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Maschine und Lebensbewegung

Frieden -je näher man hinschaut desto fremder schaut es zurück. Zur Kritik einer deutschen Friedensbewegung Freiburg (ça ira-Verlag 1984), S. 37 -50. Wer Zukünftiges, das als eine Vision des Schreckens den Bedrohten begegnet, nur noch verhindern will, fällt in das Kontinuum linearer, entqualifizierter Geschichtszeit. Obgleich jede gesellschaftliche Struktur in der geschichtlichen Zeit existiert, produziert der Mechanismus des Kapitals seine eigene, objektive Zeit. Zeit ist eingelassen in die Reproduktion einer Produktionsweise, deren innerer Motor, Verwertung von Kapital, kein Ende kennt. Im Zeitbild der modernen Uhr, an dem die Zahl als Zeichen linearer Bewegung fungiert, wird dies augenscheinlich. Lineare Zeitausdehnung und irreversible Zeitfolgen verweisen auf die Präsenz der gleichförmigen Bewegung. Noch das Imago des Fortschritts reflektiert das Neue im Medium des Immergleichen. Die Kapitalmaschinerie bildet den inneren Antrieb der gesellschaftlichen Zeit. Sie bewegt diese Zeit, ohne selbst zu vergehen. Kapital stellt die Vergegenständlichung abstrakter Zeitquanta dar, an ihnen findet die dem Begriff nach maßlose Verwertung des Kapitals ein Maß. Zeit ist als Arbeitszeit selbst Maß des Werts und was als gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit gilt, ist bestimmt durch die Bewegung des Werts. Dessen Bewegungsmaschinerie konstituiert Zeitlichkeit. "Die Zeit ist alles, der Mensch ist nichts mehr, er ist höchstens noch die Verkörperung der Zeit" 1 , hatte Marx bemerkt, und damit in der (Arbeits-)zeit ein Mittel zur psychischen Disziplinierung des Menschen erkannt. Jene Zeiten, in denen die individuellen Begierden gestillt und die als 'eigene' Lebenszeiten erfahren werden, vergehen. Zwischen Begierde und Befriedigung schiebt sich die Produktion, die deren Wechselspiel dominiert, und so die lebenszeitlichen Erfahrungen an die objektivierte Arbeitszeit-Logik angleicht. Werden die Ausstöße der Produktion als Mittel erneuter Produktion gesetzt, so integriert die Gleichförmigkeit der maschinellen Bewegung die individuelle Arbeitszeit in die Reproduktion der Reproduktionsverhältnisse, die noch den Erwartungshorizont der Individuen lenkt. 2 Der Fortschritt, den der Kapitalkörper setzt, wird mit seinen Objekten, den Subjekten, dann fertig, wenn für diese am Horizont des Fortschritts keine Brüche, geschweige denn ein Ziel mehr aufscheinen, sondern nur tödliche Bedrohung, die all-täglich wird. Die Idee einer Orientierung zur menschlichen Emanzipation, die die Möglichkeit offener Geschichte experimentell denken will, wandert in das Antiquariat. Transzendenz, Gedanke, der die Wirklichkeit übersteigt, wird zur intellektuellen Attitüde abgestempelt. Dies ist jedoch nicht ausschließlich Reflex der sozialen Bewegungen auf die indifferente Dynamik des Werts, Wiederholung, die Transzendenz bricht, sondern enthält auch die Quittung für die marxistische Revolutionstheorie. Indem der Wert sein Dasein in die maschinelle Reproduktion hineinverlängert, entgegenständlicht, entsinnlicht er die lebendige Arbeit, die von nun an ein nur vergeistigtes Leben in der Revolutionstheorie führt.

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