die Minderschuldigen vorzugehen nicht erwähnt. Welches die Wirkungen dieses Schreibens beim Inquisitor gewesen, ist mit Sicherheit nicht festzustellen; wie das Vorgehen desselben aber in dem nächst folgenden Processe zeugt, hat das bischöfliche Schreiben ihn eher auf der eingeschlagenen Bahn vorwärts als rückwärts geführt. ') S. Beil. 3. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 30 — Wie wenig er für eine milde Behandlung der Angeklagten und für eine Führung des Processes nach den Rechtsnormen gewonnen war, wird durch sein weiteres Vorgehen ersichtlich werden. Den Eath des Bischofs, auch Räthe des Erzherzogs sich an die Seite zu stellen, Hess er vollkommen unbeachtet; vielmehr scheint die Bevollmächtigung des Bischofs auf den vom Hexenwahn durch und durch befangenen Mann nur dahin gewirkt zu haben, dass er mit um so grösserer Energie an der völligen Ausrottung der „Hexen" zu arbeiten begann. Den Anfang hiezu machte er mit sieben Weibern aus Innsbruck, die er wohl bald nach Empfang des bischöflichen Schreibens gefangen setzen liess. Unter diesen befindet sich jedoch nur eine e i n z i g e Angeklagte, die auch unter den bisher als „verdächtig" Bezeichneten genannt ist. Von allen übrigen ist in den erhaltenen Acten nichts weiter erwähnt, ihr ferneres Schicksal nicht weiter bekannt. Ob sie aber auch dem Auge des Inquisitors entschwunden seien, mag mehr als fraglich erscheinen. Die Art und Weise, wie er im October-Processe auftrat, lässt nicht vermuthen, dass er alle diese Denuncierten vergessen habe; sein mehr als dreimonatlicher Aufenthalt in Innsbruck, trotz des ausgesprochenen Willens des Bischofs, er möge nach einer derartigen Schlappe, wie er sie im Oetober-Proeesse erlitten hatte, das Land verlassen, sowie die allerdings sehr allgemeinen Anspielungen auf seine Thätigkeit von Anfang November 1485 bis gegen Mitte Februar I486 berechtigen nur zu sehr zu der Vermutlmng, dass er einen weitern Process plante, bei dem die Angeklagten vom August und September und alle weitern Verdächtigen nicht so gut davon kommen sollten, wie die Angeklagten vom October. Des Bischofs Georg von Brixen Energie aber verhinderte solches Unheil. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 31 - H. Am Freitag vor St. Dyonisientag, d. i. am 7. October 1485 berichtete Erzherzog Sigismund an den Bischof Georg nach Brixen, dass der Inquisitor sieben Weiber habe gefangen setzen lassen, und fordert dringend die Absendung eines sachkundigen Commissärs, der dem Inquisitor an die Hand gehen könnte 1). Die eingekerkerten Weiber aber, von denen allein im folgenden noch gehandelt wird, eine ganz oberflächliche Erwähnung einiger anderer abgerechnet, sind Barbare Selachin, Barbara Hüfeysen, Kosina (Hochwartin) und ihre Mutter Barbara Röslin, Agnes Witwe Peter-Sneiderin und Helena Scheuberin, sämmtliche aus Innsbruck. Bischof Georg war sehr bereit dem Wunsche des Erzherzogs nachzukommen und bestellte, da andere taugliche Männer anderwärts zu sehr beschäftiget waren, den Licentiaten in den Decreten und Pfarrer von Axams Sigmund Saumer zu seinem Stellvertreter. Das Schreiben, worin er diesem sein Amt überträgt -), ist für die Charakteristik Georgs sehr interessant. Hat er bereits früher Zweifel über die Kichtigkeit und das Vorkommen von Zaubereien und Behexungen durchblicken lassen, so hat sich diese seine Ansicht in ihm seither noch mehr befestiget; es ergibt sich nämlich aus einigen Stellen dieses Schreibens, dass Bischof Georg überhaupt an die Existenz einer derartigen Zauberei, wie sie den Angeklagten zur Last gelegt wurde, nicht glaubt; er erkennt vielmehr daran nur Yerimmgen, denen er nicht aus eigener Macht genügend entgegenwirken kann; das beste Abhilfsmitte] erscheint ihm die Vereinigung von Belehrung und Milde, wodurch am ehesten die entstandene Aufregung wieder zur Buhe gebracht werden könne; da er selbst sich am Processe nicht betheiligen ') S. Beil. 4. ') S. Beil. 5. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — .32 — kann, so hofft er um so mehr, dass der Inquisitor, dem die grösste Machtvollkommenheit zu Gebote stand, mit Milde und nach dem Hechte vorgehen werde, wie er überhaupt dessen Erfahrungen und Kenntnisse in derartigen Angelegenheiten sehr hoch anschlägt und darum hofft, es werde die Sache möglichst glatt verlaufen. Es kann diese Anschauung dem Bischof von Brixen nur zur Ehre angerechnet werden; das Traurige daran ist nur, dass er bezüglich des Inquisitors und seiner Anschauungen sich vollständig täuschte. Denn dieser liess nicht nur den Wunsch Georgs, auch einen der Käthe des Erzherzogs beizuziehen, ganz unbeachtet, sondern nahm auch die Zeugenverhöre in einer Weise vor, dass es schliesslich dem erst in elfter Stunde auftretenden Vertheidiger der angeklagten und eingekerkerten Weiber ein Leichtes wurde, sämmtliche Anklagepunkte als nicht in gesetzmässiger Weise begründet und erhoben zu erweisen und damit einen völligen Freispruch seiner Schutzbefohlenen zu erlangen. Im Ganzen nahm der Inquisitor in der Zeit vom 4. bis 21. October circa 30 Zeugenverhöre vor, nachdem er selbst schon am 4. in eigener Person sehr belastende Aussagen gegen die Scheuberin gemacht hatte. An fast allen Zeugenverhören nahm nur er selbst und der päpstliche Notar Johann Kanter aus der Diöcese Utrecht theil: ausserdem erscheinen bei den Verhören öfters gegenwärtig einige von den Ordensbrüdern des Inquisitors: Wilhelm Beringer, Heinrich Hoffmann, Wolfgang von Basel, Caspar von Freiburg, Magister Johann von Bosbach , sowie der Minorit Johann Rosenbart oder auch Paul Cael (Caal) Schirmaister, nur sehr selten aber der Deputierte des Bischofs Sigmund Saumer, und ein Vertreter des Erzherzogs. Wie beim vorausgehenden Processe sind auch bei diesem die Originalacten nicht mehr vorhanden, wohl © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 33 — aber eine zusammenstellende Bearbeitung derselben, in der ohne Kücksicht auf die chronologische Keihenfolge, die auf dieselbe Angeklagte bezüglichen Verhöre unmittelbar an einander gereiht, verzeichnet sind. Betreff der Namen der Zeugen wird hiebei auf die cedula verwiesen, die aber nicht erhalten ist; dieser Mangel wird grösstentheils behoben durch einen Fascikel, der auf neun vollen Bogenseiten ein Verzeichniss jener Fragen enthält, die in Folge der Zeugenaussagen an die Angeklagten gestellt werden sollen; daran schliesst sich ein allgemeines Eesume über das Gesammtergebniss des Processes mit Angabe der über jede einzelne Angeklagte zu verhängenden Strafe. Als Verfasser dieser Anweisung kann nur Heinrich Institoris selbst angesehen werden, da darin von ihm nur in der e r s t e n Person geredet wird, wie beispielsweise betreffs der ihm von der Scheuberin zugefügten Schmähungen Anweisungen gegeben werden, wie bezüglich dieser und anderer contra me gerichteten Aeusserungen gefragt werden solle. Damit ist theilweise auch, ersichtlich, an wen diese Frage-Instruktion gerichtet ist. Da der Adressat als Keverendissima paternitas vestra tituliert wird, so kann es wohl kaum zweifelhaft erscheinen, dass derselbe ein Ordensbruder des Inquisitors ist, der die Verhöre der Angeklagten vornehmen sollte; da der Name aber nie genannt wird, die Verhöre selbst nicht wirklich stattfanden, wenigstens nirgends erwähnt werden, so bleibt allerdings unbestimmt, welches von den obengenannten Mitgliedern des Predigerordens damit gemeint sei. Ein günstiges Licht wirft diese Instruction auf den Inquisitor n i c h t ; die an die Angeklagten zu stellenden Fragen gehen sein* häufig weit über das hinaus, was die Zeugen ausgesagt hatten, und legen erstem Verbrechen zur Last, die in den Zeugenaussagen gar nicht enthalten sind; ja selbst vor offenen Lügen schreckt der Inquisitor nicht zurück; so gibt er z. B. nach dem Zeugenverhör Ford. Zeitschrift. IV. Folge. S4 Heft. 3 © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 34 — vom 19. October gegen die Scheuberin die Anweisung: Item dicatur ei (delate), quod ipsa (talis deponens) n o n est d e p o n e n s sed quidam alius loco eius yino et p l u r e s . Genaueres wird sich bei den einzelnen Verhören ergeben. Im Folgenden werde ich alle Stellen der Instruction von irgend einer Bedeutung nach Anfuhrung der Zeugenaussagen unter „Instruction" namhaft machen. Die Zahl und Zeit der vorgenommenen Zeugenverhöre vertheilt sich in folgender Weise auf die einzelnen Angeklagten: 4. October gegen die Scheuberin eines, 8. „ „ „ Hufeysen eines, 13. „ „ „ Scheuberin zwei, 14. „ „ ,. „ eines, 15. „ „ „ „ zwei, 16. „ „ ,, Peter-Sneiderin zwei, 17. „ ,, „ Pflieglin und Selachin je zwei, 18. „ „ ,. Scheuberin zwei, gegen die Hufeysen eines; dabei werden auch mehrere nicht datierte erwähnt. 19. „ „ ,, Scheuberin zwei, die Selachin eines, gegen die Röslin, Mutter und Tochter, zwei, 21. „ ?? u Röslin und Tochter drei. Die Anordnung in den Acten ist jedoch, wie gesagt, nicht die chronologische, sondern es siud darin sämmtliche Zeugenverhöre über je eine der Angeklagten nach einander angeführt und zwar in folgender Reihenfolge: 1. Selachin, 2. Hufeysen, 3. und 4. Röslin, Tochter und Mutter, 5. Peter-Sneiderin, 6. Pfieglin, 7. Scheuberin. Warum hiebei gerade diese Ordnung gewählt wurde, wäre schwer erfindlich, da die Schwere der Anklagen dem Inhalte nach nicht massgebend gewirkt haben kann. Der Inquisitor löst jedoch selbst in etwas auffälliger Weise das Rätlisel durch die Bemerkung, die er in der Tnstruction © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 35 — den Frageartikeln an die Scheuberin voransetzt: Articuli et interrogaria super processum Scheuberin, que licet primo luerit delata et deteuta, iam autem in ultimo loco ponitur non propter mihoritatem criminuni sed quia d i f f i e u l t e r p u n i t u r , nisi p r e c e d e n t e s f u e r i n t p u n i t e et hoc propter vagam adherentiam plurimorum. Aehnliche Gründe mögen wohl auch der Selachin die e r s t e Stelle verschafft haben, die wohl deshalb an die Spitze gestellt ist, damit eine Verurtheilung auch der folgenden leichter zu erzielen wäre, wenn die Unthaten der Selachin vorhin die Gemüther etwas erregt hätten. Bei der folgenden Darlegung der Zeugenaussagen halte ich mich insoweit an die Zeitenfolge der Verhöre, dass alle auf e i n e Angeklagte bezüglichen unmittelbar in chronologischer Eeihe angeführt werden, die Reihenfolge der Angeklagten aber durch die Zeit des ersten gegen sie vorgenommenen Zeugenverhörs bestimmt ist. Der Kürze halber sind die Zeugenaussagen iu einem Auszuge und übersetzt wiedergegeben, und nur die im Texte in directer Rede angeführten Aeusserungen der Zeugen sowohl als auch der Angeklagten w ö r t l i c h angeführt, selbst wenn sie lateinisch verzeichnet sind. 1. Z e u g e n a u s s a g e n gegen H e l e n a Scheuberin. a. Am 4. October. Der Inquisitor selbst legt in Gegenwart der Peter-Sneiderin J) über die Helena Scheuberin folgendes Bekenntniss ab: er habe öfters gehört, dass die Angeklagte seine Predigten geringschätze und gänzlich misdachte, ja wenn er die Kanzel betrete, die Kirche verlasse und gegen ihn die Verwünschung ausstosse: „Das ') Zeugenverhöre in Gegenwart von Angeklagten •widersprechen dem vom Inquisitor selbst aufgestellten Grundsatz der möglichsten Geheimhaltung der Zeugen gegenüber den Angeklagten und selbst ihren Vertheidigern; hingegen fehlt hier die Angabe des Notars, sowie einer Behörde, welche die Zeugscliaft' entgegennahm. 3* © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 36 — dir das fallen übel in deinen grauwen seheitel sol; wen wil dich der tüfel hinfieren;" er hätte selbst an derartige Aeusserungen nicht geglaubt, wenn die Angeklagte ihm nicht, als sie aus dem Kerker vor ihn geführt wurde, auf die Frage, warum sie so geredet habe, geantwortet hätte: „Ideo dixi, quia nunquam predicatis nisi heresim" und auf die Frage „Quomodo hoc": „Quia non predicatis nisi contra maleficas." b. Am 13. October in hospicio Rümler; Gegenwärtige der Inquisitor, Bruder Wolfgang und Bruder Caspar Ton Freiburg. Der beeidete Zeuge *) sagt auf die Frage, ob er den durch die Angeklagte zum Tode verzauberten Ritter Jörg Spiess gekannt habe, aus, er habe ihn gut gekannt und sei bei ihm in Dienst gestanden. Ueber seinen Tod macht er die Aussage: derselbe habe sich im letzten Fasching, als er nach Hause kam, auf einen Stuhl gesetzt und gesagt : „Ich hab ein leck gessen, der ich niemer uberwind". Weiters erzählt der Zeuge, er sei zugegen gewesen und habe gehört, dass ein italienischer Arzt, indem er mit seinen Fingern dem Eitter auf die Hand zeigte, zu demselben gesagt habe: „Her du wirst niemer rouw haben"; darauf habe der Kitter Gesicht und Hals vom Arzte abgewendet und sei zusammengebrochen.2). c. Am 13. October. Ort und Gegenwärtige wie oben am 13. October unter b. Der beeidigte Zeugel) sagt aus: er habe von der Schwester des verstorbenen Ritters Spiess gehört, dass ihn die Angeklagte ums Leben gebracht habe „in aim kindesfl aisch"; und als er sie gefragt, wie sie etwas solches dulden könne, habe sie entgegnet: „Ego sum nimis pauper et ideo non valeo me vindicare." *) Der Namen desselben ist nicht mehr ausfindbar. ) Der Tod des Ritters Jörg Spiess ist auch erwähnt Mall, mal. II. 9. 1. 2 © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 37 — d. Am 14. October. Gegenwärtige: Der Inquisitor, Sigismund, Licenciat in den Decreten und Pfarrer zu Axams, Bruder Wolfgang und der Notar Johann Kanter. Der beeidigte Zeuge1) sagt, dass die Scheuberin einen bösen Leumund habe; hinsichtlich ihrer Kechtgläubigkeit aber bestünden arge Zweifel, da sie mit Personen, die der Zauberei verdächtig seien, wie namentlich mit der Hufeysen Umgang habe; man sage ihr besonders nach, dass sie den Kitter Jörg Spiess ums Leben gebracht habe; über die Art und Weise dieses Mordes wisse er nichts, nur habe er gehört, dass ein italienischer Arzt dem Spiess verboten habe, die Scheuberin nochmals zu besuchen, sonst müsse er sterben; auch habe eine Verwandte des Spiess ihm gesagt, sie habe bei seinem Ende aus seinem eigenen Munde gehört: „Sie morior, quia illa nie interfecit." e. Am 15. October. Gegenwärtige wie oben d, am 14. October! Der Zeuge1) wederholt die letzte Angabe von d. f. Am 15. October. Gegenwärtige: Der Inquisitor, Magister Johann von Bosbach, der Notar Conrad Herencons, Bruder Wolfgang und der Notar Johann Kanter. Der beeidigte ZeugeJ) kennt die Scheuberiu und stand mit dem verstorbenen Ritter Spiess in so inniger Freundschaft, dass er sogar dessen Namen annahm. Er sagt aus, dass die Scheuberin schlecht beleumundet sei; auf die Frage über ihre Eechtgläubigkeit weiss er nur den Bescheid, dass Spiess sterbend noch gesagt habe: ,,Sic morior, quia illa me interfecit". Auch hat er gehört, dass ein italienischer Arzt dem Spiess verboten habe, die Scheuberin noch öfters zu besuchen, sonst werde er dem Tode nicht entgehen. Spiess kehrte sich jedoch nicht daran. All das sei allgemeines Gerede. ') Der Name desselben ist nicht mehr ausfindbar. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 38 — g. Am 18. October. Gegenwärtige: Der Inquisitor, Magister Johann von Bosbach und der Notar Johann Kanter. Die Zeugin1) kennt die Scheuberin nur dem Namen nach, hält sie aber für eine Hexe, weil sie sich von ihr am ganzen Leibe und an allen Gliedern bezaubert glaubt. Der Grund ist folgender: Als ihr Gatte sie von Baiern heimführte und heirathete, war auch die Scheuberin unter den geladenen Hochzeitsgästen. Beim Hochzeitsmahle kam sie zu ihr und sagte: „Du solt nit vil guter und gesunder tag hie haben". Als sie fragte, wer diese Person sei, erhielt sie die Antwort: „Die Scheuberin". Was diese gesagt, wurde wahr; denn nur von St. Bartholomäus- bis St. Gallustag war die Zeugin gesund, fühlt sich aber jetzt schon durchs siebente Jahr von der Scheuberin behext. Der Gatte dieser Zeugin bekennt unter Eid folgendes: Er habe im ledigen Stande die Scheuberin öfters fleischlich erkannt; diese hätte ihn gerne zur Ehe gehabt; weil er aber darauf nicht eingegangen sei, habe sie, wie er vermuthet, seinem Weibe dies Leiden zugefügt h. Am 19. October. Gegenwärtige: Der Inquisitor, Magister Johann von Bosbach, Bruder Wilhelm Beringer, Bruder Heinrich Hoffmann und der Notar Johann Kanter. Der beeidigte Zeuge1) kennt die Scheuberin und weiss, dass sie einen üblen Leumund besitzt; bezüglich ihrer Bechtgläubigkeit wird ihr die Tödtung des Ritters Jörg Spiess zur Last gelegt. Ueber die Art und Weise dieses Vorganges sind ihm folgende Details bekannt: Im letzten Fasching speiste Spiess, nachdem er sich von einer früheren Krankheit erholt hatte, bei der Angeklagten, setzte sich, als er nach Hause kam, auf einen Stuhl, legte die Arme auf die Knie und sagte in Gegenwart eines Dieners, Namens Jurch, der jetzt bei Kindsmaul ') Der Name desselben ist nicht mehr ausfindbar. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 39 — ist, und eines Jünglings, der jetzt beim Herrn Ulrich von Schiandersberg ist: „Ich hab ein leck gessen, der ich niemer überwind", und gab sodann dem erwähnten Jüngling zwei Kreuzer, dass er ihm aus der Apotheke Theriak hole. Ein weiterer, beeidigter Zeuge wiederholt durch seine Aussage, gleichfalls am 19. October, nur das bereits unter h. Angeführte. Instruction. Die Instruction soll hier wörtlich folgen. Articuli et interrogatoria super processuni Scheuberiu, que licet primo fuerit delata et detenta iam autem in ultimo loco ponitur non propter minoritatem criminum sed quia difficulter punitur, nisi precedentes fuerint punite et hoc propter vagam adherentiam plurimorum. Hec in duplici heresi fidei scilicet et maleficiarum est suspecta, düfamata insuper plurimum super morteni cuiusdam militis Spiess et hoc nedum in Ysbruck sed et circumquaque per vicinas terras et presertim aput nobiles et potentes. An autem toxico vel maleficio ipsum interemit, manet sub dubio, communiter tarnen famatur, quod maleficio eo quod a iuventute maleficiis servivit ut pote, que in annis solutis et extra thorum maritalem maleficiis institit, ut in processu deducitur. Insuper et cum maleficis et suspectis in adulterio et mala vita semper familiaritates habuit et taliter, quod neque virginalem aut matrimonialem statum absque infamia servavit, ut in processu patet. Quare sicut difficile e»t honestam et bone fame personam de heresi infam ari, ymo et hoc inquisitoribus incumbit, ut super vite honestatem persone delate inquirant ante omnia, et per oppositum personam male fame et inhouestam in fidei moribus de heresi faciliter infamari, ymo et r e g u l a g e n e r a l i s est, quod omnes malefice a i u v e n t u t e c a r n a l i t a t i b u s et adulteriis servierunt variis, prout experiencia © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 40 — d o c u i t ; ideo et reverendissima paternitas vestra caute et cum astutia erga eam procedere habet, quia plurimum dolosa et animosa procaxque, ut talium modus est, existit. P r i m u s a r t i c u l u s , quod nedum continuis obprobriis ab initio, utpote qui vix per triduum in oppido stet'eram, me molestavit taliter, quod pertranseundo ipsam semel et non agnoscendo in terram spuebat publice hec verba proferens: „Pfei dich, du sneder minch, daz dich das fallend übel etc.", qua de causa de eius nomine et vita primo habui inquirere. Sed et illud gravius, quod predicante me cottidie per quindecim dies primo, demum per duos menses singulis festivis diebus nedum sermones minime visitavit ymo et alios quantum potuit retraxit, que omnia plurimorum relatu didici. S e c u n d u s a r t i c u l u s , per quem et graviter suspeeta de heresi redditur, quod doctrinam catholicam a me seminatam publice in ecclesia asseruit certis mulieribus cum ea stantibus esse hereticam dicens hec verba: „Wen fiert der düfel den münch enweg, er bredigit nüst dan ketzerei: das in das fallend übel in sein grawen schedil ange". Hec omnia confessa est in captivitate. Et cum causam inquirerem, cur doctrinam ecclesie assereret hereticam, respondit, quod nil aliud predicassem nisi contra unhulen et subiunxit, quod dedissem modum percuciendi urceum lactis pro habenda notitia malefice, que lac abstulisset vaccis. At ego ubi asserebam talia me allegasse contra illas reprehendendo et non informando, asserebat, quod et in futurum nuiiquam vellet post relaxationem visitare sermones meos. Ex quibus, si de nullo alio foret increpanda et inculpanda, hec tarnen ipsam suspectam de heresi reddunt. T e r t i u s a r t i c u l u s , quod de morte militis plurimum suspecta et aput omnes incolas oppidi habetur; et licet incertum sit, ut premissum est, an toxico vel alias maleficio ipsum interemit, quia tarnen ut malefica diffa- © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 41 — mata semper habita fuit, ideo presumitur, quod licet per comestionem interemptus fuerit, ut in processu continetur, hoc tarnen per maleficatam comestionem et non simplex venenum contigisse estimatur. Interoganda est hie de adulterio eius publico cum eodem milite precitato et hoc a multis annis; item quod adeo erat mente seduetus miles, quod nullis amieorum perswasionibus et post plurima rerum dampna ab ea potuit sequestrari. Interrogandi sunt testes in cedula annotati signanter domicellus Eberhardus de Freyberg, Hans Lencker, Hans Spiess. Nee d u b i u m est, q u i a huiusmodi seduetiones mentium ad amorem vel odium malefice p r o curare p o s s u n t , ut notum e s t reverendissime p a t e r n i t a t i vestre. Quartus a r t i c u l u s , quod miles predictus hoc in extremis positus asseruit redeundo a cena tempore carnisprivii, quod comedisset, quod nunquam haberet, digerere, et post in ultimo constitutus dixit sorori: „lila, scilicet Scheuberin, me interficit". Super quibus utique per qiiestiones et t o r m e n t a i n t e r r o g a n d a c e r n i t u r et pro i l l i s r e l i n q u e n d a curie seculari. Sed quia de h e r e s i maleficarum suspeeta, ideo et foro ecclesiastico et i n q u i s i t o r i s iudicio s u b icitur. Quare autem sit de tali heresi suspeeta patet per sequentia. Quintus a r t i c u l u s , quod cum suspectis de heresi semper habuit suas conversationes et familiaritates sed signanter cum illa Hüfeysen. Hie casus in iure expositus reddit delatum vehementer de heresi suspectum. Patet in canone „Inter sollicitudines", extra, de purgatione canonica, quod ratione infamie de heresi fuit decano cuidam indieta purgatio canonica, et ratione familiaritatis hereticorum abiuratio publica, et ratione scandali fuit privatus beneficio, quousque scandalum sopiretur. S e x t u s a r t i c u l u s , quod quandam personam © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 42 — tempore quo aduc soluta erat privavit corporali sanitate usque in presens et quod hoc sibi inferre vellet publice coram ea asseruit, cum tarnen eadem persona maleficiata nunquam ipsam maleficam agnoverat nee verbum litigiosum unquam cum ea habuerat, sed sponte nulla occasione prehabita in nuptiis eius existens se ei obiecit dicens: „Du solt nit fil gesunder tag hie haben", et ita contigit usque in presens. Causa autem, quare illam infirmitatem intulit, in processu continetur, quia videlicet maritus huius infirme tempore, quo solutus ipse et ipsa soluta erant, carnaliter eam sicut et plures alii agnoverant, unquam ipsam sprevit et aliam in uxorem duxerat, hoc malum voluit inferre. Sed et hoc advertendum, quod plurimorum relatu in Ysbruck teste deo didici, qu'd u l t r a centum viri deposuissent adversus personas detentas et precipue contra Scheuberin, sed duabus de causis retracti fuerunt, primo propter timorem publicationis nominum deponentium, secundo quia hoc quod iam accidit parva videlicet superioris executio presume' aut l ). Quia ergo diffamata, suspecta et deprehensa in heresi maleficarum, merito foret cum primis duabus scilicet Selachin et Hüfeysen 2) adminus seculari curie relinquenda, si omnino in negativa perstiterit. Attamen quia omnia discretioni paternitatis vestre reliqui, fiant ea, per que immunis et aput altissimum et absque nota aput apostolicam sedem veniri possitis et unde vobis gloria et meritum accrescat. Expediret plurimum, ut propter apostolicam auctoritatem, quam tranfundere non valeo, presens essem; sub spe autem rate habitionis aput eandem quautum valeo 1 ) Der Sinn dieser aussagen unterblieben, früheren Processes der chende Bestrafung der 2 ) Ihren Process s. Stelle dürfte -wohl sein, dass die Zeugenweil die Zeugen nach dem Ergebnisse des Meinung waren, dass doch keine entspreSchuldigen erfolgen werde. im Folgenden. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 43 — sedem declino et eandem reverendissimam paternitatem vestram excusatam semper habebo. Advertendum insuper quod quia defensiones legittime non sunt propter honestatem denegande, licet contra violentam suspieionem non est probatio admittenda et contra deprebensam facti evidentia prout in modis sententiandi sexto videlicet, et duodecimo l) deducitur. In canone etiam „Sepe contingit" inClementinis2)traditur, quod exceptiones, appellationes, dilationes, frustrationes iudex habet repellere, ubi simpliciter et de piano et absque advocatorum et iudiciorum strepitu proccdere habet, prout in negociis fidei plurimum expedit, attamen si procuratorem petierint seu advocatum, non eis denegetur, duramodo iuxta directorium inquisicionis talis sit vir honestus, providus et fidei zelator servatque diligenter veri et providi procuratoris in*causis fidei condieiones; qui etsi petierit testificantium nomina, nullo modo, ubi de periculo timetur, ei publicabuntur, vel si publicarentur, seorsum fiat sub prestito iuramento^ ut censuris debitis etc., quare et pocius inducat ipsas delatas ad conservandam vitam et ut ad arbitrium episcopi et inquisitoris omnes penitentias velint subire. 2. Zeugenaussagen g e g e n B a r b a r a Hufeysen. a. Am 8. October. Gegenwärtige: der Inquisitor, Bruder Wolfgang von Basel und Bruder Kaspar von Freiburg. Die beeidigte Zeugin Margaretha Grünepachin kennt die Angeklagte seit ungefähr zehen Jahren und weiss, dass sie als Hexe in Verruf sei. Aus eigener Erfahrung gibt sie Folgendes an: Die Zeugin wohnte eine zeitlang im Hause der Angeklagten; diese sagte zu ihr, als die Zeit kam, in der sie die Wohnung räumen wollte: „Ich wil dich blind und lam machen und wie ich dich haben wil". Dies hörten auch zwei, bereits verstorbene Weiber, ») Mall, malef. III. 25 und 31. -) De verb. signif. tit. XI. c. 2. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 44 — die Klickin und die Kepplerin, und sagte erstere zur Hüfeysen: „Berbil, Berbil, du soltest dir lossen ee ein finger abhauwen den solliche wort reden", worauf sie die Antwort erhielt: „Vade et testifica contra me", und alsogleich begann die Zeugin zu erblinden und an allen Gliedern zu erlahmen. Dies dauerte so lange, bis ihr die seligste Jungfrau erschien und ihr befahl, unter den Thürstufen ihrer Wohnung zu kehren; wenn sie dies thue, werde sie wieder gesund werden. Alsogleich begann sie mit einem Besen um die Thürstufen zu kehren und fand dabei eine Menge ganz sonderbarer Fleisehstücke (multas carnes mirabiles), die sie auf mehrfaches Anrathen in's Feuer warf, worauf sie alsogleich wieder gesund wurde. Auch hat die Angeklagte zur Zeugin gesagt: „Quando tu accusares me coram iudice, tunc ego tantuui impono pollicem in manu tegendo eum 4 digitis et tunc nullus iudicum potest mihi aliquid inferre et hoc est rerum, quando ego videro iudicem primum, alias vero non". Ebenso erzählte die Zeugin, dass ihr die Angeklagte gesagt habe, sie vermöge jeden Dieb oder Bäuber aus dem Gefängnisse zu befreien und kein Eichter könne ihr etwas anhaben, wenn sie nur 4 Fäden aus seinen Kleidern habe, weil sie dann kein Geständniss ablegen könne; auch habe sie beigesetzt, es sei gleichgilidg, welchem Kleidungsstück die Fäden entnommen seien, wenn der zu Befreiende dasselbe nur wenigstens einmal getragen habe1). Instruction: Estimo quod hec Margaretha deponens obtulit se publice et in faciem eandem delatam velle redarguere de preinissis, sed ad hoc non est cogenda, ubi arbitrio eius relinquitur. b. Am 18. October. Gegenwärtige: der Inquisitor, Bruder Wilhelm Beringer und Bruder Heinrich Hoifmann aus dem Predigerorden und der Notar Johann Kanter. ') Vgl. Mall. mal. II. q. 1. c. 11, III. q. 15. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 45 — Die beeidigte Zeugin ist die ehemalige Dienstmagd der Angeklagten, die jetzt verehelichte Ludwigin Wagenstallin. Sie kennt die Pflieglin, bei der sie selbst wohnte und die häufig von der Hufeysen besucht wurde, und hat hiebei folgendes selbst erfahren. Die Pflieglin lag einst, wie die Zeugin glaubt, an Kopfweh darnieder; da kam die Hufeysen und wollte sie wieder gesund machen. Sie zog hiezu eine Nadel durch eine Spindel und legte letztere in eine Schüssel, goss sodann aus einem neuen Topfe heisses Wasser über die Spindel und Nadel in die Schüssel und erklärte dabei, wenn das Wasser gegen seine Natur aus der Schüssel in den Topf zurückkehre und letztere trocken erscheine, so sei die Krankheit eine angezauberte und könne geheilt werden. Wirklich stieg auch, als die Angeklagte der Pflieglin die Schüssel über den Kopf hielt, das Wasser in den Topf zurück und erschien die Schüssel vollkommen trocken. Dabei behauptete die Pflieglin, dass sie sich besser befinde, so lange die Schüssel über ihren Kopf gehalten werde, ziehe man sie aber davon weg, so kehrten auch die Schmerzen zurück; auch befinde sie sich in Gegenwart der Angeklagten wohl, übel aber, wenn diese sich wieder entferne. Die Zeugin ärgerte sich über die «•ibergläubischen Ceremonien der Hufeysen und sagte scheltend zu ihr: „Das dich der tüfel hien fier, ie mer das dus anpflugst, ie weer ir ist", worauf sie die drohende Antwort erhielt: ,,Got geb, nou transihunt tres dies, das dir pfugsten also not düt als der frawen". So geschah es auch. Nach drei Tagen ergriff sie ein solcher Schmerz, wie sieK früher in keinerlei Hinsicht einen ähnlichen empfanden hatte; es kam ihr vor, als werde Feuer über ihren Kopf aiisgeschüttet, so dass sie wegen der gewaltigen und andauernden Kopfschmerzen wie wahnsinnig herumrannte; andererseits aber traten am ganzen Körper, so dass nicht einmal ein gesunder Flecken von der Grosse © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 46 — einer Nadelspitze verschont blieb, schwarze und eiterige Beulen auf. Dieser Zustand dauerte drei Tage, worüber der Gemahl der Pflieglin ungehalten war, da die Krankheit der Magd die Vernachlässigung des Viehes mit sich brachte. Da sah er, als er mit der Magd sich zufällig in den Kulistall begeben wollte, ober der Thüre ein zusammengebundenes Stück Linnen, auf das ihn das Pfeifen von Mäusen aufmerksam machte. Er fragte zunächst die Magd, was sie da hinaufgelegt habe, und befahl ihr, als sie ihm mit „Nichts" geantwortet hatte, das Linnenstück herabzunehmen. Da sie dies wegen ihrer Krankheit nicht vermochte, nahm er es selbst herab, und schnitt es mit einem Messer auf; da fand er darin eingebunden ein gelbliches Pulver ad modum stercoris pueri seu saniem, Menschenhaare, auch verschiedene Getreidekörner; sobald dies alles in das Feuer geworfen wurde und verbrannt war, war die Zeugin auch wieder geheilt. Auch fügte sie noch bei, der Gatte habe die Pflieglin öfters ermahnt, sich von solchen Dingen ferne zu halten, sonst würden Tage kommen, dass sie vor Angst die Hände über dem Kopf zusammenschlagen werde 1). W e i t e r e A u s s a g e n gegen die Hiifeysen und auch andere. Ueber die Hufeysen geht auch das Gerücht, dass sie Mädchen und anderen Personen Unterricht gebe, wie man den Teufel anrufen müsse, um Liebe oder Krankheiten anwünschen zu können; dies zu thun sei jedoch nur dann möglich, wenn nichts davon in der Beicht vorgebracht werde; sobald sie etwas davon beichteten, könnten sie nichts mehr ausrichten. Auch ertheilt die Hufeysen Unterricht über das Fasten an drei Sonntagen, um jemandem *) Mit nicht unbedeutenden Abweichungen ist diese Behexung auch erzählt im Mall. mal. II. q. 1. c. 12. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 47 — den Tod zufügen zu können. Auch geht das Gerücht von zwei Verbindungen unter den Hexen, Scheuberin und Hufeysen einerseits, Köslin, Scharrerin, Pflieglin, Sixin und Jos Molerin andererseits. In dem dem Vicar1) übergebenen Process ist enthalten, dass ein Zeuge von seiner Gattin, die es ihrerseits von einer Wäscherin im Kersendal (Kirschenthal) gehört hat, erfahren habe, dass die Hufeysen zur Zeit, als ihr Gatte im Gefängniss lag, einen Tisch bereit gestellt, vier Brote in die Ecken und eine Schüssel in die Mitte des Tisches gebracht und auf die Frage ihrer Magd, was das zu bedeuten habe, erwidert hätte, sie wolle ihren Gatten befreien; wenn sie drei Fäden von seinen Kleidern habe, werde sie dies auch zu Stande bringen2). Mit dieser Aussage stimmt auch die des Gattin des Zeugen überein. Instruction. Maritas Hufeysen in carceribus existens per quandam practicam superstitiosam ipsius delate fuit liberatus i u x t a eius p r o p r i a m a s s e r t i o n e m . Interroganda de duabus societatibus maleficarum in oppido Ysbruck scilicet Scheuberin et Hufeysen sub una, sub altera Röslin, Scharrerin, Fixin, Jos-Molerin et Pflüglin, quarum tres intermedie non fuerunt detente, sed annotate sunt in processu vulgari cum ceteris triginta in numero 3). Hec questionibus et tormentis esset expouenda, non ut in premissis, ubi evidentia et indicia facti concurrunt, veritas ulterior foret necessaria, cum illa eam sufficienter ') Wer dieser Vicar gewesen, ist nicht festzustellen; vielleicht dieselbe Persönlichkeit, an die die Instruction gerichtet ist; auch von dem hier erwähnten Frocess ist nichts mehr vorfindig. *) Vgl. den Process der Hufeysen a. 3) Vgl. oben die Verhöre vom 9. (14) (18) und 29. August (30). © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 48 — condempnant ea etiam in negativa persistente, sed causis ut supra tactum est circa processum Setachin1) et, ut abnegatio fidei seu cojifederatio facta dyabolica investigaretui'. Et quia in quattuor aggravatur puta quia diffamata, suspecta, excommunicata et deprehensa in heresi per evidentiam facti, sicut et alia Selachin, ideo et quatuor remediis prout supra positum est venit punienda, scilicet canonica purgatione, abiuratione publica et absolutione cum perpetua penitentia2). 3. Z e u g e n a u s s a g e n gegen Agnes Witwe Peter-Sneiderin. a. Am 16. October. Gegenwärtige: der Inquisitor, Magister Johann von Eössbach, Bruder Wolfgang aus dem Predigerorden, damals Caplan des Inquisitors, und der Notar Johann Kanter als Schreiber des Inquitors und des Inquisitionsgerichtes am erzherzoglichen Hofe. Der beeidigte Zeuge Hans Portner ist gegenwärtig Thorwart des Erzherzogs. Er gibt Folgendes an: Er habe mit der Angeklagten fleischlichen Umgang gehabt; als er sich jedoch von ihr habe losreissen und eine andere heirathen wollen, sei sie eines Morgens zu ihm in das Zeughaus gekommen und habe zu ihm gesagt: „Duxisti illam in uxorem"; auf seine Frage „Quam?" habe sie ihm entgegnet: „Das gel dirnel", worauf er erwiderte: „Quid ad te, ita, duxi eam". Da legte die Angeklagte die Hände ineinander und fuhr hitzig heraus: „So se dir mein trwe an aydes stat, ich wil dir und ir tun, daz ir keinen gesunden tag nimmer bei einander haben sollen. Et quidquid ego nescio, tunc habeo unam apud me, que talia novit facere". sc. ut de aliis maleficiis perpetratis interrogaretur. Vgl. unten den Process gegen die Selachin. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 49 — Und so kam es, dass er bis auf den heutigen Tag krank blieb. Einen neuen Verdachtsgrund gegen die Angeklagte findet er in dem Umstand, dass dieselbe während seiner Krankheit wiederholt bei ihm nachfragen liess, ob er sie für verdächtig halte. Er stellte sich jedoch hiebei, als ob er darüber nichts wisse, und fragte, wer denn sich so angelegentlich erkundige; als man ihm hierauf keine bestimmte Antwort gab, fragte er weiter: „Est ne illa?" scilicet delata, und schöpfte, als dies bejaht wurde, noch grösseren Verdacht. Weiter gab er an, dass er sich beim Erzherzog1) gegen sie wegen des ihm angethanenen Zaubers beklagt habe und dass er sie gerne in's Gefängnis gebracht hätte. Ausser den gewöhnlichen Fragen, die jedes einzelne Glied der Zeugenaussagen aufnehmen, enthält die Instruction hierzu folgende Erläuterung: Notandum est, quod maleficarum proprium est, quod nunquam possunt alicui nocere, nisi se manifestas reddiderint aut verbis aut visui se obiciendo, et ex causa aliqua ficta seu occasione alicuius discordie. Hoc enini ipsis a demonibus iniungitur in maiorem contumeliam creatoris et fidei, dum ita inpune et palam christicolis nocent. Hec per experienciam nota sunt et ex propriis earum confessionibus. Dicunt enim, quod si hoc non esset, tunc semper omnibus indifferenter (?) nocerent, inimicis etiam ipsorum maximis minime nocere possunt et plus earum amicis et domesticis. b, Am 16. October. Gegenwärtige wie oben a. Der Zeuge ist derselbe Hans Portner; seine Aussagen beziehen sich hauptsächlich auf die Bezauberung ') In den Acten ist fast durchaus noch der Titel dux gebraucht, namentlich wenn es sich um Aussagen von nicht den gebildeten Kreisen angehörigen Personen handelt. Fenl. Zeitschrift. III. Folge. S4. Heft. 4 © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 50 — seiner Gattin. Er hält die Angeklagte derselben für schuldig aus drei Gründen. Nämlich: 1. Wegen der oben angeführten Drohworte. 2. Wegen folgenden Vorkommnisses. Die Angeklagte kam öfters zu seinem Weibe, dem ihre Drohung stets unbekannt blieb, und lud es ein, mit ihr gemeinsam ein Naturbad zu nehmen, wozu auch er seine Zustimmung gab. Sein Weib nahm hiezu mehrere Arten von Pulvern mit und kehrte gelähmt und bezaubert aus dem Bade zurück, in das sie vollkommen gesund getreten war. Dass sie hiebei auch geistesverwirrt wurde, bestärkte den Verdacht des Zeugen. o. In dieser Noth fragte er, obwohl dies verboten ist, eine Wahrsagerin um Eath; diese erklärte ihm, die Krankheit seines AVeibes rühre von einer Behexung her; zum Beweise hiefür solle er unter den Pulvern suchen: er würde dann dasjenige, mit dem die Behexung vollbracht worden sei, entdecken; wirklich fand er ein Stück Tuch, in dem 18 verschiedene Stoffe eingebunden waren. Als er dies alles auf den Eath der Wahrsagerin in's Feuer warf, kehrte seinem Weibe der Verstand und theilweise auch die Gesundheit zurück. Instruction. Ex his omnibus ipsa delata sicut et alie precedentes (scilicet Selachin, Hufeysen, Eöslin et mater eius) diffamata, suspecta, excommunicata et per evidentiam facti deprehensa iudicatur, per omnia penitentiauda et punienda quatuor remediis in precedentibus tactis 1). Notandum insuper, quod et hec inalefica singula verba minatoria confessa est, sed addidit se illa ex rancore et invidia protulisse; que quidem excusatio locum habere posset, si alia indicia cum ipsa facti evidenfcia non ades sent. !) Die genauere Ausführung hierüber s. unten im Process ^egen die Selachin. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 51 — 4. Z e u g e n a u s s a g e n gegen die B a r b a r a Pflieglin. a. Am 17. October. Gegenwärtige: Bruder Wolfgang, Paul Caal Schirmaister und der Notar Johann Kanter. Der beeidigte Zeuge *) erklärt, er kenne die Angeklagte und habe über sie gehört, dass sie sich in zauberische Dinge eingelassen habe, fügt jedoch bei, dass die Hufeysen, als sie noch in seinem Hause wohnte, ihm gesagt habe, sie wolle ihm ihr Wort darauf geben, dass die Pflieglin machen könne, dass derjenige, der sie (die Pflieglin) nicht lieben wolle, semper doleret ventrem suum usque ad mortem. Ueber die Art und Weise, etwas derartiges zu stände zu bringen, erklärte die Hufeysen: „Die Pfliegliu braucht nur eine Euthe (anmdinem) in ein fliessendes Wasser zu legen, und so lange das Wasser über diese fliesst, leidet die bezeichnete Person am Fluss. b. Am 17. October. Gegenwärtige wie oben a. Zeugin ist die bereits oben im Process der Hufeysen angeführte Ludwig Wagenstallin. Dieselbe hegt wegen der ihr durch die Hufeysen zugefügte Behexung auch Verdacht gegen die Pflieglin u. z. aus folgenden Gründen: 1. Weil ihr der Zauber angethan wurde in dem Hause und im Dienste der Pflieglin, die ihr, obwohl sie um alles wusste, keinen Schutz angedeihen Hess und die Hufeisen nicht einmal zurechtwies. 2. Weil der Gemahl der Pflieglin die zum Zauber verwendeten Stoffe auffand, die er als solche nur durch jMittheilungen von ihr erkannt haben kann. 3. Weil der Pflieglin selbst durch ihren Gatten derartige zauberische Dinge schon öfters untersagt wurden. c. Am 17. October. Gegenwärtige ausser den unter a und b genannten auch die Brüder Wilhelm und Heinrich aus dem Predigerorden. Der Zeuge Uebelher hat bei der Verhaftung der ') Die cedula, die seinen Namen enthielt, ist nicht erhalten; aus der Instruction lässt sich sein Name als Hans »Schuster feststellen. 4* © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at Pflieglin seine freudige Zustimmung ausgedrückt und gesagt: ,,Bene actum est eam esse captam, quia semel uxori mee tradidit nucem, ut nie malificaret1). Diese Anklage wird noch bedeutend erschwert durch die Aussagen der Gattin des Magister bombardorum, derzufolge die Pflieglin um einen Zauber wusste, den die Röslin dem Erzherzog durch eine todte Maus zufügen wollte (s. Process der Böslin); die Zeugin weiss jedoch nicht, ob die Angeklagte auch mit diesem Bezauberungsversuch einverstanden war, wie sie überhaupt das Ganze nur von der Magd der Eöslin erfahren hat. Instruction. Hee inter omnes non reperitur deprehensa licet plurimum diffamata et suspecta. Als Gründe werden die Zeugenaussagen wiederholt. Bezüglich der belastenden Aeusserungen der Hufeysen wird hiebei bemerkt: Hie advertendum, quod malefica ad testificandum admittitur contra sed non pro, cum tantummodo inimici capitales exeludantur 2). Hec ergo quod non deprehensa sed plurimum suspecta et diffamata simul etiara et exeommunicata est, primo canonice purgetur per 8 aut 10 viros, et quia suspecta, habet abiurare omnem heresim et potest absolvi iniungendo ei penitentiam, ut cum candela accensa stet extra ecclesiam certis diebus et ieiunando in pane et aqua; sed et p e e u n i a r i a p e n i t e n t i a super e x p e n s a s faetas a me, quia bene h a b u n d a t , quas e x p e n s a s in fine recitabo3). 5- Z e u g e n a u s s a g e n gegen B a r b a r a Selachin. a. Am 17. October. Gegenwärtige: der Inquisitor, Bruder Johann Rosenbart, Paul Caal Schirmaister, Bruder *) Vgl. hiezu d a s Verhör vom 15. August (28). ) Mall. m a l . III. q. 5. 3 ) Dieses Ausgabenverzeichnis fehlt leider; d e r für den Inquisitor so u n e r w a r t e t e Abschluss des ganzen Processes und die Munificenz des Erzherzogs h a b e n dasselbe vielleicht auch nie zu Stande k o m m e n lassen. 2 © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 53 — Wolfgang, Kaplan des Inquisitors und des Inquisitionsgerichtes. Die beeidigte Zeugin Gertrud Botin kennt die Angeklagte schon seit 26 Jahren und hat stets über sie gehört, dass sie sich mit Hexereien abgebe. Weiter befragt, ob sie betreff ihrer eigenen Person hierüber nichts erfahren habe, erklärt sie, dass sie gegen dieselbe nur vermöge eines starken Verdachtes diesbezüglich etwas aussagen könne, und erzählt hierauf folgendes: „Wegen einer in meinem Garten zugefügten Beschädigung, wobei die Schritte des Thäters nach dem Hause der Angeklagten führten, kam es zwischen mir und ihr zu einem Wortwechsel. Als ich nämlich bei mir selbst klagte, wer mir doch diesen Schaden zufüge, kam dieselbe zu mir und fragte mich, ob ich sie etwa in Verdacht hätte, den Schaden verursacht zu haben, worauf ich ihr entgegnete: „Si tu fecisti, bene nosti". Nach längerem Wortwechsel ging die Angeklagte voll Zorn in ihr Haus und feindete mich seitdem an. Als ich hierauf sehr schwer erkrankte und dabei auch den Verstand verlor, kam nach einigen Tagen ein Töpfer, mich zu besuchen und mir Trost zuzusprechen1). Derselbe sagte mir, dass mir meine Krankheit durch eine Hexe angezaubert worden sei; er wolle zum Beweise hiefür geschmolzenes Blei in Wasser giessen; dasselbe Averde im Wasser jene Gestalt annehmen, welche die Gegenstände hätten, durch die ich bezaubert worden wäre. Zugleich gab er mir und meinem Manne den Auftrag, unter der Thürschwelle unserer Wohnung nach diesen Gegenständen zu suchen. Als nun mein Gatte in Gegenwart und unter Beihilfe des Töpfers dies ' that, fanden sie unter der Thürschwelle ein handgrosses Wachs') Sein Name ist auf der (verlorenen) cedula enthalten: die Instruction hält ihn wegen seines Auftretens selbst für „verdächtig". © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 54 — bild, darstellend ein Weib, durchstochen und voll von (Löchern). Auch steckten in dem Wachsbild zwei Nadeln, die eine in der Kichtung von der Brust zur linken Schulter, die andere in der Kichtung von der Brust gegen den Kücken; in eben diesen Kichtungen aber empfand ich die allerbittersten Schmerzen, obwohl ich auch sonst am ganzen Leibe von Leiden geplagt wurde, wie auch das Wachsbild nach allen Seiten durchstochen war. Auch wurden unter der Thüi'sehwelle zwei Tuchstücke gefunden; in dem einen derselben waren verschiedene Arten von Samen eingeschlossen, in beiden Holzstücke, die vom Galgen abgeschnitten waren, Knochen von den Füssen ungetaufter Knaben (puerorum), Haare und Fäden, die aus Altarzierden gezogen waren, sowie manches andere". Auf weiteres Befragen setzte die Zeugin noch bei: „Von dem in's Wasser geschütteten Blei nahm ein Theil die Form der verschiedenen (in den Tüchern geundenen) Samen, ein anderer die von Fäden, ein dritter endlich die des Wachsbildes an, das unter der Thürschwelle gefunden worden war". Auch gab sie ferner an, der Töpfer habe sie, als der Inquisitor die allgemeine Aufforderung (zur Angebung der Hexen) erliess, abgemahnt und ihr auch verboten, jemandem etwas davon zu sagen, dass er ihr die unter der Thürschwelle vergrabenen Gegenstände verrathen habe. Die daraus entspringende Frage, woher der Töpfer dies gewusst, beantwortet die Zeugin dahin, dass er früher der Geliebte der Angeklagten gewesen sei und es wohl von dieser erfahren habe l). Instraction. Nach den Fragen über die einzelnen Punkte der Zeugenaussage: Ipse latifigulus iam patitur podagram et esset d u r e interrogandus, quod et ipse graviter suspectus de heresi, et interrogandus p e r t o r ») Mit bedeutenden Abweichungen ist dasselbe auch enthalten i m Mall. mal. II. q. 1, c. 12. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at nienta, quia plura sciret revelare, sigulariter quod inhibuit deponenti tempore inquisitionis, quod non deberet, ine accedere et aliquid de actis preteritis michi indicare. Interrogandus de experimento suo, quod cum plumbo liquefacto et in aquam proiecto et quod forme omnium rerum seu instrumentorum predictorum paruerunt in aqua. Item fiant hec interrogationes p r e s t i t o p r i u s i u r a m e n t o ab ipsa malefica ad s a n c t a dei e v a n g e l i a in p r e s e n t i a n o t a r i i et t e s t i u m . b. Am 17. October. Gegenwärtige: der Inquisitor, Johann Eosenbart aus dem Orden der Minder-Brüder, Bruder Wolfgang, Kaplan des Inquisitors, Paul Caal Schirmaister und der Notar Johann Kanter. Die beeidigte Zeugin Elizabet Maister-Thomannin kennt die Angeklagte und hat öfters mit ihr verkehrt. Auf die Fragen über die Verdäclitigkeit oder Schuld derselben gibt sie als Erkenntnis aus eigener Erfahrung Folgendes au: „Vor zwölf Jahren kaufte mein Gatte von dem Manne der Selachin einen Platz zur Erbauung eines Hauses; dies geschah gegen den Willen der Selachin, die darum zu mir sagte: „Ich wil machen, das ir kain gesunden dag oder stund haben mügen und müst erkrumen und erlammen und must aus dem haus äffen, das ist kriechen auff allen fieren". Dies hörten einige Weiber, von denen etliche schon gestorben sind, andere noch in Teltz wohnen. Als ich ihr drohte, sie beim Richter anzuklagen, entgegnete sie mir: „Ego non curo; ich kau im wol tun, das er mir nit tun mag", und alsogleich schwoll ich am ganzen Leibe an, und auch meinem Manne wollten sich die Augen, allerdings ohne Schmerzen zu erregen, bis zum völligen Zusammenwachsen zuschliessen, so dass er gezwungen war, sie mit den Fingern zu öffnen und dadurch ihr gänzliches Zuschliessen zu verhindern. Meine eigene Krankheit aber hält bis auf den heutigen Tag an." © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 56 — Auf die Frage, warum sie deshalb die Angeklagte als diejenige ansehe, die ihr diesen Zauber zugefügt habe, hat sie nur die Antwort, sie habe einmal in ihrem Kissen in einem Stück Tuch eingenäht gefunden: verschiedene Arten von Samen und Stücke von Knochen eines noch ungetauften Knaben (pueri) und von denen eines Steinbockes, weshalb ihr auch immer vorkomme, wenu sie in den Wocjhen liege, sie flöge mit den Steinböcken. (? cum capricornis v o l a r e t ? ) Weiteres gibt dieselbe Zeugin an, sie habe drei Steine erhalten*), die stets feucht blieben; von diesen sei der eine ein Salzstein (salinus lapis vel salsus), der zweite sei von gelblicher Farbe wie Eiter (glaucus ut scabies), der dritte aber ein Kieselstein (silex); so lange diese Steine unter ihrem Bette lägen, müsse sie im Bette schweissen, würden diese aber entfernt, so höre auch das Schweissen auf. Die Instruction enthält hierüber nur Fragen nach den Details der einzelnen Angklagepunkte. c. Am 19. October. Gegenwärtige: der Inquisitor, Bruder Wilhelm Beringer, Bruder Heinrich Hoffmann und der Notar Johann Kanter. Die beeidigte Zeugin Katherina Smidlerin kennt die Selachin sehr gut und weiss, dass dieselbe bezüglich Hexerei einen sehr schlimmen Leumund hat; des Nähern kann sie folgendes angeben: „Nach dem Brande der Brücke2) haben wir Drohworte gegen einander ausgestossen. Als ich ihr einmal in der s. g. Spruchgasse begegnete, trug die Angeklagte ein Bündel Gras auf dem Kopfe und schrie mich an: „Kums'tu doher, du böswichtin und du schelkin", worauf ich ihr entgegnete: „Numquam *) Wie und woher wird nicht angegeben. ) Welcher Brücke ist nicht gesagt; also ist wohl die Hauptbrücke über den Inn zu verstehen, 2 © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 57 — talis fui neque tales dilexi; veuias mecuin ad iudicem". Hierauf erhielt ich die Entgegnung: „Ich wil mich wol rechen, und daz du immer dür solt Werden an lib noch an gut". Dies erfüllte sich; denn schön ani nächsten Tage begann ich krank zu werden und hinzusiechen bis auf den heutigen Tag". Weiteres gibt die Zeugin an, sie sei der Angeklagten, als diese eben Rosenstauden auf dem Kücken trug, in der s. g. Lentelerenstrasse begegnet, und diese habe ihr zugerufen: „Vides tu ? Domit wil ich dich zwrichten, das du wol innen wirst". Als sie aber in ihrer Krankheit zu der Angeklagten zwei Weiber, die bereits verstorben sind, schickte und sie ersuchen Hess, ihr wieder gewogen zu sein und die ihr angethanene Krankheit wieder abzunehmen, da gab sie zur Antwort: „Si ei non intulissem, adhuc ei inferre vellem". Und als die Zeugin auf dies hin die beiden Weiber bat, ihr vor Gericht über diese Antwort Zeugschaft abzulegen, erwiderten sie: „Est adeo mala mulier, nos nolumus deinceps esse deoccupate ab ea", und so blieb die Zeugin krank bis auf den heutigen Tag. Ferners geschah es, dass die Angeklagte, als sie am St. Laurentiustage (10. August) dieses Jahres an der Zeugin vorbeiging, auf den Boden spuckte und ihr zurief: „Tu non es digna, ut te aspiciam". Instruction: Nach Angabe einiger Fragen über die in der Zeugenaussage enthaltenen Punkte folgt die Weisung: „item dicatur (delate) quod ipsa (talis deponens) non est d e p o n e n s sed quidam alius loco ejus ymo et plures. Nach einigen weiteren Fragen, die an die Angeklagte über die von der Zeugin vorgebrachten Anschuldigungen gestellt werden sollen, folgt die Bemerkung: Item de predictis omnibus est publica vox et fama, worauf das weitere Vorgehen also bestimmt wird: Hec sunt ad versus Selachin annotata, super que si in negativa perstiterit, tarnen propter evidencia(ni) et indicia facti simul © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 58 — et propter dicta testium relinquenda est bracliio seculari u l t i m o s u p p l i c i o f e r i e u d a , prout sextus simul et duodecimus modus continet*). E x p o n e n d a e t i a m esset q u e s t i o n i b u s et t o r m e n t i s , n o n q u o d p r o i m m u n i et i m i o c e n t e h a b e r e t u r , si i n i i e g a t i v a p er s i s t e r et, sed ut de aliis male fi eis et malefieiis p e r p e t r a t i s i u t e r r o g e t u r ; simili modo, si ita iu uegativa persistit, quod nee veniam viilt petere nee lieresim abiurare et vestra reverendissima paternitas omnino vult gratiam impartiri, tunc iuxta quatuor que ipsam aggravant quatuor remedia adhibenda sunt. Est enim infam ata, suspeeta, exeornmunicata et in lieresi propter evidencia(m) facti deprehensa. Propter infamiaui ergo habet se canonice purgare et ad minus cum viginti aut trigiiita conpurgatoribus iuxta formam reverendissime paternitati vestre traditam2) et si in illa defecerit pro convieta habeatur. Propter suspicionem vero gravem ymo et violentam debet abiurare omnem heresini cum pena relapsoruni, ubi reeidivaret. Propter exeomunicationem debet absolvi, et omnia hec tria publice, in presentia populi et in die solempni fieri debent. Propter deprehensionem vero tunc loco combustionis dabitur publica penitentia, sicut in ipsis modis sexto et duodeeimo continetur1), scilicet ad deferendum cruces et quod cjircer perpetuus sit ipsa civitas aut domus eins propria, extra quam non exeat sine licentia; precedat crucein 3) nudatis capillis seeundum modum dyocesis. Si vero super liec curia secularis suum voluerit exequi officium, vestra paternitas hoc non habet impedire. Hec in quam faeta fuerint, vestra reverendissima paternitas semper immuiiis et absque omni nota aput sedem apostolicam manebit. Expediret tarnen, ut hec Selacliin cum alia que ') Mall, mnlef, III. 25, 31. *) Mall, malef. III. 31. 3 ) Zu ergänzen super yestibiia habendo. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at sequitur Hüfeysen ]) siniul et illa Sclieuberin omnino seculari iudicio relinquerentur, ctiam veniam petentibus. Volui autem cum pietate, ad quam vestra paternitas semper inclinatur, procedere. Testes insuper per nie exarainati binies etiam paternitas vestra reverendissima examinare denovo poterit; et si quidem non fonnidarent, maleficarmn aspectibus se obicere et in faciem redarguere eas, utique hoc perutile foret, licet ad lioc non sint cogendi. 6. und 7. Z e u g e n a u s s a g e n gegen die R o s i n a ( H o c h w a r t i n ) und i h r e M u t t e r Barbara liöslin. a. Am 19. October. Gegenwärtige: Der Inquisitor, die Brüder Wilhelm Behringer und Heinrich Hoffmann aus dem Predigerorden und der Notar Johann Kanter. Die beeidigte Zeugin ist Dorothea, Gattin des Jörg Biichsenmaister über der Innbrucken. Sie kennt die Röslin (Mutter), die schon früher von einigen als der Zauberei verdächtig angesehen wurde, und hält sie gleichfalls für eine Hexe wegen des folgenden Begebnisses. Einst kam der Erzherzog in die Wohnung des Gatten der Zeugin, um sich seine Arbeitsweise und seine geschaffeneu Werke anzusehen; dabei bat ihn ihr Gemahl um ein Hofkleid (vestimentum curie), worauf der Fürst erwiderte: „üabo tibi unum pannum integrunr'. Im anderen Zeughause sprach sodann der Erzherzog zu Jörg Modern, dem Gatten der Röslin: „Ego committo tibi diligenter, ut eas ad camerarium doinus, et fac tibi dare pannum integrum pro meo Georio". Dieser that, wie ihm befohlen, brachte aber das Stück Tuch in seine eigene Wohnung, in der es einige Zeit verblieb. Da sagte einmal die Röslin zu ihrer Magd Else, genannt Gross-Else, die jetzt den Wagner zum Gatten hat: „Ego volo eis destinare pannum, sed volo prius aliquid im•) Der Process derselben ist bereits früher angegeben. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 60 — mittere", und so legte die Angeklagte zur Nachtzeit, während die genannte Else eine Kerze in der Hand hielt, ihre beiden Hände, in denen sie eine weisse Salbe, ähnlich wie Salz, hatte, zwischen die Falten des Tuches, sagte aber dabei zur Magd: „Ego timeo, quod hoc nichil proderit, quia intinget pannum in aquam et faciet radi eum; sed non est vis, ego persuadebo bene sartori, ut remittat michi tunicam factam". Auf weiteres Befragen gibt die Zeugin an, dass das Kleid ihres Gatten wohl ihr in die Wohnung gebracht worden sei; ob es aber früher vom Schneider der Angeklagten zugeschickt worden sei, ist ihr nicht bekannt; ganz sicher aber weiss sie, dass ihr Mann, sobald er das Kleid anzog, auch alsogleich erkrankte. Den Verdachtsgrund schöpft sie aus dem, dass die Angeklagte heim Erzherzog in Ungnade gefallen war, so dass sie mit ihrem Gatten, der ebenfalls Büchsenmaister war, aus dem Zeughause, weil der Zauberei verdächtig, entlassen wurde. All das wurde durch die genannte „Grosse Else" bei der Behörde angezeigt, weil sie selbst die Köslin als der Zauberei verdächtig ansah. Die Zeugin gibt ferner an, die J„Grosse Else" habe das Gleiche auch erzählt in der Wohnung der Zugmeisterin in Gegenwart der Sixin, Rotfelderin, Kirsnerin und Halbshärnen. Auch betreff ihres eigenen Kleides macht die Zeugin für die Köslin sehr beschwerende Aussagen. Als ihr dies nämlich schon fertig zugestellt worden war, kam die Schwester des Schneiders zu ihr und bat sie, ihr dasselbe auf kurze Zeit wieder zu überlassen, da der Schneider etwas daran zu machen vergessen habe; sie händigte es *hr ein und bekam es, auch bald wieder zurück, weiss aber nicht, ob das Kleid in der Zwischenzeit zum Schneider oder zu der Köslin gebracht wurde. Sobald sie es aber anzog, wurde sie alsogleich krank und diese Krankheit dauerte ein Jahr und wurde täglich ärger; dagegen dauerte die ihres Gatten nur zehn Wochen. Die Zeugin hat © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 61 — auch zu der „Grossen Else'1 gesagt: „Si me avisasses, ex locione maleficium abstulissein" worauf ihr diese entgegnete: „Nichil effecisses, quia adeo cum manibus innnxit, ut*"non bene possit deleri. Instraction. Ausser andern Fragen betreff des Inhalts der Zeugenaussage, sowie ihres Glaubens an Hexen und deren Wirksamkeit ist die Angeklagte zu fragen, quod ante eertos annos accusata fuerat publice tamquam malefica aput consulatuni oppidiper quandam ancillam tarn matris quam filie, cuius nomen Elizabet Zimmermannin, que tarnen iam est maritata l). Interroganda ergo est de notitia et faniulatu simul et accusatione facta et de articulis super heresim maleficarum, ubi iam diffainata cernitur. Des weitern wird die Zeugenaussage dahin entstellt, dass der bezauberte Jörg Büchsenmaister augenblicklich gesund geworden sei, als er das Kleid wieder ablegte, worauf die Anweisung folgt: Fiat interrogatoria de unguento, quia arte dyabolica ex pueris non renatis fuit, wovon gleichfalls in der Zeugenaussage nichts erwähnt wird. Als ein eigener erschwerender Umstand gegen die Angeklagte wird ferner noch angeführt, quod eadem Elizabet tempore inquisitionis mee dixit ad ipsam Dorotheam: „Ego multa scirein narrare illi patri inquisitori, sed maritus meus inhibuit michi, quia favet marito delate". Betreff, der Mutter Böslin wird noch besonders betont, dass sie auch gefragt werde, qualiter filiam informaverit, quia verisimile est, quod de omnibus actis a filia ipsa auctrix. De quibus (omnibus) est publica vox et fama. b. Am 19. October. Gegenwärtige wie oben a. Der beeidigte Zeuge ist der treue Diener des Erzherzogs, Hans Spiess. Er kennt die Röslin persönlich und weiss, dass sie als Hexe im Verrüfe sei; Näheres ') Während die Instruction im Process der 'Selachin durch eine offene Lüge den Namen der Zeugin geheim zu halten sucht, ist er hier offen in eine Frage eingeflochten. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 62 —• weiss er Folgendes anzugeben. Als die Röslin bereits beim Erzherzog in Ungnade gefallen war, .schickte sie um eine gewisse Magdalena Syberin, die jetzt in Lindau ist: diese kam mit vier Männern, denen sie sich auf dem Wege angeschlossen hatte, und nahm mit denselben ihre Herberge beim Rümler, bei dem auch der Zeuge wohnhaft ist. Auf dem Wege hatte sie aber den genannten vier Männern gegenüber öfters des Grossherzogs Erwähnug gethan und gesagt, in Innsbruck lebten zwei Weiber, Mutter und Tochter (letztere bezeichnete sie als Eöslin), mit denen sie etwas gegen den Erzherzog praktizieren wolle, so dass er sie wieder vollkomen zu Gnaden annehmen und alles thun müsste, was sie von ihm wollten. Dies erzählten die vier Männer dem Zeugen, der als treuer Diener den Erzherzog von allem benachrichtigte und es verhinderte, dass weder von Seite der genannten Magdalena noch von den beiden andern Weibern dem Erzherzog ein Bittgesuch übergeben wurde, obwohl die Magdalena ihm 10 fl. versprochen hatte, wenn er dem Fürsten auch nur eine einzige Bittschrift vorlegen würde. c. Am 21. October. Gegenwärtige ausser den unter a. und b. Genannten auch Bruder Johann Rosenbart aus dem Orden der Mindern Brüder, einst Kaplan des Erzherzogs Sigismuud. Die Zeugin x) kennt die Röslin und stimmt bezüglich des allgemeinen Urtheils mit Hans Spiess vollkommen überein. Am letztverflossenen 4. August abends zechten im Hause Sigismunds Halbshürnen, des einstigen Raseurs des Erzherzogs, und seiner Gattin die Zwschretterin und Heintz Kugler, der als Diener eines vornehmen Herren bei Sigismund Halbshürnen wohnte, Ihnen gegenüber sass an einem Tische die Zeugin und hörte die Gäste yon den Hexen reden, und wie eine getaufte Jüdin mit i) Name auf der verlorenen ceduja, © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 63 — zwei andern christlichen Weibern ein Bild des Gekreuzigten gegeiselt und mit Nadeln zerstochen hätten, indem sie dabei auch Lästerungen ausstiessen. Dabei habe Halbshürnen erzählt, wie eine Magd der Köslin, namens Else Zimmermannin, ihm gesagt habe, dass dieselbe ein neues Tuch, dass der Erzherzog jemandem geschenkt hatte, habe bezaubem wollen, so dass, wer sich damit bekleide, dadurch von einer schweren Krankheit befallen würde, dass sie selbst (die Else Zimmermannin) damals das Licht in der Hand hielt und es, da sie es nicht in rechter Weise handhabte, einem Knaben übergeben musste. Sie hörte aber die Köslin während des Einreibens des Tuches sagen: „Uch sol niemer glück angeen", welche Aeusserung auch die Halbshürnen gehört zu haben angibt. d. Am 21. October. Gegenwärtige: dieselben eigens hiezu berufenen Zeugen wie unter c, der Inquisitor und der Notar Johann Kanter. Die Zeugin l) kennt die Röslin nur vom Hörensagen, hat aber gehört, dass die angeklagten Weiber zu einem Goldschmied gesagt hätten, sie hätten den Kopf eines Verstorbenen gesotten; dies hat ihr der Goldschmied auch selbst in Gegenwart mehrerer anderer erzählt; auch hat die Zeugin gehört, dass die Angeklagten einst eine Maus unter die Schwelle des Arsenals gelegt hätten. e. Am gleichen Tage und in Gegenwart derselben Personen sagt eine weitere Zeugin l) aus, dass die Rösliu von vielen für der Zauberei verdächtig angesehen werde; sie selbst theile diese Meinung, da ihr die Magd derselben mitgetheilt habe, sie hätte von ihr einst eine todte Maus erhalten, die sie dem Fürsten, wenn er schlafe, auf den Leib legen sollte; dann würde sie von ihm alles, was sie verlange, erhalten. Instruction: Hee etsi in negativa perstiterint, suut ') Name auf der verlorenen cedula. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at - 64 — tarnen diffamate, suspecte, excommunicate et deprehense, unde et quatnor supra notatis remediis sunt penitenciande et puniende. Dies die gegen die sieben gefangen gesetzten Weiber vorgebrachten Anklagen und ihr zu erwartendes Urtheil. Es zeigte sich hiebei in vielem, das sie mit den Zeugenaussagen im August und September gemein haben, auch manche nicht unbedeutende Abweichung. Zu wiederholten Malen wird die Anwendung der Folter in Aussicht gestellt und zwar nicht etwa, um die Angeklagte auf ihre Schuld oder Unschuld zu prüfen, sondern mit Voraussetzung der ersteren aus ihr Material zu weitern Verfolgungen zu erpressen; ja selbst gegen blos „Verdächtige", wie den Töpfer im Process der Selachin, wird die peinliche Befragung als Mittel zu weitern Entdeckungen in Anregung gebracht. Geradezu widersinnig ist es aber, wenn von der Selachin, deren Schuld als erwiesen angenommen wird selbst im Falle, dass auch die Folter ihr kein Geständniss abpressen sollte, dennoch ein Eid auf die hl. Evangelien gefordert wird. Freilich handelte es sich hiebei darum, auch den Töpfer in den Process hineinzuziehen, im ersteren Falle aber um die Möglichkeit, dass die Selachin dem Arme des Inquisitors entrinnen konnte. Wie rücksichtslos er gerade gegen letztere vorging, erhellt auch aus der schon früher erwähnten Anweisung betreff der Geheimhaltung der Zeugen ihr gegenüber, während er s e l b s t in G e g e n w a r t einer der A n g e k l a g t e n Zeugschaft gegen eine andere ablegte. Wie weit aber die Erhitzung der Gemüther gegangen, lässt sich annähernd aus dem Umstände abnehmen, dass nach der eidlichen Versicherung des Inquisitors mehr als hundert Männer sich erboten hätten, gegen die sieben eingekerkerten Weiber und besonders gegen eine derselben, die Scheuberin, Zeugschaft abzulegen. Welche © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 65 — Erregung der Phantasie aber war nothwendig, um einen Zauber zu erfinden, zu dessen Hebung selbst die seligste Jungfrau die nöthigen Mittel angab! (Process Hufeysen). Mit den Verhören vom 21. October schliessen die Aussagen der Zeugen- ab; was in Folge derselben den Angeklagten bevorstand, ist bei jeder derselben in der Instruction deutlich genug gesagt; allein das letzte Wort war zum Glück noch nicht gesprochen; nicht der Inquisitor allein, sondern ein zu diesem Zwecke eigens zusammengesetzter Gerichtshof sollte das Endurtheil über die Angeklagten fällen. Dank der Unvorsichtigkeit des Inquisitors konnte dies schon nach 10 Tagen gesprochen werden, aber sein Inhalt war derartig, dass er alle Erwartungen des Inquisitors zu Schanden machte; alle die Mühe, die der von dem furchtbaren Wahne befangene Mann sich gegeben hatte, war nicht bloss nutzlos geblieben, sondern hatte für ihn noch persönlich eine so schlimme Wendung herbeigeführt, dass er froh sein musste, mit heiler Haut wieder aus dem Lande zu kommen, in dem er durch seinen Uebereifer alles gegen sich aufgebracht hatte. Schon die erste Gerichtssitzung am 29. October musste dem Inquisitor klar machen, dass seine Collegen im Kichteramte zu einem ganz andern Vorgehen entschlossen waren, als er selbst sich früher gedacht hatte. Im Vormittag des 29. October versammelte sich der ganze Gerichtshof im grossen Saale des Piathshauses (in stuba maiori consolatus). Als Glieder desselben sind genannt Cristan Turner, Licenciat in den Decreten und in spiritualibus General-Commissär der Kirche von Brixen, specieller Abgeordneter des Bischofs Georg in diesem Processe, Magister Paul Wann, De. der Theologie und Canonicus zu Passau, Sigismund Saumer, Licenciat in den Decreten, Feid. Zeitschrift. III. Folge. ?A. Ht'ft. f) © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at - 66 — Pfarrer zu Axams *), ferner der Inquisitor Heinrich Institoris selbst in seiner Eigenschaft als inquisitor heretice pravitatis nach der Bulle „Summis desiderantes affectibus", mit drei seiner Ordensbrüder, wohl aus den oben öfters erwähnten Wilhelm Beringer, Heinrich Hoffmann und Wolfgang von Basel, Caspar von Freiburg und Magister Johann von Bosbach von ihm selbst auserwählt, und die Notare Johann Kanter und Bartholomäus Hagen. Selbstverständlich hatte der Inquisitor die KoUe des Anklägers übernommen. Als solcher Hess er zunächst die Helena Scheuberin vorführen. Nachdem ihr der Eid abgenommen, stets wahrheitsgetreu zu antworten, sollten die einzelnen Fragen an sie gerichtet werden; die ersten derselben l.etrafen die bisherige Lebensweise und den Wandel der Angeklagten; dieselbe erklärte, sie sei in Innsbruck geboren und erzogen worden und seit acht Jahren mit Sebastian Scheuber verehlicht; ihr Wandel sei bisher ehrbar gewesen (honeste fuisse conversationis). Dies veranlasste den Inquisitor zu so heiklen Zwisehenfragen über den Stand ihrer Virginität und anderer sexueller Geheimnisse, dass der bischöfliche Commissär diese Fragen als nicht zxir Sache gehörig zurückwies und sogar drohte, wenn dieselben fortgesetzt würden, sich zu entfernen. Der Inquisitor gab nach und begann die Angeklagte über einzelne Punkte der Zeugenaussagen zu befragen. Die Art und Weise aber, in der er hiebei vorging, erregte den Unwillen des bischöflichen General-Commissärs so, dass er auch dagegen Einsprache erhob und einen Protest über die Leichtfertigkeit des Inquisitors, der es sogar unterlassen habe, eine bestimmte Ordnung in seinen Fragen festzustellen, vom Notar zu Protokoll nehmen Hess; auf dies hin wurde die Gerichtssitzung bis 11 Uhr ') Ueber die Ernennung desselben s. Beilage 5. Ueber die Bestellung der beiden vorausgebenden liegt kein Act vor. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 67 — ausgesetzt, bis um welche Zeit der Inquisitor sich ein Schema der an die Angeklagten zu richtenden Fragen feststellen sollte. Unterdessen aber trat, wohl sicher durch die Bemühungen der Vertreter des Bischofs, eine solche Aenderung der Sachlage beim Gerichtshofe ein, dass der Inquisitor beinahe ganz bei Seite geschoben wurde. Als nämlich um 11 .Uhr die Sitzung wieder eröffnet wurde, stellte sich, noch bevor der Inquisitor eine Frage an die abermals vorgeführte Scheuberin richten konnte, Johann Merwais von Wendingen, Licenciat in den Decreten und Doctor der Medicin als Vertheidiger derselben, sowie aller übrigen Angeklagten vor. Zwar hatte er noch keine schriftliche Vollmacht als solcher in Händen, erbot sich jedoch durch einen öffentlichen Notar eine solche alsogleich sich anfertigen zu lassen und bestand darauf, dass, nachdem dieser in der Person des Bartholomäus Hagen herbeigeholt worden war, die Verhandlungen von neuem begonnen würden. Gleichzeitig übertrugen auch sämmtliche sieben vorgeführten Angeklagten in corpore und jede einzelne für sich ihre Vertheidiguug dem genannten Johann Merwais und ertheilten ihm hiezu unumschränkte Vollmacht. Der Inquisitor scheint gegen dieses Vorgehen keinen Protest erhoben zu haben, wenigstens wird ein solcher nicht erwähnt; bald aber musste er sich überzeugen, dass er an dem Vertheidiger einen sehr energischen Gegner sich gegenüber habe, einen Gegner, der sogar die Rolle des Vertheidigers in die des Staatsanwaltes umzuwandeln geneigt war, indem er nicht nur das Vorgehen des Inquisitors als ganz und gar gesetzwidrig erklärte, sondern gegen i h n s e l b s t die V e r h a f t u n g b e a n t r a g t e . Johann Merwais erhob alsogleich gegen die gesammten Anklagen die Nullitätsbeschwerde und stützte dieselbe auf folgende fünf Gründe: 5* © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at -- G8 — 1. Hätte der Inquisitor bei den Zeugen verhören einen öffentlichen Notar beiziehen sollen, der vom Bischof b e e i d e t gewesen w ä r e , a l l e s g e t r e u aufzuz e i c h n e n , wie dies auch durch die Bulle anbefohlen sei x ); und doch sei von all' dem nichts geschehen, wie die Aeten erwiesen. 2. Habe der Inquisitor Fragen gestellt über Verbrechen (peccata), die gar nicht einmal in seinen Wirkungskreis gehörten und von deuen auch die Bulle nichts sao-e 3. Hätte der Inquisitor die Angeklagten in ihrer Person über die ihre Infamie betreffenden Zeugenaussagen verhören sollen; dies sei aber nicht geschehen, weil er noch nicht einmal die diesbezüglichen Fragen zusammengestellt habe. 4. Habe der Inquisitor die Weiber gefangen setzen lassen, noch bevor in rechtlicher Weise das Processverfahren gegen dieselben eingeleitet war, wodurch er sich abermals eine Competenzüberschreitung habe zu Schulden kommen lassen. 5. Habe er alle Verhöre sowie alle Actenaufzeiehnungen vornehmen lassen ohne Beiziehung eines öffentlichen Notars, wenigstens ohne einen vom Bischof anerkannten 2). Hieran knüpfte sich ein längerer Eedekampf, an dessen Ende Merwais so weit vorging, dass er den Inquisitor als Kichter in dieser Sache als parteiisch (suspectum) geradezu zurückwies und an seine Stelle den Bischof von ') Es ist hiebei an die Bulle Summis desiderantes afl'ectibus gedacht; doch dürfte nach derselben die Befähigung des Johann Kanter nicht zweifelhaft erscheinen, da die Bulle sagt seu quovis notario publico p e r i p s o s seu quem libet eorum pro tempore deputando, ohne dass eine Beeidigung durch den Bischof gefordert wird. 2 ) S. hierüber die obige Anm. Bei den meisten Verhören war übrigens nach den Angaben über die Zeugenverhöre Johann Kantor zugegen. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 60 — Freising, sowie dessen Decan und Generalvikar in Vorschlag brachte. Die Parteilichkeit (suspicio) des Inquisitors begründete er damit, dass dieser sich nicht an die päpstliche Bulle gehalten habe, wie sich aus den Acten ergebe. Als jedoch derselbe um eine Abschrift der Einwendungen des Vertheidigess ersuchte, sagte ihm dieser eine solche bis auf den nächsten Tag zu, stellte aber auch an den bischöflichen Commissär den Antrag, den Inquisitor in Gewahrsam zu nehmen (ut in custodiam recipiat). Für die Angeklagten aber beanspruchte er völlige Freilassung, gab sich jedoch in Folge des Widerstandes des Inquisitors damit zufrieden, dass sie noch weiter, aber nur in l e i c h t e r Haft behalten wurden. Wie ernst es Merwais trotz dieser Nachgiebigkeit mit der völligen Beiseitesehiebung des Inquisitors war, beweist seine Weisung an seine Schutzbefohlenen, fortan nur mehr dem bischöflichen Commissär auf seine Fragen Antwort zu geben, nicht aber dem Inquisitor, da dieser nicht mehr ihr Eichter sei. Merwais verlangte sodann noch eine Abschrift der päpstlichen Bulle und derProcessacten und erklärte nochmals, auf dem einmal eingenommenen Standpunkt zu beharren. Die gänzliche Beiseiteschiebung des Inquisitors gelang Merwais nicht; vielmehr wurde diesem das Original der Beschwerden des Vertheidigers eingeh ändiget, während der bischöfliche Commissär Turner sich mit blossen Abschriften derselben begnügte. Auf Betreiben des Inquisitors kam hierauf noch einmal eine Besprechung der gesammten richterlichen Commission zu Stande, wozu sich jedoch die bischöflichen Delegierten erst dann herbeigelassen zu haben scheinen, als alle Versuche, den Inquisitor von der Weiterführung des Processes abzubringen, gescheitert waren. Doch erzielte diese Conferenz keine volle Verständigung, indem der Inquisitor dabei beharrte, dass er der competente © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 70 — Kichter sei, während der Yertheidiger die Appellation an den päpstlichen Stuhl ergriff. Diesen widersprechenden Auschauungen gegenüber erbat sich der bischöfliche Commissär Bedenkzeit bis zum nächsten Montag (31. October), welchen Termin auch der Inquisitor sowohl als der Vertheidiger für die Entscheidung über die Aufrechthaltung oder Aenderun<j ihrer bisherigen Schritte annahmen. G e r i c h t s s i t z u n g am M o n t a g den 31. Oct. 1485. Ausser den als Theilnehmern bereits früher Erwähnten nahmen an dieser Gerichtssitzung auch theil Johann Blanckenhayn, Cooperator, und Ulrich Puchler, Kaplan in Innsbruck, Priester der Diöcesen Naumburg (Nonbergensis ?) und Chur; die Gerichtssitzung fand statt im Hause des Conrad Günther, eines Bürgers von Innsbruck. Anfangs stiessen der Inquisitor und der Yertheidiger hart auf einander, da letzterer seine Appellation an den päpstlichen Stuhl durchaus aufrecht erhalten wollte, während letzterer gegen eine solche auf das Entschiedenste remonstrierte. Schliesslich gab hierin der Yertheidiger nach und verlangte nur mehr, dass eine genaue Prüfung des Vorgehens des Inquisitors gegen die Angeklagten vorgenommen und ihm das Kesultat derselben mitgetheilt werde; dann erst wollte er sich endgiltig über die weitem Schritte entscheiden. Damit erzielte Johann Merwais auch, was er schon früher angestrebt, nämlich dass er neuerdings erklären konnte, das ganze bisherige Processverfahren sei null und nichtig, da seine Beschwerdepunkte in allem aufrecht erhalten blieben: da somit die Anklage in sich selbst zusammenfalle, brauche er auch keinen Beweis für die Unschuld der Angeklagten zu erbringen. Turner verkündigte auf dies hin das Endurtheil: „Der Process gegen die sieben angeklagten Weiber ist © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 71 — nicht nach den Kechtsnormen geführt worden und ist darum null und nichts oder muss als solcher erklärt werden (invalidatum seu invalidandum). Die eingekerkerten Weiber sind in Freiheit zu setzen; dieselben haben jedoch des Aergernisses und Geschreies unter dem Volke willen Bürgschaft zu leisten, dass sie jedeizeit, sei es zum Zwecke einer neuen Untersuchimg oder zur Leistung der cauonischen Reinigung, sobald sie hiezu aufgefordert werden, sich dem Gerichte stellen wollen." Merwais war dadurch befriediget, worauf der bischöfliche Commissär zum völligen Abschlüsse des Processes schritt. Nochmals verlas er das Decret, durch das Bischof Georg dem Inquisitor seine Vollmacht ertheilt hatte, erklärte dieselbe von nun an für erloschen und verlangte die Zurückstellung des Originals; dagegen sträubte sich aber der Inquisitor so sehr, dass Turner schliesslicb nichts anderes übrig blieb, als durch den öffentlichen Notar Bartholomäus Hagen in Gegenwart der obengenannten Zeugen einen Protest dagegen einzulegen. So war also der I n q u i s i t o r m i t s e i n e r A n k l a g e v o l l s t ä n d i g a b g e w i e s e n , die A n g e k l a g ten gerettet. Noch blieb die Geldfrage ungelöst. Wie oben bemerkt, hatte der Inquisitor als diejenige, welche seine Auslagen bezahlen sollte, die Pflieglin ausersehen. Nach dem Freispruch der Angeklagten war natürlich nicht mehr daran zu denken, dass von dieser Seite die Kechnung des Inquisitors beglichen werde; doch entfernte die Freigebigkeit Erzherzogs Sigismund jede daraus entspringende Schwierigkeit. Derselbe beschied nämlich noch am 31. October die ganze Gerichtscommission zu sich und erklärte, dass er sämmtliche dem Inquisitor und seinem Gefolge erwachsenen sowie alle durch die Einkerkerung und die Bewachung der Angeklagten entstandenen Kosten auf sich nähme; sollte jedoch ein neuer Process begonnen © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at werden, so solle dadurch seine Casse nicht weiter in Mitleidenschaft gezogen werden. Koch verliefen zwei Tage, bis die geforderten Bürgen für die Angeklagten bestellt und diese in Freiheit gesetzt wurden. Die Anforderungen, welche an die Bürgen gestellt wurden und die Verpflichtungen, welche dieselben auf sich nehmen mussten, sind in den Acten in folgender Weise angegeben. Nota a r t i c u l o s , q u a l i t e r mnlieres detente de c a r c e r e d i m i t t e n d e s i n t et quomodo fidein s s o r es cavebuut. In primis. Mulieres et quelibet seorsum coram notario et testibus ad manus domini commissarii ecclesie Brixinensis generalis loco domini episcopi obligabunt se, quod si que vel aliqua earum fugam dederint aut alias iuri et iudicio ecclesie stare contempserint, quod censeantur et habeantur ipso facto et iure de maleficiis et aliis denunciationibus eriminum convicte, possintque et quelibet earum ubicunque reperiantur pro talibus omnibus exceptionibus semotis condemnari. Id mulieres omnes et quelibet secrsim promissione manuali in vim prestiti iuramenti ad manus dicti domini commissarii coram me notario et testibus infrascriptis sese obligarunt et quelibet ut premittitur obligavit. Item fideiussores vero earundem debent esse viii providi, sub ditione Serenissimi principis morantes ac habundanter tantum, quantum omnes mulieres in genere verisimiliter in bonis habeant, et obligabunt se coram notirio et testibus ad manus predicti domini commissarii uti premittitur ad duo infrascripta: 1. Fideiubeant, quod mulieres coniunctim vel divisini per se vel alias personus quovis quesito colore, verbo vel facto extraiudicialiter nihil obprobrii vel mali inferant seu inferri faciant ipsi domino inquisitori occasione eius processus et incarceracionis neque eundem quoquo modo molestent vel impediant nullibi locorum nee alicui alteri © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 73 — cuiuscumque eonditionis fuerit, qui in causa inquisitionis aliquo modo egerit vel deposuerit sub pena quinquaginta marcarum, quas fideiussores tamquam principales ipsi inquisitori solvere quotienscumque contraventum fuerit absque mora teneantur. 2. Quod quecumque ex his mulieribus fugam dederit aut iudicio ecclesie parere neglexerit, ad communem estimatiouem omnium bonorum mobilium et inmobilium huiusmodi perfuge et conturaacis mulierisfiscofideiussores et quilibet eorum insolidum solvere teneantur. Item fideiussores sunt infrascripti, qui ad manus memorati domini commissarii manuali promissione in vim prestiti sacramenti occasione premissorum coram me notario publico et testibus infrascriptis se obligaverunt, et quilibet eorum solum et insolidum pro sua parte sese obligavit iuxta et secundum preseriptos articulos. Nomina fideiussorum. Pro Helena Seheyberin Sebastianus Scheyber vir eius legittimus cum omnibus bonis suis. Pro Kosina Hochwartin Tliomas Metz, iudex in "VViltina et Petrus Tischler, inliabitatores in Insprugg et quilibet eorum in solidum. Pro Barbara, matre eius, Cristannus Sachs, slosser, civis ibidem. Pro Barbara Phlüeglin Thomas Metz, iudex in Wiltina et Ulricus Peckh ac Leonardus Phlueg, cives ibidem, et quilibet eorum in solidum. Pro Barbara Hüfeysen Ludovicus Amman, schuester, civis ibidem. Pro Barbara Selachin Stephanus Helbling, schuester, civis ibidem. Pro Agnete Schneiderin Heinricus Tischler filius et Claus Kirchmair, cives iu Insprugg, et quilibet eorum in solidum. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 74 — Acta sunt hee in dicto opido Insprugg Brixinensis diocesis, in domo consolatus ibidem in stuba maiori, die Jovis tertia mensis novembris anno, indicione et pontificatus prescriptis x), presentibus ibidem honorabilibus. et providis viris et dominis Johanne Turner plebano in Matray, Michaele Witt primissario et Johanne Rasoris capellauo in Insprugg presbiteris, Brixinensis et Saltzeburgensis diocesis, ae Cristanno Kelhaimer iudiee, Stephano Ph ister alias Snapp, Ulrico Swartz, civibus ibidem in Insprugg, et Wolfgango Valkner inhabitatoribus ibidem, testibus ad premissa vocatis et specialiter requisitis. In fidem premissorum Bartholomeus Hagen notarius publicus manu propria scripsi. Damit endigte der mit so umfangreichen Zeugenund Anklagemateriale geführte Process. Das Resultat war ein so entschiedener Misserfolg des Inquisitors, dass derselbe, wäre er nicht in höchstem Grade von seinem Hexenwahn befangen gewesen, nach einem derartigen Fiasco im ersten Falle, in dem er seines Amtes waltete, wohl nicht mehr daran gedacht hätte, noch weitere Versuche zu machen, am allerwenigsten aber noch ferner in Schrift und That eine Wirksamkeit zu entfalten, durch die Tausende von Menschen als Opfer eines entsetzlichen Wahnes in die fürchterlichsten Leiden und den grauenvollsten Tod geführt wurden. Dass aber der Inquisitor durchaus nicht geneigt war, von weiteren Processen abzustehen, dafür spricht sein Aufenthalt in Innsbruck, den er zur Sammlung neuen Anklagematerials benützte, wie sich aus einzelnen Stellen der Schreiben des Bischofs Georg nach Innsbruck abnehmen lässt. Dieser selbst war über das Vorgehen des Inquisitors und sein ganzes Processverfahren empört und legte es diesem in einem Schreiben ') sc. indictione III, pontificatus Innocencii pape VIII. anno II. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 75 — vom 14. November mehr als nahe, dass er möglichst bald das Land verlassen solle, in dem er durch sein unbesonnenes Auftreten eine hochgehende Erregung der Gemüther herbeigeführt habe. Dieses Schreiben Hess er dem Inquisitor durch Vennittelung (eines Chorherren von Wüten?) Nikolaus' zustellen, indem er es mit einem zweiten an diesen schickte und dabei ihm auftrug, auch mündlich auf den Inquisitor einzuwirken, dass er möglichst bald das Land verlasse l). So scharf aber auch die Aeusserungen des Bischofs waren, so dringend, ja gebieterisch er vom Inquisitor verlangte, dass er sich, um weiteren noch viel verhängnissvolleren Schritten seiner Gegner auszuweichen, entferne: die Schreiben blieben ohne jeden Erfolg. Vielmehr blieb Heinrich Institoris noch mehr als 11 Wochen in Innsbruck, um Material für einen neuen Process zu sammeln. Wie weit er hierin noch gekommen, darüber liegt auch nicht ein Actenstück vor. Allein aus einzelnen Stellen eines Schreibens des Bischofs Georg an den bereits genannten Nikolaus (vom 8. Februar 1486) scheint sich zu ergeben, dass nicht bloss neue Einkerkerungen vorgenommen wurden, sondern dass der Inquisitor diesmal sich früher an den Erzherzog Sigismund wenden wollte, um sich nicht nochmals wie im früheren Process, einem gänzlichen Misserfolg auszusetzen. Das Dazwischentreten des Bischofs aber verhinderte weiteres Unheil. In dem erwähnten zweiten Schreiben an Nikolaus 2) fällt er nicht bloss ein vernichtendes Urtheil über die geistigen Fähigkeiten des Inquisitors, den er geradezu für wahnsinnig hält, sondern spricht auch seinen festen Entschluss aus, ihn vollends von jeder ') Die beiden Schreiben s. Beil. 6 und 7; Sinnacher gibt (6, 630/1) beide in Uebersetzung; weshalb er den genannten Nicolaus als einen Chorherren von Wüten bezeichnet, ist aus den Originalschreiben nicht ersichtlich. *) S. Beil. 8. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — IG — weitem Untersuchung auszuschliessen. Wie ernst es Bischof Georg damit sei, konnte der Inquisitor aus einem Schreiben entnehmen, das derselbe am gleichen Tage (8. Februar 1486) an ihn selbst richtete *). Bischof Georg spricht in demselben zunächst seine Verwunderung darüber aus, dass er (der Inquisitor) trotz des schlimmen Erfolges, den sein Process gehabt habe, und trotz der reichlichen Beschenkung von Seite des Erzherzogs noch immer sich in nächster Nähe des Gerichtshofes, an dem er einen so auffälligen Misserfolg erlitten habe, aufhalte. Daran reiht sich die offene Erklärung des Bischofs, dass er, wie es ihm auch zustehe, die ganze Sache 2) in seine eigene Hand nehmen wolle und er sich nicht weiter mehr einzumischen habe; noch sei es ihm nicht möglich, persönlich mit dem Erzherzog über die Sache zu verhandeln, er werde es aber möglichst bald thun, da ohne des letztern Beistand nichts Erspriessliches geleistet werden könne; seine Paternität (der Inquisitor) möge an die Gefahren denken, denen er von Seite der Gatten und Freui:de der Weiber3) ausgesetzt sei; er bedürfe seiner Anwesenheit nicht länger, da er alles vermöge der eigenen ordentlichen Gewalt in's Reine bringen könne; er (der Inquisitor) möge, wie er ihm schon früher gerathen habe4), in sein Kloster zurückkehren, nicht aber andern zur Last fallen ; schon lange sei er (Bischof Geoig) des Glaubens gewesen, dass dieses geschehen sei. Damit schliessen die vorhandenen Acten. Dank der Energie und Einsicht des Bischofs Georg und seinen De') S. Beil. 9. ) Es lässt sich darunter k a u m etwas anderes denken, als ein neuer Hexenprocess. 3 ) Ob dabei a n d i e obigen sieben oder a n neuerdings gefangen gesetzte zu denken, ist n i c h t sicher, eher wohl d a s letztere. 4 ) S. Beilage 6. 2 © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 77 — putierten war der erste Versuch des Inquisitors, seine neue Gewalt zu gebrauchen, so grossartig er auch angelegt war, vollständig gescheitert; auch nicht ein Opfer sollte diesmal dem furchtbaren Wahne preisgegeben werden. Es mag aber auch das Ergebniss dieses Processes zum Theile wenigstens noch weitere günstige Folgen gehabt haben. Wäre eine Yerurtheilung gefolgt, wer kann sagen, welche Opfer den ersten noch nachgeschickt worden wären; sieher wäre nicht mehr als ein J a h r h u n d e r t verflossen, bis das Gespenst der Hexenverfolgung neuerdings in der Diöeese Brixen auftauchen konnte ; so finden wir aber Acten von Hexenprocessen im Brixner Hofarchiv erst wieder aus dem zweiten Decennium des 17. Jahrhunderts; und auch diese beziehen sich nicht auf viele Fälle; zwar taucht eine grössere Anzahl in den vierziger Jahren des 17. Jahrhunderts auf, doch folgt ein rasches Sinken bis zum völligen Erlöschen. Die Zahl sämmtlicher Hexenprocesse, die überhaupt noch im Brixner Hofarchiv erhalten sind, dürfte zwanzig nicht überschreiten1). Die letzten Schreiben des Bischofs waren sicher nicht derartig, dass der Inquisitor daraus hätte abnehmen können, man billige sein Vorgehen oder sei gar bereit, sich von ihm in's Schlepptau nehmen zu lassen. So richtig er diesbezüglich nach seiner Anschauung im Mall. mal. schreiben konnte: „Sed quod singula, quae in illo dumtaxat oppido (Innsbruck) reperta sunt, dum recitare vellem, Über utique foret conficiendus, so klingt es doch wie eine Ironie, wenn er, nachdem ein ganzer Wust über die Hexen und Hexereien in Innsbruck angeführt ist, weiterfährt: Singula haec non ad ignominiam sed ad laudem et gloriam illustrissimi arcliiducis conscripta sunt, cum r e v e r a u t i c a t l i o l i c u s ') Vgl. Rapp, Die Hexenprocesse etc. S. 17. Da dan Hofarchiv noch lange nicht hinreichend geordnet ist, kann ich hier diese Zahl nur schätzungsweise angehen; ich glaube jedoch, fie Kei eher zu hoch als zu niedrig gegriffen. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 78 — princepsetpraecipuuszelatorin exterminium earum cuin assistcntia reverenclissinii ordinarii Brixinensis non mediocriter laboravitl), eine Bemerkung, die, soweit sie nicht durch die Acten des Proeesses als Unwahrheit erwiesen wird, sehr zu weitem Forschungen über die Beziehungen des Erzherzogs zu den Hexenverfolgungen anregen muss. Beilagen. l.PublieierungderBulle„Summisdesiderantes a f f e e t i b u s " d u r c h Bischof Georg von Brixen. 23. Juli 1484 (Protoc. Cons. n. 194). Gregorius dei gratia episcopus Brixinensis uuiversis et singulis abbatibus, prepositis, prioribus, decauis, vicedecanis, parroehialiumque icclesiarum rectoribus sew loca teneatibus eoruudem, vicariis perpetuis ceterisque presbiteris curatis et non curatis per civitatem et diocesitn nostras ubilibet constitutis salutem in domino. Litteras sanctissimi in Christo patris et domini nostri domini Innocentii divina providentia pape octavi eius vera plumbea in filis serieeis rubei glaueeique coloris impendente ballatas, sanus, integras et illesas ac omni prorsus vicio et suspicione carentes nobis pro parte venerabilis ac religiosi in Christo dilecti Heinrici Institoris ordinis fratrum predicatonim et sacre taeologie professoris ae heretice pravitatis inquisitoris principalis in eisdem litteris apostolicis priucipaliter nominati presentatas cum ea qua deeuit reveventia recepimus sub huiusmodi tenore: „Inuocentius episcopus servus servorum dei ad futuram rei memoriam. Summis desiderantes affectibus, prout pastoralis sollieitudinis cura 0 Mall. mal. II. q. 1. c. 12; sollte Sigismund in dem vom Inquisitor geplanten neuen Process oder in dem vom October bis November sich diese Schmeichelei verdient haben? © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 79 — requirit, ut fides catholica „etc.", finis vero: „Datum Korne apud Sanctum Petrum anno incarnationis doniinice MCCCC octuagesimo quarto, poutificatus nostri anno prinio". Post quarum quidem litterarum apostolicarum presentationem et receptionem nobis et per nos ut preniittitur factam fuit nobis pro parte eiusdem fratris Heinrici Institoris inquisitoris et principalis debita cum instantia supplicatum, quatenus ipsas litteras apostolicas ipsumque fratrem Heinricum ac ab eo substitutos et deputatos neu deputandos ad earundem executionetn per civitatem et diocesim nostras admittere dignaremur. Unde nos supplicationibus huiusmodi ymo verius mandatis apostolicis humiliter et devote parere volentes ipsum fratrem Heinricum et alios ab eo sub^titutos et universos in civitate et diocesi nostris consistentes offieium inquisitioiiis huiusmodi iuxta earundem litterarum apostolicarum formam et tenorem exequendi admisimus et tenore presentium adinittimus. Vtbis igitur universis et singulis supradictis districte precipiendo etiam sub penis et censuris in ipsa bulla contentis mandamus, quatenus prefatum fratrem Heinricum et ab eo substitutos ac substituendos, cum ad vos vel alterum vestrum declin averint causa verbum dei predieandi ad effectum offitii inquisitioiiis aut inlorniandi (desuper) populum, ne huiusmodi errores et demonuni illusiones sequantur, benigne admittatis reverenterque recipiatis ac pertractetis. Et propterea de (omnipoteiiti?.) dei misericordia ac beatorum apo.stolorum Petri et Pauli auctoritate confidentes onmibus vere peiiitentibus et confessis, qui auxilium, favorem et qualecuuque adiumeutum ad inquisitionem huiusmodi zelo fidei, ut perfidia huiusmodi eradicetur, dederint, eisdem et cuilibet ipsoruin quadraginta dies iudulgentiarum de iniuuctis eis penitentiis misericorditer in domino relaxamus. Datum Brixine sub nostri vic.iriatus sigillo die vigesima tertia iulii, anno domiui MCCCC octuagesimo quinto. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 80 — 2. S c h r e i b e n des Bischofs Georg G o l s e r von B r i x e n an den E r z h e r z o g S i g i s m u n d betreff des w e i t e r n V o r g e h e n s gegen die Hexen. 21. Septemb. 1485 (Protoc. Cons. n. 200, Sinnacher 6, 627—629). Meinem gnedigen herrn von Oesterreich von wegen der inquisition der ketzerlichen schnödikait liant zu haben. Durchleüchtiger hocbgeborner fürst, Gnädiger herr. Als E. F. gnad uns ain furnemen zugesandt, das der wirdig doctor der heiligen geschrifft der inquisitor geantwurdt hat und E. G. begert darin zu raten. G. H. N. berüert die sacli unser bischofflich amt, wo ain inquisitor von des heiligen stuels zu Rom wegen ehumbt, sein wir schuldig raitsambt dem inquisitor dariun zu handeln und unsern gewalt in auch lassen gebrauchen, und so die ding der zawbery und der unholden wider die er gottes ist, ratten wir, dass E. G. dem cristenlichen gelawben zu behilff und unserm heiligen vater dem babst zu gehorsam und Bunderlich nach lawt penlicher constitution, an mer enden gemainer bäbstlichen geschriben rechten auf weltlicher herren und obrikait gewaltsam unverschaidenlichen auslangen, dem inquisitor beystand hilff u.d fürdrung beweyse, damit sölh übel und sünd gestrafft werden. Wir veelmnden auch E. G.; das sein process und fürnemen gar weyslich und ordenlich ist, nach lawt der geschriben rechten gesetzt und betracht ist und wir im auch unsern gewalt mittaylen und durch ayn geächrifffc pey disem poten im zuegesandt. Der bemelt doctor hat ye den rechten form in solhen Sachen zu haundeln, darumb dester fueglichar ist in darin nit zu verlassen sunder zu hant zu haben. Aber G. H. so in vil Sachen in geschriben rechten gnad bescliickcht, so die personen so verbrechen in mercklicher anzall sein, möcht E. G. mit willen derselben doctor erlangen, oder ob in das auch guet bedunckchen wolt, das die grössern sach als die © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 81 — unef und lestrung gottes mit gaysein und nadeln stechen der gepildnuss, auch wo durch die zawbery die lewdt umb das leben sein chömen und desgleichen strengklich mit urtail fürgenomen und gestrafft, und ander häundeln die sich begeben au urtail mit peuen und penitentzen, und die myndern, tlarinn ains das ander verfürt, auch mit penitentz gestrafft wurden, und ain ernstlich filernemen ausgieng, das hinfüran nyemandt sich unterdtuend, sölh zawberey zu treyben; weihe aber das überfüren, süllen an alle gnad strengklich, wie dann die recht begreiffen, bestrafft werden. Sölhs möcht versuecht werden bey dem inquisitor, ob er das wolt zuegeben und des macht hiet aus gutikait für ze nemen, ob villeicht durch die guetikait der irsal dester mit pesserm fueg ausgerewdt möcht werden, und die lewdt peicht und puess pestüenden und vollbrachten, als das E. G. mitsambt dem doctor pas ways ermessen, dann wir kunnen schreiben. Wolt er das aber nit nachgeben, oder hiet sein nit gewalt und wurde E. F. G. anrüeffen ums scherm und hilff, die sol E. G. darumb nit abschlahen, damit die grossen sündt und uncristenlich werch got zu lob und zu eren gestrafft werden. Damit bevelhen wir uns und unser gotshaus E. G. Geben zu Brichsen an sand Mathewstag des heiligen zwelfpoten anno etc. 85. Georg von gots gnaden bischove zu Brichsen. 3. S c h r e i b e n des Bischofs Georg Golser von B r i x e n an den I n q u i s i t o r H e i n r i c h I n s t i t o r i s betreff des w e i t e r n V o r g e h e n s gegen die der H e x e r e i A n g e k l a g t e n . 21. Sept. 1485 (Protoc. Cons. n. 201). Inquisitori heretice pravitatis. Spectabilis ac venerabilis pater. Post salutes plurimas sciat Paternitas Vestra nie litteras vestras accepisse Ferd. Zeitschrift. III. Folge. £4. Heft. 6 © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 82 — per niintium illustrissinii domini Sigismundi archiducis Anstrie ac etiam ea scripta, que P. V. sue illustrissime dominationi presentavit. Commendamus imprimis P. V. sollieituclinem, que laboriose singulis veteris et novi iuris passibus factum inquisitionis concernentibus magistraliter instituit, et perfecto res nobis gratissima foret, si personaliter, quemadmodiun hiis aliis et ex causis in opiduni Isprugk propediem venire statueramus, in lioe opere P. V. assistere ymo et concurrere potuissenms, sed valetudo corporis adversa adeo nos invasit, ut non sine dolore plurüno propter arteticas passiones ad legendum tanta scripta comoditas daretur. Sed ne opus inceptum nostra impediatur absentia, presentium tenore, ut constitutioni Cleraentis quinti in concilio Viennensi edite que incipit: Multorum x) satisfiat, coram notario et testibus infra scriptis procedendi et sententiandi P. V. vices nostras plenarie committimus, hoc tantum proviso, ut a constitutione Bonifacii c. vicesimo: Statuta, in § cessante de hereticis L. VI. non recedatur. Bonum tarnen videretur, quod P. V. aliquos ex doctis consiliariis illustrissimi et potentissimi principis nostri adhiberet, seu ab eis dari consilium expeteret. Scribimus dicto illustrissimo principi, quatenus favore fidei orthodoxe et pro obedientia apostolice sedis V. P. in executione offitii inquisitionis requisitus iuxta P. V. invocationem assistere ac auxilium ferre et manutenere dignetur, ut huiusmodi gravia peccata evitentur ac emendentur et secundum sacras sanctiones super potestatibus secularibus editas vestris taiuquam inquisitoris heretice pravitatis invocationibus satisfaciat et factis vestris acquiescat et ab aliis serenitati sue subiectis hoc idem fieri committat. Commendavimus denique apud suam serenitatem dignissimam P. V. feliciter. Datum ex Brixina in die sancti Mathei apostoli anno domini etc. LXXXV. Notarius dominus Erasmus Pungfinger testes Leonardus Kuttenstainer plebanus in Brutz, Johannes de Rost und (vacat). ») De baereticia tit. 3. c. 1. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 83 — 4. E r z h e r z o g S i g i s m u n d e r s u c h t den Bischof von B r i x e n um A b o r d n u n g eines Commissaers. 7. October 1485 (Original). Erwirdiger lieber freund. Als dann der inquisitor auf das so an in gelangt ist, syben frawen hie in vankhnuss nemen hat lassen, und. dainij; er dester pass und förmlichen nach Ordnung der recht darynn handeln müge, darauf begern wir an ew mit vleyss ernstlichen, ir wellet ewrn coinniissarien oder ainen andern gelerten doctor und tewglichen dartzü heraus senden oder yemand gelerten hievon bevelhen, der im an den sachen raetlichen und bestaendig sey. Und ir tuet uns daran sunder guet gevallen. Geben zu Insprugg an freytag vor sand Dyonisientag, anno domini etc. 85. Sigmund von gots gnaden Ertzherzog zu Osterrich etc. Dominus dux Austrie in consilio. 5. B i s c h o f Georg von B r i x e n b e s t i m m t den P f a r r e r zu Axams S i g m u n d Samer zu seinem D e p u t i e r t e n im H e x e n p r o c e s s (Original). Yenerabilis domine licentiate. Illustrissimus dominus princeps noster mihi scripsit, ut mitterem aliquem doctum aut deimtarem aliquem ab extra, qui assisteret inquisitori heretice pravitatis, et quia non fuit datum comode aliquem mittere, deputavi dilectionem vestram. Kogo itaque, ut velitis interesse, ne possit lamentari, quod nullum doctum habere potuerit. Libenter deputassem dominum licentiatum Fuchsmagen, sed veritus sum ipsum aliis rebus occupatum. Peiuasi (Persuasi?) domino inquisitori istum effectum, et quo(niam) est insolituin in istis terris inquirere taliter, quod agat iuxta suam cedulam seu citationem quam affixit et abiurantes hereses et errores pie suscipiat et absolutionem impendat. Dignemini itaque informare qua6* © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 84 — teuus comode potestis istas si que sunt culpabiles, ut redeant ad gremium sancte matris ecclesie sicut premittitur. Non potest coniodius ista res sopiri sine discrimine et quo(niam) inquisitio iuris est adeo in hiis montibus insolita, et puto, quod per illum rnodum peecata huiusmodi cessabunt et formido inquisitionis istas personas et alias disterrebit, ut resipiseant. Oremus et deprecemur altissimum, ut disponat rem Christianam pro animaruni salute et cessare faciat huiusmodi gravia delicta si que sunt perpetrata: Ego non potui aliter facere, nisi iuri scripto quantum in nie fuit propter obedientiam apostolice sedi debitam inherere et participare etc., sed dominus inquisitor potest facere gratiam totam iuxta iuris formam. Valete feliciter et oremus pro invicem ut salvemur. Yester amicissimus G. E. manu nota et festina. Deputavimus dominum suffraganeum et commissarium ad complendam visitationem diocesis, ut valeamus sinodun* celebrare, alii domini intendunt vindemiis et provisioni pro futuro anno. Itaque omnes docti ,sunt occupati rebus propriis nee est yanum (?) pro domino inquisitore, qui videtur et est doctus plurimuni et in hiis rebus expertus. 6. S c h r e i b e n des B i s c h o f s Georg an den I n q u i s i t o r 14. Novemb. 1485. (Sinnacher 6, 630. Uebersetzung). Venerabilis pater! Quia aliquorum animos exasperatos intellexi contra vestram pateruitatem, ideo visum est omnino paternitatem vestram avizare debere, ut a loco isto discedatis pro hac temporum conditione et de quanto cicius tanto comodius. Plures defatigati sunt et processum paternitatis vestre estimant insolitum seu graviter ferunt. Ideo tamquam is, qui scandalu et pericula debet quomodo potest submovere seu intereipere, avizo paterni- © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 85 — tatem vestram, ut se conferat ad locum sollte residentie et non manere in hoc loco; id conducit plurimum (scio quid scribo). Nequaquam scribo sine misterio aut leviter. Ideo in meliorem partem accipere scripta mea dignetur paternitas vestra, quam cupio bene valere. Ex Brixina festinanter die etc. Georgius episcopus Brixinensis. 7. S c h r e i b e n des Bischofs Georg an den P f a r r e r von I n n s b r u c k . 14. November 1485 (Sinnacher 6, 630, 631. Uebersetzung). Plebano in Ysprugk ex parte inquisitoris. Carissime frater! Cum commendatione solitam caritatem offero et complacendi promtissimam voluntatem. Scribo inquisitori, prout ex copia interclusa paternitas vestra videbit. Si non recessit et videtur consultum, quod sibi detur, mittere dignemini aliquem iuvenem, qui ostendat nunccio meo presenti domum in qua habitat, ut sibi litteram. meam tradat. Et si non recederet quantocius, tunc vice mea paternitas vestra sibi dicere dignetur, quod satis multa scandala sunt suborta propter malum processum suum, quod non remaueat in loco, ne deterius aliquid inde sequatur aut sibi contingat. Intelligenti pauca est valde indebitum id quod fecit. Valete felicissinie. Ex Brixina, XIIII. novemb. Vestri amicissimus Georgius episcopus manu propria. 8. S c h r e i b e n des Bischofs G e o r g an N i k o l a u s 1). Aschermittwoch, 8. Feb. I486 (Sinnacher 6, 631/2 theilweise). Copie. Lieber brueder Niclas, mein dienst zu vor. Mich verdrewst des münchs gar vast im bistumb, und schreibt als ir in der copi hiebey finden werd, shickt im den J ) Die von Sinnacher angeführte Bezeichnung: „Chorherr von Wilthau" fehlt in der Copie. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 86 — brieff expensis nieis. Ich find in des babst bullen, das er bey vil bäbsten ist vor inquisitor gewesen, er bedunckt mich aber propter senium gantz chindisch sein worden, als ich in hie zu Brichsen gehört hab cum eapitulo. Ich hab im geraten, das er solt in sein closter ziehen und da beleiben; ipse realiter mihi delirare videtur, er wolt villeicht noch geren in der frawn Sachen handeln, ich lass in aber darzue nit chömmen, so er vormaln als vast erriert hat in seinem process; was er am ersten hat in geschrhiffb angeben, ist magistrale gewesen, aber in practica sua apparuit fatuitas sua, quia multa presuposuit, que non fuerunt probata. Ich muess ex officio ordinario darinn handeln und bedarff sein gar nit dar zue; ich nym in auch nit darzue, ich tuen auch nicht an unsern gnädigten herren, ich bring die ding an sein gnad, wan ich am peldisten zu seinen gnaden mit flieg mag chömen, et in presentia vestra ist es not mit in zu reden, ut dimittant in futurum levitates suas, fiat, si volunt esse obedientes, in hoc relaxabitur captura etc., non sunt omnia nunc scribenda. Ich hab ewr supplicacion in scriptis nit vergessen, sed omnia sunt agenda cum gratiosissimo domino nostro, non dubito certe, quin diu durabit et erit inaxime gratiosus. Si tarn magnus princeps pro tempore est rigidus, nescitur qua ex causa proveniat, sed paciencia est habenda. Deus disponet omnia pro meliori. Genu dextrum est inaxime podagraticum et pes sinister per totum, et credo quod faciat mala coniunctio saturni et martis. Valete felicissime mi pater et amice confidentissime. Feria VI. cinerum 86. Vester Georgius episcopus manu nota. Noviter locutus sum de statuto nobilium etc. et quod videtur mihi inutile pluribus respectibus et quod velim revocare etc, ego dabo auxilium et favorem mihi possibiles in pronioticnem ve&tram sicut pio me ipso facerem, © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at — 87 — sitis certissimi in omnem modum et nullo pacto debetis aliquid dubium habere. 9. S c h r e i b e n des Bischofs Georg an den I n q u i s i t o r . Aschermittwoch 8. Feb. 1486 (Sinnacher 6, 632, 633 üebersetzung), Inquisitori heretice pravitatis. Venerabilis doctor. Miror valde, quod manetis in diocesi mea et in loco ita vicino . curie, in qua errores sunt commissi et perventum ad dissensiones ne dicain scandala. Gratiosissimus dominus archidux honorifice dotavit vos, ut sie recederetis in pace. Non videtur accomodum, quod intromittat se paternitas vestra de illis personis, sed onus ineumbit mihi. Usque modo non fuit datum loqui cum domino prineipe de hac materia, sed adhuc faciam attento quod nihil fructuose fieri posset sine sue excellentie assistentia. Verendum est, ne mariti mulierum vel amici possent patemitatem vestram offendere. Non indigos in agendo presentia vestra, que plus posset impedire quain conferre; ego auetoritate ordinaria faciam que videbuntur expedire. Gerte paternitas vestra declinare deberet ad suum monasterium sicut prius persuasi. Non deberetis aliis esse molestus. Sepe dixi paternitati vestre, quod nihil faceretis in diocesi pro hac temporum conditione sed exiretis. Ita etiam putabam vos diu recessisse. Ex Brixina in die cinerum 86. Gregorius episcopus. ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum Jahr/Year: 1890 Band/Volume: 3_34 Autor(en)/Author(s): Amman Hartmann Artikel/Article: Der Innsbrucker Hexenprocess von 1485. 1-87