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Erfahrungshaftigkeit als Attraktivitätspotential narrativer Formen

Erfahrungshaftigkeit als Attraktivitätspotential narrativer Formen Evolutionäre Argumente für ein Primat der erfahrungshaften Medienrezeption Felix Frey Geschichten sind überall – dieses stark strapazierte Diktum 1 bezieht sich inzwischen nicht mehr nur auf die eigentlich gemeinte Objektebene, meint also nicht mehr nur die Verbreitung und zentrale Stellung von Geschichten und damit des Geschichtenerzählens und -rezipierens im Alltag und Leben von Menschen aller Kulturen, sondern gilt inzwischen auch und vielleicht sogar vor allem für die Ebene der wissenschaftlichen Beobachtung. Im Zuge eines inzwischen als narrative oder auch narrativist turn bezeichneten Bedeutungsgewinns des Konzeptes des Narrativen innerhalb der Kultur- und Sozialwissenschaften erweiterte sich das Inventar der als ‚narrativ’ charakterisierten Phänomene in den vergangenen Jahrzehnten weit über die Sphäre des Literarischen hinaus, zunächst auf den Bereich der nicht-literarischen Texte und Diskurse, beispielsweise auf Sachtexte bzw. mündliches Erzählen im kommunikativen Alltag und in spezifischen, beispielsweise therapeutischen, Anwendungskontexten. Dann, im Gefolge des sich erweiternden Textbegriffs außerdem auf symbolische Ausdrucksformen nicht-sprachlicher Natur, wie Musik und Bildende Künste, und schließlich sogar auf nichtsymbolische und -symbolvermittelte Phänomene, bis hin zu Behauptungen der narrativen Qualität mentaler Operationen, aber auch des menschlichen Handelns und gar des Lebens insgesamt. 2 Dieses anschwellende Korpus der als ‚narrativ’ klassifizierten Phänomene wurde zudem nicht mehr nur auf traditionelle hermeneutische und erzähltheoretische Fragestellungen hin untersucht, sondern zunehmend auch in epistemologischer und ontologischer, psychologischer, ethischer, ideologischer und politologischer Perspektive. Mit diesen Entwicklungen einhergehend nahmen sich im Lauf der vergangenen Jahre immer mehr wissenschaftliche Disziplinen mit ihren je unterschiedlichen Erkenntnisinteressen und methodischen Herangehensweisen der Untersuchung narrativer Phänomene an. Auch die Kommunikationswissenschaft interessiert sich in letzter Zeit in zunehmendem Maße für narrative Formen der Kommunikation, vor allem deshalb, weil diese in zentralen Untersuchungsfeldern kommunikationswissenschaftlicher Forschung immer mehr an Bedeutung gewinnen: Bei Praktikern im 1 Vgl. z.B. Toolan, Michael: Narrative. A critical linguistic introduction. 2. Aufl. London: Routledge 2001, S. viii. 2 Vgl. zu dieser Entwicklung zuletzt Kreiswirth, Martin: Merely telling stories? Narrative and knowledge in the human sciences. In: Poetics Today 21, 2000, H. 2, S. 294ff.; Wolf, Werner: Das Problem der Narrativität in Literatur, bildender Kunst und Musik. Ein Beitrag zu einer intermedialen Erzähltheorie. In: Erzähltheorie transgenerisch, intermedial, interdisziplinär. Hrsg. von Vera Nünning/Ansgar Nünning. Trier: WVT 2002, S. 23–104. 1 Bereich des Journalismus und der Organisationskommunikation stehen narrative Kommunikationsformen und daraus abgeleitete Kommunikations- und Managementstrategien wie ‚Story-Telling’, ‚Story-Dealing’, ‚Storitising’ und Ähnliches mehr hoch im Kurs. 3 Ratgeberliteratur, Lehrbücher und Institutionen an der Schnittstelle von Wissenschaft, Beratung und Praxis propagieren dramaturgische Kompositionsprinzipien, lebendig-anschaulichen Detailreichtum und die Personalisierung abstrakter Zusammenhänge durch Fokussierung auf menschliches Handeln und Fühlen – mit anderen Worten, das Erzählen von Geschichten – um dem Publikum journalistische bzw. marketingrelevante Botschaften schmackhaft zu machen. „Menschen nehmen Informationen am liebsten in Form von Geschichten auf“ 4 , so lautet das Credo, in dem sich die größte Hoffnung ausdrückt, die mit dem Einsatz narrativer Elemente und Strategien verbunden wird: Zwar werden Botschaften in Form von Geschichten auch als verständlicher, einprägsamer, emotional berührender, spannender und unterhaltsamer, sowie stärker persuasiv wirksam als nicht-narrative Kommunikationsformen erachtet. Der stärkste Impetus für ihre Verwendung jedoch dürfte aus der Erwartung resultieren, daraus Vorteile im sich verschärfenden Konkurrenzkampf um die begrenzte Aufmerksamkeit der jeweiligen Adressaten ziehen zu können und im Falle journalistischer Medien Verlusten an Reichweiten und Marktanteilen zu entgehen bzw. im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit PR-Botschaften besser bei deren Zielgruppen unterbringen zu können. Kommunikaten in narrativer Form wird von Seiten vieler professioneller Kommunikatoren also v.a. eine höhere Attraktivität für den Rezipienten zugeschrieben als etwa drögen Nachrichten und Pressemeldungen nach dem Muster der ‚umgekehrten Pyramide’, die dem Rezipienten die Auflösung vor dem Rätsel präsentieren, oder faktengesättigte Geschäftsberichte und zahlenstrotzende Imagebroschüren ohne mitreißende Unternehmens-‚Story’. Geschichten erzählen heißt also das Rezept, um sauren Informationsrhabarber genießbar zu machen, oder mit den Worten des Pulitzerpreisträgers Rick Bragg: „A little bit of narrative, like sugar, makes everything better!“ 5 . 3 Vgl. als Beispiele für entsprechende praxisnahe Publikationen und Strategien in Journalismus und (Kommunikations-)Management Franklin, Jon: Writing for story. Craft secrets of dramatic nonfiction by a two-time Pulitzer Prize winner. New York: New American Library 1987; Raiteri, Charles: Writing for broadcast news. A storytelling approach to crafting TV and radio news reports. Lanham, MD: Rowman & Littlefield 2006; Herbst, Dieter: Storytelling. Konstanz: UVK 2008; Posner-Landsch, Marlene: Story Telling – Story Selling. Märchen und Märchenerzähler in der Wirtschaft. Köln: Halem 2007; Simoudis, Georgios: Storytising. Geschichten als Instrument erfolgreicher Markenführung. Groß-Umstadt: Sehnert 2004. Allerdings werden ‚narrativistische’ Tendenzen v.a. im Bereich des Journalismus vor dem Hintergrund demokratietheoretischer und epistemologischer Erwägungen inzwischen auch kritisiert. Vgl. z.B. Köhler, Sebastian: Story und History. Eine Kritik der narrativistischen Tendenz fernseh-aktueller Krisen- und Kriegsvermittlung. In: War Visions. Bildkommunikation und Krieg. Hrsg. von Thomas Knieper/Marion G. Müller. Köln: Halem 2005, S. 321–330. 4 Heussen, Gregor Alexander: Eine Geschichte eben. Erzählende Formen. In: ABC des Fernsehens. Hrsg. von Ruth Blaes/dems. Konstanz: UVK 1997, S. 264. 5 Bragg, Rick: Weaving storytelling into breaking news. ‚A little bit of narrative, like sugar, just makes everything better.’ In: Nieman Reports 54, 2000, H. 3, S. 30. 2 Diese Annahme einer besonderen Attraktivität narrativer Formen ist auch im wissenschaftlichen Bereich durchaus verbreitet, wird zudem im Regelfall weitgehend unhinterfragt als Faktum präsentiert und geradezu als Prämisse akzeptiert. 6 Dass diese Prämisse jedoch gegenwärtig nicht durch den empirischen Forschungsstand gedeckt wird, wie außerdem das Alltagskonzept ‚Attraktivität’ exakter und ausführlicher expliziert werden könnte und worin seine Relevanz auch für die akademische Forschung, genauer: die empirische Medienrezeptionsforschung, besteht, werde ich im folgenden Abschnitt aufzeigen. Anschließend möchte ich die Qualität der ‚Erfahrungshaftigkeit’ oder Experientialität als eines der möglicherweise grundlegenden Charakteristika narrativer Kommunikation beschreiben und als Rezeptionsmodalität konzeptualisieren. Und schließlich möchte ich einige evolutionspsychologische Argumente für die Annahme vorstellen, dass mit dieser Erfahrungshaftigkeit auch eines der grundlegenden Attraktivitätspotentiale narrativer Formate identifiziert sein könnte. 7 Zur behaupteten Attraktivität narrativer Kommunikationsformen Wie bereits angedeutet ist die Attraktivität von Medienbotschaften und Strategien zu deren Steigerung offenkundig von großer, nicht zuletzt ökonomischer Bedeutung für professionelle Kommunikatoren jeglicher Couleur. Allerdings sind mit der Frage der Anziehungskraft von Kommunikaten für Rezipienten auch zwei der zentralen Explananda der akademischen Mediennutzungs- und Medienwirkungsforschung berührt: das Problem der Selektion von Medienangeboten durch den Rezipienten und die Frage der psychologischen Qualität der Interaktion mit diesen Kommunikaten während der Rezeption. Mit dem Konzept der Attraktivität wird also von der Seite des Medienangebots her diejenige ‚Kraft’ begrifflich zu fassen versucht, die dafür verantwortlich ist, dass sich Menschen erstens in einer Situation nicht nur überhaupt für die Beschäftigung mit Medien und nicht etwa für einen Spaziergang oder andere Alternativbeschäftigungen entscheiden, sondern zudem für ein bestimmtes aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Medienangebote, und dass sie zweitens in die Rezeption einiger Medienangebote mehr kognitive Ressourcen investieren als in anderen Fällen. Die Relevanz 6 Vgl. z.B. Scalise Sugiyama, Michelle: Food, foragers and folklore. In: Evolution and Human Behavior 22, 2001, S. 223; Dow, James W.: The evolution of knowledge systems: Narrative knowledge versus scientific knowledge. Unveröff. Manuskript. Rochester: Oakland Univ. 2006.; Glaser, Manuela/Garsoffky, Bärbel/Schwan, Stephan: Narrative-based learning: Possible benefits and problems. In: Communications 34, 2009, S. 429; Steen, Francis F.: The paradox of narrative thinking. In: Journal of Cultural and Evolutionary Psychology 3, 2005, H. 1, S. 87–105. 7 Die Begriffe ‚Erzählen’ und ‚Storytelling’ werde ich im Folgenden als Bezeichnungen für die Aktivität des Hervorbringens narrativer Kommunikate, die Begriffe ‚Geschichte’, ‚Story’, ‚Erzählung’, ‚narrative/erzählende Formen’, ‚Formate’ bzw. ‚Botschaften’ u.Ä. als Bezeichnungen für diese Kommunikate verwenden und dabei die für den vorliegenden Zusammenhang wenig relevanten, weitergehenden Differenzierungen dieser Begriffe als erzähltheoretische Fachtermini vernachlässigen. 3 der Medienselektion als Forschungsproblem dürfte recht offensichtlich sein, aber auch die Frage der Qualität und Intensität der bei der Rezeption eines Medienangebots ablaufenden psychischen Prozesse beschäftigt die Medienrezeptionsforschung, nicht zuletzt deshalb, weil diese Prozesse ihrerseits die weitergehenden Wirkungen dieser Rezeption im kognitiven, emotionalen und evaluativen Bereich hinsichtlich ihrer Art und Intensität modifizieren. Wie aber lässt sich der bisher in seiner Alltagsbedeutung, im Sinne seines deutschen Pendants ‚Anziehungskraft’ verwendete Begriff ‚Attraktivität’ zu einem tauglichen wissenschaftlichen Terminus explizieren? Mit dem Begriff soll – eine erste Annäherung – diejenige Entität begrifflich erfasst werden, welche die unterschiedlich stark ausgeprägte Neigung von Individuen bedingt, sich in bestimmten Situationen mit bestimmten Objekten (beispielsweise Kommunikaten) zu beschäftigen, wobei diese Entität als Eigenschaft dieser Objekte interpretiert wird: Wenn wir von einem Objekt aussagen, dass es für uns ‚attraktiv’ ist, wollen wir damit ausdrücken, dass wir die Neigung verspüren, uns diesem Objekt zuzuwenden und uns mit ihm zu beschäftigen und wenn wir es als ‚attraktiver’ als andere bezeichnen, dass diese Neigung bei diesem bestimmten Objekt stärker ist als bei den anderen. Psychologisch gewendet lässt sich die Konstellation als Entscheidungssituation beschreiben und mit den Konzepten der Entscheidungspsychologie modellieren: Die Zuwendung zu einem (bestimmten) Medienangebot ist nichts anderes als die Auswahl einer Handlungsoption aus dem Universum subjektiv wahrgenommener Optionen. Damit lässt sich die Frage nach der Attraktivität von Objekten umformulieren zur Frage nach derjenigen psychologischen Größe, die diese Auswahlentscheidung bedingt. Die Entscheidungspsychologie beantwortet diese Frage mit dem Konzept des antizipierten subjektiven Wertes der zur Verfügung stehenden Optionen und der Konsequenzen ihrer Auswahl. Wir können ‚Attraktivität’ bezogen auf die Rezeption von Medienangeboten bzw. Kommunikaten also definieren als den antizipierten subjektiven Wert (oder auch Vorhersagenutzen), den eine Person der Rezeption eines Medienangebotes zumisst. 8 Die Attraktivität einer Handlungsoption resultiert damit aus einem Bewertungsprozess durch das Individuum vor dem Hintergrund seiner situativ aktuellen Handlungsziele. Je höher die situative Priorität der Handlungsziele ist, die das Subjekt durch eine Handlungsoption realisieren zu können antizipiert und je effizienter diese Option dieses Ziel zu verwirklichen verspricht, desto attraktiver ist die Handlungsoption im Vergleich zu anderen. Weder dieser Bewertungsprozess noch sein Resultat müssen ‚rational’ ablaufen oder dem Individuum bewusst sein, 8 Vgl. zur Herleitung und Begründung dieser Definition, sowie der ausführlicheren Modellierung des Bewertungsprozesses Frey, Felix: Erzählung und menschliches Handeln. Narrative Medienangebote und ihr Attraktivitäts- und Verständlichkeitspotential. Marburg: Tectum-Verl. 2009, S. 13ff. Vgl. auch Hartmann, Tilo: Die Selektion unterhaltsamer Medienangebote am Beispiel von Computerspielen. Köln: von Halem 2006, S. 130f. 4 zudem erfassen die Begriffe ‚Nutzen’ oder ‚Wert’ gleichermaßen sachlich-instrumentelle (extrinsische) wie erlebensbezogen-affektive (intrinsische) Komponenten. 9 Die Frage der relativen Attraktivität der Rezeption narrativer und nicht-narrativer Kommunikationsformate wäre also nicht nur von praktischer und grundlagenwissenschaftlicher Relevanz, sie könnte zudem empirisch beantwortet werden. 10 Allerdings liegen bislang nur wenige empirische Studien zu dieser Fragestellung vor, die zudem uneindeutige Ergebnisse liefern. Der Mangel an Studien dürfte zum einen der vorwiegend nicht-empirischen Ausrichtung einiger der an dieser Diskussion beteiligten wissenschaftlichen Disziplinen (insbes. der Literaturwissenschaften) geschuldet sein, zum anderen der Einordnung dieser Frage als durch Plausibilität und anekdotische Erfahrungen ausreichend geklärt, vor allem aber beträchtlichen theoretischen und methodischen Problemen: Schon die theoretische Unterscheidung zwischen narrativen und nicht-narrativen Kommunikationsformaten bereitet aufgrund ungeklärter Definitionsfragen Schwierigkeiten. 11 Diese terminologischen Schwierigkeiten pflanzen sich bis in die Konzeption empirischer Untersuchungen hinein fort, weil dort begründete Kriterien für die Auswahl bzw. Erstellung der in diesen empirischen Untersuchungen zu verwendenden Materialien fehlen. Zudem erweist sich ein zentrales Problem jeglicher experimenteller Untersuchungen bei der experimentellen Gegenüberstellung narrativer und nicht-narrativer (meist argumentativer oder expositorischer) Kommunikationsformen als besonders diffizil: Wie können für experimentelle Untersuchungen Stimuli, etwa in Form schriftlicher Texte oder audiovisuellen Materials, ausgewählt oder hergestellt werden, die sich außer in den für die Unterscheidung narrativ vs. nichtnarrativ als wesentlich erachteten Merkmalen nicht auch noch in ihrem Thema, Inhalt, Vokabular, ihrer Komplexität, ästhetischen Qualität und in weiteren möglicherweise attraktivätsrelevanten Eigenschaften unterscheiden? Das damit angesprochene Problem der internen Validität empirischer Untersuchungen könnte auch mitverantwortlich dafür sein, dass die vergleichsweise wenigen mir bekannten empirischen Studien zu insgesamt uneindeutigen Ergebnissen gelangen: So fanden Fernald sowie Halkia und Mantzouridis in zwei eher explorativ angelegten Studien Indizien für 9 Die in der Entscheidungspsychologie vorgenommene Differenzierung zwischen ‚Wert’ und ‚Nutzen’, je nachdem, ob die Konsequenzen der Auswahl sicher oder unsicher sind, vernachlässigen wir für den vorliegenden Zusammenhang. Vgl. zu den Konzepten der Entscheidungspsychologie einschließlich der diversen Unterscheidungen innerhalb des Nutzenbegriffs im Jungermann, Helmut/Pfister, Hans-Rüdiger/Fischer, Katrin: Die Psychologie der Entscheidung. Eine Einführung. Heidelberg u.a.: Spektrum Akad.-Verl. 1998, S. 55ff. 10 Im Folgenden, wie im Beitrag insgesamt, wird ausschließlich die (angenommene) Attraktivität narrativer Kommunikation für den Rezipienten betrachtet. Ausgeblendet bleibt also die mögliche Attraktivität des Geschichtenerzählens für den Erzähler bzw. Produzenten. 11 Vgl. Georgakopoulou, Alexandra/Goutsos, Dionysis: Revisiting discourse boundaries: The narrative and nonnarrative modes. In: Text 20, 2000, H. 1, S. 66f. und Wolf, Problem. 2002, S. 28. S. auch den folgenden Abschnitt. 5 eine Präferenz narrativer Lehrmittel unter Schülern und Studenten. 12 Demgegenüber wurden in einer Untersuchung von Kelly und Kollegen narrative Nachrichtenbeiträge als weniger interessant beurteilt als traditionell gestaltete, Pappas beobachtete bei Schülern eine Präferenz für expositorische Sachbücher (engl. information books) ggü. narrativer Lektüre (story books) und Kamil stellte fest, dass zwar in einer Schulbibliothek mehr story books als information books ausgeliehen wurden, in einer Stadtteilbibliothek jedoch die Ausleihe von information books überwog. Cervetti und Kollegen wiederum konnten bei einer Gegenüberstellung von narrativen und informationellen Texten zum selben Thema keine klaren Präferenzen für eine der beiden Textsorten unter Dritt- und Viertklässlern ausmachen.13 Abschließend beantworten können wir die Frage nach der relativen Attraktivität unterschiedlicher Textsorten und Kommunikationsformen derzeit also keinesfalls, weder in die eine noch die andere Richtung. Immerhin aber kann festgehalten werden, dass die oftmals im Brustton der tiefsten Überzeugung vorgebrachte Annahme einer kontextunabhängigen Präferenz des Menschen für narrative Kommunikationsformen momentan nur eine privatempirisch plausible Hypothese ist, die noch des empirischen Nachweises bedarf. Erfahrungshaftigkeit der Rezeption als Charakteristikum narrativer Kommunikation Bereits bei dem Versuch, den Mangel an empirischen Studien in diesem Bereich zu erklären, war eine beträchtliche Komplikation bei der theoretischen wie empirischen Beschäftigung mit dem Untersuchungsgegenstand Narration bzw. Narrativität zur Sprache gekommen: Nicht nur in denjenigen wissenschaftlichen Disziplinen, die sich empirisch mit der Rezeption und Wirkung narrativer Kommunikate befassen, herrscht bei einem zugleich gering ausgeprägten Problembewusstsein Uneinigkeit darüber, was denn im Einzelnen unter den Begriffen ‚narrativ’, ‚Narration’, ‚Narrativität’, ‚Geschichte’, ‚Erzählung’ bzw. ‚Erzählen’ zu verstehen sei; auch in den Literatur- und Sprachwissenschaften als den für dieses Material- und Formalob12 Vgl. Fernald, L. Dodge: Tales in a textbook. Learning in the traditional and narrative modes. In: Teaching of Psychology 16, 1989, H. 3, S. 121–124; Halkia, Krystallia/Mantzouridis, Dimitris: Students’ views and attitudes towards the communication code used in press articles about science. In: International Journal of Science Education 27, 2005, H. 12, S. 1395–1411. 13 Vgl. Kelly, Jean/Knight, Jan/Peck, Lee Anne/Reel, Guy: Straight/narrative? Writing style changes reader's perceptions of story quality. In: Newspaper Research Journal 24, 2003, H. 4, S. 118–122; Pappas, Christine: Is narrative 'primary'? Some insights from kindergartners’ pretend readings of stories and information books. In: Journal of Reading Behavior 25, 1993, S. 97–129; Kamil, Michael L.: Matches between reading instruction and reading task demands. Manuskript, vorgestellt auf der American Educational Research Association Conference. New Orleans, LA: 1994, zit. nach dems./Lane, Diane: A classroom study of the efficacy of using information text for first grade reading instruction. http://www.stanford.edu/~mkamil/Aera97.htm (Zugriff am 12. Februar 2010); Cervetti, Gina N./Bravo, Marco A./Hiebert, Elfrieda H./Pearson, P. David/Jaynes, Carolyn: Text genre and science content: Ease of reading, comprehension, and reader preferences. In: Reading Psychology 30, 2009, H. 6, S. 487–511. 6 jekt einschlägigen Leitwissenschaften kann die damit angesprochene Definitionsproblematik keineswegs als gelöst angesehen werden. Vielmehr bietet sich dem Beobachter eine verwirrende Vielfalt an teilweise unvereinbaren Definitionsvorschlägen unterschiedlichster Provenienz und Prominenz, die sich teils radikal in ihren Perspektiven und Prämissen, teils in scheinbaren Nuancen wie der für die Klassifikation eines Textes als ‚narrativ’ notwendigen Anzahl der durch diesen Text darzustellenden Ereignisse unterscheiden. 14 Zwar ist für diese Vielfalt auch das breite Spektrum der sich inzwischen in diesem Forschungsfeld tummelnden wissenschaftlichen Disziplinen mit verantwortlich zu machen, die Wurzel des Problems dürfte jedoch methodologischer Natur sein: Aufgrund der letztlich textimmanent-induktiven Vorgehensweise der Literatur- und Sprachwissenschaften bei der Entwicklung der genannten Termini sind die möglichen Ergebnisse der Merkmalsanalyse durch das jeweils zugrunde gelegte Korpus präfiguriert und damit letztlich durch ein disziplinär, aber auch jeweils individuell geprägtes Vorverständnis davon, welche Phänomene (bzw. Texte) als ‚narrativ’ gelten sollen. 15 Den sich auf diese Weise ergebenden Definitionen – wie auch deren Diskussion – ist deshalb zwangsläufig ein beträchtliches Maß an Willkür in der Auswahl, Kombination und konkreten Ausformulierung der als definierend erachteten Merkmale eigen. 16 Diesem Problem wäre nur durch Setzungen und Konvention beizukommen, oder dadurch, dass textexterne Phänomene, z.B. Merkmale der Produktion, Rezeption oder Wirkung narrativer Kommunikate als Referenzkriterien für die Formulierung und Beurteilung der Definitionen herangezogen werden. 17 14 Vgl. zur Definitionsproblematik v.a. Wolf, Problem. 2002, S. 23ff.; Ryan, Marie-Laure: Narrative. In: Routledge encyclopedia of narrative theory. Hrsg. von David Herman/Manfred Jahn/ders. London u.a.: Routledge 2005, S. 344–348; Dies.: Toward a definition of narrative. In: The Cambridge companion to narrative. Hrsg. von David Herman. Cambridge: Cambridge Univ. Press 2007, S. 22–35; Echterhoff, Gerald/Straub, Jürgen: Narrative Psychologie. Facetten eines Forschungsprogramms. Erster Teil. In: Handlung Kultur Interpretation 12, 2003, H. 2, S. 317–346, sowie im Überblick und für weitere Hinweise Frey, Erzählung. 2009, S. 35ff. Den Versuch einer inhaltsanalytischen Erfassung der in der Fachliteratur des vergangenen Jahrzehnts verwendeten Definitionen von ‚Narration’, ‚Erzählung’, ‚Geschichte’ und ‚Narrativität’ und ihrer inhaltlichen Systematisierung und methodologischen Evaluation unternimmt ein derzeit laufendes Projekt an der Universität Leipzig. 15 Echterhoff und Straub weisen außerdem auf Probleme hin, die sich durch semantische Verschiebungen bei der Übertragung der zentralen Termini zwischen den an der Fachdiskussion hauptsächlich beteiligten Sprachen (Englisch, Deutsch, Französisch) ergeben. Vgl. Echterhoff/Straub, Narrative Psychologie. 2003, S. 329. 16 Vgl. Wenzel, Peter: Zu den übergreifenden Modellen des Erzähltextes. In: Einführung in die Erzähltextanalyse. Kategorien, Modelle, Probleme. Hrsg. von dems. Trier: WVT 2004, S. 20; Wolf, Problem. 2002, S. 36. 17 Insofern für Vertreter nominalistischer Definitionslehren Definitionen nur sprachliche Festsetzungen sind, ist die geschilderte Situation freilich nicht als Problem aufzufassen, sondern als per Konvention und Setzung handhabbarer Normalfall, höchstens als kommunikatives Ärgernis. Wenn aber mit Definitionen über den bloßen Anspruch der Sprachregulierung hinaus auch der Anspruch verbunden wird, etwas über die sprachlichbegrifflich zu beschreibende Realität auszusagen, also (im weitesten Sinn) empirisch gehaltvolle Termini und Aussagen zu formulieren, wird die Vielfalt tatsächlich zu einem im Hinblick auf den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt problematischen Punkt. 7 Mit etwas Abstand betrachtet aber findet sich in vielen der vorgeschlagenen Definitionen von ‚Narrativität’ und damit verwandten Termini ein Gedanke wieder – in unterschiedlichen Variationen und Graden an Vollständigkeit bzw. Explizitheit –, der auch in Beschreibungen der Rezeption und Produktion narrativer Kommunikationsformen auftaucht und zugleich einige ihrer typischen Verwendungskontexte charakterisiert: der Gedanke nämlich, dass dem Narrativen die Qualität der Erfahrungshaftigkeit eignet, dass also narrative Kommunikationsformen etwas mit menschlicher Erfahrung zu tun haben. Sie gelten als Mittel der Wahl, wenn individuelle Erfahrungen vermittelt oder auch – in diagnostisch-therapeutischen Kontexten – aufgearbeitet werden sollen. 18 Die Rezeption von Geschichten wird beschrieben als das Machen von stellvertretenden oder Quasi-Erfahrungen. 19 Narrative Kommunikate werden als Ausdruck, Simulation oder Repräsentation menschlicher oder anthropomodaler Erfahrung beschrieben. 20 Und schließlich stellen verschiedene Autoren entsprechende Verknüpfungen des Narrativen mit menschlicher Erfahrung auch definitorisch her: ‚Erzählung’ (engl. narrative) wird von Branigan als „a perceptual activity that organizes data into a special pattern which represents and explains experience“ 21 definiert, von Labov und Waletzky als „one method of recapitulating past experience“ 22 . Als elaborierteste literaturwissenschaftliche Konzeption auf Basis dieses Grundgedankens kann die Position Monika Fluderniks gelten. Sie definiert ‚Erzählung’ als Präsentation von Erfahrungshaftigkeit (experientiality), basierend auf der Vermittlungsleistung eines (menschlichen) Bewusstseins, oder auch als quasimimetische Evokation lebensweltlicher Erfahrung. 23 Mit den eben erwähnten Charakterisierungen des narrationsspezifischen Rezeptionserlebens als stellvertretende oder QuasiErfahrung ist Fluderniks Konzeption insofern nicht deckungsgleich, als ihr zufolge beim Re18 Vgl. zum Zusammenhang von Erzählung und der Aktualisierung und Reflextion menschlicher Erfahrung Bruner, Jerome S.: Acts of meaning. Cambridge, MA: Harvard Univ. Press 1990; Freeman, Mark: Why narrative? Hermeneutics, historical understanding, and the significance of stories. In: Journal of Narrative and Life History 7, 1997, H. 1–4, S. 169–176; Polkinghorne, Donald: Narrative knowing and the human sciences. New York, NY: State Univ. of New York Press 1988. Zur Rolle narrativer Kommunikation in der Psychotherapie vgl. die Beiträge in The handbook of narrative and psychotherapy. Practice, theory and research. Hrsg. von Angus, Lynne E./McLeod, John. Thousand Oaks, CA u.a.: Sage Publ. 2006. 19 Vgl. z.B. Bruner, Acts: 1990, S. 54; Coulter, Cathy A.: Finding the narrative in narrative research. In: Educational Researcher 38, 2009, H. 8, S. 609. 20 Vgl. Mar, Raymond A./Oatley, Keith: The function of fiction is the abstraction and simulation of social experience. In: Perspectives on Psychological Science 3, 2008, H. 3, S. 172–192; Scalise Sugiyama, Food: 2001, S. 224; Stierle, Karlheinz: Erfahrung und narrative Form. Bemerkungen zu ihrem Zusammenhang in Fiktion und Historiographie. In: Theorie und Erzählung in der Geschichte. Hrsg. von Jürgen Kocka/Thomas Nipperdey. München: Dt. Taschenbuch Verl. 1979, S. 85–118; Tengelyi, László: Erfahrung und Ausdruck. Phänomenologie im Umbruch bei Husserl und seinen Nachfolgern. Dordrecht: Springer 2007, S. 293ff. 21 Branigan, Edward: Narrative comprehension and film. London: Routledge 1992, S. 3. 22 Labov, William/Waletzky, Joshua: Narrative analysis. In: Essays on the verbal and visual arts. Hrsg. von June Helm. Seattle: Univ. of Washington Press 1967, S. 20. 23 Vgl. Fludernik, Monika: Towards a 'Natural' Narratology. London, New York: Routledge 1996, S. 12, 49. 8 zipienten nicht etwa eine stellvertretende oder Quasi-Erfahrung selbst evoziert wird, sondern lediglich der Eindruck, der rezipierte Text repräsentiere menschliche Erfahrung, einhergehend mit einer Interpretation und kognitiven Verarbeitung dieses Textes als eine solche Manifestation menschlicher Erfahrung. Demgegenüber finden wir eine enge definitorische Verknüpfung zwischen dem narrativen Kommunikat einerseits und einem Rezeptionsphänomen in Form einer Quasi-Erfahrung des Rezipienten andererseits in der linguistischen Konzeption von Volkmar Lehmann. Als übergeordnetes Definitionskriterium für narrative Textpassagen dient ihm die Erzeugung einer „Illusion der Präsenz“, die ein solcher Text beim Leser durch eine wahrnehmungsäquivalente Präsentation des Geschehens erzeugt. 24 Erfahrungshaftigkeit als eine spezifische Qualität narrativer Kommunikationsformen – diesen Gedanken aufzugreifen und konzeptuell weiter auszuformulieren erscheint nicht nur aufgrund der intuitiven Plausibilität dieser These vielversprechend, sondern auch aufgrund ihrer Anschlussfähigkeit für die Erzählforschung auf der einen, für Konzepte und Forschungsinteressen der kommunikationswissenschaftlichen Medienrezeptionsforschung und der Sprach- und Medienpsychologie auf der anderen Seite: Im Hinblick auf die erzähltheoretische Diskussion um die Definition der zentralen Termini ‚Geschichte’, ‚Erzählung’ usw. erfüllt das Rahmenkonzept der Erfahrungshaftigkeit geradezu ordnende Funktion. So lassen sich die gängigsten und am wenigsten kontrovers diskutierten Definitionsmerkmale, mit Ausnahme vielleicht der Erzählinstanz, durch dieses Rahmenkonzept integrieren: Menschlicher (Primär)Erfahrung ebenso wie Erzählungen bzw. Geschichten eignet die Qualität der Zeitlichkeit, hauptsächliche Objekte der Erfahrung wie der erzählerischen Repräsentation sind in einer Welt situierte, chronologisch oder kausal in Beziehung stehende Ereignisse, menschliche oder anthropomorphe Akteure und deren Denken, Fühlen und Handeln. Zugleich aber filtert das Konzept eine ganze Reihe der diskutierten Definitionskriterien als letztlich sekundär und nicht im strengen Sinn definitorisch aus der Diskussion heraus, die zwar intuitiv zunächst zweifellos plausibel erscheinen, über deren Status man sich aber argumentativ nicht einig wurde – was möglicherweise auf ihre Akzidentialität hindeutet. Beispielsweise wurde im Rahmen formalistischer, strukturalistischer und kognitionswissenschaftlicher Beschreibungs- und Definitionsansätze weitgehend fruchtlos über die notwendigen und hinreichenden formalen bzw. strukturellen Elemente von Geschichten debattiert, also beispielsweise darüber, wie viele Ereignisse dargestellt werden müssen, um die betreffende Darstellung als ‚Geschichte’ gelten lassen zu können, ob und auf welche Weise diese Ereignisse verknüpft sein müssen, ob zwin- 24 Lehmann, Volkmar: Der narrative Redetyp und seine Analyse. In: Textkohärenz und Narration. Untersuchungen russischer Texte des Realismus und der Moderne. Hrsg. von Robert Hodel/dems. Berlin: de Gruyter 2008, S. 211. 9 gend menschliche oder anthropomorphe Akteure vorkommen müssen oder nicht, ob diese nur reagieren oder auch handeln oder gar ganze Pläne verfolgen müssen, ob Komplikation und Evaluation notwendige Strukturelemente sind und Ähnliches mehr. 25 Vor dem Hintergrund des Kriteriums der Erfahrungshaftigkeit werden diese Streitfragen jedoch gegenstandslos oder zumindest im Hinblick auf die Definitionsproblematik irrelevant, weil alle der genannten Elemente gleichermaßen mögliche, nicht aber notwendige Gegenstände und Charakteristika menschlicher Erfahrung sind. Auf der Seite der Rezeption wiederum bieten zum einen aktuelle psychologische Modelle des Sprach- und Textverstehens Anknüpfungspunkte: Sowohl Johnson-Lairds Theorie mentaler Modelle als auch das Immersed Experiencer Framework (IEF) von Zwaan betonen die Parallelität von Prozessen der Umweltwahrnehmung und solchen des Sprachverstehens. 26 Johnson-Laird geht davon aus, dass die beim Sprachverstehen aufgebauten mentalen Modelle und die mentalen Modelle, die bei der Wahrnehmung realer Situationen gebildet werden, funktional äquivalent sind und in denselben mentalen Subsystemen gebildet werden, also tw. auf denselben kognitiven Prozessen beruhen. 27 Zwaans Immersed Experiencer Framework beruht auf der aus dem embodied cognition-Paradigma der Kognitionsforschung stammenden Annahme, dass das Verstehen sprachlicher Äußerungen einer stellvertretenden Wahrnehmung der denotierten Situation gleichkommt, bei der durch sprachliche Hinweisreize Gedächtnisspuren realer Erfahrungen aktiviert, sequenziert und integriert werden. Selbst das Verstehen abstrakter Sprache wird lediglich als eine Erweiterung dieser primären, grundlegenden Prozesse verstanden. 28 Zum anderen könnte es mit Hilfe des Konzepts der Erfahrungshaftigkeit möglich sein, narrative Kommunikate auf eine systematischere und kohärentere Art und Weise als bisher mit einer Reihe einander ähnlicher Phänomene des Rezeptionserlebens in einen Erklärungszusammenhang zu bringen, nämlich mit den in der Medienpsychologie und Rezeptionsforschung gegenwärtig intensiv untersuchten Rezeptionsphänomenen der Immersion und Transportation sowie des räumlichen Präsenzerlebens. 25 Vgl. dazu ausführlicher Frey, Erzählung. 2009, S. 35ff. 26 Vgl. Johnson-Laird, Philip N.: Mental models. Towards a cognitive science of language, inference, and consciousness. Cambridge u.a.: Cambridge Univ. Press 1983; Zwaan, Rolf A.: The Immersed Experiencer. Toward an embodied theory of language comprehension. In: Psychology of learning and motivation: Advances in research and theory. Bd. 44. Hrsg. von Brian H. Ross. San Diego, CA, London: Elsevier 2004, S. 35–62. 27 Zu dieser Aquivalenz-These Johnson-Lairds vgl. Kelter, Stephanie: Mentale Modelle. In: Psycholinguistik. Ein internationales Handbuch. Hrsg. von Gert Rickheit/Theo Herrmann/Werner Deutsch. Berlin, New York: de Gruyter 2003, S. 513ff. 28 Vgl. Zwaan, Immersed Experiencer. 2004. Vgl. zur Diskussion des Substitutionsverhältnisses zwischen realen Ereignissen und medialen Ereignisdarstellungen und dessen Einschränkungen speziell auf das Medium Film bezogen auch Schwan, Stephan: Filmverstehen und Alltagserfahrung. Grundzüge einer kognitiven Psychologie des Mediums Film. Wiesbaden: DUV 2001, S. 19ff. 10 Vielversprechende theoretische Anknüpfungspunkte scheint das Konzept der Erfahrungshaftigkeit also zu bieten. Was aber ist mit dem Begriff genau gemeint, wie kann diese ‚Qualität narrativer Kommunikation’ präziser verortet und konzeptualisiert werden? Ausgangspunkt ist zunächst die analytische Unterscheidung zwischen der immanenten Beschreibung eines Kommunikats und seiner Charakteristika einerseits und der Beschreibung von Merkmalen seiner Rezeption, d.h. Wahrnehmung und Interpretation durch den Rezipienten, andererseits. Die Begriffe ‚Erfahrung’ bzw. ‚Wahrnehmung’ 29 bezeichnen einen Interaktionsprozess des Menschen mit Erfahrungs- bzw. Wahrnehmungsobjekten sowie dessen Produkte. Auch die mit dem Konzept der ‚Erfahrungshaftigkeit’ vorgeschlagene Analogisierung von Wahrnehmung/Erfahrung einerseits und einem bestimmten Subtypus medienvermittelter Kommunikationsprozesse andererseits sollte sich also bei letzteren nicht auf die Ebene der Kommunikate (als Objekte), sondern die ihrer Rezeption und deren Ergebnisse beziehen: Als ‚erfahrungshaft’, der menschlichen Erfahrung also in noch näher zu beschreibender Weise ähnlich, wären demnach nicht etwa narrative Kommunikate, sondern bestimmte Typen von Rezeptionsprozessen bzw. entsprechende Rezeptionsepisoden zu charakterisieren. Ein begriffliches Instrumentarium für die systematisierende und typologisierende Beschreibung unterschiedlicher Rezeptionshaltungen bzw. ‚Arten und Weisen’ der Rezeption bieten verschiedene Rahmenkonzepte, die in den letzten Jahren in der kommunikationswissenschaftlichen Rezeptionsforschung entwickelt wurden. Konzepte wie ‚Rezeptionsmodalität’, ‚Rezeptions-’ oder ‚Kommunikationsmodus’ oder ‚Rezeptionsstrategie’ sollen – mit jeweils unterschiedlichen Akzentuierungen – musterhafte Konfigurationen von während der Rezeption beim Rezipienten ablaufenden, auf das Medienangebot bezogenen psychischen Prozessen beschreiben, die jedoch über die bloße Summe verschiedener kognitiver, emotionaler, evaluativer und konativer Prozesse hinaus als emergente Einheiten neuer Qualität mit möglicherweise eigenen Wirkungspotentialen verstanden werden. Als eine solche spezifische Konstellation mehrerer psychischer Teilprozesse, und damit als ‚Rezeptionsmodalität’, lässt sich nun auch die erfahrungshafte Rezeption in Abgrenzung zu nicht-erfahrungshaften Rezeptionsprozessen konzipieren. 30 Die Erfahrungshaftigkeit dieser Rezeptionsmodalität besteht darin, dass der betref- 29 Die Bedeutungsunterschiede zwischen diesen beiden schon für sich genommen uneindeutigen Begriffen werden für den vorliegenden Zusammenhang ignoriert und beide Begriffe als Bezeichnung für die kontinuierlich stattfindenden, situativ gebundenen Prozesse der menschlichen Selbst-, Fremd- und Objekt- bzw. Weltwahrnehmung in deren subjektivem Erlebniszusammenhang verwendet. 30 Zum hier zugrunde gelegten Konzept der Rezeptionsmodalität vgl. Paus-Hasebrink, Ingrid/Hasebrink, Uwe: Dimensionen, Modalitäten, Typen: Was ist was in der Rezeptionsforschung? Ein Sortierversuch als Conclusio. In: Rezeptionsstrategien und Rezeptionsmodalitäten. Hrsg. von Volker Gehrau/Helena Bilandzic/Jens Woelke. München: Verl. Reinhard Fischer 2005, S. 239, außerdem Früh, Werner: Theoretische Grundlegung des dynamisch-transaktionalen Modells. In: Medienwirkungen. Das dynamisch-transaktionale Modell. Theorie und empirische Forschung. Hrsg. von dems. Opladen: VS Verl. für Sozialwiss. 1991, S. 131. 11 fende Rezeptionsprozess bzw. die durch diesen Rezeptionsmodus konstituierten Rezeptionsepisoden dem Prozess der (Primär-)Erfahrung oder -wahrnehmung einer zeitlich und räumlich situierten Umweltsituation weitgehend analog und funktional äquivalent sind, so die These. ‚Analog’ insofern, als in erfahrungshaften Rezeptionsprozessen dieselben psychischen Verarbeitungsprozesse in ähnlicher relativer Gewichtung in Anspruch genommen werden, wie in einem Akt der unmittelbaren Umweltwahrnehmung – als prominentere Teilprozesse wären hier Objekt- und Personenwahrnehmung, räumliches, kausales und induktives Denken zu nennen –, hier allerdings bezogen nicht auf eine reale Umweltsituation, sondern die medial dargestellte Situation. 31 Die ‚funktionale Äquivalenz’ wiederum besteht darin, dass Wahrnehmungsprozesse einerseits und erfahrungshafte Rezeptionsprozesse andererseits weitgehend dieselben Resultate und Begleiterscheinungen zeitigen, beispielsweise in Gestalt des Erwerbs bestimmter Typen von Gedächtnisrepräsentationen (insbes. episodische in Form sog. Situationsmodelle), der Evokation emotionaler Reaktionen, des Aufbaus (para-)sozialer Bindungen und Beziehungen zu Personen bzw. Medienpersonae usw. Ein Großteil dieser Prozesse läuft dabei unbewusst und automatisch ab – also ohne kontrolliert gesteuert werden zu können, bis zu einem gewissen Grad aber dürfte eine solche Rezeptionsweise vom Rezipienten auch bewusst als Quasi-Erfahrung erlebt werden. 32 In Abgrenzung dazu würden sich nicht-erfahrungshafte Medienrezeptionsmodalitäten dadurch auszeichnen, dass sie stärker nicht unmittelbar umweltwahrnehmungsbezogene psychische Prozesse in Anspruch nehmen, 31 Freilich ist die hier vorgebrachte These aus argumentativen Gründen stark zugespitzt formuliert. Erhebliche Unterschiede zwischen erfahrungshaften Medienrezeptionsprozessen und umweltbezogenen Wahrnehmungsprozessen sind für mehrere Bereiche anzunehmen. Beispielsweise unterscheiden sich der ‚Input’ des kognitiven Systems und die unmittelbar daran geknüpften Prozesse für die (Umwelt-)Erfahrung und die erfahrungshafte Medienrezeption: Die Aufnahme und Verarbeitung von Sinnesreizen physikalischer oder chemischer Natur im Fall der Wahrnehmung und die Interpretation von Zeichen im Fall erfahrungshafter Medienrezeption unterscheidet sich zumindest hinsichtlich der basalen Reizverarbeitungsprozesse, die den weiterverarbeitenden kognitiven Funktionen vorgelagert sind. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass die bei der Medienrezeption ablaufenden kognitiven Verarbeitungsprozesse umso weniger medienspezifisch sind und der Prozess damit der Umweltwahrnehmung umso ähnlicher, je höher der Grad der Ikonizität des jeweiligen Zeichensystems in Bezug auf die medial dargestellte (Umwelt-)Situation ist. Vgl. Schwan, Stephan/Hesse, Friedrich W.: Kognitionspsychologische Grundlagen. In: Lehrbuch der Medienpsychologie. Hrsg. von Roland Mangold/Peter Vorderer/Gary Bente. Göttingen: Hogrefe 2004, S. 80. 32 Die damit angesprochene Parallelisierung von Medienrezeptions- und nicht medienbezogenen kognitiven Prozessen ist in evolutionspsychologischen Konzeptionen alles andere als außergewöhnlich. Ein solches Verständnis liegt etwa Pinkers These zugrunde, das Vergnügen an künstlerischen Aktivitäten und deren Produkten speise sich aus der Aktivierung eigentlich für andere Funktionen evolvierter psychischer Adaptationen, beispielsweise durch literarische Fiktionen (vgl. Pinker, Steven: How the mind works. New York u.a.: Norton 1997). Auch Schwender analysiert mediale Darstellungen als ‚Attrappen’ für das menschliche Gehirn bzw. die Sinne (vgl. Schwender, Clemens: Medien und Emotionen. Evolutionspsychologische Bausteine einer Medientheorie. Wiesbaden: DUV 2001). Diese und andere Konzeptionen legen den Fokus auf die generelle Parallelisierung oder gar Ineinssetzung medienbezogener und nicht-medienbezogener psychischer Aktivitäten. Demgegenüber liegt mein Interesse in der zu dieser Parallelisierung quer liegenden Differenzierung unterschiedlicher Prozesstypen, also in der Beschreibung mehrerer unterschiedlicher, nicht-medienbezogener psychischer Prozesstypen (hier: erfahrungshafte vs. nicht-erfahrungshafte) und ihrer jeweiligen medienbezogenen Pendants, sowie der Untersuchung ihrer Wirkungs- und insbes. Attraktivitätsrelevanz. Vgl. als vergleichbares Unternehmen Weiß, Ralph: Fern-Sehen im Alltag. Zur Sozialpsychologie der Medienrezeption. Wiesbaden: Westdt. Verl. 2001. 12 etwa komplexere Formen des logischen Schließens und Urteilens, kontrafaktisches Denken, Prozesse der Problemlösung, komplexen Handlungsplanung, Begriffsbildung usw. und in entsprechenden mentalen Repräsentationen resultieren. Wir haben also erfahrungshafte Rezeptionsprozesse als eine bestimmte Rezeptionsmodalität skizziert und damit zunächst unabhängig von Kommunikaten und ihren Charakteristika bestimmt. Gleichwohl gehen wir davon aus, dass die Einnahme dieser Rezeptionsmodalität durch eine Reihe von Merkmalen des jeweils rezipierten Medienangebots, aber auch des Rezipienten selbst, zumindest begünstigt oder gehemmt, wenn nicht sogar zwangsläufig evoziert wird. Welche Faktoren dies im Einzelnen sind und wie sie zusammenwirken, ist eine letztlich empirisch zu klärende Frage. Einige wahrscheinliche Anwärter lassen sich jedoch identifizieren, indem nach Merkmalen gesucht wird, die das vermutete oder empirisch gesicherte Potential haben, wahrnehmungsähnliche psychische Prozesse beim Rezipienten zu induzieren. Auf diese Weise gelangt auch Lehmann, ausgehend vom Konzept der ‚Wahrnehmungsäquivalenz’, zu einem Inventar linguistischer Parameter und zu einer Bestimmung derjenigen Ausprägungen dieser Parameter, die eine ‚Illusion der Präsenz’ in der dargestellten Situation zu evozieren vermögen. Demnach rufen sprachliche Äußerungen beim Rezipienten genau dann kognitive Prozesse hervor, bei denen Produkte von Wahrnehmungsprozessen reproduziert werden, wenn sie ein Ereignis mit spezifischen Partizipanten darstellen, wenn der dominante zeitliche Bezug nicht derjenige zur Sprechzeit des Autors (bzw. der Erzählinstanz) ist, sondern der zu einem vom Rezipienten als subjektiv gegenwärtig vorgestellten Zeitintervall (dem ‚Psychischen Jetzt’), wenn das dargestellte Ereignis als gleichzeitig zu diesem ‚Psychischen Jetzt’ ablaufend interpretiert wird, wenn die Darstellung zudem in aletischer Modalität steht, in ihrer lexikalischen Genauigkeit dem vergleichsweise feinkörnigen Auflösungsgrad des menschlichen Zeiterlebens entspricht und wenn, schließlich, die Referenten sinnlich wahrnehmbar bzw. konkret vorstellbar sind und auf Basiskategorienebene liegen. 33 Mit Zwaan wären dieser Auflistung noch die der menschlichen Erfahrung entsprechende perspektivische, räumliche und zeitliche Kontinuität der Darstellung hinzuzufügen 34 und zudem möglicherweise die Multimodalität der Darstellung, also eine möglichst umfassende Ansprache des dem Menschen gegebenen Sinnesspektrums – selbst wenn diese Ansprache ggf. nur zeichenvermittelt geschieht. 33 Damit sind für sprachliche Äußerungen, aber größtenteils verallgemeinerbar auf jegliche Zeichenprozesse als relevante Parameter angesprochen: ihre Aktionalität bzw. aktionale Gestalt, ihr Spezifitätsgrad, ihre temporale Orientierung, ihr Episodizitätsgrad, ihre Modalität, ihr Granularitätsgrad, ihre referenzielle Konkretheit und ihre Kategorienebene. Vgl. zu diesen Parametern Lehmann, Der narrative Redetyp. 2008, S. 210ff. 34 Vgl. Zwaan, Immersed Experiencer. 2004. 13 Auf Seiten des Rezipienten sind vor allem zwei vermutlich notwendige Bedingungen für das Zustandekommen einer erfahrungshaften Rezeptionsepisode zu nennen: Zunächst das für jegliche Medienrezeption unabdingbare Einlassen auf die Medienbotschaft und damit eine teilweise Übergabe der kognitiven Autonomie an einen medialen Stimulus. Damit unterscheiden sich die Medienrezeption ebenso wie die Umweltwahrnehmung als stimulusgeleitete – wenngleich nicht stimulusdeterminierte – psychische Aktivitäten von innengeleiteten Aktivitäten wie beispielsweise der autonomen Generierung mentaler Vorstellungsbilder, etwa in Form von Tagträumen. 35 Diese grundsätzliche Bedingung ist zu ergänzen durch eine weitere, nämlich die Übertragung der von Husserl und später Schütz und Luckmann beschriebenen ‚natürlichen Einstellung’ mit ihrer Generalthesis, dass die Welt da ist, und zwar so, wie wir sie erfahren – die Übertragung also dieser Einstellung der alltäglichen Lebenswelt gegenüber auf die medienvermittelt erfahrene Situation sowie auf die Umstände dieser Vermittlung. 36 Nachdem wir nun erfahrungshafte Rezeptionsprozesse als eine bestimmte Rezeptionsmodalität skizziert und damit analytisch losgelöst von Kommunikaten und ihren Charakteristika bestimmt haben, bleibt vor dem Hintergrund unserer Ausgangsfragestellung noch das Verhältnis von narrativen Kommunikaten – also Geschichten bzw. Erzählungen – einerseits und eben dieser erfahrungshaften Rezeptionsmodalität andererseits zu bestimmen. In Abhängigkeit von theoretischen bzw. terminologischen Entscheidungen bieten sich zwei Möglichkeiten einer solchen Verhältnisbestimmung: Die Beziehung kann erstens als eine lediglich empirische bestimmt werden, indem ‚Narration’ bzw. ‚Narrativität’ ohne Bezüge zu erfahrungshaften Rezeptionsprozessen definiert und auf Basis empirischer Untersuchungen eine Aussage über eine Koinzidenz bzw. einen (probabilistisch) kausalen Zusammenhang zwischen narrativen Kommunikaten und erfahrungshaften Rezeptionsprozessen getroffen wird. Die zweite Möglichkeit besteht in einer konzeptuellen Verknüpfung dieser beiden Seiten per definitionem, indem, wie bei Fludernik und Lehmann der Fall, eine funktionale Definition des (narrativen) Kommunikats über seine Wirkung beim Rezipienten bzw. die bei der Rezeption ablaufenden Prozesse formuliert wird. In unserem Fall hieße das, dass Kommunikate dann als ‚narrativ’ (bzw. ‚Narration’) bezeichnet werden sollen, wenn sie eine erfahrungshafte Rezep35 Im Hinblick auf Literatur wurden entsprechende Beobachtungen von Sartre, zuletzt von Hernadi und Scarry ausformuliert. Vgl. Scarry, Elaine: On vivacity: The difference between daydreaming and imagining-underauthorial-instruction. In: Representations 52, 1995, S. 1–26 und Hernadi, Paul: Why is literature: A coevolutionary perspective of imaginative worldmaking. In: Poetics Today 23, 2002, H. 1, S. 24f. 36 Vgl. dazu Schütz, Alfred/Luckmann, Thomas: Strukturen der Lebenswelt. Neuwied: Luchterhand 1975, S. 25ff. In Literaturwissenschaft und Medienrezeptionsforschung wird dieser Aspekt unter dem Etikett ‚suspension of disbelief’ verhandelt. Vgl. zur Ursprungskonzept Coleridge, Samuel Taylor: Biographia literaria or biographical sketches of my literary life and opinions. Hrsg. und mit einer Einl. vers. von George Watson. London, Vermont: Dent, Tuttle 1967, S. 168f., für die medienpsychologische Forschung bezogen auf die Filmrezeption zuletzt Böcking, Saskia: Grenzen der Fiktion? Von Suspension of Disbelief zu einer Toleranztheorie für die Filmrezeption. Köln: von Halem 2008. 14 tionsweise beim Rezipienten evozieren. Zwar hätte eine solche Definition den Vorteil, die oben angesprochene Definitionsproblematik durch einen Bezug auf das textexterne Außenkriterium der erfahrungshaften Rezeption zu beheben. Trotzdem entscheide ich mich an dieser Stelle – zumindest vorläufig – gegen eine definitorische Verknüpfung der beiden Ebenen und damit für die empirisch zu prüfende Grundthese, dass narrative Formen der Kommunikation lediglich empirisch typischerweise mit einer erfahrungshaften Rezeptionsmodalität einhergehen. 37 Evolutionäre Argumente für die Attraktivität erfahrungshafter Rezeption Weshalb nun, und damit komme ich auf meine Ausgangsfrage zurück, sollte eine solche erfahrungshafte Rezeptionsepisode für den Rezipienten attraktiv sein, d.h. eine in irgendeiner Form erstrebenswerte, von ihr oder ihm als belohnend erlebte Aktivität? Um es noch einmal zu wiederholen: Diese besondere Attraktivität narrativer Kommunikate, ebenso wie die der erfahrungshaften Rezeption, ist bisher nur Behauptung – privatempirisch plausibel zwar, aber wissenschaftlich nicht schlüssig nachgewiesen. Gleichwohl steht vor der empirischen Prüfung die Bildung begründeter Hypothesen, weshalb ich im Folgenden einige Argumente zusammentragen möchte, die für die Möglichkeit einer besonderen Anziehungskraft erfahrungshafter Rezeption und damit mittelbar der Attraktivität narrativer Kommunikate sprechen. Besonders fruchtbare Heuristiken zur Generierung solcher Hypothesen können dabei evolutionäre Theorieperspektiven bereitstellen, insbesondere die Perspektive der Evolutionären Psychologie, wie sie maßgeblich in den Arbeiten von Cosmides und Tooby sowie Buss ausformuliert wurde. Mit einigen theoretischen wie methodologischen Caveats bietet dieser Ansatz nämlich die Möglichkeit, auf Grundlage einer kaum noch ernsthaft in Frage gestellten Theorie – der Darwin’schen Evolutionstheorie und ihrer Modifikationen – unter Einsatz vergleichsweise sparsamer Annahmen und Argumentationsfiguren Hypothesen mit einem hohen Informationsgehalt zu formulieren, solche nämlich über das Erleben und Verhalten der gesamten menschlichen Spezies. 38 Bezogen auf unseren Untersuchungsgegenstand – die Attraktivität 37 Gegen eine funktionale Definition im vorgestellten Sinne spricht aus pragmatischer Sicht v.a. deren problematische Anschlussfähigkeit für und schwierige Anwendung durch die nicht empirisch ausgerichteten Sprach- und insbes. Literaturwissenschaften. 38 Für eine Darstellung der konzeptuellen Grundlagen der Evolutionären Psychologie als einer unter mehreren verhaltenswissenschaftlich-psychologischen Forschungsrichtungen auf evolutionärer Basis vgl. Tooby, John/Cosmides, Leda: Conceptual foundations of evolutionary psychology. In: The handbook of evolutionary psychology. Hrsg. von David M. Buss. Hoboken, NJ: Wiley 2005, S. 5–67. Vgl. auch und für eine Darstellung anderer evolutionärer Perspektiven Laland, Kevin N./Brown, Gillian R.: Sense and nonsense. Evolutionary perspectives on human behaviour. Oxford: Oxford Univ. Press 2002. Kritik zielt v.a. auf den hegemonialen Anspruch der Evolutionären Psychologie, ihren adaptionistischen Fokus bei zugleich nur selektiver Beachtung des State of the art in der biologischen Theoriebildung und methodologische Probleme wie die Spekulativität von 15 erfahrungshafter Rezeption – geht es unserem Attraktivitätskonzept folgend darum, zum einen entsprechende Hypothesen über durch erfahrungshafte Rezeptionsepisoden realisierbare Motive und Handlungsziele des Menschen zu formulieren, zum anderen solche über die Effizienz dieser Zielverwirklichung. In evolutionstheoretischer Terminologie suchen wir also nach proximaten Ursachen, d.h. den situativ unmittelbar wirksamen psychischen Mechanismen, die dafür verantwortlich sind, dass Individuen erfahrungshafte Rezeptionsprozesse aufsuchen und damit mittelbar solche Kommunikate, die eine solche Rezeptionsweise evozieren. Solche proximate Mechanismen versuchen wir wiederum durch Überlegungen über mögliche ultimate Erklärungen für die Herausbildung der fraglichen psychischen Strukturen zu identifizieren bzw. zu plausibilisieren. 39 Eine erste relevante Überlegung finden wir bei Tooby und Cosmides. Sie nehmen an, dass sich im Laufe der Phylogenese des Menschen besondere Motivationssysteme herausgebildet haben, die das Individuum zu Aktivitäten motivieren, die ihrerseits die Funktionstüchtigkeit anderer psychischer Funktionen herstellen, sicherstellen oder erhöhen. Dies geschieht in einem sog. ‚organizational mode’ – einer Art Trainings- und Wartungsmodus, in dem die entsprechenden psychischen Fähigkeiten nicht ihre eigentliche adaptive, reproduktionsrelevante Funktion für den Organismus erfüllen, sondern ausgebildet, kalibriert, mit notwendigem Informationsinput versorgt und damit letztlich für die Erfüllung ihrer adaptiven Funktion geschult und in Bereitschaft versetzt werden. Die angesprochenen evolvierten Motivationssysteme sorgen nun dafür, dass Individuen dieses ‚Trockentraining’ im Organisationsmodus als intrinsisch belohnend wahrnehmen und entsprechende Aktivitäten in von sonstigem Handlungsdruck befreiten Situationen aufsuchen. ‚Organisierende’ Effekte auf bestimmte psychische Adaptationen sind dabei insbesondere für solche Aktivitäten zu erwarten, die den eigentlichen Funktionen dieser Adaptationen ähnlich sind bzw. diese bis zu einem gewissen Grad ersetzen oder simulieren. 40 Übertragen auf unseren Gegenstandsbereich kann man nun annehmen, dass solche Motivationssysteme auch für psychische Adaptionen existieren, die Funktionen im Kontext der Umweltwahrnehmung erfüllen. Aktivitäten wie erfahrungshafte Erklärungsansätzen in Kombination mit der mangelnden Thematisierung von Alternativerklärungen zu den angebotenen evolutionspsychologischen Hypothesen. Vgl. Buller, David: Adapting minds. Evolutionary psychology and the persistent quest for human nature. Cambridge, MA: MIT Press 2005; Panksepp, Jaak/Panksepp, Jules B.: The seven sins of evolutionary psychology. In: Evolution and Cognition 6, 2000, H. 2, S. 108–131; Richardson, Robert C.: Evolutionary psychology as maladapted psychology. Cambridge, MA: MIT Press 2007. 39 Auf nicht evolutionär begründete Hypothesen zur Attraktivität erfahrungshafter Rezeption kann ich an dieser Stelle nicht näher eingehen. Vgl. zu den im Folgenden verwendeten Begrifflichkeiten und zur Vorgehensweise bei der Identifikation und Prüfung evolutionspsychologischer Hypothesen neben Tooby/Cosmides, Conceptual foundations. 2005 auch Buss, David M./Haselton, Martie G./Shackelford, Todd K./Bleske, April L./Wakefield, Jerome C.: Adaptations, exaptations, and spandrels. In: American Psychologist 53, 1998, H. 5, S. 533–548. 40 Vgl. zur Argumentation ausführlich Tooby, John/Cosmides, Leda: Does beauty build adapted minds? Toward an evolutionary theory of aesthetics, fiction and the arts. In: SubStance 94/95, 2001, S. 6–27. 16 Medienrezeptionsprozesse, die Umwelterfahrung simulieren bzw. dieser ähneln, würden durch diese Motivationssysteme als ‚organisierend’ erkannt und von Individuen als intrinsisch belohnend erfahren. Eine gewisse prinzipielle Attraktivität erfahrungshafter Rezeption ließe sich also auf diese Weise begründen. Allerdings lassen sich mit diesem Argument kaum komparative Aussagen treffen, also Aussagen hinsichtlich einer höheren Attraktivität der erfahrungshaften im Vergleich zu anderen Rezeptionsmodalitäten, da vergleichbare Motivationssysteme aus der Logik des Arguments heraus konsequenterweise für sämtliche, auch nicht wahrnehmungsbezogene psychische Adaptationen unterstellt werden müssen. Diese These behauptet also einen intrinsischen Wert erfahrungshafter Rezeptionsprozesse als einer Aktivität, die vom Individuum als positiv und angenehm erlebt wird. Im selben Beitrag von Tooby und Cosmides – wenngleich in etwas unklarem Bezug zur eben dargestellten These – findet sich ein anderes Argument, das demgegenüber eher auf den indirekten, instrumentellen Nutzen erfahrungshafter Rezeption abhebt und in ähnlicher Form auch aus Konzeptionen anderer Autoren heraus begründet werden kann. Der Grundgedanke dieser Argumentation besteht in der Überlegung, dass die psychischen Funktionen des Menschen und seiner stammesgeschichtlichen Vorfahren sich über die längste Zeit ihrer Phylogenese hinweg in Beziehung ausschließlich zur unmittelbaren physischen und sozialen Umwelt des Menschen entwickelt und damit auf die Verarbeitung von informatorischem Input aus der sinnlichen Selbst- und Umweltwahrnehmung spezialisiert haben. Aufgrund dieser evolutionsbedingten Passung des psychischen Apparats auf die Interaktion mit der unmittelbaren Umwelt könnten diverse psychische Funktionen in erfahrungshaften Medienrezeptionsepisoden besonders sensibel und effizient arbeiten. 41 Bezogen auf die im engeren Sinn kognitiven Prozesse wie das Verstehen von Sachverhalten und Botschaften könnte sich diese Effizienz in einer besonderen subjektiven und objektiven Verständlichkeit bzw. Verarbeitungsgeläufigkeit von Stimuli in einem erfahrungshaften Format bemerkbar machen. 42 Anzunehmen ist außerdem 41 Vgl. Tooby/Cosmides, Beauty. 2001, S. 24. Zu dieser ‚Passung’ des menschlichen Erkenntnisapparats aus der Perspektive der evolutionären Erkenntnistheorie Vollmer, Gerhard: Evolutionäre Erkenntnistheorie. Angeborene Erkenntnisstrukturen im Kontext von Biologie, Psychologie, Linguistik, Philosophie und Wissenschaftstheorie. 5., durchges. Aufl. Stuttgart: Hirzel 1990, S. 97. 42 Vgl. Tooby/Cosmides, Beauty. 2001, S. 24 und Dow, Evolution. 2006, die dabei explizit einen Bezug zu narrativen Kommunikationsformen herstellen. Vgl. auch ähnliche Konzeptionen im Kontext der psychologischen Zwei-Prozess-Theorien. So behauptet z.B. Epsteins Cognitive-Experiential-Self-Theorie die Existenz zweier Operationsmodi des menschlichen Informationsverarbeitungssystems: Der experientielle Operationsmodus als dasjenige System, das sich als biologische Anpassung auf die Umwelt beim Menschen entwickelt hat und das er mit anderen höheren Tieren gemeinsam hat, operiert automatisch, schnell, ohne Anstrengung, holistisch, assoziativ, konkret, emotional und mit minimalen Anforderungen an die kognitiven Ressourcen. Das rationale System arbeitet langsamer, bewusst, analytisch, mit logischen Schlussfolgerungen und auf Basis von Sprache, abstrahiert und stellt hohe Anforderungen an die kognitiven Ressourcen. Vgl. zusammenfassend Epstein, S./Pacini, R.: Some basic issues regarding dual-process theories from the perspective of cognitive-experiential self-theory. In: Dual-process theories in social psychology. Hrsg. von Shelly Chaiken/Yaacov Trope. New York: Guilford Press 1999, S. 462–482. 17 eine besondere Sensibilität auch der emotionalen Funktionen in erfahrungshaften Rezeptionsepisoden. Emotionale Reaktionen aller Art dürften beim Rezipienten unter solchen Bedingungen wahrscheinlicher auftreten und möglicherweise intensiver ausfallen als im Zuge nichterfahrungshafter Medienrezeptionsprozesse, da die drei hauptsächlichen Wege der Aktualgenese von Emotionen bei der Medienrezeption – Emotionsansteckung, empathische Vermittlung von Emotionen und Emotionsinduktion durch Bewertungsprozesse (sog. Appraisalprozesse) – stark auf Prozessen der Personen- bzw. Umweltwahrnehmung beruhen und die Intensität des Emotionserlebens dabei mit der Nähe zum realen Erleben variieren dürfte. 43 Schließlich dürfte sich die besondere Passung des menschlichen psychischen Apparates auf die Verarbeitung der physischen und sozialen Umwelt auch im motivationalen Bereich bemerkbar machen. Beispielsweise dürften evolvierte Motivationssysteme mit der adaptiven Funktion, die Aufmerksamkeit des Individuums auf bestimmte reproduktionsrelevante Aspekte der Umwelt zu richten und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, besonders auf ihren ursprünglichen Funktionszusammenhang – die Umweltwahrnehmung nämlich – abgestimmt sein. In Bezug zu adaptiven Probleme stehende Objektbereiche wie das Denken, Fühlen und Handeln unserer Mitmenschen, aber auch Fragen des Überlebens, der Ernährung, Partnerwahl, Sexualität, Versorgung und Erziehung des Nachwuchses und Unterstützung des sozialen Umfelds insbes. der genetischen Verwandten 44 sollten demnach zwar auch eine gewisse Anziehungskraft entfalten, wenn sie in abstrakter, der Alltagserfahrung enthobener Form (bspw. in wissenschaftlichen Abhandlungen, Faktensammlungen etc.) tangiert werden. Die genannten Motivationsprogramme dürften aber besonders sensibel auf entsprechende Hinweisreize ansprechen, wenn diese in einem der Wahrnehmung ähnlichen Format prozessiert werden, etwa im Rahmen erfahrungshafter Medienrezeptionsepisoden. Diese phylogenetisch bedingte Passung der kognitiven, emotionalen und motivationalen Funktionen des Menschen auf Aufgaben der Umwelt- und Personenwahrnehmung dürfte also, zusammenfassend, dazu führen, dass durch der Wahrnehmung ähnliche Prozesse – beispielsweise erfahrungshafte Medienrezeptionsepisoden – bestimmte phylogenetisch oder ontogenetisch erworbene, bewusste und unbewusste Bedürfnisse und Handlungsziele des Menschen objektiv und subjektiv effizienter realisiert werden können: Dies können Bedürfnisse 43 Vgl. Scherer, Klaus R.: Emotionsprozesse im Medienkontext: Forschungsillustrationen und Zukunftsperspektiven. In: Medienpsychologie 10, 1998, H. 4, S. 276–293. S. auch Frijdas Ausführungen zu seinem sog. law of apparent reality, vgl. Frijda, Nico H.: The laws of emotion. In: American Psychologist 43, 1988, H. 5, S. 352. 44 Vgl. zur Klassifikation adaptiver Probleme z.B. Buss, David M.: Evolutionäre Psychologie. 2., aktualis. Aufl. München: Pearson 2004, zum adaptiven Wert sozialer Informationen Barkow, Jerome H.: Beneath new culture is old psychology. Gossip and social stratification. In: The adapted mind. Evolutionary psychology and the generation of culture. Hrsg. von dems./Leda Cosmides/John Tooby. New York, Oxford: Oxford Univ. Press 1992, S. 629ff. und Pinker, How the mind works. 1997, S. 540f. 18 nach Kontrolle und Sinn sein bzw. die eben angesprochenen objektbereichsbezogenen Motivationsprogramme, aber auch Bedürfnisse nach emotionalen Erlebnissen. 45 Verständlicher, emotional berührender, stärker Aufmerksamkeit erregend und dadurch insgesamt attraktiver – so also sollten Rezipienten diesen Thesen zufolge erfahrunghafte Rezeptionsepisoden im Vergleich zu nicht oder weniger erfahrungshaften erleben. Dass damit Qualitäten angesprochen sind, die auch häufig für narrative Kommunikationsformate bzw. deren Rezeption in Anspruch genommen werden, 46 könnte ein Indiz dafür sein, dass mit der Erfahrungshaftigkeit der Rezeption tatsächlich ein zentrales Charakteristikum der Rezeption narrativer Kommunikate angesprochen ist. Weitere Argumente in dieser Richtung sind die hohe Anschlussfähigkeit und Integrationskraft des Konzepts der Erfahrungshaftigkeit sowohl für sprach- und literaturwissenschaftliche Analysen narrativer Kommunikate, als auch für Modelle, Thesen und Befunde im Bereich der sprach- und medienpsychologischen Rezeptionsforschung. Was aber noch aussteht, sind empirische Studien, die nicht nur die Existenz der hier behaupteten erfahrungshaften Rezeptionsmodalität belegen, sondern auch deren Rolle bei der Rezeption narrativer Kommunikaten sowie die hier beschriebenen und weitere Implikationen im Hinblick auf kognitive, emotionale, evaluative und motivationale Wirkungen untersuchen. Voraussetzung für diese empirischen Untersuchungen aber ist zunächst die weitere theoretische Ausarbeitung des Arguments, d.h. die Verbindung der konzeptuellen Bausteine literaturwissenschaftlicher, linguistischer, evolutions- und kognitionspsychologischer sowie kommunikationswissenschaftlicher Provenienzen zu einer kohärenten Modellierung der erfahrungshaften Rezeptionsmodalität, der sie evozierenden Faktoren und ihrer Wirkungspotentiale. 47 Im vorliegenden Beitrag konnte hierfür schon allein aus Platzgründen lediglich eine Skizze geliefert werden, die – anders als in der Optik der Fall – zugunsten eines großen Bildwinkels auf Tiefenschärfe verzichten musste. 45 Vgl. zur Annahme eines evolvierten Bedürfnisses nach Sinn und Kontrolle Dörner, Dietrich/Reither, Franz/Stäudel, Thea: Emotion und problemlösendes Denken. In: Emotion und Kognition. Hrsg. von Heinz Mandl/Günter L. Huber. München, Wien, Baltimore, MD: Urban & Schwarzenberg 1983, S. 62f. und Heine, Steven J./Proulx, Travis/Vohs, Kathleen D.: The meaning maintenance model. On the coherence of social motivations. In: Personality and Social Psychology Review 10, 2006, H. 2, S. 91. Für Annahmen eines differenziell ausgeprägten need for emotion bzw. need for affect vgl. Raman, Niranjan V./Chattopadhyay, Prithviraj/Hoyer, Wayne D.: Do consumers seek emotional situations? The need for emotion scale. In: Advances in Consumer Research 22, 1995, S. 537–542; Maio, Gregory A./Esses, Victoria M.: The need for affect. Individual differences in the motivation to approach or avoid emotions. In: Journal of Personality 69, 2001, S. 583–615. 46 Vgl. z.B. die Wirkungsunterstellungen in Herbst, Storytelling. 2008. 47 Sowohl diese theoretische Ausarbeitung als auch die empirische Prüfung sind Gegenstand des Dissertationsvorhabens des Autors. 19 Literatur Barkow, Jerome H.: Beneath new culture is old psychology. 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