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Überlegungen zu Anstückungen und Reparaturen der Laokoongruppe

2017, S. Muth (Hrsg.), Laokoon - Auf der Suche nach einem Meisterwerk (Ausstellung Winckelmann-Institut)

24 | Überlegungen zu Anstückungen und Reparaturen der Laokoongruppe Wolfgang Filser Als die antiken Teile der Laokoongruppe in den späten 1950er Jahren durch Filippo Magi und den Bildhauer Antonio Berti zerlegt und die neuzeitlichen Ergänzungen aus Terrakotta, Gips und Marmor im Rahmen einer ausführlichen Restaurierung abgenommen wurden, sind auch erstmals die dabei zum Vorschein kommenden Anstückungslächen eingehend beschrieben und in Form von Schwarzweißaufnahmen dokumentiert worden1. Die dortigen Beschreibungen der Oberlächen, ihres Verwitterungszustands sowie der antiken und neuzeitlichen Werkzeugspuren, lassen sich am Abguss des Winckelmann-Instituts, der auf eben den Formen beruht, die damals vom Original genommen wurden, nachprüfen. Verlassen muss man sich indes auf Magis detaillierte Angaben bezüglich der Verfärbung des Marmors durch Oxidation der Eisendübel, Beobachtungen zu Bleivergüssen und Spuren von Klebstoffen, sämtlich zentrale Aspekte, die sich – wenn überhaupt – heute auch am Original nur dort veriizieren lassen, wo sie sich nicht auf die zwischen den Anstückungslächen verborgen liegenden Bereiche beschränken. Die Gruppe war ursprünglich anscheinend aus sieben Einzelteilen – vier großen (A, B, C, D) und drei kleineren Blöcken (E, H, I) – zusammengefügt ( Essay 23; Grunddaten S. 45 Abb. 3–4; Taf. 19); zur besseren Verständlichkeit werden zudem noch das Reparaturstück (F) sowie das Schlangengewinde um den Arm des älteren Sohnes (G, eigentlich zugehörig zu Block C) als einzelne Teile behandelt 2: Die im ursprünglichen Zustand erhaltenen, also auch in der Antike nicht durch Reparaturmaßnahmen veränderten Anstückungslächen zwischen diesen Blöcken besitzen eine auffällig gewellte Oberläche und sind einheitlich mit einem mittelfeinen Zahneisen geglättet. Magi erkannte an dieser aufwändigen Bearbeitung x Abb. 1 Blöcke A und D. Verdübelung des Laokoon mit dem Altar x Abb. 2 Block B. Antiker Fehler mit Spuren von Spitzeisen vor der Anstückungsläche des Oberschenkels des Laokoon A: der Laokoon, ein Großteil der oberen Schlange B: Altarvorderteil, der jüngere Sohn, das rechte Bein des Laokoon, ein Großteil der unteren Schlange C: der ältere Sohn, der Rest der unteren Schlange D: das Altarrückteil (ersetzt einen Vorgänger derselben Form) E: der linke Unterschenkel des Laokoon F: Reparaturstück des Altars links an Block B G: das Schlangengewinde um den Arm des älteren Sohnes H: der rechte Arm des Laokoon mit der sich darum windenden Schlange (›Pollakscher Arm‹) I: der rechte Arm und der Hinterkopf des jüngeren Sohnes 375 Die antike Statuengruppe z Abb. 3 Aulager eines korinthischen Kapitells mit Gusskanälen und Dübellöchern, um 200 n.Chr. Aquileia, Museo Archeologico Nazionale das Vorgehen der rhodischen Bildhauer3: Die gewellten Oberlächen haben zur Folge, dass die jeweiligen Teile nur in einer Position zusammengeführt werden können, was angesichts der Tatsache, dass hier drei Bildhauer am Werk waren, zunächst umso mehr erstaunt. Offensichtlich wählten sie diese Art der Verbindung, um so weit wie möglich auf Verdübelungen und Bleivergüsse verzichten zu können, statt derer man mit Klebstoff und feinem Kalkmörtel arbeitete. Um die möglichen Ursachen hierfür zu verstehen, ist ein Blick auf die Unterseite des Laokoon (Block A, Abb. 1) hilfreich. Freilich ist sie nicht frei von späteren Veränderungen, doch ist der wellenartige Verlauf x Abb. 4 Blöcke B und D. Verklammerungen zwischen den Altarteilen 376 der Oberläche zweifelsfrei original. Auf dem Altarblock B vorne rechts beindet sich ein Fehler (Abb. 2), der plausibel nur mit der ursprünglichen Ausführung in Verbindung gebracht werden kann: Einer der Bildhauer hat dort bei der Vorbereitung mit dem Spitzeisen zu viel Marmor entfernt, woraus ein unschönes, dreieckiges Loch resultierte, in dem sich antiker Klebstoff fand – wohl derselbe, der auch die beiden Blöcke A und B miteinander verband4. Sicher nicht originär ist hingegen das große quadratische Dübelloch, das zur Verbindung mit dem hinteren Altarblock D diente; ein grob eingehauener Gusskanal für den massiven Eisendübel bezeugt eine antike Reparatur, deren Machart an die Verdübelung schwerer Architekturteile erinnert (Abb. 3), wie sie in der Kaiserzeit alltäglich war5. Als die Gruppe auf dem Rückweg von Paris in den Alpen verunglückte, sprang die Unterseite des Laokoon nicht zufällig an dieser Stelle in drei Teile6. Dass der rückwärtige Block D zwar antik ist, aber nicht zur ursprünglichen Formation gehörte, lässt mehr noch als der Materialwechsel (von parischem zu Carraramarmor) vor allem die abweichende Bearbeitung vermuten. Der Block ist deutlich gröber für die Anstückung zugerichtet als sein Gegenpart B (Abb. 4), der innere Bereich tief mit dem Spitzeisen bearbeitet, darum herum verläuft ein breiter, aber nicht allzu sorgsam geglätteter Randschlag. Lediglich bei der Oberläche des Altars war man gezwungen, diejenige des ursprünglichen Blocks getreu zu wiederholen, was an der gewölbten Anstückungsläche liegt – schließlich hätte man andernfalls den Laokoon selbst auf seiner Unterseite neu zurichten müssen. Abgesehen von dem erwähnten Dübel, der A und D vertikal verband, installierte man noch die ebenfalls mit Blei ummantelten Eisenklammern zwischen B und D, deren (von vorne gesehen) rechte für die starken Beschädigungen auf dieser Seite an beiden Blöcken verantwortlich ist7. Abgesehen von dem starken neuzeitlichen Schaden, den die Gruppe auf ihrer Reise von Paris nach Rom erlitt, können wir also eine antike Reparatur fassen, die sich durch die gröbere Bearbeitung und den starken Einsatz von Eisendübeln und Bleivergüssen auszeichnet. Dass dieser Schluss nicht voreilig ist, bestätigt der Blick auf weitere Anstückungslächen. Gewellt und mit Sorgfalt geglättet ist jene des Oberschenkels des Laokoon zwischen den Blöcken A und B (Abb. 2. 5). In der Antike wurde hier offensichtlich nie ein Dübel genutzt, um die beiden Blöcke zu verbinden (der heutige, kupferne ist neuzeitlich), was, abgesehen von der schadlosen Erhaltung beider Flächen, daraus hervorgeht, dass weder Bleireste noch eine orange-rötliche, durch Oxidation hervorgerufene Verfärbung nachweisbar sind. Anstückungen und Reparaturen Doch auch die Rhodier konnten nicht überall auf Verdübelungen der gesondert gearbeiteten Körperteile verzichten. Deutlich wird dies am rechten Arm des jüngeren Sohnes, also an der doppelten Verbindung zwischen Block B und I an Kopf und Schulter (Abb. 6). Dem Sohn war die Kalotte separat angesetzt mittels einer per Zahneisen fein geglätteten Fläche8, die am Übergang zum Hinterkopf zusätzlich einen stumpfen Winkel aufweist, also anders als die neuzeitliche Ergänzung der Kalotte des älteren Sohnes nicht über eine gerade geschnittene Anstückungsläche verfügte. In der Mitte des Kopfes beindet sich ein quadratisches Dübelloch, um das sich keinerlei Oxidation gebildet hat; ein größeres rechteckiges Dübelloch sitzt darunter in der Schulter des Jungen. Dort hat sich glücklicherweise einmal der abgebrochene Dübel erhalten9, dessen Material, Bronze, dafür verantwortlich ist, dass auch dieser Bereich nicht orangerötlich oxidiert ist, so dass wir davon ausgehen dürfen, dass es sich um den Stift der Erstfassung handelt. Der Grund für die Verdübelung war der abgestreckt und angewinkelt zu rekonstruierende Arm, der mit dem z Abb. 5 Blöcke A und B. Anstückungslächen und moderne Verdübelung des Oberschenkels des Laokoon Hinterkopf verbunden war. Block I bestand folglich nicht nur aus dem Arm des jüngeren Sohnes, sondern auch aus fast der Hälfte seines Kopfes, Grund genug x Abb. 6 Block B. Anstückungslächen von Kalotte & Arm des jüngeren Sohnes (Block I). Reste der originalen Anstückungsläche an Block B an der Schulter (hervorgehoben) 377 Die antike Statuengruppe Abb. 7 Blöcke A und H. Anstückungslächen beide Ansätze sorgfältig zu verdübeln10. Im Fall der entsprechenden Verdübelung an der Schulter scheint bisher nicht beachtet worden zu sein, dass sich ein Teil der gewölbten und mit feinem Zahneisen bearbeiteten Anstückungsläche noch oberhalb des Dübellochs erhalten hat, woraus geschlossen werden kann, dass der Arm inmitten der Windung der Schlange eingesetzt und verdübelt worden ist11. Wo realisierbar, nutzten die rhodischen Bildhauer die Windungen der Schlange, um die Fugen zu verbergen, so auch beim linken Bein des Laokoon (Abb. 9. 10), das ebenfalls in einer derartigen Schlaufe der Schlange steckt (s.u.), wodurch die Anstückung verdeckt wurde. Die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Glieder der Figuren im originären Zustand per Bronzedübel verbunden waren – gewiss nichts Ungewöhnliches für antike Steinskulptur – während im Rahmen der antiken Reparaturen recht hemmungslos Eisendübel Verwendung fanden, die im Lauf von Jahrhunderten in den umliegenden Stein oxidierten, eröffnet also einen Einblick in die antike Geschichte des Bildwerks, und das alleine auf der Grundlage des empirischen Befundes. Dies lässt sich auch an Block H (Abb. 7) – dem ›Pollakschen Arm‹ – nachzeichnen, von dem wir aufgrund der Reparaturen am Deltoideus, am Unterarm12 und am Handgelenk wissen, dass er in der Antike bereits einmal neu angesetzt worden war, bevor er ein weiteres Mal abfiel, was 378 an den nicht mehr reparierten Beschädigungen der Schlangenpartien kenntlich ist13. Die erhaltenen, stark verwaschenen Anstückungsflächen mit Verdübelungen unterscheiden sich entsprechend in ihrer groben Machart und dem Verzicht auf die ondulierende Oberfläche von jenen der Erstmontage, die aber noch auf einem Blatt von van Heemskerck und an der wenig später entstandenen Bronzekopie Primaticcios zu sehen ist (Abb. 8)14. Dort erkennt man drei Dübellöcher: Das runde am oberen Rand der Schulter entspricht bekanntlich demjenigen im ›Pollakschen Arm‹; es diente dem Einsetzen eines Eisendübels15, um welchen eine starke Oxidation am Arm und an der Schulter entstanden ist ( Essay 20); die beiden quadratischen Löcher, gestört durch die neuzeitliche L-förmige Vertiefung und an deren Rand gerade noch zu erkennen, dürften hingegen die älteren Befestigungen zur Aufnahme der breiten Bronzedübel überliefern16, die das zweifache Gewicht des Armes mit dem Schlangenkörper ursprünglich hielten17. Die antike Anstückung der hinter dem Rücken hervorkommenden Schlange an ihre Fortsetzung (Block F) wird man in etwa dort vermuten dürfen, wo sie sich noch heute befindet; die Oxidation des Marmors bezeugt, dass auch hier ein antiker Eisendübel zur Reparatur eingesetzt worden war18. Die technisch umständlichste Verbindung besteht zwischen den Blöcken A, B und E, wo das linke Bein Anstückungen und Reparaturen c Abb. 8A-B Originale Oberläche der rechten Schulter des Laokoon. Oben (A): Bronzekopie des Primaticcio, Fontainebleau, Schloss, Gallerie des Cerfs. Unten (B): Maarten van Heemskerck, Laokoon, 1532–35. Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, ms. 79D2 des Laokoon wenig unterhalb des Knies durch eine Schlaufe der Schlange (zu B gehörig) mit dem restlichen Unterschenkel (E) verdübelt ist (Abb. 9. 10). Allerdings gibt es Grund zur Annahme, dass diese durch Oxidation bezeugte Anstückung per Verdübelung aus Eisen (heute durch Kupfer ersetzt)19 anfangs ohne Dübel ausgeführt war, denn auf die überx Abb. 9 Blöcke A und B. Verdübelungen des linken Beins des Laokoon von unten gesehen A x Abb. 10 Blöcke B und E. Verdübelungen des linken Beins des Laokoon von unten gesehen B 379 Die antike Statuengruppe z Abb. 11 Stück G (ursprünglich zu Block C gehörig). Modern überarbeitete Anstückungslächen mit hypothetischer antiker Klammerung aus Bronze Abb. 12 Die Linke Hand des Laokoon (Original und digitales Modell) 380 Anstückungen und Reparaturen Abb. 13 Block C (digitales Modell rechts) mit dem abgefallenen Stück G einander stehenden Stücke wirkten keine Kräfte, die nicht durch die genaue Verfugung der drei Blöcke und den Klebstoff kontrolliert werden konnten. Typisch für die Bildhauer des Laokoon ist abermals die gewölbte Oberläche auf der Ober- und Unterseite des von der Schlange umwundenen Zwischenstückes. Auch hier dürfte der Eisenstift also als Reparatur zu deuten sein, die später den Sprung im Unterschenkel (Block A) verursacht hat. Eine andere Lösung mussten die Bildhauer inden, um den älteren Sohn (Block C) über seinen Arm (G) mit dem linken Arm des Laokoon (Block A) zu verbinden; auch deshalb eine heikle Stelle, da sie durch den komplexen Verlauf der oberen Schlange, die sich hier in mehreren Windungen um die Glieder von Vater und Sohn legt, wesentlich beschwert wird (Abb. 11). Angesichts dieser selbstauferlegten Herausforderung entschied man sich wohl von Beginn an dafür, das Stück G auf der Rückseite an der Schlange oberhalb des Handgelenks des Laokoon zu verklammern, und zwar – darauf lassen die fehlenden Oxidationsspuren schließen – stets per Bronzeklammer (heute Kupfer)20. Um eine solche einzusetzen, musste das Rückteil separat gearbeitet und verdübelt werden, worauf vielleicht noch drei entsprechende Löcher schließen lassen 21. Wie ge- Abb. 14 Links: Originale Anstückungsläche zu Block B, rechts: digitales Modell des älteren Sohnes 381 Die antike Statuengruppe z Abb. 15 Die Unterseiten der Blöcke B (mit dem Reparaturstück F), C und D plausibel damit in Verbindung gebracht werden kann, dass man die anschließende Form und Bewegung des Reptils veränderte25. Mit dem älteren Sohn (Block C) war das Stück G ursprünglich wohl – statisch eher riskant – gemeinsam gearbeitet, weshalb es zusätzlich unterhalb seines Schulterblatts aulag (Abb. 13)26. Die Abwesenheit von Oxidation wirft die Frage auf, ob hier keine antiken Reparaturen durchgeführt werden mussten 27. An einem weiteren Verbindungsstück zwischen dem älteren Sohn und dem Rest der Gruppe (Block A), also der Fortführung der auf dem rechten Oberschenkel des Jungen auliegenden Schlange (Abb. 14), beschränkten sich die Bildhauer darauf, sie mittels einer leicht konkaven und über einen stumpfen Winkel verlaufenden Fläche zu verkleben 28. Es muss sich um eine sehr feine Verfugung gehandelt haben, die mit bloßem Auge kaum – noch weniger, wenn man die einst mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhandene Bemalung mitrechnet – zu erkennen war. Dem Verzicht auf Verdübelung ist es zu verdanken, dass sich diese Fläche, an der sich keine groben Überarbeitungsspuren für Reparaturen oder Ergänzungen beinden, erhalten hat. Wie aber lassen sich die sonst so zahlreichen römischen Reparaturen begründen, die ja keineswegs allesamt einer Phase entstammen müssen? Bevor hierzu Vermutungen geäußert werden, soll zuletzt noch ein kurzer Blick auf die Unterseite der Gruppe geworfen x Abb. 17 Laokoongruppe. Gipsrekonstruktion von Ernesto Vergara Cafarelli z Abb. 16 Die linke Seite der Altarblöcke D und B (mit zwei Ansichten des Reparaturstücks F unten mittig und rechts) fährdet dieser Bereich aufgrund seiner zwischen Vater und Sohn eingekeilten Lage war, ersieht man auch an den vielfach überarbeiteten Anstückungslächen, die es schwer machen, Rückschlüsse auf ihre ursprüngliche Gestalt zu ziehen 22. Dass es auch in der Antike an dieser neuralgischen Stelle zu Beschädigungen kam, zeigt sich jedenfalls an dem ebenfalls neuzeitlich stark gestörten Befund der linken Hand 23 des Laokoon, die mit G über ein angesetztes Schlangenstück per Eisendübel verbunden war (Abb. 12)24. Die neuzeitlichen Veränderungen zielten darauf, den Durchmesser der Schlange kontinuierlich in Richtung des Daumens, der dieser Aktion zum Opfer iel, zu verringern, was 382 Anstückungen und Reparaturen werden (Abb. 15). Dort fällt sofort ins Auge, dass sich die parischen Marmorblöcke (A und C) in ihrer Bearbeitung weitgehend entsprechen, wohingegen der Carrarrablock D ganz andere Werkspuren trägt. Kaum möchte man annehmen, dass die tiefen Schläge mit dem Spitzeisen auf der Unterseite von A und C den ursprünglichen Zustand bezeugen. Womöglich rühren diese Hiebe daher, dass damals die Gruppe von ihrem Untergrund gelöst und an einem neuen Ort aufgestellt wurde29. In der Tat inden sich ähnliche Spuren – allerdings mit einer anderen Schlagrichtung – auch an dem kleinen Reparaturstück (F) auf der linken Seite des Altars, das offensichtlich eine antike Ergänzung ist, die eingefügt wurde, nachdem hier ein Stück ausgebrochen war30. Sehr ähnliche, grobe Schläge scheinen die Außenseite von Block B vorbereitet zu haben, um dieses Stück anzusetzen (Abb. 16). Zudem beinden sich an diesem kleinen Stück, dessen Bearbeitungsspuren eher jenen von Block D ähneln, zwei Dübellöcher, eines auf der Unterseite und eines auf der Rückseite zu Block D hin. Das untere Loch besitzt einen Gusskanal für einen Bleimantel, der einen Eisendübel umgab. Magi war sich nicht schlüssig, was er mit den Dübellöchern anfangen sollte31, überhaupt lieferte er weder eine Datierung noch eine Erklärung für diese Reparatur an der Unterseite von Block B. Nehmen wir den bisherigen Befund ernst, so mag man das Stück hypothetisch als römische Reparatur – womöglich im Kontext einer Umsetzung der Gruppe – interpretieren, die zusätzlich im Untergrund verankert war32; allerdings wäre daraus auch zu folgern, dass es über das zweite Dübelloch mit dem ebenfalls sekundären Block z Abb. 18 Blöcke E und C: Der linke Fuß des Laokoon (links) mit dem kleinen Plinthenrest und die Plinthe des älteren Sohnes (rechts) v Abb. 19A–B Links: Die alte Basis der Laokoongruppe während der Restaurierung durch Magi. Zwischen dem Bein des Laokoon und dem Altar sieht man den kleinen Aufschwung zum Ausgleich der auf unterschiedlichem Niveau liegenden Standlächen; Unten: Die Basis der Laokoongruppe nach der Restaurierung durch Magi. Gut zu sehen ist die Erhöhung des Altars durch eine Gipsschicht (links) sowie die unterschiedlichen Standlächen des linken Fußes des Laokoon und des älteren Sohnes (rechts). x 383 Die antike Statuengruppe D verbunden war, an welchem sich jedoch keinerlei Hinweis auf eine entsprechende Befestigung indet. Man müsste also von zwei unterschiedlichen Wiederinstandsetzungen ausgehen, einer ersten, bei der das kleine Flickstück mit dem Vorgänger von Block D verbunden wurde, und einer zweiten, bei der das ganze Altarrückteil ersetzt werden musste; auch hier kommt in erster Linie eine Umsetzung als Anlass in Frage33. Postuliert man auf der Grundlage des oben dargelegten Befundes nicht wenigstens eine Translozierung der Laokoongruppe, ignoriert man den ersten auf der Hand liegenden Erklärungsversuch. Die starken Beschädigungen des Altarblocks B und der antike Austausch des ursprünglichen Altarhinterteils durch Block D machen die Annahme einer antiken Umsetzung eigentlich unumgänglich, freilich ohne Indizien zum Wann und Wo zu liefern, Fragen, für deren hypothetische Beantwortung hier ohnehin kein Raum ist 34. Die rhodischen Künstler verzichteten womöglich an den Stellen auf Verdübelungen, wo sie nicht durch die Kräftewirkung diktiert wurden, um die Fugen möglichst unsichtbar zu halten und begnügten sich damit, die Teile zu verkleben. Dazu – und zur Festigkeit der Anpassungen – dürften auch die ondulierenden Oberlächen beigetragen haben, die sich dem Auge weniger markant darbieten, als die gerade verlaufenden Fugen späterer Reparaturen. Diesem, durch einen höheren handwerklichen Aufwand erkauften Verzicht ist es zu verdanken, dass sich die ursprünglichen Anstückungslächen fast überall dort, wo die Blöcke wortwörtlich ineinander übergingen, wenigstens partiell erhalten haben und nicht wie die Dübel und Klammern aus Eisen den Stein stark in Mitleidenschaft gezogen haben, wenn die Gruppe bewegt oder auf andere Weise beansprucht wurde. Äußerst geschickt nutzten die Rhodier die Windungen besonders der unteren Schlange, die um das linke Bein des Laokoon und wahrscheinlich auch den rechten Unterarm des jüngeren Sohnes in Form einer Schlaufe derart gelegt wurde, dass die Anstückungslächen der Glieder von keiner Seite einsehbar waren ( Essay 32). Schon hieran zeigt sich, dass wenigstens bei der ersten Aufstellung mit einem Betrachter gerechnet wurde, der die Gruppe umschreiten konnte und wohl auch sollte ( Essay 25). Wie genau wir uns diese Installation zu denken haben, wird sich nicht mehr klären lassen, doch ist nichts weniger wahrscheinlich, als die neuzeitlich museale Präsentation des Meisterwerks, rein frontal und vom Betrachterraum isoliert auf hohem Podest. Schon Vergara Caffarelli hob auf der Grundlage seiner Beobachtungen durch eine Drehung um 9° im Uhrzeigersinn den Altar sichtlich von der Basis ab, die er – sicher 384 etwas zu optimistisch bezugnehmend auf den Handlungsort vor Troja – als unebenen Sandstrand rekonstruierte (Abb. 17)35. Damit war aber tendenziell das Richtige getroffen, wenn auch die Plinthe des älteren Sohnes nicht auf eine speziische Oberlächengestaltung schließen lässt36. Ein deutlicheres Indiz für den Einbau in eine Kunst-Landschaft mit unregelmäßigem Untergrund mag der Umstand liefern, dass sich die Standlächen des linken Fußes des Laokoon und die des älteren Sohnes nach der Restaurierung auf unterschiedlichen Höhen befanden und zudem wenig tiefer als der Altar liegen (Abb. 18), wodurch sich der seltsame Aufschwung der früheren Basis erklärt (Abb. 19A–B)37. Der ältere Sohn des Laokoon beindet sich somit auf der Schwelle zwischen dem Raum des Betrachters und jenem des Bildwerks, was motivisch auch darin zum Ausdruck kommt, dass er – relativ unbedrängt von der Schlange – auf dieses zurückblickt 38 ( Essay 22). Der in der Laokoongruppe omnipräsente Materialdiskurs – bei Plinius in Gestalt des Prädikats ex uno lapide aufscheinend und daher ohne Zweifel von rezeptionsästhetischer Bedeutung für den antiken Betrachter – ist logischerweise bis ins Detail der Verdübelungen und Anstückungslächen dem Werkprozess eingeschrieben und verkompliziert ihn, auch aufgrund der relativ kleinen Blockformate, noch zusätzlich. So wirkt der kleine Steg (Abb. 13), der die rechte Hand des älteren Sohnes an einer besonders exponierten Stelle stützt, vergleichsweise abkömmlich, geradezu wie eine absichtliche Pointe, die den Betrachter dazu auffordert, sich von den Bildhauern der scheinbar monolithischen Gruppe hinters Licht führen zu lassen. Dass die Fugen auch durch die (auf den Hautpartien eher dezente) Bemalung des Steins überspielt wurden, bleibt eine legitime Vermutung39 ( Essay 23). Anmerkungen 1 2 3 Magi 1960. Ausschlaggebend für die detaillierte Aufarbeitung war der Fund des rechten Armes des Laokoon im Jahr 1903, der nach einer schleppend anlaufenden Diskussion schließlich unter dem Einluss der Gipsrekonstruktion von Vergara Caffarelli 1954 zu dem Entschluss führte, den Arm dem Original anzusetzen. Die neuzeitlichen Ergänzungen sind ausführlich beschrieben bei Amelung 1908, 181ff. Die Zählung der Einzelteile folgt derjenigen, die in den Essays 5 und 23 gewählt wurde. Magi 1960, passim und bes. 33: »Si è visto che il gruppo, contrariamente all’afermazione di Plinio il Vecchio, non è costituito «ex uno lapide» ma di ben sette pezzi, se non forse di più, ma si è anche visto come le varie parti siano state intelligentemente individuate sì che nel commetterle assieme le commettiture venissero ad essere abilmente nascoste. Non solo, ma come queste commettiture siano quasi tutte d’un tipo che potremmo chiamare concavoconvesso a supericie ondulata: cioè l’una parte entra Anstückungen und Reparaturen 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 leggermente nell’altra e si adatta in modo da non girarvi dentro, di maniera che il combaciamento possibile è uno e uno solo. Il che permette tale aderenza che ove i pezzi siano sovrapposti o anche semplicemente accostati non v’è bisogno di perni per tenerli uniti, ma al massimo di un po’ di colla di calce (di cui infatti si è ritrovata qualche traccia)«. Magi 1960, 16. Auch scheinen die beiden quadratischen Dübellöcher nicht exakt übereinander zu sitzen, was als weiterer Hinweis auf die ungenaue Ausführung dieser Reparatur zu werten sein dürfte. Zum Sturz auf dem Moncenisio s. Magi 1960, 11. 16; Rebaudo 2007, 75f. Die Teile wurden daraufhin durch Kupferdübel neu verbunden (s. Abb. 1), diese durch Berti entnommen und durch neue Kupferdübel ersetzt: Magi 1960, 11. 16. Bei Magi 1960, 21 heißt es, mindestens zwei der drei Klammern seien römisch, im Fall der mittleren war sich Magi unsicher, da er wohl mit der Möglichkeit rechnete, dass der Altar nach dem Sturz vom Wagen erneut horizontal verklammert worden sei. Sie wurden entnommen und durch Kupferklammern ersetzt. Die Oberläche ist stark neuzeitlich überarbeitet, es inden sich aber darunter noch wenige typische Spuren des antiken Werkzeuges. Magi 1960, 17. Ähnlich gearbeitet haben die Bildhauer die verdübelte Kalotte des Steuermannes der Skyllagruppe von Sperlonga, die zusammen mit der Hand der Skylla gearbeitet war. Die dortige Anstückungsläche ist jedoch sehr viel einfacher vorbereitet, gerade und weniger fein geglättet. Conticello 1974, Abb. 24; Andreae 1988, 83f. So erscheint der Armansatz in der Tat in dem gemeinhin als zuverlässig bewerteten Stich von Marco Dente aus der Zeit zwischen 1522 und 1525. Allerdings ist die neuzeitliche Überlieferung hier wie in so vielen anderen Details der Gruppe widersprüchlich: Die Bronzekopie des Primaticcio von ca. 1540 zeigt einen gerade endenden Stumpf des Armes wenig oberhalb der Schlangenwindung; auf anderen frühen Darstellungen (Béatrizet, Da Brescia, anonyme Tintenzeichnung Düsseldorf (siehe Essay 6) sieht man dagegen einen Bruch auf derselben Höhe, wenn nicht sogar wenig darunter. Das ovale Stück ist fein geglättet und wurde dort offensichtlich ohne Verdübelung angesetzt, also nur geklebt; dennoch scheint mir der Vorschlag von Magi 1960, 22, es handele sich um eine ursprüngliche Anstückung, kaum plausibel. Pollak 1905, 278 (allerdings bezüglich der irrtümlich postulierten kleineren Kopie); Vergara Caffarelli 1954, 36; Magi 1960, 21f. Anders Rebaudo 2007, 48, der meint, diese Oberläche sei für den Terrakotta-Arm des Montorsoli hergerichtet worden, für dessen Montage daher auch die im Folgenden besprochenen quadratischen Dübellöcher angebracht worden seien. M. E. gibt es keinen Anlass, vor der Zerstörung dieser Oberläche durch das L-fömige Loch zur Aufnahme des bossierten Michelangelo-Armes neue Dübellöcher zu fordern, da es bereits mindestens drei antike gab, die man weiternutzen konnte, ohne die Schulter weiter zu gefährden. Noch weniger am Befund orientiert ist die Verbindung des runden Loches mit einer Ergänzung des 18. Jahrhunderts, die dort (s. seine Abb. 17) ebenfalls vorgebracht wird. Pollak selbst spricht irrtümlich von einem Bronzedübel (anhand der Fotograie in seinem Artikel nicht zu klären), obschon er die Oxidationsspuren auf der Schulter des Laokoon bemerkte; Vergara Caffarelli 1954, 36 bemerkt die rötliche Oxidation, Magi 1960, 21 spricht klar von Eisendübeln, die von ihm entfernt worden seien, und bringt auch die Oxidation mit ihnen in Verbindung. Womöglich führten gerade die Eisendübel, die nicht mit Bleimänteln versehen wurden, die Zerstörung des Armes herbei. S. Magi 1960, 14. 21f., der bezüglich dieser Dübel vermutete, sie seien ebenfalls aus Eisen gewesen und aufgrund von Oxidation verantwortlich für die Zerstörung des Armes. Magi rechnete also auch bei der Erstmontage mit dem Einsatz von Eisendübeln. Hierin mag auch der Grund dafür gesucht werden, dass man (bis zur Wiederanbringung des nun sehr viel leichteren ›Pollakschen Armes‹ durch Magi und Berti) nie wieder einen steinernen Arm als Ergänzung anbrachte, da man fürchtete, das Gewicht mit der Schlange könne diese Stelle weiter beschädigen. 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Im Gegensatz zu Magi 1960, 14 halte ich die Anstückungsläche aber eher nicht für die ursprüngliche, womöglich sogar gänzlich für neuzeitlich überarbeitet, auch deshalb, da sie kaum so schadlos das wiederholte Abfallen von Block H überstanden haben kann. Bezüglich der ursprünglichen Befestigung wäre zudem zu vermuten, dass auf eine Verdübelung verzichtet wurde. Magi 1960, 22. Den Kupferdübel hat Berti anstelle der sehr ungenauen Bleivorrichtung installiert, die wohl im 19. Jahrhundert angebracht wurde und durch die sieben kleinen Punktbohrungen zusätzlichen gehalten werden sollte, so wie es auch unter dem linken Fuß des Laokoon zu beobachten ist (ebenfalls sieben kleine, gebohrte Löcher). An der bestoßenen und unregelmäßigen Bettung erkennt man, dass hier mehrmals eine Klammer eingesetzt wurde; dies erkannte schon Vergara Caffarelli 1954, 46f., der die leichte Abweichung der neuzeitlichen Klammer aus der Bettung der antiken damit erklärt, dass der ältere Sohn völlig frontal ausgerichtet werden sollte. Magi nahm die neuzeitliche Kupferklammer bei der Restaurierung aus ihrer Bettung und richtete den Sohn entsprechend neu aus: Magi 1960, 20. Bei Amelung 1908, 183 fälschlich als Eisenklammer bezeichnet. Diese Dübellöcher seien laut Magi 1960, 20 für das (damals schon seit längerem verlorene) neuzeitliche Rückteil angebracht worden; damit klärte Magi aber nicht, wie das entsprechende Stück in der Antike befestigt war. Sicher neuzeitlich ist schließlich die aufgeraute Oberläche zur Klebung des ergänzten Rückteils, das, sofern aus Gips, vielleicht gar nicht verdübelt war. Aufgrund der fehlenden Hinweise auf eine antike Reparatur mittels einer Eisenklammer könnte man erwägen, dass die antike Bronzeklammer mehrmals neu eingesetzt wurde. Die ganze Hand ist neuzeitlich per verbleitem Metalldübel neu angesetzt worden: Magi 1960, 17. Womöglich ist sie mit dem gesamten linken Oberschenkel des Laokoon, mit dem sie über einen puntello (s. Anm. u.) verbunden war, beim Sturz auf dem Moncenisio abgebrochen; zum Vorschlag eines früheren und bewusst vorgenommenen Eingriffs, siehe hier Essay 6. Neuzeitlich durch Kupferdübel ersetzt. Ausnahmsweise machte man sich hier die Mühe, den Eisendübel sorgfältig über einen Gusskanal mit Blei zu ummanteln. Magi 1960, 16. Magi 1960, 16f. Dabei musste man den kleinen puntello stehenlassen und als solchen sichtbar machen, während vormals der Daumen (und der Schlangenköper?) die stabilisierende Verbindung zum Oberschenkel bildete. Zur rekonstruierten Bewegung der Schlange und der Frage nach der Lokalisierung ihres Kopfes, siehe Essay 20. Magi 1960, 20 ging hiervon offensichtlich aus, denn es wird nicht gesondert unter seinen sieben Stücken aufgeführt; einschränkend muss aber gesagt werden, dass die Zerstörung des Armes und die hier besonders starken neuzeitlichen Überarbeitungen eine Beurteilung sehr erschweren, was womöglich auch der Grund für Magis Zurückhaltung bezüglich dieses Stückes war. Er beschränkte sich dort auf folgende Bemerkung: »È da aggiungere che il groviglio di serpente attorno al braccio destro del iglio maggiore, rotto (ig. 16) e riattaccato in due parti, presentava nella riattaccatura di età moderna un’eccessiva quantità di mistura forte che ne alterava sensibilmente la posizione; la quale è stata ritrovata con esattezza nel nuovo issaggio con Sintolit«. Zur relativen Unsicherheit Magis bezüglich der ursprünglichen Anzahl der Blöcke vgl. oben Anm. 2. Bei Magi 1960, 20, der sonst akribisch die Oxidationsspuren notiert, indet sich kein Hinweis auf die Präsenz von Eisendübeln. Angesichts der starken neuzeitlichen Überarbeitungen ist der Befund in diesem Bereich aber wie gesagt besonders unsicher (s. die Fotograien auf Tafel 31 sowie die Abb. 16 bei Magi). Es ist also eine ganz ähnliche Anstückungsläche wie die der Kalotte des jüngeren Sohnes, die freilich verdübelt war, da sie ganz anderen Kräften ausgesetzt war (s.o.). Etwa durch das Abschlagen der Mörtelbettung. Magi 1960, 19 hielt diese Meißelspuren für neuzeitlich. Während die Schläge mit dem Spitzeisen auf Block A quer gehen (man meint den Gang des Steinmetzes um den Block verfolgen zu können), verlaufen sie an dem Reparaturstück dazu um 90° versetzt; zudem inden sich im vorderen Bereich (neuzeitli- 385 Die antike Statuengruppe 31 32 33 34 35 36 37 38 39 che?) Flacheisenspuren, die nicht mit der Stelle jenseits des Übergangs zu Block B korrespondieren. So weit mir bekannt, wurde der Stein des Flickstücks nie beprobt, laut Magi 1960, 22 handelt es sich um griechischen Marmor. Schwer nachvollziehbar erscheint mir die These von Magi 1960, 9f., dem Altar seien frühneuzeitlich unten wenige Zentimeter abgesägt worden (s.u. Anm. 36). Magi 1960, 22: »può risalire al Cinquecento«. Die doppelte Verdübelung des kleinen Reparaturstücks an den Untergrund und das Rückteil ist nur durchführbar, wenn der gesamte Altar demontiert wird. Auch die Tatsache, dass die leichte Beschädigung am linken Rand der obersten Altarstufe sich nicht über die Fuge zu Block D hin fortsetzt, stützt diese Vermutung. Zur Frage nach dem ursprünglichen Aufstellungsort und möglichen sekundären Aufstellungen in der Antike siehe Essay 25. 29. Vergara Caffarelli 1954, 57ff. mit Abb. 41–47 (Zitat S. 58); Magi 1960, 10. Ich möchte die Möglichkeit nicht ausschließen, dass Basis und Plinthen bei einer Aufstellung im Freien durch Sand oder Kies bedeckt waren, die Gruppe also völlig ebenerdig stand. Vergara Caffarelli 1954, 57f.; Magi 1960, 9f. begründete dies wenig plausibel damit, dass der untere Teil der Blöcke B und D im 15. Jahrhundert abgesägt worden sei, ohne zu klären, weshalb ein so gravierender Eingriff stattgefunden habe (s. Essay 6). Die sehr uneinheitlichen Bearbeitungsspuren der unregelmäßig verlaufenden Blockunterseiten (Abb. 15) scheinen gegen diese Theorie zu sprechen. Wahrscheinlicher ist, dass es sich gerade andersherum verhält: Angesichts desselben Problems entschied man sich im Fall der Bronzekopie dazu, den Ausgleich der Differenz durch eine leichte Erhöhung der unteren Altarstufe herbeizuführen, exakt jene Lösung, die Magi selbst (in Form der Gipsschicht unterhalb der Altarblöcke, Abb. 19) am Original wiederholte. Das Problem scheint auch der bei Da Brescia überlieferten, provisorischen Aufstellung zugrunde zu liegen, wo Holzkeile die entsprechenden Differenzen ausgleichen. Die Ähnlichkeit zum sog. Weinschlauchträger der Polyphemgruppe von Sperlonga – auch er ein Betrachter im Bild – wurde schon mehrfach beobachtet. Zu derartigen Betrachteriguren in der späthellenistischen Kunst Kunze 1996, 215; Kunze 2002, 55f. 207f. 215 mit Anm. 1238. 219; Muth 2005, 91. Dazu siehe hier Essay 23. 26. Vergara Caffarelli 1954, 64f. und Magi 1960, 55 Anm. 11. Ausführlich Queyrel 2003, vgl. Queyrel 2016, 51. 386