Nomad (1982)

Mit seinem Interesse an Jugendkultur, einem Klima sexueller Befreiung und der Ablehnung einer einengenden Gesellschaft trägt Nomad, ein früher Vertreter der Hong Kong New Wave, viele der typischen Zeichen filmischer Erneuerungsbewegungen. Die Erzählstruktur des Films selbst ist anfangs nomadisch: ruhelos und diskontinuierlich spielt er sich ab als eine lose Folge urbaner Begegnungen, romantischer Gesten und sommerlicher Eskapaden. Durch den Verzicht auf ein narratives Telos lässt er sich ganz von der unerschöpflichen Lust seiner vier Hauptfiguren leiten, schwankt mit ihnen von einem emotionalen Extrem ins andere, und durch ihre Augen (und Tams Kamera) sieht die Welt für einige Zeit wunderschön aus.

Die Kultur von Hong Kongs Jugend ist, gleich ihrer Träume von der Flucht ins Ausland, dezidiert global; Bowie und Beethoven werden ebenso begierig aufgenommen wie Kabuki und japanische Drogen. So schickt etwa Pong, um ungestört mit seiner Freundin schlafen zu können, Mutter und Schwester für einen englischsprachigen Film ins Kino, den diese nicht mal verstehen können. Die erhoffte Zweisamkeit findet jedoch ihr jähes Ende, als plötzlich sein Großvater mit einem Dutzend Männer die Wohnung betritt, um Mahjong zu spielen. Was sich hier als Komödie abspielt, wiederholt sich in der zweiten Hälfte des Films als Tragödie. Der Versuch, sich einen utopischen Rückzugsort fernab der Zivilisation aufzubauen, erweist sich als Trugschluss; ein Satz wie „Wir sind die Gesellschaft“ ist in einer globalisierten Welt ohne Außen nichts weiter als jugendliche Naivität. Die Mühlen der Geschichte holen jeden ein und zermalmen verlässlich, wer ihnen entgehen will.