Republikaner für Harris

Die Anti-Trump-Revolte in der eigenen Partei

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Von Gregor SchwungRedakteur Außenpolitik
Veröffentlicht am 11.10.2024Lesedauer: 5 Minuten
Mitt Romney (l.) 2019 mit dem damaligen Präsidenten Donald Trump im Weißen Haus
Mitt Romney (l.) 2019 mit dem damaligen Präsidenten Donald Trump im Weißen HausQuelle: picture alliance / Yuri Gripas/CNP/AdMedia

Der Republikaner Mitt Romney ist nur einer von vielen Prominenten, die Trump die Gefolgschaft verweigern. Viele wollen gar für seine Gegnerin Kamala Harris stimmen. Besonders in einer wichtigen Wählergruppe könnte das weitreichende Folgen haben.

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Es war nur eine Podiumsdiskussion an einer Universität, bei der sich der Republikaner von seinem Präsidentschaftskandidaten lossagte. „Ich habe sehr deutlich gemacht, dass ich nicht will, dass Donald Trump der nächste Präsident der USA wird“, sagte Senator Mitt Romney in dieser Woche bei der Veranstaltung in Salt Lake City, Utah. Schon bei den vergangenen Wahlen, bei denen Trump antrat, verweigerte der Ex-Präsidentschaftskandidat ihm die Gefolgschaft.

Dennoch schlugen die Worte des langjährigen Politikers in Washington mit Wucht ein. Denn sie verleihen der Anti-Trump-Rebellion in der republikanischen Partei zusätzlichen Schwung. Zahlreiche prominente Mitglieder haben in den vergangenen Wochen dem Ex-Präsidenten öffentlichkeitswirksam den Rücken gekehrt. Ebenfalls auf einer Podiumsdiskussion sagte Liz Cheney Anfang September, dass sie und ihr Vater, der ehemalige Vizepräsident Dick Cheney, nicht für Trump stimmen werden.

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Damit folgten sie Trumps früherem Vize, Mike Pence, dem republikanischen Ex-Abgeordneten Adam Kinzinger und über hundert ehemaligen Beamten aus den vergangenen republikanischen Regierungen und Wahlkampfteams von Ronald Reagan, George W. Bush, John McCain und Romney, die zusammen einen offenen Brief verfassten. Großteils werben sie offen für Trumps Konkurrentin, Kamala Harris.

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Ebenfalls gegen eine Wahl Trumps ausgesprochen haben sich unter anderem zwei seiner ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater, John Bolton und Henry McMaster, sein Ex-Verteidigungsminister Mark Esper und sein Ex-Stabschef im Weißen Haus, John Kelly. Der Sohn des 2018 verstorbenen McCain, Jimmy, ließ sich gar als Demokrat registrieren.

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Aktuelle Zahlen zeigen, dass der Effekt auf republikanische Wähler groß – und für Donald Trump besorgniserregend ist. Romney sagte nicht explizit, dass er anstelle von Trump dann auch für Harris stimmen würde. „Sie werden die schwierige Berechnung anstellen müssen, was das bedeuten würde“, schob er seiner Erklärung nur vielsagend hinterher. Er begründete dies damit, dass er bei der Diskussion um die künftige Ausrichtung seiner Partei – sollte Trump verlieren – noch mitreden möchte.

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Anders taten das Dick und Liz Cheney. Letztere hat schon früh mit Trump gebrochen. Sie war eine von zehn Republikanern im Repräsentantenhaus, die für seine Amtsenthebung gestimmt haben. Als eine von zwei Republikanern war sie Mitglied im Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021.

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„Ich habe bisher nie für einen Demokraten gestimmt, aber dieses Jahr werde ich meine Stimme stolz für Kamala Harris abgeben“, sagte sie am Freitag bei einem gemeinsamen Wahlkampfauftritt mit Harris in Ripon, Wisconsin. Die beiden haben sich den kleinen Ort im Bundesstaat Wisconsin bewusst ausgesucht. Im Jahr 1854 wurde hier die Republikanische Partei gegründet. Harris zeigte sich erkenntlich und lobte sie und Dick Cheney „für ihren Einsatz für unser Land“.

Eine bemerkenswerte Allianz, ist Dick Cheney doch bei den linken Demokraten die Personifizierung der verhassten neoliberalen Außenpolitik, die die USA unter George W. Bush in den Irak-Krieg führte. Harris sieht darüber hinweg, denn sie kennt den Wert seiner Unterstützung.

„Ich denke, dass Dick Cheneys Stimme unglaublich wichtig ist, weil sie einige traditionellere Konservative dazu bringen wird, für eine Sekunde innezuhalten und sich seinen Sinneswandel zu Gemüte zu führen“, sagte Olivia Troye, ehemalige Sicherheitsbeauftragte von Mike Pence.

Eine Million Wähler gegen Trump

Entscheidend wird sein, ob Wähler diesen Aufrufen folgen. Das theoretische Potenzial ist groß, das zeigen die Vorwahlergebnisse der Republikaner. Insgesamt eine Million registrierte Wähler stimmten in den sieben Swing States, die für den Ausgang der Wahl am 5. November entscheidend sind, nicht für Donald Trump, sondern für dessen ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley.

Zwar gewann Trump die parteiinterne Wahl, aber in dem wichtigen Staat Pennsylvania etwa wählten 16 Prozent Haley. Für Trump damals irrelevant, aber in absoluten Zahlen waren das knapp 160.000 Wähler – im Jahr 2020 gewann Joe Biden Pennsylvania mit einem Vorsprung von nur 80.000 Stimmen. Auch in den meisten anderen Staaten ist die Zahl der Haley-Wähler weit größer als der Vorsprung, mit dem Biden gewann.

Haley hat sich inzwischen hinter Trump gestellt. Ihre Wähler aber nicht, sagt Craig Snyder, Direktor des Bündnisses Haley Voters for Harris in Pennsylvania. „Manche werden sich beim Wählen die Nase zuhalten“, sagte er im Gespräch mit WELT. Aber viele könnten für Harris stimmen.

Laut der jüngsten Umfrage der „New York Times“ vom Dienstag liegt der Anteil sich als Republikaner identifizierender Wähler, die für Harris stimmen wollen, bei neun Prozent. Umgekehrt wollen nur drei Prozent der sich als Demokraten identifizierenden Wähler für Trump stimmen. Biden erhielt 2020 nur die Stimmen von sechs Prozent der republikanischen Anhänger.

Snyder sieht zwei Gründe, warum Harris für republikanische Wähler attraktiv ist. „Erstens, Trumps Rhetorik stößt viele ab“, sagt er. „Doch viel wichtiger ist das, was sie aktiv zu den Demokraten zieht, nämlich Harris’ thematische Positionierung.“ Snyder spricht davon, wie Harris die Grenze schließen wolle – was sie in der Deutlichkeit nie versprochen hat. Harris sei dafür, so Snyder, die Staatsausgaben zu beschränken. Je nachdem, welcher Ökonom ihre Pläne bewertet, heißt es, das gelinge mit ihren Plänen – oder führe zum Gegenteil.

Bislang sind Harris’ Pläne, abgesehen von einigen Detailvorhaben, vage. Um Wähler, wie unzufriedene Republikaner, für sich zu gewinnen, scheint das ideal zu sein. Ihre Pläne sind unkonkret genug, dass jeder etwas in sie hineinprojizieren kann. „Jeder kann auf ein bisschen was hoffen“, so Synder.

Dass prominente Republikaner ihre Unterstützung für Harris offenlegen, hält er für einen wichtigen Faktor. „Dadurch stellt sich bei den Wählern das Gefühl der Gemeinschaft ein, dass man diesen schwierigen Schritt nicht allein geht.“

Gregor Schwung ist Redakteur im Ressort Außenpolitik. Für WELT berichtet er aus der Ukraine über den russischen Angriffskrieg und aus den USA über die Präsidentschaftswahl 2024.


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