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Global Militarization Index 2018

2018

Compiled by BICC, the Global Militarization Index (GMI) presents on an annual basis the relative weight and importance of a country's military apparatus in relation to its society as a whole. The GMI 2018 covers 155 countries and is based on the latest available figures (in most cases data for 2017). The index project is financially supported by Germany's Federal Ministry for Economic Cooperation and Development. Israel, Singapore, Armenia, Cyprus, South Korea, Russia, Greece, Jordan, Brunei and Belarus are the top 10 worldwide. These countries allocate particularly high levels of resources to the military in comparison to other areas of society. The GMI 2018 has a regional focus on Europe. The pressure exercised by the United States on European NATO countries to increase their military budgets has resulted in the fact that nearly all European member states have spent more on the military than in the previous year. The number of military personnel and major weapons systems h...

View metadata, citation and similar papers at core.ac.uk brought to you by CORE provided by SSOAR - Social Science Open Access Repository www.ssoar.info Global Militarization Index 2018 Mutschler, Max M.; Bales, Marius Veröffentlichungsversion / Published Version Sonstiges / other Empfohlene Zitierung / Suggested Citation: Mutschler, M. M., & Bales, M. (2018). Global Militarization Index 2018.. Bonn: Bonn International Center for Conversion (BICC). https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-71154-4 Nutzungsbedingungen: Dieser Text wird unter einer CC BY-NC-ND Lizenz (Namensnennung-Nicht-kommerziell-Keine Bearbeitung) zur Verfügung gestellt. Nähere Auskünfte zu den CC-Lizenzen finden Sie hier: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de Terms of use: This document is made available under a CC BY-NC-ND Licence (Attribution-Non Comercial-NoDerivatives). For more Information see: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0 Globaler MilitarisierunGsindex 2017 Max M. Mutschler \ bicc GLOBALER MILITARISIERUNGSINDEX 2018 Max M. Mutschler, Marius bales \ bicc Globaler MilitarisierunGs index 2018 \ MAX M. MUTSchLER, MARIUS BALES ZusaMMenfassunG Der Globale Militarisierungsindex (GMI) des BICC bildet alljährlich das relative Gewicht und die Bedeutung des Militärapparats von Staaten im Verhältnis zur Gesellschaft als Ganzes ab. Der GMI 2018 umfasst 155 Staaten und basiert auf den aktuellsten vorliegenden Zahlen, in der Regel sind das die Daten des Jahres 2017. Der Index wird durch das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert. Israel, Singapur, Armenien, Zypern, Südkorea, Russland, Griechenland, Jordanien, Brunei und Weißrussland bilden die Top 10 des GMI 2018. Diese Staaten stellen dem Militär im Verhältnis zu anderen gesellschaftlichen Bereichen besonders viele Ressourcen zur Verfügung. Auf Europa liegt ein regionaler Schwerpunkt des GMI 2018: Der US-amerikanische Druck auf die europäischen NATO-Staaten, ihre Militärhaushalte zu erhöhen, zeigt Auswirkungen. Beinahe alle europäischen Mitgliedsstaaten geben mehr Geld für ihr Militär aus als noch im Vorjahr. Auch die Anzahl des militärischen Personals und der Großwaffensysteme ist in vielen europäischen Staaten gestiegen. Russland zählt abermals zu den weltweit am stärksten militarisierten Staaten, hat 2017 aber im Vergleich zum Vorjahr seine Militärausgaben deutlich reduziert. Trotz zurückgehender Einnahmen aus dem Erdölhandel ist die Militarisierung im Nahen und Mittleren Osten im internationalen Vergleich weiterhin auf einem sehr hohen Niveau: Alle Staaten der Region, mit Ausnahme des Iraks (Platz 41), sind unter den 30 am stärksten militarisierten Ländern der Welt zu finden. In Nordafrika gehören Algerien (Platz 15) und Marokko (Platz 24) zu den hoch militarisierten Ländern. Allerdings befinden sich die meisten afrikanischen Staaten, vor allem südlich der Sahara, im unteren Teil des Ranking. Der diesjährige GMI untersucht auch die Verbindung zwischen besonders hoher beziehungsweise besonders niedriger Militarisierung und dem politischen System der betreffenden Staaten. Er bezieht sich dabei auf die Daten des Freedom House Index und des Polity IV Project am Center for Systemic Peace. Hier entsteht ein ambivalentes Bild. Zwar sind unter den besonders hoch militarisierten Staaten deutlich mehr unfreie Staaten und Autokratien zu finden, als unter den besonders gering militarisierten. Ein niedriger Militarisierungsgrad geht umgekehrt aber nicht automatisch mit einem hohen Grad an Freiheit des politischen Systems einher, sondern deutet oft auf schwache staatliche Strukturen und dementsprechend geringere Kontrollmöglichkeiten des Staates hin. 2\ BICC \ GLOBaLer MILITarIsIerunGs InDeX 2018 \ MAX M. MUTSchLER, MARIUS BALES InhaLT Zusammenfassung Die Methodik des Globalen Militarisierungsindexes (GMI) 2 4 BIcc GMI 2018 Die spitzenplätze 5 regionale Militarisierung im Blickpunkt europa 6 NATO- und EU-Staaten Osteuropa 6 7 naher und Mittlerer Osten 8 afrika 9 Militarisierung und politisches system 10 GMI Weltkarte Militarisierungsindex (Ranking) Imprint 12 14 15 BICC \ 3\ DIe MeThODIk Des GLOBaLen MILITarIsIerunGsInDeXes (GMI) Der GMI stützt sich u. a. auf Zahlen des stock- Der Globale Militarisierungsindex (gmi) bildet das relative Gewicht und die Bedeutung holmer friedensforschungsinstitut (sipri), des des Militärapparats eines staates im Verhältnis Internationalen Währungsfonds (iwf), der Welt- zur Gesellschaft als Ganzes ab. Der GMI erfasst gesundheitsorganisation (who), des International dazu mehrere Indikatoren, um den Grad der Institutes for strategic studies (iiss) und eigene Militarisierung eines Landes darzustellen: erhebungen des BIcc. Das Gesamtranking zeigt \ Militärausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (bip) und den staatlichen Gesundheitsausgaben (Anteil am BIP); \ Gesamtzahl von (para)militärischem Personal und Reservisten im Verhältnis zur Zahl der Ärzte und zur Gesamtbevölkerung; \ Anzahl der schweren Waffensysteme im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung. die Militarisierung von über 150 staaten seit 1990. es wird jährlich durch das BIcc aktualisiert. Bei Vorhandensein neuerer verlässlicher Daten korrigiert das BIcc die GMI-Werte auch rückwirkend für frühere Jahre (berichtigte Daten auf gmi.bicc.de). so kann es dazu kommen, dass sich die aktuell angegebenen Platzierungen im Vergleich zu älteren GMI-Publikationen unterscheiden. um eine höhere kompatibilität zwischen den GMI-Indikatoren und Gewichtungsfaktoren kategorie / Indikator verschiedenen Indikatoren zu erzielen und zu faktor verhindern, dass extremwerte bei der Datennormalisierung zu Verzerrungen führen, wurde im ersten schritt jeder Indikator mit einem Loga- ausgaben rithmus mit dem faktor 10 dargestellt. Im zweiten Militärausgaben als Anteil am BIP 5 Militärausgaben im Verhältnis zu Ausgaben für den Gesundheitsbereich 3 schritt wurden alle Daten mittels der formel x = (y-min)/(max-min) normalisiert, wobei Min. und Max. den niedrigsten bzw. den höchsten Wert des Logarithmus repräsentieren. Im dritten schritt wurde jeder Indikator entsprechend der Personal relativen Bedeutung, die ihm von den forschern des BIcc beigemessen wurde, mit einem subjek- Militärisches und paramilitärisches Personal im Verhältnis zur Bevölkerungszahl 1 4 tiven faktor gewichtet. Zur Berechnung der Reservisten im Verhältnis zur Bevölkerungszahl 2 Indikatorwerte addiert und ein weiteres Mal Militärisches und paramilitärisches Personal im Verhältnis zur Zahl der Ärzte endgültigen Punktzahl wurden die gewichteten auf einer skala von 0 bis 1.000 normalisiert. Zur 2 besseren Vergleichbarkeit der einzelnen Jahre wurden anschließend alle Jahre normalisiert. Der GMI analysiert detailliert spezifische regio- Waffen Schwere Waffen im Verhältnis zur Bevölkerungszahl nale oder nationale entwicklungen. auf diese Weise möchte das BIcc zur Debatte über die Militarisie- 4 rung beitragen und dabei auf die oft widersprüchliche resourcenverteilung aufmerksam machen. 1 \ Eine Einheit wird dann als militärisch oder paramilitärisch bezeichnet, wenn sie der direkten Führung der Regierung untersteht, bewaffnet, uniformiert und kaserniert ist. GLOBaLer MILITarIsIerunGs InDeX 2018 \ MAX M. MUTSchLER, MARIUS BALES BIcc GMI 2018 Militarisierung ist ein komplexes Phänomen. Einerseits treiben regionale und innergesellschaftliche Konflikte die weltweite Militarisierung an. Andererseits spielen auch die zur Verfügung stehenden, gesamtgesellschaftlichen Ressourcen eine Rolle, wenn Staaten darüber entscheiden, wie viele Mittel sie in ihr nationales Militär investieren. Der Globale Militarisierungsindex (GMI) bildet das Ergebnis dieser Entscheidungen ab, indem er das relative Gewicht des Militärapparats eines Staates im Verhältnis zur Gesellschaft als Ganzes bestimmt. Dabei grenzt sich der GMI bewusst von der normativen Annahme ab, dass eine hohe Ressourcenallokation zu Gunsten des militärischen Sektors immer eine Überbetonung des Militärs sei – mit negativen Folgen für die internationale Sicherheit und die gesamtgesellschaftliche Entwicklung des betreffenden Landes. Der diesjährige GMI betrachtet die weltweite Militarisierung und identifiziert regionale Trends. Außerdem wirft er einen genaueren Blick auf die Bedeutung des politischen Systems für die Militarisierung eines Landes, indem er die besonders hoch und besonders niedrig militarisierten Länder auf ihr jeweiliges politisches System hin untersucht. Die Gegenüberstellung des BICC GMI mit den Daten des Freedom House Index und des Polity IV Project am Center for Systemic Peace zeigt, dass wir unter den besonders hoch militarisierten Staaten deutlich mehr unfreie Staaten und Autokratien finden, als unter den besonders gering militarisierten. Dies könnte daran liegen, dass das Militär in eher autoritären Staaten oft eine starke Stellung einnimmt und dementsprechend auch relativ viele gesellschaftliche Ressourcen in den militärischen Sektor fließen. Dies bedeutet aber im Umkehrschluss keineswegs, dass ein niedriger Militarisierungsgrad automatisch mit einem hohen Grad an Freiheit des politischen Systems einhergeht. Vielmehr finden wir am unteren Ende des GMI Rankings etliche Länder, in denen die staatlichen Strukturen eher schwach ausgeprägt sind und der Staatsapparat deshalb gar nicht in der Lage ist, Stärke zu demonstrieren. Im Folgenden präsentiert und analysiert der GMI 2018 ausgewählte Militarisierungstrends. Die dafür ausgewerteten Daten beziehen sich überwiegend auf das Jahr 2017. Tabelle 1 Top 10 Land GMI Wert Platz ausgaben Personal Waffen 6,5 6,2 3,5 911,0 1 Singapur 6,5 6,1 3,2 885,7 2 Armenien 6,4 6,1 2,9 860,1 3 Zypern 6,2 5,9 3,2 849,7 4 Korea, Republik 6,3 5,9 2,9 838,5 5 Russland 6,5 5,3 3,2 838,5 6 Griechenland 6,2 5,5 3,2 833,2 7 Jordanien 6,6 5,4 3,0 833,0 8 Brunei Weißrussland 6,5 6,0 5,6 5,8 2,7 3,0 820,7 9 819,1 10 Israel Die spitzenplätze Die zehn Länder, die für das Jahr 2017 den höchsten Militarisierungsgrad aufweisen, sind Israel, Singapur, Armenien, Zypern, Südkorea, Russland, Griechenland, Jordanien, Brunei und Weißrussland. Diese Staaten stellen dem Militär, im Verhältnis zu anderen gesellschaftlichen Bereichen, besonders viele Ressourcen zur Verfügung. Bis auf eine Ausnahme – anstelle von Kuwait (Platz 11) liegt Weißrussland nun an Position 10 – belegen damit dieselben Länder wie im Vorjahr die Spitzenplätze des GMI-Ranking. Russland liegt nun auf Platz 6 des weltweiten GMI-Rankings (Vorjahr Platz 4). Dies ist insbesondere auf den Rückgang seiner Militärausgaben zurückzuführen (\> Seite 7). Von einigen anderen Staaten haben wir hingegen keine belastbaren Daten, um die Ressourcenverteilung zwischen dem militärischen und dem gesamtgesellschaftlichen Bereich zu analysieren. Bei einigen Ländern – insbesondere bei Syrien, Nordkorea und Eritrea – ist jedoch aufgrund früherer Erhebungen davon auszugehen, dass sie einen sehr hohen Militarisierungsgrad aufweisen. Mit Ausnahme Russlands, das 2017 66 Milliarden US-Dollar für sein Militär ausgab und damit weltweit hinter den USA, China und Saudi-Arabien auf Platz 4 liegt, sind diejenigen Staaten, die in absoluten Zahlen gemessen am meisten in ihr Militär investieren, BICC \ 5\ GLOBaLer MILITarIsIerunGs InDeX 2018 \ MAX M. MUTSchLER, MARIUS BALES regionale Militarisierung im Blickpunkt nicht unter den Spitzenplätzen des GMI zu finden.1 So befinden sich die USA, trotz Militärausgaben von knapp 610 Milliarden US-Dollar (35 Prozent von weltweit 1.739 Mrd.), im GMI lediglich auf Platz 34. China liegt mit Militärausgaben von 228 Milliarden US-Dollar sogar nur auf GMI-Platz 95. Denn setzt man diese Ausgaben ins Verhältnis zum jeweiligen Bruttoinlandsprodukt (BIP), so ergibt sich für die USA ein Wert von 3,1 Prozent, für China ein Wert von 1,9 Prozent. Ähnlich sieht es auch im Hinblick auf die anderen Teilindikatoren des GMI aus. Die sehr hohen Ausgaben dieser beiden Staaten mit den beiden größten Militärapparaten weltweit relativieren sich im Vergleich zu den gesamtgesellschaftlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen. Mit den bereits benannten 610 Milliarden US-Dollar haben sich die Militärausgaben der USA 2017 im Vergleich zu 2016 kaum verändert, nachdem sie zuvor seit 2010 kontinuierlich gesunken waren. Für 2018 sieht der US-Haushalt eine Steigerung auf etwas unter 700 Milliarden US-Dollar vor. Damit dürfte der Militarisierungsgrad der USA in naher Zukunft deutlich ansteigen. europa Im Zuge der russischen Annexion der Krim 2014 und des gewaltsamen Konflikts in der Ostukraine haben sich die Beziehungen zwischen der NATO und Russland massiv verschlechtert. Dies zeigt sich auch in der wechselseitigen Demonstration militärischer Stärke in den großen Militärmanövern des Jahres 2018. In Folge des gewachsenen Misstrauens können wir sowohl in Ost- als auch Westeuropa deutliche Aufrüstungstendenzen erkennen. In 25 der 28 EU-Mitgliedstaaten stieg die Militarisierung an. Während dies in den Vorjahren auch für Russland galt, sank der Militarisierungsgrad dort 2017 in Folge eines deutlichen Rückgangs der Militärausgaben. Tabelle 2 Die zehn höchst militarisierten Länder Europas Land ausgaben Personal Waffen GMI Wert Platz Armenien 6,4 6,1 2,9 860,1 3 Zypern 6,2 5,9 3,2 849,7 4 Russland 6,5 5,3 3,2 838,5 6 Griechenland 6,2 5,5 3,2 833,2 7 Weißrussland 6,0 5,8 3,0 819,1 10 Aserbaidschan 6,5 5,5 2,8 815,7 12 Ukraine 6,4 5,2 2,6 785,1 14 Finnland 6,0 5,2 2,9 773,8 18 Türkei Estland 6,3 6,2 5,0 4,9 2,7 2,8 766,1 20 758,1 25 naTO- und eu-staaten 1 \ Alle Angaben in dieser Publikation zu den Militärausgaben, sofern nicht anders angegeben, entstammen der SIPRI Military Expenditure Database. 6\ BICC \ 2014 hatten sich die Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten darauf verständigt, dass jeder Mitgliedsstaat anstreben solle, bis 2024 mindestens zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für das Militär auszugeben. Mittlerweile scheint der US-amerikanische Druck auf die europäischen NATO-Staaten, ihre Militärhaushalte zu erhöhen, erste Auswirkungen zu haben. Lediglich in Österreich (Platz 70), Belgien (Platz 90), Frankreich (Platz 59) und Griechenland (Platz 7), stagnierten die Militärausgaben 2017. GLOBaLer MILITarIsIerunGs InDeX 2018 \ MAX M. MUTSchLER, MARIUS BALES In Großbritannien und Italien stiegen die Militärausgaben beispielsweise jeweils um über 200 Millionen US-Dollar, in Spanien sogar um rund 1,7 Milliarden. Mit einer Mehrinvestition von 1,4 Milliarden US-Dollar lag Deutschlands (Platz 100) Militärhaushalt 2017 bei 43 Milliarden US-Dollar. Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt blieb bei diesen Staaten jedoch weitestgehend auf dem Vorjahresniveau. Rumäniens (Platz 29) Anteil der Militärausgaben am BIP erhöhte sich im europäischen Vergleich hingegen signifikant um 0,6 Prozent des BIP. Dort steigerten sich die Militärausgaben um rund 50 Prozent (von 2,6 auf 4 Milliarden US-Dollar), was auch weltweit den größten relativen Zuwachs bedeutet. Dieser ist insbesondere auf den Beginn des militärischen Beschaffungs- und Modernisierungsprogrammes von 2017 bis 2026 zurückzuführen. Die Anzahl des militärischen Personals und der Großwaffensysteme ist in vielen EU-Staaten teilweise deutlich gestiegen. Dies gilt bei den Großwaffensystemen insbesondere für Panzer und gepanzerte Mannschaftstransporter. Die Stärke der Streitkräfte wurde speziell in den östlichen NATO-Staaten ausgebaut. So wuchs die Gesamtstärke der Streitkräfte in Litauen (Platz 32) von ca. 17.000 auf über 18.300 Soldaten; Estland (Platz 25) verstärkte die Luftwaffe um 200 Soldaten. Polen (Platz 64) vergrößerte das Heer als wichtige Teilstreitkraft zur Sicherung der östlichen Landesgrenze um 13.000 Soldaten sowie die Luftwaffe um weitere 2.000 Soldaten. Die Türkei (Platz 20) steigerte ihre Militärausgaben von 17,9 (2016) auf 19,6 Milliarden US-Dollar, was auch auf die Militäreinsätze gegen die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihr nahestehende Gruppen in Syrien, dem Irak sowie im eigenen Land zurückzuführen sein dürfte. Zu betrachten sind hier allerdings auch die zunehmenden Spannungen zwischen den beiden NATO-Staaten Türkei und Griechenland, welches trotz anhaltender wirtschaftlicher Probleme mit 2,5 Prozent des BIPs nach den USA weiterhin von allen NATO-Staaten am meisten in den Verteidigungssektor investiert. Sowohl die Türkei als auch Griechenland erheben Anspruch auf Felseninseln in der östlichen Ägäis. Immer wieder kommt es zu wechselseitigen verbalen und militärischen Provokationen. Dass ehemalige türkische Militärs, die nach dem gescheiterten Putsch im Juli 2016 nach Griechenland flüchteten, nicht in die Türkei ausgeliefert werden, verschärft die Spannungen zusätzlich. Beide Staaten bauten die bereits sehr hohe Anzahl schwerer Waffensysteme weiter aus. So verfügt Griechenland derzeit u. a. über 1.340 Kampfpanzer; die Türkei über fast 4.500 dieser Waffensysteme. (Zum Vergleich: Das deutsche Militär hat derzeit rund 240 Kampfpanzer.) Zusätzliches Konfliktpotenzial bilden die im griechischen Südzypern gefundenen Erdgasvorkommen. Auch die Türkei erhebt territorialen Anspruch auf große Teile des Seegebietes und fordert eine Gewinnbeteiligung des türkisch besiedelten Nordens. Vermehrt blockierten türkische Kriegsschiffe Erkundungseinsätze der Förderunternehmen. In der Folge vergrößerte Zypern (Platz 4), das am zweithöchsten militarisierte Land Europas, die Nationalgarde um 3.000 Soldaten, die zusätzlich über weitere 50.000 Reservisten verfügt, und erhöhte seine Militärausgaben um 0,3 Prozent. Anzumerken ist jedoch, dass das reale Eskalationspotenzial zwischen der Türkei und Griechenland eher gering ist, sondern mit gegenseitigen langanhaltenden Bedrohungswahrnehmungen zusammenhängt, die auch bestimmte innenpolitische Funktionen erfüllen. Osteuropa Russland ist seit 2001 kontinuierlich unter den weltweiten Top 10 des GMI – 2018 auf Platz 6. Ausschlaggebend ist hierfür neben der relativ hohen Zahl an militärischem Personal insbesondere die sehr große Anzahl schwerer Waffensysteme. Trotz der aktiven Beteiligung an den Kampfeinsätzen in Syrien und im Donbass ist der Militarisierungsgrad Russland im Vergleich zum Vorjahr (Platz 4) etwas gesunken. Die schwierige wirtschaftliche Lage, primär den niedrigen Rohstoffpreisen und westlichen Sanktionen geschuldet, hatte erstmals deutliche Auswirkungen auf die russischen Militärausgaben. Diese verringerten sich von rund 69,2 (2016) auf 55,3 Milliarden US-Dollar. Betrachtet man den Anteil der Militärausgaben am BIP, so sieht man einen Rückgang von 5,5 Prozent (2016) auf 4,4 Prozent (2017). Zudem schrumpfte das paramilitärische Personal. In Weißrussland (Platz 10) wurden die Militärausgaben leicht gesenkt und das BICC \ 7\ GLOBaLer MILITarIsIerunGs InDeX 2018 \ MAX M. MUTSchLER, MARIUS BALES Heer sowie die Luftwaffe um jeweils einige tausend Soldaten verkleinert. Die deutliche Erhöhung der ukrainischen Militärausgaben seit 2014 sowie die daraus resultierende Vielzahl neu veranlasster Beschaffungsmaßnahmen (u. a. moderne Kampfpanzer und gepanzerte Mannschaftstransporter) zeigen erste Auswirkungen auf die militärische Bewaffnung der Streitkräfte. Der Trend einer ansteigenden Militarisierung der Ukraine seit 2014 (2017: Platz 14, 2014: Platz 20) setzt sich weiter fort. Aufgrund der weiterhin angespannten Situation in der kaukasischen Region Bergkarabach – nach der blutigen Gewalteskalation im April 2016 kam es auch in den vergangenen zwei Jahren trotz ausgehandeltem Waffenstillstand zu wechselseitigen Schusswechseln und einem aserbaidschanischen Drohnenangriff – investieren Armenien (Platz 3) und Aserbaidschan (Platz 12) weiterhin übermäßig viele Ressourcen in ihre Streitkräfte. naher und Mittlerer Osten Trotz zurückgehender Einnahmen aus dem Erdölhandel ist die Militarisierung im Nahen und Mittleren Osten im internationalen Vergleich weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. So befinden sich alle Staaten der Region, mit Ausnahme des Iraks (Platz 41), unter den 30 am stärksten militarisierten Ländern der Welt. Politische und religiöse Rivalitäten sowie mehrere bewaffnete Konflikte mit sehr hoher Intensität (u. a. im Jemen, Irak und Syrien) führten zu einem regionalen Anstieg der Militärausgaben um insgesamt 6,2 Prozent; der Anteil am BIP lag durchschnittlich bei 5,2 Prozent.2 Nachdem sich im Zuge des Ölpreisverfalls die Militärausgaben Saudi-Arabiens (Platz 21) 2016 verringert hatten, stiegen sie im vergangenen Jahr wieder um 9,2 Prozent, was einen Anteil am BIP von 10,3 Prozent ausmacht (2016: 9,9 Prozent). Mit 69,4 Milliarden US-Dollar liegt die Golfmonarchie nach den USA und 2 \ Nan Tian et al., Trends in World Military Expenditure, 2017, SIPRI Fact Sheet, Mai 2018. 8\ BICC \ Tabelle 3 Die zehn höchst militarisierten Länder des Nahen und Mittleren Ostens Land Waffen GMI Wert Platz ausgaben Personal Israel 6,5 6,2 3,5 911,0 1 Jordanien 6,6 5,4 3,0 833,0 8 Kuwait 6,7 5,0 3,1 818,0 11 Bahrain 6,5 4,5 3,1 780,1 17 Oman 7,0 4,3 2,7 766,6 19 Saudi-Arabien 6,9 4,2 2,8 765,8 21 Iran 6,4 5,1 2,5 763,7 22 Libanon 6,5 4,4 3,0 762,1 23 VAE Ägypten 6,7 6,1 4,0 5,1 3,1 2,6 755,3 26 753,6 28 China auf Platz 3 bei den Militärausgaben weltweit. Saudi-Arabien, das nach Israel über das am besten ausgestattete Militär der Region verfügt, vergrößerte 2017 die Anzahl der gepanzerten Mannschaftstransporter auf über 5.000 und importierte neben acht neuen Apache Kampfhubschraubern sieben Eurofighter Typhoon sowie 20 F-15SA Kampfflugzeuge. Auch im Iran (Platz 22) und Irak kann 2017 ein signifikantes Anwachsen der Militärausgaben beobachtet werden (Iran: 19 Prozent; Irak: 22 Prozent). Im Falle des Iran hängt dies vermutlich auch mit einer Verbesserung der ökonomischen Situation zusammen, ausgelöst durch die Aufhebung der internationalen Sanktionen im Zuge des 2016 unterzeichneten Atomabkommens. Für einige Staaten aus der Region existieren gegenwärtig keine belastbaren Daten, so dass sie im Ranking nicht aufgeführt werden können. Hierzu zählen die Republik Jemen, Katar und Syrien. Letzteres zählte in früheren Erhebungen allerdings zu den am höchsten militarisierten Staaten und war stets auf den Plätzen 2 bis 4 des GMI zu finden. Israel ist weiterhin das am höchsten militarisierte Land der Welt. Bei einer vergleichsweise geringen Bevölkerungszahl von 8,3 Mio. unterhält das Land ein Militär mit 176.500 Soldaten sowie weiteren 465.000 Reservisten und verfügt über 9.300 moderne Großwaffensysteme (darunter alleine 1.600 schwere Kampfpanzer). Diese massiven Investitionen in das Militär sind der nach wie vor angespannten GLOBaLer MILITarIsIerunGs InDeX 2018 \ MAX M. MUTSchLER, MARIUS BALES Sicherheitslage Israels geschuldet. Angesichts seiner geographischen Nähe und aktiven Beteiligung am syrischen Bürgerkrieg im Norden des Landes (insbesondere durch Luft- und Artillerieschläge), Angriffe der von Teheran protegierten schiitischen HisbollahMiliz aus dem Libanon sowie der wechselseitigen Angriffe zwischen der palästinensischen Hamas und israelischen Streitkräften setzt der Staat auf ein starkes und einsatzfähiges Militär. Viele Staaten des Nahen und Mittleren Ostens haben durch die hohen Einnahmen aus dem Export fossiler Rohstoffe enorme finanzielle Ressourcen, um hohe personelle Kapazitäten langfristig zu unterhalten und moderne Waffensysteme zu importieren. So erhöhten die VAE (Platz 26) u. a. die Anzahl gepanzerter Mannschaftstransporter um 30 amerikanische MaxxPro sowie mehr als 450 Caiman des britischen Unternehmens BAE. Der Irak steigerte zum Wiederaufbau seiner Luftwaffe die Anzahl der Kampfflugzeuge von 29 auf 60 Stück. 2019 sollen 13 weitere F-16 aus den USA importiert werden. Andere erdölexportierende Staaten sind hingegen nicht mehr in der Lage, den im Zuge des 2014 begonnenen Ölpreisverfalls verzeichneten Einnahmenrückgang zu kompensieren. In Staaten wie dem Oman (Platz 19) und Bahrain (Platz 17) sanken die Militärausgaben deutlich. Viele Staaten der Region intensivieren die Suche nach neuen fossilen Brennstoffvorkommen. So entdeckte der Bahrain 2018 das größte Ölfeld seit mehr als 80 Jahren. Solche Funde, die häufig in ungeklärten Wirtschaftszonen jenseits der Küsten gemacht werden, liefern zusätzlichen Treibstoff für territoriale Konflikte. So heizt zum Beispiel die jüngste Entdeckung wichtiger Offshore-Gasfelder im östlichen Mittelmeer den israelisch-libanesischen Grenzstreit an. Israel beansprucht die neuen Kohlenwasserstofflagerstätten, während Beirut mit Unterstützung Teherans gegen diese Schritte protestiert. Die libanesische Hisbollah droht zusätzlich damit, israelische Schiffe und Einrichtungen anzugreifen, die sich an der Offshore-Ausbeutung beteiligen. Diese, aus einem ökonomischen Druck resultierenden geopolitischen Konflikte um neue Öl- und Gasvorkommen, könnten die hohe Militarisierung im Nahen und Mittleren Osten zukünftig weiter intensivieren. afrika Der Militarisierungsgrad der afrikanischen Länder liegt insgesamt auf einem recht niedrigen Niveau. Das gilt insbesondere für die Staaten südlich der Sahara, von denen sich kein Einziger unter den 30 am höchsten militarisierten Staaten befindet. Im Gegenteil liegen mehr als die Hälfte der 30 am niedrigsten militarisierten Staaten in Sub-Sahara Afrika. Zu diesen 17 Ländern zählt neben Staaten wie Swasiland (Platz 153), Gambia (Platz 148) oder Lesotho (Platz 135) interessanterweise auch Nigeria (Platz 137), dessen Streitkräfte sowohl in regionalen und internationalen Friedensmissionen beteiligt sind, als auch im Inneren zur Bekämpfung der Aufständischen im Niger Delta sowie von Boko Haram im Norden eingesetzt werden. Gemessen in absoluten Zahlen zählt das nigerianische Militär mit 118.000 aktiven Soldaten zu den größten Streitkräften auf dem Kontinent. Hinzu kommen 82.000 Paramilitärs. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung relativieren sich jedoch diese Zahlen: Mit seinen über 190 Millionen Einwohnern kommen im bevölkerungsreichsten Land Afrikas nur 0,6 Soldaten auf 1.000 Einwohner. Auch die Militärausgaben liegen mit einem Anteil von 0,4 Prozent am BIP auf einem niedrigen Niveau. Subsahara-Staaten, die einen relativ hohen Militarisierungsgrad aufweisen, sind Botswana (Platz 44), die Demokratischen Republik Kongo (Platz 47), Namibia (Platz 48) oder Angola (Platz 49). Bei den nordafrikanischen Staaten ist der Militarisierungsgrad wesentlich höher. Nur Tunesien (Platz 82) ist im Mittelfeld des GMI-Rankings angesiedelt.3 Algerien (Platz 15) ist das am stärksten militarisierte Land Afrikas. Es verfügt mit 130.000 aktiven Soldaten über ein personalstarkes Heer und zudem über eine sehr hohe Anzahl paramilitärischer Milizen. Zudem gibt es einen vergleichsweise hohen Anteil seines BIP für das Militär aus (5,7 Prozent 2017). Die hohen Militärausgaben spiegeln die starke Stellung des Militärs in der algerischen Gesellschaft wider. Viele aktive und ehemalige Militärs bekleiden Spitzenpositionen in Politik und Wirtschaft. Dies 3 \ Für Libyen liegen keine verlässlichen Daten vor. Ägypten (Platz 28) ist ebenfalls hoch militarisiert, wird aber zur Ländergruppe des Nahen und Mittleren Ostens gezählt. BICC \ 9\ GLOBaLer MILITarIsIerunGs InDeX 2018 \ MAX M. MUTSchLER, MARIUS BALES Militarisierung und politisches system Tabelle 4 Die zehn höchst militarisierten Länder Afrikas Land GMI Wert Platz ausgaben Personal Waffen Algerien 6,6 5,1 2,6 784,9 15 Marokko 6,4 5,2 2,3 761,5 24 Botswana 6,4 4,0 2,6 703,5 44 Mauretanien 6,5 4,3 2,1 700,1 46 Kongo, Republik 6,8 3,9 2,2 693,0 47 Namibia 6,4 4,3 2,2 690,2 48 Angola 6,4 4,2 2,3 689,0 49 Sudan 6,4 3,9 2,3 673,7 60 Gabun Guinea-Bissau 6,3 6,1 4,0 4,1 2,2 2,3 672,8 61 666,4 66 ist nicht zuletzt eine Folge des Bürgerkriegs in den 1990er Jahren, aus dem das algerische Militär gestärkt hervorging und 1999 mit Abd al-Aziz Bouteflika, dem immer noch amtierenden Staatspräsidenten, seinen Wunschkandidat für das Präsidentenamt durchsetzen konnte. Da Algerien nur über eine relativ kleine nationale Rüstungsindustrie verfügt, zählt das Land in den letzten Jahren zu den weltweit größten Rüstungsimporteuren.4 In Marokko (Platz 24) ist der Anteil der Militärausgaben am BIP mit 3,2 Prozent zwar deutlich unter dem entsprechenden Wert seines Nachbarns Algerien. Dennoch ist Marokko der am zweitstärksten militarisierte Staat Afrikas. Dies liegt insbesondere an der relativ hohen Zahl von 195.800 aktiven Soldaten, die auch auf den jahrzehntealten Territorialkonflikt mit der Polisario-Befreiungsfront um die Westsahara zurückzuführen ist. Das Verhältnis zu Algerien ist angespannt und die Rüstungsbeschaffungen der beiden Staaten heizen sich wechselseitig an. So ist Marokko schon seit einigen Jahren bestrebt, die teils veraltete Ausrüstung seiner Streitkräfte zu modernisieren, um der klaren militärischen Überlegenheit der algerischen Streitkräfte entgegenzuwirken. 4 \ Laut SIPRI Arms Transfer Database nahm Algerien zwischen 2013 und 2017 die 7. Stelle unter den weltweiten Waffenimporteuren ein. 5 \ Freedom House (2018), Freedom in the World 2018, https://freedomhouse.org/sites/default/files/FH_FITW_Report_2018_ Final_SinglePage.pdf. 6 \ Center for Systemic Peace (2018), Polity IV Annual Time-Series, 1800 – 2017, The Polity Project, http://www.systemicpeace.org/inscrdata.html. 10 \ BICC \ Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, politische Systeme zu klassifizieren. Zu den gängigsten gehört dabei die Unterscheidung zwischen freien und unfreien politischen Systemen bzw. zwischen Demokratien und Autokratien. Freedom House, eine internationale Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Washington D. C., die sich die weltweite Förderung von Freiheit und Demokratie zum Ziel gesetzt hat, unterscheidet zwischen „freien“ (free), „teilweise freien“ (partly free) und „nicht freien“ (not free) Ländern. Hierzu werden die Länder in Hinblick auf die politischen Rechte und die bürgerlichen Freiheiten auf einer Skala von 1 bis 7 bewertet, wobei 1 für den höchsten Grad an Freiheit steht und 7 für den geringsten. Länder mit einem Wert von 1,0 bis 2,5 werden als „frei“ eingestuft, Länder mit einem Wert von 3,0 bis 5,0 als „teilweise frei“ und Länder mit einem Wert zwischen 5,5 und 7,0 als „nicht frei“. In seinem jüngsten Bericht hat Freedom House Bewertungen für 195 Länder vorgenommen. Davon werden 88 (45 Prozent) als „frei“ bezeichnet, 58 (30 Prozent) als „teilweise frei“ und 49 (25 Prozent) als „nicht frei“.5 Das Polity IV Project am Center for Systemic Peace untersucht politische Systeme in Hinblick auf demokratische und autokratische Tendenzen. Die Skala reicht dabei von –10 bis +10 und unterscheidet Autokratien (–10 bis –6), Anokratien (–5 bis +5) und Demokratien (+6 bis +10). Der Typus der Anokratie bildet dabei eine Zwischenform, gewissermaßen ein inkohärentes politisches System, das demokratische wie auch autokratische Merkmale aufweist. Hier hat der Staat häufig nur minimale Funktionen und der politische Wettbewerb ist schwach institutionalisiert. Im aktuellsten Polity IV Datensatz werden für das Jahr 2017 166 Länder bewertet: 96 als Demokratien, 49 als Anokratien sowie 21 als Autokratien.6 Ein Abgleich der Werte des GMI 2018 mit den Werten von Freedom House ergibt folgendes Bild: Unter den 30 am höchsten militarisierten Staaten werden 14 Staaten als „nicht frei“, sieben als „teilweise frei“ und neun als „frei“ klassifiziert. Der durchschnittliche Wert liegt für diese 30 Staaten bei 4,3 der Freedom House Skala. Interessanterweise unterscheiden sich die entsprechenden Werte bei den 30 am wenigsten militarisierten Länder deutlich. Hier liegt der Durchschnittswert bei 3,0 und nur zwei Staaten GLOBaLer MILITarIsIerunGs InDeX 2018 \ MAX M. MUTSchLER, MARIUS BALES werden als „nicht frei“ eingestuft: Tadschikistan (GMI-Platz 126) und Swasiland (GMI-Platz 153). Zwölf dieser Länder hingegen werden als „frei“ gewertet, 16 als „teilweise frei“. Wir finden also im obersten Spektrum des GMI wesentlich mehr „nicht freie“ Staaten als im untersten. Dort dominieren politische Systeme, die als „teilweise frei“ klassifiziert werden. Ein Blick auf die Daten des Polity IV Projekts kommt zu einem sehr ähnlichen Ergebnis. Demnach befinden sich unter den 30 am höchsten militarisierten Ländern zehn Demokratien, neun Anokratien und zehn Autokratien. Es gibt hier also eine relativ gleichmäßige Verteilung der drei Kategorien. Unter den 30 am geringsten militarisierten Ländern werden hingegen 18 Demokratien, sieben Anokratien und nur eine Autokratie (Swaziland, GMI-Platz 153) aufgeführt. Interessant ist auch ein Blick auf den jeweiligen Durchschnitt der Polity IV Bewertungen: Dieser beträgt für die Gruppe der 30 am höchsten militarisierten Länder nur 0,3 und liegt damit klar im Bereich einer Anokratie, wohingegen er für die Gruppe der 30 am geringsten militarisierten Länder bei 6,2 und damit gerade noch im unteren Bereich einer Demokratie rangiert. Es gibt also unter den am höchsten militarisierten Ländern im Durchschnitt mehr unfreie bzw. autokratische politische Systeme als bei den am niedrigsten militarisierten Ländern. Wie ist dieser Befund zu interpretieren? Eine mögliche Erklärung wäre, dass sich die autokratischen Eliten in unfreien Staaten oftmals auf ein starkes Militär stützen, um ihre Herrschaft zu sichern. Dies würde erklären, warum sich unter den besonders hoch militarisierten Staaten so viele autoritäre Staaten befinden, wie zum Beispiel Weißrussland, Kuwait, Aserbaidschan, Vietnam, Oman und Saudi-Arabien. Zumindest legen die Zahlen nahe, dass das Militär in eher autoritären Staaten tendenziell eine starke Stellung einnimmt und dementsprechend auch relativ viele gesellschaftliche Ressourcen in den militärischen Sektor fließen – zur Finanzierung von Militärausgaben, militärischem Personal oder Rüstung7. Hier ist allerdings Vorsicht geboten. Denn ein zu starkes Militär kann auch für autokratische Herrscher gefährlich werden, wie die lange Geschichte von Militärputschen, insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent nach dem Ende der Kolonialherrschaft, zeigt. Hierin könnte eine Erklärung dafür liegen, warum wir Tabelle 5 30 höchst militarisierte Länder freedom house Frei Teilweise Frei Nicht Frei Polity IV* 9 Demokratie 10 7 Anokratie Autokratie 10 14 9 * nicht alle Länder erfasst bei den sehr niedrig militarisierten Ländern so viele finden, die Freedom House als „teilweise frei“ bewertet bzw. die Polity IV Project entweder als Anokratie oder im unteren Bereich des Demokratie-Spektrums eingestuft (z. B. Mosambik, Niger, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Liberia oder Haiti). In solchen Ländern sind die staatlichen Strukturen eher schwach ausgeprägt. Schon allein deshalb sind sie weniger dazu in der Lage, besonders repressiv aufzutreten. Daraus folgt, dass dort die Herstellung von Sicherheit weniger als öffentliches denn als privates Gut verstanden wird. So kann vermutet werden, dass gesellschaftliche Ressourcen eher in private Sicherheitskräfte oder Milizen investiert werden, als in die offiziellen Streitkräfte. Anders nämlich als in starken Staaten, in denen auch das Militär stark institutionalisiert und eng an das autokratische System angebunden bzw. dessen Stütze ist, müssen die herrschenden Eliten hier zu starke, weil zu autonome, Streitkräfte fürchten. tabelle 6 30 niedrigst militarisierte Länder freedom house Polity iV* Frei 12 Demokratie Teilweise Frei Nicht Frei 16 Anokratie Autokratie 2 18 7 1 * nicht alle Länder erfasst 7 \ S. a. Grawert, E., & Abul-Magd, Z. (Eds.). (2016). Businessmen in Arms: How the Military and Other Armed Groups Profit in the MENA Region. Lanham, MD: Rowman & Littlefield. BICC \ 11 \ GLOBaLer MILITarIsIerunGs InDeX 2018 \ MAX M. MUTSchLER, MARIUS BALES Darstellung und Gebrauch von staats- oder Gebietsgrenzen und geografischen namen auf dieser karte sind nicht zwingend als offizielle Billigung oder anerkennung seitens des BIcc zu verstehen. karte 1 Übersicht GMI-Ranking weltweit GMI Weltkarte Quelle konfliktdaten: UCDP/PRIO Armed Conflict Dataset Quelle administrative Grenzen: Natural Earth Dataset 12 \ BICC \ GLOBaLer MILITarIsIerunGs InDeX 2018 \ MAX M. MUTSchLER, MARIUS BALES Platz 1–30 Platz 31–60 Keine Daten verfügbar Platz 61–90 Platz 91–120 Über Platz 120 Beteiligung als Hauptakteur in bewaffneten Konflikten BICC \ 13 \ GLOBaLer MILITarIsIerunGs InDeX 2018 \ MAX M. MUTSchLER, MARIUS BALES MILITarIsIerunGsInDeX rankInG 45 Peru 90 Belgien 135 Lesotho 1 Israel 46 Mauretanien 91 Nepal 136 Mauritius 2 Singapur 47 Kongo, Republik 92 Kanada 137 Nigeria 3 Armenien 48 Namibia 93 Slowakei 138 Malawi 4 Zypern 49 Angola 94 Indonesien 139 Seychellen 5 Korea, Republik 50 Uruguay 95 China 140 Madagaskar 6 Russland 51 Slowenien 96 Ruanda 141 Sierra Leone 7 Griechenland 52 Georgien 97 Nicaragua 142 Ghana 8 Jordanien 53 Ungarn 98 Niederlande 143 Albanien 9 Brunei 54 Malaysia 99 Bosnien und Herzegowina 144 Malta 10 Weißrussland 55 Kolumbien 100 Deutschland 145 Trinidad und Tobago 11 Kuwait 56 Myanmar 101 Uganda 146 Osttimor 12 Aserbaidschan 57 Ecuador 102 Guatemala 147 Kap Verde 13 Mongolei 58 Pakistan 103 Neuseeland 148 Gambia 14 Ukraine 59 Frankreich 104 Tschechische Republik 149 Liberia 15 Algerien 60 Sudan 105 Philippinen 150 Papua Neuguinea 16 Vietnam 61 Gabun 106 Tansania 151 Panama 17 Bahrain 62 Kirgisistan 107 Togo 152 Haiti 18 Finnland 63 Paraguay 108 Luxemburg 153 Swasiland 19 Oman 64 Polen 109 Senegal 154 Costa Rica 20 Türkei 65 Moldawien 110 Sambia 155 Island 21 Saudi-Arabien 66 Guinea-Bissau 111 Japan 22 Iran 67 Kroatien 112 Zentralafrika 23 Libanon 68 Australien 113 Südafrika 24 Marokko 69 Bulgarien 114 Guinea 25 Estland 70 Österreich 115 Äthiopien 26 VA Emirate 71 El Salvador 116 Argentinien 27 Kuba 72 Burundi 117 Südsudan 28 Ägypten 73 Bolivien 118 Irland 29 Rumänien 74 Vereinigtes Königreich 119 Mexiko 30 Portugal 75 Afghanistan 120 Kamerun 31 Serbien 76 Brasilien 121 Dominikanische Republik 32 Litauen 77 Tschad 122 DR Kongo 33 Chile 78 Venezuela 123 Bangladesch 34 USA 79 Lettland 124 Mali 35 Mazedonien 80 Guyana 125 Äquatorialguinea 36 Thailand 81 Honduras 126 Tadschikistan 37 Norwegen 82 Tunesien 127 Benin 38 Kambodscha 83 Italien 128 Jamaika 39 Sri Lanka 84 Fidschi 129 Mosambik 40 Schweiz 85 Kasachstan 130 Belize 41 Irak 86 Spanien 131 Niger 42 Montenegro 87 Simbabwe 132 Burkina Faso 43 Dänemark 88 Schweden 133 Elfenbeinküste 44 Botswana 89 Indien 134 Kenia Platz Land 14 \ BICC \ GLOBaLer MILITarIsIerunGs InDeX 2018 \ MAX M. MUTSchLER, MARIUS BALES IMPrInT bicc \ Internationales Konversionszentrum Bonn Bonn International Center for Conversion GmbH Pfarrer-Byns-Straße 1, 53121 Bonn, Germany +49 (0)228 911 96-0, Fax -22, bicc@bicc.de www.bicc.de www.facebook.com/bicc.de twitter.com/BICC_Bonn Wissenschaftlicher Direktor Professor Dr. Conrad Schetter Kaufmännischer Geschäftsführer Michael Dedek AUTOREN Dr. Max M. Mutschler Wissenschaftlicher Mitarbeiter des BICC Marius Bales BICC REDAkTION Susanne Heinke SONSTIGE MITARBEIT Rolf Alberth LAyOUT kippconcept gmbh, Bonn EDITORIAL DESIGN Diesseits – Kommunikationsdesign, Düsseldorf ISSN (Print) 2522-2015 ISSN (Online) 2521-7844 This work is licensed under a creative commons attribution-noncommercial-noDerivs 3.0 unported License; cf.creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/ BICC \ 15 \