Sophie Passmann bringt ihr Buch „Pick Me Girls“ auf die Bühne und spielt sich selbst. Es geht um Essstörungen, unverfügbare Männer und Frauenverachtung, die von Frauen ausgeht. Besonders hart geht sie mit sich selbst ins Gericht – und ihren Kritikern.
Dimtrij Schaad war acht, als er mit seiner Familie aus Kasachstan kam. Inzwischen hat er einen Studenten-Oscar, ist Theaterstar und wurde jetzt Schauspieler des Jahres. Bei einem Treffen erzählt er, warum deutsche Schauspieler im weltweiten Vergleich eher den Kürzeren ziehen.
Was waren das für Zeiten: In Berlin wird an den Provokateur Christoph Schlingensief und seine legendäre „Deutschlandsuche ’99“ erinnert. Prophetisch wirkt ein Satz: „Ich glaube, dass in der Anhäufung von Schwachsinn mehr Wahrheit liegt als in der Anhäufung von Wahrheit.“
Die Theater der Hauptstadt kämpfen gegen ein angekündigtes Sparprogramm. Die Zahl der Neuinszenierungen wird wohl reduziert. Das lässt jede einzelne Premiere noch existenzieller und wichtiger werden. Doch von zwei großen Berliner Bühnen nutzte jetzt nur eine ihre Chance.
Die Theatermacher Vegard Vinge und Ida Müller sollen vorübergehend die Berliner Volksbühne übernehmen. Wenn es so kommt, dann ist das eine sehr mutige Entscheidung von Kulturminister Joe Chialo. Denn das Duo steht für entgrenztes Extremtheater. Und das braucht es jetzt.
Die Choreografin und Tänzerin Marina Otero zeigt mit „Kill Me“ den letzten Teil der Trilogie über ihr Leben. Es geht um psychische Erkrankungen wie Borderline, Depression, Schizophrenie. Getanzt von fünf nackten Frauen und einem kleinen Mann, der als Wiedergeburt von Vaslav Nijinsky auftritt.
In Berlin bringt die Gruppe Nico and the Navigators die Angstlust-Fantasien des Justemilieus auf die Bühne: Das Stück „Ein Volksbürger“ zeigt, was passieren könnte, wenn in einem Bundesland ein Populist an die Macht kommt. Gespielt wird im echten Saal der Bundespressekonferenz.
„Gesucht wird eine erfahrene, mutige und empathische Persönlichkeit“: Die Berliner Volksbühne hat die Stelle ihres verstorbenen Intendanten öffentlich ausgeschrieben und startet führungslos in die neue Saison – mit einem Kannibalenstück. Wo führt das alles noch hin?
Seit 70 Jahren dreht sich die Bühne im Berliner Ensemble auf sowjetischen Panzerrädern. Auf diesem historischen Getriebe inszeniert Frank Castorf den „Kleinen Mann“ von Hans Fallada und zeigt, welche Farbe des Regenbogens die Moral 1932 hatte.
Als Fernsehkommissarin in der Eifel wurde sie bekannt, an der Wiener Burg sammelt sie Erfolge, jetzt mit einem Skandalstück von Elfriede Jelinek. In der Corona-Zeit hat Caroline Peters allerdings noch eine ganz andere Seite von sich kennengelernt. Eine Begegnung.
In Wien hat das Burgtheater seine Saison mit neuem Intendanten und einem hoffnungsfrohen „Hamlet“ gestartet. Doch auch wenn der Auftakt vielversprechend war, erweisen sich die Prognosen von der österreichischen als neuer Theaterhauptstadt als voreilig.
Der Roman „Empusion“ der polnischen Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk ist nun als Theaterstück zu sehen. In der Bühnenfassung der feministischen „Zauberberg“-Parodie werden die Männer zu Frauen – und am Ende gibt es ein Coming-out der anderen Art.
Die deutsche Hauptstadt macht normalerweise lieber einen Bogen um Goethes „Faust“. Doch jetzt kann man den Klassiker in Berlin sehen – gespielt von ehemaligen Gefangenen, mit dem Slang der Neuköllner Straße. Warum das so gut passt.
Man singt „Bella Ciao“, beschwört auf geschmacklose Weise die Toten von Auschwitz – und in der Fußgängerzone versuchen Künstler erfolglos, irritierte Cafébesucher zu Sprechchören zu animieren: Das Kunstfest Weimar offenbart am Wahlwochenende die Selbstbezogenheit der linken Kunstszene.
Das Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau könnte bald Allianz- oder Coca-Cola-Theater heißen. Der Intendant Daniel Morgenroth lässt interessierte Unternehmen und Privatpersonen Gebote für die Namensrechte abgeben.
Großes Theater im kleinen Weißwasser: Dem Lausitz-Festival gelingt mit einer spektakulären „Othello“-Inszenierung erstmals ein großer Erfolg zur Eröffnung. Was das Stück von Shakespeare mit „Messermännern” und den Unruhen in Großbritannien zu tun hat.
Wie bringt man heute die ganz großen Themen auf die Bühne – das Grauen des Krieges und die Gewalt des Staates? In Bochum singt Sandra Hüller die Songs einer Ikone. In Duisburg erinnert Kirill Serebrennikow an eine russische Legende. Peinlich wird es selten, aber manchmal eben leider auch.
Die Intendantin Iris Laufenberg hat ihr erstes Jahr an der Spitze des Deutschen Theaters Berlin hinter sich. Die Bilanz: ein Millionendefizit und schlechte Presse. Wie es zur künstlerischen Selbstverharmlosung und -angleichung kommt.
Nicolas Stemann doziert bei den Salzburger Festspiele in „Orestie I-IV“ mit Aischylos, Sophokles und Euripides über die Geburt der gefährdeten Demokratie. Ist das schon leichte Sprache oder noch die gute alte Bevormundung des Theatervolkes?
Seit Jahren kommt der Streit zwischen J.K. Rowling und der Trans-Community nicht zur Ruhe. Auch viele Harry-Potter-Darsteller griffen die Autorin für ihre angeblich transphoben Positionen an. Das Theaterstück „TERF“ will diese Dynamik ausleuchten – doch vergisst den wichtigsten Punkt.
Coronavorschriften, ein Terroranschlag und ein Kinderpornografie-Skandal: Leicht hatte es Martin Kušej nicht als Direktor des Burgtheaters. Aber er war auch nicht an allem Schuld. Ein Abgesang.
Feridun Zaimoglu und Günter Senkel haben für die Nibelungen-Festspiele ein Stück geschrieben, in dem die sehr aktuelle Frage verhandelt wird: Wie beendet man einen Krieg? Zwischen zwei Großmächten – Römern und Hunnen – hocken die Nibelungen. Ihr König ist ein Zauderer.
Im französischen Avignon hat das renommierte Theaterfestival begonnen. Doch der künstlerisch starke Auftakt wird durch die Politik überschattet. Eine Theaterregisseurin gibt den linken Kulturschaffenden eine Mitschuld am Erfolg Le Pens.
Brünhild? Genderfluid! Gretchen? Ein schwuler Flüchtling! Auf deutschsprachigen Bühnen grassiert die Mode, Klassiker politisch korrekt zu „überschreiben“. Weder Shakespeare noch Tschechow sind sicher vor der Korrektur durch den Zeitgeist. Der ästhetische Schaden ist dramatisch.
Sie sei „Europas heißeste Regisseurin“, schreibt die internationale Presse, die katholische Kirche aber stört sich mächtig an den unbekleideten Ordensfrauen, die Florentina Holzinger auf die Bühne der Wiener Festwochen bringt. Die Begründung der empörten Bischöfe? Überraschend.
Lohnt sich Verbrechen doch? In der „Dreigroschenoper“ kommt der Gangster Mackie Messer straffrei davon. Jetzt wird der Klassiker von Brecht und Weill in der Berliner JVA Tegel gespielt, von Häftlingen. Wie geht es für sie aus?
Früher war Fußball das Theater des kleinen Mannes. Zur Europameisterschaft wird das Spiel selbst zum Bühnenstoff. Im ganzen Land werfen Stücke Fragen auf wie: Was ist heute noch eine Nationalmannschaft? Wer darf Fan sein? Und welchen Preis zahlen die Spielerfrauen?
Das Theater-Festival in Wien ist seit Wochen Stadtgespräch: Neben blutigem Stierkampf und tanzenden nackten Nonnen auf der Bühne wird auch die Bubble des linken Aktivismus angepikst. Es ist das Spannendste, was Theater gerade zu bieten hat.
Der Regisseur und Schauspieler Alexander Lang war ein Himmelsstürmer mit gebrochenen Flügeln. Nur zu gut wusste er: Alle Himmel sind bloß selige Fluchträume – der Acker des wirklichen Daseins aber ist steinig, dreckig, blutig. Ein Nachruf.
Sein oder Nichtsein? Der berühmte „Hamlet“-Monolog ließ Charly Hübner einst für das Theater entflammen. Den Schauspielstar und früheren Polizeiruf-Kommissar ließ Shakespeares Drama nicht mehr los. Nun macht er daraus für die Ruhrfestspiele eine Late-Night-Show.
Durch das Dunkel führte der Weg zu den Sternen: Die zehn besten deutschsprachigen Theaterinszenierungen beschäftigten sich mit Abgründen, die die kommunikative Vernunft nicht allein erhellen kann. Da wird sogar ein optimistischer Schulbuchklassiker zum Horrorstück. Eine Festivalbilanz.