Rouge (1987)
Zu Anfang Bilder wie bei Sirk, wie bei Fassbinder, cineastischer Exzess als Form der überhöhten Emotionen von Melodrama: bunte Fenster tauchen die Räume in ihr farbiges Licht, überall Kleider und Tapeten mit intrikaten Mustern, dazwischen schweift die Kamera ruhelos umher oder sucht im Gegenteil streng komponierte Anordnungen, und immer wieder findet sie Spiegel, die diese nochmal verdoppeln. Dann der harte Sprung in die Gegenwart, die Farben entweichen. Das Gesehene entpuppt sich als Erinnerung einer Geisterfrau, die auf der Suche nach ihrem Geliebten ein modernes Pärchen heimsucht. Ihr Zuhörer stellt fest, wie sehr ihre leidenschaftliche Geschichte ihn an kantonesische Filme erinnere: Nostalgie und Kino (und früher die chinesische Oper), verwandt in den Sehnsüchten, um die sie kreisen, Gefühle, die die Zeit überdauern, Verbundenheit bis in den Tod.
Soziologie der Liebe: Leicht enttäuscht stellen die modernen Liebenden fest, dass sie heute nicht mehr füreinander sterben würden. Das Leben ist zu kostbar geworden. In der Vergangenheit zerschellen derweil die Anderen an den gesellschaftlichen Konventionen und sehen nur Suizid als Ausweg. Der Abbau von Hierarchien und Ritualen, er scheint mit verringerter Intensität der Gefühle bezahlt zu werden. Melodrama – ein Genre für andere Zeiten? So einfach macht es sich der Film nicht, er wollte eigentlich gar nicht so dringend sterben (er hatte die Mittel für ein anderes Leben) und sie hat ihm eigentlich gar nicht so sehr vertraut. Und die Gegenwart ist so schrankenlos dann auch wieder nicht - es ist immer noch nicht leicht, eine Frau zu sein. Ohnehin, wie an der Stadt Hong Kong, deren radikaler Wandel hier wie beiläufig nachvollzogen wird, sind auch an der Liebe die Umstände der Zeit letztlich nicht spurlos vorbeigegangen, die Wirklichkeit löst romantische Ideale eben nur selten ein. Ein Wiedersehen gibt es, aber es fällt anders aus als gedacht, und kann auch nur, wo sonst, am Filmset stattfinden.