Im Sommer fange ich immer gerne an, Handarbeiten zu machen. Ich weiß, dass für andere die prädestinierte Jahreszeit für sowas der Winter ist, ich kann aber nichts dafür. Wenn es warm wird, juckt es mir in den Fingern, was zu häkeln oder zu stricken. So war es auch in diesem Jahr im Mai. Draußen brannte die Sonne und ich hab die Stricknadeln gesucht! Gleichzeitig war ich im Netz unterwegs, um Strickmuster zu finden und bin auf Ravelry gestoßen, eine riesengroße, weltumfassende Handarbeitscommunity. Das hatte ich vor Jahren schon mal im Auge, hab es dann aber verworfen, weil ich mir das Englisch zu schwer vorgestellt habe. Dieses Mal bin ich dran geblieben. Ich wollte schon immer mal einen Raglanpullover stricken, ich war sozusagen noch Raglanjungfrau. Auf Ravelry gibt es ja soooo viele Anleitungen für tolle Raglanpullover! Ich habe mir Mailin von Isabell Kraemer ausgesucht. Der Pullover hat vorne in der Mitte runter noch so eine Art Zopfstreifen. Aber ich wollte mich erst einmal auf Raglan an sich konzentrieren und habe den weggelassen. Stattdessen bin ich mit andersfarbigen Streifen kreativ geworden.
Das Tolle am Raglan (von oben, es gibt auch Raglan von unten) ist, dass man oben am Hals anfängt und alles in einem Teil strickt. Dadurch kann man frühzeitig anprobieren und schauen, ob alles passt:

Das ging dann auch schön schnell, eine Woche und er war fertig.

Jetzt war ich wirklich angefixt. Für den nächsten Pullover, der mir gefiel, gab es die Anleitung nur auf Englisch. Da musste ich über meinen Schatten springen und kämpfen. Es war wirklich ein Kampf! Drei Mal hab ich neu angefangen, bis ich es endlich begriffen hatte. Und trotzdem hatte ich noch Fehler drin, direkt im Raglan. Aber aus Fehlern lernt man, und so habe ich den gleichen Pullover sofort danach noch einmal gestrickt, dieses Mal richtig. (Die Fehler sind aber auch im ersten der beiden nicht zu sehen, es war der Ehrgeiz, der mich zerfressen hat ;-) )
Inzwischen kann ich die englischen Anleitungen ohne Probleme nacharbeiten, vorausgesetzt, Engländer hätten auch keine Probleme damit.
Hier ist er - Friday Anew von ANKESTRiCK - einmal in Schwarz und einmal in Blau:


Ende Juni war es dann SO warm, dass ich mich als Nächstes doch lieber für was Kurzes entschieden habe. Die Anleitung für dieses Shirt heißt Shunshine Coast und ist von Heidi Kirrmaier (und ist im Original mit langen Armen). Dieses Verlaufsgarn habe ich mal vor Ort in einem Wollegeschäft erstanden. Es ist reine Baumwolle und deshalb sehr angenehm zu tragen. Leider habe ich große Probleme mit echter Wolle und Wollanteilen in Garnen. Ich vertrage das nicht auf der Haut. So bleiben eben nur synthetische Garne oder Baumwolle/Leinen/Seide.
Sehr cool ist auch, wenn man mal keine Ärmel stricken muss. Ärmel sind nämlich sowas von ätzend. Merke ich gerade jetzt wieder, siehe dann ganz unten. Hier ist meine "Sonnenscheinküste":

Tja, und abends, wenn man im Sommer draußen sitzt, möchte man gern mal was überziehen, stimmt's? Also als nächstes eine Strickjacke, sowas hatte ich ja noch nicht. Ich war total verliebt in dieses etwas dickere gesprenkelte Garn und habe mir dafür auch ein ganz besonderes Strickmuster ausgesucht: Harvest Moon, wieder von Heidi Kirrmaier. Besonders ist eben besonders. Das Gute ist: sie hat Taschen. Das Blöde ist: Ich mag den Halsausschnitt nicht wirklich, irgendwie sitzt sie nicht richtig und sie ist mir doch ein bisschen zu kurz geraten. Wenn des Einarbeitens und Annähens der Taschen kann ich sie aber leider nicht einfach weiter unten wieder auftrennen und etwas dranstricken. Voraussichtlich ist das Teil, was auf dem Foto ja schon nett aussieht, zum Komplettuntergang im Sinne von Aufräufeln verurteilt. Irgendwann. Im Moment hängt sie sinnlos im Schrank rum.

In den Tagen nach der Fertigstellung der Jacke ist unserer Familie großes Unglück widerfahren. So schlimm, dass uns alle die Trauer vollkommen überwältigt hat. Es war eine furchtbare Zeit. Das Stricken hat mich ein ganz kleines bisschen abgelenkt. (Sofern man das so nennen kann, im Grunde bin ich bis heute noch nicht abgelenkt.) Wenn man Maschen zählen muss, kann man an nichts anderes Schreckliches denken oder in seinem Kopf sehen. Wie eine kleine Auszeit. :-(
Mein nächstes Projekt war wieder ein Pullover von Isabell Kraemer: Daelyn. Den habe ich bisher am meisten von all den sommergestrickten Sachen getragen. Er ist schön warm und kuschelweich, ich ziehe ihn immer auf unseren Wanderungen unter die Softshelljacke und bin wirklich gut darin aufgehoben. Ein Lieblingsteil!

Inzwischen war es Anfang August, und ich hatte mir das tolle Garn von der ersten Strickjacke noch mal als Nachschub besorgt, extra für eine zweite Jacke, die passt. Ein ganz schlichtes Teil ist das geworden, sehr angenehm zu tragen. Sie heißt Shore Cardigan und ist von Carrie Bostick Hoge. Carrie macht aber bei ihren Sachen immer das Vorderteil kürzer als den Rücken, das war nichts für mich. Deshalb ganz klassisch gerade.

An meinem schlimmsten Tag im August habe ich diesen kleinen Chibi Totoro gestrickt. Das ist jetzt was für Kenner oder Insider. "Mein Nachbar Totoro" ist mein absoluter Lieblingsfilm. Ich bin ein Fan der Filme von Hayao Miyazaki. Der Kleine ist eine der Hauptpersonen aus Totoro. Der trägt da auch immer so ein Blatt mit sich herum.

So. Jetzt weiß ich schon gar nicht mehr, wie ich die Überleitung schreiben soll. Hätte gerne so Erzähltextkästen wie im Comic: "Am nächsten Morgen..."
Also: Mitte August und noch mal Zeit für was Kurzes. Alle stricken Edie von Isabell Krämer, ich also auch. Nach Vollendung und Wäsche war das ein Riesenteil! Also ich meine WIRKLICH riesig. Dabei stricke ich immer mit kleineren Nadeln und immer in XS. Es war mehr so ein verkapptes Kleid, sah aber nicht schön aus. Nach einer Stunde im Trockner hat es dann doch noch gepasst. Der Halsausschnitt war mir zu nackig, deshalb habe ich da am nächsten Tag noch mal Hand angelegt, siehe zweites Foto. Schöner, oder?


Nach Edie hatte ich Lust auf etwas Besonderes. Lange habe ich nach einem Muster gesucht, das interessant ist, aber nicht nach Oma aussieht. Gefunden habe ich es in der Anleitung von Alana Dakos: Sprig. Ich musste gleich ein ganzes Buch dafür kaufen, weil: Einzeln gab es das nicht. Aber es hat sich gelohnt! Diese Passe ist ein Traum!


Zwischenzeitlich musste ich auf Wollenachschub warten, es fehlte EIN Knäul zur Vollendung. Also dann mal kleine Sachen als Lückenfüller: Silverleaf von Lisa Hannes...


... und die Baa-ble Hat von Donna Smith. Die trage ich übrigens ganz oft. Die rutscht nicht und deckt die Augen nicht zu und presst einem auch nicht das Gehirn zusammen. ;-)


Ihr merkt schon, der Sommer hat sich dem Ende zugeneigt. Es war längst wieder Schule und ich war immer noch nicht weg von der Nadel. Na sowas! Die Sprig-Wolle war noch nicht alle, weil es billiger war, ein 600g-Pack zu kaufen als ein Einzelknäul. Da blieb mir nichts anderes übrig, als noch mal zu starten. Zehn Tage im September für Heritage von Alina Schneider. Auf den Fotos sieht er wirklich gut aus, finde ich. Besonders schön finde ich den knudelrolligen Rand. Den habe ich gleich noch für den Halsausschnitt und den Ärmelsaum genutzt. Das nennt sich Icord-Rand. Freunde sind wir beide trotzdem nicht geworden, aber meiner Tochter steht er ausgesprochen gut! :-)


Und dann habe ich mich auf Pinterest verliebt in das Freischnauzetuch "Inselblüten" von strick-dich-glücklich.de. Es war der Farbverlauf der Wolle, der es mir so angetan hat. Zum ersten Mal hatte ich ein Lacegarn auf der Nadel. Ich glaube nicht, dass mir das noch einmal passiert. Ich fand es unglaublich schwer zu verstricken, es ist SO dünn (klar, Lace) und rutschig! Aber was dann am Ende nach dem Waschen rauskommt, ist schon erstaunlich!



Ich habe gefühlt EWIG an diesem Tuch gestrickt. Aber ich wollte es UNbedingt! Während ich für einen Pullover oder eine Jacke so ca. 10 Tage gebraucht habe, waren es bei diesem Tuch anderthalb Monate! Weil ich es so ätzend zu stricken fand, habe ich zwischendurch auch noch einen neuen Pullover angefangen. Beginn war 1. Oktober und ich stricke immer noch dran. Heavenly heißt er und ist wieder von ANKESTRiCK. Das sollte mir vielleicht zu denken geben. Die Zeit der Wärme ist vorbei. Aber den hier will ich bis Weihnachten noch fertig haben.

Und was mache ich dann mit der ganzen tollen Wolle, die ich über den Sommer hier gehortet habe?